TUM School of Management Das Coase Theorem Verhandlungslösungen Prof. Dr. Martin Moog 1 TUM School of Management Lehrbuch-Literatur • Sturm und Vogt (2011): Umweltökonomik, S. 37 ff. • Feess (1995): Umweltökonomie und Umweltpolitik, S. 99 ff. • Weimann (1991): Umweltökonomik, S. 26 ff. • Endres (2013): Umweltökonomie, S. 57 ff Mehr oder weniger in allen Umweltökonomie-Lehrbüchern Prof. Dr. Martin Moog 2 TUM School of Management Marktversagen, Staatsversagen, institutioneller Rahmen Externe Effekte Marktversagen Internalisierung durch Umweltpolitik (Steuern, Subventionen, Zertifikate, Auflagen) Ist das effizient? Staatsversagen! Gibt es institutionelle Bedingungen, unter denen Märkte die Internalisierung leisten? vgl. z.B. Sturm und Vogt, 2011, S. 37 ff. Prof. Dr. Martin Moog 3 TUM School of Management Coase-Theorem Das Coase-Theorem geht davon aus, dass Teilnehmer eines Marktes Probleme, die durch externe Effekte entstehen, selbst lösen können, wenn sie nur über die Allokation von Ressourcen verhandeln und diese ohne Kosten tauschen können. Das Coase-Theorem geht davon aus, dass Märkte unter den gegebenen Annahmen sehr effizient mit Externalitäten umgehen. Demnach sind Märkte in der Lage, die an Externalitäten geknüpften Probleme selbständig auszuräumen und die Ressourcen auf pareto-effizientem Weg aufzuteilen. Wenn die Eigentumsrechte eindeutig definiert sind und keine Transaktionskosten vorliegen, werden die von einer Externalität Betroffenen durch Verhandlungen unabhängig von der Zuteilung der Eigentumsrechte eine effiziente Lösung erzielen. (Invarianzthese) Es wurde 1960 von Ronald Coase im Artikel The Problem of Social Cost beschrieben. Die Bezeichnung Coase-Theorem geht auf George Stigler (1966) zurück. Ronald Coase wurde für diese und andere Leistungen 1991 mit dem Nobelpreis für Wirtschaft ausgezeichnet. aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie Prof. Dr. Martin Moog 4 TUM School of Management Coase Theorem Wir denken uns einen Markt mit zwei Marktteilnehmern. Einer der Marktteilnehmer übt eine Aktivität aus, die für die Aktivität des anderen Marktteilnehmers nachteilig ist. Auf dem „Markt“ können nun Verhandlungen darüber stattfinden, die schädliche Aktivität einzuschränken. Die Verhandlungsposition der beiden Marktpartner ist davon abhängig, wie stark ihre Rechtsposition ist. In der Institutionenökonomie spricht man von den Verfügungsrechten. vgl. z.B. Sturm und Vogt, 2011, S. 37 ff. Prof. Dr. Martin Moog 5 TUM School of Management Coase-Theorem Das ist der Gewinn des Geschädigten Grenzkosten Grenzschaden Verhandlungslösung bei Recht auf Ausübung der schädlichen Aktivität Grenzvermeidungskosten Grenzschaden Beispiele: Kühe einfach weiden lassen laute Musik hören Abwässer Abgase Preis als Verhandlungsergebnis 0 Ausmaß der Schädigung Ausmaß d. Schadensvermeidung Das muß der Geschädigte zahlen Prof. Dr. Martin Moog 6 TUM School of Management Verfügungsrechte – unterschiedliche Zuordnung Viehhalter Darf das Vieh weiden lassen wo er will muß Vieh dulden Ackerbauer Muß das Vieh einsperren Verhandlungen über Einschränkungen der Beweidung gegen Entschädigung für den Viehhalter Verhandlungen über Weide gegen Entschädigung für den Ackerbauern muß kein Vieh dulden Stehen dem „Schädiger“ die Verfügungsrechte zu, spricht man auch von „Laissez-faire-Regel“. Stehen dem Geschädigten die Verfügungsrechte zu, spricht man auch von „Verursacher-Regel“. Prof. Dr. Martin Moog 7 TUM School of Management Verfügungsrechte – unterschiedliche Zuordnung Eisenbahn Funkenflug ist zulässig muß Funkenflug dulden Waldbesitzer Funkenflug ist unzulässig Verhandlungen über Einschränkungen des Funkenflugs gegen Entschädigung für die Eisenbahn Verhandlungen über Zulassung von Funkenflug gegen Entschädigung für den Waldbesitzer muß Funkenflug nicht dulden Prof. Dr. Martin Moog 8 TUM School of Management Verfügungsrechte – unterschiedliche Zuordnung Stahlwerk