Institut für Allgemeine Wirtschaftsforschung Abteilung Sozialpolitik: Prof. Dr. G. Schulze Jahreskurs Mikroökonomie Teil 1 – WS03/04 Vorlesungsfolien 04.12.2003 Nicholson, Walter, Microeconomic Theory Kapitel 7 VII/1 Kapitel 7: Marktnachfrage und Elastizität Marktnachfrage In einer Wirtschaft mit zwei Individuen lassen sich für den Zwei-Güter-Fall die individuellen Nachfragefunktionen wie folgt darstellen: X 1 = d 1X ( PX , PY , I1 ) X 2 = d X2 ( PX , PY , I 2 ) àBeide Individuen sind Preisnehmer und für sie gelten dieselben Preise PX und PY àDie Individuen können aber über unterschiedliche Einkommen verfügen VII/2 Die Gesamtnachfrage des Marktes ergibt sich als die Summe der Einzelnachfragen (in Abhängigkeit von den Preisen und Einkommen): Marktnachfrage nach Gut X = X 1 + X 2 = d 1X ( PX , PY , I1 ) + d X2 ( PX , PY , I 2 ) = DX ( PX , PY , I1 , I 2 ) PY , I1 und I 2 sind Lageparame ter der Kurve während Veränderungen von PX Bewegungen auf der Kurve darstellen. VII/3 Grafik 7.1: Graphische Herleitung der Marktnachfrage Quelle: Nicholson (2002), Microeconomic Theory: Basic Principles And Extensions, S.173 VII/4 Bsp 7.1: Veränderungen der Marktnachfrage X 1 = 10 − 2 PX + 0,1I1 + 0,5PY X 2 = 17 − PX + 0,05I 2 + 0,5PY Daraus ergibt sich folgende Marktnachfrage: DX ( PX , PY , I1 , I 2 ) = X 1 + X 2 = 27 − 3PX + 0,1I1 + 0,05I 2 + PY VII/5 Um die Funktion zeichnen zu können, muss man den Einkommen und dem Preis von Gut Y Werte zuweisen: I1 = 40; I 2 = 20; PY = 4 ⇒ X = 36 − 3PX Eine Preissteigerung von Y auf 6, verschiebt die Kurve nach außen: X = 38 − 3PX Nimmt man 10 von I1weg und gibt 2 davon an I 2 weiter, so verschiebt sich die Kurve nach innen: X = 35,5 − 3PX VII/6 Def: Marktnachfrage (S.175) Das Modell lässt sich auf beliebig viele Güter und Individuen erweitern, X ij = dij ( P1...Pn , I j ) so dass sich am Ende die Marktnachfrage wie folgt ergibt: m X i = ∑ X ij = Di ( P1 ,..., Pn , I1 ,..., I m ) j =1 Die Marktnachfrage ist eine fallende Funktion des Preises für Gut X, auch im Viel-Güter-Fall wird sie durch Variation des Preises gezeichnet, unter der Annahme, dass sich alle anderen Einflussgrößen nicht ändern. VII/7 Fazit: •Die Marktnachfrage hängt nicht allein vom Preis des Gutes X ab, sondern von den Preisen für alle Güter •Veränderungen der Preise der anderen Güter j ≠ i , der Einkommen und der Präferenzen verschieben die Nachfragekurve für das Gut i. VII/8 Elastizitäten àInteresse an den Auswirkungen einer Veränderung einer unabhängigen Variablen A auf die abhängigen Variablen B àAllerdings werden unterschiedliche Variablen nicht immer in der gleichen Einheit gemessen B = f (A....) ε B, A Relative Änderung von B = Relative Änderung von A àElastizitäten bezeichnen die prozentuale Änderung von B in Abhängigkeit einer prozentualen Änderung von A. VII/9 Bogenelastizität: ε B , A ∆B ∆B A B = = ⋅ ∆A ∆A B A Punktelastizität: ε B , A ∂B ∂B A B = = ⋅ ∂A ∂A B A VII/10 Ein wichtiges Beispiel ist die Preiselastizität der Nachfrage ε Q,P ∂Q P = ⋅ ∂P Q Gibt an, um wie viel Prozent sich die Nachfrage ändert, infolge einer prozentualen Preisänderung. Die Preiselastizität der Nachfrage ist für normale Güter negativ und für Giffen-Güter positiv. VII/11 Elastizität graphisch: Wenn eine Kurve elastisch ist, bedeutet das, dass der Preis stark auf die Menge wirkt. Ist sie hingegen unelastisch, dann übt der Preis keinen großen Einfluss auf die Menge aus. Wert der Elastizität ε Q ,P < −1 Terminologie Elastisch