Lass die Sonne rein - Beim Vorzeige-Wohnhaus wurde viel

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Dateiname: HPHK1051_Sunlighthouse Druckdatum: 30.12: 15 Holzbau > Thema
Velux Sunlighthouse
Lass die Sonne rein
Beim Vorzeige-Wohnhaus wurde viel mit Holz gebaut
„Zeigen, was möglich ist“, war der Hintergedanke des klimafreundlichsten Holzbaus Österreichs, dem Velux Sunlighthouses nahe Wien. Die Sonne durchflutet alle
Räume. Sie bringt Holzböden, -wände und -decken zum Leuchten. Dank des Holzeinsatzes wird das Gebäude in 30 Jahren eine ausgeglichene CO2-Bilanz haben.
W
Wie ein Quarzkristall am Wienerwald
Für die Planer und Ausstatter war das Sunlighthouse ein großer Spielplatz. Sie durften zeigen,
was möglich ist, ohne dass ihnen ein penibler Kostenrechner im Nacken saß. Von Anfang an wurden
Haustechniker in den Planungsprozess eingebunden. Den Architektur-Wettbewerb gewann DI Juri
Troy von Hein-Troy, Wien. Das Haus mit Ecken und
Kanten erinnert an einen Monolith, einen Quarzkristall. Die Tragstruktur ist ein Holzrahmenbau.
Die Konstrukteure verfolgten zwei Ziele. Am
wichtigsten war, ein Wohlfühlhaus zu bauen.
Zu jeder Jahreszeit ist das Gebäude warm, die
Luft frisch und die Sonne eingeladen, durch die
Fenster zu scheinen. Zweites Gebot war Klimaneutralität. Konsequent durchgerechnet wurde
der CO2-Ausstoß jedes Bauteils berücksichtigt.
Solche Angaben liefert etwa der OI3-Index, der
neben dem Treibhauspotenzial den Primärenergie-Bedarf und das Potenzial zur Versauerung der
Umwelt abbildet. Viel Know-how holte man sich
aus wissenschaftlichen Einrichtungen. Die DonauUniversität Krems und das Österreichische Institut
für Baubiologie und Bauökologie (IBO), Wien, begleiteten Planung und Errichtung.
as steht beim Wohnbau eigentlich im Mittelpunkt? Das Wohlbefinden der Bewohner ist es oftmals nicht mehr. Häufig zählt nur eine
Zahl: der U-Wert oder der Energiebedarf in Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. Hermetisch „dichte Plastikkisten“ mit „Saunatemperaturen“ im Juli und „grantigen Bewohnern“ kann
nicht das Ziel modernen Wohnbaues sein. Der
dänische Fensterproduzent Velux startetee daher eine Initiative, Energiespar-Konzepte mit hoher Lebensqualität zu umzusetzen. Eines der sechs
Vorzeige-Häuser der Reihe „Modelhome 2020“
steht in Österreich. In Pressbaum, 20 km westlich
von Wien wurde das Velux-Sunlighthouse errichtet. Im Mittelpunkt stehen Sonne und Holz.
CO2-neutral und Holz gehen Hand in Hand
Die Prämisse war, während der Nutzungsdauer alles CO2, das für die Errichtung aufgewendet wurde,
wieder hereinzuholen. Das funktioniert nur, wenn
das Haus mehr Energie erzeugt, als es verbraucht.
Daten & Fakten
Velux Sunlighthouse
Bauherr:
Bautyp:
Energiekonzept:
Energieüberschuss:
Velux Österreich, Wolkersdorf
Dreigeschossiges EinfamilienHaus in Holzriegel-Bauweise
CO2-neutrales Aktivenergiehaus durch Fotovoltaik,
Solarkollektoren und Wärmepumpe
3.929 kWh/J
Kooperationspartner:
Konstruktion:
Innenausstattung:
Außenbereiche:
Dämmung
Energie:
Sonstiges:
Egger, St. Johann in Tirol
(OSB-Platten); Rigips, Bad
Aussee (Gipskarton- und
Gipsfaserplatten); Slagstar,
Waldegg (Ökobeton);
Admonter, Admont (Fußböden); Fiandre, Castellarano/IT
(Fliesen), Svoboda Büromöbel, St. Pölten (Möblierung);
Bauder, Ansfelden (Dachkonstruktion); Rheinzink, Datteln/DE (Dach und Fassade);
Pichler Chemie, Ehrenhausen (Kleb- und Dichtstoffe);
Rockwool, Wien (SteinwolleDämmung); Siga, Ruswil/CH
(Dichtbahnen); Waldviertler
Flachshaus, Friedersbach
(Flach-Dämmung)
AEG Elextrolux, Wien (Haushaltsgeräte); Ertex Solar,
Amstetten (Fotovoltaik); Gira,
Radevormwald/DE (Elektroinstallation)
Rail Cargo Austria, Wien
(Logistik); Somfy, ElsbethenGlasenbach (Rollläden)
Solarthermie, Fotovoltaik und eine Wärmepumpe
sorgen dafür. Trotzdem könnte der CO2-Rucksack
kaum abgebaut werden, würde das Haus aus Ziegel und Beton gebaut. Holz war die logische Alternative. Ausdrücklich gelobt wird seitens Velux das
ausführende Bauunternehmen Kaspar Greber, Bezau.
