Magnetosphärische Stromsysteme und energiereiche Teilchen

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Fachbereich Physik
Arbeitsgruppe Modellierung, Prof. Dr. M.-B. Kallenrode
Numerische Physik
Magnetosphärische Stromsysteme
und energiereiche Teilchen
Diplomarbeit
vorgelegt von
Vanessa Kachel
Matrikelnummer: 906221
Osnabrück, 15. Januar 2007
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
III
Tabellenverzeichnis
V
1
Einleitung
1
2
Grundlagen
2.1
2.2
2.3
3
3.2
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Satelliten . . . . . . . . . . . . . .
3.1.1 NOAA-15 und NOAA-16
3.1.2 ACE und Wind . . . . . .
Verarbeitung der Daten . . . . . .
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3
5
7
7
10
12
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12
12
15
17
Teilchen in der Magnetosphäre
19
4.1
4.2
4.3
19
23
24
26
29
32
36
48
4.4
4.5
4.6
4.7
5
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Instrumente und Daten
3.1
4
3
Magnetosphäre der Erde . . . . . .
Ionosphäre und Plasmasphäre . . .
Teilchenbewegung im Magnetfeld
2.3.1 Teilchendriften . . . . . . .
2.3.2 Magnetischer Spiegel . . . .
Stromsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Südatlantische Anomalie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
TED- und MEPED-Daten im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.1 Vergleich von TED- und MEPED-Elektronen . . . . . . . . .
4.3.2 Vergleich von Teilchen gleicher Steifigkeit . . . . . . . . . . .
Vergleich der Teilchenflüsse in den Sektoren . . . . . . . . . . . . .
Überprüfung des Stromsystem-Musters . . . . . . . . . . . . . . . .
Teilchenflüsse im interplanetaren Raum . . . . . . . . . . . . . . . .
4.6.1 Unterschiede des Teilcheneinfalls in den Sektoren während
des Januar-Events . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Erreichen TED-Teilchen die Atmosphäre? . . . . . . . . . . . . . . .
Zusammenfassung
Literatur
51
54
60
62
A Anhang
A.1 Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
A.2 Tabellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
66
66
69
Danksagung
71
Eidesstattliche Erklärung
72
Abbildungsverzeichnis
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
Magnetosphäre der Erde . . . . .
Plasmasphäre und Plasmapause
Gyration . . . . . . . . . . . . . .
Drift im Magnetfeld . . . . . . . .
Magnetischer Spiegel . . . . . . .
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4
6
7
9
10
3.1
Flugbahn von Wind im Zeitraum von November 1994 bis 2008+ . .
17
4.1
4.2
4.3
4.4
Stromsysteme der Magnetosphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Birkelandströme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Birkelandströme nach McPherron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Schema der Birkeland-Ströme zu geomagnetisch ruhigen und aktiven Zeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Auswirkung der Südatlantischen Anomalie . . . . . . . . . . . . . .
Messbereich von NOAA-15 und NOAA-16 . . . . . . . . . . . . . .
Teilcheneinfall in den Elektronenkanälen . . . . . . . . . . . . . . .
Breitenverschiebung der Hautpmaxima (alle Elektronenkanäle) . .
Hauptmaxima bei gleicher Steifigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . .
Einfallbereiche von Elektronen und Protonen . . . . . . . . . . . . .
Teilcheneinfall in den Protonenkanälen im Morgensektor . . . . . .
Prozentuale Verteilung der Zählraten in den Sektoren . . . . . . . .
Prozentuale Zählratenanteile der Sektoren über Tage . . . . . . . .
Lage der Hauptmaxima von Teilchen mit 1 keV bis 20 keV, Morgenund Abendsektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Lage der Hauptmaxima von Teilchen mit 1 keV bis 20 keV, Tagund Nachtsektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Modell der feldparallelen Ströme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Bz -Komponente des interplanetaren Magnetfelds, Tag 15-16 2003 .
Lage der Hauptmaxima von Teilchen gleicher Steifigkeit, Morgenund Abendsektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Lage der Hauptmaxima von Teilchen gleicher Steifigkeit, Tag- und
Nachtsektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Lage der Hauptmaxima von Teilchen mit E > 30 keV, Morgen- und
Abendsektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20
21
22
4.5
4.6
4.7
4.8
4.9
4.10
4.11
4.12
4.13
4.14
4.15
4.16
4.17
4.18
4.19
4.20
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25
27
28
30
30
31
33
35
38
39
40
41
44
45
46
III
Abbildungsverzeichnis
4.21 Lage der Hauptmaxima von Teilchen mit E > 30 keV, Tag- und
Nachtsektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.22 Elektronenfluss im Nachtsektor (1 keV < E < 20 keV), im interplanetaren Raum und Kp-Index während des Januar-Events 2005 . . .
4.23 Teilchenflüsse von Elektronen mit Energien von 1 keV bis 20 keV
in den einzelnen Sektoren im Zeitraum 19. bis 24. Januar 2005 . . .
4.24 Teilchenflüsse von Elektronen mit Energien größer 30 keV in den
einzelnen Sektoren im Zeitraum 19. bis 24. Januar 2005 . . . . . . .
4.25 Teilchenfluss des 0◦ - und 30◦ -Detektors und der ungespiegelten
Teilchen mit Energien von 1 keV bis 20 keV . . . . . . . . . . . . . .
4.26 Pitch-Winkelverteilung der Teilchenflüsse ungespiegelter Elektronen (1 keV ≤ E ≤ 20 keV) auf der Nordhemisphäre . . . . . . . . .
4.27 Pitch-Winkelverteilung der Teilchenflüsse ungespiegelter Elektronen (1 keV ≤ E ≤ 20 keV) auf der Südhemisphäre . . . . . . . . . .
A.1 Schematische Darstellung eines NOAA-Satelliten . . . . . . . . . .
A.2 Wind-Flugbahn 23.11.2004 - 22.05.2005 und 31.08.2003 - 29.11.2003 .
A.3 Interplanetares Magnetfeld am 21. und 22. Januar 2005 . . . . . . .
IV
47
50
52
53
57
58
58
66
67
68
Tabellenverzeichnis
3.1
3.2
3.3
Energiekanäle des TED . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Energiebänder von TED . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Energiekanäle des MEPED . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
14
16
A.1 Faktoren zur Umrechnung der Zählraten (NOAA-15) . . . . . . . .
A.2 Faktoren zur Umrechnung der Zählraten (NOAA-16) . . . . . . . .
69
69
V
1 Einleitung
Die Erforschung und Eroberung des Weltraums im 20. Jahrhundert wurde hauptsächlich durch militärische Entwicklungen vorangetrieben. 1929 hat Robert Goddard, ein US-amerikanischer Raketenentwickler, eine Rakete abgeschossen, die
ein Barometer, ein Thermometer und eine Kamera mit sich trug. Hier werden die
Ursprünge meteorologischer Satelliten angesiedelt.
Der Start des sowjetischen Satelliten Sputnik 1 am 4. Oktober 1957 bedeutete nicht nur für die Raumfahrt, sondern auch für die Meteorologie einen großen
Fortschritt. Sputnik lieferte die ersten Bilder von der Erdoberfläche und der Atmosphäre aus dem Weltraum.
Am 1. April 1960 wurde der erste offizielle Wettersatellit, TIROS-1, gestartet.
Im Laufe der Jahre folgten weitere Wettersatelliten; Instrumente und Techniken
wurden ausgebaut und verfeinert.
Die Daten, die in dieser Arbeit hauptsächlich verwendet werden, stammen von
Satelliten der National Oceanic and Atmospheric Administration, die die Konditionen von Atmosphäre und Ozean erforschen. Es handelt sich bei den Daten
um Messungen geladener Teilchen, die sich in der Magnetosphäre befinden, dem
Raum um die Erde, in dem das Erdmagnetfeld dominant ist.
Geladene Teilchen bewegen sich im Magnetfeld der Erde und erzeugen Ströme. Die Messung dieser Teilchen gibt also Aufschluss über die Stromsysteme in
der Magnetosphäre. Die Entstehung von Polarlichtern ist beispielsweise eine bekannte Eigenschaft des Einfalls geladener Teilchen in die Atmosphäre.
In dieser Arbeit wird der Teilcheneinfall der energiereichen Elektronen und
Protonen untersucht. Dabei sind folgende Fragen interessant:
• Fallen Teilchen aufgrund von verschiedenen Energien in unterschiedlichen
Bereichen ein?
• Hängen Ort und Zeit des Teilcheneinfalls von der Position der Sonne zur
Erde ab?
• Beeinflussen Störungen des Erdmagnetfelds (hohe geomagnetische Aktivität) den Teilcheneinfall?
• Inwieweit hängt der Teilcheneinfall mit dem Teilchenfluss im interplanetaren Raum zusammen?
• Welchen Einfluss hat das interplanetare Magnetfeld auf den Einfall der Teilchen?
1
1 Einleitung
• Erreichen die von den Satelliten in größerer Höhe gemessenen Teilchen tatsächlich die Atmosphäre?
Insbesondere die letzte Frage beinhaltet wieder einen meteorologischen Aspekt
und könnte für bestimmte Atmosphärenmodelle der Wettervorhersage und auch
für die Klimamodellierung interessant sein.
Antworten auf die anderen Fragen sollen im Wesentlichen zu einem besseren
Verständnis der Stromsysteme in der Magnetosphäre verhelfen.
2
2 Grundlagen
In diesem Kapitel werden die dieser Arbeit zugrunde liegenden Vorstellungen
über das nähere Umfeld der Erde erläutert, wie zum Beispiel der Einfluss des
Sonnenwindes auf die Magnetosphäre der Erde. Desweiteren werden Bereiche
innerhalb der Magnetosphäre und Atmosphäre der Erde vorgestellt, in denen
sich geladene Teilchen aufhalten können (Plasmasphäre und Ionosphäre). Außerdem wird die allgemeine Teilchenbewegung in einem Magnetfeld beschrieben.
2.1 Magnetosphäre der Erde
Unter einfachen Bedingungen, ohne äußere Einflüsse und in erster Näherung
auch knapp oberhalb der Erdoberfläche, kann das Magnetfeld der Erde als Dipolfeld angenommen werden. Die Magnetfeldlinien treten am magnetischen Nordpol auf der Südhalbkugel der Erde aus und am magnetischen Südpol (Nordhalbkugel) wieder ein. An diesem Magnetfeld orientieren sich energiereiche geladene
Teilchen in der Nähe der Erde, da ihre Energiedichte kleiner als die des Feldes
ist. Um die Erde existiert somit ein Hohlraum innerhalb des Sonnenwindes, der
durch das Erdmagnetfeld gebildet wird. Der Sonnenwind ist in der Lage, das
Magnetfeld der Erde so zu verformen, bis sich eine Gleichgewichtsfläche, die
Magnetopause, aus der Energiedichte im Sonnenwind und der im geomagnetischen Feld ausbildet. Erdwärts der Magnetopause überwiegt die Energiedichte
im geomagnetischen Feld die des Sonnenwindes, in entgegengesetzter Richtung
ist es umgekehrt. Der Sonnenwind besteht aus einem kontinuierlichen Strom von
hauptsächlich geladenen Teilchen, wie Ionen und Elektronen. Sie entweichen der
Sonnenatmosphäre mit Geschwindigkeiten von durchschnittlich 400 km/s und
füllen den interplanetaren Raum.
Der Teilchenstrom ist ein Plasma, also ein ionisiertes Gas, welches in etwa
gleich viel positiv wie negativ geladene Teilchen enthält und somit als quasineutral bezeichnet wird, da es von außen betrachtet wie ein Neutralgas erscheint.
Ein Plasma unterscheidet sich allerdings von einem normalen neutralen Gas insofern, als das es von externen elektrischen und magnetischen Feldern beeinflusst
wird, da es geladene Teilchen enthält. Außerdem können die Teilchen untereinander wechselwirken, wenn sie sich in einem bestimmten Abstand voneinander
befinden, es bilden sich somit elektrische und magnetische Felder auch innerhalb
des Plasmas. Quasi-neutral ist ein Plasma somit nur in Regionen größer als die so-
3
2 Grundlagen
genannte Debye-Länge, innerhalb der Debye-Länge ist die Ladung von Teilchen
unterscheidbar. Die Debye-Länge hat die allgemeine Formel
s
e0 kTe Ti
λD =
,
(2.1)
2
ne e (Ti + ZTe )
wobei e0 der Elektrischen Feldkonstante, k der Boltzmannkonstante, Te der Temperatur der Elektronen, Ti der Temperatur der Ionen, ne der Elektronendichte, e
der Elementarladung und Z der Ladungszahl der Ionen entspricht. In einem Plasma ist die Debye-Länge klein gegenüber den Abmessungen des Plasmas, und die
Anzahl von Teilchen in einer Kugel, deren Radius der Debye-Länge entspricht, ist
groß.
Aufgrund dieses Plasmastroms von der Sonne entsprechen die magnetischen
Feldlinien nicht genau denen des zuvor angenommenen Dipols, sondern die der
Sonne zugewandten Linien werden gestaucht, bis sich die bereits oben erwähnte
Magnetospause als Gleichgewichtsfläche ausbildet, während die Feldlinien auf
der anderen Seite der Erde ausgedehnt werden und den sogenannten Magnetosphärenschweif formen.
Abbildung 2.1: Magnetosphäre der Erde (Lang, 2003)
Die Ausdehnung der Magnetosphäre in Richtung Sonne beträgt etwa zehn
Erdradien1 . Hier herrscht ein Gleichgewicht zwischen dem kinetischen Druck
des Sonnenwindplasmas und dem magnetischen Druck des Erdmagnetfelds. Der
Magnetosphärenschweif erstreckt sich über einige hundert Erdradien in den interplanetaren Raum auf der der Sonne abgewandten Seite. Die Magnetosphäre ist
allerdings nicht statisch, sie verändert ihre Form je nach Dichte und Geschwindigkeit des Sonnenwindes. Die äußere Grenze der Magnetosphäre zum interplanetaren Raum ist die Magnetopause.
1
4
1 Erdradius (1 R E ) entspricht etwa 6371 Kilometern.
2.2 Ionosphäre und Plasmasphäre
Auch das interplanetare Magnetfeld der Sonne wird von dem Plasma des Sonnenwindes beeinflusst. Die Magnetfeldlinien werden mit dem Teilchenstrom mitgeführt, sie sind sozusagen im Plasma eingefroren, da ihre Energiedichte geringer
als die des Plasmas ist.
Der von der Sonne mit Überschallgeschwindigkeit ankommende Teilchenstrom wird an der Bugstoßwelle stark abgebremst und die Teilchen ändern ihre
Bewegungsrichtung auf Grund der durch das Magnetfeld ausgeübten LorentzKraft. Die Bugstoßwelle befindet sich in einem Abstand von etwa drei Erdradien
vor dem subsolaren Punkt der Magnetopause. Hinter der Bugstoßwelle wird die
Strömung der Teilchen mit Unterschallgeschwindigkeit um die Magnetosphäre
herum fortgesetzt. Die meisten Teilchen strömen in der Magnetosheath an der
Magnetosphäre vorbei. Einige Teilchen bewegen sich allerdings entlang der äußeren Feldlinien des Erdmagnetfelds und können die Erde über den Nord- und
Südpol erreichen. Diesen Bereich zwischen dem sonnenwärtigen Magnetfeld und
dem Magnetosphärenschweif nennt man Polar Cusps.
2.2 Ionosphäre und Plasmasphäre
Ionosphäre
Die Ionosphäre ist eine Schicht der oberen Erdatmosphäre, die etwa 80 Kilometer
über der Erdoberfläche beginnt. Sie enthält Teilchen, die durch zwei verschiedene
Prozesse ionisiert werden: Ionisation durch Stöße mit geladenen Teilchen aus der
Magnetosphäre und Photoionisation durch solare UV- und Röntgenstrahlung.
Besonders in hohen Breitengraden dominiert die Ionisation durch die einfallenden Teilchen aus der Magnetosphäre. Bei Störungen des Magnetfeldes werden geladene Teilchen aus dem Magnetosphärenschweif in Richtung Erde beschleunigt und gelangen entlang der Magnetfeldlinien in polare Breiten. Dadurch
kommt es in der Ionosphäre zum Auftreten von Polarlichtern. Polarlichter entstehen dadurch, dass die Moleküle, die sich in der Ionosphäre befinden, durch
Stöße mit den solaren Elektronen in einen höheren Energiezustand versetzt werden und beim Zurückfallen in ihren ursprünglichen Zustand die aufgenommene
Energie in Form von Lichtenergie wieder abgeben. Je nachdem, welche Moleküle von den Elektronen angeregt werden, hat das Licht unterschiedliche Farben.
Die Ionosphäre ist in drei Bereiche aufgeteilt, die sich unter anderem in ihrer Teilchendichte und Teilchenzusammensetzung unterscheiden. Stickstoffmonoxidionen (NO+ ) sind zumeist für bläuliche und violette Lichtemissionen verantwortlich, Sauerstoffionen (O2+ , O+ ) für rote und grüne Lichter.
In der oberen Ionosphäre steigt der Ionisationsgrad des Gases mit der Höhe an,
da die Dichte der neutralen Gasteilchen schneller abnimmt, als die der geladenen
Teilchen. Die Ionosphäre geht somit in einer Höhe von etwa 800 bis 1000 Kilometern fließend in die Plasmasphäre über, in der die Gasteilchen fast vollständig
ionisiert sind.
5
2 Grundlagen
Plasmasphäre
Die Plasmaphäre hat die Form eines Torus’ um die Erde herum, der eine Ausdehnung von ca. drei Erdradien besitzt und in der Plasmapause endet. Das Plasma
der Plasmasphäre dreht sich mit der Erde mit. Ionosphärisches Plasma macht
einen großen Teil des Plasmas in der Plasmasphäre aus. Es gelangt entlang der
Feldlinien des Erdmagnetfelds dorthin, da der Plasmadruck in diesen Bereichen
oft geringer ist.
