Es wird einem angst und bange

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„Es wird einem angst und bange“
Der deutsche Mediaberater Thomas Koch wünscht
sich wieder mehr Menschlichkeit und unabhängige
Beraterqualitäten in Mediaagenturen. Interview von Birgit Schaller
Besteller Beginnen wir mit einem
­kleinen Rückblick …
Thomas Koch Als sich die Mediaagen­
turen aus den Kreativagenturen her­
aus entwickelten, waren sie in erster
Linie Berater und haben im zweiten
Schritt Medien eingekauft. Dann kam
in Deutschland das Privatfernsehen
auf und Agenturen kauften als eigene
Wirtschaftsstufe Inventar ein und ver­
äußerten es an Kunden. Das erstreckte
sich bald auf Print, Radio, Außen­
werbung. 1995 trat Online auf den
Plan und nahm einen immer größeren
Teil des Kuchens ein und das Modell
aus dem TV-Einkauf wurde auf Digital
übertragen. Schließlich lässt sich dort
noch mehr Geld verdienen, weil die
digitale Welt so zersplittert ist. Es
­entstanden Späßchen wie Real Time
Bidding und Programmatic Buying –
der völlig computerisierte Einkauf.
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Archiv
Es wird also mit immer weniger
menschlichem Einsatz Media
­ein­gekauft.
Koch Genau, der Traum der Agenturen
ist: Ich bekomme einen Auftrag, be­
schaffe die Werbeplätze auto­matisiert
und ohne Personal. Agenturen sind
nur noch renditegetrieben, es geht
nicht um gute Beratungsleistung.
Bestseller 1|2 2014
„Wenige Agenturen bilden ein starkes Oligopol
und beherrschen die ganze Welt.“ Thomas Koch
Woran liegt diese Steigerung?
Koch Das Mediainventar wird deutlich billiger eingekauft
als verkauft. Es ist ein Großhandel.
Das gilt für TV und Online …
Koch Es ist der Löwenanteil des Income – gerade haben
IPG und VivaKi international angekündigt, dass sie ihre
Planungs- und Einkaufsprozesse vollkommen automatis­
ieren werden, sprich Online, TV weitgehend, bei Print und
Radio den Digitalbereich mit Websites und Webradio. Wir
sprechen bald von zwei Dritteln des Medienmarktes, die
ohne Menschen funktionieren.
Von Massenentlassungen habe ich aber bisher nichts ­gehört …
Koch Nein, es sind keine Mitarbeiter abhandengekommen.
Es wurden stattdessen deutlich günstigere eingestellt.
­Mediaagenturen haben eine eigenartige Personalstruktur:
eine Handvoll Menschen an der Spitze, die sehr, sehr gut
verdienen, der Mittelbau wurde fast entfernt, und viele
­junge, schlecht ausgebildete und bezahlte Kräfte – Kunden
beklagen sich teils lautstark über die Qualität der Beratung
im Tagesgeschäft.
Sie selbst haben Ihre Agentur, die damals größte inhaber­
geführte Agentur Deutschlands, 2001 mit Starcom fusioniert,
waren ­einige Jahre CEO der Gruppe, wechselten zur
Thomas Koch
ist Agenturgründer, ­Ex-Starcom-Manager,
WirtschaftsWoche-Kolumnist, Heraus­geber
von Clap und Media-Persön­lichkeit des
­Jahres, bloggt für W&V. Er ist „Mr. Media“
in Deutschland.
­ gentur Crossmedia und sind seit 2011
A
­wieder selbstständig – warum?
Koch Starcom wurde an Publicis verkauft
und die Publicis wollte uns irgendwann ihr
Geschäftsmodell aufoktroyieren – das hieß
Rendite um jeden Preis, das gab es in der
Starcom davor nicht. Da bin ich nach mei­
nem Vertragsende gerne ausgestiegen. Diese
Arbeitsweise ist für jemanden, der mit
­Herzblut Mediaplaner war, nicht vereinbar.
Wen beraten Sie aktuell?
Koch Öffentlich nennen kann ich Berentzen,
einen der größten Spirituosenhersteller
Deutschlands.
Was glauben Sie, wie wird diese Entwick­
lung voranschreiten?
Koch Ich durfte kürzlich einige Printpla­
nungen einsehen – viele Agenturen beherr­
schen den Prozess nicht mehr, legen die
gleichen Faktoren wie bei TV an mit Priori­
tätenlisten, Minimumreichweiten, Mini­
mumaffinitäten und Minimum-TKPs. Da
entstehen absurde Mediapläne. Es wird
keine Rücksicht darauf genommen wie
­einzelne Medien funktionieren.
