Baustoffe WS 10-11

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Grundlagen der Baustoffkunde für Architekten
Themen
Einteilung der Baustoffgruppen, Eigenschaften,
Einsatzbereiche, Verarbeitungskriterien
Naturstein
künstliche Mauersteine
Anorganische Bindemittel
Beton/Stahlbeton
Mörtel und Estriche
Glas
organische Bindemittel
Bituminöse Baustoffe
Eisen und Stahl
Nichteisenmetalle
Kunststoffe
Semester
WS 2010-11
Wochenstunden
2 h /Woche
Abschluss
Klausur
Referent
Dipl.-Geol. Martin Sauder
Saargemünder Str. 33
66119 Saarbrücken
Tel: 0049-681-49031 Fax: 0049-681-49055
Mail: [email protected]
Web: www.ibs-sauder.de
Grundlagen der Baustoffkunde – WS 2010/11 – HTW Saarbrücken
1.
Naturstein als Baustoff
1.1.
Ablagerungsgesteine
1.1.1.
Klastische Sedimentgesteine
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griech. kladsein = zertrümmern
Klastische Sedimentgesteine (Trümmergesteine)
(
) sind Ablagerungen mechanisch zerkleinerten Verwitterungsmaterials. In
ihrer Struktur unterscheiden sie sich charakteristisch von den Magmatiten dadurch, dass ihre eckigen oder durch Abrollung
rund geschliffenen Gesteins-- bzw. Mineraltrümmer durch ein Bindemittel zu einem Festgestein verkittet werden.
Nach der Korngröße unterscheidet man: Psephite (griech. psephos = Brocken), Psammite (griech. psammos = Sand) und
Pelite (griech. pelos = Ton).
Psephite
Konglomerate sind Sedimentite, die aus mehr als 50% gut gerundeten bis kantengerundeten MineralMineral oder
Gesteinsbruchstücken > 2 mm bestehen. Die Gerölle können aus einer einzigen oder aus mehreren GeG
steins- oder Mineralarten bestehen (monomikte oder polymikte Konglomerate).
Brekzien enthalten vorwiegend eckig-kantige
eckig
Gesteinsbruchstücke.
Psammite
Sandsteine sind überwiegend aus Quarzsand hervorgegangen. Nach dem die Körner verkittenden BindeBind
mittel unterscheidet man kieselige, kalkige, mergelige, tonige, eisenschüssige usw. Sandsteine.
Arkosen sind feldspatführende Psammite.
Grauwacken enthalten neben psammitischen Korngrößen oft noch Grobmaterial (z.B. Gesteinsbruchstücke
von Tonschiefer o. ä.)
Pelite
Ablösung
Tonstein (oder Schieferton) ist diagenetische verfestigter Ton mit oder ohne schichtparallelen Ablösungsflächen.
Tonschiefer sind deutlich geschieferte Tonsteine (bzw. Schiefertone).
efertone). Dabei kann die Schiefrigkeit oft als
Transversalschiefrigkeit ausgebildet sein. d.h. SchichtungsSchichtungs und Schieferungsfläche schneiden sich.
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Neben den Struktureigenschaften der Korngröße und des Rundungsgrades sowie der Textur lässt sich die MineralzusamMineralzusa
mensetzung zur quantitativen Gliederung der klastischen Sedimentite heranziehen.
In unten stehender Abbildung erfolgt die Darstellung des Mischungsverhältnisses der drei Komponenten Quarz, Feldspat
und Ton in einem gleichseitigen Dreieck (Konzentrationsdreieck).
(
). Jede Kante beschreibt die Mischung zweier KomponenKompone
ten. Jeder Punkt im Inneren des Dreiecks gibt das Mischungsverhältnis dreier Komponenten wieder.
1.1.2.
Karbonate, chemische und biogene Sedimente
Chemische Sedimentite sind Ausfällungen von in Wasser gelösten Stoffen. Nach den beteiligten Anionen unterscheidet
man Karbonatgesteine, SulfatSulfat oder Chloritgesteine (zu Evaporiten zusammengefasst),
t), Kieselgesteine
Kieselgestein usw..
1.1.2.1.
Karbonatgesteine (Kalk,
Kalk, CaCO3)
Anorganische bilden sich Kalkgesteine aus Calciumhydrogenkarbonat-Lösungen,
Calciumhydrogenkarbonat Lösungen, in denen das Lösungsgleichgewicht
entweder durch Entzug des Lösungsmittels (Wasser), Entzug von CO2 oder Temperaturerhöhung verändert
veränd
wird. Die häufigsten Ursachen für einen Entzug von CO2 sind Erwärmung der Lösung, Druckentlastung und Assimilation durch WasserWasse
pflanzen. Kalke, die an Quellen oder Wasserfällen entstehen, bilden lückigen Travertin.. In Höhlen bildet sich Kalksinter, z.
T. in Form von Tropfsteinen. Im Meer sedimentierter Kalkschlamm bildet -diagenetisch
diagenetisch verfestigtverfestigt mikritische (feinstkörnige)
Kalksteine (Mikrit). In bewegtem Wasser bilden sich Kalkooide, die in größeren Mengen Kalkoolithe aufbauen.
Detrituskalk (klastisch), Bezeichnung nach der Korngröße:
> 2 mm
Calcirudite
(Brekzien, Konglomerate)
0,063 - 2 mm
Calcarenite
(feinkörnig)
< 0,063 mm
Calcilutite
(feinstkörnig)
Chemisch sedimentierte Kalke:
Krustenkalke (Travertin,, Tropfstein)
oolithische Kalke oder Kalkoolithe
Biogene Kalke (siehe biogene Sedimentite)
Sedimentite
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Korallenkalk, Muschelkalk, Crinoidenkalk (Trochitenkalk)
Kombinationen von 1.1 mit 1.2 und 1.3 sind möglich.
1.1.2.2.
Dolomit, Ca Mg(CO3)2
Dolomite sind im allgemeinen sekundäre Bildungen, in denen das primär kalkige Sediment erst nachträglich durch Zufuhr
und Einbau von Mg2+ in Dolomit umgewandelt wird (Metasomatose). Dabei können zusätzlich Hohlräume im Sediment entstehen (Zellendolomit). Direkt aus Meerwasser ausgefällte Dolomitgesteine sind sehr selten.
1.1.2.3.
Mergel
Ablagerungen von Kalkschlämmen gemischt mit Ton bezeichnet man als Mergel.
1.1.3.
Evaporite
Unter dem Begriff Evaporite werden leicht lösliche Salzminerale zusammengefasst, die erst relativ spät aus ihrer wässrigen
Lösung (z.B. Meerwasser) ausgefällt werden. (Erst rund 70% des Meerwassers müssen verdunstet sein, bis sich gesteinsbildende Sulfate, wie Gips oder Anhydrit und Chloride, z.B. Steinsalz und Kalisalz, als chemische Sedimente niederschlagen.)
1.1.4.
Kalk
CaCO3
Gips
CaSO4 * 2 H2O
Anhydrit
CaSO4
Steinsalz
NaCl
Kalisalz
KCl
Kieselige Gesteine
Anorganisch ausgefällte Kieselsäure findet sich z.B. in Feuersteinen. Es handelt sich um schichtweise konzentrierte linsige
und/oder knollige Kieseleinlagerungen diagenetischer Entstehung. Die meisten kieseligen Sedimentite bilden sich organogen.
Diatomeenschlamm
Kieselgur
Radiolarienschlamm
Radiolarit/Lydit
Feuerstein
1.1.5.
Eisenverbindungen
Fe2+ ist nur in reduzierendem Milieu stabil. Es kann als Eisenkarbonat (FeCO3), Eisensulfid (FeS2) und als Eisensilikat
gefällt werden. Wird es zu Fe3+ oxidiert, entsteht Limonit (FeOOH). Als Limonit - oder nach Hydroxidentzug als Hämatit liefert es die braune bzw. rote Farbe vieler Sedimentite (Bsp.: Buntsandstein). In größerer Konzentration können die genannten Eisenverbindungen gesteinsbildend auftreten (z.B. in Eisenoolithe).
1.1.6.
Biogene Sedimentite
Biogene Sedimentite sind Anhäufungen organischer (tierischer oder pflanzlicher) Reste. Als gesteinsbildende tierische
oder pflanzliche Reste kommen in Frage:
Kalk
z.B. in Form von Kalkinnen- und -außenskeletten zahlreicher Tiergruppen (Korallen, Stromatoporen, Echinodermen,
Bryozoen, Brachiopoden, Muscheln, Schnecken, Foraminiferen usw.); oder in Form anderer Kalkbildungen tierischer und
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pflanzlicher Organismen (Kotpillen, Inkrustierungen usw.). Je nachdem, ob Kalkskelette am Standort ihres Wachstums
weitgehend unversehrt bleiben oder ob es sich um transportierte und dabei mehr oder weniger zerstörte Kalkteile handelt,
spricht man von kalkigen Biolithiten oder von kalkigen Bioklastiten.
1.2.
Magmatische Gesteine
Magmatite entstehen durch Erstarrung hochtemperierter natürlicher,
natürlicher meist silikatischer Gesteinsschmelzen in oder auf der
Erdkruste. Je
e nachdem, ob die Erstarrung in oder auf der Erdkruste erfolgt, unterscheidet man Tiefengesteine und ErgussErgu
gesteine.
1.2.1.
Tiefengesteine (Plutonite
Plutonite)
Bei der Erstarrung von Plutoniten in der Tiefe
Tiefe erfolgt die Ausscheidung (die Kristallisation ) der gesteinsbildenden Minerale
nach festen Gesetzmäßigkeiten. So wird Ihre Auscheidungsfolge durch die verschiedenen Schmelzpunkte der beteiligten
Minerale bestimmt (fraktionierte Kristallisation).
Bei der
er Abkühlung eines alle möglichen chemischen Komponenten (einschließlich H2O) enthaltenden Magmas bilden sich
zuerst die am schwersten löslichen Erze und andere weniger häufige Minerale (Akzessorien). Bei fortschreitender TemperaTemper
turabnahme scheiden sich die
di eigentlichen gesteinsbildenden Silikatminerale aus.
Die dunklen Gemengteile (Mafite) kristallisieren in der Reihenfolge Olivin, Pyroxen, Amphibol, Biotit.
Biotit Zunächst bilden sich
also die SiO2-ärmeren
ärmeren Gemengteile
Geme
(Olivin, Pyroxen). Die kieselsäurereichen Mafite (Amphibol,
Amphibol, Biotit)
Biotit folgen erst bei der
sich daraus ergebenden relativen Anreicherung von SiO2 in der Schmelze.
Gleichzeitig mit den dunklen Gemengteilen bilden sich auch bereits die ersten helle Gemengteile, die Feldspäte.
Feldspäte Auch hier
kristallisiert zunächst der SiO2-ärmere Ca-Plagioklas und dann die Plagioklase mit zunehmendem Na-Gehalt,
Na
zuletzt Albit
und schließlich Kali-Feldspat
Feldspat. Erst wenn der SiO2-Gehalt
Gehalt der Restschmelze ein Mindestmaß erreicht hat, bildet sich Quarz.
...
In folgender Abbildung sind vier aufeinander folgende zeitliche Phasen der Kristallisation dargestellt:
Olivin kristallisiert zuerst
Pyroxen und Ca-reiche
Ca
Plagioklase treten hinzu
Amphibol bildet sich, Zuwachs
und Neukristallisation von
Plagioklasen bei gleichzeitiger
Zunahme des Na-Gehaltes
Abscheidung von Biotit,
Na- und Kalifeldspat
zum Abschluss Quarz
als Zwickelfüllung
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Das geschilderte Nacheinander der Ausscheidung bedingt, dass die späteren Minerale nicht mehr die gleiche Möglichkeit
idiomorpher (eigengestaltiger) Ausbildung haben, wie die zuerst ausgeschiedenen; es bildet sich ein Gestein mit idiomorphen, hypidiomorphen (fast eigengestaltigen) und xenomorphen (fremdgestaltigen) Kristallen.
Die langsame Abkühlung von in der Tiefe erstarrenden Magmen bedingt, dass alle kristallisierenden Komponenten ungefähr gleich groß sind, und zwar so groß, dass man sie gut mit freiem Auge unterscheiden kann. Nur Kalifeldspat neigt zu
übermäßigem Größenwachstum, so dass von porphyrartiger Struktur gesprochen wird. Beispiel: porhpyrartiger Granit
Dringt eine Silikatschmelze, die aufgrund ihrer Zusammensetzung in der Lage wäre, das bisher geschilderte "Einheitsgestein" zu bilden, in die obere Erdkruste vor und kristallisiert sie dort - immer noch in größerer Tiefe - in geologische langen
Zeiten aus, so werden sich ihre Kristalle nach der Reihenfolge ihrer Bildung und gemäß ihrem spezifischen Gewicht (relativ
zur Schmelze) räumlich separieren.
Einerseits führt schon das zeitliche Nacheinander der Ausscheidung zu bestimmten Mineralkoexistenzen: so werden Olivin
+ Pyroxen + Ca-Plagioklase als Erstkristallisate auch Nachbarn im Kristallaggregat (im Gestein) sein; ebenso Biotit + KFeldspat + Quarz am Ende der Kristallisation. Andererseits sinken die schwereren Mafite (Olivin und Pyroxen) ab und die
leichteren hellen Komponenten (Plagioklas, später K-Feldspat) konzentrieren sich in höheren Bereichen des
Magmenkörpers.
Durch solche internen Verschiebungen innerhalb des Magmas kommt es zur Bildung unterschiedlich zusammengesetzter
Tiefengesteine. Man spricht von gravitativer Differentiation.
1.2.2.
Vulkanite (Ergussgesteine)
Erstarrung von Magma unter vulkanischen Bedingungen bedeutet rasche Kristallisation der Schmelze, die jetzt Lava genannt wird. Die rasche Abkühlung bedingt dass die kristallisierenden Komponenten der Vulkanite sehr klein bleiben. In den
meisten Fällen kann man sie mit bloßem Auge nicht unterscheiden. In manchen Fällen unterbleibt die Kristallisation überhaupt, das Erstarrungsgestein ist ein vulkanisches Glas.
Haben sich größere Kristalle als Erstauscheidung schon in der Tiefe gebildet, so "schwimmen" sie als Einsprenglinge in der
jetzt an der Erdoberfläche gebildeten feinstkörnigen oder glasigen Grundmasse (Matrix). Diese porphyrische Struktur ist
grundsätzlich charakteristische für Ergussgesteine. (Wo sich in der Tiefe noch keine oder nur vereinzelt Kristalle gebildet
haben, fehlen natürlich diese Einsprenglinge ganz oder fast ganz).
Wie bei den Tiefengesteinen, so sind auch bei den Ergussgesteinen die Mineralparagenesen durch die chemischen Zusammensetzung des austretenden Magmas bestimmt (siehe tabellarische Aufstellung der Magmatite; zeitliche Unterscheidung der Vulkanite).
Bei plötzlicher Druckentlastung (z.B. bei explosionsartigem Ausbruch eines Vulkans) wird Magma durch das rasche Entweichen der in ihm enthaltenen Gase vielfach völlig zerpratzt. Die Schmelzfetzen oder -tröpfchen erstarren dann in der Luft zu
Schlacken oder feinen glasigen Partikeln (Pyroklastika). Sie werden abgelagert und als Tuffe bezeichnet. Stofflich stimmen
solche vulkanischen Aschen mit den vom gleichen Vulkan gelieferten Laven überein.
