Martin Doering / Sabine von der Wense Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne (Arbeitstitel) Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 1 Inhalt Einführung 1. Kurze Geschichte der Astrologie 2. Was ist Astrologie? 3. Grundlagen der Astrologie 3.1. 3.2. 3.3. 3.4. 4. Planeten und ihre zugeschriebenen Eigenschaften / Wirkungen Astrologisch wirksame Sterne / Tierkreiszeichen Tierkreiszeichen und ihre zugeschriebenen Eigenschaften / Wirkungen Astronomische Sternbilder und astrologische Tierkreiszeichen Berechnungselemente von Horoskopen 4.1. 4.2. 4.3. 4.4. 4.5. 4.6. Geburtshoroskop Aszendent / Deszendent / MC / IC / Mondknoten Häuser (Felder) Aspekte und ihre Bedeutung Horoskopbild Direktionen und Transite 5. „Aber irgendwie stimmt es doch!” — Was sagt die Geschichte / was sagt die Statistik? 6. Was sagt die Bibel dazu? 6.1. 6.2. 6.3. 6.4. 6.5. Sterne und Planeten sind keine Götter, sondern Gottes Schöpfung Die Schöpfung weist unweigerlich auf den Schöpfer hin Astrologie ist Götzendienst Vor Astrologie und Wahrsagerei wird ausdrücklich gewarnt Christen sind zur Freiheit — insbesondere von der Astrologie — berufen 7. -10. Hier folgt noch ein praktischer Teil einer Co-Autorin... Fußnoten Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 2 Einführung Wer kennt dieses Gefühl nicht: Wenn man in einer sternklaren Nacht zum Himmel schaut und die tausenden mit bloßem Auge sichtbaren Sterne sieht und sich vorstellt, dass dies wiederum nur ein kleiner Teil des gesamten Universums ist, erlebt man ein Gefühl der eigenen Bedeutungslosigkeit... So riesig, unverständlich und mysteriös uns das Weltall mit seinen Milliarden von Galaxien, Sternen, Planeten, Kometen usw. auch erscheint, möchte man dennoch seine Gesetzmäßigkeiten erforschen und verstehen. Die Faszination des Universums und der Sterne hat Menschen zu jeder Zeit bewegt und zu allerlei Fantasien und religiösen Spekulationen geführt. Eine davon ist die Astrologie, die den Stand und Lauf der Sterne und Planeten mit dem Leben und Schicksal der Menschen in Verbindung bringt und daraus sogar Voraussagen für die Zukunft ableiten will. Zugegeben: Dieser Gedanke hat etwas Verführerisches — und wer möchte nicht gerne mehr über sich und seine Zukunft erfahren? Obwohl (oder gerade weil?) wir heute in einer zunehmend säkularen, von Wissenschaft und technischem Fortschritt geprägten Welt leben, ist ein starker Zuwachs des Interesses an Aberglauben und Esoterik festzustellen: Menschen suchen verstärkt nach „Wahrheiten” hinter unserer verstandesmäßig geprägten Welt und Weltanschauung. Die Esoterik- und Astrologie-Branche boomt, während die Mitgliedszahlen in den christlichen Kirchen — zumindest in den Industriestaaten — langsam und stetig schrumpfen. Die Statistik zeigt seit Jahrzehnten eine deutliche Zunahme des Aberglaubens, zu dem auch die Astrologie zählt: Nach einer Umfrage des Allensbach-Instituts 2001 glauben 42% aller Deutschen, dass ein vierblättriges Kleeblatt Gutes bedeutet, 40% sehen in einer Sternschnuppe ein bedeutsames Zeichen, 36% halten die Begegnung mit einem Schornsteinfeger für Glück verheißend. Die „13” ist für 28% eine Unglückszahl.1 Demgegenüber glauben nur 58% der evangelischen (!) Bevölkerung in Deutschland an Jesus Christus, 32% an den Heiligen Geist und nur 26% an das ewige Leben.2 Hingegen glauben 77% aller Deutschen an Astrologie, Tendenz weiterhin steigend.3 Diese Ergebnisse kann man in einer Grafik anschaulich zusammenfassen (zur besseren Vergleichbarkeit habe ich die Aussagen evangelischer und katholischer Christen (*) anteilig auf die Gesamtbevölkerung hochgerechnet): Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 3 Daran glauben die Deutschen: 77% Astrologie (Ø) 42% Vierblättriges Kleeblatt 41% Jesus* 40% Sternschnuppe 36% Schornsteinfeger 28% Die Zahl „13” 26% Heiliger Geist* 24% Ewiges Leben* 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% *) Hochrechnung auf Gesamtbevölkerung Warum wollen so viele Menschen lieber an Sterngötter oder geheimnisvolle kosmische Mächte oder mysteriöse Schicksalsstrahlen glauben als an einen wirklichen Gott, der das faszinierende Weltall und seine Gesetze geschaffen hat? Vielleicht ist es... • der Drang, etwas über die eigene Zukunft und das Schicksal erfahren zu wollen? • die Faszination des Unbegreifbaren (z.B. des Weltalls und der skurrilen astrologischen „Gesetzmäßigkeiten”, die aber der Laie überhaupt nicht versteht, aber sich vertrauensvoll an Leute wendet, die das scheinbar beherrschen)? • die Faszination am Mystischen (= Aberglaube): Das sichtbare Geschöpf wird selbst zum Gott. Ein unsichtbarer Gott wie im Christentum scheint dagegen nicht so attraktiv zu sein? • der Wunsch, einer Gesetzmäßigkeit und damit planbaren Allmacht zu unterstehen: Ein souverän herrschender Gott ist vom Menschen nicht erforsch- und kontrollierbar und das schreckt viele möglicherweise ab? • die Angst davor, für sein eigenes Handeln allein verantwortlich zu sein und irgendwann einmal Zur-Verantwortung-gezogen-werden? (Hier wäre — wenn sie denn wahr wäre — Astrologie in der Tat gefährlich: Kein Verbrecher wäre für seine Tat wirklich verantwortlich, denn er wäre ja dem unheilvollen Einfluss der Sterne ausgeliefert gewesen.) • die Angst vor persönlicher Bindung und Betroffenheit, die sich ergibt, wenn Gott als Person existiert? Wie auch immer: Aberglaube ist ein blühendes Geschäft, von dem viele Scharlatane und Geschäftemacher profitieren. Allein die Berliner Firma Questico, die neben ihrem Internetportal den Fernsehsender Astro-TV betreibt, bei dem man sich kostenpflichtig Horoskope und Anderes erstellen lasen kann, erwirtschaftet mit rund 1.500 freiberuflichen (man könnte auch sagen: selbst ernannten) „Beratern” einen Jahresumsatz von 45 Millionen Euro4 — und dies ist nur eines von vielen Unternehmen dieser Branche in Deutschland. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 4 Experten rechnen mit weiter steigenden Umsätzen der Astrologie-Branche aufgrund des in Deutschland seit Jahrzehnten stetig steigenden Interesses. In immer mehr Fällen führt dieses Interesse bis hin zur Esoterik-Sucht, die insbesondere Frauen befällt (80% der Ratsuchenden bei entsprechenden Beratungsstellen sind Frauen). Aberglaube und speziell Astrologie kann Menschen in psychische Abhängigkeit treiben und ihnen nicht nur Geld aus der Tasche ziehen (einige sind sogar bereit, tausende von Euro für „Beratungen” bei Astrologen auszugeben), sondern auch skurrile Blüten treiben: So machen viele inzwischen wichtige Entscheidungen oder selbst das Anpflanzen von Salat im Garten vom Stand der Sterne abhängig, aber auch seriöse Unternehmen fallen dem Astrologie- und Aberglauben-Wahn zum Opfer: So gibt es in den meisten Flugzeugen keine 13. Reihe und in vielen amerikanischen Hochhäusern keine 13. Etage... In diesem Buch wird erläutert, wo die Astrologie ihren Ursprung hat, auf welcher Grundlage sie „rechnet” und deutet und wie sie zu bewerten ist. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 5 1. Kurze Geschichte der Astrologie Ihrem Ursprung nach ist die Astrologie eine mystische, östliche Religion. Erste Hinweise findet man im Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris aus dem 2. - 3. Jahrtausend vor Christus. Sumerer, Assyrer und Babylonier hatten bereits Gottheiten für Sonne, Mond und die damals bekannten Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn. Man machte schon damals alle wichtigen Entscheidungen von der Sternkonstellation abhängig, da die Sterne als Götter verehrt wurden. Dies zeigt u.A. ein Gebet des assyrischen Königs Assurbanipal zum Sternbild Orion im 7. Jahrhundert vor Christus: Richte, gib dein Orakel! (...) Nimm meine Handerhebung an, höre mein Flehen! Löse meine Bezauberung, tilge meine Sünde.5 Assyrer und Bayblonier benutzen auf Keilschrift-Tafeln für Sterne und Götter dieselben Zeichen, wobei die Sterndeuterei in Bayblon erst später zu einem Kult wurde. Als Babylon 539 vor Christus von den Persern und Medern erobert wurde, vermischten sich babylonisches und persisches Gedankengut und gelangte durch das Weltreich Alexanders des Großen im 4. bis 3. Jahrhundert vor Christus nach Indien und von dort aus nach China , wo die Astrologie eine eigene Entwicklung nahm. Ebenfalls gelangte die Astrologie auch nach Griechenland, wo sie besonders in Verbindung mit dem damaligen philosophischen Gedankengut auf „fruchtbaren Boden” fiel und sich damit vermischte. Allerdings gab es auch viele namhafte Gelehrte, die die Astrologie ablehnten, z.B. Hippokrates und Aristophanes (ca. 5. Jahrhundert vor Christus). In Griechenland wurde außerdem die Bedeutung des Aszendenten sowie das Geburtshoroskop „erfunden”. In Ägypten erlangte die Astrologie nach jahrtausendealten Kenntnissen in der Astronomie erst im zweiten Jahrhundert vor Christus größere Bedeutung. Um 150 vor Christus entstand dort die in Griechisch verfasste „Astrologenbibel” von Nechepso und Petosiris. Um 130 nach Christus lebte der für die heutige Sterndeutung immer noch (!) relevante Claudius Ptolomäus, den man auch den „Vater der Astrologie” nennt, weil er den „Tetrabiblos”, der bis heute als das größte astrologische Nachschlagewerk galt, geschrieben hat und die bis heute gültigen „Tierkreiszeichen” definierte. Allen Astrologen gemeinsam war bis dahin, dass sie vom geozentrischen Weltbild ausgingen, d.h. die Erde als Mittelpunkt der Welt betrachteten. Erst später erkannte man das von Kopernikus bestätigte heliozentrische System, bei dem sich alle Planeten um die Sonne drehen. Während babylonische Gelehrte das Interesse an der Astrologie wieder verloren, verbreitete sie sich von Griechenland und parallel dazu von Alexandrien nach Rom. Dort wurde sie sehr schnell äußerst populär — wohl deshalb, weil viele Kaiser, die wie Götter verehrt wurden, an Astrologie und Wahrsagerei glaubten und sich „weissagen” ließen, darunter auch Cäsar, Titus, Domitian und Hadrian. 357 nach Christus wurde die Sterndeuterei bei Todesstrafe verboten. Im Islam wurde — trotz Verbot von Mohammed — die Sterndeuterei im 8. bis 10. Jahrhundert sehr populär. Von da aus gelangte die Astrologie über das damals maurische (islamische) Andalusien (Südspanien) und die dortigen Gelehrten nach Frankreich, Deutsch- Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 6 land und England, wo sie bis dahin nahezu unbekannt war. Auch dort verbreitete sie sich sehr schnell. Unabhängig davon besaßen auch die Maya zur Zeit ihrer Hochkultur (4. - 16. Jahrhundert) eine eigene Sterndeutung, die allerdings auf ganz anderen Grundlagen basierte. Das wundersüchtige Mittelalter schenkte der Sterndeuterei große Beachtung. Sogar der bekannte Theologe Thomas von Aquin (13. Jahrhundert) glaubte daran. Kirchenvater Augustinus hingegen hielt sie für „hirnverbrannte Betörung”. Einige Päpste glaubten an die Astrologie und praktizierten sie, andere wiederum nicht. Ebenso die Reformatoren: Melanchton und Zwingli glaubten daran, Luther und Calvin verwarfen sie. In der Zeit der seit dem 15. Jahrhundert aufkommenden Wissenschaft der Astronomie (also die Lehre von den Sternen an sich — im Gegensatz zur Astrologie, der Sterndeutung) begann die Abkehr vieler Gelehrter von der Astrologie. 1666 wurde die Astrologie von allen französischen Universitäten als Humbug verbannt. Ende des 18. Jahrhunderts glaubte in Europa fast niemand mehr daran. Durch die großen Krisen dieses Jahrhunderts (Weltkriege, Weltwirtschaftskrise, ...) und den „Reiz des Unbekannten” bzw. des „verloren geglaubten Wissens” kamen Menschen im 20. Jahrhundert wieder verstärkt zur Astrologie (ebenso wie zu Sekten). Mittlerweile ist sie so verbreitet, dass die allermeisten Menschen mehr oder weniger an Astrologie glauben und Horoskope lesen (nach neuesten Studien ca. 77% in Deutschland). Sogar viele Skeptiker meinen, dass „etwas dran” sei. Was also „ist dran”? Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 7 2. Was ist Astrologie? Auch heute meinen viele fälschlicherweise, Astrologie basiere auf wissenschaftlichen Erkenntnissen oder Methoden. Auch die Astrologie selbst hält sich für eine Wissenschaft. Schon von ihrer Definition her ist das ein offensichtlicher Irrtum: Wie könnte Sterndeuterei eine Wissenschaft sein? Aber Astrologen behaupten, dass, auch wenn Sterndeuterei selbst nicht wissenschaftlich sei, dennoch mit „wissenschaftlichen Methoden” und „Jahrtausende altem Wissen und Erfahrung” gearbeitet wird — dies könnte allerdings genauso gut einen Jahrtausende alten Irrtum bedeuten wie z.B. die lange verbreitete „sichere” Annahme, die Erde sei eine Scheibe. Dass in Verbindung mit Astrologie überhaupt das Wort „Wissenschaft” fällt, rührt wohl daher, dass es neben den Sterndeutern — besonders in Griechenland — auch Leute und Philosophen gab, die sich mit den Sternen selbst und deren Eigenschaften beschäftigten, deren Wissenschaft (Astronomie) ebenfalls „Astrologie” genannt wurde. Für das „einfache” Volk war das einerlei, nämlich „Beschäftigung mit den Sternen”. Die mittelalterliche Kirche unterschied bereits die „magische, teuflische” Astrologie, mit der sie die Sterndeuterei meinte und die „wahre” (d.h. wissenschaftliche) Astrologie, die heute Astronomie genannt wird. Im Mittelalter hielt die Astrologie — gepaart mit der Alchemie — immer mehr Einzug. Sogar Universitäten gestatteten es Sterndeutern, dort zu lehren. Später, im 17. Jahrhundert, verbot man dies dann wieder. Wirkliche Wissenschaftler, die sich mit den Sternen beschäftigen, nämlich Astronomen, bezeichnen die Astrologie als „Unkraut im Garten der Wissenschaft”. Aber das Thema passt gut in den derzeitigen Esoterik-Boom, und es gibt inzwischen sogar viele Computerprogramme, mit deren Hilfe man sich „sein” Horoskop berechnen lassen kann. Auch das lässt die Astrologie für den Laien wissenschaftlich oder zumindest fachlich fundiert erscheinen. Egal, ob Computerprogramm oder Astrologe: Es ist und bleibt Sterndeuterei, und dies ist bestenfalls eine Glaubenschaft! Die Frage ist nur: Glaube an was? Die Babylonier und andere Völker der Antike glaubten, dass Planeten und Sterne Götter seien und magischen Einfluss auf sie und das Weltgeschehen ausübten. Planeten, Konstellationen und Sternbilder zeigten „Omen” an für künftige Ereignisse — so glaubte man. Die „Gelehrten” benutzten diese „Omen” und ihre Deutungen dazu, das ungebildete Volk zu manipulieren und zu führen. Die Bibelschreiber hingegen bezeugten schon vor 3.000 Jahren, dass alle Planeten und Sterne keine Götter, sondern nur Gottes Werk sind. Ihrem Wesen nach war und ist Astrologie also eigentlich eine Religion und zugleich Aberglaube und Vielgötterei. Das zeigt sich an den Planetennamen, die nach römischen Göttern benannt sind bzw. selbst als Götter verehrt wurden. Besonders deutlich wird dies an den heute noch (!) gültigen zugesprochenen Eigenschaften und Einflüssen der Planeten, und damit sind wir bereits bei den Grundlagen der Astrologie. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 8 3. Grundlagen der Astrologie 3.1. Planeten und ihre zugeschriebenen Eigenschaften / Wirkungen Alle Planeten unseres Sonnensystems sowie Sonne und Mond wurden früher als Gottheiten verehrt: Ausgehend von ihrer optischen Erscheinung bzw. den beobachtbaren Eigenschaften wurden sie zunächst von entsprechenden römischen, später auch griechischen Göttern benannt und ihnen wurden willkürlich bestimmte Eigenschaften zugesprochen, aus denen sich wiederum bestimmte Wirkungsweisen ableiten lassen sollen: Merkur, der sich schnell bewegt, wurde z.B. zum „Götterboten” und „Handelsgott”, der große und stattliche Jupiter zum „Chef-Gott”, der bedrohlich rot erscheinende Mars zum aggressiven „Kriegsgott” und die schön und anmutig leuchtende Venus zur „Liebesgöttin”... Außerdem hat man Planeten als „Zeitregenten” eingesetzt, d.h. für jede Stunde / jeden Tag soll ein bestimmter Planet zuständig sein, ebenso für bestimmte Organe und Krankheiten. Auch diese Zuordnung zeigt reine Willkür und ist durch nichts — auch nicht durch angebliche „Erfahrungen” — zu belegen. Planet Römischer Gott: Zuständigkeit Babylonischer Gott (entspr.) Griechischer Gott (entspr.) Zugesprochene Eigenschaften Merkur Merkur: Gott des Handels und Gewerbes Nabu: Gott der Krämer und Händler Hermes: Götterbote, Gott der Kaufleute, Reisenden und Diebe gewandt, geschickt, unberechenbar, trügerisch Venus (lat. „Liebreiz, Begehren”): Göttin des Liebe, Schönheit, Ehe und Familie Ischtar: Liebesgöttin Aphrodite: harmonisch, Göttin der Liebe, gefühlsmäßig, Schönheit und empfindsam Fruchtbarkeit Mars: Gott des Krieges, Schützer der Fluren Nergal: Kriegsgott Ares: Gott des Krieges aggressiv, ungeduldig, kämpferisch, flüchtig, triebmäßig Jupiter (lat. „Lichtbringer, der Leuchtende”): Gott des Himmels und der Herrscher Marduk: Königsstern Zeus: Göttervater großmütig, aufrichtig, glückbringend, stattlich, streng, hübsch Saturn: Gott der Aussaat, der Melancholiker und Denker Ninurtu: Unheilbringer Kronos: Göttervater, einer der 12 Titanen, von Zeus entmachtet trübsinnig, gelehrt, pünktlich S Venus T Mars U Jupiter V Saturn W Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 9 Verglichen mit den tatsächlichen Eigenschaften und der Beschaffenheit der Planeten ist das nicht nur reine Willkür, sondern völliger Unsinn: Planet Physikalische Eigenschaften Eigenschaften der Atmosphäre Merkur Durchmesser: 4.878 km, 0,055 Erdmassen, 1 Umlauf in 88 Tagen, 1 Rotation in 58,6 Tagen Druck: 10-15 bar, —70 bis +430 Grad 42% Sauerstoff, 29% Na- Celsius trium, 22% Wasserstoff, 6% Helium, 0,5% Kalium Durchmesser: 12.104 km, 0,815 Erdmassen, 1 Umlauf in 225 Tagen, 1 Rotation in 243 Tagen Druck: 92 bar, 96,5% Kohlendioxyd, 3,5% Stickstoff, 0,015% Schwefelsäure +440 bis +500 Grad Celsius Durchmesser: 6.794 km , 0,107 Erdmassen, 1 Umlauf in 687 Tagen, 1 Rotation in 24,5 Stunden Druck: 0,0064 bar, 95,3% Wasserstoff, 2,7% Stickstoff, 1,6% Argon, 0,13% Sauerstoff —123 bis +24 Grad Celsius Durchmesser: 142.984 km, 317,8 Erdmassen, 1 Umlauf in 11,86 Jahren, 1 Rotation in 9,9 Stunden Druck: ? 89,8% Wasserstoff, 10,2% Helium, 0,3% Me than, 0,026% Ammoniak —108 Grad Celsius im Mittel Durchmesser: 120.536 km, 95,2 Erdmassen, 1 Umlauf in 29,5 Jahren, 1 Rotation in 10,8 Stunden Druck: ? 96,3% Wasserstoff, 3,25% Helium, 0,45% Methan, 0,02% Ammon. —139 Grad Celsius im Mittel S Venus T Mars U Jupiter V Saturn W Temperatur an der Oberfläche Nehmen wir zum Beispiel die Venus, die alles beherrschen soll, was mit der Liebe zu tun hat: „Venus-Menschen” sollen „glückliche Menschen sein mit viel Gefühl, Liebe und Charme”. Hätte man damals gewusst, dass auf der Venus Oberflächentemperaturen von bis zu 500 Grad Celsius herrschen bei einem atmosphärischen Druck von 95 bar in tödlicher Atmosphäre, bestehend aus 96% Kohlendioxid, 3,5% Stickstoff und 0,5% toxischen Gasen mit Wolken aus Schwefelsäure, die mit Höhenwinden (Jetstreams) mit Geschwindigkeiten von 360 km/h herumwirbeln, wäre sie wohl kaum zur Liebesgöttin geworden und man hätte ihr wohl kaum die Eigenschaften „harmonisch, empfindsam” usw. zugesprochen! Später wurden noch weitere Planeten entdeckt, die man ebenfalls nach Göttern benannte und ihnen entsprechende Eigenschaften zuordnete: Uranus X wurde vom griechischen Himmelsgott Uranos abgeleitet, dem Vater der Titanen, der von seinem Sohn Kronos entmannt und in die Unterwelt gestürzt wurde. Seine Eigenschaften sollen demzufolge „variabel, unbeständig, originell, ruckweise, unfruchtbar” sein. Neptun Y war der römische Gott der fließenden Gewässer und Meere, dem griechischen Poseidon gleich. Als Eigenschaften wurden „magnetisch, chaotisch, ästhetisch, neurotisch, trügerisch” zugeordnet. Pluto Z schließlich wurde nach dem griechischen Gott Plutos benannt, der Gott der Getreidevorräte und des Reichtums. Entsprechend wurden ihm „wirtschaftliche und politische” Eigenschaften und Einflüsse zugeordnet. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 10 Wäre die Astrologie eine Wissenschaft, hätte sie sich nach der Entdeckung dieses Planeten erst einmal Zeit gelassen und einige Umdrehungen dieses Planeten um die Sonne heuristisch untersucht, welche Eigenschaften ihm zukommen. Seit der Entdeckung im Jahre 1930 hat er etwa ein Drittel einer solchen Umdrehung vollzogen. Also weiß man jetzt schon, was demnächst mit Pluto passieren wird, obwohl es diesen Zustand wissentlich noch nicht gegeben hat. Im Gegenteil: Kaum war der Planet entdeckt und hatte man ihm — willkürlich! — einen Namen gegeben, nahmen die Astrologen ihn in ihr Horoskop auf und leiteten aus dem — willkürlich! — gegebenen Namen seine Eigenschaften ab. Im Prinzip ist die Internationale Astronomische Union schuld an dem, was der Planet anrichtet. Hätte man ihn doch Flora, Fortuna oder Aphrodite genannt! Aktuell gibt es von den Astronomen schlechte Nachrichten bezüglich Pluto: Der gerade mühsam ins astrologische Konzept eingearbeitete Zwergplanet muss offenbar mitsamt all der Deutungen wieder verworfen werden, da Wissenschaftler im Jahre 2006 gezeigt haben, dass Pluto gar kein Planet im eigentlichen Sinne ist: Entweder man müsste man nach bisheriger Definition drei weitere Objekte (Ceres, Charon und 2003 UB313) als Planeten hinzunehmen, oder Pluto den Planetenstatus aberkennen. Es darf also spekuliert werden, wie die Astrologen mit diesen Tatsachen umgehen werden... Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 11 3.2. Astrologisch wirksame Sterne / Tierkreiszeichen Der „Tierkreis” wurde definiert als etwa 20 Grad breite Zone um die Himmelskugel, innerhalb der die scheinbaren Bahnen von Sonne, Mond und Planeten verlaufen. Die Mittellinie davon nennt man „Ekliptik”. Sie verläuft durch die zwölf Sternbilder, nach denen die Tierkreiszeichen benannt wurden. Im bisher bekannten Universum gibt es etwa 100 Milliarden Sterne. Bei guten Verhältnissen sind davon etwa 7.000 mit dem bloßen Auge sichtbar (je etwa 3.500 auf der nördlichen und südlichen Halbkugel). Von all diesen Sternen sollen nur die etwa 150 zu den Tierkreiszeichen gehörenden Fixsterne astrologisch wirksam sein. Der bekannte und weithin sichtbare „große Wagen”, der hellste Fixstern Sirius oder die gewaltigen Wintersterne des Orion (um nur einige Beispiele zu nennen) sollen, wie alle übrigen Milliarden Sterne hingegen gar keine Bedeutung haben! Allein das zeigt bereits, mit welcher Willkür man zu Werke geht und wie unglaublich die Grundannahmen der Astrologie sind. Die Erklärung, warum ausgerechnet nur die etwa 150 Fixsterne der Tierkreiszeichen wirksam sein sollen, findet man — wie schon bei den Planeten mit ihrem angeblichen Wirkungen — im Aberglauben der im alten Rom und Griechenland ausgeübten Vielgötterei: Die Sterne der Tierkreiszeichen wurden für Götter gehalten, die mit bösem oder wohlwollendem Blick das Geschehen auf der Erde beeinflussen sollen. Die in der Astrologie benutzten Tierkreiszeichen gehen bis ins Jahr 1.500 vor Christus auf die Babylonier zurück, wobei der vollständige Tierkreis erst um 410 vor Christus erstmals erwähnt wird. Die bis heute gültige Auswahl von Sternen und ihre Anordnung zu Tierkreiszeichen traf der griechische Philosoph Claudius Ptolomäus (ca. 100 nach Christus). Dabei wurden Sterne gemäß einer bildlichen Vorstellung z.B. von einem Löwen oder einer Jungfrau und der Optik von der Erde aus willkürlich miteinander verbunden. Basis der bildhaften Darstellungen waren hauptsächlich Gestalten aus der griechischen Mythologie. Die erste Abblidung zeigt eine Darstellung des Tierkreises aus dem ersten Jahrhundert vor Christus auf einem Tempelrelief in Dendera (ca. 55 km nördlich von Luxor am linken Ufer des Nil in Ägypten), die zweite eine Darstellung der Sternbilder des Südhimmels aus dem Jahr 1661: Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 12 Tempelrelief in Dendera (Ägypten, ca. 100 Jahre vor Christus)6 Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 13 Darstellung der Sternbilder des Südhimmels von 1661 7 Wenn man sich neben diesen sehr bildhaften Darstellungen den tatsächlichen Sternhimmel anschaut, kann man sich eigentlich nur wundern, wie man darin Löwen, Jungfrauen, Zwillinge usw. sehen kann. Wahrscheinlich käme niemand von uns auf die Idee, aus einer Handvoll Sterne, wie sie auf dem Foto unten abgebildet sind, die eingezeichneten Linien zu entdecken (man hätte auch ganz andere Sterne miteinander verbinden können) — und selbst nach dem Einzeichnen der Linien erfordert es noch ein erhebliches Maß an Fantasie, darin eine „Jungfrau” erkennen zu wollen — es könnte genauso gut etwas völlig anderes sein:8 Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 14 Viel schwerer aber wiegt das Argument, dass die Sterne der Tierkreiszeichen gar nichts miteinander zu tun haben, denn es sieht von unserem Blickwinkel auf der Erde nur so aus, als gehörten sie zusammen! In Wirklichkeit wurden dabei Sterne miteinander verbunden, zwischen denen riesige Abstände klaffen, die astronomisch gesehen zu unterschiedlichen Sternsystemen gehören und die sich dort auch noch jeweils in völlig unterschiedliche Richtungen bewegen. Bleiben wir beim Beispiel des Tierkreiszeichens Jungfrau und schauen uns dessen Hauptsterne an, die man willkürlich zusammengesetzt hat aus:9 Bezeichnung µ Name Deutsche Übersetzung Entfernung10 Spica Kornähre 262 Lichtjahre Zavijah Ecke des bellenden Hundes 36 Lichtjahre Minelava Der Anpreiser 202 Lichtjahre Vindemiatrix Weinleserin 102 Lichtjahre Khambalia -- 187 Lichtjahre Rijl al Awwa -- 61 Lichtjahre Heze -- 73 Lichtjahre Im Tierkreiszeichen „Jungfrau” liegen die Hauptsterne „nur” maximal 226 Lichtjahre voneinander entfernt. Dies ist dennoch eine große Entfernung (etwa 2.138.140.800.000.000 Kilometer) aber gemessen an der Größe des bekannten bzw. beobachtbaren Universums immer noch relativ nah beieinander. Im Tierkreiszeichen Löwe beispielsweise beträgt die Differenz des nächsten zum fernsten Hauptstern schon fast 2.000 Lichtjahre! Manche Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 15 Sterne oder Sternhaufen sind sogar Milliarden von Lichtjahren entfernt, sie sind aber so groß und leuchten so hell, dass man sie dennoch sieht. Seltsamerweise sollen diese aber nicht zu den astrologisch wirksamen Sternen gehören, die sich allesamt in unserer Galaxie befinden sollen... Dies führt zu einer weiteren interessanten Überlegung: Wenn wir hier und jetzt einen Stern sehen, der z.B. 50.000 Lichtjahre entfernt ist, hat eben dieses Licht 50.000 Jahre gebraucht, bis es hier auf der Erde eingetroffen ist und sichtbar wird — und in diesen 50.000 Jahren hat sich der Stern längst ganz woanders hin bewegt oder existiert vielleicht gar nicht mehr! In Abhängigkeit von der Entfernung der Sterne schauen wir nämlich in unterschiedliche Vergangenheiten: Nehmen wir an, der erste Stern eines Sternbilds ist 100 Lichtjahre entfernt, der zweite 5.000 Lichtjahre. Dann sehen wir also den ersten Stern so, wie er vor 100 Jahren war, dort, wo er vor 100 Jahren stand, und den zweiten so, wie er vor 5.000 Jahren war, dort, wo er vor 5.000 Jahren stand. Wir sehen also eine subjektive „Gleichzeitigkeit”, obwohl objektiv eine riesige Zeitspanne dazwischen liegt. Das bedeutet: Selbst wenn es optisch so aussieht (weil die scheinbaren Helligkeiten dieser Sterne von der Erde aus betrachtet etwa gleich stark sind), gibt es die angeblichen Tierkreiszeichen weder in ihrer räumlichen noch in ihrer zeitlichen Konstellation — mithin ist die Astrologie eine Sterndeutung ohne Sterne! Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich aus der Überlegung, wie und was denn da wirken soll: Das Licht? Elektromagnetische Strahlung? Radiowellen? Hypothetische „N-Strahlen”? Dann müsste sich die Wirkung auch mit Lichtgeschwindigkeit auf die Erde zu-„bewegen”. Oder Gravitationskräfte (wie z.B. der beim Mond nachweisliche Einfluss auf Ebbe und Flut)? Wenn das so wäre, dann hätten die Gegenstände und ihre Anordnung in unserer Wohnung einen größeren Einfluss auf unser Leben und Schicksal, als die Millionen von Lichtjahren entfernten Sterne! Die Wissenschaft bestreitet nicht die — wenn auch unmessbar geringe — Wirkung von Sternen und des Weltalls auf die Erde und das Leben auf ihr, aber vage Prognosen und Auswirkungen auf das menschliche Schicksal sind wissenschaftlich absolut nicht nachvollziehbar, wie folgendes Gedankenexperiment zeigt: Die gesamte Strahlungsleistung (Radiowellen, Infrarot-, Licht-, UV-, Röntgen- und Gammastrahlung) von Sirius, dem am hellsten erscheinenden Fixstern, ist pro Quadratmeter Erdoberfläche so gering, dass es 20.000 Jahre benötigen würde, einen Fingerhut voll Wasser, auf einen Quadratmeter verteilt, um ein Grad Celsius zu erwärmen (vorausgesetzt, es wäre möglich, das Wasser vor dem Verdunsten zu schützen und vor allen anderen äußeren Einflüssen fern zu halten). Dies ist die wissenschaftlich nachweisbare Wirkung. Damit erscheint es unmöglich, sich vorzustellen, dass Sirius ernsthaft das Weltgeschehen oder das eigene Leben und Schicksal beeinflussen könnte! Einige Astrologen sagen daher sinngemäß: „Die Sterne selbst bewirken nichts, sie zeigen nur an”. Was nützt es dann, sich damit zu beschäftigen? Und wie sollen feststehende bzw. sich nach festen Regeln bewegende Sterne menschliche Entscheidungen, die aus freiem Willen getroffen werden (und damit unendlich viele Möglichkeiten beinhalten), „anzeigen”? Die Praxis sieht nämlich ganz anders aus: Hier bleibt man bei der — wie auch immer gearteten — Wirkung von Planeten und Sternen auf das Schicksal der Welt und Menschen — anders würde Astrologie (und die Geschäftemacherei drumherum) gar keinen Sinn machen! Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 16 Immer wieder wird von Astrologie-Gläubigen das Argument genannt, dass ja Sonne und Mond nachweisbare Auswirkungen hätten. Das liegt daran, dass sie — im Gegensatz zu den Sternen und anderen Planeten — groß bzw. nah genug sind, um mess- und nachweisbare Auswirkungen zu zeigen wie z.B. Gezeiten (Ebbe und Flut), Elektronenströme (Störungen im Funkverkehr) und Veränderungen der Erdatmosphäre / des Erdmagnetfeldes; Auswirkungen auf biologische Prozesse (Bildung von Blutkörperchen, Zellwachstum u.a.), und dies bestreitet auch kein Naturwissenschaftler. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass sie die freie Willensentscheidung eines Menschen oder sein „Schicksal” beeinflussen oder seine Zukunft bestimmen können! Dem Astrologie-Hörigen jedenfalls bleibt nur der (Aber-) Glaube an irgendetwas „Magisches”, an „Schicksalsstrahlen”, oder der altertümliche Vielgötterglaube, aus dem die Astrologie entstanden ist. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 17 3.3. Tierkreiszeichen und ihre zugeschriebenen Eigenschaften / Wirkungen Die Babylonier erfanden um ca. 700 vor Christus die 360-Grad-Einteilung des Tierkreises, entsprechen einem Grad für jeden Tag (man rechnete damals 1 Jahr zu 360 Tagen und fügte an entsprechenden Stellen „Schaltmonate” ein). Sie teilten diesen Kreis in 12 gleich große Sektoren ein und benannten jeden Sektor nach dem sichtbaren Sternbild, das den größten Teil davon einnahm (immer von der Erde aus betrachtet). Wie bei den Planeten, bei denen die zugedachten Eigenschaften und Wirkungen vom Namen des jeweiligen Gottes abhingen, sprach man den Tierkreis-Sternbildern ihre Eigenschaften und Wirkungen entsprechend ihres Namens zu. So sollen z.B. Löwe-Geborene in ihrem Sinn auf Kampf ausgerichtet, jähzornig aber auch leicht wieder versöhnlich sein, ein einfaches und reines Gemüt haben, leidenschaftliche Jäger und siegreiche Naturen sein.11 Die heute gültigen Tierkreiszeichen und Sternbilder gibt es etwa seit dem 8. Jahrhundert nach Christus. Hier muss noch einmal gesagt werden, dass die Tierkreiszeichen nur durch menschliche Fantasie an den Himmel projizierte Objekte sind — eine wirklichen Krebs, Steinbock oder Wassermann gibt es dort nicht. Umso erstaunlicher ist es, dass diese fiktiven Sternbilder genau eine ihrem (willkürlich gegebenen!) Namen entsprechende Wirkung haben sollen. Nun hatten die verschiedenen Völker völlig unterschiedliche Bezeichnungen für die jeweiligen Tierkreiszeichen: So sahen z.B. die Babylonier im Tierkreiszeichen „Jungfrau” eine „Ähre”, die Ägypter einen „Löwen” und die Chinesen eine „Schlange”. Damit mussten aber auch die zugeordneten Eigenschaften und die Deutung der Konstellationen ganz unterschiedlich ausfallen! Auch hier wird deutlich, wie unglaubwürdig die Grundlagen der Astrologie sind: Heutige Bezeichnung Altbabylonische Bezeichnung Neubabylonische Bezeichnung Ägyptische Bezeichnung Chinesische Bezeichnung Widder A Tagelöhner Kater Hund Stier B Himmelstier Hund Hahn Zwillinge C Große / kleine Zwillinge Schlange Affe Krebs D -- Käfer Schaf Löwe E Esel Pferd Jungfrau F Löwe Schlange Waage G Waage Bock Drache Skorpion H Skorpion Stier Hase Schütze I -- Sperber Tiger Steinbock J Ziegenfisch Affe Stier Ibis Ratte Krokodil Schwein Wassermann K Fische L Hund Löwe Ähre Joch Öllampe Wassermann Fische Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 18 Außerdem assoziert man mit jedem Tierkreiszeichen ein Geschlecht bzw. eine Polarität, eine Konstitution, ein Element und einen Planeten („Herrscher”), der seine Eigenschaften auf das Sternbild übertragen soll. Wie die folgende Tabelle zeigt, ist man hierbei völlig losgelöst von jeglicher Logik oder Wissenschaft nach einem simplen Schema vorgegangen und hat die jeweiligen Eigenschaften einfach abwechselnd eingetragen: Tierkreiszeichen Polarität Konstitution Element GePlanet („Herrscher”) schlecht* Widder A + (Yang) kardinal / aktiv Feuer Mars U männlich Stier B — (Yin) fix / passiv Erde Venus T weiblich Zwillinge C + (Yang) variabel / reaktiv Luft Merkur S männlich Krebs D — (Yin) kardinal / aktiv Wasser Mond R neutral Löwe E + (Yang) fix / passiv Feuer Sonne Q weiblich Jungfrau F — (Yin) variabel / reaktiv Erde Merkur S neutral Waage G + (Yang) kardinal / aktiv Luft Venus T weiblich Skorpion H — (Yin) fix / passiv Wasser Pluto** Z männlich Schütze I + (Yang) variabel / reaktiv Feuer Jupiter Steinbock J — (Yin) kardinal / aktiv Erde + (Yang) fix / passiv Luft — (Yin) variabel / reaktiv Wasser Wassermann K Fische L V Saturn W Uranus X Neptun*** Y neutral männlich neutral weiblich *) In der Zuordnung sind sich die astrologischen Systeme nicht immer einig, so gibt es z.B. jeweils ab 12 wechselnde Deutung männlich / weiblich. **) Als Pluto noch nicht bekannt war: Mars ***) Als Neptun noch nicht bekannt war: Jupiter Wenn man sich das genauer anschaut, drängen sich folgende Fragen auf: • Warum soll der Krebs — Symbol der Unbeständigkeit mit dem Motto „ein Schritt vor und zwei zurück” — ein kardinales (Haupt-) Sternbild sein? • Warum wird dem Wassermann wird als Element „Luft” zugeordnet? • Warum soll der Löwe weiblich und passiv sein? • Warum ist der Merkur einmal männlich, einmal neutral? Außerdem fällt auf, dass abgesehen vom „Geschlecht” (bei dem sich die Deutung in den letzten Jahrzehnten geändert hat, siehe Anmerkung *) alle Eigenschaften in hübscher Reihenfolge abwechselnd vergeben wurden — dies kann wohl kaum auf „jahrtausendelanger Erfahrung” beruhen! Damit wird deutlich, dass es sich hierbei nicht um ernst zu nehmende Deutungsrichtlinien handeln kann, sondern um esoterischen Firlefanz. Wie im Kapitel 4.1 genauer beschrieben wird, soll das Tierkreiszeichen, in dem man geboren ist, den Hauptcharakter und das wesentliche Schicksal des Menschen bestimmen. Die angeblichen Eigenschaften und Wirkungen der heute gültigen Tierkreiszeichen sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst: Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 19 Tierkreiszeichen Haupt-Eigenschaften und -Attribute der in diesem Tierkreiszeichen Geborenen* Motto Widder A Initiative, Aktivität, Unternehmungsgeist, Selbstbewusstsein, Selbstsicherheit, Lebenskraft, Mut, Starrköpfigkeit, Aggressivität, Eigensinn, Nachdruck „Ich bin” Stier B Besitztümer, Besitzergreifung, Entschlossenheit, Praxisbezogenheit, Ausdauer, Beharrlichkeit, Gelassenheit, Sturheit, Verschwendungssucht „Ich habe” Zwillinge C Geistigkeit, Beweglichkeit, Nonkonformismus, (Rede-) Gewandtheit, Unstetheit, Vielseitigkeit, Dualität „Ich denke” Krebs D Häuslichkeit, Heim und Familie, Einsamkeit, Empfindsamkeit, Launenhaftigkeit, Diplomatie, Treue, Beschützerrolle „Ich fühle” Löwe E Vitalität, Autorität, Macht, Selbstvertrauen, Ichbezogenheit, Selbstdarstellungsdrang, Stolz, Kreativität „Ich will” Jungfrau F Analyse, Arbeitsliebe, Ordnungssinn, Sorgfalt, Pedanterie, Tüchtigkeit, Nüchternheit „Ich analysiere” Waage G Harmonie, Kameradschaft, Gleichgewicht, Ausgewogenheit, Friedensliebe, Gerechtigkeitssinn, Diplomatie, Anziehungskraft, Idealismus, ästhetisches Empfinden „Ich gleiche aus” Skorpion H Regeneration, Findigkeit, Verschwiegenheit, Listigkeit, Durchhaltevermögen, Intensität, Leidenschaft, Sexualität „Ich begehre” Schütze I Ehrgeiz, Freiheitsliebe, Forscherdrang, Großmütigkeit, Verantwortung, Offenheit, Optimismus, Philosophie, Vielseitigkeit „Ich sehe” Steinbock J Reglementierung, Ehrgeiz, Ausdauer, Beharrlichkeit, Vernunft, Sicherheit, Berechnung, Stabilität, Disziplin „Ich gebrauche” Wassermann K Fische L Unabhängigkeit, Originalität, Intuition, Freundschaft, Menschlichkeit, Entschlossenheit, Intellektualität, Idealismus „Ich weiß” Mitgefühl, Sensibilität, Universalität, Bequemlichkeit, Stimmungsschwankungen, Beeindruckbarkeit, Verträumtheit, Devotion, Aufopferung „Ich glaube” *) Viele Definitionen wie z.B. „Entschlossenheit, Durchhaltevermögen, Ehrgeiz, Harmoniebedürfnis, Liebenswertheit...” findet man in leicht abgewandelten Formulierungen in den Beschreibungen für jedes Sternbild, d.h. es ist immer so formuliert, dass es für den allergrößten Teil der Menschen zutrifft — egal, ob sie diesem Sternbild nun angehören oder nicht. Damit ist eine Abgrenzung in Kürze schwierig, d.h. die obige Tabelle ist natürlich nicht vollständig. Allerdings: Je mehr man ausformuliert, desto „schwammiger” wird es, und dann treten die Unterschiede nicht mehr so deutlich hervor. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 20 3.4. Astronomische Sternbilder und astrologische Tierkreiszeichen In der Zeit vor und um Christi Geburt stimmten die Sternbilder des Tierkreises noch mit den tatsächlichen gleichnamigen Tierkreiszeichen überein. Heute hat sich der Tierkreis zum gleichen Zeitpunkt (z.B. Frühlingsanfang) um etwa 30 Grad verschoben. Der Grund dafür ist die Präzession, eine Kreiselbewegung der Erdachse, hervorgerufen durch die Gravitationskräfte von Sonne und Mond. Dies hatte bereits der griechische Astronom Hipparch im Jahre 140 vor Christus entdeckt. Die Präzession bewirkt, dass sich alle 25.850 Jahre die Erdachse wie ein Kreisel um 360 Grad dreht und dabei unterschiedliche Winkel zur Ekliptik einnimmt, wie die folgende Skizze zeigt:13 Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 21 Damit verändern sich auch die Winkel zu allen Sternbildern und Fixsternen: So wird beispielsweise der Polarstern — die nördliche „Verlängerung” der Erdachse — in etwa 14.000 Jahren nicht mehr unser heutiger Polarstern im Kleinen Bär sein, sondern die Erdachse wird dann auf Wega in der Leier zeigen. Entsprechend verschieben sich auch alle Sternzeichen. Das bedeutet, dass das wirkliche Sternbild heute um rund einen Monat vom astrologischen Tierkreiszeichen, das vor rund 2.000 Jahren definiert wurde, abweicht: Sternbild Tierkreiszeichen Größe / Bildwinkel astronomisch = tatsächlich astrologisch = fiktiv Widder Widder A 24,7 Grad 19.04. - 14.05. 