Menschlich Leben Menschlich Sterben „Sterberituale in verschiedenen Religionen – Möglichkeiten die Pflegepersonen bei der Sterbebegleitung von islamischen und katholischen Patienten haben.“ Fachbereichsarbeit von Karin Sönser Psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflegeschule Rankweil Betreuende Lehrperson Annemarie Jost Satteins am 03.03.2008 Inhaltsverzeichnis 1. EINLEITUNG............................................................................................................. 1 1.1. MEIN THEMA .......................................................................................................... 1 1.2. ZIEL MEINER ARBEIT............................................................................................... 3 2. OPERATIONALISIEREN VON BEGRIFFEN ...................................................... 3 2.1. RITUAL ................................................................................................................... 3 2.2. BEGLEITUNG ........................................................................................................... 4 3. DAS CHRISTENTUM ............................................................................................... 5 3.1. DIE GESCHICHTE ..................................................................................................... 5 3.2. KATHOLISCHE CHRISTEN ........................................................................................ 6 3.2.1. Definition ........................................................................................................ 6 3.3. GLAUBENSBEKENNTNIS .......................................................................................... 6 3.3.1. Definition ........................................................................................................ 6 3.4. KATHOLISCHE SAKRAMENTE .................................................................................. 7 3.5. KRANKENSALBUNG................................................................................................. 8 3.6. EINSTELLUNG ZU LEBEN UND TOD.......................................................................... 8 3.7. STERBEN ................................................................................................................. 9 3.7.1. Das Sterben an sich ........................................................................................ 9 3.7.2. Versorgung des Leichnams........................................................................... 10 4. DER ISLAM.............................................................................................................. 12 4.1. DEFINITION ........................................................................................................... 12 4.2. GESCHICHTE ......................................................................................................... 12 4.3. DIE FÜNF SÄULEN DES ISLAMS .............................................................................. 13 4.3.1. Glaubensbekenntnis ...................................................................................... 13 4.3.2. Tägliches Gebet ............................................................................................ 14 4.3.3. Fasten während des Ramadans .................................................................... 14 4.3.4. Almosen geben .............................................................................................. 14 4.3.5. Pilgerfahrt nach Mekka ................................................................................ 14 5. VERHALTENSREGELN IM ISLAM.................................................................... 15 6. PFLEGE EINES ISLAMISCHEN PATIENTEN.................................................. 15 6.1. KOMMUNIKATION ................................................................................................. 16 6.2. INTIMSPHÄRE UND KLEIDUNG ............................................................................... 17 6.3. HYGIENE UND SAUBERKEIT .................................................................................. 18 6.4. SCHMERZTHERAPIE ............................................................................................... 18 7. EINSTELLUNG ZU LEBEN UND TOD ............................................................... 18 7.1. STERBEN UND STERBEBEGLEITUNG ...................................................................... 19 7.2. NACH DEM STERBEN ............................................................................................. 20 8. METHODIK.............................................................................................................. 21 9. AUSWERTUNG DER DATEN............................................................................... 22 9.1. BEGLEITUNG DER PATIENTEN ............................................................................... 22 9.1.1. Operationalisierung: Religiöse Sterbebegleitungsutensilien. ...................... 22 9.1.2. Operationalisierung: Sterbebegleitung in der katholischen Religion und ihre Gestaltung............................................................................................................... 22 9.1.3. Operationalisierung: Sterbebegleitungsrituale im Islam. ............................ 23 9.1.4. Operationalisierung: Sterbebegleitung bei einem islamischen Patient, wie wurde sie bisher gestaltet. ...................................................................................... 24 9.2. NACH DEM DAHINSCHEIDEN DES PATIENTEN........................................................ 25 9.2.1. Operationalisierung: Rituale im katholischen Glauben, Rituale im islamischen Glauben, Wünsche der Angehörigen, gemeinsam mit dem Pflegepersonal. ....................................................................................................... 25 9.3. BERUFSBILD PFLEGEPERSON UND GLAUBEN......................................................... 26 9.3.1. Operationalisierung: Aufgabe der Pflegeperson als Begleitung im jeweiligen Glauben................................................................................................................... 26 10. RESÜMEE............................................................................................................... 27 11. LEITFADEN ZUR STERBEBEGLEITUNG ...................................................... 29 11.1 BEI KATHOLISCHEN PATIENTEN ............................................................................ 29 11.2 BEI MUSLIMISCHEN PATIENTEN ........................................................................... 30 12. LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS ............................................... 32 1. Einleitung Die Vielfalt der Unterscheidung von Menschen ist groß. Verschiedene Rassen, andere Nationen, dunkle oder helle Hautfarbe. Wir unterscheiden uns im Aussehen und Charakter, was jeden von uns als einzigartige, individuelle Persönlichkeit erscheinen lässt. Seit jeher ist bekannt, dass Menschen aller Kulturen dem ewigen Leben hinterher trachten. Mit dem heutigen medizinischen und technischen Stand ist es der Menschheit ein Stück weit gelungen wenigstens einem langen und optimalerweise gesundem Leben näher zu kommen. Doch haben alle Menschen letztendlich gemein, dass das Leben einmal enden wird. „Die Natur lehrt uns, dass ohne das Sterben, ohne Tod kein Leben werden und sein kann. Im Kreislauf von Werden, Sein und Vergehen wächst aus dem Absterbenden jeweils neues Leben. Und nur im wachsenden Einvernehmen und Annehmen des Todes (Ars moriendi) können wir die Kostbarkeit des Lebens (Ars viviendi) richtig verstehen und aus diesem Verständnis heraus lernen, das Leben zu gestalten.