was bringt ethik?

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BUSINESSART 4/2014, P.b.b., Erscheinungsort St. Pölten, Verlagspostamt 3100, Zulassungsnummer: 13Z039642M Ö: € 6,20
WAS BRINGT ETHIK?
Warum Unternehmen Werte leben.
ETHIK IN DER PRAXIS: Szenen aus dem Wirtschaftsalltag.
WELTRELIGIONEN: Ihre Gebote für eine verantwortungsvolle Wirtschaft.
NACHHALTIGE GESTALTERINNEN 2014: Mit CSR zum Erfolg.
UNBEQUEME WAHRHEITEN: Gastkommentar von Fred Luks.
Held der Energiewende
werden ist super-einfach.
Danke, Super-Wasserkraft!
Editorial
UNTER
NEHMENS
ETHIK
Das Thema kam auf leisen Sohlen – immer wieder tauchte Ethik in Diskussionen oder Publikationen auf. Oft als
Basis von CSR (so verstand ich es zumindest immer),
manchmal aber auch als „die bessere/richtige/wahrhaftige CSR“. Jetzt muss ich gestehen, dass bei mir eine Art
Warnglocke im Ohr bimmelt, wenn ich Worte wie „die
richtige“ oder „die wahre“ höre. Zu oft habe ich (glücklicherweise) erfahren, dass es viele Wahrheiten gibt und
die meisten Wahrheiten ihre Berechtigung haben. Oder
wie es Heinz von Foerster pointiert ausdrückt: „Wahrheit
ist die Erfindung eines Lügners.“
Ein guter Grund also, Unternehmensethik als Schwerpunktthema für diese Ausgabe zu wählen und uns von
Barbara Coudenhove erklären zu lassen, warum Unternehmensethik sehr wirksam sein kann. Obwohl – für
mich war noch eine zweite Hürde zu überwinden. Ethik
klingt unglaublich theoretisch, abstrakt und irgendwie
abgehoben. Das ändert sich schlagartig, sobald ganz
konkrete ethische Dilemmata angesprochen werden.
Dann wird es richtig spannend: Jede Managerin und jeder Manager ist laufend mit ethischen Fragen konfrontiert. Es tut gut zu lesen, dass vieles probiert wird – auch,
wenn manches nicht gleich klappt – und wo bereits gute
Lösungen gefunden wurden.
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Energieträger:
Wasserkraft 100 %
Stromkennzeichnung gem. § 78 Abs.1 und 2 ElWOG 2010 und Stromkennzeichnungs-VO 2011
für den Zeitraum 1.1.2013 bis 31.12.2013. Durch den vorliegenden Versorgermix fallen weder
CO2-Emissionen noch radioaktive Abfälle an. 100 % der Nachweise stammen aus Österreich.
* Einmaliger, verbrauchsabhängiger Bonus – max. 4.667 kWh bzw. 350,00 Euro brutto – bezogen auf den Jahresverbrauch und den reinen Energiepreis (exkl. Grundpreis) ohne Netzkosten,
Steuern und Abgaben für den Hochtarif des gewählten Produktes bei Erstanmeldung bis 31.1.2015. Anteilige Verrechnung bei einer Belieferungsdauer von unter 12 Monaten.
Foto: Herfert
Mit sauberem Strom aus Wasserkraft gelingt die Energiewende, weil damit
Schwankungen bei Sonnen- und Windkraft flexibel ausgeglichen werden können.
Machen auch Sie jetzt die Energiewende. Mehr auf www.verbund.at
Über Ethik in der Praxis reden sie nicht nur – sie leben
sie auch: die Stars dieser Ausgabe, die Nachhaltigen GestalterInnen 2014. Knapp 50 ExpertInnen haben jene
ManagerInnen und Projekte gewählt, die in Österreich
entscheidend zu einer nachhaltigeren Wirtschaft beitragen. Über die Top 30 berichten wir. Bei dieser Gelegenheit haben wir auch gefragt, ob sie „nur“ pragmatisch
handeln oder ob sie ihre Entscheidungen bewusst auch
auf Basis einer ethischen Grundhaltung treffen. Lesen
Sie selbst!
