Energy & wind 01 Mit optischer Bypass-Technologie bleibt das Netz von Windenergieanlagen selbst bei Multiple Points of Failure physikalisch bestehen und damit funktionstüchtig Bypass-Technologie erhöht WEA-Effizienz Ein zuverlässiger Betrieb von Windenergieanlagen hängt maßgeblich von einer reibungslosen Datenkommunikation ab. Fallen ein oder mehrere Netzteilnehmer aus, kann es – je nach Topologie – dazu kommen, dass das komplette Netz nicht mehr zur Verfügung steht. Abhilfe bietet ein optischer Bypass, wie beispielsweise EKS Engel ihn anbietet. Text: Thorsten Ebach ie Datenkommunikation in modernen Windenergie­ anlagen (WEA) läuft fast ausschließlich über Licht­ D wellen­leiter. Dabei kommen vor allem Singlemode-Fasern zum Einsatz. Mit ihnen lassen sich Reichweiten von bis zu 100 km abdecken, bei Dämpfungswerten von 0,3 dB pro Kilo­meter. Bei Übertragungsstrecken bis maximal 5 km kom­ men vorwiegend Multimode-Fasern zum Einsatz. Ihre Dämp­ 82 fung liegt bei 1 dB/km. Auch in puncto Sicherheit sind Licht­ wellenleiter den Kupferleitungen überlegen. Denn sie sind unempfindlich gegen elektromagnetische Felder. Da sie aus elektrisch nicht leitfähigem Material bestehen, werden die Daten stets über einen elektrischen Isolator übertragen. D ­ amit treten über Lichtwellenleiter keine Potentialausgleichsströme auf, die auch bei Windenergieanlagen gefürchtet sind. Selbst www.etz.de S2/2013 vielen Herstellern auf Herz und Nieren geprüft. Fehler während des Betriebs lassen sich jedoch nie hundertprozen­ tig vermeiden. Ursache sind, abgese­ hen von falscher Bedienung, vor allem Hard- und Softwareprobleme oder Spannungsausfall. Herkömmliche Schutzmaßnahmen wirken nur bedingt 02 Der Bypass „x-light“ wird über zwei optische Duplex-Ein- und -Ausgänge mit dem Netzteilnehmer parallel geschaltet. Fällt dieser aus, wird er physikalisch überbrückt bei Blitzeinschlägen besteht kein Zer­ störungsrisiko für die angeschlossenen Geräte. Die aktiven Komponenten, wie Ethernet-Switche oder Feldbuskonver­ ter, werden vor der Auslieferung von Ring Ein Spannungsausfall lässt sich mit ­einer unterbrechungsfreien Spannungs­ versorgung (USV) zumindest eine Zeit lang kompensieren. Die Software wird sowohl evaluiert bzw. validiert als auch automatisierten Testverfahren sowie Struktur-, Funktions- und sogenann­ ten Black-Box-Tests unterzogen. Bei der Hardware lautet das Zauberwort Redundanz. Das heißt, Geräte sowie Stecker und Leitungen sind zweifach ausgeführt. Zugleich wird so auch das Netz doppelt ausgelegt. Dadurch erreicht man eine Art Hot-Stand-byEffekt: Fällt ein Gerät oder Netz aus, wird auf das andere umgeschaltet. Diese Strategie ist jedoch aufwen­ dig und damit teuer. Deshalb wurde die Ringtopologie entwickelt. Hier läuft die Datenkommunikation immer „x-light“ A B in 1 out 1 A B RX TX A B in 2 out 2 A B RX TX Ring Ring „x-light“ A B in 1 out 1 A B RX TX A B in 2 out 2 A B RX TX Ring 03 Im normalen Betrieb leitet der optische Bypass die Daten an den parallel geschalteten Teilnehmer weiter (oben). Im Fehlerfall werden sie nicht wie vorher an den Ausgang, sondern den zweiten Eingang weitergeleitet (unten) S2/2013 www.etz.de 83 Energy & wind in eine Richtung und bei einer Unterbrechung zusätzlich in die andere. So bleibt die Funktion erhalten. Zusammen mit Redundanzverfahren, die schnelle Umschaltzeiten sicher­ stellen, bildet die Ringtopologie, die auch in Windenergie­ anlagen häufig zu finden ist, sozusagen die Königsklasse der Ausfallsicherheit. Denn sie verkraftet, im Gegensatz zur ­Linientopologie, einen Sin­gle Point of Failure, also den Aus­ fall eines Netzteilnehmers. Fällt jedoch ein weiterer aus (Multiple Points of Failure), sind auch Ringe überfordert. Damit es erst gar nicht so weit kommt, können Netze mit­ tels Monitoring-Systemen überwacht werden. Sie zeigen den Status der aktiven Komponenten und, wie etwa „Fiberview“, den Zustand der einzelnen Lichtwellenleiterstrecken an, ge­ nauer: eine zu hohe Dämpfung. Die optische Bypass-Technologie, die bisher vor allem im klassischen IT-Umfeld verwendet wird, geht noch einen Schritt weiter. Denn sie setzt direkt bei den Netzteilnehmern an. Das können alle Geräte sein, die einen optischen Einund Ausgang haben: in Windenergieanlagen neben EthernetSwitchen