Fallbeispiel: Notfall Herzinfarkt Luzia F. 55-jährig, fährt zur Arbeit. Es ist Montag, und vor der Abteilungsleiterin liegt eine intensive Arbeitswoche. Kaum ist sie im Büro, spürt sie heftige Schmerzen vom Magen bis zum Hals. Ein Kollege ruft ihr ein Taxi für die Heimfahrt, Begleitung sei nicht nötig, sagt sie. Sie ist grau im Gesicht und nass von kaltem Schweiss. Aber da sie schon früher an Magenschmerzen gelitten hat, denkt niemand im Entferntesten an einen Herzinfarkt. Erst als ihr Sohn sie am Mittag dann doch zu ihrer Ärztin fährt, wird sie umgehend ins Spital eingeliefert. Typische Anzeichen eines Herzinfarkts sind: heftiger Druck und klemmende, beengende oder brennende Schmerzen in der Brust (Dauer länger als 15 Minuten), oft verbunden mit Atemnot und Todesangst manchmal Ausstrahlung des Schmerzes in den ganzen Brustkasten, gegen beide Schultern, Arme, den Hals, Unterkiefer oder Oberbauch mögliche Begleitsymptome sind blasse, fahle Gesichtsfarbe, Übelkeit, Schwäche, Schweissausbruch, unregelmässiger Puls der Schmerz ist unabhängig von Körperbewegungen oder Atmung und verschwindet auch nach Einnahme von Nitroglyzerin nicht Herzinfarktpatienten werden in der Schweiz durchschnittlich erst vier bis sechs Stunden nach dem Ereignis ins Spital eingeliefert. Besonders bei Frauen kann sich die Diagnose verzögern, weil die Symptome oft weniger eindeutig sind als bei Männern. Häufig nennen Frauen als alleinige Herzinfarktsymptome Luftnot, unerklärliche Übelkeit und Erbrechen, Druck in Brust, Rücken oder Bauch. Manchmal gehen Herzinfarkte «stumm» vorbei, ohne erhebliche Beschwerden oder Schmerzen, aber mit gleicher Gefährdung des Herzens. Das ist vor allem für langjährige Diabetiker typisch. Was tun? Ohne zu zögern die Sanitäts-Notrufnummer 144 alarmieren. Hätte jemand aus Luzia F.’s Arbeitsumfeld an einen möglichen Herzinfarkt gedacht, wäre sie bis zum Eintreffen der Ambulanz im Büro auf dem Boden gelagert worden, jemand hätte ihren Kopf und Oberkörper auf einem Mantel und einer Jacke sanft angehoben, und eine Kollegin hätte sie von engen Kleidungsstücken befreit. Diagnose Herzinfarkt Bei einem Herzinfarkt ist eines der grossen Herzkranzgefässe (Koronararterien), das den Herzmuskel mit Blut und Sauerstoff versorgt, durch ein Blutgerinnsel verstopft. Weil der vom verstopften Blutgefäss zu versorgende Teil des Herzmuskels kein Blut und damit keinen Sauerstoff mehr erhält, verliert er die Fähigkeit, sich zusammenzuziehen und an der Pumparbeit des Herzens teilzunehmen. Er stirbt ab, und im Infarktgebiet entsteht ein Narbengewebe. Je nach Grösse dieses Narbengewebes ist die Pumpleistung des Herzens nach einem Herzinfarkt mehr oder weniger eingeschränkt. Oft macht sich die Durchblutungsstörung Wochen oder Monate vor dem Infarkt mit infarktähnlichen Warnsignalen bemerkbar. Wer sie sofort ärztlich abklären lässt, kann vorbeugende Massnahmen treffen und hat gute Chancen, einen Notfall zu verhindern. Die ersten Stunden zählen Wie schwerwiegend die Folgen eines Herzinfarkts sind, hängt stark davon ab, wie schnell ein(e) Patient(in) im Spital behandelt wird. Ziel der Behandlung ist es, das verstopfte Blutgefäss so schnell wie möglich zu eröffnen. Das erfolgt über einen von der Leiste her eingeführten Katheter (Angioplastie), der mit einem kleinen Ballon versehen ist, und mit gerinnselauflösenden Medikamenten. Dank der raschen Reaktion der Hausärztin hält sich der bleibende Schaden bei Frau F. in Grenzen. Nach der Rehabilitation schliesst sie sich einer Herzgruppe an (Schweizerische Herzstiftung, www.swissheartgroups.ch), um zusammen mit anderen Infarktbetroffenen einen herzfreundlichen Lebensstil zu erlernen.