“ (Manser zit. n. Knipping 2007, S.501) 1.1. Mein Thema Da der Aspekt des Sterbens zum Pflegealltag gehört, und jeder von uns in die Lage kommen kann oder wird, in der wir dem Sterbenden pflegend und begleitend zur Seite stehen, habe ich mich für das folgende Thema entschieden: „Menschlich leben – menschlich sterben, Sterberituale in verschiedenen Religionen – Möglichkeiten, welche Pflegepersonen bei der Sterbebegleitung von islamischen und katholischen Patienten haben.“ 1 Die Hypothese, die ich für meine Arbeit gewählt habe, lautet: „Pflegepersonen können muslimische und katholische Patienten in ihrer Sterbephase individueller und angemessener betreuen, wenn sie das nötige Fachwissen über die islamische und katholische Religion haben.“ Meine Forschungsfrage: „Wissen Pflegepersonen über die Glaubensrichtung des Islams und somit über die Sterbebegleitung bezüglich der Religion wenig bescheid?“ Im Laufe meiner 3 jährigen Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflegeschule Rankweil habe ich in verschiedenen Bereichen Praktika absolviert. Neben der Vielfalt der Krankheitsbilder und Genesungsverläufe, bin ich auch auf verschiedene Glaubensrichtungen gestoßen. In meinem Praktikum auf der Palliativstation Hohenems ist eine muslimische Patientin verstorben. Es wurden bei ihrer Sterbebegleitung Rituale von Angehörigen ausgeübt, die ich miterleben durfte und mit großem Interesse verfolgte. Dabei fiel mir auf, wie wenig ich und auch manch andere Pflegepersonen über die Sterbebegleitung, dem muslimischen Glauben entsprechend, wussten. In unserer multikulturellen Gesellschaft ist es wichtig, Rahmenbedingungen für ein menschliches und menschenwürdiges Sterben zu schaffen. Trotz der verschiedenen Rituale in Bezug auf Sterben bleibt der einzelne Mensch, mit seinen Grundbedürfnissen nach Respekt und Würde und den Grundgefühlen wie Angst, Verzweiflung und Schwäche der Maßstab allen Tuns in der Sterbebegleitung. Deshalb ist es für das Pflegepersonal wichtig, einen Verständnishorizont zu entwickeln, der offen für den einzelnen Menschen, seine Geschichte und Bedürfnisse bleibt. Man soll als Pflegender die Bedürfnisse der Kranken respektieren und ihnen die Möglichkeit geben, nach ihrer Religion zu leben. Zur Pflege gehört die Achtung vor dem Leben, vor der Würde und den Grundrechten des Menschen. Sie wird ohne Rücksicht auf die Nationalität, der ethnischen Zugehörigkeit, den Glauben, die Hautfarbe, das Alter, das Geschlecht, die politische Einstellung oder den sozialen Rang ausgeübt. Die Pflegeperson sorgt bei ihrer Tätigkeit dafür, dass die Wertvorstellungen, die Sitten und Gewohnheiten sowie der Glaube des Einzelnen respektiert werden. (vgl. Nöstlinger 2004, S.303, GuKG Kommentar § 41) 2 Zum einen geht es hier um Themen, die keiner bloß distanziert von außen her betrachten und diskutieren kann - der Tod geht eben alle und alle immer an. Zum anderen berühren sie Dimensionen, die sich der menschlichen Direkt - Erfahrung vollkommen entziehen –kein Mensch vermag den Tod je zu erleben. (Beinert zit. n. Knipping 2007, S.500) In meiner Arbeit erfasse ich den IST-Stand, der die momentane Handhabung bezüglich der islamischen und katholischen Sterbebegleitungsrituale aufzeigen soll. Dies erfolgt per Interview auf 2 Stationen (Radioonkologie im Landeskrankenhaus Feldkirch, Palliativstation im Landeskrankenhaus Hohenems). Befragt wird ausschließlich das Pflegepersonal. Es wurden Diplompersonal und Pflegehelfer befragt. Bezüglich der Bezeichnung des Pflegepersonals, verwende ich zum einfacheren Verständnis den Begriff Pflegeperson, einheitlich als Bezeichnung für Diplompersonal und Pflegehelfer. In der restlichen Arbeit befasse ich mich mit der Thematik Sterbebegleitung bei Angehörigen des Islams und des katholischen Glaubens und wie diese gestaltet werden kann. Bezüglich der Formulierung Patient/Innen verwende ich in der ganzen Arbeit die männliche Bezeichnung. 1.2. Ziel meiner Arbeit In meiner Fachbereichsarbeit möchte ich Pflegepersonen für diese Thematik sensibilisieren und Anregungen geben wie Sterbebegleitung dem islamischen und katholischen Glauben entsprechend gestaltet werden kann. Außerdem möchte ich einen kurzen Leitfaden erstellen. 2. Operationalisieren von Begriffen 2.1. Ritual „Ein Ritual (von lateinisch ritualis = “den Ritus betreffend“, rituell) ist eine nach vorgegebenen Regeln ablaufende, feierlich-festliche Handlung mit hohem Symbolgehalt.“ (URL:http://de.wikipedia.org/wiki/Ritual, 2008-02-23, 16:29) 3 „Rituale unterschieden sich von Bräuchen und bloßen Gewohnheiten durch ihre Verwendung von Symbolen. Sie haben eine weit über das Mitgeteilte hinausgehende Bedeutung. Sie können Aufgaben erfüllen, mit Routinen und instrumentalen Vorgehensweisen einhergehen, sie gehen jedoch immer über sie hinaus, indem sie Handlungen, an denen sie beteiligt sind, eine größere Bedeutung verleihen.“ (Roberts, Whiting, u.a. 2006, S.111) 2.2. Begleitung „Das Wort Begleitung drückt das „gemeinsam mit jemanden einen Weg gehen“ aus und kann in verschiedenen Zusammenhängen verwendet werden. In der Psychotherapie und religiösen Seelsorge ist es eine Betreuung in und nach schwierigen Situationen, z. B. Sterbebegleitung.“ ( URL:http://de.wikipedia.org/wiki/Begleitung, 2008-02-23, 16:46) 4 3. Das Christentum 3.1. Die Geschichte Die christlichen Kirchen haben ihren Ursprung in Jesus Christus , der von Gott seinem Vater, in die Welt gesandt wurde. Jesus Christus gründete seine Kirche, indem er die Frohbotschaft von der Ankunft des Reiches Gottes verkündet hat. Jesus verkündete die Liebe Gottes, weiters rief er auch alle Menschen zu gegenseitiger Liebe auf. Das Christentum ist die Religion der Anhänger Jesu, den sie als Sohn Gottes verehren und der ihnen durch seine Lehren einen Weg zu Gott selbst eröffnet hat. Jesus hat vor zweitausend Jahren in einer jüdischen Familie mit jüdischen Traditionen in Nazareth und in Palästina gelebt. Das Christentum ist die größte Religion der Welt und verfügt derzeit über zwei Milliarden Gläubige. Der Wirkungskreis von Jesu war im Gebiet der heutigen Staaten Israel, Jordanien und Syrien. Aufgrund der Zuwendung von Jesus zur unterdrückten Klasse und aufgrund seiner Kritik an der Gesetzesausübung, geriet er in Konflikt mit den herrschenden Römern, welche ihn aus politischen Gründen zum Tode am Kreuz verurteilten. Trotz seiner Göttlichkeit war er sterblich wie alle anderen, wobei jedoch nach drei Tagen die Auferstehung Jesu erfolgte. Der christliche Glaubensatz besagt: „Der eine Gott sei eine Einheit der drei Personen. Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist.“ (Schwikart 2007, S.106) Jesus gehört zusammen mit Gott Vater und dem Heiligen Geist zur Dreifaltigkeit des „einen Gottes.“ Das Glaubensbekenntnis der Christen ist jedoch nicht einheitlich. Geschichtliche und politische Ereignisse führten zu unterschiedlichen Auslegungen der Lehre. Durch Traditionen geprägt, kam es zu einer Vielfalt von Ausdrucksformen. Seine Jünger sahen in Jesus den Messias, den Gesalbten, der ihnen in den heiligen Schriften angekündigte Retter. Das griechische Wort für Messias lautet „Christios“, was ebenfalls „Gesalbter“ bedeutet. Im Lateinischen wurde daraus „Christus“ und die Anhänger wurden sehr bald Christen genannt. Die Glaubensgrundlagen des Christentums sind im Apostolischen Glaubensbekenntnis zusammengefasst, welches auch die protestantische Kirche mit der katholischen gemeinsam hat. Es gibt sehr viele Gruppierungen innerhalb des Christentums, dazu gehören die katholische, protestantische, orthodoxe und evangelische Kirche. 