Höre, so lebt deine Seele

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Höre, so lebt deine Seele
DIE NACHT DER KOMPONISTINNEN UND KOMPONISTEN 2012 21/11/12 Erstmals steht die Chormusik im Zentrum der Nacht der
Komponistinnen und Komponisten. Gestaltet wird sie von Salzburger Chören
und Vokalensembles gemeinsam mit dem Ensemble Acrobat dem Ensemble
Junges Blech. Schlaflos für die Neue Musik: am kommenden Samstag (24.11).
Unter dem Motto „Höre so lebt Deine Seele“ steht
erstmals die Chormusik im Zentrum der Nacht der
Komponistinnen und Komponisten. Die Liste der
Chöre und Ensembles liest sich denn auch wie ein
„Who Is Who“ der Salzburger Vokalmusik-Szene:
Kammerchor Salzburg, Belcantochor Salzburg,
Ensemble Diagonal-Vokal, Vokalensemble
Musicacosì, Voices Unlimited, Chor der Rudolf Steiner-Schule, Chor des Privatgymnasiums
St. Ursula, Vokalensemble und Ensemble der Schauspielabteilung der Universität Mozarteum
singen und musizieren mit dem Ensemble Acrobat und dem Ensemble Junges Blech.
Die Liste der Komponisten reicht vom 18jährigen Maturanten Benjamin Sattlecker bis hin
zum 86-jährigen Doyen Paul Walter Fürst. Zu den insgesamt 25 Komponistinnen und
Komponisten gehört heuer auch der Name Georg Kreisler: Anlässlich seines ersten
Todestages am 22. November 2012 findet die Nacht der Komponistinnen und Komponisten in
Kooperation mit dem „Fest für Georg Kreisler“ statt, das die Universität Mozarteum
gemeinsam mit dem Salzburger Landestheater veranstaltet. (Bereits morgen Donnerstag
22.11. findet auf der Bühne 24 im Marionettentheater der Schauspielteil des Festes für Georg
Kreisler statt).
In der Nacht der Komponistinnen und Komponisten 2012 werden gleich drei Jubiläen
gefeiert: Zwanzig Jahre IG Komponisten Salzburg, neunzig Jahre Internationale Gesellschaft
für Neue Musik IGNM und zehn Jahre IGNM – Landessektion Salzburg.
Das Motto „Höre so lebt Deine Seele“ haben die Veranstalter beim Propheten Jesaja
gefunden. Passend dazu werden einige Werke auf alttestamentlicher Grundlage zu hören
sein: Thomas Daniel Schlees achtstimmiges A-cappella-Werk „Dann steht der Mandelbaum
in Blüte“ basiert auf dem Buch Kohelet. Agustín Castilla-Ávila hat den titelgebenden JesajaSpruch vertont.
Die weiteren vertonten Texte reichen von den Weissagungen der Hopi-Indianer (Hummel)
über William Shakespeare (Östlund), Matthias Claudius (Gruchmann), Christian Morgenstern
(Grabner), Josef Weinheber und Gerhart Hauptmann (Vereno), Georg Trakl (Firlinger), Jan
Skácel (Kraft) bis hin zu Texten von Salzburger Autorinnen und Autoren der Gegenwart
(Danzmayr, Kircher, Krall, Niessner, Walter).
Neben den Chorwerken erklingen auch Instrumentalwerke von Paul Walter Fürst, Herbert
Grassl, Johannes Kotschy, Sebastiana Ierna und Alexander Müllenbach. Mehr als ein Drittel
der Werke werden als Uraufführung erklingen, berichten Stefan David Hummel und Klemens
Vereno, die die Lange Nacht konzipiert haben.
„Mehr als 250 singende, spielende, komponierende Menschen verschiedener Generationen –
Schüler, Studierende, Absolventen, Lehrende, Berufsmusiker ebenso wie engagierte
Amateure, ohne deren Einsatz ja die Chormusik nicht existieren könnte – gestalten
gemeinsam diesen Abend“, betonen die Veranstalter. Man wolle, mit der Langen Nacht „ein
starkes und hoffnungsvolles Zeichen in einer Zeit setzten, die von Passivität, Isolation und
Zukunftsangst bedroht wird“.
Die Nacht der Komponistinnen und Komponisten wird wie in den Vorjahren vom ORF
aufgezeichnet. Es moderiert Clemens Vereno. (Universität Mozarteum/dpk-klaba)
Ein Fest für Georg Kreisler: Samstag (24.11.) 17 Uhr, Kleines Studio - www.uni-mozarteum.at
Nacht der Komponistinnen und Komponisten: Samstag (24.11.), 19.30 Uhr, Solitär - www.unimozarteum.at – Download Flyer
Bild: Universität Mozarteum/Hanspeter Rosenlechner
Belcanto der neuen Musik
NACHT DER KOMPONISTEN 26/11/12 Seit gut zwei Jahrzehnten gibt es die „Nacht der Komponisten“ in
Salzburg. Wer hätte anno 1992 gedacht, dass jemals Namen wie Georg
Kreisler oder Hubert von Goisern in einem Avantgarde-Programm
auftauchen könnten?
Von Gottfried Franz Kasparek
Die reinen Lehren der Neuen Musik haben
mittlerweile ausgedient, auch wenn ein Teil des
Feuilletons und der hehren Wissenschaft dies nicht
akzeptieren wollen. Gut so, denn die Verbannung
jeglicher Dreiklangseligkeit, jeglichen verständlich
artikulierten Gefühls und jeglicher Gesanglichkeit aus
der Musik hat Gräben aufgerissen, die heute schwer
zu schließen sind.
