www.cclm.unibe.ch 2. Auflage, März 2014 Von der Zelle zum Gedächtnis Impressum 2. Auflage, 1.3.2014 300 Exemplare Text & Layout CCLM Bildquellen Titelseite: www.istockphoto.com, bearbeitet Innenseiten: CCLM, oder gemäss Kennzeichnung Rückseite: Institut für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie, Universitätsspital Bern 2 Editorial Sehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser Jede Wahrnehmung, jeder Gedanke und jede Erinnerung wird von elektrochemischen Vorgängen im Gehirn begleitet. Wie viele Erlebnisse können Sie erinnern? Wie viele Wörter kennen Sie in jeder Ihrer Sprachen? Jede dieser Erinnerungen hat ihre eigene Spur in Ihrem Gehirn. Wenn diese Spuren beim Lernen nicht richtig gelegt worden sind oder danach nicht richtig gefestigt wurden, dann verblassen sie rasch, was den Abruf verhindert. Das passiert zuweilen jedem, nimmt aber im Alter und bei neuropsychiatrischen Erkrankungen zu. Mangelhaftes Lernen und Erinnern können wir uns in der modernen Welt kaum leisten, weil täglich neues Wissen angeeignet werden muss, da ein bedeutender Anteil unseres bestehenden Wissens eine immer kürzere Halbwertszeit hat. Unsere Gesellschaft stellt also hohe Ansprüche an unsere mentale Leistungskraft und Flexibilität. Was können wir tun, um unser Denken, Lernen und Erinnern zu optimieren und es bis zuletzt fit zu halten? Antworten auf diese Frage geben wir Forschenden des Centers for Cognition, Learning and Memory (CCLM). Wir erforschen Optimierungsstrategien und wollen deren Wirkmechanismen verstehen. Beides setzt ein gutes Verständnis der normalen mentalen und nervlichen Vorgänge beim Denken, Lernen und Gedächtnis voraus. Um mentale und nervliche Vorgänge simultan zu erfassen, von der Zelle bis zur Erinnerung, arbeiten wir CCLM Forscher interdisziplinär und interfakultär. Viele von uns begannen ihre berufliche Laufbahn in den klassischen Ausbildungsdisziplinen Psychologie, Biologie, Neurologie und Psychiatrie, um dann in Bezug auf Wissen und Forschungstechnik in Nachbardisziplinen vorzudringen. Unsere Forschung hat gezeigt, dass dieser interdisziplinäre Ansatz die adäquate Herangehensweise ist, um Denken, Lernen und Gedächtnis zu verstehen und zu optimieren. Wie andere strategische Forschungszentren der Universität Bern entstand auch das CCLM aufgrund herausragender Forschung. Durch die Schaffung solcher Forschungs-Kompetenzzentren, wie das CCLM eines ist, kann die Universität Bern die Forschungsleistung zusätzlich stärken und sichtbarer machen. Das CCLM ist heute eines von sieben strategischen Forschungszentren der Universität Bern. Prof. Dr. Katharina Henke Direktorin des CCLMs Professorin am Institut für Psychologie der Universität Bern 3 Kognitive Prozesse erforschen Stellen Sie sich vor, Sie blicken von einer Bank in den Park und sehen eine alte Frau, die strickt, und Kinder, die im Sandkasten spielen. «Sehen» Sie ein Bild, obwohl gar keines da ist? Nun versuchen Sie, sich an Ihren ersten Schultag zu erinnern. Können Sie sich erinnern, wie Ihre Schultasche ausgesehen hat? Haben Sie sich auch schon mal etwas vorgenommen, z. B. auf dem Arbeitsheimweg Brot kaufen zu gehen, und es sogleich wieder vergessen? Welche Eselsbrücken helfen Ihnen beim Lernen von neuen Informationen, z. B. wenn Sie sich eine Telefonnummer merken