5 Allen gemeinsam ist das Bekenntnis, dass Jesus der Christus ist, der Gesandte Gottes, sein Messias, der alle Menschen zum Heil erlösen wird. Die Aufnahme in die Glaubensgemeinschaft erfolgt durch die Taufe und dem Glaubensbekenntnis. Dadurch werden alle aufgefordert, Jesus nachzufolgen und nach seinen Lehren zu leben. Christen glauben, Gott habe seinen Sohn nicht im Tod gelassen, sondern ihn zu neuem Leben erweckt. Dies wird auch als die „Frohe Botschaft“ bezeichnet. (vgl. Schwikart 2007, S.39-40) 3.2. Katholische Christen 3.2.1. Definition Im engeren Sinne versteht man unter den katholischen Christen die von Christus gewollte, begründete Gemeinschaft aller Christen, Anhänger der kath. Glaubenslehre. (vgl. Drosdowski, Müller u.a. 1996, S.402) Die katholische Kirche ist hierarchisch gegliedert und der Zentralsitz ist in Rom, mit dem Papst als dessen Oberhaupt. 3.3. Glaubensbekenntnis 3.3.1. Definition Es ist eine fixierte und abgesegnete Formulierung von wesentlichen Punkten der christlichen Lehre. (vgl. Drosdowski, Müller u.a. 1996, S. 318) „Wir glauben an Gott, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde, und an Jesus Christus, Seinen eingeborenen Sohn, unserem Herrn, empfangen durch den heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinab gestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel und sitzend zur Rechten Gottes“.(Bischöfe Deutschlands und Österreich u.a. 1975, S. 20) 6 Der Glaubensgrundsatz der Katholischen Christen beinhaltet die 10 Gebote: „1. …Du sollst keine anderen Götter haben neben mir 2. Du solltest den Namen des Herrn … nicht missbrauchen 3. Du solltest den Feiertag heiligen 4. Du solltest deinen Vater und deine Mutter ehren 5. Du sollst nicht töten 6. Du sollst nicht ehebrechen 7. Du sollst nicht stehlen 8. Du sollst nicht falsch Zeugnis reden… 9. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus. 10. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib,…“ (Bischöfe Deutschland und Österreich u.a. 1975, S.118) 3.4. Katholische Sakramente Als Sakrament bezeichnet man in der christlichen Theologie einen Ritus, wie zum Beispiel die Taufe, der als sichtbares Zeichen beziehungsweise als sichtbare Handlung eine unsichtbare Wirklichkeit Gottes bewirkt, sie vergegenwärtigt und an ihr Anteil nimmt. Das Wort Sakrament bezieht sich auf den kirchenlateinische Begriff „sacramentum“ (religiöses Geheimnis), der auf das spätlateinische „sacramentum“ (Weihe) zurückgeht. Die lateinische Wurzel „sacer“ bedeutet heilig, unverletzlich. (URL:http://www.efg-hohenstaufenstr.de/downloads/bibel/rkk_sakramentee.html, 2008-02-19, 20:00) 7 Die Kirche hat im Laufe ihrer Geschichte die sieben Sakramente festgelegt: 1. Taufe – „Sakrament der Wiedergeburt“ 2. Firmung – „Sakrament der Versiegelung, der Reife und Mannbarkeit“ 3. Eucharistie – „Sakrament der Vereinigung mit Christus“ 4. Buße – „Sakrament zur Vergebung der Sünden“ 5. Ölung – „Sakrament zur Aufrichtung und Stärkung der Seele“ 6. Priesterweihe – „Sakrament zur Weiterführung des Priester- und Mittleramtes Christi“ 7. Ehe – „Sakrament zur Mehrung des Gottesvolkes“ (Bischöfe Deutschlands und Österreich u.a. 1975, S.80) 3.5. Krankensalbung Das Sakrament der Krankensalbung wurde früher als die „letzte Ölung“ bezeichnet und auch so gesehen. Heute ist dieses Sakrament zur Stärkung und Ermutigung in der Krankheit gedacht und wird als Krankensalbung verstanden. Die Salbung gibt in schwerer Krankheit Anteil am heiligen Geist und Gemeinschaft mit dem Kreuz Christi. Die Krankensalbung soll nach der Beichte empfangen werden, die Krakensalbung kann und soll nur Lebenden gespendet werden. (vgl. Schwikart 2007, S.50-51) 3.6. Einstellung zu Leben und Tod Die christlichen Kirchen gehen von einem Leben nach dem Tod aus. Es gibt verschieden liberale Auffassungen vom Existieren der Seele in einer anderen Form. Es gibt die fundamentalistische Vorstellung von Himmel als Ort der Erwählten und einer Hölle als Ort der Verdammten. Heute sind diese Vorstellungen eher vage. Den theologischen Grundsätzen liegt jedoch zugrunde, dass man spirituell neu geboren wird. Die Vollendung des neuen Menschen wird ihm aber erst nach seinem Tod von Gott geschenkt. Er lebt dann in der Gemeinschaft mit Gott. Das Leben und der Tod sind eng miteinander verbunden. 8 Das Sterben soll als Chance genutzt werden, sich auf das nahende Ende und damit auf den Tod und das neue Leben vorzubereiten. (vgl. Schwikart 2007, S. 45-46) 3.7. Sterben Beim Sterben und im Tode erfolgt die Verwandlung in ein neues Leben. In vielen Fällen werden auch wir Pflegepersonen als Begleiter für den letzten Weg dabei sein. Tod und Leben gehören für das christliche Todesverständnis in einem tiefen Sinn zusammen. Das Bedenken des Todes soll keine Aufforderung zur Weltflucht sein, sondern eine Mahnung, das Leben in rechter Weise zu ordnen und zu bestehen. Es liegt an uns, die im Beruf der Pflegenden stehen, nicht nur in heilenden Prozessen die Patienten zu begleiten, sondern auch in abschiednehmenden. Der Tod wird in der Öffentlichkeit tabuisiert und der Sterbende dadurch isoliert. Heute wird in vielen Kirchengemeinden ein Pfarrerbesuchsdienst zu älteren bzw. kranken Menschen entsandt, auch dann, wenn absehbar ist, dass der Patient versterben wird. Eine ideale Umsetzung des christlichen Gedankens ist die Gründung von Palliativstationen oder mobilen Diensten. (vgl. Schwikart 2007, S. 49) 3.7.1. Das Sterben an sich Ein wichtiger Grundsatz ist: Kein Sterbender soll alleine gelassen werden. Bei der Beichte sollte er mit dem Seelsorger alleine gelassen bzw. von anderen Patienten abgeschirmt werden. Danach sind die Angehörigen wieder anwesend. Es wird ihm die Hand gehalten und mit ihm gebetet. Das Empfangen der Heiligen Kommunion ist für den katholischen Christen in Todesgefahr eine Pflicht des Glaubens. Je nach Situation ist das Ritual an den Sterbenden anzupassen. Bei diesem Ritual werden dem Sterbenden die Stirn und die Hände gesalbt und dazu gebetet, weiteres sollte ein Kreuz und eine Kerze bereitgestellt werden. Nach dem Ableben des Patienten soll man den Angehörigen „herzliches Beileid“ oder „aufrichtige Teilnahme“ wünschen, den Angehörigen wird dadurch Mitgefühl ausgedrückt. (vgl. Schwikart 2007, S.49-51) 9 3.7.2. Versorgung des Leichnams Die Versorgung des Leichnams wird meist von Pflegepersonen übernommen. Wenn Angehörige anwesend sind, können sie an diesem Prozess teilnehmen. Manche Angehörige berichteten, dass sie besser Abschied nehmen konnten, indem sie noch die Nähe spüren konnten. Andere Angehörige lehnen dies ab und überlassen die Versorgung des Leichnams der Pflegeperson. Die Hinterbliebenen sollen dazu angeregt werden, den Toten zu waschen, zu kleiden und bei ihm Wache zu halten. Die Aufbahrung des Leichnams geschah früher zu Hause und am Abend kam die Gemeinde zu einer Andacht zusammen. In den Landeskrankenhäusern sind die gesetzlichen Bestimmungen einheitlich und diese lauten: Bis zu 2 Stunden nach Eintritt des Todes kann der Verstorbene auf Station belassen werden, damit Angehörigen die Möglichkeiten der Verabschiedung gegeben wird. Jedoch ist es Angehörigen nicht immer möglich, kurze Zeit nach dem Ableben ihres Familienangehörigen oder Freundes ins Krankenhaus zu kommen um sich zu verabschieden. Damit aber trotzdem ein würdevolles Abschiednehmen stattfinden kann, wurde in manchen Krankenhäusern ein Verabschiedungsraum gestaltet. In der Abgeschiedenheit des Raumes können Barrieren fallen, Angehörige können ihre Trauer zum Ausdruck bringen und auch offen beten. Es wird eine Kerze angezündet, dies gilt als Symbol des Glaubens an die Auferstehung. Die brennende Kerze gehört im christlich geprägten Kulturkreis u.a. zu den Symbolen der Trauer, der innigen gedanklichen Verbundenheit mit einem Menschen und/oder des Gebetes. Für die Angehörigen ist die Kerze ein klares Zeichen für die Begrenztheit des Lebens. KEINESFALLS sollen Ewiglichter/Seelenlichter zum Einsatz kommen (symbolisch wird die Beerdigung schon vorweggenommen). Brandschutzbestimmungen im Krankenhaus verbieten offenes Feuer. In Ausnahmefällen wird eine Kerze angezündet. Stellvertretend kann auch eine Kristalllampe verwendet werden. Vielfach wünschen die Angehörigen, dass dem Leichnam Blumen beigelegt werden. Blumen werden mit Besuch in Verbindung gebracht. Sie deuten das Leben in seiner Kostbarkeit und Verletzbarkeit. Die Blumen sprechen unbewusst den Wert an, den dieser Mensch im Leben des anderen hat und die Beziehung. 