1.2.3.
Ganggesteine
Ganggesteine füllen mm bis m breite Risse und Spalten in anderen Gesteinen.
Mit ihrer Struktur stehen die Ganggesteine zwischen der gleichkörnigen Struktur der Tiefengesteine und der porphyrischen
Struktur der Ergussgesteine. Weder gibt es nur eine Größenordnung für alle Minerale noch gibt es einen ausgesprochenen
Hiatus zwischen großen Einsprenglingen und der feinstkörnigen Grundmasse. Alle Mineralien sind vielmehr in allen Größenordnungen vertreten.
Ganggesteine können in ihrer Zusammensetzung dem Inhalt eines dazugehörigen Tiefengesteins entsprechen. Weicht der
Inhalt der Gänge vom Inhalt eines dazugehörenden Tiefengesteins ab, so spricht man von Lamprophyren (mit meist
basicher Zusammensetzung), wenn die Ganggesteine viele dunkle Gemengteile enthalten.
Enthalten solche Gänge dagegen mehr helle Gemengteile (z.B. bei granitischer Zusammensetzung), so heißen sie Aplite
(wenn feinkörnig) oder Pegmatite (wenn grobkörnig).
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Wichtige magmatische Gesteine
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1.3.
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Umwandlungsgesteine (Metamorphite)
Metamorphite entstehen durch UmUm bzw. Neukristallisation infolge Druck- und Temperaturerhöhung aus bereits vorhandevorhand
nen Magmatiten oder Sedimentiten.
Sedimentiten
Um den Umwandlungsprozess
Umwandlungsproze der Metamorphose von den Vorgängen der Verwitterung
rung und Diagenese (Gesteinsverfestigung) einerseits und der Anatexis (Gesteinsaufschmelzung) andererseits abzusetzen, muss
mu eine genauere Definition der
Metamorphose wie folgt erweitert werden:
Metamorphose ist die mineralogische Veränderung von Gesteinen unter Beibehaltung des festen Zustandes infolge physiphys
kalischer
er und chemischer Bedingungen, die außerhalb
au erhalb des Bereichs der Verwitterung und der Diagenese in der Erdkruste
geherrscht haben und die von denjenigen Bedingungen verschieden sind, bei denen die Gesteine entstanden sind.
In folgender Abbildung sind die verschiedenen
verschiedenen Arten der Metamorphose in Abhängigkeit von den physikalischen ParameParam
tern Druck (Tiefe) und Temperatur in einem Diagramm dargestellt.
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1.3.1.
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Thermometamorphose (Kontaktmetamorphose)
Bei ansteigenden Temperaturen aber gleichbleibend niedrigem Druck wird das Ausgangsgestein durch Um- und Neukristallisation Korn für Korn verändert. (Rekristallisation, Kristalloblastese). Evtl. noch vorhandene Porositäten verschwinden; die
Einzelkörner kommen zu unmittelbarem Kontakt untereinander.
Erwärmung ohne besonderen Druckeinfluss findet im Kontakt der Schmelze mit Ihrem Nebengestein statt (Kontaktmetamorphose). Rund um Granitplutone z.B. entstehen Kontakthöfe (Kontaktaureolen), in deren Innenbereich meist lückenloses
und regellos feinkörniges Gefüge vorherrscht (Hornfels); nach außen ist das Auftreten der Porphyroblasten (flecken-, garben-, knotenartige Sprossungen neuer Minerale) charakteristisch (Chiastolithschiefer)
1.3.2.
Thermodynamo-Metamorphose
An der Umbildung der Gesteine ist neben der Temperatur ein gerichteter Druck (stress) beteiligt, weshalb sich neu gebildete Kristalle (z.B. Glimmermineralien) in eine Fläche einregeln. Es entsteht ein neues Flächengefüge.
Die Thermodynamo-Metamorphose steht in ursächlichem Zusammenhang mit großräumigen (regionalen)
Durchbewegungen der oberen Erdkruste, wie sie sich bei Gebirgsbildungen (Orogenesen) abspielen. Sie wird deshalb - zusammen mit der Versenkungsmetamorphose - auch meist mit dem Begriff Regionalmetamorphose umschrieben. Typische
Gesteine mit entsprechender Paralleltextur sind Glimmerschiefer und Gneise.
1.3.3.
Versenkungsmetamorphose
Werden Gesteine allmählich in größere Tiefen der Erdkruste verlagert, so dass der allseitige Belastungsdruck (strain) stark
ansteigt, die Temperatur dagegen weniger, spricht man von Versenkungsmetamorphose. Weil orogene (deformierende)
Durchbewegungen fehlen, ist der entsprechende Metamorphit nicht geschiefert und das ursprüngliche Gefüge noch weitgehend erhalten. Nur der Mineralbestand hat sich verändert.
In magmatischen Ausgangsgesteinen übt eine Metamorphose gewöhnlich nur über den gerichteten Druck (stress) einen
modifizierenden Einfluss auf das Gefüge aus; der Mineralbestand als solcher kann durchaus erhalten bleiben. In Sedimentiten, deren Bildung bei normalen Oberflächentemperaturen erfolgt, ist das anders. Handelt es sich nicht gerade um einen
sehr reinen Quarzsandstein oder reine Kalksteine, so werden die sedimentierten Minerale bei hohem Druck und/oder Temperatur instabil und durch andere Minerale ersetzt. Dabei lässt die sedimentationsbedingte neue Verteilung der chemischen
Komponenten innerhalb der Sedimenite z. T. neue Mineralarten entstehen, die nur in metamorphen Gesteinen auftreten.
Siehe hierzu die Aufstellung in der Mineraltabelle.
Metamorphe Gesteine können entweder nach ihrem jetzt vorliegenden Gefüge- oder Mineralbestand beschrieben werden
(Beschreibung des Phänotyps), oder sie werden nach dem Ausgangsgestein (Edukt) benannt (Bezeichnung des Genotyps).
Der Mineralbestand in einem metamorphen Gestein ist Ausdruck des durch die Metamorphose erreichten Stadiums der
Umbildung eines sedimentären, magmatischen oder metamorphen Ausgangsgesteins. Er richtet sich nach dem vorhandenen Stoffangebot und den p/T-Bedingungen. Für die Gesteinsbenennung entscheidend sind nur Mineralgehalte > 10 Vol-%
(=Hauptkomponente).
Bestimmtes Gefügemerkmal für die meisten metamorphen Gesteine ist das Fehlen oder Vorhandensein einer charakteristischen Paralleltextur.
Begriffe, die den Phänotyp beschreiben, sind:
Gneis
fein-grobkörnig mit deutlicher Paralleltextur; Feldspat (>= 20%), Glimmer (>= 10%); Quarz (>= 10%) (je nach Mineralbestand z.B.
Biotitgneis, Muskovitgneis, Zweiglimmergneis usw.)
Schiefer
metamorphes Gestein mit deutlich engständiger Paralleltextur
Tonschiefer
Ablösung nach tektonischer Schieferung; feinstkörnig; pelitischer sedimentärer Mineralbestand nur unwesentlich verändert (nur mikrokristalline Neubildungen)
Phyllit
feinschiefrig, feinstkörnig; Seidenglanz; Hellglimmer
Hauptgemengteil oder Chlorit (Grünfärbung)
(Serizit)
ist
Glimmerschiefer mittel- bis grobschiefrig; Glimmer ist Hauptgemengteil; Feldspat < 20%
Fels
Gefügebezeichnung für massig erscheinende Metamorphite ohne Paralleltextur
Granofels: mittel- bis grobkörnig; granoblastische
Kryptofels: dicht, feinst- bis feinkörnig (< 1 mm).
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Auch vor die Texturbezeichnung Fels können zur genaueren Beschreibung Mineralnamen gesetzt werden (z.B.
Kalksilikatfels bei Neubildung von Ca-Mg-Silikaten)
Weitere Namen, die den Phänotyp eines metamorphen Gesteins mit seinem Mineralbestand charakterisieren, sind
Quarzit
(anstelle Quarzfels oder Quarzschiefer)
Marmor
(anstelle Karbonatfels oder Karbonatschiefer)
Amphibolit
(anstelle Amphibolitschiefer)
Serpentinit
(anstelle Serpentinfels oder Serpentinschiefer)
Bei der Benennung metamorpher Gesteine nach ihrem Ausgangsgestein unterscheidet man zunächst grob zwischen
Orthogesteinen (aus Magmatiten hervorgegangen) und Paragesteinen (aus Sedimentiten).
Ist der Charakter des Ausgangsgesteins noch zu erkennen, verwendet man die Vorsilbe "Meta"- (ein Metagranit ist ein
metamorph überprägter Granit, ein Metasediment ein metamorphes Sedimentgestein, ein Metakonglomerat ein metamorphosiertes Konglomerat usw.)
Zur besseren systematischen Gliederung der sehr vielfältigen metamorphen Gesteine wurde der Begriff der metamorphen
Fazies eingeführt. Eine metamorphe Fazies umfasst alle diejenigen metamorphen Gesteine, welche während der Metamorphose in einem bestimmten Bereich physikalisch-chemischer Bedingungen stabil sind. Die Zuordnung eines metamorphen Gesteins zu einer metamorphen Fazies geschieht aufgrund der Bestimmung fazieskritischer Mineralneubildungen.
Da jedoch in einer makroskopischen Analyse metamorpher Gesteine nicht alle kritischen Faziesminerale gleich mit bloßem
Auge zu erkennen sind, lässt sich in einer ersten Beschreibung des Gesteins oft noch keine genaue Zuordnung des Gesteins zu einem bestimmten Faziesbereich vornehmen.
Man begnügt sich dann mit der Feststellung der Zugehörigkeit des Gesteins zu einem Bereich geringer Metamorphose
(Epizone), mittlerer Metamorphose (Mesozone) und hoher Metamorphose (Katazone).
1.3.4.
Anatexis
Die Anatexis umfasst den gegenüber der Metamorphose nur unscharf abgrenzbaren Druck- und Temperaturbereich, in
dem feste Gesteinspartien teilweise oder völlig aufgeschmolzen werden (hier spielt der Wassergehalt eine wichtige Rolle).
Zuerst wird aus den vorliegenden Gesteinen der am leichtesten schmelzbare Anteil herausgelöst. Solche ersten Aufschmelzungen haben ungefähr granitische bis granodioritische Zusammensetzung. Nicht aufgeschmolzene - gewöhnlich
dunklere - Reste werden als Restite bezeichnet.
Metamorphose Mineralbestand
Gefüge
massig, grobAndalusit (Chiastobis feinkörnig
lith), Feldspat, Biotit,
Kontaktmetam. Cordierit
(ohne metamorphe ParalleltexQuarz, Calcit
tur)
feinst- bis feingeringe
körnig
Regionalmetam. Sericit, Chlorit, Serpentin, Talk, Plagioklas (Albit)
metamorphe
Epizone
Paralleltextur
Muskovit, Biotit,
Staurolith, Disthen,
mittlere
mittelkörnig
Granat (Almandin),
Regionalmetam.
Plagioklas (Oligoklas)
metamorphe
Paralleltextur
Mesozone
Quarz, Calcit, Amphibol
Biotit, Cordierit,
mittel- bis grobSillimanit, Pyroxen,
körnig
hohe
Hornblende
Regionalmetam. (Amphibol), Granat
(Pyrop), Plagioklas
metamorphe
Paralleltextur z.
Katazone
T. sich auflöQuarz, Calcit, Amphisend
bol
Magmatit
sauer
Magmatit
basisch
Sandstein
Ton und
Mergelton Kalk
sand. Ton
keine
keine
Quarzit
Veränderung Veränderung.
Knotenschiefer
Chloritschiefer
Marmor
(Ortho-)
Gneis
(Chloritschiefer)
Quarzit
Phyllit
Chloritschiefer
Marmor
(Ortho-)
Gneis
(Amphibolit)
Quarzit
Glimmerschiefer
Amphibolit Marmor
(Ortho-)
Gneis
(Amphibolit)
Quarzit
(Para-)
Gneis
Eklogit
Marmor
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1.4.
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Für Naturstein relevante Eigenschaften und Prüfungen
Kriterien sind zu überprüfen im Einzelfall stets im Hinblick auf den gewünschten Einsatzbereich. Dazu gehören zum Beispiel
die folgenden Anwendungsgebiete:
Z. B. Vorgehängte Fassadenplatten:
Fassadenplatten
Hier ist von Bedeutung eher die Biegezugfestigkeit sowie die Ausbruchfestigkeit am Ankerdornloch als die anderen KriteriKriter
en. Alle Eigenschaften hängen jedoch direkt voneinander ab.
z. B. Bodenbelag:
relevante Kriterien:
Abriebfestigkeit
Druckfestigkeit
Wasseraufnahme
Beständigkeit gegen Chemikalien
Struktur: Bruchgefahr entlang von Bänderungen und Schieferungsflächen
Handelsnamen der Gesteine:
reine Fantasie!
Beschreibungen sind meist falsch!
Daher Vorsicht. Bei den meisten Laien sind alle harten kristallinen und polierfähigen Gesteine „Granit“, auch wenn das
geologisch und petrographisch falsch ist
Der „Granit Nero Impala“ ist demnach trotz seines Handelsnamens kein Granit, sondern ein Gabbro, also mit dem Basalt
chemisch identisch! Daraus resultieren ganz andere Zusammensetzung
Zusammensetzung und Eigenschaften.
Es gibt einen „Belgisch Granit“, der in Wirklichkeit ein Kalkstein ist!
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2.
Anorganische Bindemittel
2.1.
Zement
Wortstamm
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(lateinisch caementum: Bruchstein, Baustein
opus caemtitium: „römischer Beton“
Definition:
ein fein gemahlenes hydraulisches mineralisches Bindemittel, das nach dem Anrühren mit Wasser erhärtet und danach wasserbeständig ist.
Wesentliche Rohstoffe:
Chemismus:
Herstellung
Kalkstein ca. 70 %
Ton
ca. 27 %
Gips
ca. 3 %
CaO
Calciumoxid
58–66 %
SiO2
Siliziumdioxid
18–26 % in Form von Kalziumsilikaten
Al2O3
Aluminiumoxid
4 – 12 % in Form von Calciumaluminaten
Fe2O3
Eisenoxid
2 – 5 % in Form von Kalziumferriten
Die Zusatzstoffe werden bei Temperaturen von 1400–1450 °C in Drehrohröfen zum so genannten Zementklinker gebrannt. Dieser Klinker wird anschließend in Mühlen (Rohrmühlen, Vertikalmühlen) unter
Zugabe von Gips, Anhydrit und eventuell sonstigen Zumahlstoffen wie z. B. Hüttensand oder natürliche
Puzzolane zum fertigen Zement vermahlen.
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Entwicklung der Zementfestigkeit in Abhängigkeit von der ZementZemen
art
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Eigenschaften und Reaktionen:
Beginn der Reaktion an Korngrenzen und –säumen
Zunächst Bildung langfaseriger Kristalle
Danach Ausbildung kurzfaseriger nadeliger Kristalle mit guter Verzahnung
Daraus resultierende Eigenschaften:
hoher pH-Wert,
gute Druckfestigkeit,
Porosität,
geringe Zug- und Biegefestigkeit
Portlandit (Calciumhydroxid): verantwortlich für pH-Wert
Partikelgröße der CSH - Phasen: < 0,1 µm.
