WER HEUTE DIE VERKEHRSPOLITIK ABSCHAFFT, BESEITIGT

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DER VERKEHRSFLIEGER
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Wer heute die Verkehrspolitik
abschafft, beseitigt morgen
das Verkehrsministerium!
Paul Rittler
Auf der Suche, was den politischen Parteien zur Stra-
gramms, bringt zu Verkehr nichts, wiewohl „Umwelt“
ßenmaut einfällt, findet der Verkehrsflieger schon zur
zu des Bauernbündlers eigenem Arbeitsbereich zählt
allgemeinen Verkehrspolitik nur mühsam einen Lande-
und er sich im Herbst 2006 für das Profil im Magna-
platz.
Mila ablichten ließ. Zur „schwarzen“ Ehrenrettung: Das
Regierungsprogramm wird auch der ÖVP zugerechnet,
Auf der Webseite der ÖVP sucht man die „Verkehrspoli-
und in der Tagespolitik meldeten sich Molterer und Pröll
tik“ vergebens: Im Parteiprogramm (von 1995!) gelangt
– zuletzt mit der NoVA-Anpassung – zu Wort. In der
man erst über den Menüpunkt „Ländlicher Raum“ zu
Landespolitik widmet sich die Partei seit Jahren Tun-
„Infrastruktur am Land sichern und weiter ausbauen“.
nelfragen…
Darin bekennt sich die Volkspartei zur „Sicherung und
Schaffung einer leistungsfähigen Infrastruktur im länd-
Nicht besser sind Freiheitliche und BZÖ: Während das
lichen Raum“ – fünf Zeilen.
BZÖ „Verkehr“ auf seiner Webseite nicht einmal erwähnt, kennt man bei den Freiheitlichen auf fünf Zeilen
Pröll-Programm ohne Verkehr: Auch die Fürschrift
gerade einmal – aber immerhin – drei Schlagwörter: „ex-
der „Perspektivengruppe“ von Landwirtschaftsmini-
terne Kosten“, „Kostenwahrheit“ und „Verursacherprin-
ster Pröll (2007), das Rohpapier des neuen Parteipro-
zip“. Ein ausgefeiltes Programm sucht man vergebens
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bei dem Lager, das sechs Jahre lang dem BMVIT vor-
det: gezählte elfmal beschweren sich die Verfasser über
stand, was nachdenklich stimmt. Auf welchem (Bund-
die Vorgängerregierung.
es-)Plan fußt nun der Koralmtunnel?
Zusammenfassung: Ein Verkehrsministerium ohne VerZwiefaltig sind – wo man sich zuerst mehr erwartet hät-
kehrspolitik ist wie eine Kirche ohne Bibel. Zur Einrich-
te – die Grünen: Das Grundsatzprogramm läßt enttäu-
tung eines Ministeriums (wie zu dessen Fortbestand)
schenderweise Verkehr als eigenen Bereich aus, verteilt
gehört meines Erachtens untrennbar ein Plan einer da-
ihn auf andere Sachgebiete. Nur von der Hinterbank
zugehörigen (Verkehrs-)Politik. Über eine solche Poli-
verbreiten sich Gabriela Moser und Reinhard Gschöpf
tik verfügen von den Parteien derzeit nur die Sozialde-
„kurz und bündig“ über die „Verkehrswende“, dies aber
mokraten. Die anderen politischen Bewegungen sollten
sehr ausführlich, nicht ausschweifend, fachkundig und
überlegen, welche Pläne sie für das BMVIT haben. Wer
mit guten verkehrswirtschaftlichen Einschlägen.
keinen Plan hat, muss damit rechnen, dass ihm unterstellt wird, er sei für (bzw. zumindest nicht gegen) eine
Grüner Maut-Populismus: Bei der möglichen Einfüh-
Aufteilung dieser Behörde.
rung einer flächendeckenden Pkw-Maut folgt aber auch
Moser dem populistischen „Rettet-den-Steuerzahler“-
Der Verkehrsflieger meint, dass der große Betrag an
Ruf: Stadtmaut: ja, Lkw-Maut sowieso, sogar mit In-
Ausgaben im Verkehrsbereich sowie dessen Auswir-
dexanpassung. Aber allgemeine Pkw-Maut? Da streikte
kungen auf Umwelt und Mensch die Beibehaltung eines
wohl der Professor…
Verkehrsministeriums jedenfalls rechtfertigen wie auch
einen entsprechenden politischen Unterbau samt Wil-
4:0 gegen die Verkehrspolitik: Bis hierher – blenden
lensbildung bei allen Bundesparteien erfordern. Denn
wir die grüne Einzelkämpferin Moser aus – fällt Öster-
ohne politische Willensbildung geschieht es, wie es ein
reichs Bundesparteien zum Verkehr wenig ein, kaum
namhafter TU-Verkehrsprofessor von der Abwicklung
Zielgerichtetes, keine geplante Politik. Man könnte da-
von Bauvorhaben bei einer ÖVG-Veranstaltung berich-
her meinen, den Parteien läge weder an einer gezielten
tete: „Gebaut werden zuerst die unwichtigen Strecken-
Verkehrspolitik noch an einem eigenen, sich nur darauf
teile. Wenn die stehen, werden dann auch die wichtigen
gründen könnenden, Verkehrsministerium.
gebaut, weil sie dann gebaut werden müssen.“ Wenn die
Parteien bei der Verkehrspolitik auslassen, betreiben die
Wäre da nicht: …die große alte Partei der Sozialde-
Konzerne sie.
mokratie – sie enttäuscht uns in Verkehrsfragen nicht:
Schon das Grundsatzprogramm verbreitert sich auf
Lob gebührt also der SPÖ, der einzigen Partei mit einer
mehreren Seiten über Verkehr und seine Politik. Unter
Verkehrspolitik im Grundsatzprogramm. Lob geht auch
„Positionen“ finden wir auf deren Homepage ein eige-
an die Frau Abgeordnete Moser, wobei ihr zu wünschen
nes 82-seitiges Infrastrukturprogramm der Partei mit
ist, ihre verkehrspolitischen Standpunkte zukünftig in
Ausbauplänen von Verkehrsträgern und technischen
der grünen Zieleschrift verankern zu können.
Vorschlägen, wobei die Genauigkeit der Ausbaupläne
samt Kostenschätzungen einen Urheber im Verkehrsmi-
Gerügt werden die Parteien der Minister Gorbach, For-
nisterium vermuten läßt, die Pkw-Maut wird abgelehnt.
stinger und Reichhold, die trotz sechsjähriger Obmannschaft im BMVIT ihren Parteien keine Verkehrspolitik
SP-Hickhack auf Tagespolitik: Kleine Schönheitsfehler
hinterlassen haben. Die gleiche Rüge geht auch an die
des Programms sind die Schläge auf die frühere Regie-
Volkspartei, der vor allem wegen ihrer Größe das Fehlen
rung, was die Weiterverwendung der Ideen etwas verlei-
entsprechender Ausführungen vorzuwerfen ist.
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