Immerhin, es gibt Komponisten wie Fazil Say oder John Adams, die abseits des Mainstreams
der Moderne ihre Erfolge feiern und keine ästhetisch beschränkten Spezial-Festivals
brauchen. Und es gibt rund sechzig Komponisten in Salzburg, die in vielfältigen
Ausdruckswelten spannende Musik schreiben. Darunter eine Frau, Sebastiana Ierna, welche
die heutzutage seuchenhaft auftretenden Binnen-I-Verkrampfungen nicht nötig hat und deren
neues Stück für Streichquartett „Ricordi di un viandante“ (Erinnerungen eines Wanderers) für
Klarinette und Streichquartett tiefen Eindruck hinterließ – so originell und dabei so
wundersam emotional kann Musik der Gegenwart sein.
Dasselbe gilt für Johannes Kotschy, einen der unterschätzten Stillen im
Lande, und sein klangschönes, von Dolores Rauter ebenso gespieltes
Harfenstück „Pareo“ nach einem Südsee-Gedicht Paul Gauguins; das gilt
mit allen persönlichen Farben für schon bekannte Stücke von Herbert
Grassl, Alexander Müllenbach und das gilt sowie – bedingt – für Paul
Walter Fürst. Der gottlob bislang seiner Begabung, aus der Tonalität neu
zu schöpfen, treu gebliebene Jakob Gruchmann hat wirkungsvolle
Blechbläserquintette nach Jesaja geschrieben, womit wir beim
eigentlichen Motto dieser „Nacht“ wären.
„Höre, so lebt deine Seele“ lautete es, herrlich musikalisch, und
Chormusik stand im Zentrum. Siehe da, Oliver Krafts „Jan SkácelLieder“, Thomas Daniel Schlees Motette „Dann steht der Mandelbaum in
Blüte“, Hartmut Schmidts „Nur noch kurze Zeit“, die wahrlich
„altmeisterlichen“ Beiträge von Günther Firlinger, Michael Walter,
Armin Kircher, Josef Grabner, Laurence Traiger und Franz Zaunschirm,
die luzide, vokal-instrumentale Tondichtung „Ikarus“ von Wolfgang
Danzmayr, die eindringlich formulierte Hopi-Weissagung „Der letzte
Baum“ von Stefan David Hummel, die kunstvolle Motto-Vertonung von Agustin Castila
Avila und Urban Östlunds für Schauspieler gedachte Shakespeare-Lieder – all diese Stücke
eint der Wille, Musik für die menschliche Stimme und ihre Schönheit zu schreiben: Musik,
die man singen kann, nicht schreien, krächzen, gurgeln muss. Ganz besonders manifest wurde
dies in den berührenden „3 Liedern für 4stimmigen Chor a cappella“ von Klemens Vereno,
komponiert 2007, nun endlich uraufgeführt: Trakl mit Hauptmann und Weinheber durchaus
mutig verbindend.
Der Kammerchor Salzburg unter Martin A. Fuchsberger bot dabei die wohl
reifste Chorleistung des Konzerts. Johannes Krall hat eine witzige Studie
über die Zeit und die Sprache geschrieben, auch sie landet im Gesang.
Zwischen all dem Belcanto wirkte Wolfgang Niessners neu gefasste,
experimentelle „Sprachskulptur über den Krieg“ nicht fremd, sondern als
ausdrucksstarkes Bekenntnis.
Georg Kreisler, vor einem Jahr gestorben, wäre jetzt Neunzig. Sein instrumentaler „Segen“,
ungeniert romantisch, und seine ehrlich formulierten „5 Lieder für Barbara“, verinnerlicht
gesungen von Kristina Busch, weckten das Interesse für die „klassische“ Musik des großen
Chansonniers und Kabarettisten. Wo seine Genialität ihr Zentrum hatte, zeigten wohl doch die
den langen Abend beschließenden Chansons vom Frauenmörder, vom Triangelspieler und
von brennenden Zirkus, phänomenal, weil nicht Kreisler kopierend, gestaltet von Clemens
Ansorg, stilsicher begleitet von Magdalene Reich.
Für interpretatorische Qualität sorgten neben den schon Genannten in dieser exakt um
Mitternacht endenden „Nacht“ das Ensemble Musicacosi der Uni Mozarteum unter Carlos
Chamorro, die ungemein präsenten Herren von „Voices unlimited“, auch mit Liedern des
Männerchor-Erfinders Michael Haydn und einer bejubelten Zugabe-Nummer des Goiserers –
die „Comedian Harmonists“ ließen grüßen.
Die Schulchöre der Ursulinen und der Rudolf-Steiner-Schule gaben ihr Bestes und also sehr
viel. Erfrischend, dass mit Benjamin Sattlecker, 19jährigerWaldorf-Maturant, ein begabter
Jungkomponist mit echtem Kavaliers-Bariton zu Wort und Klang kam. Beachtlich der nicht
nur belcanteske Belcantochor Salzburg und das Ensemble Diagonal-Vokal, beide geleitet von
Gertraud Steinkogler-Wurzinger, in musikalischer Hinsicht ebenso das Vokalensemble des
Mozarteums unter Alexandra Helldorf, welches freilich die Artikulation der deutsche Sprache
noch trainieren muss, während der zweite Jahrgang der Schauspielklasse weder mit
Shakespeare-Englisch noch mit Singen ein Problem hatte.
Für den instrumentalen Teil sorgten in guter Qualität das von David Danzmayr bestens
trainierte Ensemble acrobat und das tonschöne „Junge Blech Salzburg“. So unterhaltsam und
vergnüglich kann eine „Nacht der Neuen Musik sein“ – die Organisatoren Stefan David
Hummel und der konzis moderierende Klemens Vereno vor den Vorhang!
Bild: www.danzmayr.eu (1); www.ig-komponisten.at (3)
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