müssen? Wie haben Sie in Ihrer Schulzeit für Prüfungen gelernt, und war der Abruf Ihres Wissens erfolgreich? Was denken Sie, hätte Ihr Kind bessere Schulnoten, wenn es sein Gedächtnis trainieren würde? Können Sie in Ihren eigenen Worten erklären, was der Begriff «Wissenschaft» bedeutet? Woher wissen Sie das alles eigentlich? Sie haben gerade eine kognitive Rundreise erlebt! «Kognition» umfasst alle Prozesse, die mit dem Denken zu tun haben. Dazu gehören alle für uns im Alltag selbstverständlichen Prozesse wie visuelle Vorstellung, episodisches Gedächtnis (sich an vergangene Ereignisse erinnern), prospektives Gedächtnis (Absichten erinnern), Lernen und Aufmerksamkeit. Bei diesen Prozessen spielt auch das Bewusstsein eine wichtige Rolle. Allerdings haben wir Menschen auch die Fähigkeit, uns Dinge und Szenen unbewusst zu merken. Die Erforschung von kognitiven Prozessen erlaubt es uns nicht nur, ein breiteres 4 Wissen über das mentale Leben der Menschen zu erlangen, sondern ermöglicht es auch, abnorme Prozesse im menschlichen Gehirn identifizieren zu können und Maßnahmen für eine bessere Lebensqualität zu entwickeln. Das neu gegründete Zentrum für Kognition, Lernen und Gedächtnis (CCLM) der Universität Bern vereint Grundlagenforschung mit angewandter Forschung und betreibt ein Dienstleistungszentrum. Ziele und Absichten Das Forschungszentrum für Kognition, Lernen und Gedächtnis bildet eines von sieben strategischen Forschungszentren der Universität Bern. Die durch die Zentren verkörperten Profilierungsschwerpunkte entstanden alle «bottom up» durch die hervorragende Arbeit verschiedener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Durch innovative, interdisziplinäre und qualitativ hochstehende Forschung zu Kognition, Lernen und Gedächtnis soll die nationale und internationale Ausstrahlung der Universität Bern gefördert werden. Das Hauptziel des CCLM ist es, die grundlegenden Prozesse des Lernens und Gedächtnisses mit individuellen und entwicklungsbedingten Unterschieden aus kognitionsund neurowissenschaftlicher Perspektive zu verstehen. Zudem sollen die Erkenntnisse in einem praktischen Kontext angewandt werden und in einem pädagogischen Rahmen vermittelt werden. Zu diesem Zweck teilt sich das Forschungszentrum in drei Hauptaufgabenbereiche: • Grundlagenforschung • Ausbildung und Wissensvermittlung • Anwendung links: Anbringen von EEG-Elektroden; rechts unten: Darstellung der Lokalisierung von EEG Elektroden (© Marc Westerholt); rechts oben: Ausfüllen eines Fragebogens 5 Mitglieder Zum Zentrum für Kognition, Lernen und Gedächtnis (CCLM) gehören 14 Forschungsgruppen aus der Psychologie, Psychiatrie, Neurologie, Neuropädiatrie, Biologie und Physiologie. Die LeiterInnen der 14 Forschungsgruppen mit internationalem Profil setzen sich zusammen aus DozentInnen und ProfessorInnen der Universität Bern. Ihre Doktorierenden, Postdocs, sowie die wissenschaftlichen und technischen Mitarbeitenden gehören ebenso zum CCLM. CCLM-Forschende bei der Diskussion neuster Ergebnisse 6 Die 14 Forschungsgruppen werden geleitet von: • • • • • • • • • • • • • • Antoine Adamantidis, Claudio Bassetti Thomas Dierks, Thomas König, Werner Strik Doris Eckstein Regula Everts, Maja Steinlin Katharina Henke Janek Lobmaier, Fred Mast Beat Meier Urs Mosimann, Tobias Nef