Das Team der BUSINESSART wünscht Ihnen einen guten
Jahresabschluss, ein wunderbares Weihnachtsfest und
viel Gesundheit, Erfolg und Glück im neuen Jahr!
Roswitha M. Reisinger
[email protected]
BUSINESSART 04/14 | 3
BIERGENUSS IM ZEICHEN DER
NACHHALTIGKEIT
Inhalt
03 EDITORIAL
06 WAS BRINGT UNTERNEHMENSETHIK?
GRÜNES BRAUEN IN DER STEIERMARK
„Wir versuchen natürlich in all unseren Brauereien Initiativen zu setzen, als Leuchtturmprojekt sehen wir derzeit eine
unserer Brauereien in der Steiermark: Die Brauerei Göss ist
das Paradebeispiel für unser Nachhaltigkeitsengagement“,
erzählt Brau Union Österreich Generaldirektor Markus Liebl.
Rund 40 % des Wärmebedarfs der Brauerei werden aus
der Abwärme des benachbarten Betriebs Mayr-Melnhof
gedeckt, 90 % der während des Brauprozesses entstehenden Abwärme werden genutzt, um damit Wasser aufzuheizen. Außerdem wird ein neuartiges Kochsystem während
des Brauprozesses verwendet, das dabei hilft, Strom und
Wasser zu sparen. Eine neue, rund 1500 Quadratmeter
große Solaranlage hilft zusätzlich bei der Gewinnung umweltfreundlicher Energie. Das finale Ziel ist die Umwandlung der Brauerei in einen gänzlich CO2-neutralen Betrieb.
PRAXISBEISPIELE
12 WÜRDEVOLLE BILDER VOM ALTERN UND STERBEN
WERBEANALYSE
14 LÄSST SICH ETHIK MANAGEN?
INTERNATIONALE AUSZEICHNUNG FÜR BESTE
NACHHALTIGKEITSKOMMUNIKATION
Einmal jährlich vergibt der Heineken-Konzern Kommunikationspreise in fünf Kategorien. Für das beste Nachhaltigkeitsmanagement wurde heuer die PR-Abteilung der Brau Union
Österreich für das Schwerpunktprojekt „die grüne Brauerei
Göss“ geehrt. Der Preis geht erstmalig nach Österreich, unter 85 Einreichungen aus allen Teilen der Erde wurde die
heimische Kommunikationsstrategie zum Sieger gekürt.
„Das Projekt Göss ist aus Kommunikationssicht sehr komplex, da die unterschiedlichsten Anspruchsgruppen berücksichtigt werden müssen. Wir haben uns daher intensiv mit
Stakeholder Mapping beschäftigt und versucht, die richtigen
Botschaften für alle Zielgruppen zu finden. Ich bin stolz,
dass das nun auch international anerkannt worden ist“, freut
sich Brau Union Österreich Kommunikationsleiterin Gabriela
Maria Straka.