Daraus resultiert die Bezeichnung „Zementgel“
Sehr große innere Oberfläche der CSH – Phasen, von ca. 250 – 300 m2/g
Daher: große Massenanziehungskräfte innerhalb des Zementgels („van der Waals-Kräfte“), die wiederum guten inneren
Zusammenhalt bewirken.
Dies zusammen mit der chemischen Bindung führt zu der hohen Festigkeit und der großen Bedeutung des CSH innerhalb
der verschiedenen Zementsteinphasen
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Kennzeichnung der Farben
von Zementverpackungen
und ihrer Aufdrucke
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2.2.
Kalk
2.2.1.
Definition
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Kalke sind Bindemittel, die durch Brennen von Kalkstein gewonnen werden. Je nach der Zusammensetzung des Kalksteins
und der daran orientierten Brenntemperatur unterscheiden wir Luftkalke und hydraulisch erhärtende Kalke. Erstere benötigen zur Erhärtung das in der Luft enthaltene CO2 zur Karbonatisierung; unter Wasser gelagert erhärten sie nicht. Letztere
benötigen CO2 nur bedinkt und erhärten auch weitgehend unter Wasser durch Bildung von Calciumsilikathydraten bzw. sind
nach der Erhärtung wasserbeständig.
2.2.2
Herstellung (von Luftkalk)
Der im Steinbruch abgebaute, gebrochene Kalkstein wird bei rund 900°C gebrannt. Der dabei in stückiger Form gewonnene
"gebrannte Kalk" wird unter Zugabe von Wasser gelöscht; es entsteht unter Volumenvergrößerung der "gelöschte Kalk"
oder "Kalkhydrat". Durch die Volumenvergrößerung bei der Umwandlung zerfallen die Kalkstücke in Pulverform. Die Reaktionsgleichungen lauten:
Brennen: CaCO3 + 1788 kJ/kg CaCO3 ------> (900°C) CaO + CO 2
Löschen: CaO +H2O -------> Ca(OH)2 + 1150 kJ/kg CaO
2.2.3
Erhärtung (von Luftkalk)
Ca(OH)2 in fester Form karbonatisiert bei einem Wassergehalt von 0,8 bis 4,0 Gew.-% mit dem CO2 der Luft zu CaCO3
(Calciumkarbonat). Die dabei erreichbare Festigkeit ist wegen des relativ großen Porengehalts der erhärteten Masse gering. Durch Wechsel des Feuchtigkeitsgehalts werden Kristallneu- und -umbildungen hervorgerufen. Diese bewirken eine
Steigerung der Festigkeit und Dauerhaftigkeit.
Karbonatisieren: Ca(OH)2 + CO2 -------> CaCO3 + H2O
2.2.4
Eigenschaften und Verwendung (von Luftkalk)
Heute ist als Luftkalk im Handel fast ausschließlich Kalkhydrat erhältlich (Weißkalkhydrat, Dolomitkalkhydrat). Nur vereinzelt
wird noch gebrannter Kalk geliefert. Luftkalk wird vorwiegend für Putz- und Mauermörtel verwendet, an welche vergleichsweise geringe Festigkeitsanforderungen gestellt werden. Aufgrund ihrer großen Porosität besitzen erhärtete Luftkalkmörtel
eine gute Wasserdampfdurchlässigkeit und gute Wasserabsorptionsfähigkeit. Dies beeinflußt das Klima von Innenräumen
günstig.
In Kombination mit Gips wird Luftkalk zur Herstellung von Gips-Kalk-Mörtel für Innenputze verwendet.
Für Außenputz ist Luftkalk ohne zusätzlichen Oberflächenschutz wegen seiner großen Porosität wenig geeignet (Gefahr der
Durchfeuchtung).
2.2.5
Normen
DIN N 459
Baukalk
DIN 4207
Mischbinder
DIN 18550
Putz, Baustoffe und Ausführung
DIN 18555
Mörtel aus mineralischen Bindemitteln, Prüfung
DIN 51043
Trass
2.3.
Gips
2.3.1
Herstellung
Natürlich vorkommender Gipsstein, der als Calciumsulfat-Dihydrat vorliegt (CaSO4 * 2H2O), wird gebrannt. Je nach der
Brenntemperatur wird mehr oder weniger Kristallwasser ausgetrieben. Die Brenntemperatur kann im Bereich zwischen
80°C und 1200°C liegen. Bei Temperaturen unter 180° C entsteht vorwiegend das sogenannte Halbhydrat (CaSO4 *0,5H2O);
bei höheren Temperaturen das wasserfreie Calciumsulfat, der Anhydrit (CaSO4).
Die Brennverfahren werden in das "nasse" und das "trockene" unterschieden. Sie wirken sich auf die äußere Form des gebrannten und die Festigkeitsbildung des verarbeiteten Gipses aus. Nasses Brennen bei rund 120°C und un ter Dampf bewirkt die Bildung von Halbhydrat, das in äußerlich gut erkennbarer Kristallform vorliegt, auch α - Halbhydrat genannt. Er
ergibt als Mörtel eine gute Druckfestigkeit. Trockenes Brennen ergibt ein flockiges Halbhydrat. Die Flocken besitzen zwar
die gleiche Kristallstruktur wie die Kristalle des α - Halbhydrats; die äußere Gestalt der Flocken lässt jedoch keine regelmä-
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ßige Kristallform erkennen. Dieses Halbhydrat wird auch als β - Halbhydrat bezeichnet. Es ergibt als Mörtel nur eine geringe
Druckfestigkeit.
Alpha Halbhydrat:
Brenntemperatur:
100 °C
Beta – Halbhydrat
Brenntemperatur
125 °C
Anhydrit III
Brenntemperatur
180 °C
Anhydrit II
Brenntemperatur
300-800 °C
Anhydrit I
Brenntemperatur
1200 °C (instabil, tech nisch ohne Bedeutung)
Estrichgips:
2.3.2
(Stuckgips )
Kalkgips, Brennen mit CaO bei 700 – 800 °C
Erhärtung
Die Erhärtung des mit Wasser gemischten Halbhydrats erfolgt zum einen über dessen Lösung und das Ausscheiden von
Dihyratkristallen aus dieser Lösung, zum anderen durch topochemische Vorgänge. Die Gipskristalle bilden ein filzartiges
Gefüge, das über Oberflächenkräfte zusammengehalten wird und somit ein tragfähiges System darstellt.
Der Anhydrit erhärtet im Prinzip entsprechend dem Halbhydrat, allerdings wesentlich langsamer. Die Reaktionsfähigkeit
nimmt mit höher werdender Brenntemperatur ab. Die Erhärtungsreaktion wird deshalb mit Hilfe von Anregern beschleunigt.
Im Vergleich zu Kalk und Zement ist die Erhärtung bzw. der Brennvorgang keine chemische Umwandlung, sondern nur die
Entwässerung
Alle Änderungen der Eigenschaften resultieren aus den Veränderungen des Kristallwassergehaltes
2.3.3
Eigenschaften und Verwendung
Abhängig von der Brenntemperatur setzt sich der gebrannte Gips aus unterschiedlichen Mengen Halbhydrat und Anhydrit
zusammen bzw. ist der Anhydrit verschieden reaktionsfreudig. Demzufolge ergibt sich eine Anzahl von Gipssorten, die sich
in ihrer Erhärtungscharakteristik, den daraus resultierenden Verarbeitungseigenschaften und den Eigenschaften im erhärteten Zustand unterscheiden. Die in der Praxis üblichen Gipssorten sind
Stuckgips
Gemisch von Halbhydrat und Anhydrit III
Putzgips,
Halbhydrat, Anhydrit II und III, schnellere Versteifung, kürzere Verarbeitung
Estrichgips
Anhydrit II mit Kalk, bei 700 – 800 °C gebrannt.
Verwendung:
Gipsputze und Gipsmörtel
Formenbau, Abformungen, Dentaltechnik
Gispkarton - Trockenbauplatten
Estriche: Anhydritestriche, AFE
Wandbauplatten, Gipsmassivplaten
2.3.4.
Normen
DIN 1168
Baugipse
DIN 4208
Anhydritbinder
DIN 4121
Hängende Drahtputzdecken (Rabitzdecken)
DIN 18163
Wandbauplatten aus Gips
DIN 18169
Deckenplatten aus Gips
DIN 18180
Gipskartonplatten
DIN 18350
Putz- und Stuckarbeiten
DIN 18550
Putz, Baustoffe und Ausführung
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Beton / Stahlbeton
Beton ist ein künstliches Gestein aus Zement, Betonzuschlag (Sand und Kies) und Wasser. Er kann außerdem Betonzusatzstoffe und Betonzusatzmittel enthalten.
Der Zement dient als Bindemittel, um die anderen Bestandteile zusammenzuhalten. Die Festigkeit des Betons entsteht
durch Auskristallisierung der Klinkerbestandteile des Zements, wodurch sich kleinste Kristallnadeln bilden, die sich fest ineinander verzahnen. Das Kristallwachstum hält über Monate an, sodass die endgültige Festigkeit erst lange nach dem Betonguss erreicht wird.
Beton kann zwar hohen Druck aushalten, versagt aber bei niedrigen Zugbeanspruchungen. Beton wird daher im Hochbau
häufig in Zusammenhang mit Betonstahl als Stahlbeton verwendet. Bei diesem Verbundbaustoff übernimmt der Beton entsprechend seinem Materialverhalten die Druckkräfte und der vom Beton umhüllte Stahl die Zugkräfte.
Beton lässt sich unterscheiden nach
• der Trockenrohdichte (Leichtbeton, Normalbeton, Schwerbeton)
• der Druckfestigkeit
• dem Ort der Herstellung, der Verwendung oder dem Erhärtungszustand (Baustellenbeton, Transportbeton, wasserundurchlässiger Beton, Unterwasserbeton, Frischbeton,
Festbeton)
• der Konsistenz (selbstverdichtender Beton, Fließbeton, steifer Beton)
Die Betoneigenschaften sind abhängig von der
• Zusammensetzung (Zementgehalt, Menge Anmachwasser, Wasserzementwert, Kornabstufung, Qualität der Zuschlagstoffe, Mehlkorngehalt)
• Verarbeitung (Verdichtung, Nachbehandlung)
Der Name Beton kommt aus dem französischen und leitet sich vom lateinischen Bitumen (schlammiger Sand, Erdharz,
Bergteer, Kitt) ab.
Geschichte
Schon die Römer kannten vor 2000 Jahren Beton (lat. opus caementitium). Die Römer bauten ihre Städte mit einem Gemisch aus Steinen, Sand und Vulkanasche. Ihr Beton ist bis heute unübertroffen, schließlich hält das Material seit mittlerweile über 2000 Jahren. Ein Quantensprung war die Erfindung des Stahlbetons durch Joseph Monier (Patent: 1867), die
hierfür verwendeten Eisenteile heißen bis heute noch Moniereisen (Häufiger wird allerdings der Begriff Bewehrungsstahl
oder Betonstahl für Moniereisen verwendet). Betonfertigteile und Verbundsteine werden seit den 60er Jahren produziert.
Beton wird in der Modernen Kunst auch für Denkmäler oder Skulpturen verarbeitet. Exotisch ist die Verwendung im Schiffbau (z.B. in einem Betonboot).
Betonzusatzstoffe
Betonzusatzstoffe sind pulverförmige Betonzusätze, die bestimmte Eigenschaften des Betons beeinflussen. Sie dürfen dem
Beton nur zugegeben werden, wenn sie das Erhärten des Zements, die Festigkeit und die Beständigkeit des Betons sowie
den Korrosionsschutz der Bewehrung nicht beeinträchtigen. Sie sind bei der Betonherstellung als Volumenbestandteile zu
berücksichtigen.
Wenn Betonzusatzstoffe verwendet werden sollen, muss im Vorfeld die Zusammensetzung des Beton mit Eignungsprüfungen, wie sie z.B. die DIN 1045 vorschreibt, festgelegt werden.
Verschiedene Betonzusatzstoffe:
• Mineralische Feinstoffe
Inerte Feinstoffe
Puzzolanische Stoffe
- Steinkohlenflugasche
- Traß
- Silica- Staub
• Organische Stoffe
Kunstharzdispersion
• Farbpigmente
• Fasern
Durch die Beimischung von 5% Glasfasern von Schott gelang es dem Ungarn Aron Losonczi, translumineszente (lichtdurchlässige) Betonelemente herzustellen. Der "Leuchtbeton", der unter dem Namen "Litracon" auf dem Markt ist, ist derzeit
etwa 1.000-mal teurer als herkömmlicher Beton.
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Expositionsklassen des Betons nach DIN EN 206-1
Expositionsklassen für Bewehrungskorrosion
Expositionsklassen bei Betonangriff
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Bauteilanforderungen, beispielhaft
Mindestbetondeckung der Bewehrung
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Stahl
Definition
Stahl ist eine metallische Legierung, deren Hauptbestandteil Eisen ist.
Nach der klassischen Definition ist Stahl eine Eisen-Kohlenstoff-Legierung, die < 2,06 Masse-% Kohlenstoff enthält. Bei
höheren Anteilen von Kohlenstoff spricht man von Gusseisen, hier liegt der Kohlenstoff in Form von Graphit oder Zementit
vor. Gegenwärtig gibt es aber einige Gruppen von Stählen, in denen Kohlenstoff kein Legierungsbestandteil mehr ist. Ein
Beispiel dafür sind IF-Stähle, in deren Eisenmatrix kein Kohlenstoff interstitiell gelöst ist.
Gegenwärtig werden unter Stählen eisenbasierte Legierungen verstanden, die plastisch umgeformt werden können.
Eigenschaften
Kohlenstoffstähle sind die am meisten verwendeten metallischen Legierungen. Die Bedeutung von Kohlenstoff im Stahl
ergibt sich aus seinem Einfluss auf die Stahleigenschaften und Phasenumwandlungen. Im Allgemeinen wird Stahl mit höherem Kohlenstoffanteil fester, aber auch spröder.
Durch Legieren mit Kohlenstoff entstehen in Abhängigkeit von der Konzentration und der Umgebungstemperatur unterschiedliche allotrope Phasen, Austenit, Ferrit, Perlit, Ledeburit und Zementit. Die Kristallitstruktur von Stahl kann mit dem
Eisen-Kohlenstoff-Diagramm beschrieben werden.
Durch beschleunigtes Abkühlen von Austenit, in dem Kohlenstoff gelöst ist, können die weiteren Phasen Sorbit, Troostit,
Bainit und Martensit entstehen.
Durch Legieren mit anderen Elementen in Kombination mit Wärme- und thermomechanischer Behandlung, die Kombination
von thermischer Behandlung mit plastischer Umformung, können die Eigenschaften der Stähle für einen breiten Anwendungsbereich angepasst werden. Man unterscheidet zwischen hoch- und niedrig legierten Stählen. Letztere kennzeichnet
ein Anteil (bezogen auf die Masse der Legierungselemente außer Eisen) unter 5%.
Ferrit:
α - Eisen, <0,02 % C, raumzentriertes Kristallgitter
Austenit:
γ - Eisen, durch Kristallumwandlung im festen Zustand Umwandlung in flächenzentriertes Kristallgitter, Umwandlungstemperatur abhängig vom C - Gehalt, aber > 723 °C.
Martensit
(nicht magnetisch) schnelles Abkühlen des Stahls < 300 °C führt zu einer speziellen kristal linen
Struktur, bei C > 0,2 %, der Stahl ist sehr hart und spröde.
Arten von Stählen
Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit, werden im Folgenden verschiedene Arten von Stählen angegeben.