Die Plasmapause ist die obere Grenze der Plasmasphäre, die sich durch eine
starke Abnahme der Teilchendichte bemerkbar macht (vgl. Abbildung 2.2). In
(a)
(b)
Abbildung 2.2: (a): Form der Plasmapause (rote Linie) in der Äquatorebene.
(b): Darstellung einer Modellrechnung des Dichtegradienten an
der Plasmapause nach Carpenter und Anderson (1992).
Abbildung 2.2 ist der Abstand vom Erdmittelpunkt in L-Werten angegeben. Mit
diesem L-Wert ist der von McIlwain (1961) eingeführte Parameter gemeint, der
den radialen Abstand einer Feldlinie vom Mittelpunkt der Erde in der Äquatorebene angibt. Dabei wird das Magnetfeld der Erde als Dipolfeld angenommen.
Um so eine Feldlinie führen geladene Teilchen Gyrations- und Driftbewegungen
aus (vgl. auch Kapitel 2.3), bei denen der L-Wert konstant bleibt. Deshalb spricht
man auch von einer L-Driftschale. Die Einheit des L-Wertes wird in Erdradien
angegeben. Die Plasmasphäre hat eine variable Form, zu Zeiten hoher geomagnetischer Aktivität zeigt sie einen geringeren Durchmesser in der Äquatorebene. Außerdem ist sie asymmetrisch mit einer Ausdehnung auf der Abendseite,
die dadurch entsteht, dass das Plasma von einem Konvektionsstrom in Richtung
Magnetopause mitgeführt wird, während es gleichzeitig mit der Erde rotiert. Auf
der Abendseite ist die Korotationsrichtung dieser Konvektion entgegengerichtet,
wodurch sich das Plasma dort nach außen wölbt.
6
2.3 Teilchenbewegung im Magnetfeld
2.3 Teilchenbewegung im Magnetfeld
Die Bewegung eines geladenen Teilchens im Magnetfeld wird durch die Lorentzkraft bestimmt. Es gilt
d~v
m
= F~L = q ~v × ~B.
(2.2)
dt
Dabei ist das Vorzeichen von q von der Ladung des Teilchens abhängig (für Elektronen ist q negativ, für positiv geladene Ionen positiv).
Teilchen werden im Magnetfeld auf eine Kreisbahn gelenkt, wenn sie eine Geschwindigkeitskomponente senkrecht zum Magnetfeld haben, die Teilchenbewegung parallel zum Magnetfeld wird von der Lorentzkraft nicht beeinflusst. Somit führen geladene Teilchen eine Gyration aus. Sie bewegen sich dabei in einem homogenen Magnetfeld oder in einem Magnetfeld, dessen Änderung klein
gegenüber dem Gyrationsradius ist, spiralförmig um die magnetischen Feldlinimv2
en. Die auf das Teilchen wirkende Zentrifugalkraft FZ = r L⊥ ist auf der Kreisbahn im Gleichgewicht mit der Lorentzkraft FL , womit sich beim Gleichsetzen
der Gyrations- oder der sogenannte Lamorradius r L ergibt:
mv2⊥
= qv⊥ B
rL
→
rL =
mv⊥
.
|q| B
(2.3)
Da bei der Kreisbewegung v = rω gilt, folgt
für die Lamorfrequenz ωc der Gyration
v⊥
|q| B
ωc =
=
.
rL
m
Abbildung 2.3: Gyration von po-
(2.4)
Das Vorzeichen von q entscheidet dabei über
den Drehsinn der Gyration (vgl. Abbildung
2.3).
sitiv und negativ
geladenen
Teilchen im Magnetfeld.
2.3.1 Teilchendriften
Zusätzlich zur Lorentzkraft kann noch eine weitere Kraft ~F auftreten, die allgemeine Bewegungsgleichung lautet dann
m
d~v ~
= F + q ~v × ~B.
dt
(2.5)
Um die Auswirkungen dieser äußeren Kraft nachzuvollziehen, wird der „Guiding Centre“-Ansatz verwendet. Dazu drückt man die Bewegung des Teilchens
als Bewegung des Führungszentrums, also des Mittelpunkts der Kreisbewegung,
7
2 Grundlagen
aus. Der Ortsvektor~rc des Führungszentrums lässt sich aus dem Ortsvektor~r des
Teilchens und dem Gyrationsradius~r L beschreiben:
~rc = ~r +~r L ,
m
~v × ~B
mit ~r L =
qB2
(2.6)
(2.7)
Die Geschwindigkeit ~vc des Führungszentrums ergibt sich durch Einsetzen der
Bewegungsgleichung zu
1 d~rc
m d~v ~
~vc =
= ~v + 2
× B = ~v + 2 ~F + q ~v × ~B × ~B
(2.8)
dt
qB dt
qB
Nach Vereinfachung mit Hilfe des Entwicklungssatzes2 erhält man die Geschwindigkeit des Führungszentrums mit einem parallelen und einem senkrechten Anteil:
~F × ~B
~vc = ~v|| +
.
(2.9)
qB2
Die senkrechte Komponente entspricht der Driftgeschwindigkeit ~v D :
~v D =
~F × ~B
.
qB2
(2.10)
Es gibt je nach Art der äußeren Kraft ~F verschiedene Driften, von denen einige
im folgenden näher erläutert werden.
~E × ~B-Drift Hierbei wirkt ein externes E-Feld, also ist ~F = q~E und
~E × ~B
.
(2.11)
B2
Die Driftgeschwindigkeit ist somit nicht von der Ladung abhängig, so dass positiv wie negativ geladene Teilchen in die gleiche Richtung driften, und zwar senkrecht zum elektrischen und magnetischen Feld. Dabei werden negativ geladene
Teilchen bei der Bewegung in Richtung des ~E-Feldes abgebremst und bei entgegengesetzter Richtung beschleunigt, bei positiv geladenen Teilchen ist es umgekehrt.
~v D =
Gravitationsdrift
Existiert ein Gravitationsfeld, lautet die Driftgeschwindigkeit
~v D =
m~g × ~B
, mit ~F = m~g.
qB2
(2.12)
Die Driftbewegung ist analog zu der ~E × ~B-Drift senkrecht zum ~B- und ~g-Feld,
jedoch verursacht die Ladungsabhängigkeit eine Ladungstrennung, da sich positiv und negativ geladene Teilchen in entgegengesetzte Richtungen bewegen.
Dadurch wird ein Strom ~j erzeugt.
2
8
Entwicklungssatz: (~v × ~B) × ~B = (~v · ~B)~B − (~B · ~B)~v = B2~v|| − B2~v = −B2 v~⊥
2.3 Teilchenbewegung im Magnetfeld
Abbildung 2.4: Teilchendrift im Magnetfeld aufgrund eines externen Kraftfeldes
~F, senkrecht zu ~B und ~F. In diesem Fall ist die resultierende Driftbewegungsrichtung ladungsabhängig.
Gradientendrift (∇B-Drift) Die Gradientendrift entsteht durch ein inhomogenes
Magnetfeld, die hier wirkende Kraft ergibt sich aus dem magnetischen Moment
µ des Teilchens und dem Gradienten des Magnetfelds zu ~F = −µ ∇B. Dabei ist
µ das Produkt aus dem Kreisstrom I der Gyration und vom Strom umrandeter
Fläche A:
q
ωc
qB
µ = I A = πr2L = q πr2L = q
T
2π
2m
mv⊥
qB
2
=
mv2⊥
,
2B
(2.13)
so dass die Driftgeschwindigkeit folgende Form hat:
~v D = −
mv2⊥
∇B × ~B.
2qB3
(2.14)
Die Teilchendrift ist senkrecht zum Gradienten des Magnetfelds und dem Magnetfeld selbst, mit variierendem Gyrationsradius analog zu den vorhergehenden Driften (vgl. auch Abbildung 2.4). Außerdem wird durch die entgegengesetzten Driften von positiv und negativ geladenen Teilchen wieder ein Strom erzeugt.
Die Gradientendrift trägt zur Bildung des Stromsystems in der Magnetopause
bei. Mit dem Sonnenwind heranströmende geladene Teilchen werden aufgrund
der Lorentzkraft abgelenkt, sobald sie das Magnetfeld erreichen. Es existiert ein
Magnetfeldgradient, da das Magnetfeld auf der anderen Seite der Magnetopause
verschwindet. Somit entsteht eine Driftbewegung der geladenen Teilchen, bei der
Elektronen nach Westen und Protonen sowie positiv geladene Ionen nach Osten
driften. In der Magnetopause wird also ein Strom von West nach Ost erzeugt.
9
2 Grundlagen
Aufgrund der lokalen Krümmung der Magnetfeldlinien tritt
im inhomogenen Magnetfeld zusammen mit der Gradientendrift auch eine Krümmungsdrift auf. Als Kraft wirkt die Zentrifugalkraft mit dem Betrag
Krümmungsdrift
~FZ =
mv2|| ~Rc
R2c
(2.15)
auf die Teilchen, wegen ihrer zum Magnetfeld parallelen Geschwindigkeitskomponente. ~Rc ist hierbei der lokale Krümmungsradius der Feldlinie und damit an
dieser Stelle senkrecht zu ~B. Es gilt R1c~e Rc = − ∇B
B , die Zentrifugalkraft zeigt also
in Richtung −∇B und die Krümmungsdrift ergibt sich zu
~v D = −
mv2||
qB3
∇B × ~B.
(2.16)
Durch den Gradienten und die Krümmung des Erdmagnetfelds resultieren
Driften, bei denen sich positiv und negativ geladene Teilchen in entgegengesetzte
Richtungen bewegen und dadurch einen Strom erzeugen. Die Gradienten- und
Krümmungsdrift tragen zu dem von Ost nach West gerichteten Ringstrom in der
Magnetosphäre (s. Kapitel 4.1) bei.
2.3.2 Magnetischer Spiegel
Unter einem magnetischen Spiegel versteht man die Reflexion eines Teilchens,
das in ein stärkeres Magnetfeld kommt. Dabei spielt das magnetische Moment µ
eine bedeutende Rolle, da es eine adiabatische Invariante des Systems darstellt.
Adiabatische Invarianten sind Größen,
die bei einer periodischen Bewegung
konstant bleiben, auch wenn sie einer
kleinen Störung unterliegt.
Im Magnetfeld entspricht diese Bewegung der Gyration des Teilchens. Die Störung ist klein genug, wenn sich das Feld
nur schwach innerhalb des Gyrationsorbits ändert oder wenn die Magnetfeldänderung während der Dauer eine Gyration nur langsam ist. Gelangt das Teilchen nun in ein Gebiet, in dem ein stärkeres Magnetfeld herrscht, nimmt aufgrund von
Abbildung 2.5: Magnetischer Spiegel
mv2⊥
µ=
= const.
(2.17)
2B
10
2.3 Teilchenbewegung im Magnetfeld
mv2
die senkrechte kinetische Energie Ekin,⊥ = 2 ⊥ proportional zu B zu. Unter
Berücksichtigung des Energieerhaltungssatzes nimmt deswegen die Parallelgeschwindigkeit v|| ab, und zwar solange, bis die Bewegungsenergie parallel zum
Feld vollständig in senkrechte Energie umgewandelt ist. Das bedeutet, dass dann
v|| = 0 ist und somit keine Bewegung mehr in Richtung des stärkeren Feldes ausgeführt wird. Da die Lorentzkraft, die auf das Teilchen wirkt, in diesem Punkt eine rückwärtsgerichtete Komponente hat, kehrt das Teilchen um und bewegt sich
auf seiner Spiralbahn wieder in das Gebiet mit geringerer Feldstärke. Es findet also eine Spiegelung der Teilchenbahn statt, deshalb spricht man dabei von einem
magnetischen Spiegel. Die Position des Spiegelpunktes ist abhängig vom PitchWinkel α, dem Winkel zwischen dem Geschwindigkeitsvektor des Teilchens und
der Magnetfeldrichtung.
Es gilt tan α = vv⊥ bzw. sin α = vv⊥ . Das
||
magnetische Moment lässt sich damit so ausdrücken:
µ=
mv2⊥
mv2 sin2 α
=
.
2B
2B
(2.18)
Da µ konstant bleibt und im Spiegelpunkt α = 90◦ ist, gilt mit Bmax als Feldstärke
im Spiegelpunkt
s
sin α =
B
Bmax
.
(2.19)
Ein Beispiel für einen magnetischen Spiegel findet sich im Erdmagnetfeld. An
den Polen stehen die Magnetfeldlinien dichter zusammen als über dem Äquator, es entsteht somit an jedem Pol ein magnetischer Spiegel. Dabei spricht man
auch von einer Spiegelmaschine oder magnetischer Flasche. Die Teilchen, die im
Magnetfeld eingefangen sind, können dadurch von Pol zu Pol oszillieren.
11
3 Instrumente und Daten
Dieses Kapitel enthält eine kurze Beschreibung der Satelliten, von denen die hier
untersuchten Daten stammen. Genauer werden die Instrumente auf den Satelliten NOAA-15 und NOAA-16 beschrieben, die zur Messung geladener Teilchen
mit unterschiedlichen Energien verwendet werden. Außerdem wird erläutert,
wie die Daten zur Auswertung verarbeitet werden.
3.1 Satelliten
3.1.1 NOAA-15 und NOAA-16
Die Satelliten NOAA-15 und NOAA-16 der National Oceanic and Atmospheric Administration (Abk.: NOAA) gehören zu den Polar Orbiting Environmental Satellites (Abk.: POES). Sie sind die Nachfolger von TIROS-N1 , der im Oktober 1978
gestartet wurde. Ihm folgten die Satelliten NOAA-6 bis NOAA-14. Im Mai 1998
wurde mit NOAA-15 eine neue Serie der POES-Satelliten, mit verbesserten Sensoren, eingeleitet. NOAA-16 startete kurz darauf im September 2000.
NOAA-15 und NOAA-16 umkreisen die Erde auf einem annähernd polaren
Orbit in einer Höhe von etwa 850 Kilometern, also etwa dort, wo die Ionosphäre
in die Plasmasphäre übergeht (siehe auch Kapitel 2.2). Der Orbit ist sonnensynchron, er präzediert dabei in die gleiche Richtung und mit der gleichen Frequenz
wie die Erde um die Sonne. Um dies zu erreichen, hat er eine Inklination von
etwa 99◦ , so dass seine Umlaufbahn entgegengesetzt zur Erdrotation (retrograd)
verläuft. In Folge dessen passieren die Satelliten einen Punkt über der Oberfläche
der Erde immer zur gleichen lokalen Sonnenzeit (Local Solar Time, Abk. LST)
und ermöglichen so einen besseren Vergleich der Daten an unterschiedlichen Tagen. Für NOAA-15 ist 7:30 Uhr die Zeit, in der der Äquator nach Süden gehend
überschritten wird, während NOAA-16 den Äquator um 14:30 Uhr in nördlicher
Richtung überquert. Da die Orbits eine Periode von etwa 102 Minuten haben,
wird die Erde innerhalb von 24 Stunden etwa 14 Mal von den Satelliten umkreist.
Messgeräte
Die in dieser Arbeit verwendeten Daten von NOAA-15 und NOAA-16 stammen
von dem Space Environment Monitor-2 (SEM-2), der seit dem Start von NOAA15 an Bord der POES-Satelliten eingesetzt wird. Bei diesem Gerät wurde die
1
Abkürzung für Television InfraRed Operational Satellite – Next-generation
12
3.1 Satelliten
Leistungsfähigkeit hinsichtlich der Teilchendetektion und Kalibration gegenüber
dem zuvor verwendeten Space Environment Monitor (SEM-1) verbessert, sowie
die Datenverarbeitung und der Archivierungsprozess überarbeitet.
Der SEM-2 enthält zwei Detektoren zur Messung von positiv und negativ geladenen Ionen in einem breiten Energiebereich: den Total Energy Detector (TED)
und den Medium Energy Proton and Electron Detector (MEPED), sowie eine Datenverarbeitungseinheit (DPU (Data Processing Unit )), welche als Schnittstelle
zwischen dem Satelliten und den Detektoren dient. Hier wird die Spannungsversorgung für den SEM-2 gesteuert und die Sensordaten in einen Datenstrom für
die Telemetrie umgewandelt. Im folgenden werden die beiden Detektoren näher
beschrieben.
Total Energy Detector
Der Total Energy Detector (TED) ist dafür vorgesehen, den Energiefluss zu messen, den aurorale Teilchen in die polare Atmosphäre eintragen. Mit diesem Energiefluss lässt sich die aurorale Aktivität bestimmen.
Der TED misst Teilchenflüsse von Protonen und Elektronen mit Energien in
zwei Bereichen, von 0,05 keV bis 1 keV und 1 keV bis 20 keV. TED enthält acht
Detektorsysteme, die in zwei Sets mit jeweils vier Systemen eingeteilt sind. Es
handelt sich dabei um elektrostatische Analysatoren mit gebogenen Platten, an
denen ein elektrisches Feld angelegt wird. Nur Teilchen mit entsprechender Ladung und Energie können den Analysator durchqueren. An der Austrittsöffnung
wird durch einen CDEM2 für jedes Teilchen ein Impuls ausgelöst.
Die beiden Gerätesätze mit je vier Detektoren sind so angeordnet, dass sie geladene Teilchen aus verschiedenen Richtungen messen. In einem Set ist die Achse
des Detektorsystems parallel zum radialen Vektor Erdmitttelpunkt-Satellit ausgerichtet. Seine Blickrichtung ist nach außen, also in Richtung Zenit, und ist somit
in der Nähe der Pole annähernd parallel zu den Feldlinien des Erdmagnetfelds.