FACTS
Rund 4.800 THL setzt die Brau Union in Österreich in
einem Jahr ab – mit dreizehn führenden Biermarken
und über 100 Biersorten. Die Brau Union Österreich
ist Marktführer und steht sowohl für internationale
Premium-Brands wie Heineken, Desperados und
Affligem, als auch für nationale Top-Marken wie
Gösser oder Zipfer und für regionale Marken wie
Puntigamer, Kaiser, Schwechater, Schladminger,
Reininghaus oder Wieselburger. Seit 2003 ist die
Brau Union Österreich Teil der internationalen
Heineken-Familie. www.brauunion.at
INTERVIEW MIT PROF. DR. MARKUS SCHOLZ
16 RELIGION & WIRTSCHAFTSETHIK
EIN RUNDBLICK
20 IN 7 SCHRITTEN ZUM STRATEGISCHEN SPONSORING
METHODE 1
23 DIE ETHIC MAP
METHODE 2
24 NACHHALTIGE GESTALTERINNEN 2014
CSR-ERFOLGE
Coverillustration: Tom Mackinger
Bier ist mehr als nur ein Getränk – Bier ist ein wichtiger
Teil der Lebenskultur. Als größtes Brauereiunternehmen
Österreichs ist es für die Brau Union Österreich selbstverständlich, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung
nachzukommen. Die österreichische Bierkultur soll in
Einklang mit den modernen sozialen und ökologischen
Herausforderungen gebracht werden. Vom Feld bis zur
Flasche, vom Korn bis zum Kunden, werden Maßnahmen
gesetzt, die die Umwelt schützen, Abfälle reduzieren,
österreichische Landwirte fördern, die Gesundheit und
Sicherheit der Mitarbeiter unterstützen und den bewussten Genuss der vielfältigen Produkte in den Vordergrund stellen. Die Brau Union Österreich konzentriert sich
dabei auf Projekte in den Bereichen Energieverbrauch,
Reduktion von CO2 , österreichische Rohstoffe, Wasserverbrauch und soziale Verantwortung.
09 SO GEHT ETHIK
Coverfoto: Patricia Weisskirchner
Genuss ist
unsere Tradition.
SCHWERPUNKT
Foto: Brau Union Österreich
HEIMISCHE ROHSTOFFE
Für den besonderen Biergenuss setzt die Brau Union
Österreich vor allem auf beste heimische Rohstoffe und
kontrollierte Qualität. Über 80 % des Malzes werden aus
österreichischer Braugerste hergestellt, rund 70 % des verwendeten Hopfens stammen ebenfalls aus Österreich. Das
Brauwasser stammt zur Gänze aus geschützten Quellen,
ebenso wie die Hefe, die unter höchsten hygienischen Bedingungen vermehrt wird. Mit dem Zurückgreifen auf lokale
Lieferanten und Anbieter soll Kunden und Konsumenten
einerseits die beste Qualität angeboten werden, andererseits soll aber auch sichergestellt sein, dass durch kurze
Liefer- und Transportwege die Umwelt geschont und österreichische Arbeitsplätze erhalten werden.
Entgeltliche Einschaltung
BRAU UNION ÖSTERREICH SETZT AUF UMWELTFREUNDLICHE PRODUKTION
32 KONSEQUENTE SYSTEME
RAHMENBEDINGUNGEN 2014
33 IMPRESSUM
34 UNBEQUEME WAHRHEITEN
GASTKOMMENTAR VON DR. FRED LUKS
BUSINESSART 04/14 | 5
UNTER
NEHMENS
ETHIK
Schwerpunkt
WAS BRINGT DAS?
ein gutes oder gerechtes Zusammenleben ist. Offenbar
muss man also darüber nachdenken, was gut ist – und
es begründen. Das war die Geburtsstunde der Ethik im
heutigen Verständnis.
Der Moralbegriff spielt in der Ethik eine entscheidende
Rolle. Ethik reflektiert die Moral – und zwar kritisch.
Nicht alles, was als moralisch richtig gilt, ist auch gut,
und sollte daher hinterfragt bzw. sogar revidiert werden. Während Moral mit dem Sein zu tun hat, geht es
der Ethik um das Sollen.
BEGRIFFSVERWIRRUNG ZWISCHEN ETHIK UND MORAL
ZUNEHMENDE FORDERUNG NACH ETHIK
IN DER WIRTSCHAFT
Ethik hilft, Antworten auf diese Fragen zu finden. Um zu
verstehen wie, ist es wichtig, die grundlegenden Begriffe
zu kennen, denn die ersten Schwierigkeiten tauchen auf,
wenn etwas als ethisch oder moralisch bezeichnet wird,
nach dem Motto: eines der beiden wird schon passen.
