MRSA - sind Menschen mit beruflicher Exposition zum Schwein gefährdet? Dr. Katja Brase Fachtierärztin für Schweine [email protected] Antibiotika Anwendung steht in der Kritik Resistenzbildung generell MRSA, ESBL Problemkeime (EHEC) „Frühchentod in Bremen“ „EHEC Sprossen aus Bienenbüttel“ „Hähnchenstudie NRW Nahrung für Gesellschaftspolitische Diskussionen Hintergrund: BUND – Report Anstieg der Resistenzen (MRSA, ESBL) in der Tierproduktion Politischer Druck http://www.mrsa-net.org/DE/vetmedinfo.html Warum Antibiotika bei Tieren? 1. Tierschutz: Vermindern von Schmerzen und Leiden bei Tieren 2. Sicherung qualitativ hochwertiger Lebensmittel – gesunde Lebensmittel von gesunden Tieren 3. Nebeneffekt – Sicherung der wirtschaftlichen Tierproduktion Probleme durch Antibiotika Rückstandsproblematik Resistenzproblematik Mögliche Einflüsse der Wirkstoffe auf den Menschen Durch den Einsatz von Antibiotika werden resistente Erreger begünstigt die dann auf verschiedenen Wegen zum Menschen gelangen können ABER: Wartezeiten und Rückstandskontrollen verhindern/vermindern das Problem ABER: Empfindliche Keime werden durch Antibiotika abgetötet oder an der Vermehrung gehindert Tenhagen, 2013 Resistenzen Keime versuchen, gegen Antibiotika oder Desinfektionsmittel resistent zu werden um „ihre Haut zu retten“ Wie? Das Bakterium verändert z.B. seine Oberfläche, das Antibiotikum kann nicht mehr „andocken“ und nicht wirken so zerstört das Antibiotikum zwar alle sensiblen Keime, die resistenten haben aber nun einen enormen Vorteil und können sich hervorragend vermehren. MRSA – was ist das? MRSA Methilicilin Resistenter Stapylococcus Aureus Ein Bakterium, das in „nicht resistenter Form“ häufig bei Mensch und Tier vorkommt Ist mit den meisten uns zur Verfügung stehenden Antibiotika nicht zu bekämpfen „MRSA tut gesunden Menschen nichts. Kann aber kranke Menschen töten.“ (A.Friedrich) Was ist der Unterschied? Die verschiedenen MRSA-Typen werden oft in der öffentlichen Diskussion nicht unterschieden, dabei ist ihr Gefahrenpotential stark unterschiedlich. HA- und CA- MRSA : Werden von Mensch zu Mensch übertragen, haben ein „PVL-Gen“ (Panton-Valentine-Leukocidin), das verantwortlich ist für schwere klinische Erkrankungen beim Menschen (z.B. tödlich verlaufende Blutvergiftung). LA-MRSA: Kommt hauptsächlich beim Tier vor, wird aber auch auf den Menschen übertragen. Das PVL-Gen fehlt, dieser MRSA-Typ ist selten beteiligt an schwerwiegenden Erkrankungen. den in Schweinen vorkommenden MRSAStämmen fehlen Gene, die für die Resistenzentwicklung gegen wichtige noch wirksamen Antibiotika verantwortlich sind MRSA beim Tier und beim Menschen MRSA beim Menschen „Krankenhauskeime“ Ha -MRSA Gesellschaftskeime Ca -MRSA Tier MRSA La MRSA MRSA bei Landwirten Tierärzten… Bei Tieren meist keine Erkrankung Nach Tenhagen, BfR MRSA unterscheidet sich durch verschiedene Stämme (ST) und SPA Typen HA (Krankenhaus) MRSA – ST 5 / ST 22 / ST 398, Spa Typ : t0 3/ t0 32… CA (Gesellschafts) MRSA – ST 8 / ST 80 / ST 398, Spa Typ : t0 3/ t0 32… LA (Tier) MRSA – ST 398, Spa Typ : t0 11/ t0 14/ t0 8 / t108 