Mit Hochdruck in die Tiefe: Das Abenteuer der Erforschung des Erdinneren Zum Film Video: DVD; Laufzeit: 16, Minuten; Rainer Hahn 1999 Mitarbeit: Annerose Hahn, Christine Lang, Dr. Thilo Arlt, Dr. Hans-Albert Dahlheim, Dr. Stefan Keyssner, Dr. Falko Langenhorst Adressaten: ab Jahrgangsstufe 7 der Hauptschule, der Realschule und des Gymnasiums Inhalt: Der Film gibt einen Einblick in die Methodik und die Ergebnisse der Erforschung des Erdinneren. Bis zu einer Tiefe von knapp zehn Kilometern kann die Lithosphäre durch Tiefbohrungen direkt untersucht werden. Wie man dabei vorgeht, wird am Beispiel des derzeit tiefsten zugänglichen Bohrlochs der Erde im oberpfälzischen Windischeschenbach demonstriert. In größerer Tiefe ist das Erdinnere nur noch mit indirekten Methoden zu erkunden. Solche werden am Beispiel des Bayerischen Geoinstituts in Bayreuth und der Hochdruckexperimente, die dort durchgeführt werden, gezeigt. Musik: Gaby Mattuscheck Auswahl fachlicher Hintergrundinformationen Im oberpfälzischen Windischeschenbach wurde im September 1987 das Kontinentale Tiefbohrprogramm gestartet. Diesen Standort wählten die Wissenschaftler deshalb, weil bei Windischeschenbach eine Nahtzone der Kontinentplatten, die zu „UrEuropa“ (Saxothuringikum) und „UrAfrika“ (Moldanubikum) gehörten, verläuft. Hier ist es möglich, durch die bestehenden hohen Werte der Erdanziehung, des Erdmagnetfeldes und der elektrischen Leitfähigkeit weitere Ergebnisse zu Fragen über die Kontinente und das Erdinnere zu erhalten. Die Zielsetzung des KTB war es, etwa zehn Kilometer tief in die Erdkruste zu bohren. Die Erforschung der Vorgänge in der Lithosphäre gibt Aufschluß über das Entstehen von Rohstoffvorkommen und weitere Erkenntnisse in der Erdbebenforschung. Seit das wissenschaftliche Ziel erreicht ist (Gesteinstemperatur bei 280 Grad Celsius in einer Bohrtiefe von 9101 Metern), nutzt das GeoForschungsZentrum Potsdam das Bohrloch in Windischeschenbach als Tiefenobservatorium. Die KTB Bohrlokation mit dem tiefsten offenen Bohrloch der Welt ist deshalb für die Wissenschaft so interessant, weil eine einmalige Konstellation von zwei eng benachbarten tiefen Bohrungen vorhanden ist. Für die Messungen und Experimente stehen außerdem alle notwendigen Geräte zur Verfügung. Die Bohrung in Windischeschenbach hat großes Interesse bei der Bevölkerung hervorgerufen. Um diesem enormen Interesse gerecht zu werden, richtete das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr sowie das Bundesministerium für Forschung und Technologie ein Forschungs- und Informationszentrum ein, das sich vor allem für den Besuch von Schulklassen hervorragend eignet. Weitere Informationen erhalten Sie unter folgender Adresse: Geo-Zentrum an der KTB Am Bohrturm 2 92670 Windischeschenbach Tel.: 09681 / 91273 Da der größte Teil des Erdballs auch durch übertiefe Bohrungen nicht zugänglich ist, müssen andere Methoden angewandt werden, um die dort stattfindenden Vorgänge zu erforschen. Diesem Thema widmet sich das Bayerische Forschungsinstitut für Experimentelle Geochemie und Geophysik (kurz: Bayerisches Geoinstitut) in Bayreuth. Das Institut zählt im Bereich geowissenschaftliche Hochdruck-/ Hochtemperaturforschung zu den führenden Einrichtungen weltweit. Es wurde 1986 gegründet. Die physikalischen und chemischen Eigenschaften des Erdinneren und die dynamischen Prozesse des Erdmantels stehen im Vordergrund des Interesses. Ein Team von über vierzig Wissenschaftlern und deren technische Mitarbeiter arbeiten an Großpressen, mit denen Probenmaterialien Drücken bis 260.000 bar und Temperaturen bis 