René Müri Thomas Nevian Walter Perrig Thomas Rammsayer Claudia Roebers Walter Senn Profs. Dr. Thomas Dierks, Thomas König, Werner Strik Abteilung für Psychiatrische Neurophysiologie Wir untersuchen, welche Hirnzustände die psychische Gesundheit und die geistige Leistungsfähigkeit verbessern und ob und wie der Mensch in der Lage ist, diese Zustände zu erreichen und zu erhalten. Profs. Dr. Antoine Adamantidis, Claudio Bassetti Universitätsklinik für Neurologie Wir untersuchen am Menschen und Nagetier wie 1) unser Gehirn Schlaf reguliert und wie 2) gesunder sowie beeinträchtigter Schlaf den Erholungsverlauf und die Neuroplastizität nach einer Hirnschädigung beeinflussen. Prof. Dr. Katharina Henke Abteilung für Allgemeine Psychologie und Neuropsychologie Wir untersuchen die Rolle des Hippocampus im bewussten und unbewussten Lernen und die Rolle des Schlafs bei der Gedächtniskonsolidierung. Fokus auf Schlaf zur Verbesserung des Gedächtnisses Mehrere Studien zeigen, dass non-rapid eye movement (NREM) Schlaf, inbesondere slow-wave Schlaf (SWS) für die Konsolidierung von persönlichen Erinnerungen wichtig ist. Allerdings hat die Schlafphase 2 (S2), welche neben SWS die andere NREM Schlafphase ist, von der Forschung noch wenig Aufmerksamkeit bekommen. Das Ziel dieser Studie war zu untersuchen, ob S2 während eines Nachmittagsschlafs zur Konsolidierung des deklarativen Gedächtnisses beiträgt. Vor einem kurzen Nickerchen lernten die Versuchspersonen Assoziationen zwischen Gesichtern und Städten. In der Lernaufgabe mussten die Versuchspersonen einschätzen, wie einfach oder schwer die Vorstellung ist, dass sich die jeweilige Person in dieser Stadt aufhält. Vor und nach dem Nachmittagsschläfchen bekamen die Versuchspersonen eine Abrufaufgabe, bei der jeweils ein Gesicht gezeigt wurde und die damit assoziierte Stadt abgerufen werden sollte. Es zeigte sich dass S2 die Erinnerungsleistung verbessert, verglichen mit einer anderen Schlafphase. Nicht nur SWS trägt also zur Konsoliderung von Erinnerungen bei, wie es bereits gezeigt wurde. Weil S2 früh im Schlaf auftritt kann also auch ein kurzer Mittagsschlaf eine gedächtnisstützende Funktion haben. Referenz: Ruch, S., Markes, O., Duss, S. B., Reber, T. P., Koenig, T., Mathis, J., Roth, C., & Henke, K. (2012). Sleep stage II contributes to the consolidation of declarative memories. Neuropsychologia, 50, 2389-2396. 7 Fokus auf die Erforschung von Gehirnfunktions-Trainings In früheren Studien konnte gezeigt werden, dass Gehirnfunktions-Training auch Leistungen in Aufgaben verbessern, die selbst nicht trainiert werden. Nach einem Training von Prozessen des Arbeitsgedächtnisses konnten solche Transfereffekte auf Erinnerungsleistungen und sogar auf Problemlösefähigkeiten gefunden werden. In dieser Studie ging es um die genaue Bestimmung der neuronalen Prozesse, die für solche Effekte verantwortlich sind. Eine Trainingsgruppe musste immer eine Taste drücken, wenn ein Stimulus derselbe war wie der N (z.B. 3) Positionen vorher. Derselbe Stimulus erschien aber hin und wieder auch kurz vor oder nach der kritischen Position. Dies löste jeweils einen Antwortimpuls aus, der gehemmt werden musste. Nach dem Training zeigte diese Gruppe bessere Leistungen in einem nicht-trainierten Aufmerksamkeits-Test in Verbindung mit einer