Beim zweiten Set sind die Detektormittelpunkte um 30◦ zur ErdmittelpunktSatellit-Achse entlang der −Z-Achse der Raumsonde geneigt (vgl. Abbildung A.1
im Anhang). Die Öffnungswinkel des Elektronen- und Protonendetektors, der
Teilchen mit Energien von 1 keV bis 20 keV misst, beträgt 1,5◦ mal 9◦ in halben
Winkeln. Der Elektronendetektor der niedrigeren Energien hat einen Öffnungswinkel von 6,7◦ mal 3,3◦ , der Protonendetektor 6,6◦ mal 8,7◦ , jeweils in halben
Winkeln.
Jeweils zwei der vier Detektorsysteme pro Set sind für die Messung von Elektronen, die anderen beiden für die Messung von Protonen zuständig. Im weiteren
wird nun noch zwischen den Energiebereichen aufgeteilt. So erhält man die in Tabelle 3.1 aufgeführten Energiekanäle.
In allen acht Detektoren wird der Messbereich in acht Energiebänder aufgeteilt,
wie Tabelle 3.2 zeigt.
2
CDEM: continuous dynode electron multiplier
13
3 Instrumente und Daten
Tabelle 3.1: Energiekanäle des TED
TED-Ausrichtung
Energiebereich
Verwendete Abkürzung
0◦
0◦
0◦
0◦
0,05 - 1 keV Elektronen
0,05 - 1 keV Protonen
1 - 20 keV Elektronen
1 - 20 keV Protonen
TED0e50_1k
TED0p50_1k
TED0e1k_20k
TED0e1k_20k
30◦
30◦
30◦
30◦
0,05 - 1 keV Elektronen
0,05 - 1 keV Protonen
1 - 20 keV Elektronen
1 - 20 keV Protonen
TED30e50_1k
TED30p50_1k
TED30e1k_20k
TED30e1k_20k
Tabelle 3.2: Energiebänder von TED. Die Bänder 1-8 gehören zum niedrigen
Energiebereich 50 eV - 1000 eV, 9-16 zu den Energien 1000 eV20000 eV.
Energieniedrigste
mittlere
band
Energie [eV] Energie [eV]
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
14
50
73
106
154
224
325
473
688
1000
1454
2115
3075
4472
6503
9457
13753
61
89
130
189
274
399
580
844
1227
1784
2595
3774
5488
7980
11605
16877
höchste
Energie [eV]
Energiebandbreite [eV]
73
106
154
224
325
473
688
100
1454
2115
3075
4472
6503
9457
13753
20000
23
33
48
70
101
148
215
312
454
661
961
1397
2031
2954
4296
6247
3.1 Satelliten
Der TED misst für Elektronen und Protonen jeweils für Zenit- und 30◦ -Ausrichtung zusätzlich zu den Zählraten in den einzelnen Kanälen, in welchem der Energiebänder der größte Teilchenfluss auftritt.
Ein kompletter Messvorgang dauert zwei Sekunden, ein Datensatz enthält die
Messungen von 16 Zwei-Sekunden-Durchgängen. In den Bändern 4, 8, 11 und
14 wird die Teilchenrate in bestimmten Zwei-Sekunden-Intervallen gemessen, so
dass hierbei ein genauer festgelegter Energiebereich untersucht werden kann.
Medium Energy Proton and Electron Detector
Der Medium Energy Proton and Electron Detector (MEPED) detektiert den Einfall von Protonen und Elektronen in acht Halbleiter-Teilchenteleskopen. Zwei
davon messen Protonen in sechs Energieintervallen von 30 keV bis >6900 keV,
zwei weitere sind für die Messung von Elektronen über einen Energiebereich von
30 keV bis 2500 keV, aufgeteilt in drei Intervalle, zuständig. Teilchen aus diesem
Energiebereich stammen beispielsweise aus dem Strahlungsgürtel oder Sonnenflares. Die vier Teilchenteleskope messen den Teilcheneinfall aus einer bestimmten Richtung.
Es gibt jeweils zwei identische Teleskope, die sich in ihrer Blickrichtung unterscheiden. Das 0◦ -Teleskop ist in der X-Z-Ebene so angeordnet, dass seine Mittelachse um 9◦ zur −X-Achse in Richtung −Z-Achse gekippt ist, während sich
das 90◦ -Teleskop in der Y-Z-Ebene befindet und dort ebenfalls um 9◦ von der
+Y-Achse in Richtung −Z-Achse abgewinkelt ist (vgl. Abbildung A.1 im Anhang). Die 0◦ -Teleskope sind somit annähernd zenital ausgerichtet und die 90◦ Teleskope entgegengesetzt zur Flugrichtung des Satelliten. Dies entspricht in hohen Breiten einer zu den Feldlinien annähernd parallelen Ausrichtung für die 0◦ Teleskope und einer annähernd senkrechten Ausrichtung für die 90◦ -Teleskope.
Tabelle 3.3 enthält einen Überblick über die einzelnen Energieintervalle.
Die übrigen vier Detektorsysteme messen den omni-direktionalen Protoneneinfall durch einen kuppelförmigen Aufbau in den Energiebereichen >16 MeV, >35
MeV, >70 MeV und >140 MeV. Sie sind mit Blick parallel zu den MEPED 0◦ Elektron- und -Proton-Teleskopen befestigt und sind durch ihre Konstruktion in
der Lage, Protonen über einen Winkelbereich von 120◦ bis 180◦ zu registrieren.
3.1.2 ACE und Wind
In dieser Arbeit werden neben den Daten von den NOAA-Satelliten auch noch
Daten der Satelliten ACE und WIND verwendet, um die Teilchenflüsse innerhalb und außerhalb der Magnetosphäre zu vergleichen. Deswegen werden beide
Satelliten im folgenden kurz vorgestellt.
15
3 Instrumente und Daten
Tabelle 3.3: Energiekanäle des MEPED
MEPEDBezeichnung
Ausrichtung
Energiebereich
Verwendete
Abkürzung
0◦ /90◦
0◦ /90◦
0◦ /90◦
0◦ /90◦
0◦ /90◦
0◦ /90◦
0/90 P1
0/90 P2
0/90 P3
0/90 P4
0/90 P5
0/90 P6
30 - 80 keV Protonen
80 - 240 keV Protonen
240 - 800 keV Protonen
800 - 2500 keV Protonen
2500 - 6900 keV Protonen
> 6900 keV Elektronen
mep0P1/mep90P1
mep0P2/mep90P2
mep0P3/mep90P3
mep0P4/mep90P4
mep0P5/mep90P5
mep0P6/mep90P6
0◦ /90◦
0◦ /90◦
0◦ /90◦
0/90 E1
0/90 E2
0/90 E3
30 - 2500 keV Elektronen
100 - 2500 keV Elektronen
300 - 2500 keV Elektronen
mep0e1/mep90e1
mep0e2/mep90e2
mep0e3/mep90e3
ACE
Der Advanced Composition Explorer, kurz ACE, ist eine Raumsonde der NASA
und wurde im August 1997 gestartet. ACE umkreist den Lagrangepunkt L1 3 der
Erde auf einem elliptischen Orbit, wobei die Länge der großen Halbachse etwa
200000 km beträgt. Auf ACE befinden sich mehrere Sensoren und Instrumente,
die Sonnenwindteilchen über einen breiten Energiebereich messen. Außerdem
werden auf ACE mit Magnetometern die Parameter des interplanetaren Magnetfelds, unter anderem dessen Bx -, By - und Bz -Komponente, bestimmt.
Die Daten können für unterschiedliche Zeitintervalle auf der Seite des ACE
Science Center heruntergeladen werden.
Wind
WIND wurde im November 1994 gestartet. Die Raumsonde wird für die Erforschung des Sonnenwindes und der Wechselwirkung mit der Magnetosphäre der
Erde eingesetzt. Seit seinem Start verläuft seine Flugbahn in verschiedenen Orbitarten (vgl. Abbildung 3.1).
Die Flüsse von Elektronen im Bereich von 3 eV bis 30000 eV werden vom 3-D
Plasma and Energetic Particle Analyzer gemessen.
Auf der WIND 3-D Plasma and Energetic Particle Investigation Home Page (Wind
3DP) stehen die entsprechenden Daten zur Verfügung.
3
Der Lagrangepunkt L1 befindet sich auf der Verbindungslinie zwischen Sonne und Erde, etwa
1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Er bezeichnet einen festen Punkt, an dem die
Gravitationskräfte zwischen Sonne und Erde im Gleichgewicht stehen und die Zentrifugalkraft
auf einen Körper mit geringerer Masse aufgehoben wird. Dieser Körper führt dann eine mit der
Erde synchrone Bewegung um die Sonne aus, seine Position zwischen Sonne und Erde ist fest.
(Wikipedia)
16
3.2 Verarbeitung der Daten
Abbildung 3.1: Flugbahn von Wind im Zeitraum von November 1994 bis 2008+
(Flight Dynamics Facility).
3.2 Verarbeitung der Daten
Die Satellitendaten von NOOA-15 und NOAA-16 können über die Internetseite des National Geophysical Data Center (NGDC) bezogen werden. Sie liegen
dort in höchster Zeitauflösung, archiviert in Binärdateien, vor. Eine Datei enthält die Messdaten von einem Tag. Die Energieflussdaten von TED und MEPED
bieten dabei eine Zeitauflösung von zwei Sekunden, andere Daten, wie Informationen über die momentanen Zeit- und Ortsangaben des Satelliten, werden in
Acht-Sekunden-Intervallen aufgelöst.
Da die Dateien, nachdem sie mit dem ebenfalls vom NGDC zur Verfügung
gestellten Programm entpackt worden sind, eine beträchtliche Größe von über
30 MB haben, werden die Daten auf eine Zeitauflösung von 16 Sekunden reduziert. Außerdem erhöht diese Mittelung die Zählstatistik, was insbesondere in
den höheren Energiekanälen für eine sinnvolle Auswertung der Daten erforderlich ist. Das bedeutet für die Messdaten von TED und MEPED, dass die Daten
von jeweils acht Zwei-Sekunden-Intervallen gemittelt werden. Dadurch konnte
der Umfang der Datendatei auf etwa ein Achtel der ursprünglichen Größe verringert werden, wodurch es einfacher ist, sie mit der entsprechenden Software zu
bearbeiten. Innerhalb von 16 Sekunden legen die Satelliten etwa ein Grad ihres
Umlaufs zurück. Dies entspricht einer Bodenspur auf der Erde von etwa einem
Tausendstel Längengrad und einem Breitengrad (etwa 110 km). Im Vergleich ist
somit die Auflösung immer noch doppelt so hoch wie die von vielen globalen
17
3 Instrumente und Daten
Klimamodellen4 , so dass die durch die Mittelung bewirkte Einschränkung der
räumlichen Auflösung für die Anwendung der Daten in einem derartigen Modell
(z.B. HAMMONIA des Max-Planck-Instituts für Meteorologie Hamburg) keine
Einschränkung darstellt.
Die in den Daten-Archiven enthaltenen Werte für die Energien sind jeweils
noch die komprimierten Sensor-Daten, die von der DPU berechnet und von den
Detektoren gemessen wurden.
Die DPU rechnet die Zählraten von TED in den Energiefluss von Teilchen eines bestimmten Energiebereichs (s. Tabelle 3.1), die einen differentiellen Winkel
(dα) haben und eine differentielle Fläche durchqueren, die senkrecht auf dem Geschwindigkeitsvektor der Teilchen steht. Dieser Energiefluss wird als Integrated
directional energy flux moment ED bezeichnet.
Die TED-Daten können durch Multiplikation mit einem bestimmten Faktor für
den jeweiligen Energiebereich in die Einheit (mW/m2 sr) umgerechnet werden.
Für NOAA-15 und NOAA-16 gelten dabei verschiedene Umrechnungsfaktoren.
Nachzulesen sind diese in der entsprechenden Tabelle im Anhang (vgl. Tabelle
A.1 und A.2).
Die MEPED-Daten werden in differentielle Flüsse (Teilchen pro (cm2 s eV sr))
umgerechnet, indem man sie mit dem Faktor 100 multipliziert und durch die
Energiebreite des Kanals, in dem sie gemessen wurden, teilt.
Zum Erstellen der Programme für die Auswertung und graphische Darstellung der Daten wurde die mathematische Software M ATLAB 7 verwendet.
4
Heutige globale atmosphärische Klimamodelle besitzen zumeist eine horizontale Auflösung
von etwa 250 Kilometern (Schmidt u. a.).
18
4 Teilchen in der Magnetosphäre
In diesem Kapitel geht es im Wesentlichen darum, zu überprüfen, ob es Parallelen zwischen den von Wissing (2005) untersuchten höherenergetischen Teilchen,
die von MEPED gemessen werden, und den von TED detektierten niederenergetischen Teilchen, die in der Literatur häufig mit feldparallelen Strömen in Zusammenhang gebracht werden, gibt. Dies würde bedeuten, dass auch die energiereicheren Teilchen zu diesem Stromsystem beitragen und damit die Ergebnisse von
Wissing bestätigen.
Hier soll verglichen werden, inwieweit die Muster des Teilcheneinfalls der
höher- und niederenergetischen Teilchen übereinstimmen. Dazu wird bestimmt,
welche räumlichen Positionen der maximale Einfall von positiv und negativ geladenen Teilchen verschiedener Energien einnimmt. Hierbei wird auch berücksichtigt, inwiefern die Teilchenprezipitation von der Lage der Erde zur Sonne und
der dadurch bedingten Form der Magnetosphäre abhängt. In vielen Fällen werden deshalb, soweit die Daten von NOAA-15 und NOAA-16 dies zulassen, Tag-,
Nacht-, Morgen- und Abendseite und auch Nord- und Südhemisphäre jeweils
getrennt voneinander betrachtet.
4.1 Stromsysteme
Stromsysteme entstehen in der Magnetosphäre aufgrund der kollektiven Bewegungen von Elektronen und Ionen. Die Stromsysteme sind außerdem dafür verantwortlich, dass die Struktur des Magnetfelds erhalten bleibt. Die bedeutendsten Stromsysteme, die im folgenden kurz erläutert werden, sind der Magnetopausenstrom, der Schweifstrom, der Ringstrom und die feldparallelen Ströme.
Durch die Bewegung geladener Teilchen entstehen elektrische Ströme, so auch
auf der sonnenzugewandten Seite der Magnetosphäre. Die Sonnenwindteilchen,
die auf das Erdmagnetfeld treffen, haben je nach Ladung unterschiedliche Gyrationsrichtungen. Ihre Bewegung verursacht den Magnetopausenstrom, auch bezeichnet als Chapman-Ferraro-Strom. Im Magnetosphärenschweif auf der sonnenabgewandten Seite fließt ein Strom in der Äquatorebene (vgl. Abbildung 4.1),
der über einen Oberflächenstrom um den südlichen und nördlichen Teil des
Schweifes geschlossen wird. Dieses Stromsystem wird Schweifstrom genannt.
Der Ringstrom besteht aus energiereichen Ionen und Elektronen, die in einer
Entfernung von zwei bis sieben Erdradien in der Äquatorebene um die Erde strömen. Zum Ringstrom tragen hauptsächlich Elektronen mit Energien von etwa
1 keV bis 50 keV und Protonen mit Energien von etwa 10 keV bis 200 keV bei.
19
4 Teilchen in der Magnetosphäre
Es sind Teilchen aus dem äußeren Strahlungsgürtel (Van Allen Radiation Belt, vgl. auch Abbildung 2.1), die sich dort, wie in Kapitel 2.3.2
beschrieben, in einer magnetischen Flasche bewegen. Zusätzlich driften die Teilchen dabei
von einer Feldlinie zur nächsten, die Elektronen nach Osten, die Ionen nach Westen, so
dass sich ein Strom von Ost nach West ergibt.
Während geomagnetischer Stürme sind die
Teilchenflüsse im Ringstrom erhöht, am stärksten im Bereich von L < 4. Ein Anstieg des
Ringstroms wird auf zwei Prozesse zurückgeführt: die Injektion von Plasma in die innere
Magnetosphäre während der Expansionsphase des geomagnetischen Teilsturms und die erhöhte Konvektion geladener Teilchen von der
Nachtseite der Plasmaschicht weit in die innere Magnetosphäre (L < 4). Nach derzeitiger Auffassung wird der zweite Prozess favo- Abbildung
4.1:
Stromsysterisiert.
me der Magnetosphäre: (a)
Die Stärke des Ringstroms bleibt in der
Magnetopausenstrom,
(b)
Hauptphase des Sturms etwa drei bis zwölf
Ringstrom, (c) Schweifstrom.
Stunden erhalten. Nach der Hauptphase fällt
(Olsen, 1982)
der Ringstrom wieder ab. Dabei verlangsamt
sich der Teilchentransport, so dass es zu Verlustprozessen kommt, die den Teilchenfluss im Ringstrom reduzieren. Der
Hauptprozess ist hierbei der Ladungsaustausch mit neutralen Wasserstoffatomen. Ein zweiter Prozess, der hauptsächlich niederenergetische Teilchen betrifft,
bezieht Coulomb-Stöße mit thermischem Plasma aus der Plasmasphäre mitein. Ein dritter Prozess, von dem angenommen wird, dass er zum Abfall des
Ringstroms beiträgt, ist der Verlust von Ringstrom-Teilchen durch Prezipitation
in die Atmosphäre durch Welle-Teilchen-Wechselwirkungen. Welche Rolle dieser
Verlustprozess bei der Entwicklung des Ringstroms spielt, wird noch erforscht.
Bis der Ringstrom wieder zu der Stärke abgefallen ist, die er vor dem Sturm
hatte, vergehen zwei bis drei Tage. Anstieg und Abfall des Ringstroms werden
durch Änderungen des Disturbance storm time-Index, oder kurz Dst-Index, angezeigt, der die geomagnetische Aktivität misst.
