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Faktenbox Kombinationsbehandlung (Antidepressiva und Psychotherapie) bei schweren
Depressionen
Nutzen und Risiken im Überblick
Was ist eine
Kombinationsbehandlung?
Was passiert bei einer
Kombinationsbehandlung?
Bei einer Kombinationsbehandlung werden mehrere Therapien
miteinander gekoppelt: Antidepressiva und Psychotherapie werden gemeinsam eingesetzt, zum Beispiel wenn eine Behandlung
allein nicht gut genug wirkt. Bei schweren Depressionen wird
manchmal eine Mitarbeit in der Psychotherapie erst möglich,
wenn sich die Beschwerden schon durch Medikamente gebessert
haben.
Die Vorteile von beiden Verfahren können dabei genutzt werden:
schnelle Wirkung der Medikamente sowie die Reflexion eigener
Verhaltensweisen.
Bei einer stationären Behandlung wird die Kombinationsbehandlung meist sofort eingesetzt.
Für wen kommt die
Kombinationsbehandlung
infrage?
Die Kombinationsbehandlung (Antidepressiva und Psychotherapie) wird für schwere Depressionen empfohlen. Auch wenn
schwere Depressionen immer wiederkehren oder wenn die
Depression lange anhält (chronische Depression) ist eine Kombinationsbehandlung ratsam.
Bei leichten oder mittelgradigen Depressionen gibt es keine
ausreichend sicheren Hinweise auf eine verbesserte Wirkung der
Kombinationsbehandlung, d.h. wenn Antidepressiva und Psychotherapie kombiniert werden.
1
Nutzen und Vorteile
Bei wie vielen Patienten mit schwerer Depression haben die Erkrankungssymptome nach
16 Wochen nachgelassen? [1]
Kombinationsbehandlung
Bei 60 von 100 Patienten
haben die Symptome nach 16 Wochen
Kombinationsbehandlung nachgelassen.
Psychotherapie allein
Bei 19 von 100 Patienten
haben die Symptome nach 16 Wochen
Psychotherapie nachgelassen.
Eine Kombinationsbehandlung zeigt bei Menschen mit schweren oder langandauernden Depressionen
eine bessere Wirkung als Psychotherapie allein.
Bei wie vielen Patienten haben die Erkrankungssymptome nach fünf Wochen Behandlung
nachgelassen? [2]
Kombinationsbehandlung
49 von 100 Patienten
haben die Symptome nach 5 Wochen
Kombinationsbehandlung nachgelassen.
Antidepressiva allein
34 von 100 Patienten
haben die Symptome nach 5 Wochen
Behandlung mit Antidepressiva nachgelassen.
Kombinationsbehandlung zeigt bei Menschen mit schweren oder langandauernden Depressionen
eine bessere Wirkung als Antidepressiva allein.
2
Wie viele Betroffene fangen die Behandlung gar nicht erst an oder brechen diese ab? [2]
Schwer depressive Patienten wurden im Krankenhaus entweder mit Kombinationsbehandlung oder
mit Medikamenten (Antidepressiva) und kurzen Gesprächen behandelt.
Kombinationsbehandlung
18 von 100 Patienten
fangen die Kombinationsbehandlung
gar nicht erst an oder brechen diese ab.
Antidepressiva allein
20 von 100 Patienten
fangen die Behandlung mit Antidepressiva
gar nicht erst an oder brechen diese ab.
Bei Kombinationsbehandlungen arbeiten Patienten meist besser mit den Ärzten zusammen (nehmen
z. B. Medikamente regelmäßiger ein) und brechen die Behandlung seltener ab.
Wie viele Patienten, bei denen die Erkrankungssymptome nachgelassen hatten, erlitten ein
Jahr nach Behandlungsende einen Rückfall? [2]
Kombinationsbehandlung
7 von 100 Patienten
erlitten ein Jahr nach dem Ende der
Kombinationsbehandlung einen Rückfall.
Antidepressiva allein
32 von 100 Patienten
erlitten ein Jahr nach Ende der Behandlung
mit Antidepressiva einen Rückfall.
Langfristig haben Patienten mit schweren oder langandauernden Depressionen nach einer Kombinationsbehandlung weniger Rückfälle als Patienten, die allein mit Antidepressiva behandelt wurden.
Risiken und Nachteile
Die Medikamente können Nebenwirkungen zeigen. Auch die Nachteile der Psychotherapie (Mitarbeit, Zeitaufwand) müssen in Kauf genommen werden.
Der Patient muss zu zwei Behandlern Vertrauen aufbauen. Es besteht das Risiko, dass die Behandler
sich nicht einig sind und unterschiedliche Informationen geben.
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Behandlung im Krankenhaus – Wann ist diese notwendig?
Manchmal reicht eine ambulante Behandlung bei schweren Depressionen nicht aus. Es kann sein,
dass eine stationäre Behandlung notwendig wird, wenn:
• eine erfolgreiche Behandlung wegen der Lebensumstände nicht möglich ist
• die Wartezeiten auf eine ambulante Behandlung zu lang sind und es dem Betroffenen immer
schlechter geht
• die Gefahr besteht, dass der Betroffene vereinsamt
• eine ambulante Behandlung über einen längeren Zeitraum keinen Erfolg zeigt
• die Gefahr besteht, dass die Depression chronisch wird
• der Erkrankte gefährdet ist, sich selbst etwas anzutun
Welche andere Behandlungen kommen noch infrage?