Wasserverschmutzung Wasserverschmutzung ist ist zulässig unzulässig muß Wasserverschmutzung dulden Flußfischer Verhandlungen über Wasseraufbereitung gegen Entschädigung für das Stahlwerk Verhandlungen über Wasserverschmutzung gegen Entschädigung für den Flußfischer muß Wasserverschmutzung nicht dulden vgl. z.B. Sturm und Vogt, 2011, S. 37 ff. Prof. Dr. Martin Moog 9 TUM School of Management Das Coase Theorem Fragen Wie hoch muß die Entschädigung ausfallen? Welches Niveau der schädigenden Aktivität stellt sich ein? Prämissen vollständige (und kostenlos durchzusetzende) Verfügungsrechte keine Transaktionskosten vollständige Information (wie in den einfachen mikroökonomischen Modellen), jeder kennt beide Gewinnfunktionen Die Partner streben nach der für beide vorteilhaftesten Lösung (Kooperation in einem sehr strengen Sinne) Prof. Dr. Martin Moog 10 TUM School of Management Coase Theorem Grenzvermeidungskosten Grenzschaden Die Fläche repräsentiert den Schaden 0 Die Fläche repräsentiert die Vermeidungskosten Emissionen Die Grenzschadensfunktion ist die erste Ableitung der Schadensfunktion. 0 Emissionen Die Grenzvermeidungskostenfunktion ist die erste Ableitung der Vermeidungskostenfunktion. vgl. z.B. Sturm und Vogt, 2011, S. 37 ff. Prof. Dr. Martin Moog 11 TUM School of Management Situation des Ackerbauern, der Beweidung dulden muß Grenzvermeidungskosten Grenzschaden durch Beweidung Die Fläche repräsentiert die Vermeidungskosten, im Sinne von z.B. Gewinneinbußen des Viehzüchters durch Verzicht auf Tiere Die Fläche repräsentiert den Schaden am Acker 0 Zahl der Tiere 0 Zahl der Tiere Man muß natürlich die effizienteste Vermeidungsstrategie betrachten. vgl. z.B. Sturm und Vogt, 2011, S. 37 ff. Prof. Dr. Martin Moog 12 TUM School of Management Situation des Ackerbauern, der Beweidung dulden muß Der Bauer kann dem Viehzüchter eine Entschädigung anbieten, für den Fall, daß er auf Tiere verzichtet. Grenzvermeidungskosten Grenzschaden Auf wieviele Tiere würde der Viehzüchter verzichten, wenn ihm eine Entschädigung in Höhe von Angebot 1 geboten würde? Welche Fläche steht für den Betrag, Angebot 1 der bezahlt wird? Welche Fläche steht für den Vorteil des Bauern? 0 Welche Fläche für den Netto-Vorteil Bauern? Zahl der Tiere vgl. z.B. Sturm und Vogt, 2011, S. 37 ff. Prof. Dr. Martin Moog 13 TUM School of Management Situation des Ackerbauern, der Beweidung dulden muß Der Bauer kann dem Viehzüchter eine Entschädigung anbieten, für den Fall, daß er auf Tiere verzichtet. Grenzvermeidungskosten Grenzschaden Ist eine Erhöhung von Angebot 1 sinnvoll? Für den Viehzüchter? Für den Bauern? Angebot 2 Angebot 1 0 Zahl der Tiere vgl. z.B. Sturm und Vogt, 2011, S. 37 ff. Prof. Dr. Martin Moog 14 TUM School of Management Situation des Ackerbauern, der Beweidung dulden muß Der Bauer kann dem Viehzüchter eine Entschädigung anbieten, für den Fall, daß er auf Tiere verzichtet. Grenzvermeidungskosten Grenzschaden Bis zu welchem Betrag könnte das Angebot erhöht werden? Angebot 3 Welche Fläche steht für den Vorteil des Bauern? Welche Fläche für den Netto-Vorteil Bauern? 0 Zahl der Tiere Welche Fläche steht für den Vorteil des Viehzüchters? vgl. z.B. Sturm und Vogt, 2011, S. 37 ff. Prof. Dr. Martin Moog 15 TUM School of Management Coase-Theorem Das ist der Gewinn des Schädigers Grenzkosten Grenzschaden Verhandlungslösung bei Recht auf Ungestörtheit Grenzvermeidungskosten Grenzschaden Es kommt im Falle der Verhandlungslösung für die Effizienz des Ergebnisses nicht auf die anfängliche Verteilung der Rechte an. Preis als Verhandlungsergebnis 0 Ausmaß der Schädigung Ausmaß d. Schadensvermeidung Das muß der Schädiger zahlen Prof. Dr. Martin Moog 16 TUM School of Management Situation des Viehzüchters, der kein Recht zur Beweidung hat Grenzvermeidungskosten Grenzschaden durch Beweidung Die Fläche repräsentiert die Vermeidungskosten, im Sinne von z.B. Gewinneinbußen des Viehzüchters durch