02/2002 WISSENSWERTES Hirnstamm: stärkster Verbündeter in Gefahrensituationen Wie Sie mit den archaischen Gefühlen wie Angst, Wut und Panik besser umgehen können Neokortex (Mensch) Limbisches System (Säugetiere) keine direkten Lösungsansätze, weil es keinen sichtbaren Feind gibt, den man bekämpfen oder vor dem man fliehen könnte. Das ausgeschüttete Adrenalin kann jetzt nur durch körperliche Aktivitäten abgebaut werden. Die Bedrohungen unserer Zeit finden also überwiegend auf der mentalen Ebene statt. So können Mitschüler, Mitarbeiter, Kollegen und andere plötzlich zu „Ersatzfeinden“ werden. Hirnstamm (Reptilien) Illustration: Werbeagentur Rickert Der Mensch denkt, Gott lenkt, sagt eine alte Volksweisheit. Tatsächlich leitet sich Religion aus dem Wort Religio = Rückbindung an den Urgrund ab. Religionsführer sollen uns also zu uns selbst, zu unserer ureigensten einzigartigen Eigenart führen und uns helfen, mit ihr vertraut zu werden. „Erkenne Dich selbst“ heißt der erste Spruch des Orakels von Delphi und der zweite lautet „und Du erkennst Gott.“ Der Hirnstamm mit dem Mittelhirn ist der entwicklungsgeschichtlich älteste genetische Teil unseres Gehirns, bis 500 Millionen Jahre alt und repräsentiert somit unsere absolute Eigenart. Hirnstamm steuert alle Funktionen bei Gefahr, auch im Koma Das Reptiliengehirn, wie es auch genannt wird, entwickelte sich aus dem Alarmsystem des Körpers. Es stellt sicher, daß der Körper mit all seinen Systemen bei Gefahr am effizientesten arbeitet. Es sorgt dafür, daß wir auch bei Verlust des Bewußtseins und im Koma überleben. Der Hirnstamm wird von den Nerven gebildet, die aus allen Körperregionen durch das Rückenmark bis hier verlaufen und Informationen aus dem Körper an das Gehirn abgeben. Bestimmte Zellverbände des Hirnstamms bestimmen den Wachheitszustand des Gehirns insgesamt und regulieren autonome lebensnotwendige Körperprozesse, wie Atmung, Herzschlag und Blutdruck. Adrenalinschub setzt Hirnstamm in Aktion In einer bedrohlichen Situation (Rascheln im Busch) setzt das Retikuläre Aktivierungssystem einen Adrenalinschub im Gehirn frei. 26 Adrenalin als Neurotransmitter sorgt dafür, daß alle anderen Funktionen dem Überleben untergeordnet werden. Alle unnötigen Aktivitäten, auch Körperfunktionen, werden unterdrückt: verlangsamter Herzschlag (ihm blieb das Herz stehen), flachere Atmung (es verschlug ihm den Atem), starke Erregung (er wurde zum Tier), usw.. Nach Übernahme durch den Hirnstamm sucht das gesamte Gehirn nun etwas, worauf es mit Flucht, Stillstand oder Angriff reagieren könnte. Dafür aktiviert es den Colliculus superior und das laterale Pulvinar (einen Teil des Thalamus) und den parietalen Kortex, die mit der Orientierung und Fokussierung befaßt sind. Heutige Bedrohungen für den Hirnstamm unreal Ein großes Problem unserer Zeit ist es, daß Bedrohungen des Hirnstamms für ihn eher unreal, zum Beispiel aus der Kinoleinwand, dem Börsenkurs, der Steuernachzahlung oder der Ehescheidung, erfolgen. Für diese Situationen hat der archaische Hirnstamm Hirnforschung hat Konfliktverhalten bei Erwachsenen und Kindern deutlich verbessert. Über den kinesiologischen Muskeltest, der Anfang der siebziger Jahre aus der Chiropraktik (Dr. George Goodheart) entstanden ist, wurde es möglich, das Meridiansystem abzufragen. So ist es der Hirnforschung in den letzten Jahren gelungen, die Meridianpunkte nicht nur der Amygdala, sondern auch des Hirnstamms herauszufinden. Seit wenigen Jahren können daher durch Anwendung verschiedener Techniken besondere Spannungszustände in Familie, Schule und Beruf abgefragt und durch entsprechende Balancierungsverfahren auf elektromagnetischer Ebene ausgeglichen werden. Die in den letzten Jahren weltweit erzielten Ergebnisse durch diese relativ neuen Techniken gelten als außerordentlich überzeugend: Kinder und Erwachsene aus allen Gesellschaftsschichten veränderten sehr häufig in kürzester Zeit auffällig ihr Konfliktverhalten. Emotionale Befehle gehen bei Gefahr vom Mittelhirn aus Nach den bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen scheint Aufmerksamkeit nicht nur für das berufliche oder logische Denken, sondern auch für das Gefahrenbewußtsein nötig zu sein. Gefühlsmäßige Erregung, Lokalisierung des Auslösers und absolute Konzentration auf ihn sind für die Aufmerksamkeit erforderlich. (Gedanke und Emotion= Aktion). Erregung wird vom Retikulären AktivierungssyHeilpraxis Magazin 02/2002 WISSENSWERTES stem, einer Gruppe von Kernen (Nuclei) im Mittelhirn (dem oberen Ende des Hirnstamms) sichergestellt. Einige der ungewöhnlich langen Dendriten (Verzweigungen der Nervenzellen), die aus den Nervenzellen (Neuronen) im Kern des Hirnstamms kommen, reichen