Liegt nicht der Grund des Jammerns darin,
dass Medien einem hohen Kostendruck
­seitens der Agenturen ausgesetzt sind?
Koch Die Brutto-Netto-Schere geht immer
weiter auf. Das heißt, der Preisdruck, der
ohnehin schon sehr hoch ist, steigt weiter.
Wer damit umgehen kann, sind elektro­
nische und digitale Medien, weil sie sozu­
sagen Luft verkaufen – wer mehr bietet, ist
am Zug. Für Print ist es schwer, da gibt es
hohe Kosten aus Druck, Produktion und
Vertrieb.
Sind Kunden nicht Teil des Problems, weil
sie Controller-getrieben sind und den Druck
weitergeben?
Koch Ja, die werbenden Unternehmen haben
die Agenturen angetrieben, die Konditionen
zu drücken. Es ist aber bezeichnend, dass
Stefan Heidenreich, der neue Chef von
­Beiersdorf, neue Töne anschlägt und das
­Marketing im Unternehmen stärkt. Das sind
Zeichen, die in die richtige Richtung weisen.
Bestseller 1|2 2014
archiv
Aber ist das nicht einfach die wirtschaftliche Denke?
Koch Wir sprechen von 80 Prozent des deutschen Marktes
und den vier größten Agenturnetzwerken GroupM, Omni­
com, Publicis und Aegis – durch die Fusion von Omnicom
und Publicis sind es bald nur noch drei. Unter den übrigen
unabhängigen Agenturen sind teils die größten Werber:
Media Markt/Saturn bewegt über die hauseigene Agentur
redblue einige Hundert Millionen Euro. Agenturen sind
von ­Beratern zu Einkäufern geworden – früher erzielten sie
fünf Prozent, inzwischen sind 30 Prozent Rendite gang
und g­ äbe, angeblich erreicht eine der großen Agenturen
bereits eine Marge von 50 Prozent.
Aus der Sicht des Kunden – welchen Vorteil hat die Auto­
matisierung?
Koch Die überraschende Antwort, die in Richtung Zukunft
weist, ist, dass die ersten Kunden in Deutschland Software
kaufen und selbst Real Time Bidding, also auktionsähnli­
chen Einkauf digitaler Werbeplätze in Echtzeit, betreiben.
Wer macht das?
Koch Reckitt Benckiser meines Wissens.
Also ähnlich wie Unternehmen bei Google d
­ irekt Werbung
einkaufen.
Koch Genau. Agenturen machen sich gerade selbst über­
flüssig. Als Berater waren sie wertvoll, kannten den Media­
markt besser als die Kunden, als Einkäufer sind sie wertlos.
Aber braucht es nicht durch die wachsende Komplexität der
Medienwelt mehr Beratung?
Koch Das ist kein so großes Problem für große Kunden,
­viele haben eigene Medialeute, Procter & Gamble, Oetker,
Nestlé, Ferrero, die Telekom. Ich habe kürzlich mit dem
Mediaverantwortlichen eines Kunden gesprochen, der
100 Millionen Euro bewegt, und er sagte mir, dass alle
­Impulse für den Mediaplan von ihm und nicht von der
Agentur kommen. Die Agentur macht nur den Einkauf.
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*Quelle: ÖWA Basic 01/2014
Wie steht es um die Transparenz?
Koch Das Thema nimmt an Fahrt auf. Kunden merken,
dass Agenturen mit Blackboxes arbeiten, angeblich digitale
Daten veredeln; wenn dann Nachrichten aus den Staaten
kommen, dass 60 Prozent aller Klicks von Robotern und
nicht Menschen durchgeführt werden, wird
einem angst und bange. Hinzu kommt, dass
die Agenturen ein starkes Oligopol ­bilden –
einige wenige beherrschen die ­ganze Welt.
Aber sie haben ihrerseits Angst vor den
Googles und Amazons …
Koch … und versuchen dieser Angst Herr zu
werden, indem sie IT-Systeme aufbauen,
Software-Schmieden kaufen. All das geht in
Richtung datengetriebenes Marketing. Der
Mensch neigt dazu, alles, was technisch
möglich ist, zu nutzen. So wurde vor langer
Zeit eine Atombombe entwickelt, gar
­gezündet. Man hat festgestellt, das ist nicht
gut, und macht es nicht mehr …
So extrem stufen Sie ein, was hier vor sich
geht?
Koch Im Augenblick ja. Aber wir merken
schon, dass der Verbraucher nicht reagiert,
Bannerwerbung wenig wirksam ist, Ad­
blocker eingesetzt werden.
Trotzdem ist die Digitalisierung relevant.