21.03. - 20.04. Stier Stier B 36,7 Grad 14.05. - 21.06. 21.04. - 20.05. Zwillinge Zwillinge C 27,9 Grad 21.06. - 20.07. 21.05. - 21.06. Krebs Krebs D 20,1 Grad 20.07. - 11.08. 22.06. - 22.07. Löwe Löwe E 35,7 Grad 11.08. - 17.09. 23.07. - 23.08, Jungfrau Jungfrau F 44,1 Grad 17.09. - 31.10. 24.08. - 23.09. Waage Waage G 23,0 Grad 31.10. - 23.11. 24.09. - 23.10. Skorpion H 6,7 Grad 23.11. - 30.11. 18,6 Grad 30.11. - 18.12. Schütze Schütze I 33,4 Grad 18.12. - 20.01. 23.11. - 21.12. Steinbock Steinbock J 27,9 Grad 20.01. - 16.02. 22.12. - 20.01. Wassermann Wassermann K 24,0 Grad 16.02. - 12.03. 21.01. - 19.02. Fische Fische L 37,2 Grad 12.03. - 19.04. 20.02. - 20.03. Skorpion Schlangenträger 24.10. - 22.11. Diese Tabelle offenbart noch weitere Fehler: Die Astrologie arbeitet grundsätzlich mit zwölf gleich großen Abschnitten der Ekliptik und nicht mit den tatsächlich am Himmel stehenden (dreizehn!) astronomischen Fixsternbildern, die unterschiedlich groß sind bzw. einen unterschiedlich großen Bildwinkel einnehmen. Dennoch bestehen die Astrologen auf einer Deutung nach den fiktiven Tierkreiszeichen, es ist ihnen egal, dass es dreizehn Sternbilder gibt, es spielt auch keine Rolle, dass das Sternbild „Krebs” nicht einmal halb so groß ist wie die „Jungfrau” — dies müsste nicht nur Auswirkungen auf die zeitliche Festlegung der Tierkreiszeichen14 haben, sondern auch auf die Verweildauer der an den Sternbildern vorbeiziehenden Planeten, die astrologisch gedeutet werden! Nicht die tatsächliche Sternenkonstellation ist also entscheidend, sondern bloß das „Prinzip”, die „Kraftentfaltung” oder Ähnliches, die sich aus dem Namen des Tierkreiszeichens ergibt. Auch das ist nicht nur komplette Willkür und Namensfetischismus (basierend auf dem alten Aberglauben „Tierkreiszeichen = Götter”), sondern insbesondere eine Sterndeutung ohne Sterne! Übrigens rechnen nur europäische und amerikanische Astrologen nach diesem falschen System. Die Astrologen des Orients (z.B. in Indien) orientieren sich am so genannten „Tropischen Tierkreis”, der den Fixsternen und tatsächlichen Sternbildern der Ekliptik entspricht. Was das für die daraus resultierenden Horoskope bedeutet, kann man sich leicht vorstellen... Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 22 Es gibt noch weitere Ungereimtheiten in der Astrologie: Auch ohne die oben beschriebenen Effekte der Präzession und der Verschiebung der tatsächlichen Sternbilder müsste man außerdem berücksichtigen, dass sich unsere Erde mitsamt unserem Sonnensystem mit einer Geschwindigkeit von rund 70.000 Stundenkilometern in Richtung Herkules bewegt und die Sterngruppe, zu der unser Sonnensystem gehört, sich insgesamt mit einer Geschwindigkeit von etwa 900.000 Stundenkilometern um das Zentrum unserer Milchstraße dreht. Das bedeutet: Keine Konstellation ist von Dauer und keine Konstellation kehrt wieder. Die Astrologen müssten also ihre Tierkreiszeichen und sämtliche Deutungen ständig oder zumindest alle paar Jahrzehnte anpassen — dies tun sie aber nicht, sondern berufen sich auf ihr „Jahrtausende altes Wissen”. Wie die Astronomie gezeigt hat, ist daraus aber inzwischen ein Jahrtausende alter Irrtum geworden. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 23 4. Berechnungselemente von Horoskopen 4.1. Geburtshoroskop Unter Astrologie-„Kennern” sind bekanntlich „Zeitungshoroskope” verpönt; sie würden alle in einem Zeitraum von drei bis vier Wochen Geborenen über einen Kamm scheren und könnten kaum genaue Aussagen zum Schicksal eines einzelnen Menschen machen. Je genauer man die Geburtsminute kennt, desto genauer kann ein persönliches Horoskop erstellt werden, meinen die Astrologen. Entscheidend für den Hauptcharakter und das Lebensschicksal eines Menschen sollen die „N-Strahlen” (was auch immer das sein mag) der astrologisch wirksamen Sterne und Planeten bei der Geburt, d.h. genau im Moment der Abnabelung (nach einigen Astrologen auch der „erste Schrei” / das Öffnen der Lungen) sein; dann sollen sie den stärksten Einfluss ausüben, d.h. das „Geburtshoroskop” entscheidet alles. Für die Erstellung eines persönlichen Horoskops wird also dieser Augenblick möglichst minutengenau benötigt. Außerdem benötigt man den Geburtsort (Längen- und Breitengrad), da die Stellung der Gestirne an jedem Ort auf der Erde anders erscheint. All das erscheint in höchstem Maße als absurd: Warum soll ausgerechnet der Moment der Abnabelung entscheidend sein? Das würde bedeuten, dass die Sterne und deren Konstellation bei der Zeugung, beim Wachstum und nach der Geburt praktisch keine Rolle spielten (falls sie überhaupt eine nennenswerte Auswirkung haben sollten). Die Erbanlagen, die Sozialisation, die Erziehung usw. sollen tatsächlich weniger wirksam und entscheindend sein, als ein paar (fiktive) „Schicksalsstrahlen” von ausgewählten „Schicksalssternen” in der Geburtsminute? Das klingt im wahrsten Sinne des Wortes unglaublich. Was ist, wenn Berge, Häuser, die Raumbeschaffenheit diese „Schicksalsstrahlen” beeinflussen? Da sich diese „Schicksalsstrahlen” offenbar ähnlich verhalten wie Licht oder elektromagnetische Strahlung (siehe Kapitel 3.2 — die ganze Sache funktioniert nämlich nur, wenn sich auch die „Schicksalsstrahlen” nicht einfach unendlich schnell sondern nur mit Lichtgeschwindigkeit zu uns hinbewegen!), wäre es nur logisch, wenn sie, wie andere Strahlung auch, durch Berge, Wände usw. gedämpft bzw. verändert würden (allerdings wird man das wissenschaftlich — so wie auch die „Strahlen” selbst — nie nachweisen können). Da das Horoskop aber die Umgebungsparameter gänzlich unbeachtet lässt, müsste die „Schicksalsstrahlung” völlig „immun” gegen alle Umwelt- und Umgebungseinflüsse sein, und das ist kaum vorstellbar. Insbesondere würde das bedeuten, dass man durch Einleiten oder Verzögern der Geburt bzw. der Abnabelung das gesamte spätere Leben des Kindes verändern könnte und würde. Welche Eltern möchten eine solche Verantwortung tragen? Müsste man dann nicht alle Eltern vor der Geburt dazu verdonnern, für jede in Frage kommende Minute an jedem in Frage kommenden Tag für jeden in Frage kommenden Ort ein Horoskop erstellen zu lassen, um dann das Kind in der Minute und an dem Ort zur Welt kommen lassen zu können, in der es die rosigste Zukunft zu erwarten hätte? Umgekehrt würde das aber auch bedeuten, dass man aufgrund des Charakters und des Schicksals eines Menschen eindeutige Rückschlüsse auf sein Geburtshoroskop ziehen können müsste (d.h. Geburtsminute und -Ort) — aber das funktioniert nicht. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 24 Einige Astrologen meinen nun, dass es nicht der Einfluss der Sterne und Planeten ist, der den Menschen bei seiner Geburt „prägt”, sondern dass jeder Mensch mit seinem persönlichen Charakter genau zu dem Zeitpunkt geboren wird, an dem die zu ihm passenden Planetenkonstellation herrscht. Was ändert das? Wenig, denn letztlich hängen dann Geburt und Schicksal doch allein von der Stellung der Gestirne ab — und diese müssten irgendeine Art von Einfluss ausüben, damit dieser Mensch genau dann geboren wird... Nach Untersuchungen des französischen Astrologen Choisnard haben je 172 Menschen exakt das gleiche Geburtshoroskop15 — d.h. es hätte mehr Bachs, Einsteins, Luthers, Napoleons usw. geben müssen. Zusammenfassend muss man sagen, dass auch die Grundlagen und notwendigen Annahmen des Geburtshoroskops vollkommen unglaubwürdig sind. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 25 4.2. Aszendent / Deszendent / MC / IC / Mondknoten Zum Geburtshoroskop gehört auch die Bestimmung des Aszendenten: Dies ist das im Osten aufgehende Tierkreiszeichen zum Zeitpunkt der Geburt. Während das Haupt-Tierkreiszeichen (in dem die Sonne zum Zeitpunkt der Geburt stand) für den Grundcharakter und das Grundschicksal des Menschen verantwortlich sein soll, soll der Aszendent für die nach außen sichtbare Gestaltung des Menschen, seines Charakters und Schicksals verantwortlich sein. Es heißt, man zeige die Eigenschaften des Aszendenten-Zeichens. So soll beispielsweise ein Widder-Aszendent spontan und tatkräftig auf die Umwelt zugehen, ein Zwillinge-Aszendent sich informieren und ein Steinbock-Aszendent nach einem Plan vorgehen. Dies soll auch umgekehrt wirken, d.h. der Betreffende soll seine Umwelt aus der Sicht (mit den Eigenschaften) seines Aszendenten wahrnehmen. So soll z.B. ein WidderAszendent eher die Herausforderungen sehen, ein Zwillinge-Aszendent die neuen und interessanten Dinge und ein Steinbock-Aszendent die Verantwortung. Auch das entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage oder Überprüfung. Außerdem leuchtet es absolut nicht ein, warum ein Tierkreiszeichen, das im Osten aufgeht, einen derartigen Einfluss ausüben soll (der dann — ausgehend von dem Moment der Geburt — ein Leben lang anhalten soll): Eigentlich müsste der Gestirnseinfluss (so es ihn denn geben sollte) am größten sein, wenn das Tierkreiszeichen am höchsten, also senkrecht steht (die Sonne wärmt ja auch am stärksten, wenn sie mittags am höchsten steht und nicht frühmorgens bei Sonnenaufgang, wenn sie im Osten aufgeht). Aber diese Überlegungen interessieren Astrologen nicht; sie halten an ihren zweifelhaften Deutungsmethoden fest. Angeblich hat der Aszendent auch einen Gegenspieler, den Deszendenten. Für jedes Tierkreiszeichen, das im Osten aufsteigt, geht das gegenüberliegende Tierkreiszeichen im Westen unter. Dieses Zeichen wird Deszendent genannt und soll die Mitmenschen und insbesondere den Partner symbolisieren. Der höchste Punkt im Tierkreis (Schnittpunkt der Ekliptik mit dem Meridian) wird als MC (Medium Coeli oder Himmelsmitte) bezeichnet. Er soll für berufliche und gesellschaftliche Ziele stehen. Sein Gegenüber, der tiefste Punkt im Horoskop, ist das IC (Imum Coeli oder Himmelstiefe. Ihm werden Elternhaus und emotionale Wurzeln zugeordnet. Die Mondknoten-Achse ist kein eigentlicher Himmelskörper, sondern entspricht astronomisch der Schnittgeraden der von Sonne und Erde gebildeten Ebene und der von Erde und Mond gebildeten Ebene. Dies wird so gedeutet, dass der absteigende Mondknoten ein Thema aufzeigt, das dem Horoskopeigner so vertraut ist, dass er fast zwanghaft daran klebt. Der aufsteigende Mondknoten auf der anderen Seite soll den Gegenpol darstellen, dessen Qualitäten zu entwickeln seine Aufgabe ist. Die Mondknotenachse soll somit eine innere Instanz symbolisieren, die dauernd zu Wachstum auffordert. All das klingt nach reiner Willkür und ist, wie Astrologen selbst zugeben, wissenschaftlich überhaupt nicht nachvollziehbar. Ein weiteres Gegenargument: Astrologen gehen in ihren Berechnungen nach dem mathematischen Horizont, nicht nach dem geografischen (also dem tatsächlichen)... Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 26 4.3. Häuser (Felder) Ein weiterer Baustein eines Geburtshoroskops ist das Häusersystem, das im alten Babylon noch unbekannt war und erst in Alexandrien entwickelt wurde. Es handelt sich um eine weitere Einteilung des Horoskopkreises in zwölf Bereiche: Der Halbkreis über dem Horizont wird in sechs Bereiche = „Häuser” unterteilt, die je nach Jahreszeit, Tageszeit und geografischer Breite unterschiedlich groß sind, analog dazu der Halbkreis unter dem Horizont. Diese zwölf Bereiche habe nichts mit den zwölf Tierkreiszeichen zu tun, sondern sind zwölf ans Himmelsgewölbe projizierte gedachte Felder, beginnend mit dem ersten Feld als Spitze des Aszendenten, der am östlichen Horizont liegt. Damit ergibt sich für jeden Ort der Erde und jede Zeit ein jeweils spezifisches Häusersystem. Jedes Haus soll einem bestimmten Lebensbereich entsprechen. Außerdem soll es Verwandtschaften zwischen Häusern, Tierkreiszeichen und Planeten geben: Haus Lebensbereich verwandtes Zeichen verwandter Planet Erstes Haus Persönlichkeit, Gesundheit, Erscheinung, äußeres Verhalten, Lebensgefühl Widder Mars Zweites Haus Selbstwert, Erwerb, Besitz und die Einstellung dazu, weltliche Ressourcen Stier Venus Drittes Haus Kommunikation, Denken, Lernen, Schreiben, Bildung, kurze Reisen Zwillinge Merkur Viertes Haus Heim, Herkunft, Familie, Eltern, Sicherheit, emotionale Wurzeln Krebs Mond Fünftes Haus Kreativität, Vergnügen, Kinder, Spekulation, Liebesaffairen, oberflächliche Beziehungen, Haustiere Löwe Sonne Sechstes Haus Alltag, Arbeit, Beschäftigung, Dienst am Nächsten, Gesundheit Jungfrau Merkur Siebtes Haus Beziehungen, Partnerschaft, Heirat, Verträge, offene Feinde Waage Venus Achtes Haus Tod, Grenzerfahrungen, Okkultes, Erbschaft, Geschäft, Verbrechen, Sexualität Skorpion Pluto Neuntes Haus Studium, Philosophie, höhere Bildung, Weltanschauung, ferne Länder, Moral Schütze Jupiter Zehntes Haus Beruf, gesellschaftliche Position, Ehren, Status, Wünsche, Vater, Verantwortung Steinbock Saturn Elftes Haus Freundschaft, Weltbürgertum, gesellschaftliches Leben, Hoffnungen, Ziele, intellektuelle Vergnügungen Wassermann Uranus Zwölftes Haus Anonymität, Überpersönliches, Hindernisse, Schicksal, Selbstaufopferung, Absonderung, Beschränkung, verborgene Feinde Fische Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Neptun Seite 27 Im Geburtshoroskop schaut man also nicht nur, welche Planeten (inkl. Sonne und Mond) in welchen Tierkreiszeichen stehen, sondern auch in welchen Häusern sie stehen. Entsprechend erhöhen sich die Deutungsmöglichkeiten drastisch. Insbesondere will man so die Bezüge zu allen konkreten Lebensbereichen erhalten und diese deuten. Auch hierzu ist zu sagen, dass diese „Häuser” völlig willkürlich an den Himmel projizierte fiktive Bereiche sind. Auch hier zeigt sich wieder, dass Astrologie eine Sterndeutung ohne Sterne ist! Ebenso ist die Zuordnung zu Lebensbereichen vollkommen willkürlich und entbehrt jeder logischen oder wissenschaftlichen Grundlage. Außerdem: Warum soll es genau zwölf Lebensbereiche geben? Man könnte auch 13, 10 oder 20 definieren! So etwas findet sich weder in der wissenschaftlichen Psychologie noch sonstwo wieder. Die Willkür zeigt sich auch daran, dass es verschiedene Häusersysteme gibt, z.B. nach Placidus (das am häufigsten verwendete), nach Monteregius, nach Grimm / Flambart und nach Koch. Außerdem ist man sich uneins, ob die „Wirkung” der Häuser am stärksten sein soll an deren Anfang („Spitze”) oder in deren Mitte... auch diese Differenzen unter Astrologen tragen nicht zu höherer Glaubwürdigkeit bei. Mit den Häusern ist jedenfalls das Auswertungs- und Deutungsgerüst der Astrologie nahezu komplett. Zusammenfassend kann man bisher sagen: • Tierkreiszeichen beschreiben Charaktereigenschaften wie mutig, stolz, einfühlsam, diplomatisch usw. • Planeten stehen für Teilaspekte der menschlichen Persönlichkeit wie Wille, Gefühle, Verstand usw. • Häuser entsprechen Lebensbereichen wie Beruf, Beziehung, Vergnügen usw. — so jedenfalls sehen das die Astrologen. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 28 4.4. Aspekte und ihre Bedeutung Unter Aspekten versteht man den Winkel der Planeten zueinander bzw. zu den Tierkreiszeichen (von der Erde vom Geburtsort zum Zeitpunkt der Geburt gesehen). Der Begriff kommt vom lateinischen „aspicere” = „ansehen”. Gemeint war, wie die Götter den Menschen ansehen (erinnern wir uns: Alle Planeten sind angeblich Götter): Böse oder gut, und ob diese Blicke fördernd oder behindernd sein sollen. Als besonders „günstig und harmonisch” gelten Winkel von 60 Grad („Sextil”) und 120 Grad („Trigon”), als „ungünstig und disharmonisch” gelten Winkel von 90 Grad („Quadrat”) und 180 Grad („Opposition”). Ein Winkel von 0 Grad („Konjunktion”) soll die jeweils guten und schlechten Eigenschaften der betreffenden Gestirne verstärken. Im Allgemeinen geht man bei der Interpretation außerdem davon aus, dass der langsamere Planet den schnelleren beeinflusst. Aspekte Winkel Deutung Art 0 Grad Einheit / Verstärkung stark Opposition ! " 180 Grad Spannung stark Quadrat # 90 Grad Spannung stark Trigon $ ' % & ( ) 120 Grad Harmonie stark 60 Grad Harmonie stark 30 Grad Aufgabe schwach 150 Grad Sehnsucht schwach 45 Grad leichte Spannung schwach 135 Grad leichte Spannung schwach Konjunktion Sextil Halbsextil Quinkunx Halbquadrat Anderthalbquadrat Einige Astrologen erweitern dieses System noch um die Auswertung von 72-Grad-Winkeln („Quintil”) und 144-Grad-Winkeln („Biquintil”). Hierfür gibt es aber keine allgemeinen Regeln, so dass diese Deutungen eher nach Willkür aussehen. Ebenfalls uneinig ist man sich bei der Toleranz dieser Werte: Ist z.B. ein Winkel von 63 Grad noch ein „Sextil” oder nicht? Wie weit soll der beschriebene Einfluss reichen? Hier gibt es Abweichungen unter den Astrologen und in astrologischen Lehrbüchern. In einem ist man sich jedoch einig: Je genauer ein Aspekt an die „glatten” Werte 0 Grad, 60 Grad, 90 Grad, 120 Grad, 180 Grad herankommt, desto eindeutiger soll der entsprechende negative oder positive Einfluss sein. Besonders wichtig soll die Stellung der Planeten (inkl. Sonne und Mond) in Relation zu den Tierkreiszeichen sein. In der astrologischen Symbolsprache wird das Sonnensystem mit der Persönlichkeit eines Menschen gleichgesetzt. Jeder Planet entspricht einer „Teilpersönlichkeit”, z.B. die Sonne dem Willen, der Mond den Gefühlen usw. Die Planeten stehen in Tierkreiszeichen, die ihrerseits einer Palette menschlicher Eigenschaften entsprechen. Also übersetzt man Planeten in bestimmten Tierkreiszeichen als Teilpersönlichkeiten mit bestimmten Eigenschaften. Wenn die Sonne die Teilpersönlichkeit „Wille” symbolisiert, dann soll das Tierkreiszeichen, in dem sie steht, die Eigenschaften des Willens angeben, z.B. mutig, hartnäckig, flexibel usw. Auch wenn es noch so sehr an den Haaren herbeigezogen scheint: Die Aspekte sind der Teil des Geburtshoroskops, aus dem Astrologen die meisten Folgerungen ziehen. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 29 Übrigens: Wenn man alle bisher beschriebenen (und noch nicht vollständigen!) Elemente eines Horoskops berücksichtigt, erhält man eine Anzahl von astrologischen Kombinationsmöglichkeiten, die jenseits aller Vorstellungskraft liegt, nämlich 539.370.550 x 1060 (zum Vergleich: Dies ist etwa die Anzahl von Atomen in unserem gesamten Sonnensystem). Das bedeutet, dass es niemals gelingen kann, für alle Kombinationen eine passende Deutung zu erarbeiten, geschweige denn, sie durch Erfahrungswerte abzusichern! Es bedeutet aber auch, dass sich die Astrologen damit alle Türen offen halten können, jede denkbare Deutung aus dem Ärmel zu zaubern, die ihnen für ihren Klienten angemessen erscheint (siehe auch Kapitel 5). Und es bedeutet auch, dass unterschiedliche Astrologen aus demselben Horoskopbild (siehe Kapitel 4.5) völlig unterschiedliche Deutungen „ablesen” — mit anderen Worten: Es ist nicht möglich, aus der Sternkonstellation auch nur eine sichere und verlässliche Deutung abzuleiten! Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 30 4.5. Horoskopbild Ein Horoskopbild ist ein Diagramm der Gestirne, wie sie zum Zeitpunkt der Geburt vom Geburtsort auf der Erde aus gesehen am Himmel stehen. Die Erde, symbolisiert durch einen kleinen Kreis, befindet sich im Mittelpunkt des Schemas und alles andere dreht sich scheinbar um sie (auch hier erkennt man wieder, wo die Astrologie ursprünglich herkommt und mit welch wissenschaftlich falschen Voraussetzungen sie arbeitet, z.B. Nichtberücksichtigung der astronomischen Sternbilder sondern fiktiver Tierkreiszeichen, Nichtberücksichtigung des geographischen Horizonts, ...). Der äußere Kreis soll die scheinbare Bahn der Sonne um die Erde darstellen. Dieser Kreis, Ekliptik genannt, ist analog zu den 12 Monaten in 12 gleich große Teile zu je 30 Grad aufgeteilt, von denen jedes Teilstück ein astrologisches Tierkreiszeichen symbolisiert. Dieses Schema wird nun wie folgt ausgefüllt: Zunächst wird das Haupt-Tierkreiszeichen bestimmt, in dem die Sonne zum Zeitpunkt der Geburt stand. Danach wird der der Aszendent / Deszendent bestimmt sowie das Medium coeli / Imum coeli. Anhand von Planetenstandstabellen wird nun die Position der Planeten innerhalb der Tierkreiszeichen eingetragen. Immerhin ist dieser Teil der Horoskoperstellung wissenschaftlich korrekt, denn hierzu werden astronomische Jahrbücher, die so genannten „Ephemeriden” herangezogen. Nun werden die zwölf Häuser bestimmt und eingezeichnet sowie fiktive „Mondknoten”, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. Spätestens hier wird der wissenschaftliche Boden verlassen. Schließlich werden noch anhand der Winkel der Planeten zueinander die Aspekte farbig eingezeichnet. Das Ganze sieht (vereinfacht) dann etwa so aus: MC – Medium coeli (Himmelsmitte) Löwe E F au r f ng Ju S Merkur Y Neptun Kr eb s Q D Sonne e ng il li Zw W 9 8 11 12 Saturn 7 6 5 1 Z Pluto 2 3 Jupiter Mond R Uranus X eL ch V Wassermann K U Fis Mars er A tz hü Wi dd Sc West (Deszendent) 4 eI Skorpion H 10 Stier B Ost (Aszendent) C Wa ag e G T Venus St ei n b oc kJ IC –Imum coeli (Himmelstiefe) Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 31 Die dann folgenden Deutungen haben mit Wissenschaft erst recht nichts mehr zu tun. Für das gezeigte Horoskop wären folgende Deutungen zu machen: Haupt-Konstellation: • • • • • Sonne in der Jungfrau (Haupttierkreiszeichen), d.h. der/die Betreffende ist „Jungfrau” Aszendent: Skorpion Deszendent: Stier Medium coeli: Jungfrau Imum coeli: Fische Planetenkonstallation in den Tierkreiszeichen: (hier werden die angeblichen Wechselwirkungen der Planeten mit den Tierkreiszeichen ausgewertet und gedeutet): • • • • • • • • • Merkur im Löwen Venus in der Jungfrau Mars im Steinbock Jupiter in den Fischen Saturn im Skorpion Uranus im Wassermann Neptun im Krebs Pluto im Skorpion Mond in den Fischen Planetenkonstallation in den Häusern: (hier werden die angeblichen Wirkungen der Planeten in den jeweiligen Häusern ausgewertet und gedeutet): • • • • • • • • • • Merkur im 9. Haus Venus im 10. Haus Mars im 2. Haus Jupiter im 4. Haus Saturn im 12. Haus Uranus im 3. Haus Neptun im 9. Haus Pluto im 1. Haus Mond im 4. Haus Sonne im 9. Haus Aspekte: (hier werden die angeblichen gegenseitigen Effekte der Planeten in Abhängigkeit vom Winkel zueinander ausgewertet und gedeutet): • • • • • • • • Venus im Halbsextil zur Sonne (29 Grad) Venus in Opposition zu Jupiter (178 Grad) Venus im Anderthalbquadrat zu Uranus (135 Grad) Venus im Sextil zu Neptun (60 Grad) Venus im Sexitl zu Pluto (61 Grad) Mars im Sextil zu Saturn (62 Grad) Mars im Sextil zum Mond (58 Grad) Jupiter im Halbquadrat zu Uranus (43 Grad) Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 32 • • • • Saturn im Trigon zum Mond (120 Grad) Neptun im Halbsextil zur Sonne (31 Grad) Neptun im Trigon zu Pluto (121 Grad) Pluto im Quadrat zur Sonne (90 Grad) Die Texte zu diesen Deutungen findet man in astrologischen Fachbüchern oder PC-Datenbanken. Dort gibt es zu jeder Kombination (Sternbild-Aszendent-usw. / Planet-Tierkreiszeichen / Planet-Haus / Aspekte) Einfluss- und Wirkungsbeschreibungen, aus denen der Astrologe sich dann ein „Gesamtbild” machen kann, aus dem er dann das Horoskop erstellt. Allerdings widersprechen sich diese Bücher oft in vielen Punkten, so dass die Deutung des ohnehin schon auf höchst „wackeligem” Boden stehende Horoskops mehr als fragwürdig sein muss. Es kommt offenbar eher auf das psychologische Feingefühl des Astrologen an, das ihm sagt, welche der vielen Deutungsmöglichkeiten er wählen muss, um einen halbwegs brauchbaren Treffer beim Klienten zu landen. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 33 4.6. Direktionen und Transite Die bisherigen Betrachtungen waren noch relativ einfach, da sie statisch waren, d.h. eine Momentaufnahme zur Geburtszeit. Nun wird es komplizierter (bzw. verwirrender bzw. noch absurder — wie man's nimmt): Man behauptet, der Stand der Gestirne in den ersten vier Lebensminuten sei maßgebend für das erste Lebensjahr, der Gestirnsstand von der fünften bis zur achten Minute für das zweite Lebensjahr, usw. Das hängt damit zusammen, dass der Himmel als Kreis in 360 Grad eingeteilt ist und sich somit das Himmelsgewölbe alle vier Minuten scheinbar um ein Grad verschiebt. Die sich daraus ergebenden Auswertungen im Horoskop nennt man Direktionen (damit meint man „Wegweiser” / „Richtungen”, in die sich das Schicksal wahrscheinlich entwickeln wird). Um ein ganzes Leben von ca. 80 Jahren prognostizieren zu können, müsste man also 80 Gestirnsstände auswerten und 80 „Einzelhoroskope” anfertigen. Als Auslöser für das tatsächliche Ereignis, was durch eine Direktion angezeigt wurde, versteht man Transite. Dies sind Übergänge der laufenden Planeten über die als feststehend gedachten Häuser des Geburtsbilds im Horoskop. Beispiel: Die „Strahlen” z.B. des Jupiters sollen einen unheilvollen Charakter annehmen, sobald dieser an eine Stelle gelangt, wo er einen Winkel von 180 Grad („Opposition”) zu dem Ort (d.h. Winkel) bildet, an dem bei der Geburt die Sonne stand. Damit müsste man annehmen, dass die Sonne bei der Geburt für diesen Menschen irgendeine geheimnisvolle Kraft oder „Strahlung” hinterließe, und dass die „Strahlen” des Jupiters plötzlich von sich aus gefährlich werden (aber nur für diesen einen Menschen), wenn sie in einen bestimmten Winkel dazu geraten. Jeder Wissenschaftler oder einigermaßen vernünftig denkende Mensch würde das als absoluten Schwachsinn bezeichnen. Die nächste Ungereimtheit: Dies ist bekanntlich abhängig vom Geburtsort. Wenn dieser Mensch umzieht (oder in Urlaub fährt), ändert sich auch die Konstellation der Sterne und Planeten und der gesamten gedachten Häuser. Was ist für die Wirkung relevant? Die Geburtskonstellation? Die neue Konstellation am neuen Ort? Eine Kombination aus beidem? Das soll an dieser Stelle genügen, um die Absurdheit solcher Annahmen festzustellen. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 34 5. „Aber irgendwie stimmt es doch!” — Was sagt die Geschichte / was sagt die Statistik? Trotz aller einleuchtenden Gegenargumente sind viele der Meinung: „Irgendwie ist doch etwas dran”, „es stimmt doch”. Meistens gründet sich diese Meinung auf einen wichtigen „Horoskop-Treffer” oder eine zutreffende Charakter- und Persönlichkeitsbeschreibung aus dem näheren Umfeld oder bei demjenigen selbst. Diese kann auch kaum ausbleiben, da man in praktisch jeder Zeitschrift und zunehmend auch in anderen Medien immer mit der Astrologie konfronitert wird und ihr kaum entfliehen kann. Stellt nun jemand einen „Treffer” fest, ergibt sich daraus oft schon ein „Glauben-Wollen”, und dann ist eine objektive Beurteilung der Astrologie nicht mehr möglich. Um die Astrologie bewerten zu können, reicht es also nicht, im eigenen Bekanntenkreis festzustellen, dass einige Charaktere gut zu den astrologisch beschriebenen passen oder dass astrologische Prognosen eingetroffen sind. Um diese Behauptungen zu belegen oder entkräften, muss eine verlässliche große Datenbasis mit statistisch abgesicherten Methoden und Auswertungen her. Es wurden einige solcher Untersuchungen angestellt — nicht im Bereich der „Vulgär-Astrologie” à la Zeitungshoroskop, sondern über „ernsthafte”, d.h. sich „wissenschaftlich” nennende Astrologen (was, wie gezeigt, ein Widerspruch in sich ist, siehe Kapitel 3). Hierzu ist anzumerken, dass man sich auch unter den „ernsthaften” Astrologen absolut nicht einig ist über die Deutungsmethoden (hier arbeitet mehr oder weniger jeder nach seiner eigenen „Methode”) — allein das sollte ausreichen, um ihren Anspruch der „Wissenschaftlichkeit” ad absurdum zu führen. Man stelle sich vor, das Newtonsche Gesetz oder der Satz des Pythagoras würden einmal stimmen und ein anderes Mal nicht! Ebenso gibt es unter den „ernsthaften” Astrologen unterschiedliche Auffassungen darüber, was Astrologie leisten könne und was nicht: Einige beschränken sich auf Persönlichkeitsdeutung und -beratung, andere wagen konkretere Prognosen z.B. auf Weltereignisse, Politik, Sport, usw. Deshalb möchte ich hier bewusst undifferenziert beides diskutieren, denn alle aufgeführten Studien liefern das gleiche Ergebnis: Astrologie ist nutzlos und bringt keine Erkenntnisse, die man nicht auch ohne sie haben kann. Jüngstes Beispiel von der Fußball-WM 2006: Der Deutsche Astrologenverband äußerte sich zum Spielverlauf wie folgt: 16 „Das Horoskop des Spiels deutet an, dass es leichte Spielvorteile für Deutschland gibt — aber die Argentinier haben auch gute Spielanteile”, sagte der Vorsitzende Christoph Schubert-Weller der dpa. Auf deutscher Seite rechne er mit einer kraftvollen, kreativen und schnellen Partie, auf argentinischer Seite mit einem beweglichen Spiel und guten Kombinationen. Schon in den ersten fünf Minuten könnte Deutschland die erste Torchance haben, prognostizierte Schubert-Weller. „Zwischen der 7. und der 14. Minute gibt es dann vermutlich Vorteile für Argentinien, eventuell auch eine Torchance.” Bis 17.25 Uhr sieht der Vorsitzende des Astrologen-Verbands „kleine Verwirrungen” auf beiden Seiten mit Konterchancen: „Das sieht sehr gleichauf aus.” Gegen Ende der ersten Halbzeit könnte für Deutschland ein Tor fallen. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 35 „Die zweite Halbzeit kommt mir nicht mehr so prickelnd vor, gerade in der ersten Viertelstunde wird vermutlich eher wenig laufen”, betonte Schubert-Weller. Gegen Ende der zweiten 45 Minuten hätten beide Mannschaften wieder gute Chancen auf einen Treffer. Wenn es in die Verlängerung gehe, warnt der Experte, sollten die Deutschen besonders in der ersten Halbzeit gut aufpassen. Allerdings könnten selbst die Astrologen manchmal daneben liegen: „Am Ende ist manchmal auch Glück im Spiel.” Abgesehen davon, dass dies dem tatsächlichen Spielverlauf nicht wirklich entsprach, fällt auf, dass, immer wenn eine konkrete Aussage gemacht wird, diese im gleichen Satz sofort wieder relativiert wird („deutet an...”, „könnte...”, „eventuell”, „vermutlich”). Welchen Sinn hat ein Horoskop, wenn es doch nur „andeutet”? Und Vermutungen kann man auch ohne Horoskope gut anstellen, wie das folgende Beispiel zeigt:17 Beispiel 1: Man gab einer Gruppe Astrologen sowie einer Gruppe „normaler” Menschen, die auf Basis von Allgemeinwissen und „gesundem Menschenverstand” arbeiteten, die Aufgabe einer Zukunfts-Prognose. Das Ergebnis: Die „Trefferquote” der Astrologen lag weit unter den Erwartungen und mit nicht einmal 50% sogar unter der Trefferquote der Vergleichsgruppe von Nicht-Astrologen, die immerhin über 50% erreichten. Selbstverständlich hatten die Astrologen auch eine passende Ausrede parat: „Die Sterne machen nur geneigt, aber sie zwingen nicht”. Wie das Ergebnis zeigt, macht Astrologie überhaupt keinen Sinn — im Gegenteil, denn dann hätten sie doch mindestens die Trefferquote der NichtAstrologen erreichen müssen! Wozu also der ganze Aufwand? Beispiel 2: Astrologen sagten für 1982 große Umweltkatastrophen voraus, weil sich dann alle Planeten in einer Linie zur Sonne und Erde befänden. Dies sollte z.B. eine so große Kraft ausüben, die die dünne Erdkruste nicht aushalten würde. Aber auch die Konstellation sei äußerst kritisch, warnte man. Es ist nichts passiert: Weder die (physikalisch messbare) Gravitationskraft hat die Erdkruste zerstört, noch haben irgendwelche geheimnisvollen „Schicksalsstrahlen” etwas angerichtet. Auch 1996 war ein schlechtes Jahr für die Astrologen: Weder erlebte Deutschland einen extrem heißen Sommer noch unterzog sich Michael Jackson einer Geschlechtsumwandlung. Die Menschen aber haben die Falschprognosen einfach vergessen und glauben der Astrologie weiterhin. Psychologen nennen das „selektive Wahrnehmung”. Statistisch gesehen merken sich Astrologiegläubige einen „Treffer” 100 mal so stark wie einen Nicht-Treffer18 — d.h. es genügt nur ein Treffer auf 100 offensichtlicher Fehler, die dann vergessen werden. Das zeigt, wie subjektiv Astrologie ist und welchen Unsinn Menschen bereit sind zu glauben, wenn sie nur glauben können, was sie unbedingt glauben wollen (selektive Wahrnehmung)! Dies könnte auch der Grund sein, warum einige Voraussagen dennoch eintreffen: Wer beispielsweise vorhergesagt bekommt, dass ihm „am Tag x besondere Verletzungsgefahr droht”, der wird — vorausgesetzt, er glaubt fest an die Richtigkeit dieser Vorhersage — unbewusst genau deren Erfüllung selbst herbeiführen, indem er diesen Tag so ängstlich und konfus verbringt, dass genau deshalb ein Unfall passieren wird. Man nennt das „Self-Fulfilling-Prophecy” — sich selbst erfüllende Prophezeihung. Dies ist jedoch lediglich ein psyMartin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 36 chologisches Phänomen und hat mit echten Voraussagen, wie sie auch die Astrologie für sich beansprucht, nichts zu tun! Beispiel 3: Der französische Professor Michael Gauquelin widmete sein ganzes Leben der Astrologie, bis er an der Sarbonne Psychologie und Statistik studierte. Bis dahin sammelte er alles an astrologischen Büchern, was er bekommen konnte und erwarb ein umfassendes Wissen. Er erstellte in der Schule und anfangs noch in der Uni seinen Mitschülern / -studenten Horoskope. Im Studium erkannte er, dass die Astrologie erst noch bewiesen werden muss. Er sammelte mit seinem Team in vielen Jahren Arbeit hunderttausende (!) Geburtsdaten und die dazugehörigen Horoskope und astrologischen Aussagen inkl. Häusern, Aspekten usw. und verglich sie mit den wirklichen Gegebenheiten und Schicksalen dieser Menschen. Die Ergebnisse, die er in den 70-er und frühen 80-er Jahren veröffentlichte, lassen die Astrologie in keinem guten Licht erscheinen. Zitate:19 • Kein einziges (!) Gesetz der klassischen Astrologie wurde statistisch von Astrologen oder Wissenschaftlern bewiesen. • Es ist jetzt ganz sicher (!, d. Verf.), dass die Zeichen am Himmel, die auf unsere Geburt herabsahen, überhaupt keine Kraft haben, über unser Schicksal zu entscheiden, Einfluss auf unsere ererbten Eigenschaften zu nehmen oder auch eine noch so geringe Rolle in der Gesamtheit der zufälligen oder sonstigen Effekte zu spielen, die einen Großteil unseres Lebens ausmachen und unsere Impulse in Handlungen umsetzen. • Jede Anstrengung der Astrologen, ihr Grundpostulat zu verteidigen, dass nämlich die Bewegung der Sterne das Schicksal vorherbestimmen kann, ist fehlgeschlagen. [...] Statistiker haben ein- für allemal alte Argumente erledigt: Die Zahlen sprechen ohne Voreingenommenheit, und sie lassen keinen Raum für einen Zweifel. • Wer immer behauptet, die Zukunft durch Befragen der Sterne vorhersagen zu können, betrügt entweder sich oder jemanden anderen. Beispiel 4: Eine neue Studie eines dänisch-deutschen Forscherteams („Aarhus-Studie) hat die Persönlichkeitsmerkmale von 15.000 Personen untersucht und auf eventuelle Zusammenhänge mit astrologischen Charaktereigenschaften der jeweiligen Sternzeichen ausgewertet. Das Ergebnis wurde im Mai 2006 veröffentlicht und ist im Hinblick auf die Astrologie und ihre Ansprüche mehr als ernüchternd: Zwischen dem Geburtsmonat eines Menschen und seiner Persönlichkeit gibt es keinen nachweisbaren Zusammenhang.20 Dem könnten Astrologen entgegenhalten, dass ältere Studien wie z.B. die des Hamburger Psychologen Kurt Pawlik durchaus zeigten, dass es Menschen gebe, bei denen — ihrer Selbsteinschätzung zufolge (d.h. subjektiv) — ein Zusammenhang zwischen Ihrem Sternzeichen und bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen bestehe. Dann sollte aber auch erwähnt werden, dass es sich dabei um diejenigen handelt, die an Astrologie glauben. Auch hier gilt wieder das über „Self-Fulfilling-Prophecy” gesagte, denn die nach objektiven Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 37 Kriterien und ohne Voreingenommenheit arbeitende Studie von Aarhus widerlegt eindeutig die subjektive Einschätzung Einzelner. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 38 Das Fazit: • Echte Wissenschaft ist bereit, falsche oder als falsch erwiesene Thesen und Theorien aufzugeben. Dies tut die Astrologie nicht! • Astrologie ist keine Wissenschaft, sondern eine Glaubensschaft — sogar wider besseren Wissens! • Astrologie bedeutet völlige Unkenntnis der Astronomie. • Astrologie ist nutzlos: Die Statistik und alle unvoreingenommen durchgeführten Untersuchungen bescheinigen ihr, dass die Trefferquoten — wenn überhaupt! — im Bereich des normalen Zufalls liegen, meist sogar noch darunter. • Astrologie bietet eine Flut von Deutungsmöglichkeiten, so dass ein psychologisch einigermaßen geschulter Astrologe (und das sind die meisten!) am Ende das herausbekommt, was er herausbekommen will — nicht das Horoskop hat ihm das verraten, sondern sein psychologischer Verstand und seine Intuition beim Gespräch mit dem Klienten! Das Horoskop ist dabei nur die „Verpackung”... • Astrologie nimmt dem Menschen seinen freien Willen — wir alle wären nur Marionetten der Gestirne und wären damit letztlich auch für unsere Taten nicht verantwortlich! • Astrologie ist „viel Lärm (und ein Super-Geschäft) um Nichts”: Jedes Jahr geben die Deutschen hunderte Millionen Euro rund um die Astrologie aus. • Astrologie ist eine Form des Aberglaubens, die Menschen hörig / süchtig macht und versklavt (indem sie ihre gesamte Lebensführung von astrologischen „Erkenntnissen” und Prognosen abhängig machen), wie schon der Kirchenvater Augustinus sagte: „Als freier Mensch gehst du zum Wahrsager, als dessen Sklave gehst du von ihm fort.”21 • „Die Sterne lügen nicht, aber die Astrologen! Die Sterne schweigen.” (Ludwig Reiners)22 • „Wer stets nach den Sternen aufblickt, wird bald auf der Nase liegen.” (Schottisches Sprichwort)23 Zusammenfassung: In letzter Konsequenz ist Astrologie und das ihr zugrundeliegende Gedankengut • unmenschlich, • gefährlich und • antigöttlich. Unmenschlich ist sie deshalb, weil sie den freien Willen und die freie Entscheidungskraft des Menschen verneint, denn wenn unser Denken und Handeln wirklich vom Stand und der Bewegung der Gestirne bestimmt würde, hätte kein Mensch einen freien Willen, sondern wäre nur Erfüllungsgehilfe eines kosmischen Systems, das ihn zu bestimmten Denkund Handlungsweisen zwingt. Dies ist in der Tat eine gefährliche Ideologie, denn sie könnte allen Straftätern als Entschuldigung und Entlastung dienen: Sie konnten gar nicht anders handeln, weil z.B. Mars gerade in ungünstigem Aspekt zum Löwen stand. Mithin wäre niemand für sein Tun wirklich verantwortlich und somit wäre kein Gericht und Urteil der Welt zulässig. In dieser Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 39 Hinsicht ist Astrologie auch antigöttlich, da sie damit Gottes Gesetze und seinen Anspruch auf Rechtsprechung und Gericht außer Kraft zu setzen versucht. Antigöttlich ist sie aber auch von ihrer Herkunft, dem Vielgötterglauben der alten Hochkulturen her. Auch ihre Grundannahmen, dass sich nämlich hinter jedem Planeten und Tierkreiszeichen Eigenschaften und Wirkungen der korrespondierenden alten Götter stehen, kennzeichnet die Astrologie in ihrem Grundwesen als eine Religion, die allen anderen monotheistischen Religionen, die nur einen Gott kennen (Judentum, Christentum und Islam), diametral entgegensteht. Es ist daher kein Wunder, dass in einer Zeit, in der im aufgeklärten Europa immer mehr Menschen dem christlichen Glauben, christlichen Werten und der Kirche als Institution den Rücken kehren, Ersatzreligionen wie der Astrologie und der Esoterik-Welle neuen Aufwind erfahren — für mich beweist das nur eins: Ohne Gott, oder vorsichtiger formuliert, ohne eine „höhere Instanz jenseits des menschlich Begreifbaren” geht es offenbar nicht: Wem ein einziger Gott „zu wenig” oder „zu eng”, ein persönlicher Gott „zu unangenehm” (weil Beziehung fordernd), ein allmächtiger Gott „zu souverän” (weil nicht begreifbaren Gesetzmäßigkeiten folgend) und ein unsichtbarer Gott „zu unattraktiv” erscheint, der sucht sich beinahe zwangsläufig andere Götter — und hier steht momentan offenbar die Astrologie hoch im Kurs. Ein solches Verhalten ist damit zwar erklärbar, aber deswegen noch lange nicht richtig. Einige haben auch kein Problem damit, Astrologie in gewissem Umfang mit christlichem Glauben zu verbinden. Auch hier möchte ich Zweifel anmelden: Wie soll denn das im Lichte der in den vorangegangenen Kapiteln beschriebenen Tatsachen funktionieren? Schauen wir uns also abschließend an, was Gottes Wort, die Bibel, dazu sagt. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 40 6. Was sagt die Bibel dazu? Die Bibel erhebt zwar nirgends den Anspruch, ein im strengen Sinne naturwissenschaftliches Buch zu sein, das die physikalischen Gesetzmäßigkeiten erklärt — in dem Umfang, in dem es für den Glauben der Menschen wichtig und notwendig ist, beschreibt sie dennoch wichtige Erkenntnisse der Wissenschaften, so auch in Bezug auf Sterne und Planeten. Dies tut sie freilich nicht in der uns heute geläufigen sachlichen, sondern oft in einer „orientalisch-blumigen” Sprache, die insbesondere von den Menschen vor zwei- bis dreitausend Jahren gebraucht und verstanden wurde. Auch wenn einiges für uns heute vielleicht seltsam klingen mag, tut das den Grundaussagen der Bibel keinen Abbruch. Alle Bibelzitate in diesem Kapitel sind — wenn nicht anders angegeben — der Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift entnommen.24 6.1. Sterne und Planeten sind keine Götter, sondern Gottes Schöpfung Der biblische Schöpfungsbericht des Alten Testaments im ersten Buch Mose wurde um 800 vor Christus aufgeschrieben, geht aber auf ältere mündliche Überlieferungen zurück, deren Ursprünge bis ins 15. Jahrhundert vor Christus reichen. Zu dieser Zeit gab es unter den damaligen Völkern verschiedene Vorstellungen über die Beschaffenheit des Weltalls und der Erde. So glaubten beispielsweise die Babylonier, die Erde sei eine Scheibe, die in einer „Schüssel” schwimmt, in dem sich der irdische Ozean befindet, der durch den Damm des Himmels begrenzt wird. Darüber sollten sich drei Himmel befinden, darunter zwei weitere Erden, die Unterwelt und das Totenreich (am inneren Boden der „Schüssel”). Das Weltbild der Babylonier (nach E. Klengel) Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 25 Seite 41 Der babylonische Schöpfungs-Mythos — Enûma elîsch genannt — geht auf das 12. Jahrhundert vor Christus zurück. Ein ähnliches Weltbild hatten alle frühen Hochkulturen der Welt, egal, ob man der Meinung war, dass die Erde auf Säulen ruhte oder von Elefanten getragen wurde oder in einer „Schüssel” schwamm: Allen damaligen Religionen und Kulten war gemeinsam, dass sie die Erde fest ins Zentrum des Universums setzten und annahmen, alles andere drehe sich um die Erde (geozentrisches Weltbild). Eine weitere und im Zusammenhang mit der Astrologie entscheidende Gemeinsamkeit war, dass alle Gestirne als Götter verehrt wurden. Der biblische Schöpfungsbericht hingegen stellt gleich zu Beginn fest, dass nicht die Sonne, die Sterne oder die Planeten selbst Götter sind, sondern nur Geschöpfe Gottes: Nur Jahwe ist der Eine und allmächtige Gott, und er hat das Weltall mit all seinen Gestirnen und Planeten erschaffen: 1. Mose 1,1: Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. 1. Mose 1,14-18: Dann sprach Gott: Lichter sollen Himmelsgewölbe sein, um Tag und Nacht zu scheiden. Sie sollen Zeichen sein und zur Bestimmung von Festzeiten und Jahren dienen; sie sollen Lichter am Himmelsgewölbe sein, die über die Erde hin leuchten. So geschah es. Gott machte die beiden großen Lichter, das größere, das über den Tag herrscht, das kleinere, das über die Nacht herrscht, auch die Sterne. Gott setzte die Lichter an das Himmelsgewölbe, damit sie über die Erde hin leuchten, über Tag und Nacht herrschen und das Licht von der Finsternis scheiden. Gott sah, dass es gut war.26 1. Mose 2,1: So wurden Himmel und Erde vollendet und ihr ganzes Gefüge. Hiob 9,9-10: Er (Gott, d. Verf.) schuf das Sternbild des Bären, den Orion, das Siebengestirn (die Plejaden, d. Verf.), die Kammern des Südens. Er schuf so Großes, es ist nicht zu erforschen, Wunderdinge, sie sind nicht zu zählen. Abgesehen davon, dass dies gemäß damaliger Erkenntnis etwas völlig Neues war, muss man sich einmal vorstellen, was eine solche Aussage im babylonischen und ägyptischen Umfeld Israels ausgelöst haben muss: „Unser Gott hat eure Götter (die Sterne und Planeten) einfach an den Himmel gesetzt...” — eine Ungeheuerlichkeit! Auch räumt die Bibel — durch eine für die damalige Zeit erstaunlich korrekte Aussage — mit allen falschen Vorstellungen auf, die Erde würde irgendwie getragen oder als Scheibe irgendwo herumschwimmen und stellt nüchtern aber aus heutiger Sicht völlig korrekt fest: Die Erde „hängt am Nichts” (wörtlich: „schwebend überm Nichts”): Hiob 26,7: Er (Gott, d. Verf.) spannt über dem Leeren den Norden, hängt die Erde auf am Nichts. Damit wussten die alttestamentlichen Bibelschreiber mehr, als sie nach damaligem Forschungsstand wissen konnten und waren näher an der Wirklichkeit als alle anderen Völker der damaligen Zeit und ihre Religionen. 6.2. Die Schöpfung weist unweigerlich auf den Schöpfer hin Jeder Mensch, der sich mit dem Weltall befasst oder einfach nur zu den Sternen aufschaut, empfindet automatisch eine gewisse Ehrfurcht vor dem Unendlichen und Großen, das er Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 42 sieht und muss in Relation dazu die eigene Geringfügigkeit und Bedeutungslosigkeit erkennen. Auch die Bibel kennt und beschreibt diese Haltung: Psalm 8,4-5: Seh' ich den Himmel, das Werk deiner Finger, Mond und Sterne, die du befestigst: Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Psalm 89,6-12.48: Die Himmel preisen, Herr, deine Wunder und die Gemeinde der Heiligen deine Treue. Denn wer über den Wolken ist wie der Herr, wer von den Göttern ist dem Herrn gleich? Gewaltig ist Gott im Rat der Heiligen, für alle rings um ihn her ist er groß und furchtbar. (...) Dein ist der Himmel, dein auch die Erde; den Erdkreis und was ihn erfüllt, hast du gegründet. (...) Bedenke, Herr: Was ist unser Leben, wie vergänglich hast du alle Menschen erschaffen! Jesaja 40,26: Hebt eure Augen in die Höhe, und seht: Wer hat die (Sterne) dort oben erschaffen? Er ist es, der ihr Heer täglich zählt und heraufführt, der sie alle beim Namen ruft. Vor dem Allgewaltigen und Mächtigen wagt keiner zu fehlen. Jesaja 45,12: Ich (Gott, d. Verf.) habe die Erde gemacht und die Menschen auf ihr geschaffen. Ich habe den Himmel ausgespannt mit meinen Händen, und ich befehle seinem ganzen Heer. 1. Chronik 16,25-31: Denn groß ist der Herr und hoch zu preisen, mehr zu fürchten, als alle Götter. Alle Götter der Heiden sind nichtig, der Herr aber hat den Himmel geschaffen. Hoheit und Pracht sind vor seinem Angesicht, Macht und Glanz in seinem Heiligtum. Bringt dar dem Herrn, ihr Stämme und Völker, bringt dem Herrn dar Lob und Ehre! (...) Erbebt vor ihm, alle Länder der Erde! Den Erdkreis hat er gegründet, so dass er nicht wankt. Der Himmel freue sich, die Erde frohlocke. Verkündet bei den Völkern: Der Herr ist König. Die logische Folge beim Anblick des Weltalls, seiner Größe und Genialität müsste eigentlich die Erkenntnis sein, dass dahinter ein noch viel größerer und genialerer allmächtiger Gott — Jahwe — stecken muss, der das alles erschaffen hat. Diese Schlussfolgerung beschreibt der Apostel Paulus und weist darauf hin, dass sie sogar „unentschuldbar” ist: Hebräer 11,13 Aufgrund des Glaubens erkennen wir, dass die Welt durch Gottes Wort erchaffen worden und dass so aus Unsichtbarem das Sichtbare entstanden ist. Römer 1,18-20: Der Zorn Gottes wird vom Himmel herab offenbart wider alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten. Denn was man von Gott erkennen kann, ist ihnen offenbar (!, d. Verf.); Gott hat es ihnen offenbart. Seit Erschaffung der Welt wird seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit Vernunft wahrgenommen, seine ewige Macht und Gottheit]. Daher sind sie unentschuldbar (!, d. Verf.). 6.3. Astrologie ist Götzendienst Auch wenn einem beim Anblick des Weltalls der Gedanke an die eigene Bedeutungslosigkeit kommt, hat Gott dem Menschen dennoch eine herausragende Stellung verliehen und Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 43 ihn nur ein wenig geringer als sich selbst gemacht. Lesen wir in dem obigen Psalm noch ein paar Verse weiter: Psalm 8, 4-7: Seh' ich den Himmel, das Werk deiner Finger, Mond und Sterne, die du befestigst: Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn nur ein wenig geringer gemacht als Gott, hast ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt. Du hast ihn als Herrscher eingesetzt über das Werk deiner Hände, hast ihm alles zu Füßen gelegt: (...) Nicht der Mensch wird vom Universum oder den Sternen und Planeten beherrscht, sondern umgekehrt! Weitere Bibelstellen belegen, dass die Sterne und „Zeichen des Himmels” keine Macht über uns haben und wir daher auch nichts mit ihnen zu schaffen haben sollen: 5. Mose 4,19: Wenn du die Augen zum Himmel erhebst und das ganze Himmelsheer siehst, die Sonne, den Mond und die Sterne, dann lass dich nicht verführen! Du sollst dich nicht vor ihnen niederwerfen und ihnen nicht dienen. Jeremia 10,2: So spricht der Herr: Gewöhnt euch nicht an den Weg der Völker, erschreckt nicht vor den Zeichen des Himmels, wenn auch die Völker vor ihnen erschrecken. Selbstverständlich werden die wenigsten Astrologie-Gläubigen sich vor einem Stern oder Planeten buchstäblich „niederwerfen”, aber im übertragenen Sinn trifft dies dennoch zu: Wer an der Astrologie und Lehre von der Bestimmung des Schicksals durch Sterne und Planeten festhält, macht sich in einer Form abhängig von ihnen und wirft sich — bildlich gesprochen — doch vor ihnen nieder. Es ist gut und biblisch, eine gewisse Ehrfurcht vor Gottes Schöpfung zu haben. Astrologie-Gläubige aber gehen mit ihrer Ehrfurcht einen Schritt zu weit, wenn sie die Sterne selbst vergöttern, indem sie ihnen Kräfte zusprechen, die sie nicht haben. Gott wusste sehr wohl, warum er diese Warnungen durch seine Propheten verkündigen ließ. Das Gebot, sich nicht einmal ein Bild von alledem zu machen, weist in die gleiche Richtung: 2. Mose 20,4-5: Du sollst Dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgend etwas am Himmel droben (!, d. Verf.) auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. Du sollst dich nicht vor anderen Göttern (also insbesondere auch nicht vor Mars, Venus, Jupter, ..., d. Verf.) niederwerfen und dich nicht verpflichten , Ihnen zu dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott (...). Gott macht also unmissverständlich klar, dass er seine Anbetung und Beziehung zu uns Menschen nicht mit Götzen oder anderen Formen der Verehrung teilen möchte, sondern dass er unser ganzes Vertrauen und unsere ganze Liebe möchte: 5. Mose 18,13-14: Du sollst ganz und gar bei dem Herrn, deinem Gott, bleiben. Denn diese Völker, deren Besitz du übernimmst, hören auf Wolkendeuter und Orakelleser. Für dich aber hat der Herr, dein Gott, es anders bestimmt. 1. Korinther 8,4-6: Und selbst wenn es im Himmel oder auf der Erde sogenannte Götter gibt — und solche Götter gibt es viele —, so haben wir doch nur einen Gott, den Vater. Von ihm stammt alles, und wir leben auf ihn hin. Und einer ist der Herr: Jesus Christus. Durch ihn ist alles und wir sind durch ihn. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 44 6.4. Vor Astrologie und Wahrsagerei wird ausdrücklich gewarnt Wie an anderer Stelle bereits gezeigt wurde, trägt Astrologie tatsächlich ein großes Suchtpotenzial in sich. Auch die Bibel wusste um die Gefahr, sich von der Astrologie und Wahrsagerei beherrschen und sich damit einem Teil der von Gott gegebenen freien Willensentscheidung berauben zu lassen. Daher warnt Gott durch seine Bibelschreiber ausdrücklich davor und droht sogar harte Strafen an: 5. Mose 17,2-5: Wenn in deiner Mitte (...) ein Mann — oder auch eine Frau — lebt, der tut, was in den Augen des Herrn deines Gottes böse ist, und sich über seinen Bund hinwegsetzt, wenn er hingeht, anderen Göttern dient und sich vor ihnen niederwirft — und zwar vor der Sonne, dem Mond, oder dem ganzen Himmelsheer, was ich verboten habe — (...) dann sollst du diesen Mann oder diese Frau, die den Frevel begangen haben, (...) zu einem deiner Stadttore führen und steinigen, und sie sollen sterben. 5. Mose 18,9-12: Wenn du in das Land hineinziehst, das der Herr, dein Gott, dir gibt, sollst du nicht lernen, die Greuel dieser Völker nachzuahmen. Es soll bei dir keinen geben, der (...) Losorakel befragt, Wolken deutet, aus dem Becher weissagt, zaubert, Gebetsbeschwörungen hersagt oder Totengeister befragt, keinen Hellseher, keinen, der Verstorbene um Rat fragt. Denn jeder, der so etwas tut, ist dem Herrn ein Greuel. (...) 