10 Meist wird ein Kreuz in die Hände des Verstorbenen gelegt. Im christlichen Glauben symbolisiert der vertikale Balken die Verbindung der Menschen zu Gott, der horizontale die Verbindung der Menschen untereinander. Weihwasser wird beigestellt, damit ein Kreuz auf die Stirn gemacht werden kann. Das Weihwasser wird zur Segnung verwendet, es dient lebenden und toten Menschen/oder Gegenständen zur Befreiung von negativen Mächten. (vgl. URL:http://de.wikipedia.org./wiki/weihwasser, 2008-02-23, 16:50) 11 4. Der Islam 4.1. Definition Islam bedeutet Hingabe an oder Unterwerfung unter Gott. (vgl. Schwikart 2007, S.75) 4.2. Geschichte „Der Islam ist die Religion der Moslems“; wörtlich bedeutet der Name Islam „Unterwerfung“, das heißt, ein Moslem ist jemand, der sich Gott unterwirft. „Es gibt keinen Gott außer Gott (Allah), und Muhammed ist sein Prophet.“ (Neuberger 1995, S.36) Der Islam ist die zweitgrößte Religion der Welt und hat derzeit über eine Milliarde Anhänger. Der Islam hat nicht nur eine religiöse, sondern auch eine kulturelle und politische Komponente. Natürlich gibt es Unterschiede in der Denkweise der Moslems zum Islam. Viele bleiben ihren Sitten und Gebräuchen weitgehend treu, während andere oft durch den westlichen Lebensstil geprägt sind. „Alle Moslems betrachten Mohammed als letzten Propheten des einen wahren Gottes.“ (Neuberger 1995, S.36) „ Der Name Mohammed heißt soviel wie der Gepriesene.“ (Mutawaly 1966, S.13) Mohammed wurde 570 nach Christus in Mekka geboren und lebte als einfacher Mann. Um der Verfolgung zu entgehen, verließ Mohammed im Jahre 622 jedoch Mekka mitsamt seinen Anhängern und zog in das nahe gelegene Medina. Dort schrieben sie die wahre Bedeutung der Botschaft Mohammeds nieder. Jerusalem, Medina und Mekka sind für Moslems heilige Städte, wobei Mekka die wichtigste ist. Darum werden die Gebete auch immer in Blickrichtung Mekka gesprochen und die Pilgerfahrt führt auch dorthin. Mohammed war kein Mittler zwischen Gott und den Menschen. (vgl. Schwikart 2007, S. 75-76) 12 Er lehrte, dass sowohl Männer als auch Frauen berufen sind, Allah zu dienen; das heißt zu versuchen, die Vollkommenheit zu erreichen. In 22 Jahren seines Wirkens war es Mohammed gelungen, die jüdisch-christliche Tradition eines einzigen Gottes und ein vorhandenes arabisches Nationalgefühl zu erneuern. Dabei schuf er mit dem heiligen Buch, dem Koran, das praktische und theologische Fundament des Islams. Jeder Moslem fühlt sich verpflichtet, die 5 religiösen Hauptpflichten des Islams zu leben. Die Einhaltung der religiösen Pflichten muss der gläubige Moslem erfüllen. Diese werden auch als die 5 Säulen des Islams bezeichnet: > Glaubensbekenntnis > Tägliches Gebet > Fasten während des Ramadans > Almosen geben > Pilgerfahrt nach Mekka Alle Moslems glauben an die Wahrheit der Lehren des heiligen Korans und verhalten sich dementsprechend. Kein Moslem wird gegen die traditionellen islamischen Einstellungen zur Familie, der Sittsamkeit, dem Alkohol, dem Glücksspiel und der Kleidung verstoßen. Der Glaube an Allah und an die Gültigkeit seiner Gesetze, bildet die Grundlage für die Gemeinschaft im islamischen Staat. Neben dem Koran gibt es noch die Scharia, das islamische Recht. Dies ist ein detaillierter Rechtskodex, der beinahe jeden Lebensaspekt abdeckt (persönliches Verhalten, das Erbrecht, Besitz- und Strafrecht,…). Außerdem gibt es keine Trennung zwischen weltlichen und geistlichen Fragen, alle unterliegen dem religiösen Gesetz. (vgl. Schwikart 2007, S.75-78) 4.3. Die fünf Säulen des Islams 4.3.1. Glaubensbekenntnis Es beruht auf dem Satz: „Es gibt keinen Gott außer Allah und Mohammed ist der Gesandte Gottes.“ (Schwikart 2007, S.77 ) 13 4.3.2. Tägliches Gebet Jeder Moslem spricht fünf Mal am Tag bestimmte Gebete zu festgesetzten Zeiten (nach Sonnenaufgang, Mittag, in der Hälfte des Nachmittags, direkt nach Sonnenuntergang und in der Nacht). Um dem Patienten im Krankenhaus etwas Privatsphäre zu verschaffen, kann die Abschirmung durch Vorhänge erfolgen. Moslems dürfen ihre Gebet auch im Bett verrichten, wobei zu beachten ist, dass die Blickrichtung/Bettrichtung nach Mekka erfolgt (ist aufgrund der Stationsgegebenheiten meist nicht möglich). Wenn die Angehörigen dies unbedingt wünschen, soll man ihnen versuchen zu erklären, wieso es nicht möglich ist, oder sie fragen, ob es eine andere Möglichkeit gibt. Vor dem Gebet erfolgt eine rituelle Reinigung. Sie waschen sich, damit alle Unreinheiten beseitigt werden. Es erfolgt eine Teilwaschung (des Gesichtes, der Hände, der Arme, der Beine, der Füße – diese Waschung sollte nach einem Toilettenbesuch ebenfalls erfolgen), oder eine Ganzwaschung (nach der Menstruation, nach dem Geschlechtsverkehr, nach Bewusstlosigkeit), damit das Gebet seine Gültigkeit hat. Die Schuhe sind ausgezogen und das Haupt bedeckt. 4.3.3. Fasten während des Ramadans Während des Monats Ramadan ist für alle gesunden Moslems das Fasten Pflicht. Ausgenommen sind Schwangere, Kranke, stillende Mütter oder Reisende. Sie können das Fasten verschieben. Alle, die über 12 Jahre sind, müssen die Fastenzeit einhalten oder alternativ für karitative Zwecke spenden. 4.3.4. Almosen geben Die Aufforderung Almosen zu geben, auch ZAKAT genannt, gilt als Pflicht. Jeder Moslem ist dadurch aufgerufen, Arme und Hilflose zu unterstützen, egal ob finanziell, durch Speisungen oder andere Wege. 4.3.5. Pilgerfahrt nach Mekka Auch wenn dieser Bereich keinen direkten Zusammenhang zur Pflege aufweist, so dient er doch zum besseren Verständnis. Der Koran verpflichtet den Moslem mindestens einmal in seinem Leben nach Mekka zu pilgern, sofern er es sich leisten kann. (vgl. Schwikart 2007, S.75-79) 14 5. Verhaltensregeln im Islam Neben den religiösen Grundpflichten müssen noch weitere Regeln berücksichtigt werden: > Ernährung >Sittsamkeit > Krankenbesuch Ernährung: Der Genuss von Schweinefleisch und Blut ist nicht erlaubt, wobei auch andere Nahrungsmittel nicht in Kontakt damit kommen dürfen. Außerdem muss Fleisch rituell geschlachtet werden. Verboten ist auch der Genuss von Alkohol, welches eine Todsünde darstellt. Für Fisch und Milch gibt es keine besonderen Regeln. Mit der rechten Hand wird gegessen, weiters sind sie gewohnt in Gesellschaft zu essen. Mit der linken Hand erfolgt die Reinigung nach dem Toilettenbesuch, sie wird auch als die unreine Seite bezeichnet. Sittsamkeit: Sittsamkeit hat einen hohen Stellenrang, somit schockiert sie Nacktheit zutiefst. Frauen bedecken sich am Tag und in der Nacht von Kopf bis Fuß. Männer müssen von der Taille bis zum Knie bedeckt sein. Auch die Kopfbedeckung beim Gebet sowie bei Zeremonien ist sehr wichtig. Die Regel, dass man von einer fremden Person nicht nackt gesehen werden darf, besteht bis in den Tod. Krankenbesuch: Er gehört zu den heiligen Pflichten der Moslems. Ein Patient, der Moslem ist, fühlt sich durch einen Besuch sehr geehrt. Auch der Besuch eines Fremden Kranken löst ein Gefühl der Erfüllung aus. Er tut damit etwas Gutes und darf dafür Gutes von Gott erwarten. (vgl. Schwikart 2007, S.75-78) 6. Pflege eines islamischen Patienten Um einen Moslem ganzheitlich pflegen zu können, muss man ein besonderes Einfühlungsvermögen besitzen. Dabei wäre es von Vorteil, wenn man die religiösen Pflichten des Islams kennt. Durch das Interesse am Patienten und dessen Angehörigen erfolgt die Kommunikation deutlich leichter, was zum besseren gegenseitigen Verständnis führt. Sie fühlen sich dadurch wohler und sicherer. Man kann besser verstehen, warum ein Patient die Nahrungsaufnahme von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang verweigert, oder warum ein Verstorbener nicht mehr gedreht und berührt