Verzicht auf Tiere Die Fläche repräsentiert den Schaden am Acker 0 Zahl der Tiere 0 Zahl der Tiere vgl. z.B. Sturm und Vogt, 2011, S. 37 ff. Prof. Dr. Martin Moog 17 TUM School of Management Situation des Viehzüchters, der kein Recht zur Beweidung hat Der Viehzüchter kann dem Bauern eine Entschädigung anbieten, für den Fall, daß er die Fläche beweiden darf. Grenzvermeidungskosten Grenzschaden Welche Fläche steht für den Betrag, der bezahlt wird? Welche Fläche steht für den Vorteil des Viehzüchters? Welche Fläche für den Netto-Vorteil Viehzüchters? Angebot 1 Welche Fläche steht für den NettoVorteil des Bauern? Worauf verzichtet der Bauer? 0 Zahl der Tiere vgl. z.B. Sturm und Vogt, 2011, S. 37 ff. Prof. Dr. Martin Moog 18 TUM School of Management Situation des Viehzüchters, der kein Recht zur Beweidung hat Der Viehzüchter kann dem Bauern eine Entschädigung anbieten, für den Fall, daß er die Fläche beweiden darf. Grenzvermeidungskosten Grenzschaden Ist eine Erhöhung von Angebot 1 sinnvoll? Für den Viehzüchter? Für den Bauern? Angebot 2 Angebot 1 0 Zahl der Tiere vgl. z.B. Sturm und Vogt, 2011, S. 37 ff. Prof. Dr. Martin Moog 19 TUM School of Management Situation des Viehzüchters, der kein Recht zur Beweidung hat Der Viehzüchter kann dem Bauern eine Entschädigung anbieten, für den Fall, daß er die Fläche beweiden darf. Grenzvermeidungskosten Grenzschaden Bis zu welchem Betrag könnte das Angebot erhöht werden? Angebot 3 Welche Fläche steht für den Vorteil des Viehzüchters? Welche Fläche für den Netto-Vorteil Viehzüchters? 0 Zahl der Tiere Welche Fläche steht für den Vorteil des Bauern? vgl. z.B. Sturm und Vogt, 2011, S. 37 ff. Prof. Dr. Martin Moog 20 TUM School of Management Situation des Viehzüchters, der kein Recht zur Beweidung hat Der Viehzüchter kann dem Bauern eine Entschädigung anbieten, für den Fall, daß er die Fläche beweiden darf. Grenzvermeidungskosten Grenzschaden Wäre ein Angebot in Höhe von Angebot 4 sinnvoll? Angebot 4 Angebot 3 0 Zahl der Tiere vgl. z.B. Sturm und Vogt, 2011, S. 37 ff. Prof. Dr. Martin Moog 21 TUM School of Management Coase Theorem - Ergebnis Fragen Wie hoch muß die Entschädigung ausfallen? Der „Preis“ richtet sich nach der Bedingung Grenzvermeidungskosten = Grenzschaden Gleichgültig ist dabei, wie die Verfügungsrechte verteilt sind. Welches Niveau der schädigenden Aktivität stellt sich ein? Das richtet sich auch nach der Bedingung Grenzvermeidungskosten = Grenzschaden Auch für das Niveau der schädigenden Aktivität ist es unerheblich, wie die Verfügungsrechte verteilt sind. Die Ressourcenallokation ist unabhängig von der Verteilung der Verfügungsrechte, aber natürlich ist die Verteilung (Einkommen) davon abhängig. Das Coase Theorem lenkt den Blick auf die Verteilungswirkungen der Verfügungsrechte. vgl. z.B. Sturm und Vogt, 2011, S. 37 ff. Prof. Dr. Martin Moog 22 TUM School of Management Coase Theorem – naheliegendes Mißverständnis Durch Verhandlungen können externe Effekte internalisiert und es kann eine Situation effizienter Ressourcennutzung hergestellt werden. Das gilt natürlich nur in dem theoretischen Grenzfall, in dem die o.g. Prämissen erfüllt sind. In den allermeisten Fällen gilt es nicht. Das Modell zeigt im Gegenteil, daß es wegen der Transaktionskosten wichtig ist, wie den Akteuren die Verfügungsrechte zugeordnet werden. Das Coase Theorem sensibilisiert für die Möglichkeiten der Umweltpolitik durch Gestaltung von Verfügungsrechten, durch Gewährung von Durchsetzungsmöglichkeiten der Rechte und durch Gestaltung von Rahmenbedingungen für Verhandlungen. Aber gerade dann, wenn die Transaktionskosten höher sind als die Wohlfahrtsgewinne durch die Internalisierung, können andere Maßnahmen der staatlichen Umweltpolitik gerechtfertigt sein. Prof. Dr. Martin Moog 23 TUM School of Management Voraussetzungen • • Coase-Theorem Wichtig ist an der Herangehensweise von Coase auch die Entemotionalisierung keine Transaktionskosten