Durch die feldparallelen Ströme, auch genannt Birkeland-Ströme, werden die
Stromsysteme der Magnetosphäre mit den Stromsystemen der Ionosphäre verbunden (vgl. Abbildung 4.3). Die Birkeland-Ströme zeigen in der Ionosphäre ein
bestimmtes Muster für aufwärts- und abwärtsgerichtete Ströme: es gibt einen inneren Ring mit abwärtsgerichteten Strömen auf der Morgenseite und aufwärtsgerichteten auf der Abendseite. Diese Ströme, die näher am Pol liegen, werden als
Region-1-Ströme bezeichnet. Die Region-2-Ströme bilden einen äußeren, äquator-
20
4.1 Stromsysteme
Abbildung 4.2: Birkeland-Ströme (Schlegel und Woch, 2005)
wärtigen Ring, in dem der Teilchenstrom auf der Morgenseite aufwärts- und auf
der Abendseite abwärtsgerichtet ist. Mit aufwärts ist dabei immer die Stromrichtung von der Ionosphäre in die Magnetosphäre gemeint, dabei bewegen sich die
Elektronen in die entgegengesetzte Richtung. Bei den abwärtsgerichteten Strömen ist es dementsprechend umgekehrt.
Die feldparallelen Ströme werden in der Ionosphäre in etwa 100 Kilometern
Höhe durch die polaren Elektrojets geschlossen, auf der Morgenseite durch den
südwärtigen Pedersen- und den westwärtigen Hallstrom, auf der Abendseite
durch den nordwärtigen Pedersen- und den ostwärtigen Hallstrom (s. Abbildung
4.2).
Der Region-1-Strom entsteht auf der Morgenseite der Magnetosphäre am inneren Rand der Low Latitude Boundary Layer1 (Abk.: LLBL) und fließt von dort parallel zu den Magnetfeldlinien abwärts in die Ionosphäre ((McPherron, 1991), vgl.
auch Abbildung 4.3). Über die polaren Elektrojets fließt ein Teil des Stroms Richtung Abendseite und der Rest äquatorwärts. Der morgenseitige Region-2-Strom
fließt aufwärts in die Äquatorebene erdwärts der LLBL und trägt dort zum partiellen Ringstrom bei, der aufgrund der Gradienten- und Krümmungsdrift westlich gerichtet ist. Auf der Abendseite fließt der Strom als Region-2-Strom abwärts
in die Ionosphäre. Durch den Pedersenstrom schließt sich der Strom wiederum
polwärts und fließt von dort als Region-1-Strom aufwärts in den inneren Rand
der LLBL auf der Abendseite.
1
Die Low Latitude Boundary Layer ist ein Teil der magnetosphärischen Grenzschicht in niedrigen Breiten nahe der Äquatorebene. Plasma aus der Magnetosheath kann durch die Magnetopause in diese Region gelangen. Sie erstreckt sich von der subsolaren Region bis weit in den
Magnetosphärenschweif.
21
4 Teilchen in der Magnetosphäre
Abbildung 4.3: Birkeland-Ströme (McPherron, 1991)
Nach McPherron ist noch unklar, wie sich der Strom der äußeren Ränder der
LLBL schließt, aber möglich wäre dies über die Polkappen (s. Abbildung 4.3) oder
den Sonnenwind.
Iijima und Potemra (1976a) haben die ersten statistischen Studien an den feldparallelen Strömen vorgenommen, ihre Daten bezogen sie von TRIAD, einem
Satelliten, der in niedriger Höhe in der Polarebene kreiste. In Abbildung 4.4 sind
Ergebnisse ihrer Forschungen zu sehen, die Birkeland-Ströme in geomagnetisch
ruhigen und aktiven Zeiten. Der graue Bereich zeigt die aufwärtsgerichteten,
der schwarze die abwärtsgerichteten Ströme an. Bei etwa 12 Uhr MLT (Magnetic
Local Time2 ) ist die Stromrichtung der Region-1-Ströme (polwärtig) nicht klar definiert, die Grenze zwischen Auf- und Abwärtsstrom hängt nach Erlandson u. a.
(1988) von der y-Komponente des interplanetaren Magnetfelds ab. Demnach verschiebt sich der aufwärtsgerichtete Region-1-Strom in Richtung Vormittag, wenn
By negativ ist, und bei positivem By verschiebt sich der abwärtsgerichtete Strom
Richtung Nachmittag. Auf der Nachtseite gibt es eine Überlappung der Region1- und Region-2-Stromsysteme, welches auch als three-region Muster bezeichnet
wird (Potemra, 1978).
2
Betrachtet man die magnetischen Längen- und Breitengrade der Erde, haben alle Punkte auf
einem magnetischen Längengrad eine bestimmte magnetische Lokalzeit (engl.: magnetic local
time). Auf dem der Sonne zugewandten magnetischen Meridian ist es 12 Uhr MLT, auf der
sonnenabgewandten Seite, +180◦ oder -180◦ magnetische Länge zu 12 MLT, ist es 0 Uhr MLT.
Die magnetische Lokalzeit enstspricht also der Lokalzeit, nur abhängig von den magnetischen
statt den geographischen Koordinaten.
22
4.2 Südatlantische Anomalie
Abbildung 4.4: Schema der Birkeland-Ströme zu geomagnetisch ruhigen (links)
und aktiven Zeiten (rechts) nach Iijima und Potemra (1976b) und
(1978).
Während eines geomagnetischen Sturms wandern die Ströme, insbesondere
auf der Morgen- und Abendseite, äquatorwärts. Außerdem gibt es Veränderungen in der Überlappung auf der Nachtseite und Störungen auf der Morgenseite
Richtung Pol. Zwischen 21 und 00 MLT existiert polwärts ein weiteres Strommuster. Dieses setzt sich aus feinstrukturierten und variierenden Strömen zusammen,
so dass es sich nicht mit dem üblichen three-region System beschreiben lässt (Potemra, 1978).
Im Bereich der einfallenden Elektronen treten häufig Polarlichter auf. Der Bereich des Birkeland-Stromsystems wird deshalb auch als Polarlicht- bzw. Auroraoval bezeichnet. Die Hauptaufgabe des TED-Sensors ist es, Aurora-Teilchen zu
detektieren, weshalb die Betrachtung dieses Stromsystems im besonderen Interesse dieser Arbeit liegt.
4.2 Südatlantische Anomalie
Auch wenn das Magnetfeld der Erde in erster Näherung als Dipolfeld angenommen werden kann, sind Abweichungen von dem Ideal besonders über dem Südatlantischen Ozean vorhanden. Die Ursache dafür ist, dass das magnetische Zentrum der Erde nicht mit dem geographischen übereinstimmt, sondern um etwa
450 Kilometern davon abweicht. Außerdem ist die Dipolachse zur Rotationsach-
23
4 Teilchen in der Magnetosphäre
se der Erde gekippt. Dadurch kommt der innere Strahlungsgürtel (Inner Van Allen Radiaton Belt) in diesem Bereich bis zu einer Höhe von etwa 250 Kilometern
an die Erdoberfläche heran. Der Strahlungsgürtel enthält hauptsächlich Protonen mit Energien ab 10 MeV. In diesen niedrigen Höhen kann die energiereiche
Strahlung ein Problem für Satelliten darstellen, deren Bahn den Bereich der Südatlantischen Anomalie durchkreuzt.
Die Südatlantische Anomalie (SAA) hat auch Einfluss auf die Messdaten, wie
man in Abbildung 4.5 sehen kann: in diesem Bereich werden ebenfalls höhere
Zählraten gemessen, nicht nur in den hohen Breiten. Dies gilt sowohl für die
Protonenkanäle als auch für die Elektronenkanäle.
Abbildung 4.5: Auswirkung der Südatlantischen Anomalie auf die Messdaten.
Die Abbildung zeigt die Bodenspur von NOAA-15 am 19.07.2003.
Zwischen den Breitengraden +10◦ und -50◦ werden zwischen dem
0. und 30. Längengrad sowie dem 270. und 360. mittlere Zählraten
gemessen. Dargestellt ist die Energiestromdichte der Elektronen
(1 keV - 20 keV).
4.3 TED- und MEPED-Daten im Vergleich
Bei dem Vergleich von TED- und MEPED-Daten geht es zunächst einmal darum, zu sehen, ob die von TED gemessenen Teilchen mit niedrigen Energien ein
ähnliches Einfallmuster erkennen lassen, wie die von MEPED gemessenen Teilchen mit mittleren Energien. Jan Maik Wissing hat in seiner Diplomarbeit die
24
4.3 TED- und MEPED-Daten im Vergleich
(a)
(b)
Abbildung 4.6: Messbereich (farbig) auf der Nordhalbkugel (geomagnetische
Breite (bis 30◦ ) und Lokale Zeit), berechnet für eine Höhe von
120 km über der Erdoberfläche von NOAA-15 (a) und NOAA-16
(b) (bläuliche Farben zeigen wenig, rötliche stärkeren Teilcheneinfall an).
Eigenschaften der MEPED-Daten analysiert (Wissing, 2005). Um zu überprüfen,
ob es einen Zusammenhang im Einfluss der magnetosphärischen Stromsysteme
auf niederenergetische und energiereiche Teilchen gibt, wird im folgenden der
Elektronen- und Protoneneinfall untersucht, sowie das Verhalten von Teilchen
gleicher Steifigkeit betrachtet.
Bei der Darstellung der Daten wird auf die Orbiteigenschaften der beiden
NOAA-Satelliten zurückgegriffen: da sie jeweils zu einer festen lokalen Zeit den
Äquator überqueren, misst jeder Satellit den Teilcheneinfall in zwei Sektoren. Die
Erdoberfläche kann man in vier Sektoren aufteilen, in den Tag- und Nachtsektor
und den Morgen- und Abendsektor, je nachdem, welche Position zur Sonne jeweils eingenommen wird. NOAA-15 überfliegt innerhalb eines Orbits jeweils den
Morgen- und den Abendsektor, NOAA-16 den Tag- und Nachtsektor (s. Kapitel
3.1.1 und Abbildung 4.6). Bei einem Vergleich der Messdaten über mehrere Tage
macht es Sinn, jeweils die Daten aus dem gleichen Sektor zu verwenden, da es
Unterschiede in der Menge und Position des Teilcheneinfalls gibt (vgl. Wissing
(2005)). Ein Orbit wird also in zwei Halborbits aufgeteilt, dadurch erhält man
insgesamt ca. 28 Halborbits pro Tag und ca. 14 je Sektor.
In den Datensätzen von NOAA-15 und NOAA-16 wird zur Aufteilung die Bewegungsrichtung des Satelliten anhand der Breitengrade bestimmt. Befindet sich
NOAA-15 beispielsweise am Nordpol und bewegt sich dann in Richtung Äquator bzw. Südpol (abnehmende Breitengrade), wird dies zum Morgensektor gezählt. Sobald der Südpol überquert ist und die Breitengrade wieder zunehmen
(Äquatorübergang in nördliche Richtung), zählt dieser Messbereich zum Abend-
25
4 Teilchen in der Magnetosphäre
sektor. Bei NOAA-16 entspricht analog dazu ein Halborbit in südlicher Richtung
dem Nachtsektor, Richtung Norden dem Tagsektor.
Nun ist es jedoch so, dass sich NOAA-15 und NOAA-16 zu Beginn jedes Tages
nicht direkt am Nord- oder Südpol befinden, so dass der erste und letzte Halborbit oft unvollständig sind. Die Lücken, die entstehen würden, wenn man die
Messdaten über mehrere Tage vergleicht, können verhindert werden, wenn die
Datensätze der Tage direkt hintereinandergesetzt werden. So wird der erste, unvollständige Halborbit eines Tages zum letzten, nicht kompletten Halborbit des
vorhergehenden Tages gerechnet.
4.3.1 Vergleich von TED- und MEPED-Elektronen
Für den Vergleich des von TED und MEPED gemessenen Elektroneneinfalls werden die Energieflüsse aller Elektronenkanäle in ihrer Verteilung auf die Breite
im Vergleich dargestellt. Allerdings werden dabei die TED-Elektronen von den
MEPED-Elektronen getrennt, denn bei TED werden integrierte Energieflüsse angegeben, bei MEPED differentielle Energieflüsse (vgl. Kapitel 3.2). Dies ändert
jedoch nichts an der räumlichen Verteilung, es verhindert nur, dass man die Energieflüsse direkt untereinander vergleichen kann.
Abbildung 4.7 stellt nun den Fluss der energiereichen Teilchen über der geomagnetischen Breite dar. Die geomagnetische Breite kennzeichnet einen Breitengrad, an dem die gleiche Feldstärke herrscht. Bei den NOAA-Satelliten ist dies
eine Magnetfeldstärke in 120 km Höhe, die aus der Feldstärke in Höhe des Satelliten mithilfe eines IGRF-Modells3 berechnet wird. Bei 90◦ und -90◦ geomagnetischer Breite befinden sich die geomagnetischen Pole, deren geographische
Koordinaten nach dem IGRF-Modell berechnet werden. Für das IGRF der 10. Generation wird der nördliche geomagnetische Pol mit 79,61◦ Nord und 71,57◦ West
angegeben und der südliche mit 79,61◦ Süd und 108,43◦ Ost. Dieser Wert gilt für
die Epoche von 2000 bis 2005. Es wird die Darstellung über die geomagnetische
Breite gewählt, da sich die einfallenden Teilchen am Magnetfeld orientieren, welches in gleichen geographischen Breiten schon aufgrund des bereits erwähnten
gekippten Dipolfeldes unterschiedlich stark ist.
Der Zählratenverlauf der niedrigen Elektronenkanäle ist dem der MEPEDKanäle recht ähnlich. Es gibt ebenso Maxima in den hohen Breiten in der Nähe der geomagnetischen Pole. Der Teilcheneinfall im Bereich der SAA ist bei TED
weniger stark, ähnlich dem mep0e3, der die Teilchen mit den höchsten Energien
misst. Dies kann daran liegen, dass der MEPED Electron Detector auch auf Protonen im Energiebereich von 210 keV bis 2700 keV sensitiv reagiert (Evans und
Greer, 2004, S. 24), die im Gebiet der SAA verstärkt auftreten. Der interessante Bereich sind allerdings die hohen Breiten. Hier fällt auf, dass die jeweiligen
3
IGRF: Internationales Geomagnetisches Referenzfeld, ein mathematisches Modell des Erdmagnetfelds, das alle fünf Jahre neu berechnet wird (IGRF, 2005).
26
4.3 TED- und MEPED-Daten im Vergleich
Abbildung 4.7: Teilcheneinfall, gemessen von den Elektronenkanälen auf NOAA-
15 im Morgensektor. Die Flüsse wurden über 50 Tage mit einem
Median geglättet (Tag 200-250 2003). Die Energien der Elektronen,
die in den einzelnen Kanälen gemessen werden, sind folgende:
TED0e50_1k: 50 eV < E < 1 keV, TED0e1k_20k: 1 keV < E < 20 keV,
mep0e1: E > 30 keV, mep0e2: E > 100 keV, mep0e3: E > 300 keV.
27
4 Teilchen in der Magnetosphäre
Abbildung 4.8: Zu sehen ist die geomagnetische Lage der Hauptmaxima des Ta-
ges 250 (07.09.2003) aller Elektronenkanäle im Morgensektor. Die
roten Pfeile kennzeichnen jeweils den Median der Breitenverteilung. Die rote, gestrichelte Linie stellt die Tendenz der Verschiebung der Hauptmaxima dar.
Flussmaxima in den einzelnen Kanälen nicht auf dem gleichen Breitengrad liegen, sondern sich mit steigender Energie in Richtung Äquator verschieben.
Um die Verlagerung der hohen Zählraten in hohen Breiten genauer darzustellen, wird im folgenden nur die Lage der Hauptmaxima betrachtet (vgl. Abbildung 4.8). Für diese Auswertung stehen Daten von Jan Maik Wissing zur Verfügung, die er durch Fitten der Messdaten mit Gauss-Funktionen berechnet hat4 .
Es werden dabei Daten von nur einem Tag mit wenig geomagnetischer Aktivität
verwendet, um ein annähernd gleiches Magnetfeld in jedem Orbit zu gewährleisten. Ein Maß für die geomagnetische Aktivität ist der Kp-Index5 , der in dreistündigen Abständen ermittelt wird. Der Kp-Index hat einen Wert zwischen 0 und
9, je höher der Wert, desto größer die geomagnetische Aktivität. Für den ausgewählten Tag liegt der Kp-Index im Mittel bei 1.
Man sieht im Morgensektor eine Verschiebung der Maxima in hohen Breiten, je
geringer die Elektronenenergie, desto weiter polwärts liegen die höchsten Zählraten. Für die anderen drei Sektoren ergibt die Auswertung ein sehr ähnliches Bild.
Ein Grund dafür lässt sich in dem Einfluss des Erdmagnetfelds auf die geladenen
Teilchen erkennen. Die Elektronen werden je nach ihrer Energie unterschiedlich
stark im Magnetfeld abgelenkt. Teilchen mit höherer Energie können einen länge4
5
Genauer nachzulesen in Wissing (2005).
Download des Kp-Index unter ftp://ftp.ngdc.noaa.gov/STP/GEOMAGNETIC_DATA/INDICES/
KP_AP.
28
4.3 TED- und MEPED-Daten im Vergleich
ren Weg durch das Magnetfeld zurücklegen, ohne sofort abgelenkt zu werden, da
die Stärke des Magnetfelds in äußeren Bereichen schwächer ist. Eine Ablenkung
der Teilchen setzt erst an weiter innen liegenden Feldlinien ein, und die Teilchen
gyrieren um diese in Richtung der Pole. Je weiter außen jedoch die Feldlinien
verlaufen, desto näher liegen die Enden an den Polen. Die höherenergetischen
Elektronen treffen daher äquatorwärts der niederenergetischen Elektronen auf.