erhöhten Gehirnaktivierung im Parietallappen. Bei einer zweiten Trainingsgruppe ohne solche impulsauslösenden Stimuli und bei einer passiven Kontrollgruppe gab es keine solchen Effekte. Damit zeigt diese Studie, wie differenziert man Trainingsmechanismen aufdecken und als Grundlage für die Entwicklung von Trainingsmethoden zur Verbesserung der Aufmerksamkeit und der Impulskontrolle nutzen kann. Referenz: Oelhafen, S., Nikolaidis, A., Padovani, T., Blaser, D., Koenig, T., & Perrig, W. J. (2013). Increased parietal activity after training of interference control. Neuropsychologia, 51, 2781-2790. Prof. Dr. Walter Perrig Abteilung für Allgemeine Psychologie und Neuropsychologie Unser Ziel ist es, Diagnostik- und Trainingsaufgaben für die verschiedenen Gedächtnisformen zu entwickeln, um damit Lernprozesse sowohl bei Gesunden wie Patienten zu verbessern. Prof. Dr. Beat Meier Abteilung für Allgemeine Psychologie und Neuropsychologie Unsere aktuelle Forschung untersucht Fragestellungen in den Bereichen kognitive Kontrolle, implizites Sequenzlernen, prospektives Gedächtnis und Synästhesie. Dr. Doris Eckstein Abteilung für Allgemeine Psychologie und Neuropsychologie Wir untersuchen die Rolle des Bewusstseins in der Wahrnehmung. Unsere Forschungsfelder umfassen semantische Ambiguität und den Einfluss von Absichten, Gewohnheiten und Kontext auf bewusste und unbewusste Kognition. 8 PD Dr. Regula Everts, Prof. Dr. Maja Steinlin Abteilung für Neuropädiatrie, Entwicklung und Rehabilitation Unser Ziel ist es, Probleme der Kognition, vor allem des Gedächtnisses und der Aufmerksamkeit, sowie auch der Motorik in der Kindheit sowohl bei Gesunden, wie bei Patienten identifizieren und therapieren zu können. Prof. Dr. René Müri Abteilung für Kognitive und Restorative Neurologie Wir untersuchen Zusammenhänge zwischen Aufmerksamkeit, Seh- und Wahrnehmungsstörungen, Arbeitsgedächtnis und anderen Gedächtnisformen und Sprachfunktionen. Profs. Dr. Urs Mosimann, Tobias Nef Universitätsklinik für Alterspsychiatrie und Psychotherapie ARTORG Forschungszentrum für Biomedizinische Technik Wir untersuchen, wie visuelle Wahrnehmungs- und neuropsychiatrische Störungen quantifiziert und therapiert werden können und welche Alltagsauswirkungen sie haben. Fokus auf alltagsrelevante kognitive Fähigkeiten Autofahren ist eine komplexe Aufgabe im Alltag und die Fahrfähigkeit gibt sensitiv Aufschluss über kognitive Störungen. Da Fahrsimulatoren nicht leicht zugänglich sind, stellen Web-basierte kognitive Tests eine Lösung dar, die Fahrfähigkeit zu überprüfen. In dieser Studie wird ein solcher Ansatz vorgestellt und es wird überprüft, ob dieser die Leistung in einem Fahrsimulator voraussagen kann. Junge und ältere gesunde und kognitiv beeinträchtigte Versuchspersonen absolvierten den Web-based Bern Cognitive Screening Test (wBCST), welcher AugeHand Koordination, selektive und geteilte Aufmerksamkeit, Exekutivfunktionen, Distanzschätzungen und Geschwindigkeitsregulation misst. Die Resultate bestätigen einen Zusammenhang zwischen dem Score im wBCST und der Leistung im Fahrsimulator. Das heisst, dieser neue Web-basierte Test scheint ein vielversprechendes Werkzeug zu sein, damit Kliniker die Fahreignung von älteren Menschen einfach abklären können. Referenz: Nef, T., Müri, R. M., Bieri, R., Jäger, M., Bethencourt, N., Tarnanas, I., & Mosimann, U. P. (2013). Can a novel web-based computer test predict poor simulated driving performance? A pilot study with healthy and cognitive-impaired participants. Journal of Medical Internet Research, 15:e232. 