bis zum Großhirn (Kortex). Einige davon sind wiederum für das Bewußtsein (Aktivität im Großhirn) zuständig. Andere steuern den Schlaf-Wach-Zyklus (Stammhirn), eine dritte Gruppe aktiviert den Aktivitätspegel des gesamten Gehirns. Die meisten emotionalen Befehlssysteme gehen vom Mittelhirn, von der periacuäductalen grauen Gehirnsubstanz (PAG) (Zellverband aus verschiedenen Kernen und Fasern) und dem ihn umgebenden netzartigen Gewebe aus. Diese emotionalen Befehlssysteme beziehen sich auf Wut und Verteidigungsverhalten, Angst, Trennungsschmerz, Forschungsdrang, sexuelle Bedürfnisse, Erfahrung von Vergnügen und Schmerz. Chemische Botenstoffe (Neurotransmitter) lösen den Alarm aus Wenn diese Gruppe von Kernen (Nuclei) stimuliert wird, wird eine ganze Flut von Neurotransmittern (chemische Botenstoffe) freigesetzt, die dann die Nervenzellen (Neuronen) im gesamten Gehirn zum Feuern bringen. Der Colliculus superior (im Hirnstamm für das Sehen wichtig), richtet die Augen des Menschen auf einen neuen Anziehungspunkt, von dem eventuell die Gefahr ausgehen kann. Gleichzeitig koppelt der parietale Kortex (auf dem Scheitel) die Aufmerksamkeit vom gegenwärtigen Anziehungspunkt ab. Dadurch wird für die überlebenswichtige Orientierung gesorgt. Das laterale Pulvinar (ein Teil des Thalamus), ist für die Fokussierung zuständig. Es greift den anvisierten Anziehungspunkt heraus und leitet die entsprechenden Informationen an den Frontallappen (Stirn) weiter, der dann die bewußte Aufmerksamkeit darauf konzentriert. Informationsbahnen im Reptilienhirn für Wut, Angst, Panik Sind Menschen auch im Zorn nicht bereit, die ihrer Wut zugrunde liegenden Bedürfnisse zu erkennen, kann es zu unreflekHeilpraxis Magazin tere wichtige chemische Botenstoffe für die Dopaminkreisläufe stellen Serotonin, Acetylcholin, Glutamat und GABA dar. Folgende Verhalten können ihre Ursache in einem dominierenden Hirnstamm haben: Dopaminbahnen Illustration: Werbeagentur Rickert tierten Schuldzuweisungen kommen, die sich in Beschimpfungen gegenüber dem auslösenden Ereignis und den dahinter stehenden Personen äußern. Es kann eine Lebensaufgabe sein, den Verstand so lange zu trainieren, bis er einen eventuell sehr hohen Grad erreicht hat, bis zu dem er wählen kann, wütend zu werden oder nicht. Erreicht der Mensch mit seiner Wut aber nicht das gewünschte (Überlebens-) Ergebnis, wird der Angstkreislauf zwischen zentraler Amygdala und der periacuäductalen grauen Gehirnsubstanz (PAG) in Gang gesetzt. Kann das angstauslösende Ereignis nicht beseitigt werden, besteht die Gefahr, daß die Angst chronisch wird. Angst, zum Beispiel ausgelöst durch Terroranschläge oder einen schweren gesehenen oder erlebten Unfall, kann dann zu traumatischen Streßstörungen führen. Bei Angst spielen die chemischen Botenstoffe Glutamat und GABA (Gamma-Amino-Buttersäure) eine wichtige Rolle. Nichtbewältigte, langanhaltende Angst kann sich letztlich sogar in Panikattacken äußern. Ein Zusammenhang wird hier häufig gesehen, wenn Trennungsschmerzen überhand nehmen oder der Verlust von sozialen Bezugssystemen aufgetreten sind. Antriebsschwäche geht vom Stammhirn aus. James Old und Peter Milner entdeckten 1954, daß die Bildung von Wünschen und Erwartungen stark beeinträchtigt wird, wenn die Dopaminkreisläufe vom Mittelhirnkern nicht aufsteigen. Diese Dopaminbahnen durchlaufen Nervensysteme, die bei Reizung vor allem unseren Aktivitäts(Überlebens-) und Sextrieb auslösen. Wei- • ungeduldig/ruhelos • Angst, in der Öffentlichkeit zu sprechen • Stimmungsschwankungen • über- oder unteraktiv • ausschweifende Tagträumerei • Konzentrationsschwäche • kurze Aufmerksamkeitsdauer • furchtsam/schüchtern • Ängste/Phobien • Antriebsschwäche • Fahrigkeit • Magen-/Darmbeschwerden • chronische Mundtrockenheit Kasuistik (Analog könnte dieses Beispiel auch auf Erwachsene übertragen werden). Der siebenjährige Dennis wiederholte die erste Klasse und hatte bereits einmal die Schule gewechselt. Er brachte seine Mitschüler, Eltern und Lehrer durch sein aggressives Verhalten zur Verzweiflung. Nach Anwendung des Leistungsaufbauprogramms mit Schwerpunkt „Hirnstamm“ (cirka 6 Doppelstunden), veränderte sich sein Verhalten so deutlich, daß er im Klassenverband verbleiben konnte. Seine Aggressionsausbrüche nahmen erheblich ab. Yamini Kölzer-Wilbers ❑ Heilpraktikerin Psychotherapie Wolfgang Decius Managementconsulting Weitere Auskünfte zu Einzelsessions und Ausbildungskursen erhalten Sie über die Strategy & Concept GmbH, Managementconsulting, Kontaktbüro Deutschland, Bismarckstraße 120, D-47057 Duisburg, Telefon: +49 (0)2 03-3 06 46 80, Fax: 3 06 46 81. Internetseite: www.apotheken-konzept.de email: [email protected] 27