Ethik und Moral bedeuteten ursprünglich mehr oder weniger dasselbe: einen Ort, an dem bestimmte Gewohnheiten gelten, die guten Sitten in einer Gesellschaft. Mit
der Zeit stellte man aber fest, dass das, was faktisch für
eine gute Sitte gehalten wird, nicht unbedingt gut für
Gerade in der Wirtschaft erlebt Ethik heute eine Renaissance. Kaum ein Tag vergeht, an dem von Unternehmen oder deren ManagerInnen nicht ethisch richtiges Verhalten eingefordert wird. Das hat gute Gründe:
Wirtschaftsskandale, die wachsende Ungleichheit von
Einkommen, das Faktum, dass Arbeit nicht mehr automatisch ein Auskommen sichert, Globalisierung, Klimawandel, Umweltverschmutzung, Bevölkerungswachstum – und der ganze Rattenschwanz an komplexen Auswirkungen dieser Phänomene.
6 | BUSINESSART 04/14
Foto: istockphoto.com/PeskyMonkey
„Wer A sagt, muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war.“ Berthold Brecht bringt auf den
Punkt, was mit Ethik gemeint ist. Es geht um Reflexion.
Auch wenn vielen Ethik als abstrakt und nicht unbedingt alltagstauglich erscheint: Die meisten von uns betreiben jeden Tag Ethik. Einfach, indem wir uns die Frage stellen „Wie soll ich handeln?“, „Wie soll ich mich in
gewissen Situationen richtig oder verantwortlich, gerecht und fair verhalten?“. Gleichzeitig müssen wir unser Handeln auch immer wieder rechtfertigen und werden gefragt: „Wieso hast du das getan?“
Grafik: LIGA: graphic design
Ethik und Moral. Diese beiden Begriffe
machen so manchen ManagerInnen Gänsehaut.
Zu unrecht. Ethik hilft, Vertrauen in
Unternehmen aufzubauen und macht
Entscheidungen effizient. BARBARA COUDENHOVE
BUSINESSART 04/14 | 7
Das führt zu einem Gefühl von Ungerechtigkeit und
Machtlosigkeit und mündet in ein zunehmendes Misstrauen den Institutionen gegenüber, die das mit zu verantworten haben. Das kann auch schon mal in Wut umschlagen, siehe Occupy Bewegung. Und es führt dazu,
sich fundamentale Fragen zu stellen: Was ist fair? Wie
soll eine gerechte Verteilung aussehen? Was ist die Rolle der Unternehmen für die Gesellschaft? Das sind ethische Fragen mit Sprengkraft. Sie gehen an die Wurzeln
des kapitalistischen Systems, das auf den Paradigmen
Wachstum und Profitmaximierung aufbaut – mit denen
wir alle groß geworden sind.
UNTERSCHIEDLICHE ETHIK-STRÖMUNGEN ALS ANTWORT
Im deutschsprachigen Raum versuchen vor allem zwei
ethische Strömungen darauf Antworten zu finden: Die integrative Wirtschaftsethik von Peter Ulrich, ehemaliger
Leiter des Ethikinstituts der Universität St. Gallen, und
der Institutionen-ökonomische Ansatz von Karl Homann,
ehemaliger Inhaber des Lehrstuhls Philosophie und Ökonomik der Ludwig-Maximilian-Universität München.
Praxisbeispiele
lität und Engagement von Führung, MitarbeiterInnen
und allen anderen Stakeholdern – das bedeutet nicht
mehr oder weniger als die viel zitierte Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens.
ETHIK IN UNTERNEHMEN UMSETZEN
In den vergangenen Jahren haben viele Unternehmen
auf CSR als Strategie gesetzt, um Image und Reputation
zu erhöhen und (verlorenes) Vertrauen (wieder) aufzubauen. CSR ist heute in seiner operativen Ausprägung in
Form von Reporting, Corporate Citizenship-Programmen,
Umweltmanagementsystemen, CSR-Projekten bis hin zu
Shared-Value-Strategien ein mächtiges Werkzeug-Set, das
Unternehmen bedienen – mal besser, mal schlechter. Das
Problem dabei: CSR bleibt oft nur Symptom-Bekämpfung.