2.500 Grad Celsius ausgesetzt werden. Diamantstempelzellen können einen Druck bis zu mehreren Megabar (Millionen Athmosphären) erzeugen. So können selbst Bedingungen, wie sie im Erdmittelpunkt herrschen, simuliert werden. Dichte und Fließfähigkeit des Gesteins untersuchen die Geowissenschaftler in Schmelzlabors, in denen mehrere Öfen zur Verfüdung stehen. Dort werden Erkenntnisse zum Magmentransport im Erdmantel und in der tieferen Kruste, wie auch zu Gefährdungsrisiken durch ausfließende Lava bei Vulkanausbrüchen untersucht. Auch für die Auswertung der chemischen Zusammensetzung und der Kristallstruktur von natürlichen und der in Pressen und Öfen erzeugten Probenmaterialien stehen empfindliche Analysepapparaturen zur Verfügung, mit denen die Materialeigenschaften bis in den atomaren Bereich hinein gemessen werden können. Filmtext Mit Hochdruck in die Tiefe Das Abenteuer der Erforschung des Erdinneren Der Bohrturm bei Windischeschenbach fällt einem schon von weitem ins Auge. In dem höchsten Bohrturm der Welt befindet sich diese Kabelrolle. Sie führt hinab in das derzeit tiefste Bohrloch auf unserem Erdball. Die Bohrung in Windischeschenbach ist mittlerweile abgeschlossen, die begleitende Forschung aber noch lange nicht. Die Wissenschaftler möchten mehr wissen über den Aufbau der Erdkruste und die Vorgänge in ihr. Messsonden, gewissermaßen „Teleskope für die Tiefe“, werden hinabgelassen. Sie befinden sich in einem stabilen Stahlgehäuse, da sie sehr hohen Druck und Temperaturen bis zu 300 Grad Celsius aushalten müssen. Im Inneren ist die Sonde vollgepackt mit modernster Elektronik. Messen kann man damit zum Beispiel: Druck, Temperatur und Dichte des umgebenden Gesteins, seine chemische Zusammensetzung, die natürliche Radioaktivität, die elektrische Leitfähigkeit und den Magnetismus. Jetzt ist die Sonde getestet. Es ist alles in Ordnung. Nun kann sie in das Bohrloch hinabgelassen werden. Dieses ist mit Wasser gefüllt, da sonst der hohe Druck in der Tiefe das Bohrloch wieder verschließen würde. Über neun Kilometer tief wurde in die Erdkruste gebohrt. Tiefer geht es hier nicht. Die immer weiter ansteigende Gesteinstemperatur würde die Bohrelektronik zerstören. Dieses Projekt hat etliche Theorien widerlegt. Die Schichtung der verschiedenen Gesteine zum Beispiel verläuft gänzlich anders als angenommen. Auch konnte man sich bisher nicht vorstellen, daß in solchen Tiefen noch Wasser im Gestein zu finden sei. Die Ergebnisse der Bohrung haben viele neue Fragen aufgeworfen. Um diese zu klären, wurde ein weltweites Bohrprogramm zur Untersuchung der kontinentalen Erdkruste eingeleitet. Angesichts des Radius unserer Erde können mit der Tiefbohrung natürlich nicht alle Fragen über das Innere unseres Erdballs geklärt werden. Andere wichtige Prozesse laufen in viel größerer Tiefe ab. Dies zeigen uns Tiefengesteine und Mineralien, die man im Umkreis von Vulkanen findet. Ein bekanntes Am Bayerischen Geoinstitut der Universität in Bayreuth will man die Vorgänge im Erdinneren nachstellen, die Gesteinsumwandlungen hervorrufen. Hierzu wurden Hochdruckpressen installiert. Mit ihrer Hilfe wird das Gestein dem Druck und der Temperatur ausgesetzt, die im Inneren des Globus herrscht. Der Druck ist umso größer, je kleiner die Gesteinsprobe ist, auf die die Kraft wirkt. Deshalb werden nur allerkleinste Mengen der Gesteine und Mineralien Modell einer Diamantstempelzelle Ein Kristall wird zwischen zwei Flächen an den Spitzen der beiden Diamantstempel eingebracht. Der Durchmesser der Stempelfläche beträgt 0,6 mm. Es können stabile Drücke bis 25 Gpa (= 