MRSA ist nicht gleich MRSA – man unterscheidet verschiedene Stämme Community aquired (CA-MRSA) Hospital aquired (HA-MRSA) PVL positiv, v.a. ST 8/ St 80 PVL positiv v.a. ST 5 / ST 22 Livestock assoiated (LA-MRSA) PVL negativ (2 Ausnahmen in den Niederlanden), v.a. ST 398 Positive Schweinebestände im Euregio Gebiet in Niedersachen Zuchtbetriebe: 50% Mastbetriebe: 70% Quelle: Safeguard MRSA in Schweinebeständen Anteil positiver Proben % 0 20 40 60 80 100 Zuchtbetriebe* Ferkelproduktion* mit Mast mit Verkauf von Läufern EU Deutschland EU-Zuchtschweinestudie mit Verkauf von Absatzferkeln Reine Mastbetriebe nationale Studien Mastund Schlachtschweine Schlachtchargen B.A.Tenhagen, BfR MRSA beim Geflügel Broilerschlachtkörper 2008 Putenschlachtkörper 2009 0 20 40 60 80 100 Anteil positiver Proben % B.A.Tenhagen, BfR MRSA im Einzelhandel Wild sonstiges Geflügel Pute Hähnchen Schwein Lamm Kalb DE 2009 N=2584 NL 2008 N=1293 Rind 0 20 40 60 80 100 Anteil positive Proben % B.A.Tenhagen, BfR Kann Mensch sich beim Tier anstecken? Ja – aber… Meist erfolgt eine harmlose Besiedlung der Schleimhäute im Nasen/Rachenraum oder den Mandeln Die Übertragung erfolgt wahrscheinlich durch den Stallstaub Für eine Infektion muss das Bakterium in den Körper gelangen (z.B. offene Wunden, Operationen) Das BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) informiert Exposition über vom Tier stammende Lebensmittel ist gegeben Konzentration im Lebensmittel gering Infektionsdosis bzw. Dosis für Besiedelung nicht bekannt S.aureus ist in der Lage, Haut und Hautwunden zu kolonisieren Bedeutung wird derzeit als gering eingeschätzt Kolonisierung bei Familienangehörigen von Exponierten deutlich geringer (aber höher als in der AllgemeinBevölkerung) Ausbreitungstendenz in Krankenhäusern erscheint geringer als bei HA-MRSA (aber vorhanden) B.A.Tenhagen, BfR Das BfR informiert Bisher keine Hinweise auf weite Verbreitung des Erregers in der Allgemeinbevölkerung Familienangehörige können kolonisiert sein, sind es aber häufig nicht Besiedlung geht bei nicht mehr vorhandener Exposition zurück Kurzzeitige Exposition im Stall führt meist nur zum vorübergehenden Nachweis des Erregers in der Nase Zur Zeit noch keine Etablierung des Erregers in der Allgemeinbevölkerung Hohe Differenz zwischen Berichten über MRSA ST398 Träger und Erkrankten B.A.Tenhagen, BfR MRSA besiedelt – und nun? • „positiver Bestand – was tun ?“ • „positiver Landwirt – was tun?“ • „welche Vorbeugemaßnahmen ?“ • „dürfen Kinder (Oma/Opa) in den Schweinestall ?“ • „mein Hausarzt ist unsicher (kennt MRSA nicht)“ Positiver Bestand Keine Konsequenzen in der Vermarktung Aber Gesundheitsrisiko für den Menschen Keine klinischen Erscheinungen beim Tier (?) Aus verschiedenen Hauterkrankungen „ nicht therapierbarer Ferkelruß“ oder „Bläschen am Kronsaum“ konnten MRSA isoliert werden , diese sind aber nicht näher untersucht worden weil die Betriebsleiter das nicht wollten….. Mastitis bei Milchkühen, Ballenerkrankungen beim Huhn… Nicht resistente Staph. Aureus Infektionen sind häufig vorhanden (z.B. Ferkelruß) Positiver Landwirt