Wird CSR rein strategisch oder wirtschaftlich motiviert
angegangen, fehlt ein wichtiger Teil: die normative Dimension des Sollens, die Beantwortung der Frage „Wie
soll ich in meiner Geschäftstätigkeit handeln?“. Diese
kommt erst durch Unternehmensethik ins Spiel.
SO GEHT
ETHIK
WERTE ALS ORIENTIERUNGSHILFE
ETHIK ALS BASIS FÜR VERTRAUEN IN UNTERNEHMEN
Mag. Barbara
Coudenhove begleitet
Organisationen dabei,
ManagementKompetenzen
um Ethik- und
Wertemanagement
zu erweitern und
durch strukturierte
Reflexionsprozesse
effiziente Positionen
zu Verantwortung zu
entwickeln.
www.responsiblemanagement.at.
Lange wurden Ethik und Wirtschaft als zwei Welten
gesehen, die nichts miteinander zu tun haben. Der Begriff des Ehrbaren Kaufmanns spielte in der boomenden
Wirtschaft keine Rolle, Wirtschaftskriminalität, Korruption und ethisches Fehlverhalten führen seit Jahren
zu sinkenden Vertrauenswerten in Unternehmen. Das
kann fatale Folgen für das Unternehmen haben. Die
Bandbreite reicht vom Anrainerprotest über mangelnde Mitarbeitermotivation bis hin zu Reputationsverlust.
Wird dem Unternehmen das Vertrauen entzogen, kann
es im schlimmsten Fall seine Legitimation am Markt
verlieren.
Das zeigt: Unternehmen sind kein wertfreier Raum. Zu
den zentralen Managementaufgaben gehört nicht nur
das Management von materiellen, sondern auch das Management von ideellen, also moralischen, Werten. Sie
bilden das Fundament für das notwendige Vertrauen
zwischen den Beteiligten innerhalb und außerhalb des
Unternehmens. Damit sind sie Voraussetzung für Loya-
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Wenn das Unternehmen seine Werte und somit seine
Wertvorstellungen kennt, regelmäßig reflektiert – und
auch lebt, dann beginnt Ethik, Unternehmensentscheidungen und -prozesse effizient zu machen.
Transparenz, soziale Verantwortung,
Ehrlichkeit und Fairness schreiben sich
Unternehmen gerne auf die Fahnen.
Diese Ideale dann auch wirklich bis ins
Detail umzusetzen braucht Durchhaltevermögen und manchmal die Fähigkeit,
nein zu sagen – Szenen aus dem Alltag
der Wirtschaftsethik. SIGRUN SAUNDERSON
Werte sind Orientierungen und Verhaltensweisen, die
als wichtig, gut und damit erstrebenswert angesehen
werden. Sie spielen deshalb eine besondere Rolle für
Unternehmen, weil sie die Handlungen und Entscheidungen auch über eine konkrete Situation hinaus beeinflussen – sie bestimmen permanent die unterschwellige Motivation der unternehmerischen Aktivitäten.
Vor jeder Management-Entscheidung steht – unbewusst
– ein Werturteil. Das sollte allerdings nicht individuell
getroffen werden, sondern den gemeinsam bestimmten
Werten des Unternehmens folgen. Sie haben damit ein
enormes Potenzial zur Risikoprävention aus menschlichen Fehlentscheidungen und bauen Vertrauen und
Glaubwürdigkeit nach innen und außen auf. Die entstehende Integrität wird so zu einem unverzichtbaren
Wettbewerbsfaktor.
DIE FORMEL:
ETHISCHE HALTUNG
+ COMPLIANCE
+ WERTEMANAGEMENT
INKL. CSR
=
ZUKUNFTSFÄHIGES UNTERNEHMEN
Letztlich ist es eine einfache Formel, die zur Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens führt: Eine ethische Haltung als Basis, plus Compliance – also die Beachtung
von Gesetzen – plus Wertemanagement, d.h. die Umsetzung der moralischen Werte in allen Prozessen, inklusive CSR. Somit ist Ethik unverzichtbar, damit die Gesellschaft und ihre Systeme – also auch das wirtschaftliche
System – erfolgreich funktionieren können.