250.000 bar) erzeugt werden. Beispiel ist der Diamant. Das Transmissionselektronenstrahlmikroskop (TEM) beweist: Diamant ist nichts anderes als die unter hohem Druck und hohen Temperaturen entstandene dichtere Packung der Atome des Graphits. Dieser Diamant wäre für einen Juwelier nicht sehr wertvoll, denn der ist an einem möglichst reinem Stein interessiert. Hingegen wird der Edelstein durch seine Einschlüsse für den Geologen gerade erst interessant! Er hat Spuren von Perovskit konserviert, einem Mineral, das in 700 km Tiefe entstanden ist. in die riesigen Pressen eingelegt. Das wird der Deckel für den Probenbehälter. Wie der Tiegel wird er mit viel Fingerspitzengefühl angefertigt. Zum Größenvergleich ein Pfennig neben dem nur zwei Millimeter großen Behälter für die Probe. Die Probe wird in die Probenkammer geschoben. O-Ton Dr. Stefan Keyssner, Geoinstitut Bayreuth: „Wir haben hier einen Stahlwürfel aus Hartmetall, der aus acht kleineren Würfeln zusammengesetzt ist. Damit wir besser hineinsehen können, haben wir an einer Stelle einen dieser kleinen Würfel weggelassen. Im Zentrum dieses großen Stahlwürfels sehen wir die Probenkammer, die die Probe enthält. Diese Probe hat einen Durchmesser von einem Millimeter, eine Länge von zwei Millimetern. Sie sitzt im Zentrum dieser acht kleinen Würfel. Die Temperatur auf die Probe wird elektrisch aufgebracht, und um keinen Kurzschluß in dieser Zusammensetzung zu bekommen, sind die einzelnen Würfel untereinander mit diesem Material isoliert. Hier führt ein kleiner Draht aus der Probe heraus, ein sog. Thermoelement, mit dem die Temperatur in der Probe kontrolliert werden kann. Anschließend werden wir den fehlenden Würfel einsetzen und dann diesen gesamten Block in die Presse hineinsetzen.“ Langsam schließt sich die Presse. Mit einem Computerprogramm wird gesteuert, wie lange, mit welchem Druck und bei welcher Temperatur gepresst wird. Dieser Plotter zeichnet den Versuchsverlauf auf. Es dauert Tage, bis die Presse wieder geöffnet wird. So sieht die Probenkammer nach dem Versuch aus. Vorsichtig wird die Probe herauspräpariert. Hierzu braucht man einige Erfahrung, um nicht das Entscheidende zu übersehen. Die Probe wird geschliffen und schließlich auf einen Objektträger aufgebracht. O-Ton Dr. Falko Langenhorst, Geoinstitut Bayreuth: „Hier sehen sie ein typisches Präparat, das wir in unseren Hochdruckpressen synthetisieren; und zwar ist dieses Präparat schon für die Elektronenmikroskopie vorbereitet. Das ist ein dünner Schnitt durch unsere Druckzelle. Dieser dünne Schnitt wurde auf einen Objektträger aufgeklebt. Sie sehen hier am Rand noch die Spuren des Klebers, die eigentliche Probe befindet sich in diesem Bereich. Reste des Heizofens sind hier zu erkennen in schwarz; farbig bunt sind die Stempel, die von beiden Seiten entgegengesetzt auf die ei- gentliche Hochdruckbohrprobe gewirkt haben; eine ganz dünne Schicht hier in der Mitte des Gesichtsfeldes. Außerdem sehen sie hier schon ein sogenanntes Kupfernetzchen, das auf unsere Probe aufgeklebt wurde, das ist der Probenträger für die Elektronenmikroskopie. Diese Probe wird dann bei der weiteren Präparation (von dem Glasträger) von dem Objektträger hier abgelöst und mittels von Dünnungsverfahren nochmal deutlich gedünnt, so daß die Probe für Elektronen transparent wird. Ich kann mal die Vergrößerung wechseln, damit sie etwas deutlicher den eigentlich interessierenden Bereich sehen, nämlich diese dünne Schicht hier in der Mitte. Die ist vielleicht einen Zehntel Millimeter nur dick. Und hier sehen sie die Schicht von einem sogenannten Hochdruckmineral mit Namen Ringwoodit, das ist eine dicht gepackte Struktur. Wenn sie weniger dicht gepackt wäre, würde man den Namen Olivin verwenden, ein Mineral, das auch auf der Erdoberfläche auftritt.