werden soll. 15 Durch dieses Verstehen und durch die Kommunikation fällt es auch uns Pflegenden leichter, mit den Patienten umzugehen. Wir fühlen uns dadurch sicherer und weniger überfordert. Im stationären Alltag sollte aber ein Gespräch zur Abklärung von Bedürfnissen und den Wünschen des Patienten oder dessen Angehörigen erfolgen. Wichtig ist hier zu beachten, dass wenn möglich eine geschlechtsspezifische Befragung erfolgt. Viele Frauen verlangen eine Ärztin für die Untersuchungen, Männer einen Arzt. Leider ist diese geschlechtsspezifische Behandlung bei uns nicht immer möglich. Bei Untersuchungen von einem Arzt an einer islamischen Frau sollte immer eine weibliche Zeugin anwesend sein, da es zu Anklagen im Sinne der Unsittlichkeit kommen kann. Bei allen nicht deutschsprachigen Patienten sollte man einen Dolmetscher zu Hilfe rufen. Ideal wäre es, wenn eine Dolmetscherliste auf der Station aufliegt. (vgl. Wunn 2006, S. 142-179) 6.1. Kommunikation In einem europäischen Land wehren sich Moslems so lange sie können gegen einen Krankenhausaufenthalt. Sie fühlen sich unsicher und sind des öfteren mit dem Ausfüllen von Formularen überfordert. Moslems sind es gewohnt, von ihrer Familie in ihrer Krankheit unterstützt zu werden. Doch wie reagieren die Pflegenden, wenn die ganze Großfamilie um das Bett versammelt wäre? Einen gemeinsamen Konsens zu finden bezüglich der Besuchszeiten, kann sich manchmal als schwierig erweisen, da es sich um schwerkranke Patienten bzw. wenig belastbare Patienten handelt. Der Pflegeprozess ist immer ein Beziehungsprozess, wobei kulturelle Unterschiede diesen stören können. Wichtig ist auch, dass streng konservative Moslems jede körperliche Berührung mit Andersgeschlechtlichen vermeiden. Deshalb darf ein „nicht Händeschütteln“ nicht als Beleidigung oder als Zurückweisung verstanden werden, da sie durch den Kontakt ansonsten unrein würden. Vorsicht ist geboten, wenn sie einen Gegenstand eines Moslems bewundern und loben, denn dieser fühlt sich somit verpflichtet, ihnen den Gegenstand zu schenken. Wenn sie bemerken, dass ein Moslem etwas ihnen Fremdes auf dem Nachttisch liegen hat, so zügeln sie ihre Neugierde, ehe sie dies anfassen und erkundigen sich zuvor, ob es erlaubt ist den Gegenstand anzufassen. 16 Da es zum Beispiel verboten ist, den Koran ohne vorherige rituelle Reinigung zu berühren, da er dadurch unrein wird. Bezüglich der Anfassung von Gegenständen von Patienten, sollte grundsätzlich um Erlaubnis gefragt werden. (vgl. Wunn 2006, S. 142-179) 6.2. Intimsphäre und Kleidung Eine der ersten Erfahrungen als Patient in einem Krankenhaus, ist der Wandel im Umgang mit der Intimsphäre. Die eigene Intimsphäre wird plötzlich öffentlich, darum sollte nur im Notfall eine andersgeschlechtliche Versorgung erfolgen. Für den Menschen, egal welcher Glaubensgemeinschaft er angehört, trägt die Wahrung der Intimsphäre sehr zum Wohlbefinden bei, was für den Pflegealltag und die medizinische Untersuchung ein bewusstes Umdenken erfordert. Pflegepersonen, die todkranke Moslems pflegen, müssen lernen, ausgesprochen einfühlsam mit deren Haltungen, insbesondere mit deren Schamgefühl, umzugehen. Nacktheit und die ungewohnte westliche Kleidung stellen für diese Personen ein Problem dar. Muslimische Frauen sind immer vollständig bekleidet und erwarten auch im Krakenhaus von dieser Regel nicht abweichen zu müssen. Die Männer sind ebenfalls sehr schamhaft. In der Pflege stellt dies besonders auf Intensivstationen ein Problem dar. Hier braucht es großes Taktgefühl und viele Gespräche mit den Patienten oder deren Angehörigen. Unser Entgegenkommen sollte darin bestehen, dass wir einem bettlägerigen Patienten ein Patientenhemd anziehen und ihn niemals abgedeckt liegen lassen. Dies sollte meiner Meinung nach sowieso für jeden Patient gelten. Genauso sollte respektiert werden, wenn ein Moslem, die Kopfbedeckung tragen will. Frauen und Männer halten sich sehr streng an die Kleiderordnung, um die Sittsamkeit zu gewährleisten. Für Frauen, die dem Islam angehören, ist es zudem verwerflich, sich ohne Kopftuch von fremden Männern sehen zu lassen. Sollte das Tragen eines Kopftuches aber nicht möglich sein, wäre eine Operationshaube ein ausreichender Ersatz, sofern die Ohren, Stirn und Hals bedeckt sind. (vgl. Wunn 2006, S. 142-179) 17 6.3. Hygiene und Sauberkeit Einen sehr hohen Stellenwert haben diese zwei Aspekte. Die körperliche Reinigung erfolgt normalerweise unter fließendem Wasser, bei bettlägerigen Patienten ist dies jedoch nicht möglich. Hier fordert der Islam, dass man abgekochtes Wasser für die Körperpflege und Mundpflege verwendet. Das Temperieren des abgekochten Wassers darf natürlich nicht mit kaltem Leitungswasser erfolgen, da es ansonsten unrein wird. (auf Station meist nicht umsetzbar). Sehr wichtig ist auch, dass ein Todkranker peinlichst sauber gehalten wird, insbesondere was die Ausscheidung anbelangt. Für Moslems sind viele Dinge unrein und es wäre undenkbar, dass ein Moslem unrein in das Paradies eingehen will. Deshalb ist es wichtig, bei muslimischen Patienten öfters als üblich zu säubern und zu betten und es ist undenkbar, dass man einen Blutfleck einfach mit einem Tuch überdeckt. Die äußerliche Sauberkeit des Umfeldes ist Symbol für die innere Sauberkeit. (vgl. Wunn 2006, S. 142-179) 6.4. Schmerztherapie „Eine sofortige Schmerzbehandlung wird erwartet und auch verlangt. Der Schmerz wird außer bei den Wehen und der Geburt nur im privaten Kreis zum Ausdruck gebracht.“ (Kemetmüller 2001, S.44) 7. Einstellung zu Leben und Tod Moslems dürfen und sollen das Leben ausschöpfen. Sie sind sich jedoch bewusst, dass das Leben hier nur von kurzer Dauer ist und im Jenseits besser ist. Das Leben erfolgt nach den religiösen Pflichten und der Unterwerfung des Menschen. Gott ist der Herr über Leben und Tod. Der Tod wird als der Wille Gottes angesehen und es ist die Pflicht der Moslems dies zu akzeptieren, so schwer es auch fallen mag. Der Tod darf weder herbeigeführt noch beschleunigt werden, das Leben darf aber auch nicht um jeden Preis verlängert werden. Somit findet die aktive Sterbehilfe im Islam und im katholischen Glauben keine Rechtfertigung, denn die Krankheit wird als Reinigung und Prüfung angesehen. 18 Die Bedeutung des Todes ist so definiert, dass menschliches Schicksal vorherbestimmt ist, die Belohnung und Bestrafung des Menschen im Paradies und in der Hölle stehen fest. Der Tod ist nicht das Ende des Lebens, sondern eine Verwandlung. Der Tod trennt die Seele vom Körper, der Körper erlebt eine Entwicklung gemäß der Lebensweise, die der Verstorbene im Diesseits geführt hat. Das letzte Ziel ist die Begegnung mit Gott. Todesort /-stunde sind schon vor der Geburt bestimmt und sie gehen ein in die Obhut Gottes. (vgl. Schwikart 2007, S. 78-90) 7.1. Sterben und Sterbebegleitung Wenn das Sterben eines Patienten absehbar ist sollten die Angehörigen verständigt werden. Ein Sterbender darf nie alleine gelassen werden. Enge Familienmitglieder wünschen, zum Zeitpunkt des Todes bei dem Sterbenden sein zu können. Es ist aber auch nicht notwendig, dass ein geistlicher Führer (Imam - Hodscha) anwesend ist. „Imam ist arabisch für „Anführer, und ist der Vorbeter beim rituellen Pflichtgebet. Hodscha ist im türkischen Titel eines Schriftgelehrten, der den Koran auslegt.