4.3.2 Vergleich von Teilchen gleicher Steifigkeit
Um zu überprüfen, ob die unterschiedliche Steifigkeit der Teilchen die Hauptursache der Verschiebung der Maxima ist, kann man den Teilcheneinfall von Elektronen und Protonen vergleichen. Da Teilchen mit gleicher magnetischer Steifigkeit6 im Magnetfeld die gleiche Ablenkung erfahren, werden für den Vergleich
Zählraten des niedrigen TED-Protonenkanals (50 eV - 1 keV) und des mep0e2 (ab
100 keV) betrachtet7 . Dabei wird berücksichtigt, dass Protonen und Elektronen
im Magnetfeld in entgegengesetzte Richtung driften. Dementsprechend wird der
Teilcheneinfall der Protonen im Morgensektor mit dem der Elektronen im Abendsektor verglichen und umgekehrt.
Das Ergebnis ist in Abbildung 4.9 zu sehen und liefert nicht die vermutete
Eindeutigkeit übereinanderliegender Maxima. Bei jedem Sektorenvergleich zeigt
sich auf der nördlichen Hemisphäre eine Verschiebung der Hauptmaxima. Dagegen liegen die Mediane auf der Südhalbkugel in etwa auf dem gleichen Breitengrad, außer im Tagsektor der Protonen bzw. Nachtsektor der Elektronen. Außerdem sind die Hauptmaxima der Protonen im Vergleich zu den Elektronen insgesamt breiter verteilt, es gibt Maxima sowohl in sehr hohen, als auch in mittleren
Breiten bis 40◦ Nord bzw. Süd (den Nachtsektor einmal ausgenommen). Trotz ihrer ähnlichen Steifigkeit fallen die TED-Protonen häufiger auch in höheren Breitengraden ein, als die von MEPED gemessenen Elektronen. Betrachtet man dazu Abbildung 4.10, in der Tohmatsu (1990) die Bereiche kennzeichnet, in denen
höherenergetische Teilchen einfallen, kann man folgendes sehen: Elektronen mit
Energien ab 21 keV, zu denen die mep0e2-Elektronen mit E > 30 keV zählen,
bevölkern im Morgen- sowie in großen Bereichen des Tag- und Nachtsektors bevorzugt Breiten von 60◦ bis 70◦ . Dies könnte erklären, warum sehr viele Maxima
der Elektronen in diesen Sektoren äquatorwärts der Protonenmaxima liegen.
Des weiteren sieht man in Abbildung 4.10, dass der Bereich, in dem Elektronen
mit E < 21 keV einfallen (Auroraoval), auf der Morgenseite größtenteils polwärtig des Einfallbereiches der höherenergetischen Elektronen liegt. Dies steht in
Übereinstimmung mit dem Ergebnis des Vergleichs von Elektronen verschiedener Energie in Kapitel 4.3.1.
Natürlich ist der Vergleich der Elektronen und Protonen für nur einen Tag nicht
repräsentativ, denn wenn man den in Abbildung 4.9 dargestellten Vergleich für
6
7
pc
Die magnetische Steifigkeit eines Teilchens ist definiert als R = Z∗e , die Einheit ist Volt.
Die Steifigkeit von Protonen mit 50 eV entspricht in etwa der von Elektronen mit 100 keV.
29
4 Teilchen in der Magnetosphäre
Abbildung 4.9: Hauptmaxima von Elektronen und Protonen gleicher Steifigkeit
des Tages 250 (07.09.2003) in jedem Sektor. Die Pfeile kennzeichnen jeweils den Median der Breitenverteilung. Zur Orientierung
ist wieder eine rote Linie durch die Mediane eingezeichnet.
Abbildung 4.10: Einfallbereiche von Elektronen und Protonen mit unterschiedli-
chen Energien (nach Tohmatsu (1990))
30
4.3 TED- und MEPED-Daten im Vergleich
Abbildung 4.11: Teilcheneinfall in den Protonenkanälen von TED und MEPED
im Morgensektor, Daten von 50 Tagen (Tag 200-250 2003). Die
Energien der Protonen, die in den einzelnen Kanälen gemessen werden, sind folgende: TED0p50_1k: 50 eV < E < 1 keV,
TED0p1k_20k: 1 keV < E < 20 keV, mep0P1: 30 keV E < 80 keV,
mep0P2: 80 keV < E < 240 keV, mep0P3: 240 < E < 800 keV.
andere Tag durchführt, erhält man mit großer Wahrscheinlichkeit ein abweichende Verteilung. Dies deutet darauf hin, dass der Einfluss des Magnetfelds auf die
Teilchen viel komplexer ist und weitere Prozesse die Teilchenbewegungen beeinflussen. In Kapitel 4.5 wird darauf noch einmal genauer eingegangen.
Einen Eindruck, wie unterschiedlich die Daten aus den niedrigen und hohen
Protonenkanälen bezüglich des Teilchenflusses sind, vermittelt Abbildung 4.11.
Die Messdaten sind aus dem gleichen Zeitraum wie in Abbildung 4.7.
Die Verteilung des Teilcheneinfalls ist hier vor allem bei dem niedrigsten Protonenkanal TED0p50_1k auffällig: in Richtung Äquator nehmen die Zählraten im
Verhältnis so stark zu, dass sie das Maximum in hohen Breiten übertreffen. Dies
ist auf der Südhalbkugel deutlicher und schon bei etwa -40◦ der Fall. Dieser Kurvenverlauf erklärt schon die breite Verteilung der Maxima in Abbildung 4.9. Im
Vergleich dazu ist in den Elektronenkanälen (s. Abbildung 4.7) jeweils ein deutliches Maximum in hohen Breiten zu erkennen, insbesondere bei den niedrigen
Energien von 50 eV bis 1 keV bzw. 1 keV bis 20 keV (Abbildung 4.7 oben), aber
auch für die Elektronen des mep0e2-Kanals (E > 100 keV), die für den Vergleich
mit den Protonen herangezogen wurden. Möglicherweise sind die berechneten
31
4 Teilchen in der Magnetosphäre
Peak-Daten auch fehlerbehaftet, denn beim Fitten mit Gaussfunktionen können
Probleme auftreten, wenn sich die Größe der Maxima nicht deutlich vom Untergrund abhebt (Wissing, 2005, S. 36). Für die TED-Protonen ist dies der Fall. Bei
den Betrachtungen in Kapitel 4.5 werden deshalb auch die möglicherweise fehlerhaften Maxima berücksichtigt.
Die TED-Elektronen kann man aufgrund ihres ähnlichen Kurvenverlaufs gut
mit den MEPED-Elektronen vergleichen. Sie werden in folgenden Kapiteln auch
in Bezug auf das Birkeland-Stromsystem und die Aurora untersucht.
4.4 Vergleich der Teilchenflüsse in den Sektoren
Die Bewegung von geladenen Teilchen erzeugt Stromsysteme in der Magnetosphäre. Geomagnetische Aktivität, oft verursacht durch Variationen des Sonnenwindes, hat einen Einfluss auf diese Stromsysteme. So steht zum Beispiel ein
magnetischer Teilsturm (Substorm), bei dem geladene Teilchen aus der Plasmaschicht im Magnetosphärenschweif von der Nachtseite in Richtung Erde beschleunigt werden, in Verbindung mit einem Anstieg der Birkelandströme und
dem Auftreten von Polarlichtern.
Mit den Daten der NOAA-Satelliten ist es möglich, den Teilcheneinfall in den
einzelnen Sektoren auf Asymmetrien zu untersuchen. Vergleicht man dies für
verschiedene Energien und zu Zeiten unterschiedlicher geomagnetischer Aktivität, kann man Rückschlüsse ziehen, welche Teilchen besonders vom variablen
Magnetfeld beeinflusst werden und zu den Stromsystemen beitragen.
Verglichen werden die Zählraten in den Kanälen TED0e50_1k (50 eV < E <
1 keV), TED0e1k_20k (1 keV < E < 20 keV) und mep0e1 (E > 30 keV) jeweils
in einem geomagnetisch ruhigen und einem aktiven Zeitraum. Die Daten stammen von Messungen auf der Nordhalbkugel mit einem geomagnetischen Breitengrad größer als 40◦ , da die höchsten Teilchenflüsse in hohen Breiten auftreffen
(vgl. Abbildung 4.7) und der direkte Einfluss der Südatlantischen Anomalie auf
der Nordhemisphäre verschwindet. Es gehen jeweils die Datensätze aus dem betrachteten Zeitraum in die Auswertung ein, also von 14 Tagen zu geomagnetisch
aktiver Zeit und von 22 Tagen zu ruhiger Zeit.
In Abbildung 4.12 sind nun die prozentualen Anteile des Teilcheneinfalls in
den einzelnen Kanälen dargestellt, die im angegebenem Zeitraum auf die jeweiligen Sektoren entfallen. Bei der Betrachtung von Abbildung 4.12 fallen mehrere
Aspekte auf. Vergleicht man die drei Kanäle zu ruhigen Zeiten, ist der Teilcheneinfall im Morgensektor bei allen ähnlich groß und hat bei den energiereicheren
mep0e1-Elektronen sogar den Hauptanteil. Dies ist allerdings die einzige hier
sichtbare Gemeinsamkeit. Während bei TED0e50_1k, mit den niedrigsten Teilchenenergien, der Abendsektor den höchsten Teilcheneinfall aufweisen kann, ist
dies bei den Elektronen von TED0e1k_20k, deren Energien zwischen denen der
beiden anderen Kanäle liegen, der Nachtsektor. Im Tagsektor weist mep0e1 von
allen Kanälen die anteilig höchsten Zählraten auf.
32
4.4 Vergleich der Teilchenflüsse in den Sektoren
Abbildung 4.12: Prozentuale Verteilung der Zählraten in den einzelnen Sekto-
ren von MEPED- (nur mep0e1) und TED-Elektronen von geomagnetisch ruhigen Tagen (links, Datensätze der Tage 5-18, 2003,
Kp≈ 1, 7) und aktiven (rechts, Datensätze der Tage 287-308, 2003,
Kp≈ 4).
33
4 Teilchen in der Magnetosphäre
Insgesamt ist bei den Elektronen mit den niedrigsten Energien (TED0e50_1k)
keine eindeutige Morgen-Abend- oder Tag-Nacht-Asymmetrie feststellbar. Bei
den höherenergetischen Elektronen (mep0e1) gibt es, wie auch schon von Wissing (2005) festgestellt, eine gut sichtbare Morgen-Abend- und auch eine etwas
kleinere Tag-Nacht-Asymmetrie. TED0e1k_20k weist asymmetrische Verhältnisse im Tag- und Nachtsektor mit deutlich mehr Teilchen im Nachtsektor auf. Eine
Morgen-Abend-Asymmetrie ist vorhanden, aber weniger stark ausgeprägt.
In aktiven Zeiten verschiebt sich das Einfallmuster: im Morgensektor werden
bei den niedrigen Energien von TED0e1k_20k nun weniger Teilchen als im Abendsektor gemessen. Außerdem nimmt die Tag-Nacht-Asymmetrie zu. Bei den höherenergetischen mep0e1-Elektronen nimmt der Teilcheneinfall im Nachtsektor
stark zu, während Tag- und Abendsektor geringere Flüsse messen, der Morgensektor aber recht konstant bleibt. Morgen-Abend- und Tag-Nacht-Asymmetrie
sind in etwa gleich groß, wobei Tag- und Nachtsektor ihren Anteil im Vergleich
zu ruhigen Zeiten getauscht haben. Der niedrigste Energiekanal, TED0e50_1k, erweist sich als recht stabil, es werden im aktiven Zeitraum kaum signifikante Unterschiede zu ruhigen Tagen in den einzelnen Sektoren festgestellt, außer eine geringe Morgen-Abend-Asymmetrie. Letztere Feststellung erscheint einerseits ungewöhnlich, da in den anderen Kanälen deutlichere Unterschiede wahrgenommen werden, andererseits zeigt auch der andere TED-Kanal nicht so starke Auswirkungen, nur der MEPED-Kanal zeigt extremere Asymmetrie-Verschiebungen.
Da die Ergebnisse für die verschiedenen Kanäle so unterschiedlich sind, wird
eine detailiertere Untersuchung notwendig. Dafür ist es vorteilhaft, die Veränderungen der prozentualen Teilchen-Anteile an mehreren, aufeinanderfolgenden
Tagen zu beobachten. Hierbei würde sich zeigen, ob der niedrige TED-Kanal allgemein eher moderate Schwankungen in den einzelnen Sektoren aufweist oder
ob diese sich nur über den betrachteten Zeitraum hinweg ausgeglichen haben.
Abbildung 4.13 zeigt nun die Zählratenanteile in höherer Zeitauflösung. Zum
direkten Vergleich ist der Kp-Index für diesen Zeitraum ebenfalls dargestellt.
Bei den Teilchen mit der niedrigsten Energie (50 eV < E < 1 keV) sieht man, wie
sich die Anteile von Morgen- und Abendsektor an unterschiedlichen Tagen gegenseitig ausgleichen: höhere Zählratenanteile im einen haben niedrigere im anderen zur Folge. Tag- und Nachtsektor spielen eine untergeordnete Rolle, auch zu
aktiven Zeiten gibt es nur eine Überschneidung mit dem Abendsektor. Man sieht
außerdem, dass der Morgensektor gut mit dem Kp-Index korreliert: der Zählratenanteil steigt mit dem Kp-Wert an. Auch Iijima und Potemra (1978) stellen in
aktiveren Zeiten einen Anstieg der Stromdichte im Morgensektor fest.
Für die Elektronen, die von den beiden anderen Kanälen gemessen werden,
scheint ein völlig anderes Muster zu gelten. TED0e1k_20k (1 keV < E <20 keV)
misst konstant im Nachtsektor die höchsten Zählraten. Bei MEPED (E > 30 keV)
sieht man den stärksten Teilcheneinfall zum größten Teil im Morgensektor. Vergleicht man dies mit Abbildung 4.10, liegt dies nahe, denn der Einfallbereich der
Elektronen befindet sich auf dieser Seite. Da zu aktiveren Zeiten der Nachtsektor
einen beträchtlichen Anteil enthält, zu ruhigeren Zeiten aber eher der Tagsektor,
34
4.4 Vergleich der Teilchenflüsse in den Sektoren
Abbildung 4.13: Tägliche Schwankungen in der prozentualen Verteilung der Zählraten
auf die einzelnen Sektoren von MEPED- und TED-Elektronen, an Tagen mit geomagnetisch wenig (linke Seite) und hoher Aktivität (rechts)
(Jahr: 2003) und Kp-Index im selben Zeitraum.
35
4 Teilchen in der Magnetosphäre
kann man eine Verschiebung des Einfallbereichs je nach geomagnetischer Aktivität annehmen. Potemra (1978) sagt dazu, dass in aktiven Zeiten der Region-2Strom im Bereich zwischen Mitternacht und frühem Morgen den größten Anstieg
zu verzeichnen hat.
Nach Cowley u. a. (1991) bestimmt die Orientierung des interplanetaren Magnetfelds die Lage des Auroraovals. Demnach verschiebt es sich auf der Nordhalbkugel für By < 0 in Richtung Morgenseite, für By > 0 zur Abendseite. Außerdem wird eine Verschiebung Richtung Tagsektor für Bx < 0 bzw. Nachtsektor für
Bx > 0 vorhergesagt, welches von Stubbs u. a. (2004) bestätigt wird.
Bezieht man die Komponenten des interplanetaren Magnetfelds in die Ergebnisse mit ein8 , können ein paar der Zählratenpeaks dadurch geklärt werden: an
Tag 10 (2003) war By < 0, so dass eine Verlagerung in den Abendsektor den auffällig hohen Teilcheneinfall in diesem Bereich verursacht. Auch die Peaks im Morgensektor an Tag 14 und 21/22 könnten von der positiven By -Komponente beeinflusst worden sein.
Bx und By geben jedoch nicht immer den Ausschlag für den aus den Messdaten bestimmten hohen Teilchenstrom in einem bestimmten Sektor. Zum Beispiel
ist im Nachtsektor zwischen Tag 300 und 305 sowohl Bx als auch By negativ, wodurch sich eine Verschiebung in Richtung Mittag und Abend ergeben soll. Der
Einfallbereich der MEPED-Elektronen würde sich demnach aus dem Bereich des
Nachtsektors, der von NOAA-16 überflogen wird (vgl. Abbildung 4.6) herausbewegen, so dass hier geringere Zählraten zu erwarten gewesen wären.
4.5 Überprüfung des Stromsystem-Musters
Im folgenden soll überprüft werden, inwieweit die von TED gemessenen Teilchen dem Muster der feldparallelen Ströme entsprechen, wie es von Iijima und
Potemra (1976b) aufgestellt wurde. Dazu sollen die Daten von Elektronen und
Protonen verwendet werden.
Einfallende Elektronen in diesen Breitengraden werden mit der Aurora und
den aufwärtsgerichteten feldparallelen Strömen in Verbindung gebracht. Energien dieser Teilchen liegen im Bereich von einigen keV (Marklund (1997), vgl. auch
Abbildung 4.10), Mende u. a. (2003) geben die mittlere Energie9 mit 5 keV an.
Für Protonen, die mit den abwärtsgerichteten Birkeland-Strömen assoziert werden, liegt die mittlere Energie hier bei 8 keV. Deshalb wird der Teilcheneinfall in
hohen Breiten von TED-Elektronen und -Protonen mit Energien im Bereich von
1 keV bis 20 keV verglichen.
Setzt man nun das Schema der Birkeland-Ströme (vgl. Abbildung 4.4) voraus
und betrachet dazu die Bereiche, die von NOAA-15 und NOAA-16 überflogen
werden (Abbildung 4.6), erwartet man folgendes Einfallmuster:
Dazu betrachtet werden die IMF-Daten von ACE verwendet, die unter http://www.srl.
caltech.edu/ACE/ASC/level2/lvl2DATA_MAG.html heruntergeladen werden können.