3. Mose 19,31: Wendet euch nicht an die Totenbeschwörer, und sucht nicht die Wahrsager auf; sie verunreinigen euch. Ich bin der Herr, euer Gott. 3. Mose 20,6: Gegen einen, der sich an Totenbeschwörer und Wahrsager wendet und sich mit ihnen abgibt, richte ich mein Angesicht und merze ihn aus seinem Volk aus. Micha 3, 7: Die Seher werden zuschanden, die Wahrsager müssen sich schämen (...). Micha 5,11-14: Ich vernichte die Zaubermittel in deiner Hand, und es wird bei dir keine Zeichendeuter mehr geben. Ich vernichte deine Götterbilder und deine geweihten Steinmale, und du wirst dich nicht mehr niederwerfen vor dem Werk deiner Hände. Die Kultpfähle in deiner Mitte reiße ich aus und zerstöre deine Städte. In meinem glühenden Zorn nehme ich Rache an den Völkern, die nicht gehorchen. Sacharja 10, 2: Die Hausgötzen redeten Falsches; die Wahrsager schauten Lügen. Sie verkündeten leeren Trost. Darum wurde das Volk weggetrieben wie Schafe und geriet ins Elend (...). Jesaja 47,13-15: Du hast dir große Mühe gemacht mit deinen vielen Beratern; sollen sie doch auftreten und dich retten, sie, die den Himmel deuten und die Sterne betrachten, die dir an jedem Neumond verkünden, was kommt. Wie die Spreu werden sie sein, die das Feuer verbrennt. Sie können sich nicht retten vor der Gewalt der Flammen. (...) So geht es all deinen Zauberen, um die du dich seit deiner Jugend bemüht hast. (...). Jeremia 29,8-9: Denn so spricht der Herr der Heere, der Gott Israels: Lasst euch nicht täuschen von den Propheten, die unter euch sind, und von euren Wahrsagern. Hört nicht auf die Träume, die sie träumen. Denn Lüge ist das, was sie euch in meinem Nanem weissagen; ich habe sie nicht gesandt — Spruch des Herrn. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 45 Jeremia 27,9: Ihr aber, hört nicht auf eure Propheten, Wahrsager, Träumer, Zeichendeuter und Zauberer (...). Matthäus 24,11: Viele falsche Propheten werden auftreten, und sie werden viele irreführen. 6.5. Christen sind zur Freiheit — insbesondere von der Astrologie — berufen Die meisten der angeführten Bibelstellen stammen aus dem Alten Testament. Man könnte also meinen, dass diese Gebote und Warnungen nur dem Volk Israel damals galten und für heutige Christen nicht mehr relevant wären. Das stimmt ganz und gar nicht, denn sehr treffend schreibt der Apostel Paulus unter Anderem im Hinblick auf Astrologen und Astrologie-Gläubige: Römer 1,21-25: Denn sie haben Gott erkannt, ihn aber nicht als Gott geehrt und ihm nicht gedankt. Sie verfielen in ihrem Denken der Nichtigkeit, und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert. Sie behaupteten, weise zu sein, und wurden zu Toren. Sie vertauschten die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes mit Bildern, die einen vergänglichen Menschen und fliegende, vierfüßige und kriechende Tiere (also z.B. Tierkreiszeichen, d. Verf.) darstellen. (...) Sie vertauschten die Wahrheit Gottes mit der Lüge, sie beteten das Geschöpf an und verehrten es anstelle des Schöpfers. Natürlich werden Astrologen und Astrologie-Gläubige einwenden, dass niemand direkt die Sterne anbeten würde. Das ist wohl in den meisten Fällen richtig, aber indirekt tun sie es doch, denn wie in den Kapiteln 3 und 4 ausführlich gezeigt wurde, leiten sich die den Planeten und Sternen zugesprochenen astrologischen Eigenschaften und angeblichen Wirkungsweisen von deren Namen („Mars”, „Venus”, „Jupiter”, ...) ab, die ja allesamt alte Götter bezeichnen und früher als solche verehrt wurden. Es bleibt dabei: Astrologie ist letztlich Götzendienst und der Glaube an die Macht der Sterne führt vom wahren Glauben an den Einen Gott und Herrn weg. Vielleicht ist es aber genau das, das viele nicht besonders attraktiv finden, den Einen allmächtigen Gott anzubeten, ihn zu loben und ihm allein zu dienen, insbesondere, wenn er das auch noch in seinen Geboten fordert: Matthäus 22,36f.: Meister, welches Gebot im Gesetz ist das wichtigste? Er (Jesus, d. Verf.) antwortete ihm: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken. Das ist das erste und wichtigste Gebot. Lukas 4,8: Jesus antwortete ihm: In der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen. Wer so denkt, hat Gott und sein Wirken nicht wirklich verstanden: Schließlich war er es, der uns zuerst gedient hat und unsere Anbetung und unser Dienst kann nur die Antwort darauf sein: • Gott hat uns Menschen erschaffen in seinem Bild, d.h. fähig zur Kommunikation mit ihm — nicht als seine Sklaven, sondern als sein „Gegenüber” und „Erben” seines Reiches: Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 46 1. Mose 1,26: Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle Kriechtiere auf dem Land. 2. Korinther 3,18: Wir alle spiegeln mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider und werden so in sein eigenes Bild verwandelt. Galater 3,26ff.: Ihr seid alle durch den Glauben Söhne Gottes in Christus Jesus (...). Wenn ihr aber zu Christus gehört, dann seid ihr (...) Erben kraft der Verheißung. Römer 8,15-17: Denn ihr habt nicht einen Geist empfangen, der euch zu Sklaven macht, so dass ihr euch immer noch fürchten müsstet, sondern ihr habt den Geist empfangen, der euch zu Söhnen macht, den Geist, in dem wir rufen: Abba, Vater! (...) Sind wir aber Kinder, dann auch Erben; wir sind Erben Gottes und sind auch Miterben Christi, wenn wir mit ihm leiden, um mit ihm auch verherrlicht zu werden. • Gott hat uns mit einem freien Willen ausgestattet, der auch die Möglichkeit beinhaltet, sich gegen Gott und seine Gebote zu entscheiden. Wie wir im Schöpfungsbericht (1. Mose 3, 1-24) lesen, hat sich der Mensch beim Sündenfall gegen Gott entschieden und somit für alle Menschen das von Gott vorgesehene Paradies und den Weg zum ewigen Leben versperrt: Römer 5,12ff.: Durch einen einzigen Menschen kam die Sünde in die Welt und durch die Sünde der Tod, und auf diese Weise gelangte der Tod zu allen Menschen, weil alle sündigten. • Da der Mensch den Teufelskreis der Sünde und die dadurch entstandene Kluft zwischen Gott und den Menschen nicht von sich aus überbrücken oder aufheben kann, hat Gott seinen Sohn gesandt, der alle unsere Sünden auf sich nahm und sich selbst geopfert hat, damit wir untadelig vor Gott stehen und gerettet werden können: Jesaja 53,4-5: Aber er (Prophezeihung auf Jesus Christus, d. Verf.) hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt. Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Verbrechen, wegen unserer Sünbde zermalmt. Zu unserem Heil lag die Strafe auf ihm, durch siene Wunden sind wir geheilt. Johannes 3,16-17: Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Wekt gesanst, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird. Kolosser 1,13-14: Er (Jesus, d. Verf.) hat uns der Macht der Finsternis entrissen und aufgenommen in das Reich seines geliebten Sohnes. Durch ihn haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden. Kolosser 2,14: Er hat den Schuldschein, der gegen uns sprach, durchgestrichen und seine Forderungen, die uns anklagten, aufgehoben. Er hat ihn dadurch getilgt, dass er ihn ans Kreuz geheftet hat. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 47 Epheser 2,6-9: Er hat uns mit Christus auferweckt und uns zusammen mit ihm einen Platz im Himmel gegeben (...). Denn aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet, nicht aus eigener Kraft — Gott hat es geschenkt —, nicht aufgrund eurer Werke, damit keiner sich rühmen kann. Somit gilt Gottes Interesse und sein Werben um unsere Gegenliebe und ungeteilte Anbetung insbesondere uns Christen, die wir durch das Opfer und teure Blut Jesu Christi „erkauft” worden sind, denn es hat Gott enorm viel gekostet, uns zu erretten: 1. Korinther 7,23: Um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden. Macht euch nicht zu Sklaven von Menschen! Galater 4,3-7: So waren auch wir, solange wir unmündig waren, Sklaven der Elemtarmächte dieser Welt. Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn (...), damit er die freikaufe, die unter dem Gesetz stehem, und damit wir die Sohnschaft erlangen. Weil ihr aber Söhne seid, sandte Gott den Geist seines Sohnes in unser Herz, den Geist, der ruft: Abba, Vater. Daher bist du nicht mehr Sklave, sondern Sohn: bist du aber Sohn, dann auch Erbe, Erbe durch Gott. Wenn Gott also so über uns denkt, uns durch das Opfer seines Sohnes von allen finsteren Mächten befreit hat und uns als so wertvoll ansieht, dass er uns sogar zu seinen Kindern und Miterben des himmlischen Reiches gemacht hat, wie können sich bekehrte Christen dann wieder diesen „armseligen Elementarmächten” zuwenden? Das, was der Apostel Paulus seiner jungen Gemeinde in Galatien schreibt, ist offenbar auch eine Gefahr für uns heutigen Christen und trifft daher auf uns genauso zu: Galater 4,8-11: Einst, als ihr Gott noch nicht kanntet, wart ihr Sklaven der Götter, die in Wirklichkeit keine sind. Wie aber könnt ihr jetzt, da ihr Gott erkannt habt (...) wieder zu den schwachen und armseligen Elemtarmächten zurückkehren? Warum wollt ihr von Neuem ihre Sklaven werden? Warum achtet ihr so ängstlich auf Tage, Monate und Jahre (!, d. Verf.)? Ich fürchte, ich habe mich vergeblich um euch bemüht. Galater 5,1: Zur Freiheit hat und Christus befreit. Bleibt daher fest und lasst euch nicht von Neuem das Joch der Knechtschaft auferlegen. Betreiben wir Sterndeuterei oder andere Formen der Wahrsagerei, vertrauen wir nicht Gott, und glauben, dass er Gutes für uns vorbereitet hat, sondern wollen ihm nur neugierig „in die Karten schauen” und — was noch wesentlich schlimmer ist — werden dabei zu Sklaven finsterer Mächte. Sterndeuterei ist demnach nicht nur ein „harmloser Sport”, sondern trennt uns letzlich von Gott und seinem Reich! Deshalb soll Gottes Volk (Juden und Christen) überhaupt keine Astrologen befragen oder Horoskope erstellen lassen — auch nicht „spaßeshalber”. Christen haben in ihm die Fülle, wir leben ihm allein und können ihm vertrauen, dass er alles zum Guten führt — für Astrologie, die uns unserer gottgeschenkten Freiheit beraubt, ist dann kein Platz mehr: Kolosser 2,8: Gebt acht, dass euch niemand mit seiner Philosophie und falschen Lehre verführt, die sich nur auf menschliche Überlieferung stützen und sich auf die Elementarmächte der Welt (!, d. Verf.), nicht auf Christus berufen. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 48 Fußnoten: 1. Quelle: Tagesspiegel vom 27.04.2005 2. Quelle: Polis / Usuma in: Focus Nr. 17 vom 23.04.2005 3. Quelle: Allensbach-Studie, 2001 4. Quelle: Spiegel online in: www.factum-magazin.ch/wFactum_de/mensch/Gesellschaft/ 2006_05_29_Horoskope_luegen.php am 07.07.2006 5. G. Lebzeltern: „Astrologie — Werden, Wesen, Bedeutung. Ein psychologisches Problem”, Wien, S. 1, zitiert nach factum-Sonderdruck fs-505, Artikel von Jakob Tobler über Astrologie, S. 3 6. Quelle: Wikipedia unter http://de.wikipedia.org/wiki/Sternbilder am 09.07.2006 7. ebd. 8. Foto-Copyright : Till Credner und Sven Kohle auf www.allthesky.com — Nachbearbeitung, Verbindungslinien und Stern-Bezeichnungen vom Autor. 9. Daten aus Wikipedia unter http://de.wikipedia.org/wiki/Jungfrau_%28Sternbild%29 10. Licht breitet sich mit einer Geschwindigkeit von rund 300.000 Kilometern pro Sekunde aus, also entspricht ein Lichtjahr einer Entfernung von rund 9,5 Billionen Kilometern. 11. Zitiert nach dem römischen Dichter Manilius in seinem astrologischen Lehrgedicht, das im Wesentlichen bis heute noch Gültigkeit hat. 12. Siehe Wikipedia unter http://de.wikipedia.org/wiki/Astrologie am 07.07.2006 13. Foto der Erde: Copyright http://earthobservatory.nasa.gov am 08.07.2006 14. Um das tatsächliche Sternbild vom fiktiven Tierkreiszeichen zu unterscheiden, werde ich ab jetzt nur noch der Begriff „Tierkreiszeichen” bwz. „Sternzeichen” im Zusammenhang mit Astrologie verwenden und der Begriff „Sternbild”, wenn es um das tatsächliche (astronomische) Sternbild geht. 15. Zitiert nach factum-Sonderdruck fs-505, Artikel von Jakob Tobler über Astrologie, S. 13 16. Zitiert nach: www.fussball24.de/fussball/1/7/38/33792-astrologen-verband-tippt-auf-sieg-fuerdeutschland am 07.07.2006 17. Auszug aus Eyseneck / Nias: „Astrologie — Wissenschaft oder Aberglaube”, München, S. 72, zitiert nach factum-Sonderdruck fs-505, Artikel von Jakob Tobler über Astrologie, S. 30 18. Quelle: factum-Sonderdruck fs-505, Artikel von Jakob Tobler über Astrologie, S. 47 19. Auszug aus Eyseneck / Nias: „Astrologie — Wissenschaft oder Aberglaube”, München, S. 62, S. 305, zitiert nach factum-Sonderdruck fs-505, Artikel von Jakob Tobler über Astrologie, S. 35f. 20. Zitiert nach einem Spiegel online-Artikel vom 25. April 2006: www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,413020,00.html am 07.07.2006 21. Zitiert nach factum-Sonderdruck fs-505, Artikel von Jakob Tobler über Astrologie, S.49 22. ebd. 23. ebd. 24. Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, Katholische Bibelanstalt, Stuttgart, 1980 25. Quelle: 26. Alle Bibelzitate sind der Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, Katholische Bibelanstalt, Stuttgart, entnommen. Martin Doering: Astrologie — Sterndeuterei ohne Sterne —September 2006 Seite 49