Weitge hend vorgefertigt
kamen die
Bildquelle: Velux (5), Velux/ Adam Mørk (2), Plackner (1)
Auf den Zentimeter genau passten die vorgefertigten Elemente bei der Montage
Mittels Blower Door-Test wurde die Luftdichtheit nachgewiesen
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Schlicht und modern ragt das Velux-Sunlighthouse wie ein Kristall über den Wienerwald – die Fichtenfassade ist unbehandelt, soll aber dank Hinterlüftung Jahrzehnte halten
Dateiname: HPHK1051_Sunlighthouse Druckdatum: 30.12: 15 Präzisionsarbeit war die Vormontage inklusive Fenster der Wandelemente bei
Holzbau Kaspar Greber in Bezau
Elemente aus dem Bregenzer Wald auf die Baustelle. Rail Cargo Austria, Wien, sorgte dafür, das
auch der Transport umweltfreundlich von Statten
ging. Sogar die Fenster wurden beim mehrfachen Preisträger des Vorarlberger Holzbaupreises
(2005, 2007 und 2009) vorverbaut. Die Montage
geschah innerhalb weniger Tage.
Masse sorgt für kühle Köpfe
Intelligente Architektur, integrierte Fensterläden
sowie der nahe Wald und Nachbarn sorgen für
eine reduzierte Sonneneinstrahlung im Sommer.
900 m2 Rigidur H-Gipsfaserplatten von Rigips,
Bad Aussee, tragen mit Ihrer Speichermasse zur
Sicherstellung des sommerlichen Komforts bei..
Diese werden in der Nacht mit einer ausgeklügelten Lüftung, die Temperatur, relative Luftfeuchte,
Kohlendioxid-Gehalt innen und den Wind außen
berücksichtigt, gekühlt. Angesaugt wird kühle
Waldluft. Die vom IBO simulierte Konstruktion soll
das Haus auch an Hitzetagen frisch halten.
Bei Bedarf kann sogar die Wärmepumpe für
Kühlzwecke eingesetzt werden. Die Sole, welche
im Winter Energie aus dem Boden ins Haus transportiert, kann im Sommer umgekehrt eingesetzt
werden. Die berechnete Maximaltemperatur in
Wohnräume liegt bei 25,7° C. Ein umfassendes
Monitoring wird zeigen, ob sich die Normwerte
bei regelmäßiger Nutzung einhalten lassen.
Holzriegelbau mit gesunder Ökobilanz
Auch bei der Dämmung des Holzriegelbaues
wurde auf Nachhaltigkeit geachtet. Wo möglich,
verwendete man Flachsdämmung vom Waldviertler Flachshaus, Friedersbach. 162 m2 an 4,
Thema > Holzbau
Vollflächig auf Trockenestrich verklebt wird der zweischichtige Eichenparkett – der Unterbau ist eine Sicht-Brettstapeldecke
6, 8, 12 und 16 cm starken Flachsplatten unterbinden ungewollten Wärmetransport. Zusätzlich
kamen 112 m2 Flachs-Trittschalldämmung zum
Einsatz. Die Platten bestehen aus geschnittener
Flachskurzfaser und Kartoffelstärke. Damit wurde
bei der Dämmung auf einen nachwachsenden,
heimischen Rohstoff gesetzt. Die setzungsfreien
und klemmfähigen Produkte weisen 0,038 W/mK
Wärmeleitfähigkeit auf.
Für die nötige Steifigkeit kamen ebenfalls
Holzprodukte aus Österreich zum Einsatz. 900 m2
„Eurostrand OSB 4 Top“-Platten von Egger, St.
