PÄDAUDIOLOGIE Teil 2: Therapie Prof. Dr. Michael Fuchs Sektion Phoniatrie und Audiologie Vorlesungsskript im Internet http://hno.uniklinikum-leipzig.de Lehre Vorlesung Humanmedizin Formen der Hörstörung Schallleitungsschwerhörigkeit sensorineurale Schwerhörigkeit auditive Wahrnehmungs-/ Verarbeitungsstörung EHRNÖ 1 Fremdkörper • Ceruminalpfropf (eigentlich kein Fremdkörper) • organische Fremdkörper (Quellung, Entzündung) • anorganische Fremdkörper ►Entfernung unter Sicht mit Häkchen durch HNO oder Phoniatrie/Pädaudiologie (keine Versuche mit Pinzette) ►ggf. unter Narkose. Fehlbildungen von Außen- und Mittelohr angeboren erworben (selten) genetisch determiniert exogene Schädigung (4./5. SSW) unilateral bilateral monosymptomatisch (isoliert) polysymptomatisch (Syndrom) entzündlich traumatisch operativ bedingt Ohrmuschelfehlbildung 2 Gehörgangsatresien • oft kombiniert mit Ohrmuschelfehlbildungen • allein durch Weichteilgewebe und durch Weichteilgewebe und knöchern bedingt • Schallleitungsschwerhörigkeit ~60 dB • Störung der Sprachentwicklung (bei bilateraler Ausprägung) Ohrmuschelfehlbildung + Gehörgangsatresie Ohrmuschelfehlbildung + Gehörgangsatresie + Mittelohrfehlbildung 3 Polysymptomatische Fehlbildungen Dysostosis mandibulofacialis (Franceschetti-Syndrom) Polysymptomatische Fehlbildungen Dysplasia oculoauricularis (Goldenhar-Syndrom) Therapie der Fehlbildungen • Indikation abhängig vom Hörverlust (insbesondere bei bilateraler Ausprägung) ► Hörgeräteversorgung ► Knochenleitungshörgeräte (da ► angedrückt durch Schallleitung blockiert) Softband oder knochenverankerte Schraube 4 Therapie der Fehlbildungen • Indikation abhängig vom Hörverlust (insbesondere bei bilateraler Ausprägung) ► Hörgeräteversorgung ► Knochenleitungshörgeräte (da ► angedrückt durch ► operativ: ► mehrere Schallleitung blockiert) Softband oder knochenverankerte Schraube plastische Rekonstruktion operative Schritte ► insbesondere Gehörgangsbildung ► spezialisierte ► Hör- anspruchsvoll Zentren und Sprachtraining Ursachen für Funktionsstörungen des Mittelohres • • • • • • Trommelfellperforation akute Otitis media chronische Otitis media Seromukotympanon Fehlbildungen Traumen Tubenfunktionsstörungen bei Kindern typische Ursachen • hypertrophe Rachenmandel („Adenoide“) • Schwellung der Schleimhäute (Allergie, Immundefekt - gehäufte Infekte) • Spalterkrankungen • kraniofaziale Fehlbildungen • Morbus Langdon Down • Mukoviszidose, fibrozystische Erkrankungen • juveniles Nasenrachen-Fibrom 5 Häufige Folge: Seromukotympanon Seromukotympanon - Therapie • Adenotomie • Parazentese / Paukendrainage • ggf. Therapie der Grunderkrankung Formen der Hörstörung Schallleitungsschwerhörigkeit sensorineurale Schwerhörigkeit auditive Wahrnehmungs-/ Verarbeitungsstörung EHRNÖ 6 Ursachen • angeborene Fehlbildung der gesamten Cochlea oder einzelner ihrer Strukturen • entzündlich oder traumatisch bedingte Zerstörung der gesamten Cochlea oder einzelner ihrer Strukturen (Meningitis) • isolierte Funktionsstörung einzelner Innenohrstrukturen (z.B. der äußeren oder inneren Haarzellen oder der Stria vascularis). Folgen • • • • mögliche Folgen: Sprech- und Sprachstörungen, Deprivation, Intelligenzdefekte Verhaltensstörung, schlechte soziale Integration reaktive psychische Störungen apparative Therapie (Hörgeräte) • bei binaural eingeschränktem Sprachverständnis • bei einseitiger Schwerhörigkeit nur dann sinnvoll, wenn durch Hörgerät Hörvermögen des schwerhörigen Ohres annähernd normal wird (wird von Kindern oft schlecht akzeptiert) • beidseitige Schwerhörigkeit beidseitige Hörgeräteversorgung anstreben 7 Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte • miniaturisierte Bauteile in nierenförmigem Gehäuse, verbunden mit Winkelstück (Hartplastikröhrchen) und Ohrpaßstück (individueller Abdruck) • weiche Ohrpaßstücke schmiegen sich besser Gehörgang und Ohrmuschel an dichter weniger Rückkopplung • Anpassung der Ohrpaßstücke an die jeweils aktuellen Verhältnisse (Entwicklungsdynamik) • für Kinder insbesondere wichtig: Audioeingang für Anschluss externer Geräte. HdO-Hörgeräte Drahtlose Übertragungsanlagen 8 Hörgeräteanpassungen bei Kindern – allgemeine Grundsätze • regelmäßige audiometrische Überprüfung – zunächst < 3 Monate, später 1 Jahr Intervall • Überprüfung der Hörgeräte erfolgt binaural im Freifeld Aufblähkurve • zusätzlich in-situ-Messung – dünner Schlauch im Gehörgang, an dessen Ende Mikrophon misst Verstärkerleistung – ohne und mit Hörgerät – schwierig, je kleiner das Kind. Grenzen der Hörgeräteversorgung • HdO- Hörgerät verstärkt ankommendes Schallsignal Gehörgang • je größer Verstärkung desto wichtiger Abdichtung des Gehörgangs (Rückkopplungen) • HdO-HG verstärken hohe Frequenzen weniger gut ►hochgradige Schwerhörigkeit und Taubheit nicht effizient zu versogen ►Indikation für Cochlea Implantation Cochlea Implantation - Prinzip 9 Cochlea Implantation - Prinzip • • • • Mikrophonsignal Kabel Sprachprozessor Extraktion akustischer Signale Kodierung in Hochfrequenzsignal Sendespule transdermal Empfänger unter der Haut • Übertragung auf eine oder mehrere Elektroden • Stimulation des Hörnerven • Höreindruck beim Patienten. Ablauf einer CI-Versorgung Wer kommt für ein CI in Frage? audiologische Indikation organische Voraussetzungen psychosoziale / familiäre Bedingungen hörgeschädigtenpädagogische Bedingungen Entwicklungsbedingungen weitere Behinderungen / Teilleistungsstörungen 10 Umfassende Untersuchungen • Fachärztliche Untersuchungen und Gespräche • Hörprüfungen • Diagnostik der Sprech-, Sprach-, Stimm- und Kommunikationsfähigkeit • Radiologische Untersuchungen • Psychologie CI-Indikationen bei Kindern • Hörschwelle beidseits 90 dB oder schlechter für den Durchschnitt 0,5, 1, 2 und 4 kHz • Sprachentwicklungsverzögerung • keine erkennbare Verbesserung während Hörgerätetrageversuch bei Kindern <5 J. • sehr schlechte Hörschwellen in der Hirnstammaudiometrie • Sprachverständnis <30% mit optimierten Hörgeräten bei Kindern >5 J. Diagnostik vor Implantation bei Kindern • Auffälliges Neugeborenen-Hörscreening • HNO-/phoniatrisch-pädaudiologische Untersuchung abhängig von Alter/Entwicklung • Hörprüfverfahren • beobachtende Reflexaudiometrie, Spielaudiometrie, Luftleitung, Knochenleitung • Freifeld-Audiometrie, Sprachaudiometrie (Mainzer, Göttinger, Freiburger) • Tympanogramm, Stapediusreflexe • OAE, BERA, ggf. „notched-noise BERA“ • Hörgerätetrageversuch, Hörgeräteoptimierung • audiologische Frühförderung 11 Diagnostik vor Implantation bei Kindern • Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT) • Logopädisch-phoniatrische Abklärung von Hör-, Sprech- und Sprachstatus • Hörgeschädigten-pädagogische Einschätzung • Beratung der Eltern, Therapieplanung • Abklärung des psychosozialen Umfelds • Entwicklungsdiagnostik • Feststellung evtl. weiterer Behinderungen oder Teilleistungsstörungen Zeitpunkt der Implantation Bilaterale Implantation • Neugeborenen-Hörscreening • Implantationsalter wichtiger prognostischer Faktor um das 1. Lebensjahr, z.T. auch schon früher • Hörerfahrung in der sensiblen Phase bis zum 4. Lbj. • simultane/sequenzielle bilaterale Versorgung: – verbessert Lokalisation – verbessert Sprachverständnis im Störschall 12 Das erste Mal mit CI hören: Basistherapie Audio-Verbale Therapie 13 Hörbeispiele Formen der Hörstörung Schallleitungsschwerhörigkeit sensorineurale Schwerhörigkeit auditive Wahrnehmungs-/ Verarbeitungsstörung EHRNÖ Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) • Beeinträchtigung einzelner oder mehrerer akustischer Modalitäten: – – – – – – akustische Aufmerksamkeit akustische Merkfähigkeit Analyse und Differenzierung akustischer Gestalten Zuordnung von Gehörtem zu Sinninhalten Richtungshören Trennung von Nutz- und Störschall 14 Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) Therapieoptionen: ► spezielles auditives Training (Logopädie) ► sonderpädagogische Förderung ► FM-Anlagen Sächsische Landesschule für Hörgeschädigte Prager Straße 15