“ (Schwikart 2007, S.107) Meistens sind die Angehörigen am Sterbebett und beten. Die Sterbebegleitung ist in der Regel Sache der Angehörigen. Es werden bestimmte Riten durchgeführt und durchgehend das Glaubensbekenntnis gesprochen. Dies sind die letzten Worte, die der Sterbende hören bzw. sprechen soll. Wenn möglich sollte der Sterbende in Blickrichtung Mekka und auf der rechten Seite liegen, damit er als erstes mit der rechten Seite in das Paradies eintauchen kann. Sie helfen dem Sterbenden durch die Gebete den Übergang zu erleichtern. Sind keine Angehörigen erreichbar, so sollte man einen anderen muslimischen Gläubigen aufsuchen und ihn bitten, an der Sterbebegleitung teilzunehmen und das Glaubensbekenntnis bzw. andere Gebete zu sprechen. Das Glaubenskenntnis kann und darf nur von einem Moslem gesprochen werden. Meist folgen lange ausführliche Besuche von geistlichen Führern. Eventuell sollte man hier dem Sterbenden und seinen Angehörigen einen eigenen Raum zur Verfügung stellen, damit sich alle verabschieden können. Wichtig ist die Wahrheit gegenüber dem Sterbenden zu äußern, damit er Unerledigtes in Ordnung bringen kann, obwohl in der islamischen Denkweise der Tod in Gegenwart eines Schwerstkranken niemals erwähnt wird. 19 Ein prinzipieller Grundsatz, der für Pflegepersonal gelten sollte, lautet: Es sollten keine Gespräche am Bett eines komatösen oder sterbenden Patienten über seinen Zustand, Prognose, etc. erfolgen. Denn woher nehmen wir die Gewissheit, dass der Sterbende nichts mehr aufnimmt? Mohammed sagt: „Wenn ihr bei einem Sterbenden zugegen seid, dann sprecht Gutes, denn den Engeln wird das anvertraut, was ihr sagt.“ (Mutawaly 1966, S. 48) Wichtig ist, einem Sterbenden immer ausreichend zu trinken zu geben oder seine Lippen zu benetzen, da er nicht durstig sterben darf, denn der Weg ins Paradies ist weit. Sollte niemand zugegen sein, der dem Islam angehört und kein Hodscha oder Imam zugegen sein, so kann unter Umständen auch ein Andersgläubiger, welcher einer monotheistischen Religion (z.B. Christen, Juden) angehört, den Sterbenden unterstützen. In seinem Namen wird für alles, was nicht in Ordnung und nicht gut war, um Verzeihung gebeten und die Bereitschaft ausgedrückt, alles was kommen wird, aus Gottes Hand zu empfangen. (vgl. Schwikart 2007, S. 78-90) 7.2. Nach dem Sterben Ist ein Moslem verstorben, so erfolgt das Totenritual, welches aus drei Komponenten besteht: Die rituelle Waschung, das Totentuch und die Bestattung. Die letzten Dienste am Verstorbenen können durch das Pflegepersonal getätigt werden, sofern dies mit dem nötigen Respekt erfolgt. Nach dem Verscheiden wird der Tote entkleidet, der Mund wird mit einer Binde geschlossen. Kopf, Arme und Beine werden so umwickelt, dass der Körper eine gerade Form behält. Dann deckt man den Leichnam zu. Die Augen werden von den nächsten Angehörigen verschlossen, eine fremde Person sollte dies, wenn möglich nicht tun. Man sollte wissen, dass viele Moslems in der Frage, wer den Verstorbenen berühren darf, sehr penibel sind. Im Idealfall sollte er von Nichtmuslimen nicht berührt werden. Da dies als Pflegeperson meist nicht möglich ist, sollten Einmalhandschuhe verwendet werden, denn damit wird eine direkte Berührung vermieden. Sobald der Leichnam dem Totenritual unterzogen wurde, gilt er als rein. 20 Frauen waschen Frauen, Männer waschen Männer. Danach wird er in ein Baumwolltuch eingewickelt, welches Idealerweise aus Mekka stammen sollte. Ein toter Moslem darf niemals verbrannt werden. Die Bestattung erfolgt innerhalb von 24 Stunden, wenn möglich in der jeweiligen Heimat. Obduktionen werden im Allgemeinen abgelehnt, auch eine Organentnahme ist nicht gestattet (Blut ist unrein), rein aus religiöser Sicht bestehen keine Einwände. Die einfachste Form des Tröstens erfolgt durch die stille Anwesenheit, meist ist die Anwesenheit der Pflegeperson nicht erwünscht. Angehörige des Islams erwarten keine Beileidsbezeugungen, denn mehr als ein wortloses Mittrauern wird nicht erwartet. (vgl. Schwikart 2007, S.78-90) 8. Methodik Hypothese: „Pflegepersonen können muslimische und katholische Patienten in ihrer Sterbephase individueller und angemessener betreuen, wenn sie das nötige Fachwissen über die islamische und katholische Religion haben.“ Forschungsfrage: „Wissen Pflegepersonen über die Glaubensrichtung des Islams und somit über die Sterbebegleitung bezüglich der Religion wenig bescheid?“ Um die Hypothese und die Fragestellung zu bearbeiten, habe ich eine qualitative Methode ausgewählt. Ich habe Interviews auf der Palliativstation (LKH Hohenems) und auf der Radioonkologie (LKH Feldkirch) gemacht. Das Interview beinhaltet die folgenden drei Themenbereichen zusammen: „Die Begleitung der Patienten bezüglich der Sterbeutensilien, Sterbebegleitung im Islam und im Katholischen Glauben erfassen, was nach dem Dahinscheiden des Patienten für Rituale vollzogen werden und wie die Pflegepersonen über die Begleitung der Patienten gemäß ihres Glaubens denken.“ Es wurden 8 Pflegepersonen befragt, Diplompersonal und Pflegehelfer. Daten, die ich mit dem Interview erfasst habe, beziehen sich auf die IST Situation, wie die Sterbebegleitung bezüglich der katholischen und islamischen Kultur gestaltet wird. 21 9. Auswertung der Daten 9.1. Begleitung der Patienten 9.1.1. Operationalisierung: Religiöse Sterbebegleitungsutensilien. Fragestellung: Welche Utensilien sind auf der Palliativstation und der Radioonkolgie vorhanden? Auswertung: Die Auswertung ergab, dass für die katholische Sterbebegleitung Utensilien auf der Palliativstation und auf der Radioonkologie vorhanden sind (Kerze, Bibel, Weihwasser, Kreuz, Rosenkranz). Bezüglich der islamischen Sterbebegleitung sind keine Utensilien vorhanden. Es wurde von zwei Pflegepersonen geäußert, dass die Angehörigen von islamischen Patienten Utensilien mitgebracht haben, da keine Utensilien auf der Station vorhanden waren. Interpretation: Ich finde, Pflegepersonen sollten auch für islamische Patienten Utensilien auf der Station haben, damit sie für das Thema der Sterbebegleitung in der islamischen Kultur sensibilisiert werden. Wie man aus der Literatur meiner Arbeit entnehmen kann, wäre es sinnvoll einen Koran auf der Station zu haben. 9.1.2. Operationalisierung: Sterbebegleitung in der katholischen Religion und ihre Gestaltung. Fragestellung: Werden die oben angeführten religiösen Sterbebegleitungsutensilien verwendet? Was wird mit den Patienten bezüglich der katholischen Religion gemacht? Werden die Angehörigen/ Patienten gefragt oder macht die Pflegeperson dies aus eigener Initiative? 22 Auswertung: In der Auswertung zeigte sich, dass drei Pflegepersonen auf Wunsch der Angehörigen oder des Patienten einen Seelsorger und/oder einen Priester verständigen, der mit dem Patienten betet/ die Beichte abnimmt/die Kommunion spendet oder die Krankensalbung durchgeführt. Drei Pflegepersonen fragen den Patienten und Angehörige, wie die Gestaltung gewünscht wird und passen, diese daraufhin individuell an. Zwei Pflegepersonen verwenden auf Wunsch der Angehörigen oder des Patienten eine Kerze/stellvertretend eine Kristalllampe und bieten dem Patienten und Angehörigen Weihwasser und Bibel an. Interpretation: Ich finde, dass bezüglich des katholischen Glaubens die Pflegepersonen bisher den Patienten angemessen in seinem Glauben begleitet haben. Zum besseren Verständnis und noch individuelleren Anpassung können sie in Zukunft den Leitfaden meiner Arbeit verwenden. 9.1.3. Operationalisierung: Sterbebegleitungsrituale im Islam. Fragestellung: Erfragung des Wissensstandes der Pflegeperson über Sterbebegleitungsrituale im Islam. Auswertung: Zwei Pflegepersonen berichteten, dass der Patient/ das Patientenbett im Idealfall nach Richtung Mekka liegen sollte. Drei Pflegepersonen wussten, dass rituelle Waschungen durchgeführt werden. Eine Pflegeperson von diesen drei wusste, dass diese gleichgeschlechtlich erfolgen und es speziell ausgebildete Personen sein sollten. Diese Pflegeperson berichtete auch vom Einbinden des Körpers, wobei das rechte Ohr frei zu lassen sei (Nachricht von Allah empfangen zu können). Von einer Pflegeperson wurde zusätzlich geäußert, dass die Bestattung innert 24 Stunden erfolgt. Zwei Pflegepersonen äußerten die Möglichkeit des Füße zusammen binden`s. Eine Pflegeperson konnte keine Angaben machen. 