9 gemessen von IMAGE Far Ultraviolet Imager
8
36
4.5 Überprüfung des Stromsystem-Musters
Sektor
Äquatorwärts
Polwärts
Morgen
Abend
Tag
Nacht
Elektronen
Protonen
Protonen
Elektronen
Protonen
Elektronen
Elektronen
Protonen
Die Abbildungen 4.14 und 4.15 zeigen die Lage der Hauptmaxima von Protonen und Elektronen mit Energien von 1 keV bis 20 keV in höheren Breiten für
alle vier Sektoren an drei aufeinanderfolgenden Tagen. Teilweise sieht man darin
Werte mit einer starken Verschiebung nach Norden oder Süden gegenüber ihrem
Vorgänger und Nachfolger. Bei diesen Sprüngen von einem Halborbit auf den
nächsten handelt es sich vermutlich um Nebenmaxima, die eine höhere Zählrate aufweisen als die Hauptmaxima. In der Abbildung ist deshalb bei besonders
auffälligen Abweichungen zusätzlich das nördlich bzw. südlich auftretende Maximum als einzelner Punkt eingezeichnet. Legte man an diesen Stellen den Kurvenverlauf durch diese Punkte, wäre in den meisten Fällen eine glattere Kurve
das Ergebnis. Bei diesen Halborbits unterscheiden sich diese beiden Maxima zum
Teil auch nicht wesentlich in der Höhe der Zählrate.
Drei der Verschiebungen, im Morgensektor im 17. und 18. Halborbit und im
Tagsektor im 40. Halborbit, sind mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Südatlantische Anomalie zurückzuführen. Hier sind ebenfalls die Zählraten von Hauptund Nebenmaximum ähnlich hoch.
Bezüglich der Lage von Elektronen- und Protonenmaxima lässt sich folgendes
feststellen: im Morgen- und Abendsektor stimmen die Ergebnisse mit dem erwarteten Einfallmuster recht gut überein. Im Morgensektor liegt die Mehrzahl
der Elektronenmaxima äquatorwärts und im Abendsektor polwärts der Protonenmaxima. Weniger eindeutig ist es im Tag- und im Nachtsektor. In diesen Sektoren gibt es jeweils auch Unterschiede auf Nord- und Südhemisphere. Im Tagsektor liegen die nördlichen Elektronenmaxima hauptsächlich äquatorwärts der
Protonenmaxima, im Süden wechseln sich Protonen- und Elektronenhauptmaxima in ihrer Position zum Pol bzw. zum Äquator häufig ab.
Im Norden des Nachtsektors befinden sich die Maxima der Elektronen zumeist
südlich der der Protonen, so dass dies mit dem erwarteten Muster übereinstimmt.
Allerdings liegen die Maxima recht dicht beieinander.
Ebenso ist es in diesem Sektor auf der Südhalbkugel: die Maxima beider Teilchen liegen fast übereinander, insbesondere, wenn man statt der stark abweichenden Maxima (11., 26. und 27.) die eingezeichneten Nebenmaxima betrachtet.
Die Asymmetrien zwischen Nord- und Südhemisphäre auf der Tag- und Nachtseite werden wahrscheinlich durch jahreszeitliche Schwankungen verursacht.
Solche Unterschiede haben auch Papitashvili u. a. (2002) festgestellt. Sie modellieren den Verlauf der feldparallelen Ströme zu verschiedenen Jahreszeiten jeweils
für Nord- und Südhalbkugel anhand von Magnetfelddaten der Satelliten Magsat
37
4 Teilchen in der Magnetosphäre
Abbildung 4.14: Lage der Hauptmaxima von Elektronen (blau) und Protonen
(rot) mit Energien von 1 keV bis 20 keV im Morgen- und Abendsektor an den Tagen 15 bis 17 im Januar 2005.
38
4.5 Überprüfung des Stromsystem-Musters
Abbildung 4.15: Lage der Hauptmaxima von Elektronen (blau) und Protonen
(rot) mit Energien von 1 keV bis 20 keV im Tag- und Nachtsektor
an den Tagen 15 bis 17 im Januar 2005.
39
4 Teilchen in der Magnetosphäre
Abbildung 4.16: Feldparallele Ströme auf der Nordhemisphäre (links) und Süd-
hemisphäre (rechts) im Nordwinter bzw. Südsommer nach einem Modell von Papitashvili u. a. (2002). Aufwärtige Ströme
sind blau, abwärtige gelb bis rot gekennzeichnet. Das „+“ bzw.
„-“ markiert den Ort der höchsten Stromdichte des jeweiligen
Stroms.
und Ørsted. Dabei berücksichtigen sie auch verschiedene Konditionen des interplanetaren Magnetfelds.
Man betrachte hierzu ein Modell mit ähnlichen Bedingungen, wie sie an den
Tagen 15 bis 17 herrschen: Abbildung 4.16 zeigt die von Papitashvili u. a. (2002)
modellierten feldparallelen Ströme im nördlichen Winter und südlichen Sommer
mit vergleichbaren Komponenten des interplanetaren Magnetfelds.
Im Tagsektor der nördlichen Halbkugel (Abbildung 4.16 links) sieht man, dass
der abwärtige Region-2-Strom weiter in den Abendsektor verschoben ist, als es
bei dem Schema von Iijima und Potemra (1976b) der Fall ist (vgl. Abbildung 4.4).
Außerdem reicht der abwärtige Region-1-Strom in Polnähe bis in den Abendsektor hinein. Dies würde erklären, weshalb die Protonenmaxima im nördlichen
Tagsektor zum Teil polwärts der Elektronenmaxima liegen.
Betrachtet man den Tagsektor auf der Südhemisphäre (Abbildung 4.16 rechts),
so fällt auf, dass der aufwärtige Region-1-Strom in Richtung Morgensektor verschoben ist. Die höchste Stromdichte des abwärtigen Region-2-Stroms liegt im
Morgen-Tag-Quadranten (zwischen 6:00 und 12:00 MLT) bei ungefähr 9:00 MLT.
Somit ist es möglich, dass bei dem Überflug des Tagsektors von NOAA-16 zwischen -70◦ und -80◦ geomagnetischer Breite ein paar Elektronenmaxima in niedrigeren Breiten als die Protonen gemessen werden. Allerdings verlaufen die aufwärtigen feldparallelen Ströme in dem Modell von Papitashvili u. a. im Tagsektor
40
4.5 Überprüfung des Stromsystem-Musters
Abbildung 4.17: Bz -Komponente (Stundenmittel des ACE Science Center) des in-
terplanetaren Magnetfelds an den Tagen 15 und 16 (2003). Markiert sind die Bereiche, in denen Bz negativ ist und die Maxima
von Elektronen mit Energien von 1 - 20 keV äquatorwärts von
-70◦ liegen.
nicht äquatorwärts von -70◦ , wie es für einige Elektronenmaxima in Abbildung
4.15 (oben) jedoch der Fall ist. In Papitashvilis Modell liegen die aufwärtigen
Region-1-Ströme nur im Falle einer negativen Bz -Komponente des interplanetaren Magnetfelds in niedrigeren Breiten. Überprüft man dies anhand von ACEDaten, ist Bz für einige Halborbits, an denen Elektronenmaxima äquatorwärts
von -70◦ gemessen werden, kleiner als Null, wie zum Beispiel im 13., 26. und 27.
Halborbit (vgl. auch Abbildung 4.17).
Nach Iijima und Potemra (1976b) wird im Nachtsektor auf der Nordhalbkugel
erwartet, das die Elektronenmaxima Richtung Äquator und die Protonenmaxima
Richtung Pol gemessen werden. Dies ist in Abbildung 4.15 (unten) jedoch nur
dann der Fall, wenn die Maxima der Elektronen bei etwa 60◦ geomagnetischer
Breite liegen, also um den 13. und 27. Halborbit. In diesen Breitengraden verläuft
der aufwärtige Region-2-Strom auch im Modell von Papitashvili u. a. (2002).
Hauptsächlich ist aber im Nachtsektor, insbesondere auch auf der Südhemisphäre, in Bezug auf die geomagnetische Breite kein räumlicher Unterschied zwischen den Maxima zu erkennen. Eine Erklärung dafür ist, dass die auf- und abwärtigen Region-1- und Region-2-Ströme jeweils in den gleichen Breitengraden
aufeinandertreffen, wie es zum Beispiel in Abbildung 4.16 auf der Nordhalbkugel im Nachtsektor bei etwa 0:00 MLT der Fall ist. Hier stimmt das StromsystemMuster also mit dem der Elektronen und Protonen im Energiebereich von 1 keV
bis 20 keV überein. Auf der Südhemisphäre liegen die aufeinandertreffenden
feldparallelen Ströme jedoch weiter in Richtung Abendsektor verschoben. Dies
könnte der Grund dafür sein, dass auch im südlichen Abendsektor Elektronenund Protonenmaxima in einigen Halborbits im gleichen Breitengrad auftreten
41
4 Teilchen in der Magnetosphäre
(vgl. Abbildung 4.14 (unten)). Der festgestellte Verlauf der feldparallelen Ströme
im Nachtsektor der Südhalbkugel stimmt jedoch nicht mit den von Iijima und Potemra (1976b) und Papitashvili u. a. (2002) überein. Nur die stark abweichenden
Elektronenmaxima des 11., 26. und 27. Halborbit könnten aus dem aufwärtigen
Region-1-Strom stammen, der in Polnähe bis in den Nachtsektor reicht (s. Abbildung 4.16).
Das Muster der Stromsysteme wurde außerdem für weitere Teilchen untersucht: Elektronen und Protonen gleicher Steifigkeit (vgl. Abbildungen 4.18 und
4.19) und Elektronen und Protonen mit Energien größer als 30 keV (vgl. Abbildungen 4.20 und 4.21).
Bei den Teilchen gleicher Steifigkeit handelt es sich um Elektronen mit Energien größer als 100 keV und Protonen mit Energien zwischen 50 und 1000 eV.
Laut Donovan u. a. (2003) liegt die äquatorwärtige Grenze der Protonenaurora
nach Beobachtungen von FAST10 bei etwa 66◦ , bei Protonen mit Energien kleiner
als 1 keV etwas darunter (ca. 62◦ bis 64◦ ). Die polwärtige Grenze von Elektronen größer als 40 keV liegt bei etwa 70◦ , im Tagsektor etwas weiter polwärts bei
ungefähr 76◦ (Tohmatsu (1990), vgl. auch Abbildung 4.10). Diese Beobachtungen
lassen sich anhand der Abbildungen 4.18 und 4.19 in der Regel bestätigen. Es
gibt ein paar Ausnahmen, aber diese weichen zumeist stark von der Hauptlinie
ab, auf der die meisten Maxima liegen, so dass es sich dabei wahrscheinlich um
vereinzelte Nebenmaxima mit ähnlich hohen Zählraten handelt.
Die Elektronenmaxima liegen hauptsächlich äquatorwärts der Protonenmaxima. Damit stimmt ihr Muster nicht mit dem Muster der Stromsysteme von Iijima und Potemra oder Papitashvili u. a. überein. Ein Grund dafür kann sein,
dass die polwärtige Einfallgrenze der Elektronen und die äquatorwärtige Grenze der Protonen relativ dicht beieinander liegen, und der maximale Teilcheneinfall nicht unbedingt direkt an dieser Grenze, sondern für die Elektronen weiter
Richtung Äquator und für die Protonen Richtung Pol stattfindet. In welchen geomagnetischen Breitengraden Teilchen gleicher Steifigkeit einfallen, wurde bereits
in Kapitel 4.3.2 untersucht. Das Ergebnis, dass viele Protonen weiter polwärts
einfallen, wird hier bestätigt. Man kann außerdem den täglichen Verlauf durch
die Darstellung aufeinanderfolgender Orbits besser nachvollziehen, so dass das
Einfallmuster eindeutiger wird.
Wie schon bei den Teilchen mit Energien im Bereich von 1 keV bis 20 keV liegen
auch hier die Protonen- und Elektronenmaxima im Nachtsektor in etwa auf der
gleichen geomagnetischen Breite. Zwar gibt es einige abweichende Werte, aber
der Unterschied zu den anderen Sektoren, in denen die Maxima oft 5◦ und mehr
auseinanderliegen, ist deutlich erkennbar.
Durch den Vergleich der Teilchen mit Energien größer als 30 keV soll überprüft
werden, ob das Muster der einfallenden Teilchen an das der niedrigeren Energien, mit 1 keV bis 20 keV, anschließt.
10
FAST: Fast Auroral Snapshot Explorer, Satellit der NASA
42
4.5 Überprüfung des Stromsystem-Musters
Betrachtet man Abbildung 4.14 und 4.20 bzw. Abbildung 4.15 und 4.21, stellt
man fest, dass die Maxima der höherenergetischen Elektronen in allen Sektoren zum größten Teil äquatorwärts der höherenergetischen Elektronen gemessen
werden. Eine Ausnahme stellt der Nachtsektor dar, in dem sie auf gleicher geomagnetischer Breite liegen. Damit ergibt sich im Abendsektor eine Abweichung
zu den Elektronen mit niedrigerer Energie, die dort zumeist polwärts der Protonen einfallen, wie es auch dem Schema von Iijima und Potemra entspricht. Dies
ist besonders deutlich auf der Nordhalbkugel zu sehen. Der Einfall der höherenergetischen Elektronen orientiert sich hier an der von Tohmatsu bestimmten
polwärtigen Grenze der Elektronenprezipitation mit Energien größer als 40 keV
von etwa 75◦ geomagnetischer Breite, während die Maxima der niederenergetischen Elektronen im Bereich von 65◦ bis 85◦ liegen. Der Protoneneinfall ist in
beiden Energiebereichen zwischen dem 65. und 75. Breitengrad am höchsten.
Papitashvili u. a. und Tohmatsu sind sich in ihrer Beobachtung einig, dass der
Protoneneinfall auf der Abendseite zwischen 60◦ und 70◦ geomagnetischer Breite stattfindet, wobei teilweise Verschiebungen Richtung Tag- und Nachtseite vorhanden sind (vgl. auch Abbildung 4.10 und 4.16). Bei Tohmatsu wird die Energie
der Protonen mit größer als 4 keV angegeben, die Ergebnisse von Papitashvili
u. a. beruhen auf Magnetfelddaten. In Abbildung 4.16 links kann man zwischen
18 und 0 MLT schwache aufwärtige Ströme polwärts der 50◦ -Linie erkennen. Es
kommt hier also auch zu Elektroneneinfall, der möglicherweise mit den höherenergetischen Elektronen zusammenhängt.
Man kann im Wesentlichen davon ausgehen, dass sowohl die von TED gemessenen Teilchen mit Energien bis 20 keV, als auch die MEPED-Teilchen mit Energien größer als 30 keV bzw. 30 keV bis 80 keV dem System der feldparallelen
Ströme angehören. Je nach Teilchenenergie ist der Einfall geladener Elektronen
und Protonen in bestimmten Breitengraden ausgeprägter, so dass sich teilweise
Unterschiede in einzelnen Sektoren zeigen.
Papitashvili u. a. haben mit ihrem Modell gezeigt, dass die von Iijima und Potemra erfassten Strommuster eine Grundlage der feldparallelen Ströme darstellen, die jedoch viel komplexer in Erscheinung treten. Sie berufen sich dabei auch
auf ein ähnliches Modell von Weimer (2001), der auf vergleichbare Ergebnisse
kommt, obwohl gänzlich unterschiedliche Datensätze verwendet werden.
Im folgenden soll kurz auf den Teilcheneinfall im Nachtsektor eingegangen
werden. Bei allen vorstehend betrachteten Teilchenenergien treten die Maxima
der positiv sowie negativ geladenen Teilchen in diesem Sektor in ungefähr gleichen Breitengraden auf, etwa zwischen 60◦ und 70◦ geomagnetischer Breite. Deshalb stellt sich die Frage, ob dieses Muster immer auftritt, oder ob auch Abweichungen vorhanden sind, die beispielsweise von der Teilchenenergie, der Jahreszeit, der geomagnetischen Aktivität oder dem interplanetaren Magnetfeld beeinflusst werden. Ich habe dazu stichprobenartig verglichen, wie sich der Einfall
von Elektronen und Protonen verschiedener Energien jeweils an einigen Tagen
im Winter, Sommer und zu den Tag- und Nachtgleichen verhält. Das Ergebnis
ist, dass in vielen Fällen, insbesondere bei den von MEPED gemessenen Teilchen
43
4 Teilchen in der Magnetosphäre
Abbildung 4.18: Lage der Hauptmaxima von Elektronen (blau) und Protonen
(rot) gleicher Steifigkeit im Morgen- und Abendsektor an den Tagen 15 bis 17 im Januar 2005.
44
4.5 Überprüfung des Stromsystem-Musters
Abbildung 4.19: Lage der Hauptmaxima von Elektronen (blau) und Protonen
(rot) gleicher Steifigkeit im Tag- und Nachtsektor an den Tagen
15 bis 17 im Januar 2005.
45
4 Teilchen in der Magnetosphäre
Abbildung 4.20: Lage der Hauptmaxima von Elektronen (blau, E > 30 keV) und
Protonen (rot, 30 keV < E < 80 keV) im Morgen- und Abendsektor
an den Tagen 15 bis 17 im Januar 2005.
46
4.5 Überprüfung des Stromsystem-Musters
Abbildung 4.21: Lage der Hauptmaxima von Elektronen (blau, E > 30 keV) und
Protonen (rot, 30 keV < E < 80 keV) im Tag- und Nachtsektor an
den Tagen 15 bis 17 im Januar 2005.