“ Dies ist eine andere Methode, einen so gewaltigen Druck zu erzeugen: Die winzige Probe wird in ein kleines Loch einer Dichtung zwischen zwei abgestumpften Diamanten präpariert. Dann kommt ein Tropfen Alkohol dazu und durch einfaches Schrauben wird ein enormer hydraulischer Druck aufgebaut. Die Probe wird durch die Diamanten hindurch beobachtet. Hier sehen wir das Mineral Spodumen, ein Pyroxen. Bei einem Druck von exakt 32 kbar ändern sich seine Eigenschaften spontan. Die Dichteänderung ist an der unterschiedlichen Färbung im polarisierten Licht sichtbar. Im Gegensatz zum Diamant, der auch an der Erdoberfläche beständig ist, nimmt der Pyroxen seine ursprünglichen Eigenschaften wieder an, sobald der Druck reduziert wird. Um die Kristallgitterstrukturen der durch Druck komprimierten Minerale zu ergründen, setzt man das Transmissionselektronenmikroskop ein. Hier kann man sich den atomaren Aufbau betrachten. Die Probe darf allerdings nur noch 0,1µm dick sein. Zum Vergleich: ein Haar ist etwa 300 mal so dick. Die Probe zeigt: Unter einem Druck, der in 600 km Tiefe herrscht, bildet sich aus Olivin schlagartig ein Mineral mit derselben chemischen Zusammensetzung, aber einem viel dichteren Kristallgitter: Ringwoodit. Damit hat man eine Erklärung für die bisher rätselhaften Tiefbeben: Mächtige Platten der Erdkruste tauchen ab. Der Mantel besteht überwiegend aus Olivin. In entsprechender Tiefe wandelt sich Olivin in den dichteren Ringwoodit um. Diese Umwandlung geht schlagartig vor sich und führt zu einer Schrumpfung des Gesteins. Es kommt zu Setzungen, die sich als Tiefbeben äußern. Um die Probe chemisch zu analysieren, nutzt man die Elektronenstrahlmikrosonde. Schon ein Tausendstel Millimeter der Probe reicht für eine Analyse. Die Veränderung der chemischen Zusammensetzung von Mineralien kann so erforscht werden. Diese Ergebnisse zeigen, dass das Erdinnere kein isolierter, abgelegener Bereich ist. Zwischen Erdinnerem, Ozeanen, Athmosphäre und Ionosphäre findet ein stetiger Energieund Stoffaustausch statt, zu dem es noch viel zu erkunden gibt. Wenn auch die Proben, die die Ergebnisse liefern, klein sind, umso größer sind die Zusammenhänge, die erforscht werden. Mit Hochdruck kommt man dem Verständnis des Planeten Erde immer näher. Auflösung des Arbeitsblattes: 1a) Beide haben die gleiche chemische Zusammensetzung. 1b) Diamant ist die unter Hochdruck entstandene dicht gepackte Form des Kohlenstoffs, Graphit die weniger dicht gepackte Form. (Unterschiede: z. B. Härtegrad, Transparenz, Wert, Verwendung, ...) 2) Aufgrund der hohen Temperatur und des Druckes im Erdinneren würde die Bohrelektronik zerstört. 3) Durch das bei Vulkanausbrüchen an die Erdoberfläche transportierte Tiefengestein. Eine wesentliche Rolle spielt der Diamant, da er Tiefengestein als Einschluß konservieren kann. 4) Mit Hilfe von Hochdruckexperimenten. Mit Hochdruck in die Tiefe ... Arbeitsblatt zum Film Kristallgitter TEM-Bild 1a) Welche Gemeinsamkeiten haben Graphit und Diamant? 20 nm 1b) Wodurch unterscheiden sie sich? 3 nm 2.) Das Erdinnere ist bis zu einer Tiefe von knapp 10 km durch Tiefbohrung zugänglich. Warum ist es nicht möglich, tiefer zu bohren? 3. Auf welche Weise kommen Wissenschaftler an Gesteine und Minerale, die in mehr als 700 km Tiefe entstanden sind? 4. Wodurch können Erkenntnisse über die Umwandlung von Gesteinen im Erdinneren gewonnen werden?