9 oben links: Versuchsperson im fMRI-Scanner; oben rechts: Auswertung von fMRI-Daten; unten links: Besprechung von EEG-Daten; unten rechts: Anbringen einer EEG-Kappe (© Marc Westerholt) 10 11 Prof. Dr. Claudia Roebers Abteilung für Entwicklungspsychologie Wir untersuchen, wie Kinder im Laufe ihrer Entwicklung Kontrolle über ihre kognitiven Aktivitäten erhalten, die ihnen zielgerichtetes und effizientes Handeln ermöglichen. Prof. Dr. Thomas Rammsayer Abteilung für Persönlichkeitspsychologie, Differentielle Psychologie und Diagnostik Wir untersuchen, in welchen basalen, kognitiven Prozessen sich intelligente und weniger intelligente Menschen, unter Berücksichtigung interindividueller Differenzen, von einander unterscheiden. Fokus auf NIRS zur Untersuchung mathematischer Fähigkeiten Mathematisches Denken ist für eine Vielzahl von alltäglichen Entscheidungen essenziell, wie z.B. beim Einkaufen in einem Supermarkt. Diese Studie untersuchte mittels Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) Veränderungen im Sauerstoffverbrauch des Gehirns beim Kopfrechnen. Die Versuchspersonen mussten einfache (Addition einer ein- und einer zweistelligen Zahl, z.B. 34+8) sowie komplexere Kopfrechnungen (Addition zweier zweistelligen Zahlen, z.B. 34+57) lösen, während NIRS-Signale aufgezeichnet wurden. Von Interesse war der Sauerstoffverbrauch in frontalen Hirnarealen (Stirnregion), die bei der Lösung von mathematischen Aufgaben besonders wichtig sind. Insgesamt belegen die Resultate, dass in diesen Arealen bei der Lösung komplexerer mathematischer Aufgaben mehr Sauerstoff verbraucht wird. Diese Studie demonstriert, dass NIRS eine geeignete Methode ist um neurale Prozesse bei der Lösung von arithmetischen Aufgaben unterschiedlicher Schwierigkeit zu untersuchen. Da NIRS eine einfachere und kostengünstigere Methode ist als andere bildgebende Verfahren, erlaubt sie eine effiziente Anwendung. Zudem ermöglicht sie die Untersuchung von mehreren Interaktionspartnern in einer Gesprächssituation, was mit den bisher gebräuchlichen Methoden nicht möglich ist. Referenz: Verner, M., Herrmann, M. J., Troche, S. J., Roebers, C. M., & Rammsayer, T. H. (2013). Cortical oxygen consumption in mental arithmetic as a function of task difficulty: a near-infrared spectroscopy approach. Frontiers in Human Neuroscience, 7, 217. 12 oben: Versuchsperson auf der Bewegungsplattform MOOG; unten links: Untersuchung mathematischer Fähigkeiten bei Kindern mit NIRS; unten rechts: Anbringen von NIRS Elektroden (© Marc Westerholt) 13 oben: Mikroskopische Analyse von Zellproben; unten: Skizzen (links) und Diskussion (rechts) mathematischer Modelle 14 Fokus auf neuronale Mechanismen von Lernen und Gedächtnis Lernen und Gedächtnis erfordert neuronale Plasitizität welche auf der Kommunikation zwischen einzelnen Nervenzellen beruht. Um den Austausch zwischen Neuronen zu erklären können mathematische Modelle herangezogen werden. Eine breit akzeptierte Lerntheorie sagt voraus, dass die Verbindung zwischen zwei Nervenzellen automatisch gestärkt