Schweinehalter und Schweine sind häufig kolonisiert, aber nicht infiziert Das heisst, der Keim ist in der Nase, macht nicht krank, kann aber weitergegeben werden Bei einer Operation oder offenen Wunde kann der Keim in den Körper eindringen – dann führt er zur Blutvergiftung und kann töten Er spricht auf die uns zur Verfügung stehenden Antibiotika nicht an. Eine Nasensalbe beseitigt eine Kolonisierung, sie ist 10 Tage lang anzuwenden, dann erfolgt eine erneute Probe Sollte MRSA im Blut sein, sind Spezialisten (z.B. Uniklinikum Münster) zu Rate zu ziehen Vorbeuge Gute Reinigung und Desinfektion Konsequent Rein Raus Hygienezonen im Stall Oma und Opa oder Kinder im Stall? Ein potentielle Gefahr der Besiedlung ist gegeben Eine Besiedlung kann aber auch durch Hunde, Katzen, Pferde oder Meerschweinchen erfolgen Sämtliche Personen die im Stall waren, sollten sich vor einer OP testen lassen Vorbeugende Maßnahmen Konsequent „Rein/Raus“ einstallen Ständige Schadnagerbekämpfung Die meisten Desinfektionsmittel wirken gegen Staphylokokken (Vorsicht, Kältefehler beachten) Bei der Reinigung des Stalles Atemschutzmasken tragen Antibiotika in zu geringer Dosierung oder über einen zu kurzen Zeitraum fördern die Resistenzen der Bakterien. Deshalb: keine „Prophylaxe“ verabreichen, wenn die Tiere nicht krank sind. Urlaubsstudie Landwirte wurden vor und nach ihrem Urlaub per Nasentupfer auf MRSA untersucht (mind. 7 Tage nicht im Schweinestall). Von den vorher MRSA-positiven waren 14% der Proben nach dem Urlaub negativ. Quelle: Landwirtschaftskammer NRW Eine Studie aus Irland belegt, dass nach drei Wochen ohne erneuten MRSA Kontakt keine Kolonisation mehr nachweisbar ist. Deshalb sollten alle Landwirte mindestens drei Wochen Urlaub nehmen!!! Nach MRSA jetzt auch ESBL ESBL = „extended-spectrum beta-lactamases“ Enzyme, verändern ß-Laktam-Antibiotika, so dass diese unwirksam werden. Es entsteht Resistenz gegen wichtige Wirkstoffe wie Aminopenicillinen (z.B. Ampicillin), Cephalosporine und Monobactame. ESBL-Vorkommen bei verschiedenen Bakteriengattungen insbesondere bei Enterobakterien wie Salmonellen, Klebsiellen und E. coli. ESBL Resistenz-Gene liegen auf übertragbaren Gen-Abschnitten, d.h. die Resistenzen können zwischen verschiedenen Bakterien ausgetauscht werden = horizontaler Gen-Transfer besondere Problematik: a) harmlose Darmbakterien Klebsiellen geben Gene für ESBL an krankmachende Bakterien weiter b) Antibiotikagaben können zu einer Selektion von ESBL positiven Bakterien führen Fazit: Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung wird schwieriger aber: wir brauchen auch in der Zukunft Antibiotika ( auch aus Tierschutzgründen ) Wir wollen den Tierschutz verbessern , gleichzeitig aber den Einsatz von Antibiotika verringern um auch in Zukunft wirksame Antibiotika zur Verfügung zu haben. Der „Schwarze Peter“ soll nicht zwischen Humanmedizinern, Tierärzten und Landwirten hin und her geschoben werden. Wir müssen zusammen arbeiten um die Resistenzlage zu verbessern. Prophylaxe in Form von Hygiene, Biosicherheit und Impfungen wird immer wichtiger Vielen Dank