und Feldbuskonvertern etwa speicherprogram­ mierbare Steuerungen, Wechselrichter oder Stromzähler. Fällt ein Netzteilnehmer aus, sorgt der Bypass dafür, dass die Datenkommunikation zwischen benachbarten Teilnehmern aufrechterhalten wird. Deshalb ist nur die Applikation be­ troffen, die über den ausgefallenen Teilnehmer gesteuert wird. Das übrige Netz bleibt dagegen selbst bei Multiple Points of Failure physikalisch bestehen und damit funktions­ tüchtig. Das gilt auch dann, wenn der Bypass, der entweder über den zu schützenden Teilnehmer oder ein separates Netzteil mit Spannung versorgt werden kann, keinen Strom mehr bekommt. Bypass-Technologie funktioniert auch bei Spannungsausfall Mit der optischen Bypass-Technologie werden Lichtwellen­ leiterstrecken physikalisch umgeschaltet, sobald an dem jewei­ ligen Netzteilnehmer ein Fehler auftritt. Das Prinzip ähnelt einer Eisenbahnweiche, die von einem starken Elektromag­ neten gehalten wird und, wenn kein Strom mehr fließt, sich automatisch umstellt. Deshalb funktioniert die BypassTechnologie selbst ohne Spannung, was der eigentliche Clou ist. Da sich diese Technologie auf der physikalischen Ebene des Netzes abspielt, ist sie zudem protokolltransparent und herstellerneu­tral. Mit dem „x-light“ hat EKS Engel [1] die optische BypassTechnologie für raue Umgebungen tauglich gemacht, etwa hinsichtlich Temperaturbereich sowie Schock- und Vibra­ tionsfestigkeit. Damit kann sie jetzt auch in Windenergie­ anlagen eingesetzt werden (Bild 1 und Bild 2). Der optische Bypass wird über zwei optische Duplex-Ein- und -Ausgän­ ge mit dem jeweiligen Netzteilnehmer parallel geschaltet. Fällt dieser aus, schickt dessen Fehlerrelais ein Signal an den elektrischen Eingang des „x-light“ und aktiviert so die Bypass-Funktion (Bild 3). Danach werden die Daten nicht an den defekten Teilnehmer, sondern an den nächsten im Netz weitergeleitet. Mit anderen Worten: Der Teilnehmer wird physikalisch überbrückt. Um ihn später wieder sicher zuschalten zu können, etwa nach dem Booten, ist die Ein­ schaltverzögerung individuell einstellbar. 84 Teilnehmer gezielt vom Netz nehmen Mit dem optischen Bypass lassen sich Netze von Windener­ gieanlagen jedoch nicht nur gegen die Auswirkungen von Hard- und Softwarefehlern oder Ausfall der Spannungsver­ sorgung bzw. Unterschreiten eines zuvor definierten Werts schützen, sondern auch Teilnehmer gezielt vom Netz neh­ men. Dadurch können beispielsweise Rotoren stillgelegt werden, wenn der Wind zu stark ist oder Wartungsarbeiten in der Gondel durchgeführt werden sollen. Dazu wird eine Spannung an den elektrischen Eingang des jeweiligen Bypass angelegt und der angeschlossene Teilnehmer so komplett ab­ geschaltet. Er kann also nicht mehr unkontrolliert senden und empfangen, und das ohne dass dazu die LichtwellenleiterStecker gezogen werden müssen. Denn das führt unter Um­ ständen zu Problemen, etwa durch Schmutzpartikel, die in die Verbindung hineingelangen. Fazit Ein optischer Bypass macht sich nicht nur in Windenergie­ anlagen bezahlt, sondern überall dort, wo ein Netzausfall finanzielle Einbußen, schädliche Auswirkungen auf die Um­ welt oder gar eine Gefährdung von Menschen nach sich ziehen kann. Redundanzverfahren gewährleisten zwar je nach Protokoll, Netztopologie und Anzahl der aktiven Ge­ räte Umschaltzeiten von wenigen Millisekunden. Wenn je­ doch ein oder mehrere Fehler gleichzeitig auftreten, ist eine Unterbrechung der Datenkommunikation vorprogram­ miert. Da der „x-light“ als Stand-alone-Gerät konzipiert ist, lässt er sich auch problemlos nachrüsten. Denn weder Übertra­ gungsprotokolle noch herstellerspezifische Standards spielen eine Rolle. Diese Flexibilität ginge verloren, wenn die BypassFunktion in einen Ethernet-Switch oder Feldbuskonverter ­integriert würde, was trotz mancher Herausforderungen durchaus möglich ist. Der Bypass „x-light“ wird über zwei optische Duplex-Ein- und -Ausgänge mit dem Netzteilneh­ mer parallel geschaltet. Fällt dieser aus, wird er physikalisch überbrückt.(ih) Hannover Messe ↗↗EKS Engel: Halle 9, Stand A33 Literatur [1]EKS Engel GmbH & Co. KG, Wenden: www.eks-engel.de Autor Thorsten Ebachist Vertriebsleiter bei der EKS Engel GmbH & Co. KG in Wenden. [email protected] www.etz.de S2/2013