wird, wenn sie vermehrt verwendet wird. Das heisst, wenn wir zwei mal Sushi essen, würden wir den Anblick doppelt so stark mit dem Geschmack verbinden. Diese Annahme des klassischen Assoziationslernens ist intuitiv aber schwer nachvollziehbar. In dieser Studie wird ein theoretisches Modell vorgestellt, welches eine neue Annahme präsentiert: Die Verbindung zwischen zwei Nervenzellen wird nur dann gestärkt, wenn Voraussagen nicht eintreffen. Das heisst, wenn wir beim Anblick von Sushi den Geschmack korrekt vorausahnen, ändert sich die Kommunikation zwischen diesen Neuronen nicht. Tritt jedoch eine "Überraschung" ein, ändert sich die Assoziationsstärke zwischen Neuronen und ändert somit das Gedächtnis. Es wird vorgeschlagen, wie innerhalb einer Nervenzelle die vorausgesagte Aktivität mit der effektiven Aktivität verglichen werden kann, und wie sich bei einer Abweichung die synaptischen Stärken anpassen sollen. Referenz: Urbanczik, R., & Senn, W. (2014). Learning by the dendritic prediction of somatic spiking. Neuron, 81(3), 521-528. Prof. Dr. Walter Senn Institut für Physiologie Wir modellieren Gedächtnisprozesse und mentales Vorstellen auf der Basis von Daten, die am Menschen und am Tier erhoben worden sind. Prof. Dr. Thomas Nevian Institut für Physiologie Wir untersuchen die zellullären Grundlagen des Lernens und Gedächtnisses, aktuell mit Fokus auf das Schmerzgedächtnis. Profs. Dr. Janek Lobmaier, Fred Mast Abteilung für Kognitive Psychologie, Wahrnehmung und Methodenlehre Unsere Forschungsthemen sind perzeptuelles Lernen, sensorimotorische Integration, visuelle Vorstellung, soziale Wahrnehmung und Unterscheidung von Realität und Fantasie. 15 Graduate School Die “Swiss Graduate School for Cognition, Learning and Memory” bietet ein halb-strukturiertes, forschungsorientiertes Curriculum für DoktorandInnen an. Die DoktorandInnen bearbeiten darin Themen im Bereich Kognition, Lernen und Gedächtnis. Sie erhalten vielfältige Gelegenheiten, sich untereinander zu vernetzen, weiterzubilden und ihre Fortschritte ihrem "Thesis Committee" zu berichten. Mehr als ein Jahrhundert psychologischer, neurologischer, phsyiologischer und biologischer Erforschung des menschlichen Lernens und Erinnerns hat eine Vielzahl von Methoden hervorgebracht. Ebenfalls entstanden verschiedenste Modelle der Informationsverarbeitung. Die "Swiss School for Cognition, Learning and Memory" hat das Ziel, die DoktorandInnen in der Schweiz, die in diesen Bereichen arbeiten, zusammen zu bringen und auszubilden. Während des Doktorats werden 14 ECTS erarbeitet. Der Besuch mindenstens einer Summer School und zweier Graduiertenkurse während der Semester als Teil dieser credits ist obligatorisch. Zudem werden die Doktorandinnen bei der Teilnahme an internationalen Konferenzen unterstützt. 16 Angebot Die Kurse der Graduate School finden in Englisch statt, um der Internationalität der DoktorandInnen gerecht zu werden. Frühere Kurse umfassen: • Neurophysiological and neuropsychological perspectives on selected disorders associated with learning or memory difficulties (Frühling 2013) • Neuroanatomy of brain areas involved in cognition, learning and memory (Herbst 2013) • Scientific writing course mit dem Gastdozent Prof. Robert Kail von der Purdue University (Winter 2014) • Neurophysiology of