ε Q , P = −1 ε Q , P > −1 Unelastisch VII/12 ε Q , P < −1 Bedeutet, dass die Mengen überproportional auf eine relative Preisänderung reagieren ε Q, P = − 1 Bedeutet, dass die Mengen proportional auf eine relative Preisänderung reagieren ε Q, P > −1 Bedeutet, dass die Mengen unterproportional auf eine relative Preisänderung reagieren VII/13 Preiselastizität und Umsatz Wie ändern sich der Umsatz, wenn sich der Preis eines Gutes ändert? ∂[PQ ( P) ] ∂Q = Q+ P⋅ ∂P ∂P ∂[PQ ∂P] ∂Q P = 1+ ⋅ = 1 + ε Q, P Q ∂P Q Wie reagiert der Umsatz auf Preissteigerungen? Nachfrage Preissteigerung Preissenkung Elastisch Fällt Steigt ε Q , P = −1 Keine Änderung Keine Änderung Unelastisch Steigt Fällt VII/14 Einkommenselastizität der Nachfrage Wie reagiert die Nachfrage auf Einkommensänderungen? ε Q,I ∂Q ∂I ∂Q I = : = ⋅ Q I ∂I Q à Positiv für normale Güter und negativ für inferiore Güter Für Luxusgüter gilt: ε Q,I > 1 VII/15 Kreuzpreiselastizität der Nachfrage Wie reagiert die Nachfrage nach einem Gut X auf eine Preisänderung des anderen Gutes Y? ε QX , PY ∂QX PY = ⋅ ∂PY QX à Positiv für Brutto-Substitute à Negativ für Brutto-Komplemente VII/16 Beziehungen zwischen Elastizitäten: 1. Einkommenselastizitäten: Leitet man die Budgetgerade PX X + PY Y = I nach I ab, so ergibt sich: ∂X ∂Y PX ⋅ + PY ⋅ =1 ∂I ∂I und erweitert man beide Terme wie folgt: PX X ∂X I PY Y ∂Y I ⋅ ⋅ + ⋅ ⋅ =1 I ∂I X I ∂I Y VII/17 PX X I bezeichnet den Anteil des Einkommens, der für Gut X aufgewendet wird; entsprechend PY Y I den Anteil für Gut Y Bezeichnet man diese Anteile mit z.B. s X bzw. sY , so lässt sich die Gleichung unter Anwendung der Elastizitäten wie folgt vereinfachen s X ε X , I + sY ε Y , I = 1 mit s X = PX X I àDie Summe der gewogenen Einkommenselastizitäten ist 1. VII/18 2. Slutzky Gleichung in Elastizitätsschreibweise ∂X ∂X = ∂PX ∂PX U = constant ∂X −X ∂I wird mit PX X erweitert : ∂X PX ∂X PX ⋅ = ⋅ ∂PX X ∂PX X U = constant ∂X 1 − PX ⋅ X ⋅ ⋅ ∂I X und der letzte Term wird um I erweitert : ∂X PX ∂X PX ⋅ = ⋅ ∂PX X ∂PX X U = constant PX ⋅ X ∂X I − ⋅ ⋅ I ∂I X VII/19 Wir definieren die Substitutionselastizität wie folgt: ε X ,PX S ∂X PX = ⋅ ∂PX X U = constant Sie zeigt, wie sich die kompensierte Nachfrage nach X durch eine kompensierte Preisänderung verändert. Dann lässt sich die Slutzky-Gleichung schreiben als: ⇒ ε X , PX = ε S X , PX − s X ε X ,I VII/20 Euler Theorem Wenn eine Funktion f ( X 1 , X 2 ,..., X n ) homogen vom Grade m ist, so gilt: ∂f ∂f ∂f X1 + X 2 + ... + = m ⋅ f ( X 1 ,..., X n ) ∂X 1 ∂X 2 ∂X n Homogenität vom Grade m bedeutet: f (tX 1 , tX 2 ,..., tX n ) = t m f ( X 1 , X 2 ,..., X n ) VII/21 Differenzieren nach t: ∂ (tX n ) ∂f ∂ (tX 1 ) ∂f ... ⋅ + + ⋅ = m ⋅ t m−1 f ( X 1 ,..., X n ) ∂ (tX 1 ) ∂t ∂ (tX n ) ∂t ∂f ∂f ⋅ X 1 + ... + ⋅ X n = m ⋅ t m−1 f ( X 1 ,..., X n ) ∂ (tX 1 ) ∂ (tX n ) Dies gilt für alle t; für t=1 ergibt sich das Euler-Theorem VII/22 Homogenität Wie gezeigt sind alle Nachfragefunktionen in Preisen und Einkommen homogen vom Grade Null. Aus dem Euler-Theorem folgt dann, dass: ∂X ∂X ∂X ⋅ PX + PY + I =0 ∂PX ∂PY ∂I 1 Erweitert mit : X ∂X PX ∂X PY ∂X I ⋅ + ⋅ + ⋅ =0 ∂PX X ∂PY X ∂I X ε X , PX + ε X , PY + ε X , I = 0 Die Summe aller Nachfrageelastizitäten nach einem Gut ergibt sich zu Null. VII/23 Bsp 7.2: Cobb Douglas Elastizitäten Gegeben: U (X ,Y ) = X αY β X = αI PX βI Y= PY So dass sich die Elastizitäten wie folgt ergeben: ε X , PX ∂X PX αI PX αI 1 = ⋅ =− 2 ⋅ = −− ⋅ = −1 ∂PX X PX αI PX PX X VII/24 Entsprechend