Koch Falls ein falscher Eindruck entstanden
ist, ich bin von Online begeistert. Es ist eine
grandiose Erweiterung unseres Medien­
spektrums und liefert neue Möglichkeiten,
mit Menschen zu kommunizieren. Es wird
aber nicht kommuniziert.
Auf Social Media, in Blogs wird geredet …
Koch Nicht auf Augenhöhe. B2B-Unter­
nehmen begreifen vieles schneller als die
großen Marken. Sie kennen ihre Ziel­
gruppen, die Corporate-Website-Nutzung
ist ­faszinierend.
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Gibt es in der B2B-Kommunikation nicht
schlicht konkretere Inhalte?
Koch Sie haben die Antwort selbst gegeben:
Ich brauche Inhalte und etwas, worüber ich
reden kann, mit einem billigen Banner wird
nicht kommuniziert.
Also braucht es wieder mehr Fokus auf
­Kreation, Content, Idee, Markenbotschaften?
Koch Auf der dmexco hieß es, 60 Prozent
des Werbeerfolgs entfallen auf die Kreation.
Da darf der Kunde also nicht sparen.
Ich denke, die Trennung von Kreation und
Bestseller 1|2 2014
„Alles geht in Richtung
­datengetriebenes Marketing.“
Thomas Koch
Media war immer falsch. Wichtig ist eine
enge Zusammenarbeit. Studien in Öster­
reich wie Deutschland zeigen, dass die
­Markenloyalität sinkt. Das ist ein Drama,
weil Abermillionen Euro für Marketing
­ausgegeben werden. Meine Interpretation
ist, dass immer mehr Geld von marken­
bildenden Medien abgezogen und in Digital
investiert wird – und digital geht es um
­Performance. Aber Performance funktioniert
nur, wenn ich den Menschen gesagt habe,
wofür meine Marke steht, und das ist die
Domäne von Print oder Fernsehen. Es geht
darum, Menschen wie Menschen zu behan­
deln. Die Werbung muss Menschen wieder
umgarnen.
Wo liegt Ihre Hoffnung?
Koch Nahezu alle Mediaagenturen sind
­börsennotiert. Die Renditen der Zukunft
­sichert man sich, indem man heute auf
­absurd hohe Renditen verzichtet und wieder
Beratung anbietet. Kunden sagen offen,
dass sie keine Agenturhonorare bezahlen,
weil sie keine Beratung erhalten und die
Agenturen ohnehin am Einkauf verdienen.
Ein teuflisches Dreieck ohne Gewinner.
Koch Es gibt zwei Parteien, die wichtig sind:
erstens die Kunden, sie haben die Marken
und das Geld. Sie brauchen zweitens die
Medien als Plattformen für ihre Botschaften.
Die Agenturen konnten sich als unabhängige
Berater dazwischensetzen. Wenn sie das in
Zukunft nicht mehr sind, dann werden
­Kunden immer häufiger mit Medien direkt
verhandeln und sich Expertise ins eigene
Haus holen.
Wie sehen Sie die Situation für Österreich?
Wie lange bleiben die Agenturen hierzu­
lande unbehelligt, können lokal unabhängig
agieren?
Koch Es ist schwer möglich, sich in ein
­fremdes Land hineinzudenken. Österreich
tickt etwa ganz anders als Deutschland.
­Österreich hat eine riesige Chance, sich
­gegen die Entwicklung zu behaupten,
­indem die Agenturen Beratung liefern. Und
ich glaube, Österreichs Manager sind sich
­dessen bewusst.
Bestseller 1|2 2014
Vienna
Airport-MEDIA
Flughäfen sind heutzutage weit mehr als Logistikzonen – sie sind
Meeting Points, Shopping Malls, Orte der Begegnung. Und damit
Erlebniswelten. Dementsprechend vielfältig präsentieren sich die
innovativen Möglichkeiten für Marketing und Werbung, die damit
den Anspruch des Flughafen Wien als einzigartige „Markendrehscheibe“ unterstreichen.
Nicht nur die eindrucksvollen Kontaktzahlen von rund 22 Millionen
Fluggästen und ca. 10 Millionen AbholerInnen pro Jahr sondern
gerade auch die einzigartige Kontaktqualität machen den Flughafen
Wien zu einem besonderen Medium. Vor dem Start und nach der
Landung sind die Menschen gerne bereit für Entschleunigung und
Konsum und damit entsprechend zugänglich für die Botschaften
von Marken und Kampagnen.
86% der werberelevanten Zielgruppe gehören zur Altersgruppe
14 bis 54, der Anteil der Geschäftsreisenden beträgt rund 40%
bei einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von rund zwei
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Die neu geschaffene Marke „Vienna Airport-MEDIA“ steht für das
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