• Kohlenstoffstahl: Ist das Material was man im allgemeinen unter Stahl versteht. Gewöhnlich werden Kohlenstoffstähle zusätzlich mit Mangan legiert, um die Festigkeit weiter zu erhöhen.
• Nichtrostender Stahl (Cromargan, Nirosta etc.): Diese gibt es als ferritische und
austenitische Stähle. Ersterer wird durch Legieren von mindestens 10% Chrom erhalten. In austenitischen nichtrostenden Stählen ist zusätzlich Nickel legiert. Diese Stähle
sind bei Raumtemperatur nichtmagnetisch. Umgangssprachlich werden dies Stähle
auch rostfreie Stähle genannt.
• Tiefziehstahl: Darunter werden diejenigen Stahlsorten zusammengefasst, die zum
Weiterverarbeiten durch Tiefziehen geeignet sind. Diese Stähle sind im allgemeinen
sehr weich und dürfen keine ausgeprägte Streckgrenze aufweisen.
• Schnellarbeitsstahl: Schnellarbeitsstähle (Schnellstähle) sind hochlegierte Werkzeugstähle, die hauptsächlich für hohe Schnittleistungen verwendet werden. Sie behalten ihre Härte bis zur Dunkelrotglut (also bis ca. 600°C) .
Einteilungen von Stählen
Die Einteilung von Stählen verläuft nach Ihren Anwendungen und Eigenschaften. Diese kann man grob in 4 Gruppen aufteilen.
Gruppe 1: unlegierte Baustähle
• S - allgemeiner Baustahl (z.B.: S295) 295 bedeutet Streckgrenze ReH von 295 N/mm²
• E - Maschinenbaustahl
• P - Druckbehälterbaustahl
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Gruppe 2: Einsatzstähle und Vergütungsstähle
• C 10, C15 ...... C60...... C n
• C bedeutet der Anteil des Kohlenstoffes in n/100 in %
• Bei einem Kohlenstoffgehalt < 0,25 % ist der Stahl einsatzhärtbar, darüber vergütbar.
(Achtung: bei Stahl gibt es einen Kohlenstoffgehalt von max. 2 %!)
Gruppe 3: niedrig legierte Stähle
Bei niedrig legierten Stählen liegt der Anteil an Legierungselementen unter 5 %.
Zum Beispiel steht das Kürzel 15CrNi6 für:
• 15/100 in % C, aber: bei der Ermittlung des Legierungsanteils wird der C-Anteil nicht
mitgerechnet!
• Cr und Ni charakterisieren die Legierungselemente
• 6 = 6/Konstante % Cr - in diesem Fall 1,5 % (Konstante ist in Tabellen für bestimmte
Legierungselemente festgelegt)
• Ni hat einen Anteil von < 1 %
Zur Vorgangsweise: Das Legierungselement mit dem höchsten Anteil an der Legierung steht an erster Stelle, im Falle des
Beispiels Cr - diesem wird die 1. Zahl zugeordnet, dem 2. Element die 2. Zahl usw. Kann man keine Zahl zuordnen so ist
der Anteil automatisch unter 1%.
Die Konstanten sind in einer Tabelle fixiert - sie entsteht durch die Zuweisung einer Konstanten zu einem bestimmten Legierungselement. (z. B.: bei Cr würde die Konstante 4 sein)
Gruppe 4: hoch legierte Stähle
Der Anteil von mindestem einem Legierungselement ist größer als 5 %
Erklärung anhand des Beispiels X5CrNiMoV18-8-2
• X - Kennzahl für alle hochlegierten Stähle
• 5/100 in % C
• Cr, Ni, Mo, V charakterisieren die Legierungselemente
• 18 % Cr , 8 % Ni, 2 % Mo, unter 1 % V
Die Vorgangsweise ist gleich wie in Gruppe 3 - der Unterschied besteht darin, dass der Anteil in Prozent nicht erst über eine
Konstante umgerechnet werden muss sondern direkt abgelesen werden kann.
GJL (Gusseisen lamellar, Kohlenstoff liegt in lamellarer Form vor)
Diese Art des Gusseisen kommt am häufigsten zur Verwendung.
• Vorteile: Schwingungen werden durch die laminare Anordnung des Kohlenstoffs gedämpft
• Gute Schmierung durch den Kohlenstoff
• Nachteile: die mechanischen Eigenschaften sind nicht so gut ausgeprägt wie bei normalem Stahl
GJS (S = sphärisches Gusseisen, C besitzt eine Kugelform)
Bessere mechanische Eigenschaften als GJL
GJM (M – Tempergusseisen)
Eine Zahl hinter diesen Bezeichnungen würde eine Zugfestigkeit Rm angeben (z. B.: GJS100 Zugfestigkeit von 100 N/mm²)
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Legierungskarte
Einfluss der Legierungen auf Stahl
Si Mn* Mn Cr Ni* Ni
Al
W
V
Härte
Festigkeit
Streckgrenze
Dehnung
Einschnürung
Kerbschlagzähigkeit
Elastizität
Warmfestigkeit
Abkühlgeschwindigkeit
Karbidbildung
Verschleißfestigkeit
Schmiedbarkeit
Zerspanbarkeit
Verzunderung
Nitrierbarkeit
Rostbeständigkeit
Legende:
Keinen, oder wenig Einfluss
Verbessert die angegebene Eigenschaft
Verschlechtert die angegebene Eigenschaft
Co Mo Cu
S
P
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ROSTFREIE STÄHLE
1.
FERRITISCHE UND MARTENSITISCHE STÄHLE (MAGNETISCH)
wesentliche Legierungskomponente:
12 - 18 % Chrom (Cr)
2.
AUSTENITISCHE STÄHLE (NICHT MAGNETISCH)
wesentliche Legierungskomponenten:
ca. 18 % Chrom (Cr)
>8 % Nickel (Ni)
Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit
2 - 4 % Molybdän (Mo)
Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegen interkristalline Korrosion ( nach dem Schweißen )
Titan ( Ti )
Niob ( Nb )
z. B. Werkstoff-Nr. 1.4571 (üblicher Handelsname V4A)
= X6 CrNiMoTi 17-12-2 d. h.
C = 6/100 (%) = 0,06 % C
Cr
= 17 %
Ni
= 12 %
Mo
=2%
Ti
<1%
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Normen und Richtlinien für Stähle
DIN 1694
DIN 1681
DIN 17205 Teil 1-3
DIN EN 10 283
Austenitisches Gusseisen
Stahlgusssorten für allgemeine Verwendungszwecke – Techn. Lieferbedingungen
Stahlguss für das Bauwesen und für allgemeine Anwendungen
Korrosionsbeständiger Stahlguss
DIN EN 10 020
DIN EN 10 021
Begriffsbestimmungen für die Einteilung der Stähle
Allg. Techn. Lieferbedingungen für Stahl und Stahlerzeugnisse
Prüfung von Stahl
DIN 50 100
DIN 50 125
DIN 10 002
DIN 10 45 -1
DIN EN ISO 6506-1
DIN EN ISO 6507-1
DIN EN ISO 6508-1
Dauerschwingversuch
Prüfung metallischer Werkstoffe, Zugproben
Metallische Werkstoffe: Zugversuch
Kerbschlagbiegeversuch nach Charpy
Härteprüfung nach Brinell
Härteprüfung nach Vickers
Härteprüfung nach Rockwell
DIN 18 800
DIN 17 100
DIN EN 10 025
DIN 10 155
Stahlbauten, Bemessung und Konstruktion
Allgemeine Baustähle (ersetzt durch DIN EN 10 025)
Warmgewalzte Erzeugnisse aus Baustählen
Wetterfeste Baustähle
Nicht rostender Stahl
DIN EN 10 088
Merkblätter
DIN EN 10 028
Normen Baustahl
Nichtrostende Stähle
Informationsstelle „Edelstahl rostfrei“, Nr. 821, 822, 828, 834 Nichtrostender Betonstahl
Flacherzeugnisse aus Druckbehälterstählen
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Normen Betonstahl
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Stahlherstellung
Hochofenroute
Stahl kann entweder aus Eisenerz oder aus Schrott hergestellt werden.
Die Stahlherstellung aus Eisenerz erfolgt gegenwärtig üblicherweise mit einem Hochofen. Das Eisenerz wird zunächst
gesintert, um eine geeignete Stückigkeit einzustellen. Der Sinter wird mit Kalk und Koks zum Möller vermischt und anschließend in den Hochofen chargiert. Der Hochofen ist ein metallurgischer Reaktor, in dem im Gegenstrom die Möllersäule
mit heißer Luft, dem so genannten Wind reagiert. Durch Verbrennen des Kohlenstoffs aus dem Koks entstehen die für die
Reaktion nötige Wärme und Kohlenmonoxid, das die Möllersäule durchströmt und das Eisenoxid reduziert. Als Ergebnis
entstehen Roheisen und Schlacke, die periodisch abgestochen werden.
Da das Roheisen sehr viel Kohlenstoff enthält, muss es einen weiteren Prozessschritt durchlaufen. Durch Aufblasen von
Sauerstoff, dem so genannten Frischen, wird der Kohlenstoff reduziert und es entsteht flüssiger Stahl. Nach dem Zulegieren
der gewünschten Elemente wird er im Strang oder in der Kokille zu Halbzeug vergossen. Das Vergießen bedarf besonderer
Techniken, man unterscheidet zwischen beruhigt und unberuhigt vergossenen Stählen (unter Beruhigen versteht man das
Binden des in der Schmelze gelösten Sauerstoffs durch Zulegieren von Aluminium oder Silizium). Dies hat Einfluss auf im
erkaltenden Stahl entstehende Seigerungen (Materialentmischungen, z.B. Schwefelablagerungen) oder Lunker (durch das
Schwinden des Materials bedingte Hohlräume). Beide sind mit Qualitätsverlusten verbunden.
Direktreduktion
Die Nachteile des Hochofens sind, dass hohe Ansprüche an die Einsatzmaterialien gestellt werden und der Ausstoß an
Kohlendioxid. Der eingesetzte Eisenträger und der Koks müssen stückig und hart sein, so dass genügend Hohlräume in der
Möllersäule bestehen bleiben, die das Durchströmen durch den eingeblasenen Wind gewährleisten. Der CO2 Ausstoß stellt
eine hohe Umweltbelastung dar. Deshalb gibt es Bestrebungen die Hochofenroute abzulösen. Bisher hat sich aber kein
Verfahren gegenüber dem Hochofen etablieren können. Zu nennen sind hier die Eisenschwamm- und Pelletsherstellung in
Drehrohröfen sowie die Corex, Midrex und Finex Verfahren.
Das Corex Verfahren ist gegenwärtig am meisten verbreitet. Dieses Verfahren verwendet zwei Gefäße, eins zum Reduzieren des Erzes und das zweite zum Vergasen der Kohle und Aufschmelzen des Eisens. Da keine hohe Möllersäule getragen
werden muss, kann minderwertige Kohle verwendet werden. In den Konverter wird eine große Menge Sauerstoff eingeblasen (ca. 1 t O2 t Eisen) und es wird eine große Menge CO haltiges Corex Gas frei, das weiterverwendet werden muss. Die
Rentabilität des Verfahrens hängt von den Kosten für den Sauerstoff und den Erträgen durch die Verwertung des Corex
Gases ab. Diese Restriktionen bedingen gewöhnlich hohe Investitionen in der Peripherie, die die Integration des Verfahrens
in gewachsene Hüttenwerke behindern.
Stahlherstellungsverfahren
Man kann zwischen so genannten Blasverfahren und Herdfrischverfahren unterscheiden.
In den Blasverfahren wird das Roheisen mit Sauerstoff oder Luft gefrischt. Der Oxidationsprozess, der den Kohlenstoffanteil
senkt (das "Frischen"), liefert in diesen Verfahren genug Wärme, um den Stahl flüssig zu halten, eine externe Wärmezufuhr
ist in den Konvertern deshalb nicht notwendig. Die Blasverfahren kann man zusätzlich in Aufblasverfahren und Bodenblasverfahren unterteilen. Zu den Bodenblasverfahren gehören das Bessemerverfahren, das Thomasverfahren, die Rennfeuer
und frühen Hochöfen. Das bekannteste Aufblasverfahren ist das LD-Verfahren.
Bei den Herdfrischverfahren wird der zur Oxidation notwendige Sauerstoff dem zugesetzten Schrott und Erz entnommen.
Außerdem muss Herdfrischkonvertern extern Wärme zugeführt werden. Die bekanntesten Herdfrischverfahren sind das
Siemens-Martin-Verfahren und der Elektroofenprozess.
Historische Verfahren
Meteoreisen
Ursprünglich wurde das Eisen von Meteoren verarbeitet.
Rennfeuer
Ca. 1500 Jahre vor unserer Zeitrechnung sind die ersten Rennfeuer entstanden. Diese sind Lehmöfen, in die Holzkohle und
Eisenerz schichtweise eingebracht wurden. Im Rennofen entstehen Temperaturen zwischen etwa 1200 und 1300 °C, die
das taube Gestein aufschmelzen und als Schlacke ablaufen lassen. Daher stammt auch der Name: Rennen von Rinnen.
Das Eisen wird durch die Holzkohle reduziert. Es entsteht eine von Schlacketeilchen durchsetzte Luppe, die durch Schmieden weiterverarbeitet werden kann.
Stück- oder Wolfsofen
Ab etwa dem 12. Jahrhundert wurden die Öfen nicht mehr in die Erde sondern oberirdisch gebaut (Vorläufer der Hochöfen)
und zusätzlich durch wassergetriebene Blasebälge mit Luft versorgt. Auch wurde der Stahl mit wassergetriebenen Hammerwerken bearbeitet.
Gussstahl
Das Roheisen wird im seit 1742 angewendeten Gussstahlverfahren zusammen mit Schrott geschmolzen. Der Sauerstoffanteil im Schrott frischt das Roheisen und verbesserte somit die Qualität des Stahls.
Puddel-Verfahren
Im 1784 von Henry Cord in England erfundenen Puddel-Verfahren wird die schon zäh werdende Roheisenmasse mit Stangen gewendet, so dass möglichst viel der Oberfläche mit der Umgebungsluft in Berührung kommen kann. Durch diesen
Sauerstoffkontakt wird das Roheisen gefrischt und so zu Stahl verarbeitet.
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Thomas- und Bessemerverfahren, DSN-Verfahren
Diese sind Konverterverfahren, bei denen durch Bodendüsen des Konverters Gase in die Roheisenschmelze gedrückt
werden. Die Thomas- und Bessemerverfahren verwenden Luft, im DSN-Verfahren (Dampf-Sauerstoff-Neunkirchen) wird
Sauerstoff zusammen mit Wasserdampf statt Luft eingesetzt. Das auch "saures Windfrischverfahren" genannte
Bessemerverfahren wurde 1855 von Henry Bessemer entwickelt. Das Thomasverfahren (auch "basisches Windfrischverfahren" genannt und bekannt durch die Konverterform: die Thomasbirne) wurde 1878 von Percy Gilchrist und Sidney Thomas
erfunden. Sie unterscheiden sich durch die Ausmauerung des Ofens welche entweder sauer oder basisch wirkt und so verschiedene Eigenschaften aufweist (im Thomasverfahren eine Dolomit-Teer-Mischung).
OBM-Verfahren
Im OBM-Verfahren (Oxygen-Boden-Maxhütte oder Oxygen-Bodenblas-Metallurgie-Verfahren) werden Sauerstoff und Butan
oder Propan durch den Boden des Konverters eingeblasen. Mit der Stilllegung der Neuen Maxhütte in Sulzbach-Rosenberg
im Jahr 2003 ist der einzige OBM Konverter stillgelegt worden.