gilt: ε X ,I = 1 ε X ,PY = 0 ε Y , PY = −1 εY ,I = 1 ε Y , PX = 0 PX X ⇒ sX = =α I PY Y ⇒ sY = =β I VII/25 Werden konstante Anteile des Einkommens für die beiden Güter ausgegeben, so gilt: ε X ,PX + ε X , PY + ε X , I = −1 + 0 + 1 = 0 Bzw. durch Einsetzen in die Slutsky Gleichung erhalten wir: ε X , PX = ε XS , PX − s X ε X , I − 1 = ε XS ,PX − α (1) ε XS , PX = −(1 − α ) = − β α+ β = 1 Das heißt, die Preiselastizität der Nachfrage der kompensierten Nachfragekurve der CD Funktion entspricht dem Ausgabenanteil des VII/26 jeweils anderen Gutes. ε XS , PX = −(1 − α ) = − β Dieser Spezialfall lässt sich verallgemeinern zu: ε XS , PX = −(1 − s X )σ Sigma beschreibt die Substitutionselastizität, welche im Falle von CD Funktionen 1 ist und diesen Spezialfall hervorruft. VII/27 Lineare Nachfragekurven Q = a + bP + cI + dP' ∂Q ∂P = b ≤ 0 (Giffen Güter ausgeschlo ssen) ∂Q ∂I = c ≥ 0 (normale Güter) ∂Q ∂P ' = d ≤≥ 0 (je nachdem, ob P‘ der Preis eines Brutto-Substitutes oder – Komplements ist) Für I und P‘ konstant gilt dann: Q = a'+bP a' = a + c I + d P ' VII/28 Lineare Nachfrage und Elastizitäten Entlang einer linearen Nachfragekurve gilt, dass eine Preiserhöhung um 1, denselben marginalen Effekt auf die Menge hat,unabhängig von der Höhe des Preises. Das heißt: Steigt der Preis von 1 auf 2, wirkt sich das gleich aus wie eine Steigerung von 20 auf 21. Während im ersten Fall der Preis verdoppelt wurde, steigt er im zweiten nur um 5 %. Daher ändert sich der Wert der Elastizität: ε Q, P ∂Q P P = ⋅ = b⋅ ∂P Q Q VII/29 Bsp 7.3: Preiselastizität einer linearen Nachfragekurve In Bsp.7.1 war unsere lineare Marktnachfrage beschrieben durch die Funktion (Q anstelle X): Q = 36 − 3P Unter Verwendung der Definition der Preiselastizität erhalten wir: ε Q,P P ∂Q P P = ⋅ = −3 = −3 ∂P Q 36 − 3P Q Die Elastizität ist also abhängig vom Preis. Ist der Preis größer als 6, so ist sie elastisch, ist er kleiner als 6 unelastisch. VII/30 Lineare Nachfrage Q = a + bP + cI + dP ' ∂Q =b ; b<0 ∂P vereinfacht Q = a'+bP mit a' = a + c I + d P' a' Q = Auf halber Entfernung (i.e. 2 ) , d.h. halbe Sättigungsmenge ist bei einer linearen Nachfrage die Elastizität = -1. a' Q= 2 P=? a' = a '+ b ⋅ P 2 a' P=− 2b VII/31 VII/32 εQ ,P für Q = ∂Q P = ⋅ ∂P Q a' 2 ε Q, P a' 1 = b⋅− ⋅ = −1 2b a' 2 VII/33 Grafik 7.2: Elastizität entlang der linearen Nachfragekurve Quelle: Nicholson (2002), Microeconomic Theory: Basic Principles And Extensions, S.185 VII/34 Konstante Elastizitäten Annahme: Für gewisse Nachfragefunktionen ist die Elastizität konstant. Q = aPb I c P'd Es gilt ferner: ≤ a > 0; b ≤ 0; c ≥ 0; d 0 ≥ I = I;P = P Q = a' P b wobei a' = aI c P 'd VII/35 ⇒ ln Q = ln a '+b ln P ε Q, P ∂Q P ba' P b −1 ⋅ P = ⋅ = =b b ∂P Q a' P àDie Preiselastizität der Nachfrage ist also konstant bzw. gleich b. Das heißt sie lässt sich direkt aus der Gleichung der Kurve ablesen und muss nicht berechnet werden. VII/36 Bsp 7.4: Elastizitäten, Exponenten und Logrithmen Exponentielle Nachfragefunktionen haben nicht nur konstante Preiselastizitäten der Nachfrage sondern auch konstante Einkommens- und Kreuzpreiselastizitäten. ε Q, I = c ε Q, P ' = d Das heißt, die Elastizitäten lassen sich direkt aus der Nachfragefunktion ablesen: Q = 100 P −1,5 I 0, 5 P' ε Q , P = −1,5; ε Q , I = 0,5; ε Q ,P ' = 1 VII/37 Mittels Logarithmieren lässt sich die Gleichung linearisieren: ln(Q ) = ln(a ) + b ln(P ) + c ln (I ) + d ln(P') ln(Q ) = 4,61 − 1,5 ln(P ) + 0,5 ln(I ) + ln (P ') VII/38