LENA HÖLZER Gärten in der Kriegs- und Nachkriegszeit In den Kriegsjahren und nach dem Krieg galt ein Garten als ein überaus wertvolles Gut. In dieser Zeit dienten Gärten jedoch nicht als Ziergärten, sondern hauptsächlich zum Lebensmittelanbau in Form von Nutzgärten. Während dieser Zeit war die Versorgungslage in Deutschland sehr eingeschränkt, da der Krieg große Zerstörung in allen Lebensbereichen mit sich brachte. Nicht nur Städte und Dörfer wurden zerstört, sondern auch landwirtschaftliche Flächen und Gärten. Menschen wurden aus ihren Häusern und Höfen vertrieben und waren von Hunger, Elend und Tod geplagt. 1 Die Ausgabe von Nahrungsmitteln wurde durch behördlich ausgestellte Lebensmittelkarten reguliert, die in den meisten Fällen jedoch nur notdürftig ausreichten. Aufgrund dieser Lebenssituation nahm die Bedeutung von Gärten für die Bevölkerung zu. Durch einen Nutzgarten war man nicht mehr nur von den geringen Lebensmittelausgaben abhängig, sondern konnte sich selbst versorgen. Das Privileg, einen eigenen Garten zu bewirtschaften, besaß jedoch nicht jeder und um der Bevölkerung eine ausgewogene Ernährung zu ermöglichen, wurden in den Städten Kleingartenanlagen ausgewiesen. 2 Im Gegensatz zu heute, galten damals Diebstähle in Gärten nicht als Bagatelldelikte, sondern wurden als Angriff auf die eigene Existenz verstanden. Mancherorts organisierten daher Nachbarn oder Mietparteien untereinander Wachdienste für ihre Gärten. 3 Charakteristisch für einen Nutzgarten der Kriegs- und Nachkriegszeit waren Obstbäume, wie zum Beispiel Äpfel- Birnen und Pflaumenbäume, Gemüsebeete mit Kartoffeln, Möhren und Kohl sowie Beerensträucher. Je nach Größe des Gartens und Einkommen der Eigentümer nutzte man die Möglichkeit zur Viehhaltung von beispielsweise Hühnern oder Ziegen. So konnte, über das Jahr verteilt, saisonal geerntet und somit permanent zusätzliche Lebensmittel verarbeitet werden. Mit verschiedenen Hauswirtschaftstechniken wurden die verschiedenen Obst- und Gemüsesorten länger haltbar gemacht, um auch im Winter stets versorgt zu sein. Beispielsweise wurden Äpfel auf dem Dachboden getrocknet und gelagert sowie Beeren und Gemüse in Einmachgläsern eingekocht. 1 Vgl. Maier-Bode, Friedrich W.: Kleines Gartenbuch, Köln und Opladen 1949, S. 11. Vgl. Stein, Hartwig: Inseln im Häusermeer. Eine Kulturgeschichte des deutschen Kleingartenwesens bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, Frankfurt 1998. 3 Vgl. Lamnek, Siegfried; Tinnefeld, Marie-Theres (Hrsg.): Privatheit, Garten und politische Kultur. Von kommunikativen Zwischenräumen, Opladen 2003. 2 Durch den Krieg und die damit verbreitete Armut entwickelte sich in der Gesellschaft ein Bewusstsein vom sparsamen Umgang mit Materialien und Ressourcen. Dies betraf auch die Bewirtschaftung der Gärten. 4 Die ständige Pflege des Gartens und die damit verbundene Verarbeitung der Lebensmittel beanspruchte viel Zeit, weshalb jedes Familienmitglied in diese Arbeit eingebunden wurde. Darüber hinaus kann dem Nutzgarten eine weitere Bedeutung zugesprochen werden. Neben der Möglichkeit Nahrungsmittel anzubauen, waren Gärten der Kriegs- und Nachkriegszeit gleichzeitig Orte von ausgeprägter Sehnsucht nach Heimat und Geborgenheit. Der Krieg ließ in der Bevölkerung einen starken Drang nach einem harmonischen Leben aufkommen, das im Garten verwirklicht werden konnte. Zwischen den Trümmern diente der Garten als Rückzugsort. Dort konnte durch die Verwendung von bekannten, traditionellen und gewohnten Elementen ein Gefühl von Heimat und Geborgenheit wiederentdeckt werden. 5 Literatur: Lamnek, Siegfried; Tinnefeld, Marie-Theres (Hrsg.): Privatheit, Garten und politische Kultur. Von kommunikativen Zwischenräumen, Opladen 2003. Maier-Bode, Friedrich W.: Kleines Gartenbuch, Köln und Opladen 1949. Stein, Hartwig: Inseln im Häusermeer. Eine Kulturgeschichte des deutschen Kleingartenwesens bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, Frankfurt 1998. 4 Vgl. Maier-Bode, Friedrich W.: Kleines Gartenbuch, Köln und Opladen 1949. Vgl. Lamnek, Siegfried; Tinnefeld, Marie-Theres (Hrsg.): Privatheit, Garten und politische Kultur. Von kommunikativen Zwischenräumen, Opladen 2003. 5