SINN UND BEDEUTUNG KLINISCHER ETHIKBERATUNG MER – Orientierungen und Perspektiven meris e. V. Wittenberg 23.-24. Oktober 2010 Andreas Linsa Gliederung 1. Einleitung 1. 2. 2. Ethische Entscheidungsfindung 1. 2. 3. Geschichtliche Entwicklung Klinischer Ethikberatung Argumente für die Implementierung Klinischer Ethikberatung in der Gegenwart Modelle Klinischer Ethikberatung Praxis ethischen Entscheidens in der Klinischen Ethikberatung Praxis der Klinischen Ethikberatung 1. 2. 3. 4. Ziele Aufgaben Organisationsformen Gefahren 1.1. Geschichtliche Entwicklung Klinischer Ethikberatung USA: Catholic Hospital Organization: Ethical and Religious Directive Schwangerschaftsabbruch Sterilisation Sterbehilfe Verteilungsgerechtigkeit („God Committee“) Fall Karen Ann Quinlain Deutschland: „Ethik-Komitee im Krankenhaus“, 1997, hrsg. vom Deutschen Evangelischen Krankenhausverband und dem Katholischen Krankenhausverband Deutschland e. V. Zertifizierungen (Qualitätsmanagement) Stellungnahme der Zentralen Ethikkommission der BÄK 2006 1.2. Argumente für die Implementierung Klinischer Ethikberatung in der Gegenwart medizinischer Fortschritt Therapiebegrenzung Allokationsgerechtigkeit Autonomie Ermittlung des mutmaßlichen Willens Wertepluralismus Qualitätsmanagement 2.1. Modelle Klinischer Ethik-Beratung Fahr (2008) Modell Kennzeichen Vertreter (Beispiele) Philosophisch orientierte Modelle Phänomenologisch Beobachten Agich, Zaner Hermeneutisch Deuten Widdershoven Analytisch Begrifflich-logische Analyse Dialektisch Abwägen Intuitiv Spontane Einfälle Pragmatisch Handeln ermöglichen Fletcher, Fins, Richter Intuitiv-prinzipienethisch Gewissheit Beauchamp/Childress, Steinkamp/Gordijn Analogisch Kasuistik Jonsen/Toulmin Diskursethisch Diskurs Apel/Kettner Sokratische Methode Psychologisch orientierte Modelle Systemisch Systematischer Perspektivenwechsel Reiter-Theil Psychoanalytisch Manifeste vs. latente Inhalte Partiell bei Kettner 2.2. Praxis ethischen Entscheidens in der Klinischen Ethikberatung möglichst multiprofessionelle und interdisziplinäre Besetzung der KEK (BÄK: 7-20 Mitglieder) konsensorientierte Verfahren Entscheidungskompetenz verbleibt beim Behandler Befolgung der Voten bleibt freiwillig professionelle Leitung des KEK Gleichberechtigung aller Beteiligten DFG-Projekt „Ethik und Organisation“ „Interessanterweise gehört eben nicht das engagierte Vertreten eines für richtig erachteten Arguments zu den Bedingungen eines als erfolgreich erlebten ethischen Diskurses, sondern umgekehrt gerade der Verzicht darauf. Sich als irritierbar, als von der Situation beeinflussbar zu präsentieren, kennzeichnet den idealen Teilnehmer an einer Sitzung des Ethikkomitees.“ Anselm (2008) 3.1. Ziele Klinischer Ethikberatung Patientenanwalt Gegengewicht zum technologischen Imperativ Vertreter von Patientenrechten Ethische Ausrichtung der Organisation Forum zur Meinungsbildung Gewissen der Organisation Krankenhaus Winkler, E. C.: Ethik Med 21(2009):309-322 3.2. Aufgaben der Klinischen Ethikberatung 1. Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie Sensibilisierung der Mitarbeiter für Fragen der Ethik 2. individuelle ethische Fallbesprechungen prospektiv retrospektiv 3. Erarbeitung von Ethikleitlinien für die Institution Übersicht: www.ethikberatung.uni-goettingen.de Zentrale Ethikkommission der Bundesärztekammer (2006) 3.3. Organisationsformen Klinischer Ethikberatung Expertenmodelle Delegationsmodelle Ethikkomitee Prozessmodelle Ethikkomitee Ethikkomitee Moderator Ethik-Liaisondienst Ethik-Konsil Offene Modelle Ethik-AG, Arbeitskreis Ethik, Ethik-Café, Ethik-Salon, Ethik-Forum, Runder Tisch Ethik o. a. Neitzke (2008) Gibt es ein favorisiertes Modell? Einzelner Ethikberater Verfügbarkeit und Effizienz Einbeziehung aller Betroffenen Repräsentation diverser Ansichten Attributierbarkeit von Verantwortung Großes Komitee Konsilteam mit Komitee ++ - + + - + - + + ++ - + Winkler, E. C.: Ethik Med 21(2009):309-322 Klinische Ethik und Globalisierung Autonomie Menschenwürde Menschenrechte Menschenrechte Menschenwürde Autonomie Klinische Ethik und Globalisierung Klinische Ethik und Globalisierung Klinische Ethik und Globalisierung ? ? ? ? ? Prozeduraler Universalismus (G. Neitzke) Zeitalter des Pluralismus global gültiger medizinethischer Kodex „prozeduraler Universalismus“ verpflichtet keine nicht auf vorgegebene Werte materiale Mahnung sondern auf kulturspezifischen Diskurs zu vorgegebenen Themen also formale Mahnung Themen aus der Klinik: unterschiedliche Lebensende Autonomiekonzepte Standards für Ethikberatung in Einrichtungen des Gesundheitswesens (Vorstand der Akademie für Ethik in der Medizin) „Voraussetzung für eine erfolgreiche Ethikberatung sind die Verankerung in der Mitarbeiterschaft und die Unterstützung durch die Leitungsebene (Bottom-upund Top-down-Prinzip). So erfolgt eine Berufung der Mitglieder eines Gremiums zur Ethikberatung durch die Leitungsebene. In diesem Zusammenhang sind Dienstzeit-regelungen, Ausstattung und Budget zu klären. Einrichtungsinterne Leitlinien, die von der Ethikberatung erarbeitet wurden, müssen durch die Leitungsebene bestätigt und umgesetzt werden.“ Ethik Med 22(2010):149-153 3.4. Gefahren Klinischer Ethikberatung Ethikberatung als Ersatz ärztlicher Entscheidungen „Wohlfühlethik“ (Liening) „moral holidays“ (Kettner) Der ethische Diskurs im Ethikkomitee „Es geht also durchaus um eine ‚Verständigungsgemeinschaft‘ und nicht um einen Verhandlungstisch. Es gilt, eine gemeinsam bedachte Verantwortung in der Urteilsbildung für die Praxis wahrzunehmen. Darin findet gemeinsames Lernen statt. Daraus geht dann auch die Beratung hervor. Der Grundgedanke ist, Ethik ‚vor Ort‘ einzuüben und in Gebrauch zu nehmen.“ Ulrich (2008)