Für Menschen mit schweren Depressionen ist die Kombination aus medikamentöser Behandlung
und Psychotherapie am besten geeignet. Weiterhin gibt es ergänzende Behandlungsformen wie Bewegung bzw. Sport, Lichttherapie, Wachtherapie und Unterstützung durch Selbsthilfegruppen.
Was ist eine schwere Depression?
Der Schweregrad einer Depression richtet sich nach der Anzahl der Symptome. Eine schwere Depression wird diagnostiziert, wenn von zehn möglichen Symptomen (gedrückte Stimmung, Freudlosigkeit,
Antriebsmangel, Konzentrationsprobleme, vermindertes Selbstwertgefühl, Schuldgefühle, negative
und pessimistische Zukunftsperspektiven, Suizidgedanken oder -handlungen, Schlafstörungen,
verminderter oder gesteigerter Appetit) mindestens sieben Symptome vorliegen. Zudem wird darauf
geachtet, wie stark diese Symptome ausgeprägt sind. Menschen mit schweren Depressionen ist
es in der Regel nicht mehr möglich, zu arbeiten, den Haushalt zu erledigen oder Freizeitaktivitäten
nachzugehen.
Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
• Bei schweren, langandauernden oder wiederkehrenden Depressionen ist die Kombinationsbehandlung
wirksamer als Psychotherapie oder medikamentöse Therapie allein.
• Bei der Kombinationsbehandlung treten weniger Rückfälle auf.
s können positive Wechselwirkungen auftreten (z. B. regelmäßigere Medikamenteneinnahme, bessere MitarE
beit in der Psychotherapie).
• Bei leichten und mittelschweren Depressionen zeigt sich die Kombinationsbehandlung einer einzelnen
Behandlung mit Antidepressiva oder Psychotherapie nicht überlegen.
• Die Nachteile beider Verfahren müssen in Kauf genommen werden (Nebenwirkungen, Zeitaufwand).
• Es gibt mehrere Behandler, die evtl. widersprüchliche Informationen geben.
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Eine Entscheidungshilfe, die Sie Schritt für Schritt bei der Wahl der für Sie richtigen
Behandlung unterstützt, finden Sie auf den Seiten von psychenet.de:
http://entscheidungshilfen.psychenet.de
Zusätzliche Informationen
Diese Faktenbox wurde erstellt in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
– Institut und Poliklinik für Medizinische Psychologie sowie psychenet – Hamburger Netz psychische
Gesundheit – gefördert vom Bundesbildungsministerium für Bildung und Forschung (BMBF) –
Förderkennzeichen 01KQ1002B.
Autoren
Sarah Liebherz (Diplom-Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin)
Dr. Jörg Dirmaier (Diplom-Psychologe und Psychologischer Psychotherapeut)
Prof. Dr. Dr. Martin Härter (Arzt, Diplom-Psychologe und Psychologischer Psychotherapeut)
Dr. Alessa von Wolff (Diplom-Psychologin)
Beteiligte Experten
Prof. Dr. med. Tom Bschor (Schloßpark-Klinik, Berlin)
Angaben zur Aktualität und Gültigkeit
Diese Faktenbox wurde im Februar 2014 erstellt und im Juni 2015 aktualisiert. Die nächste Aktualisierung ist für Juni 2017 geplant.
Weiterführende Informationen
www.psychenet.de
www.versorgungsleitlinien.de/patienten/pdf/nvl-depression-patienten.pdf
www.gesundheitsinformation.de/depression.2125.de.html
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Verwendete Quellen
Alle Informationen entsprechen dem aktuellen Stand der Forschung und wurden aus den aktuellen
Versorgungsleitlinien (http://www.depression.versorgungsleitlinien.de) entnommen, die von
Vertretern vieler Fachgesellschaften erarbeitet wurde [18,19]. Ergänzend wurden weitere aktuelle
wissenschaftliche Arbeiten einbezogen, die nach dem Erscheinen der Leitlinie veröffentlicht wurden.
Referenzen
[1] T
hase ME, Greenhouse JB, Frank E et al. Treatment of Major Depression With
Psychotherapy or Psychotherapy-Pharmacotherapy Combinations. Archives
of General Psychiatry 1997; 54: 1009-1015
[2] S
chramm E, van Calker D, Dykierek P et al. An Intensive Treatment Program
of Interpersonal Psychotherapy Plus Pharmacotherapy for Depressed
Inpatients: Acute and Long-Term Results. American Journal of Psychiatry
2007; 164: 768-777
[3] D
GPPN, BÄK, KBV et al. S3-Leitlinie/Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare
Depression - Kurzfassung. 1. Auflage 2009. Berlin, Düsseldorf: DGPPN, ÄZQ,
AWMF
[4] D
GPPN, BÄK, KBV et al. PatientenLeitlinie zur Nationalen VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression, Version 1.0 24. August 2011
Die dargestellten Informationen wurden sorgfältig recherchiert.
Ein Dokument mit einer ausführlichen Beschreibung der Referenzen finden Sie
auf der Seite www.faktencheck-depression.de/faktenboxen unter der jeweiligen Faktenbox zum Herunterladen.
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