Aktuelle Verfahren
Linz-Donawitz-Verfahren
Im so genannten LD-Verfahren (benannt nach den Standorten der österreichischen Unternehmen VOEST und Alpine Montan, jetzt fusioniert zur VOEST-ALPINE STAHL AG, die dieses Verfahren entwickelten) wird durch eine Lanze Sauerstoff
auf das Schmelzbad im Konverter geblasen, so werden unerwünschte Begleitstoffe oxidiert und können dann als Schlacke
abgestochen werden. In den Konverter muss flüssiges Roheisen chargiert werden, da das Verfahren die Einsatzstoffe nicht
aufschmelzen kann. Durch Zugabe von Schrott und Erz kann der Roheiseneinsatz verringert und die Schmelze gekühlt
werden. Der fertige Stahl wird durch Kippen des Konvertergefäßes in Pfannen abgestochen. - In LD-Varianten kann z.B.
gleichzeitig Sauerstoff oder auch anschließend Argon durch Bodendüsen eingeleitet werden (LBE, Lance Bubbling Equilibrium) oder es wird zusammen mit dem Sauerstoff Kalkpulver eingeblasen (LD-AC-Verfahren).
Siemens-Martin-Verfahren
Dieses war von seiner Erfindung 1864 durch Friedrich Siemens und Wilhelm Siemens und seiner Umsetzung zusammen
mit durch Emile Martin und Pierre Martin bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts die bevorzugte Stahlherstellungsmethode. Der SM-Ofen besteht aus dem Oberofen, mit dem vom Gewölbe überspannten Schmelzraum und dem Unterofen. Im
Oberofen wird Roheisen und/oder der Schrott chargiert. Im Unterofen sind die Regenerationskammern zur Luft- und
Gasvorwärmung untergebracht. Im Oberofen wird mit Öl- oder Gasbetriebenen Brennern der Schmelzraum beheizt. Die
Reduktion des Kohlenstoffs (Frischen) erfolgt durch den Sauerstoffüberschuss der Brennerflamme oder durch Zugabe von
Eisenerz. In westlichen Ländern wurde dieses Verfahren durch Sauerstoffblasverfahren verdrängt. 1993 wurde in Brandenburg an der Havel der letzte deutsche SM-Konverter stillgelegt. Er ist heute als technisches Denkmal erhalten.
Elektrostahlverfahren
Durch Schmelzen im Lichtbogenofen kann aus Schrott und Pellets Stahl hergestellt werden. Durch den Lichtbogen wird der
Ofeninhalt aufgeschmolzen. Den Sauerstoff bezieht dieses Verfahren aus der Umgebungsluft. Zusätzlich kann mit einer
Lanze Sauerstoff auf die Schmelze geblasen werden. Dieses Verfahren wird vorwiegend in Ministahlwerken eingesetzt, die
keine Flüssigstrecke zum Herstellen von flüssigen Roheisen benötigen. (Dieses Verfahren wurde 1904 von Paul-Louis
Heroult entwickelt.)
Wirtschaftliche und historische Bedeutung
Der Werkstoff Stahl und die Steigerung seiner Produktion ging über etwa 130 Jahre direkt einher mit der weltwirtschaftlichen Entwicklung bis in die Gegenwart. In manchen Wirtschaftsbereichen (z.B. Schiffbau) stellte die Stahlproduktion die
einzige Wachstumsgrenze dar. Die technisch-industrielle Revolution der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und die enorme Steigerung der Stahlproduktion bedingten sich gegenseitig. Der pariser Eiffelturm symbolisiert als gewaltige Stahlkonstruktion diesen Zeitabschnitt. Die Stahlproduktion einer Volkswirtschaft wurde lange Zeit sogar als Maß für ihre Leistungsfähigkeit angesehen.
Die Gründe für die große Bedeutung des Stahles:
• große Festigkeit
• Verfügbarkeit in großen Mengen
• Vielseitiger Einsatz durch die Möglichkeit dem Stahl bestimmte Eigenschaften zu geben
(Wärmebehandlung, Legierung, mechanische Bearbeitung)
Ökologie
Stahl ist aus ökologischer Sicht ein hervorragender Werkstoff, da er nahezu ohne Qualitätsverlust unbegrenzt recycelbar ist,
indem der Schrott wieder geschmolzen wird.
Demgegenüber ist der Hochofenprozess ökologisch bedenklich, da er ein bedeutender Emittent von Kohlendioxid ist. Deshalb wird intensiv an neuen Verfahren der Roheisenerzeugung geforscht
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Nichteisenmetalle
Schwermetalle
Leichte NE-Metalle
Blei
Pb
11,3 g/cm³
Kupfer
Cu
8,9
Nickel
Ni
8,9
Zink
Zn
7,2
Zinn
Sn
7,3
Aluminium
Al
2,7
Magnesium
Mg
1,74
Buntmetalle:
Kupfer und seine Legierungen
Normen:
DIN EN 12 659
Blei
Blei
DIN EN 12 548
Bleilegierungen in Blöcken
DIN EN 12 588
Bleche aus Blei im Bauwesen
DIN EN 13 086
Bleioxide
DIN 59 610
Blei und Bleilegierungen
Vorkommen
sulfidische Erze v. a. PbS, gemeinsam
g
mit ZnS
Herstellung:
Rösten
2 PbS + 3O2 = 2 PbO + 2 SO2
Reduzieren
2PbO + C = 2 Pb + CO2
Aus Werkblei mit 95-98%
98% Pb werden hergestellt:
Feinblei
Pb 99,99: Akkus, Farben, Bleibleche
Hüttenblei
Pb 99,94: Legierungen, Wasserleitungen
Wasserleitu
Umschmelzblei
Pb 00,75 für Legierungen, sonstige Bleiwaren
Die Herstellung von Blei im Schachtofen nach dem
Röstreduktionsverfahren
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Eigenschaften
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kalt leicht verformbar
Niedriger Schmelzpunkt von 327 °C
Korrosionsbeständig an Luft durch Bildung einer Oxidschicht PbO bzw. PbCO3 (Carbonat)
In Wasserleitungen: weiches Wasser löst Blei und bildet giftiges Pb(OH)2
Blei absorbiert sehr gut Schallwellen, Röntgen- und radioaktive Strahlen
Verwendung am Bau
Bleiblech (früher Walzblei): 0,5-10 mm, Strahlenschutz, Reaktorbau, Flachdächer, Rinnenauskleidungen, Abdichtungen, Abdeckungen auf Gesimsen etc.
Bleiwolle: Verstemmen von Anschlüssen, Fugen etc.
Sprossenblei: Bleiverglasungen
Bleirohre: Abwasser, Druckrohre
Sonstige Verwendung:
Akkumulatoren, Bleifarben
Eigenschaften:
Schmelzpunkt bei 232 °C, sehr weich, lötbar, korr osionsbeständig an Luft und bei schwachen
Säuren
Verwendung:
Rostschutzüberzüge (Weißblechdosen, dazu werden 50 % des verarbeiteten Zinns verwendet),
Gießereizubehör,
Zinn
Lötzinn: als Legierung mit PB: 30 oder 60 % SN zum Weichlöten
Normen
DIN EN 611-1
Zinn und Zinnlegierungen
DIN 1742
Zinn Druckgusslegierungen
Zink
Eigenschaften:
aus ZnCO3 (Zinkspat) oder ZnS (Zinkblende);
durch Rösten und Reduktion mit Koks bei 1250 ° C
Verwendung:
Korrosionsschutz: Der größte Anteil des produzierten Zinks dient zum Verzinken von Eisenblech für Dachrinnen, Eimer, Drähten und Rohren.
Dabei existieren mehrere Verfahren:
Feuerverzinkung
Dabei werden die Bleche in geschmolzenes Zink getaucht. Dabei entstehen Zinküberzüge mit
einer Dicke bis zu 0,1mm.
galvanisches Verzinken
Dabei benutzt man unter Verwendung einer Zinkanode Bäder mit zinksalzhaltigen Lösungen
(z.B. 25% Zinksulfat und 2% Zinkchlorid). Kleinteile wie Schrauben verzinkt man durch
Sherardisieren, wobei die Schrauben in einer drehbaren Trommel mit einer Mischung aus Zinkpulver und Quarzsand für 2-10 Stunden gedreht werden. Dabei schlägt sich das Zink in einer
dünnen Schicht auf der Oberfläche nieder.
Metallspritzverfahren
Zink in Spritzpistolen geschmolzen, durch Druckgase zerstäubt und auf die zu verzinkenden
Oberfläche gesprüht.
Legierungen
Mischt man geschmolzenes Zink und Kupfer, erhält man Messing. Diese Legierung wird in der
Schmuckindustrie und im Sanitärbereich in großem Umfang verwendet.
Während Zinkstaub als Pigment zum Rostschutz in Farben verwendet wird, ist Zinkoxid ein
wichtiges Weißpigment.
Titanzink: Zn 99,995 % mit 0,2 % Ti: höhere Festigkeit, witterungsbeständiger
Verwendung am Bau
Bleche, Bänder und Tafeln aus Zinkblech, Dicke ca. 0,5 – 0,8 mm für Dachrinnen, Kehlbleche,
Regenfallrohre, Traufbleche, Mauerabdeckungen
Dacheindeckungen aus Titanzink
Normen:
DIN 18339
Klempnerarbeiten
DIN 18460
Regenfallrohre außerhalb von Gebäuden
DIN EN 988
Zink und Zinklegierungen
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Kupfer
Vorkommen Gewinnung Kupfererze: Sulfide, CuFeS2, Cu2S.
Eigenschaften:
weich, dehnbar, lässt sich walzen, ziehen, schmieden und löten. Schmelzpunkt bei 1083 °C
Sehr geringer elektrische Widerstand, daher vielfach in der Elektroindustrie verwendet.
Reines Kupfer ist ein hellrotes, hartes und gut schmiedbares Schwermetall. Es lässt sich zu
hauchdünnen Folien und zu Draht formen. Nach Silber besitzt es die beste elektrische Leitfähigkeit und Wärmeleitfähigkeit. Mit Zink, Zinn, Silber, Nickel, Eisen,
Eisen Aluminium, Mangan, Silicium Platin, u.a. erhält man Kupfer-Legierungen:
cium,
Legierungen: Bronze enthält ca. 80-90%
80
Kupfer und 1020% Zinn.
Patina:
An feuchter Luft bildet sich auf der Oberfläche allmählich ein grünlicher Überzug (Patina), der
im wesentlichen aus Malachit besteht. Die Patina schützt das darunter liegende Kupfer vor weiwe
terer Korrosion, daher ist Kupferblech für die Abdeckung von Türmen und Dächern gut geeiggeei
net:
Nach dem Dachdecken zeigt das Dach zunächst die hellrote Kupferfarbe. Nach wenigen Tagen
wechselt die Farbe in ein dunkles Rot, das durch Kupfer(I)oxid verursacht wird. Später wird das
Dach noch dunkler und es entsteht schwarzes Kupfer(II)oxid.
Aber erst nach einigen Jahren bildet sich unter Einwirkung
Einwirkung von Kohlenstoffdioxid, Luft und
Wasser die blaugrüne Patina:
2 Cu + CO2 + H2O + O2 -----> CuCO3. Cu(OH)2
Verwendung am Bau
Bleche
als Dacheindeckungen, Gesimsabdeckungen, Fassadenbekleidungen
Kupferrohre Wasserleitungen, Heizungsbau, Ölleitungen
Kupferrohre:
Drähte: Blitzableiter, Elektroinstallation
Rotmessing:
80-90% Kupfer + 10-20%
20% Zink (für Modeschmuck und Kunstartikel)
Gelbmessing:
60-80% Kupfer + 20-40%
40% Zink (für Maschinenteile und Küchengeräte)
Glockenbronze:
75-80% Kupfer + 20-25%
5% Zinn (für Glocken und Kunstgegenstände)
Konstantan:
57% Kupfer + 41% Nickel + 1% Eisen + 1% Mangan, (elektr. Widerst.)
Widerst
Neusilber:
45-68% Kupfer + 10-26% Nickel + 12-45%
45% Zink (chir. Instrumente, EssbeEssb
stecke)
Die Freiheitsstatue in New York ist zum Beispiel von einer Bronzelegierung
umhüllt. Ihr Kupferanteil beträgt etwa 80 Tonnen.
Normen
DIN EN 1172
Kupfer und Kupferlegierungen, Blech für das Bauwesen
DIN EN 1412
Europäisches Werkstoffnummernsystem
DIN 1754
Rohre aus Kupfer
DNI 1787
Kupfer Halbzeug
Bei der elektrolytischen Kupferraffination hängt man
Elektrodenplatten aus Garkupfer als Anoden in eine
angesäuerte Kupfersulfatlösung. Als Kathoden dienen
dünne Bleche aus Reinkupfer:
Reinkupfer Die Elektrolyse wird in
großen Elektrolysierwannen, in denen einige hundert
Elektroden hintereinandergeschaltet sind, bei SpanSpa
nungen von 0,4 - 1 Volt durchgeführt.
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Aluminium
Vorkommen:
Nach Sauerstoff und Silizium das dritthäufigste Element der Erde, kommt nur als Verbindung
vor nicht elementar.Meist Al.-Silikate, in Tonen,
vor,
Auch als Oxid; Al2O3 Mineralname Korund, Edelsteinname: Rubin, Saphir
Wichtigstes Erz: Bauxit: entstanden aus Verwitterung von Kalkgesteinen unter bestimmten BeB
dingungen.
Systemdarstellung der Herstellung: Schmelzflusselektrolyse
Eigenschaften:
Al und seine Legierungen überziehen sich sehr schnell mit einer Oxidhaut, dadurch gut korrosikorros
onsbeständig. Anfällige nur bei Säuren und Laugen.
Daher künstliche Schutzschichten wie Emailleüberzüge, Farbbeschichtungen etc.
Häufig: Anodische Oxidation: „Eloxal“. Elektrisch hergestellte Oxidschicht von ca. 30 mikron DiD
cke
Verwendung
Aluminium und seine Legierungen gehören heute zu den wichtigsten Werkstoffen zum Bau von
Profilen, Rohren und Blechen.
Dacheindeckungen, Wandbekleidungen, meist Al – Mn – Legierungen
Tore, Fensterprofile, Geländer etc. Meist Al – Mg - Legierungen
Gusslegierungen: Meist AL – Si – Legierungen
Folien: Reinaluminium, als Abdichtung, Dampfsperren auf Bitumenbahnen etc.
Lebensmittelindustrie ist Aluminiumfolie ein wichtiges Verpackungsmittel. Das Metall dient
Le
aber auch zur Herstellung von Kochgeschirr, Milchkannen und Trinkbechern. Aluminiumbronze
wird in Rostschutzfarbe eingesetzt und spielt bei der Herstellung von Feuerwerkskörpern
Feuerwe
und
Sprengstoffen eine Rolle. Reinstes Aluminium wird in elektrischem Leitermaterial eingesetzt,
z.B. in Hochspannungsleitungen.
Duraluminium ist eine wichtige Aluminiumlegierung für den FahrzeugFahrzeug und Maschinenbau und
für die Luftfahrt. Sie enthält neben dem Aluminium etwa 4% Kupfer,
Kupfer 0,5% Magnesium und 0,6%
Mangan sowie Spuren von Eisen und Silizium.