47
4 Teilchen in der Magnetosphäre
mit Energien größer als 30 keV, das übereinanderliegende Muster auftritt. Trotzdem gibt es Abweichungen, zum Beispiel sieht man das Muster bei einem Vergleich von Elektronen und Protonen mit Energien von 50 eV bis 1000 eV nicht
im Nachtsektor, sondern eher im Tagsektor. Da jedoch zu wenig Datensätze verglichen wurden, kann bezüglich der Abweichungen keine eindeutige Aussage
getroffen werden, außer, dass sie vorhanden sind. Weitere Nachforschungen in
diese Richtung wären sicher interessant, da sie zu einem besseren Verständnis
des Birkeland-Stromsystems beitragen können. Im Rahmen dieser Diplomarbeit
wurde jedoch darauf verzichtet, da der Vergleich der nieder- und höherenergetischen Teilchen im Vordergrund steht.
4.6 Teilchenflüsse im interplanetaren Raum
Der Teilchenfluss im interplanetaren Magnetfeld hängt von der Aktivität der Sonne ab. Bei hoher Aktivität steigt der Teilchenfluss an. Im Oktober 2003 und Januar 2005 fanden Ereignisse solarer Teilchen (Solar Particle Events) statt, die nicht
nur Auswirkungen auf den Teilcheneinfall in hohen Breiten hatten, sondern auch
Teilchenflüsse im Bereich der Polkappe verursachten.
Der Verlauf eines solchen Events soll anhand der gemessenen Zählraten des
TED-Detektors, der Elektronen im Bereich von 1 keV bis 20 keV detektiert, verfolgt werden.
Die Flüsse im interplanetaren Raum werden von einem elektrostatischen Analysator auf dem Satelliten Wind gemessen, der Elektronen mit Energien im Bereich von 0.92 keV bis 30 keV detektiert11 . Die Teilchen von TED liegen demnach
mit ihrer Energie innerhalb dieses Bereiches.
Es wird das Event im Januar 2005 gewählt, da Wind in diesem Zeitraum elliptisch um den Lagrange-Punkt L1 kreist. Zur Zeit des Oktober-Events 2003 befindet sich Wind, der eine komplexe Flugbahn vollzieht (Abbildung 3.1), nicht
zwischen Sonne und Erde, sondern im Magnetosphärenschweif der Erde (vgl.
Abbildung A.2). Um zu beobachten, wie sich hohe Teilchenflüsse im interplanetaren Raum auf den Teilchenfluss in der Magnetosphäre der Erde auswirken,
ist es günstiger, den Teilchenfluss an einem Punkt zwischen Sonne und Erde zu
messen, an dem der Sonnenwind die Magnetosphäre der Erde noch nicht erreicht
hat.
Der Teilcheneinfall wird im Nachtsektor betrachtet. Dieser wird ausgewählt, da
sich in diesem Sektor bereits eine Korrelation mit dem Kp-Index gezeigt hat (vgl.
Kapitel 4.4). Außerdem werden im Nachtsektor anteilig die höchsten Teilchenflüsse von Elektronen mit Energien von 1 keV bis 20 keV gegenüber den anderen
Sektoren festgestellt. Dies gilt nicht nur für den Zeitraum, der in den Abbildungen 4.12 und 4.13 dargestellt ist, sondern auch für die Zeit des Januar-Events.
Hohe Teilchenflüsse sind hier also besonders gut zu sehen.
11
EESA: Electron Electrostatic Analyzer
48
4.6 Teilchenflüsse im interplanetaren Raum
Die einzelnen Sektoren weisen allerdings geringfügige Unterschiede auf, die
im folgenden Abschnitt 4.6.1 näher erläutert werden.
Abbildung 4.22 zeigt im oberen Teil den Teilcheneinfall im Nachtsektor auf
Nord- und Südhemisphäre jeweils zwischen 40◦ und 90◦ , so dass die Zählraten der Südatlantischen Anomalie zum größten Teil nicht sichtbar sind. Dadurch
werden die höheren Breiten, die hier interessant sind, detaillierter dargestellt.
Im mittleren Teil ist der Fluss von Elektronen mit Energien von 0.92 keV bis
30 keV im interplanetaren Raum zu sehen. Zu unterst ist der Kp-Index aufgetragen.
Alle Abbildungen zeigen den Zeitraum vom 11. bis 27. Januar 2005. Der 20.
Januar wird als Tag des Events angegeben (Mewaldt u. a., 2005). Hier ist ein
abrupter Anstieg des Teilchenflusses im interplanetaren Raum zu verzeichnen.
Dies ist auch der Fall für den Fluss von Elektronen im Energiebereich 0.92 keV ≤
E ≤ 30 keV, wie Abbildung 4.22 (Mitte) zeigt.
Bereits in dem Zeitraum davor sind die Flüsse im interplanetaren Raum sehr
hoch: der Anstieg des Elektronenflusses beginnt zwischen dem 13. und 14. und
erreicht vorerst einen Höhepunkt am 18. Januar. Ab dem 16. Januar sieht man
Teilcheneinfall in den beiden Polkappen. Hier ist der interplanetare Elektronenfluss größer als 102 Elektronen pro (cm2 s eV sr). Der stetige Anstieg des Elektronenflusses ist hier auf mehrere solare Flares zurückzuführen, die im Zeitraum
vom 15. bis 17. Januar stattfinden und zu Teilcheneinfall in den Polkappen sowie hoher geomagnetischer Aktivität führen (Space Weather Support). Mit der
Abnahme des Teilchenflusses im interplanetaren Raum am Ende des Tages 22
werden auch in den Polkappen niedrigere Zählraten gemessen.
Ein Unterschied zwischen Nord- und Südhalbkugel zeigt sich im Teilcheneinfall in der Polkappe am 19. Januar: die Zählraten in der Nordpolkappe liegen
etwa zwischen 0,1 und 1 mW/(m2 sr), in der südlichen Polkappe sind sie mit ungefähr 0,001 mW/(m2 sr) deutlich geringer. Da der Teilchenfluss im interplanetaren Raum in diesem Zeitraum abnimmt, hätte man erwartet, dass sich in beiden
Polkappen weniger Teilchen befinden. Dies ist hier nicht der Fall, und auch in
den anderen, hier nicht aufgeführten Sektoren ist jeweils stärkerer Teilcheneinfall
in der nördlichen Polkappe vorhanden.
Der Einfluss des hohen Teilchenflusses im interplanetaren Raum auf die geomagnetische Aktivität wird am planetaren Kp-Index deutlich. Dieser steigt im
Laufe der Tage 16 bis 18 auf 8 an und erreicht um den 22. Januar herum ein weiteres Maximum. Der Anstieg des Kp-Index ist leicht zeitverzögert zum Anstieg
des interplanetaren Teilchenflusses.
Der hohe Kp-Index beeinflusst die Zählraten in den hohen Breiten, sowie die
Position des Teilcheneinfalls. Es werden höhere Teilchenflüsse als zu geomagnetisch ruhigeren Zeiten gemessen, außerdem treten die hohen Zählraten weiter
äquatorwärts auf. Dies ist erkennbar an der zur Orientierung eingezeichneten
schwarz-gestrichelten Linie. Bei niedrigem Kp-Index werden einfallende Elektronen mit Energien von 1 keV bis 20 keV zumeist polwärts dieser Linie detektiert,
was man zum Beispiel an den Tagen 25 und 26 deutlich sieht. Ist der Kp-Wert
49
4 Teilchen in der Magnetosphäre
Abbildung 4.22: Oben: Elektronenfluss im Nachtsektor (1 keV < E < 20 keV). Die
gestrichelten Linien sind eine Orientierungshilfe. Mitte: Elektronenfluss im interplanetaren Raum, Unten: Kp-Index, im Zeitraum 11. Januar bis 27. Januar 2005. Das Solar Particle Event fand
am 20. Januar statt.
50
4.6 Teilchenflüsse im interplanetaren Raum
hoch, so wie am 18. oder 22. Januar, treten hohe Zählraten äquatorwärts dieser
Linien auf. Dies ist konsistent mit den Beobachtungen einer Verschiebung der
Region-1 und Region-2 Birkelandströme Richtung Äquator von Iijima und Potemra (1978) und Mende u. a. (2003).
An Tag 21 sieht man in Abbildung 4.22 (oben), dass die hohen Zählraten hier
bis 50◦ geomagnetischer Breite und damit im betrachteten Zeitraum am weitesten Richtung Äquator gemessen werden. Der in den unteren beiden Abbildungen
dargestellte interplanetare Elektronenfluss sowie der Kp-Index steigen etwa zu
diesem Zeitpunkt abrupt an. Auch in weiteren Daten des interplanetaren Raums
ist ein abrupter Anstieg zu verzeichnen, wie zum Beispiel bei dem Betrag der
interplanetaren Magnetfeldstärke und auch der Geschwindigkeit und Teilchendichte der interplanetaren H + -Ionen (s. a. Abbildung A.3 im Anhang). Dies deutet auf eine interplanetare Stoßwelle hin. Nach Beobachtungen von Zhou u. a.
(2003) fallen Elektronen mit Energien von etwa 1 keV bis 10 keV bei einer durch
Stoßwellen verursachten Aurora in niedrigeren Breiten ein. Es wird vermutet,
dass diese Elektronen bereits vor der Stoßwelle in der Magnetosphäre existieren, durch Konvektion in die Plasmaschicht gelangen und sich dann aufgrund
von Gradienten- und Krümmungsdrift in die Tagseite der Magnetosphäre bewegen. Die Teilchenprezipitation wird von der adiabatischen Kompression durch
die Stoßwelle ausgelöst. (Zhou u. a., 2003)
4.6.1 Unterschiede des Teilcheneinfalls in den Sektoren während des
Januar-Events
Den Teilcheneinfall in der Polkappe kann man in jedem Sektor ungefähr in der
gleichen Stärke beobachten (s. Abbildung 4.6). Jeder der Sektoren zeigt außerdem
verstärkten Teilcheneinfall im Auroraoval sowie Richtung Äquator verschobene höhere Zählraten nach dem Eintreffen der Stoßwelle am Ende von Tag 21.
Wie stark sich der Einfallbereich verschiebt, ist allerdings in jedem Sektor unterschiedlich und soll am Beispiel des Januar-Events analysiert werden. Dazu wird
der Teilcheneinfall der Elektronen mit Energien von 1 keV bis 20 keV vom 19. bis
24. Januar näher betrachtet. Die einzelnen Sektoren sind in Abbildung 4.23 dargestellt. Die darin eingezeichneten Linien bei 60◦ und 80◦ Nord und Süd sollen
bei der Orientierung helfen.
In den einzelnen Sektoren variieren sowohl die Breitenausdehnung, als auch
die Höhe des Teilcheneinfalls. Im Morgen- und Nachtsektor dehnt sich der Einfallbereich der Elektronen zwischen 60◦ und 80◦ geomagnetischer Breite zum Teil
über 20 Breitengrade pro Halborbit aus. Der Teilchenfluss ist mit Werten bis zu
3 mW/(m2 sr) vergleichbar höher als im Tagsektor, wo er um 0,1 mW/(m2 sr)
liegt. Im Abendsektor ist der Teilchenfluss ähnlich hoch wie im Morgen- oder
Nachtsektor, er ist allerdings auf ein schmaleres Band von 5◦ bis 10◦ Breite pro
Halborbit konzentriert.
51
4 Teilchen in der Magnetosphäre
Abbildung 4.23: Teilchenflüsse von Elektronen mit Energien von 1 keV bis 20 keV
in den einzelnen Sektoren im Zeitraum 19. bis 24. Januar 2005.
Die Linien sind eine Orientierungshilfe.
52
4.6 Teilchenflüsse im interplanetaren Raum
Abbildung 4.24: Teilchenflüsse von Elektronen mit Energien größer 30 keV in den
einzelnen Sektoren im Zeitraum 19. bis 24. Januar 2005. Die Linien sind eine Orientierungshilfe.
Außerdem kann man Unterschiede zwischen Nord- und Südhemisphäre feststellen: Morgen-, Tag- und Nachtsektor weisen im Süden jeweils ein schmaleres
Einfallgebiet auf als im Norden, im Abendsektor ist es eher umgekehrt. Auf der
Südhalbkugel liegen im Abend- und Tagsektor jeweils hohe Zählraten auch nach
Tag 22 polwärts von 80◦ , im Morgen- und Nachtsektor ist dies vielmehr im Norden der Fall.
Bezüglich der unterschiedlichen Höhe des Teilchenflusses in den einzelnen
Sektoren korrespondieren diese Ergebnisse gut mit denen aus Kapitel 4.4 (vgl.
Abbildung 4.12).
Auch Iijima und Potemra (1978) haben eine Verschiebung der feldparallelen
Ströme in Richtung Äquator festgestellt (vgl. Abbildung 4.4). Wie bereits in Kapitel 4.4 erwähnt, spielen die Komponenten des interplanetaren Magnetfelds, Bx ,
By und Bz , eine maßgebliche Rolle bei der Lage des Auroraovals (Cowley u. a.
(1991), Stubbs u. a. (2004)). Demnach ist das Auroraoval in Richtung Nacht- und
53
4 Teilchen in der Magnetosphäre
Morgensektor verschoben, wenn Bx und By größer als Null sind, wie es in diesem
Fall zum Beispiel auf den 22. Januar zutrifft. Darauf ist wahrscheinlich zurückzuführen, dass die hohen Zählraten hier in niedrigeren Breiten als im Tag- oder
Abendsektor auftreten, nämlich äquatorwärts der eingezeichneten 60◦ -Linie.
In Abbildung 4.24 sind die Intensitäten des Teilcheneinfalls wie in Abbildung
4.23 dargestellt, nur diesmal von Elektronen mit Energien größer als 30 keV.
Man sieht hier, dass der Teilchenfluss im Morgensektor am höchsten ist, wie
schon in Kapitel 4.4 und von Wissing festgestellt wurde. Betrachtet man die Tage 22 bis 24, an denen der Teilchenfluss des interplanetaren Magnetfelds bereits
wieder abgenommen hat, so dass kaum noch Teilchen in der Polkappe einfallen,
kann man auch hier Ähnlichkeiten zu Abbildung 4.23 feststellen. Beispielsweise
dehnt sich der Teilcheneinfall in einigen Sektoren, wie Morgen- oder Nachtsektor
und auch auf der Nordhalbkugel im Tagsektor über 10◦ bis 15◦ Breite je Halborbit
aus, während es im Abendsektor nur etwa 5◦ sind. Desweiteren sieht man, dass
der Teilchenfluss um den 22. Januar im Morgen- und Nachtsektor in niedrigeren
geomagnetischen Breiten bis zu 50◦ Nord und Süd hoch ist, im Tag- und Abendsektor dagegen kaum äquatorwärts von 60◦ auftritt. Auch dies stimmt mit dem
Schema der niederenergetischen Elektronen überein.
Es lässt sich zudem feststellen, dass die Prezipitation der höherenergetischen
Elektronen die 80◦ -Linie nicht überschreitet. Dies ist bei den niederenergetischen
Elektronen eher der Fall, da ihr maximaler Fluss in höheren Breitengraden liegt
(vgl. auch Kapitel 4.3.1 und Abbildung 4.7).
Die ersten drei Tage in Abbildung 4.23 und 4.24 weisen hohen Teilcheneinfall in
den Polkappen auf, der durch den hohen Teilchenfluss im interplanetaren Raum
verursacht wird (s. Abbildung 4.22 unten). Bei den niederenergetischen Elektronen ist dies an Tag 19 in allen Sektoren im Süden jedoch deutlich geringer als im
Norden (Kapitel 4.6). Bei den höherenergetischen Elektronen sieht man dagegen
keinen Unterschied im Teilcheneinfall zwischen Süd- und Nordhemisphäre. Es
lässt sich daher12 vermuten, dass dies ein Phänomen ist, welches nur bei geringen Elektronenenergien bis etwa 20 keV auftritt.
4.7 Erreichen TED-Teilchen die Atmosphäre?
Da das hauptsächliche Ziel des TED darin besteht, den Energieeintrag der auroralen Teilchen in die Atmosphäre zu bestimmen, stellt sich die Frage, welche
und wie viele der TED-Teilchen die Atmosphäre erreichen.
12
auch nach Betrachtung des Polkappeneinfalls in weiteren Elektronenkanälen, mit Energien von
50 eV - 1000 eV, größer als 100 keV bzw. 300 keV.
54
4.7 Erreichen TED-Teilchen die Atmosphäre?
Damit die Teilchen in eine Höhe von 120 km in die Atmosphäre gelangen, muss
der Pitch-Winkel des Satelliten (und damit der des Messgeräts bzw. der einfallenden Teilchen), αSat , folgender Relation genügen:
s
BSat
sin2 (αSat ) ≤
= sin2 αSpiegel ,
(4.1)
B120
andernfalls werden sie im Magnetfeld gespiegelt, bevor sie die Atmosphäre erreichen (vgl. auch Kapitel 2.3.2). Dabei entsprechen BSat und B120 der magnetischen Feldstärke am Ort des Satelliten bzw. in 120 km Höhe. In den TED-Daten
stehen beide Werte, berechnet nach einem Magnetfeldmodell (IGRF), alle acht
Sekunden während des Satellitenorbits zur Verfügung. Ebenfalls werden dort
die Pitch-Winkel der Teilchen angegeben, von Satellitenhöhe umgerechnet auf
120 km mithilfe von
s
B120
sin2 α120 = sin2 (αSat )
.
(4.2)
BSat
Da der Pitch-Winkel von gespiegelten Teilchen, die in dieser Höhe gespiegelt
werden, 90◦ beträgt, gelangen nur Teilchen mit sin α120 < 1 in die Atmosphäre.
Der Energiefluss EF einfallender Teilchen im Energiebereich von ED (vgl. Kapitel 3.2) durch eine Fläche, die senkrecht auf dem Magnetfeldvektor steht, wird
wie folgt berechnet (Evans und Greer, 2004):
Z
EF = 2π
ED sin α cos α dα.