Johann in Tirol, wurden verbaut. Mit mehr als
600 kg/m3 übernehmen sie neben statischen auch
thermische Aufgaben. Die 5 mal 2,5 m langen und
18 mm dicken Platten sind nachweislich frei von
Formaldehyd. Hilfreich bei der Berechnung der
Ökobilanz war die vorhandene Umwelt-Produktdeklaration (EPD) nach ISO 14040.
Fensterfläche: 42 % vom Grundriss
Velux hat seine Unternehmensziele bereits im
Namen definiert. Ventilation (Ve-) und Licht
(-lux) können die Kunden erwarten. In Pressbaum kommt ein weiterer Aspekt dazu: Wärme.
Das erste nachweisliche CO2-neutrale Gebäude
Österreich ist – Überraschung – kein Passivhaus.
Das ließe sich mit der Menge an Fenstern kaum
realisieren. 42 % der Grundfläche sind beim Sunlighthouse mit Holz-Alu-Fenstern verglast – vier
Mal mehr, als die Bauordnung vorschreibt. Sogar
von den energetisch schwierigen Dachfenstern
wurden über ein Dutzend verbaut – und ganz offensiv als Heizelement genutzt. 47 % des Wärmebedarfs werden über „solare Gewinne“ erzielt. Wie
Hell und freundlich ist das Velux Sunlighthouse dank weiß lasierter Holzwänden und -decken sowie des
weiß geölten Admonter Eichenparketts
das funktioniert, weiß jeder, der sich hinter einem
Fenster in der Sonne räkelt und die Wärme genießt. Gerade im Winter ist das eine angenehmen
Vorstellung. In der heißen Jahreszeit jedoch kann
das ein Problem werden. Dass die sommerliche
Überhitzung im Vorzeigehaus ein Problem wird,
verhindern drei Prinzipien – Schatten, Lüftung
und Masse.
7000 kWh/J Strom von der Sonne
Um den CO2-Ausstoß während der Bauphase zu
kompensieren, muss das Haus mehr Energie erzeugen, als es verbraucht. Die dazu nötigen Fotovoltaik-Elemente orderten die Bauherren bei Ertex
Solartechnik im nahen Amstetten. Geliefert wurden 46 m2 monokristalline Zellen. 155 W/m2 erreicht das Topmodell der niederösterreichischen
Sonnenanzapfer. Das entspricht einer Effizienz
von 21 %.
Sogar die Verdrahtung ist bei diesen Zellen auf
der Hinterseite (Backside-Contact). So kann die
Kraft der Sonne ungebremst in Elektrizität umgewandelt werden. Die 8 kW installierte Leistung erzeugen 7000 kWh/J Strom. Theoretisch wäre noch
höherer Output möglich. Doch der Bauplatz und
die Ausrichtung entsprechen der gängigen Praxis
und nicht der Theorie. Immerhin sorgt die Fotovoltaik-Anlage am Dach für doppelt soviel Strom, als
ein durchschnittlicher österreichischer Haushalt
im Jahr konsumiert.
Austatter zeigen, was sie können
Beim Rundgang fällt ein bemerkenswertes Detail
nach dem anderen ins Auge. Erster Eindruck nach
Öffnung der Eingangtür ist, wie hell die Räume ›
Wienerwald im Holzrahmen: Terrasse mit
Fichtenfassade und Buchenblick
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Dateiname: HPHK1051_Sunlighthouse Druckdatum: 30.12: 15 Holzbau > Thema
Bildquelle: Velux/ Adam Mørk
sind. Die Wände bestehen aus Fichten-Massivholzplatten mit Weißlasur. Diese lässt die Maserung
erahnen, ist aber nicht rustikal. Aufmerksamkeit
erregt das Bedienterminal von Gira, Radevormwald/DE, welches den Großteil der Haustechnik
steuert. 25 Sensoren, zwei Displays für die Alarmanlage, eine Sprechanlage mit zwei Innenstellen
und einer Außenstelle hat das nordrhein-westfälische Unternehmen montiert. Zudem kommen
Steckdosen und für TV und Internet sowie drei
Konstantlichtregler.
Die Taster sind Mehrfachsensoren ohne extra
Schalterbatterie. Prunkstück sind aber die Bedienterminals mit hinterleuchtetem Display. Die Lichtregler dimmen die Lampen entsprechend der
Außenhelligkeit. Zusätzlich ist eine Alarmanlage
integriert. Im Notfall gehen per Panikfunktion die
Lichter an.