Mangan,
Normen:
DIN EN 573
Chemische Zusammensetzung von Halbzeug
DIN 1771
Winkelprofile aus AL und MG, gepresst
DIN 9713
U-Profile
Profile aus Al und Al Legierungen
DIN EN 546-1
546
Aluminiumfolien
DIN EN 485
Aluminium, Bänder, Bleche Platten
DIN EN 1706
Aluminium Gussstücke
DIN 17611
Anodisch oxidierte Erzeugnisse aus Al … mit Schichtdicken von
mindestens 10 µm
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Holz
(von althochdeutsch: holz Abgehauenes) bezeichnet die feste harte Substanz des Stammes, der Äste und Zweige von
Bäumen und Sträuchern. Es wird in den Pflanzen von den Zellen des Meristems gebildet. Holz ist ein nachwachsender
Rohstoff.
Es besteht aus:
• Cellulose (40 %-50 %)
• Lignin (20 %-50 %)
• Hemicellulose (Polyosen) (20 %-30 %)
• Extrastoffe (1 %-3 %, Tropenholz bis 15 %!): Terpene, Fette, Wachse, Pektine,
Gerbstoffe (nur bei Laubhölzern), Sterine, Harz
• Asche (0,1 %-0,5 %, Tropenholz bis 5 %)
Holz wird genutzt als:
• Brennstoff: Holz weist als nachwachsender Rohstoff eine extrem günstige Energiebilanz
auf, ohne dass die Produktionsfläche nur der Produktion dient.
• Rohstoff für Holzwerkstoffe und Papier.
• Rohstoff für chemische Prozesse
• Baustoff und Werkstoff: Das höchste Holzgebäude Deutschlands steht in Magdeburg,
Deutschland. Es handelt sich um den Jahrtausendturm (eröffnet 1999 im Rahmen der
Bundesgartenschau auf dem Gelände des Elbauenparks). Der höchste Holzturm der
Welt ist der historische Sendeturm des Senders Gleiwitz in Polen mit 140 m Höhe
Holzarten
Nadelholz
Entwicklungsgeschichtlich sind Nadelhölzer älter als Laubhölzer, haben daher einen einfacheren anatomischen Zellaufbau
und besitzen nur zwei Zellarten.
1. Tracheiden: Langgestreckte (prosenchymatische) an den Enden spitz zulaufende Zellen, die nur mit Luft oder Wasser
gefüllt sind. Sie haben einen Anteil von 90% - 95% der Holzsubstanz. Über so genannte Tüpfelpaare erfolgt der Wasseraustausch zwischen den Zellen. In radialer Richtung sorgen die Holzstrahlen (Quertracheiden) für den Wassertransport. Sie haben einen Anteil von 4% - 12% an der gesamten Holzsubstanz.
2. Parenchymzellen: Meist rechteckige Zellen, die die Leitung von Nähr- und Wuchsstoffen sowie die Speicherung von
Stärke und Fetten übernehmen. In radialer Richtung bilden sie ebenfalls Holzstrahlen und umgeben die Harzkanäle,
hier spricht man dann auch von Epithelzellen. Diese Epitelzellen produzieren das Harz, welches sie in den Harzkanal
ausscheiden. Auch Nadelbäume, die keine Harzkanäle besitzen (z.B. Tanne) können so im Falle einer Verwundung
traumatische Harzkanäle bilden.
Laubholz
Die Zellen von Laubholz sind wesentlich differenzierter als die von Nadelholz. Man kann sie in drei funktionelle Gruppen
einteilen.
1. Leitgewebe: Gefäße (Tracheen), Gefäßtracheiden, vasizentrische Tracheiden. Die beiden letzteren sind Zwischenstufen in der Entwicklung von der Tracheide zum Gefäß.
2. Festigungsgewebe: Libroformfasern, Fasertracheiden
3. Speichergewebe: Holzstrahlenparenchymzellen, Längsparenchymzellen, Epithelzellen
Charakteristisch für Laubhölzer sind die in Nadelhölzern nicht vorhandenen Gefäße. Sie sind oft mit bloßem Auge als kleine
Löcher im Holzquerschnitt und als Rillen im Tangentialschnitt zu erkennen.
Man unterscheidet hier noch
ringporige Hölzer (z.B. Eiche, Esche, Robinie...),
halbringporige Hölzer (z.B. Nussbaum, Kirsche...)
zerstreutporiger Hölzer (z.B. Ahorn, Birke, Rotbuche...).
Tropenholz
Viele tropische Hölzer zeichnen sich durch vorteilhafte mechanische Eigenschaften und Wetterbeständigkeit aus. Der Konsum von Tropenholz wurde in den Industrieländern seit den 70er Jahren kritisch diskutiert, da der Bestand der tropischen
Regenwälder unter anderem durch Raubbau gefährdet ist. Andererseits stellt Holz einen wichtigen Wirtschaftsfaktor für vie-
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le tropische Länder dar und ist (wie auch in den gemäßigten Zonen) eine wichtige Einkommensquelle für die ländliche Bevölkerung.
Zertifizierung
Im Zuge der Diskussion zur nachhaltigen Bewirtschaftung in den Tropen wurden angesichts des dort überwiegenden Raubbaus weltweit gültige Kriterien für eine nachhaltige Waldwirtschaft diskutiert und Siegel entwickelt, die zur Zertifizierung von
ökologisch- und sozialverträglich produziertem Holz verwendet werden.
Das für die Tropen wichtigste Siegel wird vom Forest Stewardship Council (FSC) vergeben. In den gemäßigten Zonen ist
dagegen PEFC von überwiegender Bedeutung. Beide Systeme sind hinsichtlich ihrer Kriterien neben den naturräumlichen
Gegebenheiten an staatlichen Verwaltungseinheiten gebunden.
Vor- und Nachteile von Holz
Wie jeder andere Werkstoff hat auch Holz seine Vor- und Nachteile. Unter ökologischem Gesichtspunkt ist die Reproduzierbarkeit sicherlich ein wichtiger Punkt, doch auch die leichte Bearbeitbarkeit und der damit verbundene niedrige
Energiebedarf bei der Gewinnung sowie bei der Verarbeitung spielen hier eine wichtige Rolle. Wandert das Holz schließlich auf den Müll, oder Fallen bei der Produktion Abfälle an, kann es problemlos entsorgt werden. Im Idealfall kann es sogar
kompostiert werden.
Lassen Begleitstoffe, wie Holzschutzmittel, Lacke oder Leime dies nicht zu, ermöglicht moderne Rauchgasreinigung auch in
diesen Fällen eine thermische Nutzung.
Aufgrund seines geringen Wärmeleitvermögens, ist Holz ein hervorragendes Dämmmaterial (z.B. Faserdämmplatten,
Balsa zur Isolation von Flüssiggastanks). Zudem ist Holz relativ resistent gegen Chemikalien, so wird Holz erst bei einem
pH-Wert < 2 oder > 9 angegriffen.
Zur Brandgefährlichkeit von Holzhäusern ist anzumerken, dass Holz bei großen Dimensionen als brandhemmend eingestuft ist, da an der Oberfläche eine Kohleschicht entsteht. Durch entsprechende Konstruktion und Anstriche lässt sich die
Widerstandsdauer der Konstruktion weiter steigern. Die Stabilität der Konstruktion sinkt im Falle des Brandes langsam und
abschätzbar durch die sichtbare Abnahme der Masse, bei Stahlkonstruktionen können dagegen hitzebedingte Verformungen zum plötzlichen Zusammenbruch führen. In Kanada soll Holzbauweise auch für Hochhäuser zulässig sein.
Diese Brennbarkeit kann natürlich auch als Nachteil ausgelegt werden. Ebenso können Wuchsmerkmale oder Holzfehler
positiv wie negativ gewertet werden. Ein wesentlich größerer Nachteil von Holz ist seine Anfälligkeit gegenüber biotischen Faktoren, es kann also von z.B. Insekten, Pilzen oder Bakterien angegriffen werden und in seiner Substanz nachhaltig zerstört werden.
Über einen langen Zeitraum schädigt auch UV-Strahlung das Holz. Dabei reagiert das Lignin und kann danach z.B. vom
Regenwasser ausgespült werden. Zudem wird das Holz unter UV-Einwirkung grau wie Beton. Die Wirkung des Sonnenlichts ist auf die äußeren Schichten begrenzt, ihr kann durch Lackierung begegnet werden.
Ein weiterer Minuspunkt ist die hygroskopische Eigenschaft von Holz, d.h. es kann Wasser aufnehmen und abgeben. Die
Holzfeuchte passt sich quasi seinem Umgebungsklima an. Diese Feuchtigkeitsänderungen unterhalb des Fasersättigungspunktes gehen mit Formänderungen einher (es quillt und schwindet), die auch noch abhängig von den drei anatomischen
Grundrichtungen des Holzes sind. So schwindet Holz z. B. in tangentialer Richtung am meisten.
Diese Nachteile lassen sich durch konstruktiven Holzschutz - die Anwendung oft alten Wissens, wie Holz zu verbauen ist umgehen.
Die langfristige Nutzung von Holz stellt einen über die natürliche Zersetzung hinausgehende CO2-Speicherung dar.
Entstehung von Holz
Die Entstehung von Holzsubstanz findet in teilungsfähigen Zellen der Pflanze statt. Man unterscheidet hier zwei verschiedene Arten von Bildungsgeweben (Meristeme):
• Das Scheitelmeristem (Vegetationskegel) sorgt für das Längenwachstum (primäres Wachstum) an den Spross-, Zweigund Wurzelspitzen.
• Das Kambium, welches sich zwischen Holz und Rinde befindet, sorgt für das Dickenwachstum (sekundäres Wachstum).
Bei der Teilung einer Kambiumzelle entstehen zwei gleiche Zellen, von denen jedoch nur eine ihre Teilungsfähigkeit
behält und zu einer neuen Initialzelle heranwächst. Aus der anderen wird eine Dauerzelle die sich noch ein- oder
mehrmals teilt. Schließlich entsteht je nach Lage eine Bastzelle (Phloem), aus denen die Innenrinde und die daraus
später entstehende Borke bestehen, oder eine Holzzelle (Xylem). Hierbei ist zu beachten, dass die Zellteilung nach innen, also die Bildung von Holzzellen, wesentlich öfter stattfindet und so der Rindenanteil am gesamten Stamm nur etwa
5% - 15% beträgt. Nachdem sich die Dauerzelle ein letztes Mal geteilt hat, findet eine Differenzierung der Holzzelle zu
einer Leitungs-, Festigungs- oder Speicherzelle statt.
In unseren Breiten gibt es klimatisch bedingt vier Wachstumsphasen:
• Ruhephase (November - Februar)
• Mobilisierungsphase (März, April)
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• Wachstumsphase (Mai - Juli): Holzzellen, die in dieser Jahreszeit entstehen sind
großlumig, dünnwandig und von heller Farbe und bilden das so genannte Frühholz.
• Depositionsphase (August - Oktober): Holzzellen, die in dieser Jahreszeit entstehen
sind kleinlumig, dickwandig und von dunkler Farbe und bilden das so genannte Spätholz.
Durch dieses zyklische Wachstumverhalten entstehen Jahrringe, die deutlich in einem Querschnitt durch einen Stamm
erkennbar sind (siehe auch Dendrochronologie).
Bei manchen Bäumen entsteht ab einem Alter von etwa 20 - 40 Jahren im Inneren das Kernholz. Im Gegensatz zu dem
Splintholz besteht es nur noch aus toten Zellen. Hier findet also keine Wasserleitung oder Speicherung von Nährstoffen
mehr statt.
Verkernung
Bei der Verkernung werden die Wasserleitbahnen unterbrochen.
Bei Nadelhölzern geschieht dies durch Verschließen der Hoftüpfel. Bei Laubhölzern findet eine Vertyllung und ein Füllen der
Zelllumen statt.
Danach werden Kerninhaltsstoffe gebildet und in die Zellwände eingelagert, was zu einer dunkleren Farbe des Kernholzes
und oft zu einer Erhöhung der natürlichen Dauerhaftigkeit führt. Man spricht hier von Kernholzbäumen (z.B. Eiche, Nussbaum, Kiefer, Douglasie...). Bei Splintholzbäumen (z.B. Bergahorn, Birke, Erle...) ist kein Unterschied zwischen innerem
und äußerem Holz zu erkennen. Manche Bäume weisen noch einen unterschiedlichen Feuchtigkeitsgehalt über den Querschnitt auf, man spricht hier von Reifholzbäumen (z.B. Fichten, Birnbaum, Buche...) und Kern-Reifholzbäumen (z.B. Esche,
Ulme).
Glas
Unter Glas (soviel wie "glasa", germanisch für Bernstein; das Glänzende oder Schimmernde) versteht man einen amorphen
Feststoff. Glas ist eine ohne wesentliche Kristallbildung erstarrte Schmelze und damit eine röntgenamorphe Substanz.
Thermodynamisch wird Glas als unterkühlte Flüssigkeit bezeichnet. Diese Definition gilt für alle Substanzen, die geschmolzen und mit einer entsprechend hohen Geschwindigkeit abgekühlt werden.
Glas entsteht, wenn eine Schmelze so schnell abkühlt, dass sich im wesentlichen keine kristalline Struktur ausbilden kann.
Das bedeutet, dass sich bei der Entstehung von festem Glas aus einer Schmelze die Geschwindigkeiten der Kristallkeimbildung und die des Kristallwachstums so zueinander verhalten müssen, dass sich zwar Kristallkeime bilden können, aber
aufgrund des Erstarrens der Schmelze für das eigentliche Kristallwachstum nicht genügend Zeit vorhanden ist.
Im engeren Sinne versteht man unter Glas aber vor allem unterkühlte (erstarrte) anorganische Schmelzen auf der
Basis von Siliziumdioxid das heißt vor allem aus (Quarzsand) und Zusatzstoffen wie Soda (Na2CO3) und früher
auch Pottasche (Kaliumcarbonat), Manganoxid und Metalloxiden. Durch die Beimengung dieser Zusätze lassen
sich die Eigenschaften des Glases beeinflussen.
Daraus ergibt sich eine Abgrenzung zum Kunststoff, der zwar die oben genannten Definition erfüllen kann, aber im Grunde
aus Kohlenwasserstoffverbindungen besteht und organischen (siehe auch organische Chemie) Ursprungs ist, er darf darum
nicht als Glas im engeren Sinn bezeichnet werden.
Viele Glassorten sind klar bzw. durchsichtig, das bedeutet, dass sie für sichtbares Licht durchlässig sind. Im Allgemeinen
sind es solche Gläser, die mit dem Begriff als erstes in Verbindung gebracht werden. Extrem klares Glas kann so transparent sein, dass infrarotes Licht über viele Kilometer durch Glas in Form von Glasfaserkabeln geschickt werden kann. Viele
Glassorten sind allerdings undurchlässig für UV-Strahlung.
Glas kann aber auch opak sein und alle anderen Färbungen aufweisen, es ist meist hart, chemisch weitgehend träge und
biologisch inaktiv, es kann bestimmte Wellenlängen absorbieren (Filterglas), außerdem können sehr glatte und undurchlässige Glasoberflächen hergestellt werden. Im Allgemeinen ist nur die Reaktion zwischen Glas und Flusssäure industriell von
Bedeutung.