(4.3)
Für den Pitch-Winkel α120 sind die Integrationsgrenzen 0◦ und 90◦ auf der Nordhalbkugel bzw. 180◦ und 90◦ auf der Südhalbkugel.
Bei der Berechnung von EF sind drei Fälle zu unterscheiden (vgl. Evans und
Greer (2004)):
1. Beide TED-Detektoren (0◦ und 30◦ ) messen Teilchen, die die Atmosphäre
erreichen. In diesem Fall fallen Teilchen polwärts von 30◦ Nord bzw. -30◦
Süd (geographische Breite) ein.
Es wird der Winkel, der zwischen den Pitch-Winkeln der beiden Detekto2
ren liegt, berechnet (αmid = α1 +α
2 ) und der Detektor bestimmt, der Teilchen
mit einem Pitch-Winkel näher an 0◦ (bzw. 180◦ auf der Südhalbkugel) misst.
Es wird angenommen, dass der Fluss in diesem Detektor (ED1 ) repräsentativ für den Fluss im Bereich von 0◦ bis αmid ist. Der andere Detektor deckt
demnach den übrigen Winkelbereich von αmid bis 90◦ ab, der Fluss in diesem Detektor wird im folgenden mit ED2 bezeichnet. Gleichung 4.3 lässt
sich damit wie folgt berechnen:
α

Zmid
Z90◦
EF = 2π 
ED1 sin α cos αdα +
ED2 sin α cos αdα
(4.4)
0◦
αmid
55
4 Teilchen in der Magnetosphäre
h
i90◦
h
iαmid 1
1
= 2π
ED1 − cos2 α ◦ + ED2 − cos2 α
2
2
0
α
mid
= π ED1 (− cos2 αmid + 1) + ED2 cos2 αmid
= π ED1 sin2 αmid + ED2 (1 − sin2 αmid ) .
(4.5)
(4.6)
(4.7)
2. Nur einer der TED-Detektoren (0◦ oder 30◦ ) misst Teilchen, die die Atmosphäre erreichen. Dieser Fall trifft für viele Teilchen zu, die äquatorwärts
von 30◦ detektiert werden.
Der von diesem Detektor gemessene Fluss soll also dem Fluss aller Teilchen
entsprechen, die mit einem Pitch-Winkel zwischen 0◦ und 90◦ einfallen. EF
ergibt sich dann zu
Z90◦
EF = 2π
ED sin α cos αdα
(4.8)
0◦
h
i90◦
= 2πED − cos2 α ◦ = πED
0
(4.9)
3. Kein Detektor misst Teilchen, die die Atmosphäre erreichen können. Dies
ist zumeist der Fall in Breiten nahe des Äquators.
Der Energiefluss EF wird für die TED-Elektronen und -Protonen des 0◦ - und
30◦ -Detektors mit Energien von 50 eV bis 1 keV und 1 keV bis 20 keV berechnet. Dabei wird, wie schon erwähnt, angenommen, dass der Magnetfeldvektor
senkrecht auf der Fläche steht, die von den Teilchen durchdrungen wird.
Für den Fall, dass dies für die obere Atmosphäre in der Höhe von 120 km
nicht zutrifft, kann zusätzlich noch eine Korrektur gemacht werden. Hierbei wird
der Energiefluss mit dem Faktor cos β multipliziert, wobei β der Inklination des
Magnetfeldvektors zur Senkrechten entspricht. Der Winkel β kann aus den drei
Komponenten des Magnetfeldvektors in 120 km Höhe berechnet werden, welche
in den Daten enthalten sind (Evans und Greer, 2004).
Abbildung 4.25 zeigt den Teilchenfluss der Elektronen mit Energien von 1 keV
bis 20 keV im Nachtsektor, einmal gemessen vom 0◦ - und 30◦ -Detektor (oben)
und den Elektronenfluss, der die Atmosphäre in einer Höhe von 120 Kilometern
erreicht (unten). In dem Zeitraum von Tag 19 bis 21 sieht man Teilcheneinfall
in der Polkappe aufgrund des Solar Particle Events. Hier erreichen nahezu alle
Teilchen in geomagnetischen Breiten polwärts von 80◦ die Atmosphäre.
Anders sieht es nach dem 21. Januar aus: der Fluss der ungespiegelten Teilchen
beträgt in der Polkappe öfters weniger als 10−5 mW/m2 . Auch äquatorwärts von
60◦ sieht man besonders auf der Nordhemisphäre kaum noch Teilcheneinfall, der
die obere Atmosphäre erreicht, während der Fluss im 0◦ - und 30◦ -Detektor zwischen 10−4 mW/m2 und 10−2 mW/m2 liegt.
56
4.7 Erreichen TED-Teilchen die Atmosphäre?
Abbildung 4.25: Teilchenfluss des 0◦ - und 30◦ -Detektors (oben) und Teilchenfluss
der ungespiegelten Teilchen (unten) mit Energien von 1 keV bis
20 keV.
57
4 Teilchen in der Magnetosphäre
Abbildung 4.26: Verteilung der Teilchenflüsse ungespiegelter Elektronen (1 keV ≤
E ≤ 20 keV) auf die Pitch-Winkel für die Nordhemisphäre für
den Zeitraum Tag 19 bis 24 (2005).
Abbildung 4.27: Verteilung der Teilchenflüsse ungespiegelter Elektronen (1 keV ≤
E ≤ 20 keV) auf die Pitch-Winkel für die Südhemisphäre für den
Zeitraum Tag 19 bis 24 (2005).
58
4.7 Erreichen TED-Teilchen die Atmosphäre?
In den Abbildungen 4.26 und 4.27 sieht man die Verteilung der Elektronenflüsse auf die Pitch-Winkel für die Nord- und Südhalbkugel. Geht man davon aus,
dass die Magnetfeldlinien über den Polen senkrecht auf der Erdoberfläche bzw.
der oberen Atmosphäre stehen, werden Teilchen, die sich dort senkrecht, also
mit einem Pitch-Winkel von 90◦ , zu den Magnetfeldlinien bewegen, gespiegelt.
Bei einem Pitch-Winkel von 0◦ bewegen sie sich demnach parallel zu den Feldlinien und können in die Atmosphäre gelangen. Die Abbildungen 4.26 und 4.27
spiegeln dies wieder.
Der Teilchenfluss, der die Atmosphäre erreicht, wird zumeist mit Hilfe des
Winkels αmid berechnet (1. Fall, s.o.). Um zu erkennen, in welchem der Detektoren der größere Anteil des Teilchenflusses gemessen wird und bei welchem
Pitch-Winkel er auftritt, ist außerdem die Pitch-Winkelverteilung des 0◦ - und 30◦ Detektors dargestellt.
Auf der Nordhalbkugel ist die Verteilung recht gleichmäßig. Der höhere Teilchenfluss wird im 0◦ -Detektor mit Pitch-Winkeln zwischen 0◦ und 20◦ gemessen, der 30◦ -Detektor misst die höchsten Flüsse zwischen 30◦ und 40◦ . Bei größeren Pitch-Winkeln ist nur noch minimaler Fluss vorhanden und ab einem PitchWinkel von ca. 60◦ bis 70◦ werden im betrachteten Zeitraum auf der Nordhemisphäre keine ungespiegelten Teilchen mehr gemessen.
Die Südhalbkugel zeigt ein ungleichmäßigeres Bild, insbesondere der Teilchenfluss des 30◦ -Detektors ist über einen sehr breiten Pitch-Winkelbereich von etwa
10◦ bis 40◦ hoch. Außerdem zeigt sich bei beiden Detektoren zwischen 50◦ und
60◦ ein weiteres Maximum. Diese asymmetrische Verteilung hängt mit großer
Wahrscheinlichkeit mit der Südatlantischen Anomalie zusammen, bei der das
Magnetfeld der Erde in niedrigen bis mittleren Breiten abgeschwächt ist. Deshalb
kommt es in diesen Breitengraden dazu, dass die Elektronen in die obere Atmosphäre gelangen, obwohl sie unter einem hohen Pitch-Winkel auftreffen. Dieser
Teilchenfluss ist auch in Abbildung 4.25 zu sehen.
59
5 Zusammenfassung
Im folgenden werden die Ergebnisse des vorhergehenden Kapitels noch einmal
zusammengefasst.
Bei dem Vergleich der niederenergetischen TED-Elektronen mit den energiereicheren MEPED-Elektronen zeigt sich, dass sich die Maxima des Teilcheneinfalls mit steigender Elektronenenergie Richtung Äquator verschieben. Dies bestätigt die Erkenntnisse von Tohmatsu, der Einfallbereiche von Elektronen mit
unterschiedlichen Energien (E < 21 keV, E > 21 keV) bestimmte. TED misst Elektronenenergien kleiner als 20 keV in zwei Intervallen, und MEPED deckt den
Bereich größer als 30 keV ab. Tohmatsus Ergebnisse können dadurch erweitert
werden, da sich mit diesen Daten die Einfallbereiche von Teilchen aus bestimmten Energieintervallen bestimmen lassen. Hierzu dient auch die Betrachtung der
Teilcheneinfälle in den vier Sektoren Morgen, Abend, Tag und Nacht, die durch
den jeweiligen Orbit von NOAA-15 und NOAA-16 möglich ist.
Durch den Vergleich von Teilchen gleicher Steifigkeit, wobei die Teilchen des
niedrigsten TED-Protonenkanals und MEPED-Elektronen mit Energien größer
als 100 keV verwendet wurden, wird deutlich, dass sich die Einfallbereiche von
Elektronen und Protonen in den einzelnen Sektoren unterscheiden. Dies ist auf
das komplexe Muster des Birkeland-Stromsystems zurückzuführen, welches 1976
von Iijima und Potemra genauer untersucht wurde. In diesen und ähnlichen Beobachtungen werden hauptsächlich Teilchen mit niedrigeren Energien, entsprechend den TED-Energien, betrachtet.
Eine zentrale Aufgabe dieser Arbeit war, zu überprüfen, ob die energiereichen
MEPED-Teilchen dem Birkeland-Stromsystem angehören, wie es Jan Maik Wissing in seiner Diplomarbeit behauptet. Die Betrachtung der Strommuster der
Elektronen und Protonen von TED und MEPED in Kapitel 4.5 unter wesentlicher Einbeziehung der Ergebnisse von Iijima und Potemra sowie dem Modell
von Papitashvili u. a. lässt darauf schließen, dass die MEPED-Teilchen auch dem
System der Birkeland-Ströme angehören. Man muss jedoch berücksichtigen, dass
die MEPED-Elektronen zumeist äquatorwärts der Protonen einfallen und sich
deshalb in einigen Sektoren Abweichungen zu dem von Iijima und Potemra bestimmten Muster ergeben.
Die Komplexität des Stromsystem-Musters, wie es auch in der Modellierung
von Papitashvili u. a. deutlich wird, zeigt, dass dieses Gebiet noch weiterer Erforschung bedarf.
In Kapitel 4.6 wird der Einfluss der Sonnenaktivität auf den Teilcheneinfall in
der Magnetosphäre anhand eines größeren solaren Ereignisses im Januar 2005 betrachtet. Dabei wird anschaulich, dass sich bei hohem interplanetaren Teilchen-
60
fluss insbesondere der Einfall der Elektronen in den Polkappen erhöht. Daraus
lässt sich schließen, dass diese Teilchen zum Teil direkt aus dem Sonnenwind in
die Polkappen eingetragen werden.
Auch die geomagnetische Aktivität beeinflusst den Teilcheneinfall in hohen
Breitengraden und tritt unter anderem zeitverzögert zu hoher Sonnenaktivität
auf. Dies ist in dem in Kapitel 4.6.1 betrachteten Zeitraum der Fall, als eine Stoßwelle die Magnetosphäre erreicht. Hohe geomagnetische Aktivität verursacht
stärkeren Teilcheneinfall in mittleren Breiten, da sich das Auroraoval in Richtung
Äquator verschiebt. Dabei treten in den einzelnen Sektoren, sowie auf Nord- und
Südhemisphäre Asymmetrien in der Höhe sowie in der Position des Teilcheneinfalls auf, die sich zum Teil auf die x−, y- und z-Komponenten des interplanetaren
Magnetfelds zurückführen lassen. Diese haben einen großen Einfluss auf die Lage des Auroraovals.
Zuletzt wurde untersucht, in welchen Bereichen Elektronen mit Energien von
1 keV bis 20 keV die Atmosphäre erreichen. Das Ergebnis ist, dass im Bereich
des Auroraovals und, bei hohem interplanetaren Teilchenfluss, auch in der Polkappe die meisten von TED gemessenen Elektronen in die obere Atmosphäre
gelangen. In niedrigeren Breiten dagegen wird der Hauptteil der Elektronen gespiegelt, bevor er die Atmosphäre erreichen kann. Dieses Ergebnis ist möglicherweise interessant für Projekte wie zum Beispiel ARTOS. Hierbei wird mit Hilfe
des Atmosphäremodells HAMMONIA der Einfluss einfallender Teilchen in die
Atmosphäre bei Schwankungen der Sonnenaktivität simuliert.
In dieser Diplomarbeit wurden Teilchen mit niedrigen Energien (TED) und
höheren Energien (MEPED) in Bezug auf den maximalen Teilcheneinfall, das
Birkeland-Stromsystem, unterschiedliche geomagnetische Aktivität und den Einfluss des interplanetaren Magnetfelds verglichen. Aus den Ergebnissen lässt sich
schlussfolgern, dass sich die höherenergetischen Teilchen ähnlich den TED-Teilchen an den magnetosphärischen Stromsystemen orientieren. Somit können beispielsweise existierende Beobachtungen und Modellierungen von BirkelandStromsystemen auch auf die höherenergetischen Teilchen angewandt werden;
man sollte dabei jedoch berücksichtigen, dass die energiereichen Elektronen zumeist äquatorwärts der niederenergetischen Elektronen einfallen.
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aurora: FAST and DMSP observations. In: J. Geophys. Res. 108 (2003), Nr. A4,
S. 8019
65
A Anhang
A.1 Abbildungen
Abbildung A.1: Schematische Darstellung eines NOAA-Satelliten Evans und Gre-
er (2004).
66
A.1 Abbildungen
Abbildung A.2: Wind-Flugbahn vom 23.11.2004 bis 22.05.2005 (oben) und
31.08.2003 bis 29.11.2003 (unten). Die Sonne ist jeweils links des
Bildes. (NASA Wind)
67
A Anhang
Abbildung A.3: Betrag der Feldstärke des interplanetaren Magnetfelds (oben), Ge-
schwindigkeit (Mitte) und Teilchendichte (unten) der H + -Ionen
im interplanetaren Magnetfeld am 21. und 22. Januar 2005 nach
ACE-Daten (ACE Science Center). Der abrupte Anstieg der jeweiligen Parameter gegen Ende von Tag 21 deutet auf eine Stoßwelle
hin.
68
A.2 Tabellen
A.2 Tabellen
Tabelle A.1: Faktoren zur Umrechnung der Zählraten in mW
für NOAA-15
2
Evans und Greer (2004).
m sr
Sensor
Energiebereich [eV]
Multiplikationsfaktor
mW ]
[m
2 sr
0◦ -Elektronen
30◦ -Elektronen
0◦ -Elektronen
30◦ -Elektronen
0◦ -Protonen
30◦ -Protonen
0◦ -Protonen
30◦ -Protonen
50 - 1000
50 - 1000
1000 - 20000
1000 - 20000
50 - 1000
50 - 1000
1000 - 20000
1000 - 20000
1,7465·10−6
2,322·10−6
5,328·10−5
5,782·10−5
1,030·10−6
8,628·10−7
3,652·10−5
2,602·10−5
Tabelle A.2: Faktoren zur Umrechnung der Zählraten in mW
für NOAA-16
2
Evans und Greer (2004).
m sr
Sensor
Energiebereich [eV]
Multiplikationsfaktor
mW ]
[m
2 sr
0◦ -Elektronen
30◦ -Elektronen
0◦ -Elektronen
30◦ -Elektronen
0◦ -Protonen
30◦ -Protonen
0◦ -Protonen
30◦ -Protonen
50 - 1000
50 - 1000
1000 - 20000
1000 - 20000
50 - 1000
50 - 1000
1000 - 20000
1000 - 20000
2,868·10−6
3,473·10−6
5,112·10−5
5,932·10−5
1,034·10−6
1,751·10−6
4,691·10−5
3,895·10−5
69
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich mich bei Frau Prof. Dr. May-Britt Kallenrode für die
Ermöglichung und Betreuung dieser Diplomarbeit bedanken.
Herrn Jun.-Prof. Dr. Jochen Gemmer danke ich für die Übernahme der Zweitkorrektur dieser Arbeit.
Mein Dank gilt auch Dipl.-Phys. Jan Maik Wissing und Dipl.-Phys. Jan Philipp
Bornebusch für die Hilfe bei wissenschaftlichen Fragen.
Desweiteren danke ich meinen Mitdiplomanden Christine Krillke und Florian
Nau, die sich mit mir ein Arbeitszimmer teilten und mit denen ich nicht nur über
technische und fachbezogene Themen und Probleme diskutieren konnte.
Besonderer Dank gebührt meinen Eltern, die mir dieses Studium ermöglicht
haben und mich während dieser Zeit bestmöglich unterstützt haben. Außerdem
möchte ich mich bei Janina und Thomas für ihr offenes Ohr bei Problemen jeglicher Art bedanken.
Eidesstattliche Erklärung
Hiermit versichere ich, die vorliegende Arbeit selbstständig und unter ausschließlicher Verwendung der angegebenen Literatur und Hilfsmittel erstellt zu haben.
Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Prüfungsbehörde vorgelegt und auch nicht veröffentlicht.
Osnabrück, 15. Januar 2007
Unterschrift
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