Dachflächenfenster werden aktiv für Energiegewinnung genutzt
Holzbau für
kühle Köpfe
Experten bei einer Tagung in
Linz auf den Grund. Auf Initiative
des Möbel- und Holzbauclusters
Oberösterreich sowie Rigips, Bad
Aussee, und Binderholz Bausysteme, Hallein, wurde das Thema in
sieben Vorträgen wissenschaftlich
und praxisnah erläutert. DI (FH)
Jens Koch zeigt sich mit der Veranstaltung zufrieden. „Es zeigte sich,
dass die Bauweise kaum einen
Einfluss auf die Innentemperatur
hat“, erklärt er. „Viel bedeutender
sind Lüftung und Abschattung. Da
kann viel falsch gemacht werden.“
Bildquelle: Velux
Regelmäßig werden im deutschsprachigen Raum Sommertemperaturen von 35° C. Die Folge sind
überhitzte Wohnungen und Büros
wie Backöfen. Gerade Niedrigenergie- und Passivhäuser haben
den Ruf, im Sommer leicht zu heiß
zu werden. Oft sind Holzkonstruktionen davon betroffen.
Was ist wahr, was ist Vorurteil
beim Sommerlichen Wärmeschutz? Dieser Frage gingen 80
Lichtspiele an Wänden und Böden
Tageslicht und Helligkeit sind die gemeinsamen
Nenner aller Wohnräume. Das gelingt nicht nur
dank großzügiger Fensterflächen. Weiß getünchte
Fichtenwände und Eichenböden geben eine großzügige Atmosphäre. Admonter, Admont, lieferte
180 m2 weiß geölten „2bond Eiche Elegance“Boden. Die Besonderheit ist das Kleinformat (12
mal 120 cm) und der Aufbau mit zwei Schichten.
Vollflächig verklebt wie im Sunlighthouse, ist er
für Fußbodenheizungen geeignet.
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Neben dem klaren Design fand auch beim Boden die Nachhaltigkeit Beachtung. Eichenholz aus
der Region, natürliches Öl und umweltfreundliche
Verklebung waren Argumente für das Produkt aus
der obersteirischen Marktgemeinde.
Im Sommer beginnt der harte Alltag
Noch ist das Velux-Sunlighthouse ein gut besuchtes Vorzeigeobjekt. Online können sich Interessenten für Besichtigungen anmelden, wobei die
meisten Termine schon ausgebucht sind. Das Haus
ist heiß begehrt. Die Zeit, wo hunderte Besucher
Keller bis Schlafzimmer in Begutachtung nehmen,
ist aber begrenzt. Das Gebäude ist als vollwertiges Einfamilienhaus konzipiert und so soll es auch
Verwendung finden. Mit Sommer plant Velux,
das Sunlighthouse zu verkaufen. Dann endet die
Vorzeige-, nicht aber die Lernphase. Dutzende
Parameter, die Aufschluss über die Wohnqualität
geben, sollen weiter aufgezeichnet werden. Der
tatsächliche Energieverbrauch, die Raumtemperatur im August oder die relative Luftfeuchtigkeit an
eisigen Jännertagen ist nur richtig zu bestimmen,
wenn einen normale Nutzung vorliegt.
Nicht wenn sich Exkursionsteilnehmer die
Klinke in die Hand geben, muss sich das Haus bewähren. Eine Otto-Normalbewohner-Familie soll
sich wohlfühlen. Das ist, in einem Satz zusammengefasst, das Ziel aller Anstrengungen. An Interessenten wird es nicht mangeln.
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Aus dem Vorträgen zieht Koch
folgende Schlüsse:
››Mit jeder gängigen Bauweise
kann ein angenehmes Raumklima geschaffen werden.
››Eine temperaturwirksame Masse kann bereits mit Standardkonstruktionen erreicht werden.
››Aufwändige Phase-ChangingMaterials (PCM) sind nicht notwendig.
››In Zukunft ist mit steigenden
Temperaturen zu rechnen. In
Folge werden aktive Kühlmechanismen ein Thema werden.
Darauf kann schon jetzt Rücksicht genommen werden.
Rigips rechnet mit einem steigenden Holzbauanteil. Aktiv bemüht sich der Trockenbau-Profi
daher, geprüfte und funktionierende Bausysteme zur Verfügung
zu stellen. Auf der Bau 2011 in
München wird gemeinsam mit
Binderholz Bausysteme das Handbuch Massivholzbau vorgestellt.
Dem sind geprüfte BrettsperrholzRigips-Kombinationen mit allen
Kennzahlen zu entnehmen.
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Kühl durch Masse: Rigips-Platten
werden etwa beim Velux-Sunlighthouse (Bild) eingesetzt
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