Herstellung von Glas
Glas wird aus Sand (SiO2) erschmolzen und ist nach chemisch-physikalischer Definition ein Schmelzprodukt, welches
abgekühlt und erstarrt ist, ohne zu kristallisieren. Beim eigentlichen Schmelzprozess kommt es vor allem zu Lösungsreaktionen. Das bedeutet, dass es nach der Definition noch immer flüssig ist, nur fast unendlich verlangsamt. An alten Glasscheiben lässt sich unten eine leichte Verdickung nachweisen, was diese Aussage stützt. Allerdings müsste man ein solches
Verhalten bei optischen Gläsern wie Prismen oder Linsen schon nach relativ kurzer Zeit feststellen können, außerdem finden sich für dieses Verhalten auch bei antiken römischen und agyptischen Gläsern nur wenige Hinweise, obwohl andere
Eigenschaften wie metallisches Irisieren, Verfärbungen und Trübungen an denselben ohne weiteres festzustellen sind.
Um Glas zu erschmelzen, wird ein Netzwerkbildner (Sand), Netzwerkwandler wie Na2O, K2O etc., und Zwischenoxide, auch
Stabilisatoren genannt, wie z. B. MgO, zusammen mit Schmelzbeschleunigern, sogenannten Flussmitteln (Pottasche, Soda) geschmolzen. Wegen der Bildung des Netzwerkes spricht man bei Gläsern auch von einer Matrix. Sie setzt sich aus
den diese Struktur bildenden Elementen Sauerstoff und aus Si4+, B3+ oder P5+ zusammen. Aufgespalten wird das Netzwerk
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durch Kationen wie Na+ oder Ca+; daneben existieren so genannte intermediäre Kationen wie Al3+, Zn2+ oder Pb2+, die sowohl bildende als auch Netzwerk wandelnde Eigenschaften haben.
Zwischenoxide, die auch Stabilisatoren genannt werden, bewirken eine Erniedrigung der Viskosität, das Glas wird also
"länger", und kann auch bei niedrigen Temperaturen noch bearbeitet werden. MgO ist ein gängiger Stabilisator, da er schon
in den Rohstoffen (z. B. als Begleiter des Kalks) vorkommen kann. Die Menge des Natrium und/oder Calcium ist entscheidend für die Länge der Netzwerkstruktur.
Die Zumischung eines Flussmittels ist erforderlich, da reiner Quarz (SiO2) erst bei einer Temperatur von ca. 1700 °C
schmilzt. Von der Antike bis zum 8. Jahrhundert, also auch während des Frühmittelalters wurde als Flussmittel Soda aus
sogenannten Sodaseen beigemischt. Erst danach, als sich die Waldglashütten durchsetzten, wurde das vor allem im Norden schwer zu beschaffende Soda durch Pottasche (Pflanzenasche) ersetzt. Pottasche wurde wie Soda den Glasrohstoffen
(Gemenge) als Flussmittel/Schmelzbeschleuniger beigegeben, wobei allerdings über 90 % des gewaltigen Holzverbrauches
der Waldglas-Hütten für die Pottascheproduktion verwendet wurden. Darum mussten diese Glashütten alle Jahre ihren
Standort wechseln.
Das Produkt des Erschmelzens der reinen Glasmasse aus den Komponenten wird Fritte genannt, ein Begriff, der in vielen
Bereichen, so auch in der Töpferei und der Küche, vorkommt. Auch gibt es oftmals keine scharfe Trennung zwischen Glasproduktion und Glasverarbeitung. Die Produktion des Glases (= Bildung der Netzwerkstruktur durch erschmelzen der Komponenten) führt zum Zwischenprodukt, der Fritte, einer unansehnlichen Masse, die nicht sofort von sich aus Aufschluss
über ihre spätere Verwendung gibt. Das Produkt ist von dunkler, lichtundurchlässiger (= opaker) Färbung. Erst durch Beigabe von Braunstein, einem auch als Glasmacherseife bezeichneten Entfärbungsmittel, wird die Fritte entfärbt - wobei allerdings ein Grünstich zurück bleibt - und kann als Rohglas angesprochen werden.
In der Glasherstellung spricht man im engeren Sinn nur dann von einer Schmelze, wenn Glas wiederaufgeschmolzen wird,
wie es zum Beispiel beim Recycling von Altglas geschieht. Allerdings wird bis jetzt Altglas nur als "Zusatz" zu den herkömmlichen Rohstoffen und nicht als alleiniger Rohstoff verwendet.
Nach dem Aufschmelzen des Gemenges/der Rohstoffe muss die Fritte geläutert, werden; darunter versteht man ihre
Homogenisierung und das Austreiben von Blasen aus derselben. Dabei werden Rohstoffe zugesetzt, die Gase freisetzten.
Diese Gasblasen reißen die übrigen Blasen im Glas mit und treiben sie aus.
Verarbeitung
Je nach Verwendungszeck kann Glas unterschiedlich verarbeitet werden, dabei unterscheidet man vor allem Gläser die
gepresst, geblasen, gesaugt, gesponnen oder gewalzt werden.
Hohlgläser
werden in mehreren Verfahren durch Pressen, Blasen, Saugen und Kombinationen dieser Techniken
hergestelt.
Glasfasern
werden durch Spinnen im sogenannten TEL-Verfahren produziert.
Flachglas
wurde früher durch Walzen hergestellt, bis etwa um 1950 wurden dabei mitunter Hohlgläser aufgeschnitten und flachgewalzt. Heute wird der Großteil des Flachglases im Floatprozess erzeugt, dabei
wird das noch flüssige Glas auf ein Zinnbad geleitet und erstarrt auf dessen Oberfläche. Die Berührungsfläche zwischen Glas und Zinnbad weist sehr gute Eigenschafte auf und muss nicht nachbehandelt werden. Auf diese Weise lassen sich Flachgläser mit einer Breite von mehreren Metern herstellen,
allerdings kann eine Dicke von etwa 2mm nicht unterschritten werden.
Sicherheitsglas
besteht aus abwechselnden Schichten von Glas und Kunstofffolie, bei Bruch sollen die Glassplitter an
der Folie haften. Sicherheitsglas mit einer Dicke von etwa 25 mm wird als Panzerglas bezeichnet und
beispielsweise für Schaufenster, Vitrinen und Autofenster verwendet. Wird die Schichtdicke entsprechend gesteigert, spricht man von schussfestem Glas.
Glas lässt sich auch schleifen, so dass optische Linsen für Brillen und verschiedene optische Geräte
damit erstellt werden können.
Glasfärbung und Entfärbung
Die meisten Glassorten werden mit weiteren Zusatzstoffen produziert, um bestimmte Eigenschaften, wie ihre Färbung zu
beeinflussen. Für die Glasfärbung, bzw. für die Entfärbung von Gläsern, die durch Verunreinigungen ihrer Rohstoffe verfärbt
sind, werden vor allem Metalloxide verwendet. Grundsätzlich verwendet man für die Entfärbung Färbemittel, die die
komplimentär Farbe der Verfärbung produzieren.
Eisenoxide: Färben je nach Wertigkeit des Eisenions grün-blaugrün oder gelb
und in Verbindung mit Braunstein gelb sowie braun-schwarz.
Kupferoxide: zweiwertiges Kupfer färbt blau, einwertiges färbt rot, daraus ergibt
sich das sogenannte Kupferrubinglas.
Chromoxid:
Wird in Verbindung mit Kupferoxid für die Grünfärbung verwendet.
Uranoxid:
Ergibt eine sehr feine Gelbfärbung mit grüner Fluoreszenz, solche
Gläser wurden vor allem in der Zeit des Jugendstil hergestellt.
Kobaltoxid:
färbt intensiv blau und wird auch für die Entfärbung verwendet.
Nickeloxid:
violett, rötlich auch für die Graufärbung und zur Entfärbung
Selen:
färbt rosa und rot, die rosa Färbung wird als "Rosalin" bezeichnet,
während die rote als Selenrubin bezeichnet wird.
Silber:
ergibt feines Silbergelb
Gold:
Wird erst in Königswasser aufgelöst und färbt rot, ergibt das so genannte Goldrubin, eine der feinsten und teuersten Glasfärbungen.
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Einstellung der Glaseigenschaften
Wie bei der Glasfärbung werden weitere Glaseigenschaften, wie Lichtbrechung, Temperaturbeständigkeit, Temperaturwechselbeständigkeit, Absorptionsfähigkeit, Wärmeausdehnung durch Zusatzstoffe manipuliert.
• Bleiglas funkelt stärker, weil es einen höheren Brechungsindex hat
• Bor verändert als Zusatz die thermischen und elektrischen Eigenschaften
• Barium erhöht ebenfalls den Brechungsindex
• Cer wird für Glas verwendet, das Infrarotstrahlung absorbiert
• Soda und Pottasche sind so genannte Flussmittel, sie werden manchmal zugegeben,
um den Schmelzpunkt zu erniedrigen
• Mangan kann unerwünschte Farben entfernen. Durch den Zusatz von Tonerde wird
die Wasserlöslichkeit verringert
Einteilung der Gläser
Natürliches Glas
Natürliches Glas es seit Bestehen der Erdkruste. Es lässt sich durch seine Form in 3 Arten unterteilen:
• Obsidian (vulkanischen Ursprungs)
• Tektite (entstehen durch Meteoriteneinschlag)
• Fulgurite (entstehen bei Blitzeinschlag)
Neben diesen irdischen Gläsern wurden bei der Apollo 17 Mission orangefarbige Mondglasperlen vulkanischen Ursprungs
gefunden. In Meteoriten wird oft Maskelynit gefunden. Maskelynit ist ein Glas mit der Zusammensetzung von Plagioklas,
aus dem es auch durch Schockereignisse (Kollisionen, Impakt) erzeugt wird.
Künstliches Glas
Die Einteilung künstlicher Gläser wird nach verschiedenen Gesichtspunkten getroffen. Glas ist heute ein Sammelbegriff für
eine Vielzahl von Produkten, die nach ihren äußeren Merkmalen wie Lieferformen, Anwendungsbereichen, chemischer Zusammensetzung und den sich daraus ergebenden Eigenschaften eingeteilt werden können.
Einteilung nach äußeren Merkmalen
• Hohlglas: Flaschenglas, Verpackungsglas, Wirtschafts und Beleuchtungsglas
• Flachglas: Spiegelglas, Tafelglas, Sicherheitsglas (Bauglas: Scheiben, Türen, Fassadenbau,
Sanitärbereich)
• Vollkörperglas
Geschichte des Glases
Natürlich vorkommendes Glas wie Obsidian wurde seit der Steinzeit zur Werkzeugherstellung Faustkeil benutzt. Dokumentiert wurde die Glasherstellung durch den Menschen zum ersten Mal in Ägypten um 2000 v. Chr., wo Glasscheiben hergestellt wurden, in dem Sand auf geschmolzenem Blei geschmolzen wurde.
Die Germanen kannten vor ihrem Kontakt mit den Römer keinerlei Glas, weder Schmuckglas, noch Hohlglas oder Flachglas. Als die Germanen das Glas erstmals in der Form von Schmuck und Glasperlen kennen lernten, wurde es mit ihrem
heimischen Wort für Bernstein, "glasa" (das Glänzende oder Schimmernde) benannt. Die Bezeichnung des Bernsteins als
glaesum bei dem Volk der Aesti ist aus Tacitus Germania (98) bekannt.
Die Römer erfanden viele Arten von Glas, aber lange Zeit war Glas undurchsichtig, bis im 14. Jahrhundert italienische
Glasmacher das "Cristallo" erfanden, ein farbloses und durchsichtiges Glas. In den Anfängen der Herstellung von durchsichtigem Glas wurde das Glas zu Butzenscheiben geschleudert. Dazu wurden einige Kilo geschmolzenes Glas am Ende
einer Stange schnell gedreht, so dass sich eine Scheibe mit bis zu 1,50 Meter Durchmesser bildete. Daraus wurden dann
Glasscheiben geschnitten. Weil die Dicke dieser Scheiben sehr unterschiedlich ist und am äußeren Rand zunimmt, kann es
dazu kommen, dass alte Glasscheiben am unteren Ende dicker als am oberen sind.
Um 1688 wurde die Methode des Glasgießens erfunden, wodurch Glas stärkere Verbreitung fand. Ab 1827 konnte Glas
durch neue Maschinen als Massenware für billige Artikel produziert werden. Die industrielle Flaschenabfüllung (zum Beispiel in Bierbrauereien) begann um die 1870er Jahre.
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Kunststoffe
Als Kunststoffe bezeichnet man Stoffe, deren Grundbestandteil synthetisch oder halbsynthetisch erzeugte Polymere sind.
Durch die Auswahl des Ausgangsmaterials, das Herstellungsverfahren und die Beimischung von Additiven lassen sich
technische Eigenschaften von Kunststoffen wie Formbarkeit, Härte, Elastizität, Bruchfestigkeit und Temperaturresistenz in
weiten Grenzen variieren. Kunststoffe werden zu Formteilen, Fasern oder Folien weiterverarbeitet.
Halbsynthetische Kunststoffe entstehen durch die Verarbeitung natürlicher Polymere (zum Beispiel Zellulose zu Zelluloid).
Synthetische Kunststoffe werden durch Polykondensation, Polymerisation oder Polyaddition aus einem Monomer erzeugt.
Rohstoff ist meist Mineralöl.
Charakterisierung nach Eigenschaften
• Thermoplaste
Kunststoffe, die aus langen, linearen Molekülen bestehen. Durch Energiezufuhr werden diese Materialien formbar bis
flüssig und können mit verschiedenen Verfahren verarbeitet werden. Nachdem das jeweilige Werkstück wieder abgekühlt ist, behält es seine Form. Dieser Prozess ist reversibel und dadurch wiederholbar.
Die meisten der heute gängigen Kunststoffe fallen unter diese Gruppe. Für einfache Konsumwaren, Verpackungen etc.
werden häufig Polypropylen (PP), Polyethylen (PE), Polyethylenterephthalat (PET) und Polystyrol (PS) eingesetzt.
Technische Teile werden meist aus Polyamid (PA), Polybutylentherephthalat (PBT), Polycarbonat(PC) oder Polyimiden
(PI) gefertigt.
• Duroplaste
Sind Kunststoffe, die bei der Verarbeitung räumlich eng vernetzen. Diese Vernetzung erfolgt chemisch zwischen den
Molekülen der Ausgangsmaterialien. Dieser Vorgang ist nicht umkehrbar. Sobald ein derartiges Material vernetzt ist,
kann es nur noch mechanisch bearbeitet werden. Duroplaste sind meistens hart und spröde.
Bei Hitzeeinwirkung werden Duroplaste nicht weich. Deshalb werden sie häufig für Elektroinstallationen verwendet. Einer der verbreitetsten und ältesten Kunststoffe dieser Klasse ist Bakelit. In diese Gruppe fallen auch praktisch alle
Kunstharze wie z.B. Epoxide.
Polytetrafluorethylen ist zwar nicht chemisch vernetzt, wird auf Grund seiner Eigenschaften ebenfalls zu den Duroplasten gezählt.
• Elastomere
Zu den Elastomeren gehören alle Arten von Kautschuk. Die Elastomere sind weitmaschig vernetzt und daher flexibel.
Elastomere werden beim Erwärmen nicht weich und sind in den meisten Lösungsmitteln nicht löslich. Daher werden sie
für Hygieneartikel oder Chemikalienhandschuhe verwendet. Die Gummimischung von Autoreifen ist ebenfalls ein
Elastomer, diese erhält ihre Eigenschaften durch Vulkanisation.