Cognition, Learning and Memory (Frühling 2014) Organisation Die "Swiss Graduate School for Cognition, Learning and Memory" wird von Prof. Dr. Claudia Roebers geleitet. Jedes Semester finden unter Mitarbeit der CCLM Forschungsgruppenleiter und Gastdozenten Kurse für DoktorandInnen statt. Finanzierung der Graduate School Die "Swiss Graduate School for Cognition, Learning and Memory" wird vom CCLM zusammen mit der Jacobs Foundation Zürich finanziert. oben: Doktoranden im Neuroanatomiekurs; unten links: Zentralstelle des CCLMs im Hochschulzentrum vonRoll; unten rechts: Bibliothek im Hochschulzentrum vonRoll 17 Dienstleistungszentrum Innerhalb des CCLM wird mit der Unterstützung der Abteilung für Allgmeine Psychologie und Neuorpsychologie ein Dienstleistungszentrum aufgebaut, das zum Ziel hat, den Transfer des Wissens über das Lernen und das Gedächtnis aus der Forschung in die Praxis zu fördern und Fragen aus der Praxis in die Forschung eingehen zu lassen. Wir bieten ein vielfältiges Angebot an Diagnostik, Interventionen und Beratung für Personen jeden Alters an. Ziel ist nicht die klinische Diagnosestellung, sondern die auf das Individuum abgestimmte Leistungsdiagnostik und -verbesserung. Unser Dienstleistungsangebot richtet sich zudem an Fachleute des Bildungswesens und der psychosozialen Versorgung sowie an Politiker und Entscheidungsträger, welche sich mit Bildungsfragen und der Optimierung von Lehren und Lernen beschäftigen. Sowohl in der Grundlagen- als auch der Anwendungsforschung legen wir Wert auf enge Zusammenarbeit mit Institutionen aus den Bereichen der Pädagogik, Heilpädagogik, Rehabilitation, Medizin und Psychotherapie. Aktivitäten und Angebote • Kognitive Abklärungen, Beratung, Interventionen • Vorträge und Kurse • Entwicklung von Interventionstools • Durchführung und Begleitung praxisbezogener Forschungsprojekte Die Angebote des CCLM Dienstleistungszentrums laufen seit Februar 2013. Sie sind speziell geeignet für Fragen dieser Art: • Wie sieht mein intellektuelles Potential aus? • Wie kann ich Konzentration, Gedächtnis und andere kognitive Leistungen verbessern? • Wie kann ich effizienter lernen? • Wie kann ich Arbeitsabläufe optimieren? • Wie kann ich meine Ressourcen besser einzuschätzen und entsprechend planen? • Wie kann ich Arbeitsblockaden überwinden? • Welche Prozesse und Strategien helfen mir für das Erreichen gesetzter kurz- und langfristiger Ziele? Kinder beim Training kognitiver Fähigkeiten 18 Finanzierung des CCLMs Das CCLM finanziert sich aus direkten Mitteln der Universitätsleitung, Eigenmitteln der am Zentrum beteiligten Forschungsgruppen sowie aus eingeworbenen Drittmitteln einzelner Mitglieder oder aus den von der Geschäftsleitung eingeworbenen Drittmitteln für das CCLM. Organigramm Wissenschaftlicher Ausschuss Präsident: Prof. Dr. Walter Perrig Geschäftsführung Direktorin: Prof. Dr. Katharina Henke Stellvertretender Direktor: Prof. Dr. Beat Meier Graduate School Leitung: Prof. Dr. Claudia Roebers Grundlagenforschung Dienstleistungszentrum Leitung: Profs. Dr. Walter Perrig, Beat Meier, Hansjörg Znoj 19 Universität Bern CCLM Sekretariat Fabrikstrasse 8 3012 Bern Tel.: +41(0)31 631 37 29 E-Mail: [email protected] www.cclm.unibe.ch Diffusion tensor image von Faserbündel, die den Cortex mit der Wirbelsäule verbinden.