23 Interpretation: Pflegepersonen wissen über islamische Glaubensrichtung teilweise bescheid, dennoch herrscht überwiegend Unklarheit über Rituale und Kultur des Glaubens. Vorschläge die im Leitfaden und der Literatur festgehalten sind, könnten zum besseren Verständnis führen. 9.1.4. Operationalisierung: Sterbebegleitung bei einem islamischen Patient, wie wurde sie bisher gestaltet. Fragestellung: Was haben Pflegepersonen bisher bei der Begleitung eines islamischen Patienten gemacht und was ist ihnen aufgefallen? Auswertung: Eine Pflegeperson erzählt, dass sie das Bett auf Anweisung der Angehörigen nach Richtung Mekka ausgerichtet hat. Sieben Pflegepersonen berichten, dass sie sich im Hintergrund gehalten haben, noch sensibler an das Thema heran gegangen sind, aber doch präsent waren und wenn Unterstützung gefragt war, diese natürlich gegeben haben. Die Pflegepersonen wurden von ihrer Arbeit teilweise enthoben, da dies die Angehörigen übernommen haben. Alle Pflegepersonen konnten beobachten, dass regelmäßig sehr viel Besuch anwesend war. Interpretation: Manche Angehörige von islamischen Patienten möchten keine Begleitung durch Pflegepersonen. Ich finde, diesen Wunsch sollte man unbedingt berücksichtigen und respektieren, weil die Sterbebegleitung an jeden Patienten und an die Angehörigen individuell angepasst werden soll. Anhaltspunkte wie die Pflegeperson in Zukunft reagieren und verstehen kann, ist im Leitfaden ersichtlich. 24 9.2. Nach dem Dahinscheiden des Patienten 9.2.1. Operationalisierung: Rituale im katholischen Glauben, Rituale im islamischen Glauben, Wünsche der Angehörigen, gemeinsam mit dem Pflegepersonal. Fragestellung: Nach dem Dahinscheiden eines Patienten, was werden für Rituale vollzogen, wie wird auf die Wünsche der Angehörigen eingegangen, werden sie gefragt, ob sie anwesend sein wollen beim Herrichten des Patienten? (Allgemein und in beiden Religionen getrennt) Auswertung: Allgemein auf beiden Stationen: Falls keine Angehörigen anwesend sind, werden diese verständigt. Der Patient wird frisch bekleidet, privat oder Patientenhemd, alle Zugänge (Dauerkatheter, venöse Zugänge, usw.) werden entfernt. Der Patient wird gekämmt, auf Wunsch wird das Kinn hochgebunden, der Patient wird angemessen im Bett positioniert. Stühle für Angehörige werden bereitgestellt. Auf der Palliativstation findet einmal jährlich eine Gedenkfeier statt, zu der werden alle Angehörigen eingeladen und dort wird in einer Sitzung des Interteams (setzt sich aus Arzt, Seelsorger, Pflege, Hospiz zusammen) ein Rückblick gemacht. Es liegt auf der Station ein Album mit einem Gedenkfoto und individuellen Texten von Angehörigen und Pflegepersonal auf. Nach dem Dahinscheiden eines Patienten wird prinzipiell eine Stationskerze (im Gang) angezündet zum Gedenken und als Zeichen, dass jemand von uns gegangen ist. Eine Pflegeperson antwortet, dass sie den Patienten ca. eine Stunde ruhen/ den Patienten so belässt wie er ist (die Seele im Raum belassen, Zeit zum „gehen“ geben). Katholische Religion: Angehörige werden immer gefragt, wie die Sterbebegleitung gestaltet werden soll und ob sie beim Herrichten des Patienten anwesend sein wollen. Daher ist es eine individuelle Gestaltung. Wenn der Patient Wünsche bezüglich der Gestaltung/ was er will/ nicht will, geäußert hat, werden diese, sofern möglich, berücksichtigt und umgesetzt. 25 Dies ist allerdings ein sehr heikles Thema, wenn die Angehörigen etwas anderes wollen. Am häufigsten wird eine Kerze/ Kristalllampe aufgestellt, mit oder ohne Duftöl. Teilweise wird ein Kreuz, Rosenkranz, Blumen in die Hand gegeben, Weihwasser wird bereitgestellt. Es gibt auch Begebenheiten, bei denen keine katholischen Utensilien verwendet wurden. Islamische Religion: Den Angehörigen wird Unterstützung angeboten und Respekt entgegengebracht, indem sie das Ritual und ihren Glauben leben können. Die Pflegepersonen äußerten, dass die Angehörigen alles übernehmen. Dadurch bleibt die Anwesenheit der Pflegepersonen im Hintergrund und sie nehmen nicht an Ritualen teil. Interpretation: Ich finde, dass die Pflegepersonen das Thema Sterbebegleitung bezüglich des katholischen und des islamischen Glaubens mit sehr viel Respekt behandeln. Sie versuchen, die Wünsche der Patienten und der Angehörigen zu berücksichtigen und zu respektieren. Sie drängen sich niemandem auf, sie überlassen den Betroffenen die freie Wahl, ihre Unterstützung anzunehmen oder nicht. Am Schluss habe ich einen Leitfaden erstellt, den Pflegepersonen verwenden und individuell anwenden können. 9.3. Berufsbild Pflegeperson und Glauben 9.3.1. Operationalisierung: Aufgabe der Pflegeperson als Begleitung im jeweiligen Glauben. Fragestellung: Die subjektive Meinung jeder interviewten Pflegeperson, ob es zu ihrer Aufgabe gehört, den Patienten in seinem Glauben zu begleiten und zu unterstützen. Auswertung: Es haben alle Pflegepersonen mit „Ja“ geantwortet. Sie sind der Meinung, dass es zur ganzheitlichen Pflege gehört. Drei Pflegepersonen haben geäußert, dass es auch Grenzen gibt, die sie nicht überschreiten wollen/ können. Wenn dies der Fall ist, ziehen sie einen Teamkollegen zu Rate oder sie holen einen Seelsorger/ Priester zur Unterstützung. 26 Im Falle des islamischen Glaubens ergab sich, dass die Pflegepersonen die Patienten/ Angehörigen unterstützen soweit sie können. Alles was den Glauben und Rituale betrifft, wird meistens von den Angehörigen übernommen wird. Interpretation: Ich bin der Meinung, dass die Pflegepersonen bisher richtig gehandelt haben. Sie unterstützen den Patienten in seinem jeweiligen Glauben soweit sie können. Wenn eine Grenze erreicht ist, dann holen sie sich Unterstützung. Dadurch zeigen sie Respekt und Verständnis und lassen den Patienten trotzdem nicht alleine mit seinem Glauben und seinen Wünschen. 10. Resümee Die wesentlichen Schlussfolgerungen, die ich aus meiner Arbeit ziehen kann, sind vielfältig. Ich möchte sie erläutern. Ich bin der Meinung, dass es zum Aufgabenbereich der Pflege gehört, den Patienten in seinem Glauben zu begleiten, es aber sehr wohl auch Grenzen gibt, die Pflegende nicht überschreiten können und wollen. Grenzen bei denen es für Pflegende zu persönlich wird in Bezug auf z.B. das Beten. Ich fand in meiner Meinung teilweise Bestätigung durch die befragten Pflegepersonen. Es hat sich gezeigt, dass Pflegepersonen über die Sterbebegleitungsrituale im katholischen Glauben gut bescheid wissen und diese individuell mit den Patienten und Angehörigen pflegen und leben. Bezüglich der islamischen Sterbebegleitungsrituale herrscht hingegen Unsicherheit im Umgang und Unwissenheit bezüglich des Glaubens und der Kultur. Meine Forschungsfrage: „Wissen Pflegepersonen über die Glaubensrichtung des Islams und somit über die Sterbebegleitung bezüglich der Religion wenig bescheid?“ wurde somit bestätigt. Pflegepersonen sind aber ständig bemüht und interessiert, andere Kulturen und verschiedene Glaubensrichtungen kennen zu lernen. Andere Kulturen und Glaubensrichtung zu respektieren, den Patienten und Angehörigen zu vermitteln, dass in unserer multikulturellen Gesellschaft ein miteinander Leben, Begleiten und Unterstützen jeglicher Art, möglich ist. Es hat sich herauskristallisiert, dass es von Nutzen ist und zum besseren Verständnis führt, wenn Pflegepersonen über die Sterbebegeleitungsrituale im katholischen und islamischen Glauben bescheid wissen. 27 Doch bleibt, dass die Sterbebegleitung auf jeden Patienten individuell angepasst werden soll, dass es keine einheitlichen Richtlinien auf jeden Patienten abgestimmt gibt, die befolgt oder eingehalten werden müssen. Gerade aus diesem Grund darf theoretisches Wissen nicht stereotyp übertragen werden, sondern sollte nur als Leitfaden dienen. Die individuellen Bedürfnisse des Patienten und die der Angehörigen sollen mittels eines Gesprächs ermittelt werden. Ich habe im Anschluss einen Leitfaden erstellt, den Pflegepersonen nutzen können um individueller auf den katholischen und islamischen Glauben bei der Sterbebegleitung einzugehen. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Sterbebegleitung in der katholischen und islamischen Religion empfand ich als sehr bereichernd und interessant. Da Kultur und Religion uns alle beschäftigt, wir so aufwachsen und erzogen wurden, denke ich, dass Kultur und Religion uns alle etwas angeht. Es gehören für jeden individuell zu seinem Lebensstil seine Träume, Wünsche und auch seine Religion für sich zu leben. Da es im Alltag oft hektisch ist und nicht immer viel Zeit zur Verfügung steht, um GLAUBEN zu leben oder jemand zu unterstützen, könnte diese Arbeit ein Anstoß sein, die Sterbebegleitung in Krankenhäusern individueller und angemessener zu gestalten. Zum Beispiel könnten Verabschiedungsräume dem islamischen Glauben gerecht, (Pfeil auf dem Boden der in Richtung Mekka zeigt, einen Koran aufliegen lassen - eingebunden in Folie wegen des unreinen Berührens, ein Waschbecken wodurch eine Waschung ermöglicht wird, Anregungen von Angehörigen mit einfließen lassen), gestaltet werden. Auch gemäß dem katholischen Glauben (Kreuz an der Wand, Weihwasser Schale,…) kann ein Verabschiedungsraum eingerichtet werden. Die nötigen Utensilien könnten auf Station in Form einer Viatikabox vorhanden sein. “ Via- auf dem Wege, Viatikum- katholische Kirche dem sterbenden gereichte letzte Kommunion.“ (Drosdowski, Müller u.a. 1996, S.804) Deren Inhalt könnte sein: Bibel, Rosenkranz, Weihwasser, Kristalllampe, Kreuz, Kerze (Cave: Brandschutzbestimmungen). Ein Ziel meiner Arbeit war die Erstellung des Leitfadens, der in Zukunft auf Stationen verwendet werden kann. 28 11. Leitfaden zur Sterbebegleitung 11.1 bei katholischen Patienten Ø Den Patienten und die Angehörigen fragen WAS gewünscht wird. Ø Wünsche/ Ansprüche respektieren und versuchen sie zu erfüllen. Ø Auf jeden Patienten individuell eingehen; seine Wünsche „primär“ und die Wünsche der Angehörigen „sekundär“ berücksichtigen. Ø Patienten nicht alleine lassen, außer er wünscht dies ausdrücklich. Ø Angehörige früh genug verständigen. Ø Rituelle Handlungen nicht in Frage stellen oder als Moralprediger auftreten. Ø Dem Patienten anbieten einen Seelsorger oder einen Priester zu verständigen (Krankensalbung, Beichte, Kommunion,..). Ø Rituelle/ Religiöse Utensilien zur Verfügung stellen/ Anschaffung auf der Station (Kreuz, Bibel, Weihwasser, Kerzen - als Ersatz eine Kristalllampe Cave: Brandschutzbestimmungen, Duftlampen – Ätherische Öle, Blumen). Ø Den Angehörigen die Möglichkeit anbieten bei der Versorgung des Leichnams dabei zu sein. Wenn sie dies nicht wollen, den nötigen Respekt entgegen bringen. Ø Den Angehörigen die Möglichkeit zum Abschiednehmen geben. Ø Gestaltung eines Verabschiedungsraumes bedenken und individuell gestalten. Ø Die Pflegeperson soll im Hintergrund präsent sein, auch wenn die direkte Anwesenheit nicht erwünscht ist. Ø Abschirmung des Patienten (Einzelzimmer); vor Besuch BLICK ins Zimmer. Ø Wenn die Pflegeperson dazu bereit ist, kann sie mit dem Patienten beten. Ø Den Angehörigen das Beileid aussprechen. Ø Prinzipiell gilt: Niemals über eine Prognose oder über den Patienten am Bett sprechen! 29 11.2 Bei muslimischen Patienten Ø Den Patienten und die Angehörigen fragen WAS gewünscht wird. Ø Wünsche/ Ansprüche respektieren und versuchen sie zu erfüllen. Ø Auf jeden Patienten individuell eingehen; seine Wünsche „primär“ und die Wünsche der Angehörigen „sekundär“ berücksichtigen. Ø Patienten nie alleine lassen, außer er wünscht dies ausdrücklich. Ø Angehörige früh genug verständigen. Ø Rituelle Handlungen nicht in Frage stellen oder als Moralprediger auftreten. Ø Dem Patienten/ Angehörigen anbieten einen Imam/ Hodscha zu verständigen (Adresse soll auf Station aufliegen). Ø Rituelle/ Religiöse Utensilien zur Verfügung stellen/ Anschaffung auf der Station (Koran, auch auf Deutsch für das bessere Verständnis der Pflegepersonen, evt. in einem Einband, sodass das reine Berühren gewährt ist). Ø Den Angehörigen die Möglichkeit anbieten bei der Versorgung des Leichnams dabei zu sein. Die meisten Angehörigen des Islams versorgen den Leichnam selbständig, sich nicht aufdrängen. Ø Den Angehörigen die Möglichkeit zum Abschiednehmen geben. Ø Verständnis zeigen, wenn sehr VIELE Angehörige auf Besuch kommen; vorher einen kurzen Blick ins Zimmer werfen ob alles in Ordnung ist. Ø Die Pflegeperson soll im Hintergrund präsent sein, auch wenn die direkte Anwesenheit nicht erwünscht ist. Ø Abschirmung des Patienten (Einzelzimmer); dort die Möglichkeit anbieten, das Bett Richtung Mekka zu drehen, bei Gebetszeiten nicht stören. Ø Auf die Einhaltung der hygienischen Maßnahmen besonders achten (nie einen Blutfleck überdecken; Patienten, wenn möglich, mit abgekochtem Wasser waschen). 30 Ø Kopfbedeckungen respektieren; Frau zu Frau; Mann zu Mann; den Patienten nie abgedeckt liegen lassen; die Lippen mit Wasser benetzen (er darf nicht durstig ins Paradies eingehen, denn es ist ein langer Weg). Ø Wenn ein muslimischer Patient keinen Besuch von Angehörigen erhält, einen Beistand suchen, der mit ihm/oder für ihn betet - ein Angehöriger des Islams, wenn dies nicht möglich ist, Verständigung eines Imam/ Hodscha, auch ein Angehöriger eines anderen Glaubens kann stellvertretend in seinem Namen für alles, was nicht in Ordnung und nicht gut war, um Verzeihung bitten. Er soll die Bereitschaft ausdrücken, dass alles was aus Gottes Hand kommt, empfangen wird. Ø Die Augen sollten im Idealfall nicht von einem Andersgläubigen verschlossen werden. Ø Wenn ein Patient verstorben ist, mit den Angehörigen besprechen wie WIR als Pflegepersonen weiter vorgehen können; Handschuhe beim Berühren des Leichnams, wenn ein Totentuch aufliegt, dies so belassen; wenn Binden angebracht wurden, diese ebenfalls belassen (für die Form des Körpers); den Verstorbenen auf die rechte Seite legen (mit der reinen Seite ins Paradies eingehen). Ø Den Angehörigen kein Beileid aussprechen (dies ist in den ersten Tagen nicht angebracht). Ø Prinzipiell gilt: Niemals über eine Prognose oder über den Patienten am Bett sprechen! 31 12. Literatur- und Quellenverzeichnis • Bischöfe Deutschlands und Österreich und der Bistümer Bozen- Brixen und Lüttisch (1975). Gotteslob. Stuttgard: EGBÖ. • Flemmich G., Nöstlinger W.( 2004). Gesundheits- und Krankenpflegegesetz Nr. 180. Wien: Verlag des österreichischen Gewerkschaftsbundes GmbH. • Kemetmüller E., Fürstler G. (2001). Die Fachbereichsarbeit in der Gesundheitsund Krankenpflege. Wien/NÖ: Facultas Universitätsverlag. • Knipping C. (2007). Lehrbuch für Palliativ Care, 2. Auflage. Bern: Hans Huber. • Mutawaly S. (2000). Menschen islamischen Glaubens individuell pflegen. Hannover: Schlütersche. • Neuberger J. (1995). Die Pflege unterschiedlicher Glaubensrichtungen. Berlin/Wiesbaden: Ullstein & Mosbey GmbH & Co. KG. • Prof. Dr.Dr.h.c. Drosdowski G., Dr. Müller W., Dr. Scholze-Stubenrecht W., Dr. Wermke M. (1996). Duden die deutsche Rechtschreibung. Mannheim: Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG. • Schwikart G. (2007). Tod und Trauer in den Weltreligionen, 1. Auflage. Kevelaer: Topos Plus. • Whiting R., Imberblack E., Roberts J. (2006). Rituale. Rituale in Familie und Familientherapie (Systemische und hypnotherapeutische Praxis), 5. Auflage. Heidelberg: Carl Auer Systeme. • Wunn I. (2006). Muslimische Patienten. Stuttgart: W. Kohlhammer Druckerei GmbH. • Online im Internet: URL: http:/www.wikipedia.de • Online im Internet: URL: http:/www.efg-hohenstaufer.de 32 Hiermit erkläre ich, Karin Sönser, dass die hier vorliegende Fachbereichsarbeit von mir eigenständig erstellt wurde. Zur Erstellung dieser Arbeit habe ich keine anderen Behelfe, als die im Literaturverzeichnis angeführte Literatur verwendet. Karin Sönser Geb. 21.1.1981, Satteins, im März 2008 Im Anhang befindet sich die Transkription der Interviews. 1