Herstellungsmechanismen von Kunststoffen
Polymerisation
Die Polymerisation ist eine chemische Reaktion, bei der Monomere (meist ungesättigte organische Verbindungen), unter
Einfluss von Katalysatoren und bei Auflösung der Mehrfachbindung zu Polymeren (Moleküle mit langen Ketten, bestehend
aus miteinander verbundenen Monomeren) reagieren. Dabei unterscheidet man zwischen Homo-Polymerisation, bei der
nur eine Monomerart umgesetzt wird, und Co-Polymerisation, bei der zwei oder mehr verschiedene Monomere zur Reaktion
gebracht werden.
Entdeckung
1872 gelang dem Chemiker Adolf Ritter von Baeyer (1835 – 1917) erstmals die Polykondensation von Phenol und Formaldehyd zum so genannten Bakelit. Damit legte er die Grundlage für die heutige Polymerchemie.
Mechanismen
Die Polymerisation ist immer eine Kettenreaktion egal nach welchem Reaktionsmechanismus sie abläuft. Es gibt verschiedene Mechanismen, die nach der Art des Starts der Kettenreaktion benannt sind (radikalische, anionische oder kationische
Polymerisation) oder nach dem ihnen zu Grunde liegenden Prinzip (Polykondensation, Koordinationspolymerisation wie z.B.
die ringöffnende Metathesepolymerisation).
Radikalische Polymerisation
Zum Kettenstart bricht ein Radikal die Mehrfachbindung auf und erzeugt ein wachstumsfähiges Primärradikal, an das sich
nun in einer Wachstumsreaktion mit geringer Aktivierungsenergie ständig Monomere anlagern. Durch das zusammentreffen
zweier Radikale wird ein Kettenabbruch hervorgerufen. Um die Reaktion gezielt zu stoppen werden spezielle Zusätze, sogenannte Radikalfänger, zugegeben.
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Kationische und Anionische Polymerisation
Hier greift, im Unterschied zur radikalischen Polymerisation,
Poly
ein Kation bzw. Anion die Mehrfachbindung an, um den KetKe
tenstart hervor zu rufen. Hier erfolgt der
der Kettenabbruch durch zusammentreffen von Kation und Anion.
Polykondensation
Diese Art der Polymerisation erfolgt stufenweise, d.h. zwei unterschiedliche Monomere besitzen reaktive Gruppen an beibe
den Enden des Moleküls, die miteinander reagieren können. Dieser Vorgang erfolgt mehrmals hintereinander bis sich ein
Makromolekül gebildet hat. Diamine reagieren mit Dicarbonsäuren auf diese Weise zu Polyamiden (z.B. Nylon) und Diole
(Verbindungen mit zwei Alkoholgruppen) reagieren mit Carbonsäuren zu Polyestern (z.B. Polyethylenterephtalat, PET). Bei
der Reaktion wird Wasser abgespalten, daher der Name Polykondensation.
Koordinationspolymerisation
Die eingesetzten Katalysatoren basieren auf Übergangsmetallverbindungen, die das Monomer komplexartig koordinieren
koordiniere
und in eine entstehende Polymerkette einbauen (auch Insertionspolymerisation genannt). Es gibt verschiedene Arten von
Koordinationspolymerisationen mit unterschiedlichen Mechanismen. Die wichtigste ist die nach ihren Entdeckern benannte
Ziegler-Natta-Polymerisation,
ymerisation, die es erlaubt, bei niedrigen Temperaturen und niedrigen Drücken z.B. Ethen zu linearem PoP
lyethylen hoher Dichte (High Density Polyethylene, HDPE) umzusetzen. Speziellere Arten der Koordinationspolymerisation
wie die oben erwähnte ringöffnende Metathesepolymerisation (Ring-Opening
Opening Metathesis Polymerization, ROMP) finden ihre
Anwendung bei der Herstellung von Spezialpolymeren, die mittels Ringöffnung und Verknüpfung cyclischer Monomere
durch Übergangsmetallkatalysatoren produziert werden.
Kondensation
Eine Kondensationsreaktion ist eine chemische Reaktion, bei der zwei Moleküle sich miteinander verbinden und dabei ein
einfaches Molekül (Wasser,, Ammoniak, Chlorwasserstoff oder andere) abspalten. Diese Reaktion ist die Basis für die HerHe
stellung vieler Polymere,, zum Beispiel Nylon, Polyester und verschiedene Epoxide,
Epoxide ebenso wie für Silikate und
Polyphosphate.
Um als Monomer für eine Polykondensationsreaktion verwendet zu werden, müssen die Moleküle jeweils zwei reaktive
Gruppen aufweisen.
Polyaddition
Die Polyaddition ist eine stufenartig verlaufende Verknüpfungsreaktion von bibi oder trifunktionellen Grundmolekülen
(Monomeren) zu großen
en Kettenmolekülen (Polymeren).
(
Im Gegensatz zur Polykondensation werden bei der Polyaddition
keine Moleküle abgespalten. Ein bekanntes Beispiel für eine Polyaddition ist die Reaktion von Diisocyanaten mit Diolen zu
Polyurethanen.. Dabei reagiert die Isocyanat-Gruppe
Isocyanat
(-N=C=O)
N=C=O) mit einer Hydroxygruppe (-OH)
(
zu einer Urethan-Brücke (NH-CO-O-).
Einige Beispiele
Polyurethane
Polyurethane (abgekürzt PUR) sind vielseitige Kunststoffe, die dementsprechend in vielen verschiedenen Bereichen verve
wendet werden. Haupteinsatzgebiet von Polyurethanen ist die Verwendung als Schaum, also z.B. für Polstermöbel, Matratzen, Schwämme, Winterkleidung, Beschichtung von Teppichen, Bauschaum zur Wärmedämmung, Verpackungsmaterial...
Aber Polyurethane sind viel mehr als Schaum: Sie sind ebenfalls verwendbar als Lacke und Klebstoffe, als thermoplastische Kunststoffe zur Herstellung von Rollen, Walzen u.ä., als Elastomere und als Fasern,, z.B. als Elastan.
Polyurethane enthalten Urethan-Bindungen:
Urethan
Hergestellt werden sie in einer Polyadditionsreaktion aus Dialkoholen und Diisocyanaten, wobei anstelle der Dialkohole oft
Polyether wie z.B. Polyethylenglykol verwendet werden.
Ein häufig häufig verwendetes Polyurethan ist z.B. folgendes:
Verwendet man anstelle von Dialkoholen höherwertige Alkohole, erhält man Duroplaste,, feste stabile quervernetzte Kunststoffe, die in Anstrichen für Möbel, Fußböden und Boote und in Druckfarben verwendet werden.
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Epoxidharze
Epoxidharze
dharze sind ebenfalls Polymere. Jedoch polymerisieren sie je nach Zusammensetzung so langsam, dass man sie als
zähe Flüssigkeiten verarbeiten und dann aushärten lassen kann. Das Ergebnis ist ein stabiler und chemikalienbeständiger
Kunststoff. Ein wichtiger Anwendungsbereich ist deshalb auch die Verwendung als Klebstoff. Dieser wird flüssig aufgetraaufgetr
gen und verbindet nach dem Aushärten andere Kunststoffteile, aber auch Metall und Beton.
Ein wichtiges Epoxidharz ist das Produkt der Polyaddition von Bisphenol A und Epichlorhydrin:
Die Reaktion sieht zugegebenermaßen recht kompliziert aus, aber eigentlich kommt es nur auf die Teile der Struktur an, die
tatsächlich reagieren. Beim Epichlorhydrin seht ihr einen Dreiring mit Sauerstoff. Einen Stoff mit einem solchen Molekülteil
nennt man Epoxid (Daher auch der Name des Harzes).
Der normale Bindungswinkel eines vierbindigen Kohlenstoffatoms beträgt 109° (auch
Tetraederwinkel genannt).. Der Epoxidring jedoch ist ungefähr ein gleichseitiges Dreieck, und wir ihr
sicherlich aus dem Mathematikunterricht wisst, betragen die Winkel dort 60°. Im Epoxidring werden
die Bindungen also zu diesen kleinen Winkeln gezwungen, er hat eine große so genannte
genannte RingRin
spannung.
Dies hat zur Folge, dass diese Gruppe sehr reaktiv ist und zwar besonders gegenüber nucleophilen
Atomen (z.B. dem Sauerstoffatom in der Hydroxylgruppe des Bisphenol A). Da der elektronegative
Sauerstoff die Kohlenstoffatome
stoffatome im Ring positiviert, können diese leicht mit nucleophilen ReagenziReagenz
en reagieren. Der Ring bricht dabei auf und wir erhalten eine neue Hydroxylgruppe.
Epoxide sind von allgemeiner Bedeutung in der organischen Chemie. Sie können beispielsweise auch bei der Oxidation von
Alkenen entstehen (hier bei der Umsetzung mit Peroxybenzoesäure).
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Polyester
Polyester sind vielseitig einsetzbare Kunststoffe, die uns im täglichen Leben ständig begegnen. Aus Polyestern kann man
alle möglichen Dinge herstellen, neben Textilfasern (u.a. Trevira®, Dacron®, Diolen®) z.B. die bekannten PlastikPlastik
Getränkeflaschen, die aus
us PET (PolyEthylenTerephthalat)
(
erephthalat) bestehen, und andere Lebensmittelverpackungen. Auch CDs beb
stehen aus einem Polyester, nämlich aus Polycarbonat, einem Ester der Kohlensäure. Generell werden als Polyester alle
Stoffe bezeichnet, die Esterbindungen enthalten,
enthalten, ihre unterschiedlichen Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten
hängen von den Monomeren ab, aus denen sie hergestellt sind.
Polyester entstehen durch Polykondensation,, entweder aus Hydroxycarbonsäuren oder aus Dicarbonsäuren und
Dialkoholen, man kann also - wie bei den Polyamiden - zwei Typen unterscheiden: Die Monomere von Typ I sind
Hydroxycarbonsäuren,
rbonsäuren, Polyester des Typ II werden aus Dicarbonsäuren und Dialkoholen hergestellt.
Werden als Monomere Dicarbonsäuren und mehrwertige Alkohole (z.B. Glycerin) verwendet, so erhält man quervernetzte
Polyester. Diese werden oft glasfaserverstärkt für Boote, Balkonverkleidungen und Karosserieteile verwendet.
Polyethylenterephthalat (PET)
Einer der wichtigsten und mengenmäßig bedeutendsten Polyester ist das bereits oben genannte Polyethylenterephthalat
(kurz PET), aus dem außer Flaschen auch Chemiefasern hergestellt werden.
PET gehört zu den Polyestern des Typ II, seine Monomere sind Terephthalsäure (1,4--Benzoldicarbonsäure) und Glykol
(1,2-Dihydroxyethan):
An der Strukturformel kann man sehen, dass PET polar ist: Die Sauerstoffatome sind negativ polarisiert, die benachbarten
Kohlenstoffatome entsprechend positiv polarisiert, wodurch es starke zwischenmolekulare Kräfte gibt. Zudem ist das MoleMol
kül linear, es gibt keine Verzweigungen, es sind also alle Voraussetzungen für kristalline Bereiche und somit für die Ausbildung von Fasern gegeben.
Da PET darüberhinaus nicht quervernetzt ist, handelt es sich um einen Thermoplasten (letzteres sieht man übrigens sehr
deutlich, wenn man heißen Tee in eine PET-Flasche
PET
gießt - die Glasübergangstemperatur von PET liegt bei 74°C).
Als Textilfaser hat PET verschiedene nützliche Eigenschaften: Es ist kaum dehnbar und daher sehr formbeständig, knitterknitte
frei, reißfest, außerdem nimmt es nur sehr wenig
wenig Wasser auf, was es z.B. für Sportkleidung gut geeignet macht, die ja am
Körper schnell trocknen soll, um Auskühlung zu verhindern
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Polymethylmetacrylat (PMMA)
Struktur: amorph
•
Stoffbeschreibung: glasklar, schweißbar, klebbar
•
Lösungsmittel: Chloroform (Trichlormethan)
•
Mechanische Eigenschaften: hart, steif
Dichte:
1,18 g/cm3
Reißfestigkeit:
ca. 80 N/mm2
Reißdehnung:
4%
E-Modul:
2700 bis 3200 N/mm2
Kerbschlagzähigkeit:
1,5 bis 3 kJ/m2
Kugeldruckhärte:
190 N/mm2
Vicat-Temperatur:
Temperatur:
115 bis 120 °C
max. Gebrauchstemperatur: 65 bis 90, kurzzeitig 85 bis 100 °C
Schmelztemperatur:
105 °C
unbeständig gegen:
aromatische Kohlenwasserstoffe, Chlorkohlenwasserstoffe
beständig gegen
verdünnte Basen und Säuren, Benzin, Öle
•
Verarbeitungsverfahren:
sverfahren: Spritzguss, Extrusion
Verarbeitungstemperaturen: 200 bis 250 °C
Fließfähigkeit: mittel
zulässige Restfeuchte: 0,08 %
•
•
Handelsprodukte/Markennamen: Degalan, Plexidur, Plexiglas, Resarit
Anwendungen: Bürobedarfsartikel, Bestecke, opt. Linsen, Rückstrahler, Lichtabdeckungen, Sanitärartikel, BadeBad
wannen
Polyvinylchlorid (PVC)
•
Struktur: amorph; " PVC-U:
PVC
"unplasticized"; Hart-PVC"
PVC
PVC-P:"plasticized"
Weich-PVC-
•
Stoffbeschreibung: normal: glasklar bis gering opak, schweißbar, gut klebbar
•
Schlagzäh.
•
transluzent bis opak
•
Lösungsmittel: Cyclohexanon
•
Mechanische Eigenschaften: hart, steif, in der Kälte schlagempfindlich bzw. schlagzäh
Dichte: 1,38 bis 1,40 g/cm3
Reißfestigkeit: ca. 55 N/mm2
Reißdehnung: 20 bis 40 %
E-Modul:
Modul: 1000 bis 3500 N/mm2
Kerbschlagzähigkeit: 2 bis 5 bzw. bis 50 kJ/m2
Kugeldruckhärte: 125 bzw. 98 N/mm2
Vicat-Temperatur:
Temperatur: 83 °C
max. Gebrauchstemperatur: 55 bis 65, kurzzeitig 70 bis 80 °C
Schmelztemperatur: 90 °C
unbeständig gegen: aromatische Kohlenwasserstoffe, Chlorkohlenwasserstoffe
beständig gegen: Benzin, Öle, verdünnte Säuren und Basen
•
•
•
•
Verarbeitungsverfahren: Spritzguss, Extrusion, BlasBlas und Thermoformen; mit Öl angeliert als Weich-PVC
Weich
(p-PVC)
Verarbeitungstemperaturen: 160 bis 180 °C
Fließfähigkeit: schwer fließfähig
Handelsprodukte/Markennamen: Hostalit, Hostalit Z, Vestolit, Vinnol, Vinoflex
Anwendungen: Rohre, Armaturen, allgem. Bauprofile, Tafeln, Folien, Monofile, Hohlkörper; schlagzäh: FensterFenster und
Lichtwandprofile, Fassadenelemente,
Fassadenelemente, Bauprofile, Dachrinnen, Rohre; sehr gute Beständigkeit gegen LichtLicht und Witterungseinflüsse; p-PVC
PVC als Folien, Kunstleder, Bodenbeläge, Spritzgussteile (z. B. Spielzeug)
Anteil an Kunststoff-Abfällen
Abfällen in Deutschland 2003: 12,3 % (nach Plastics Europe)
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