vollständige Information Reale Situation Große Gruppen von Beteiligten Erpressungsmöglichkeiten im Laissez-faire-System Informationsasymmetrien Distributionseffekt Coase hat sicher nicht geglaubt, durch Verhandlungen könne in jedem Fall eine befriedigend effiziente Lösung erreicht werden. Vielmehr ging es ihm darum, die Voraussetzungen herauszuarbeiten. vgl. z.B. Sturm und Vogt, 2011, S. 37 ff. Prof. Dr. Martin Moog 24 TUM School of Management Führt eine strenge Haftungsregel zu Effizienz? Eine strenge Haftungsregel nach dem sogenannten „Verursacherprinzip“ könnte verlangen, daß die das Wasser verschmutzende Fabrik dem Fischer vollen Schadenersatz leistet. Diskutieren Sie die Frage, ob es dadurch zu einer effizienten Ressourcenallokation kommt. Prof. Dr. Martin Moog 25 TUM School of Management Verzerrung von Bewertungen Experimentelle Forschung (Befragungen) legen nahe, daß Menschen Dinge, die sie besitzen, höher bewerten als Dinge, die sie (noch) nicht besitzen. Welche Implikationen hat das für die Überlegungen zum Coase Theorem? Prof. Dr. Martin Moog 26 TUM School of Management Ronald Coase (Leben) Ronald Harry Coase (* 29. Dezember 1910 in Willesden bei London) ist ein britischer Wirtschaftswissenschaftler. Er erhielt 1991 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften für „seine Entdeckung und Klärung der Bedeutung der sogenannten Transaktionskosten und der Verfügungsrechte für die institutionelle Struktur und das Funktionieren der Wirtschaft“. (→CoaseTheorem) Leben Ronald Coase wuchs in England auf und studierte von 1929 bis 1931 an der London School of Economics and Political Science (LSE). Seine wissenschaftliche Laufbahn begann in Dundee und Liverpool, bald aber kehrte er an die LSE zurück. 1951 wurde er zum Professor der University of Buffalo in den USA berufen, 1958 wechselte er an die University of Virginia, und 1964 kam er an die University of Chicago, deren Professor for Law and Economics er bis zu seiner Emeritierung 1982 blieb. Er ist Mitglied der neoliberalen Denkfabrik Mont Pelerin Society. aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie Prof. Dr. Martin Moog 27 TUM School of Management Ronald Coase (Werk) Der Name Ronald Coase steht in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion vor allem für zwei bahnbrechende Aufsätze, auf denen wesentliche Theorien gründen, mit denen die Wirtschaftswissenschaft heute argumentiert: 1937 schrieb Coase „The nature of the firm“, ein Artikel, in dem er u.a. ein Unternehmen als hierarchisches Vertragsgeflecht beschreibt. Außerdem beschreibt er die Existenz von Unternehmen als Folge von bei der Nutzung von Märkten auftretenden Transaktionskosten. Obwohl Coase später schreibt, dass ihm die Folgen seines Gedankengangs gar nicht bewusst waren, gilt dieser Artikel als Initialzündung für die vertragsorientierte Betrachtung wirtschaftlichen Handelns, die später in den Theorien der Neuen Institutionenökonomik ihren Niederschlag finden. Hierzu gehören die „Theorie der unvollständigen Verträge“, die Transaktionskostentheorie und die Prinzipal-Agent-Theorie . 1960 widmete sich Coase wieder einem vertragstheoretischen Thema und beschrieb in „The problem of social cost“ die Schwierigkeiten, die externe Effekte wirtschaftlichen Handelns auslösen, wenn die betroffenen Eigentumsrechte nicht klar zugewiesen sind. Dieser Aufsatz, ein Meilenstein in der Theorie der Verfügungsrechte (property rights theory) beeinflusste die nachfolgenden Debatten und wirkt bis heute, etwa im Bereich des Umweltschutzes, dessen Emissionsrechtehandel auf das nach ihm benannte Coase-Theorem zurückgehen. Coase gab während seiner Zeit als Professor in Chicago das renommierte Journal of Law and Economics heraus. Seine Arbeiten, insbesondere „The nature of the firm“, gelten als Grundstein der Neuen Institutionenökonomik. aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie Prof. Dr. Martin Moog 28