Foto: istockphoto.com/Liuser
Homann geht u.a. davon aus, dass nur Institutionen die
Rahmenbedingungen für ethisch richtiges Handeln von
Unternehmen setzen können, da moralisches Handeln
meist zu Nachteilen im Wettbewerb führt. Es braucht
also die richtigen Steuerungs- und Anreizsysteme.
Peter Ulrich hingegen begreift Ethik als tragende
Grundlage legitimen unternehmerischen Erfolgsstrebens:
Wer moralisch handelt, baut Reputation auf und wird so
auch erfolgreich sein. Profitmaximierung ist aus Ulrichs
Sicht unlogisch. Es würde bedeuten, dass alle anderen
Marktteilnehmer zu reinen Produktionsfaktoren verkommen. MitarbeiterInnen, LieferantInnen, KundInnen,
Umwelt würden als Mittel zum Zweck der Profitmaximierung eingesetzt. Eine ethische Haltung verlangt
aber, dass die Rechte aller Stakeholder berücksichtigt
werden sollen – und nicht nur vom ökonomischen Eigeninteresse ausgegangen werden kann. Seine Antwort lautet daher: Profitorientierung statt Profitmaximierung.
Schauplatz Textilindustrie: Die meisten westlichen Markenhersteller lassen ihre T-Shirts, Hosen, Schuhe und
Jacken in China, Indien, Bangladesch oder Kambodscha
produzieren. Hier ist die Arbeit billig. Und hier sind die
ArbeiterInnen-Rechte mickrig. Wer sich gewerkschaftlich organisiert, fliegt. Und damit Namen wie Adidas,
H&M und Gap nicht in den Geruch der Ausbeutung kommen, ist ein schwer durchschaubares weltumspannendes Netz an Zulieferfirmen dazwischengeschaltet, an
denen man sich im Zweifelsfall abputzen kann. Wen
soll man da zur Verantwortung ziehen für die Massenohnmachtsanfälle in Kambodschas Textilbetrieben?
Für schlecht belüftete Produktionsräume, in denen chemische Dämpfe austreten? Für mangelernährte Arbeiterinnen, die dort 70 oder mehr Stunden in der Woche
hart arbeiten und ihre Familien dennoch nicht ernähren können?
Dass eine solche Unterbezahlung überhaupt möglich
ist, liegt nicht nur an den Zulieferfirmen, sondern auch
an den Regierungen der einzelnen Länder. Sie legen oft
einen extrem niedrigen gesetzlichen Mindestlohn fest,
um ausländische Investoren anzuziehen.
GETEILTE VERANTWORTUNG
Aber die Schuld nur auf „die im Süden“ zu schieben,
ist Andrea Reitinger von EZA-Fairer Handel zu einfach:
„Für uns ist es wichtig, die Verantwortung zu verteilen.
Es genügt nicht, dass westliche Auftraggeber von ihren
Lieferanten verlangen, bestimmte Kriterien zu erfüllen.
Es müssen auch bei den Auftraggebern die Weichen
entsprechend gestellt werden. Davon spricht selten jemand. Das heißt, dass die Besteller zum Beispiel keinen
Preis- oder Lieferdruck ausüben.“ Der in der Modebranche übliche Zeitdruck ist nämlich unter anderem dafür
verantwortlich, dass die NäherInnen enorme Überstunden machen müssen. Und wenn der europäische oder
amerikanische Modehändler bei seinen Lieferanten den
Preis drückt, wirkt sich das vor allem auf die Schwächsten in der Kette aus: die ArbeiterInnen.
Dass es auch anders geht, beweist EZA Fairer Handel bereits seit beinahe vier Jahrzehnten. In den letzten Jahren verstärkt auch mit einem Angebot an Bekleidung
unter der Marke Anukoo. Die Fair-Trade-Importorganisation unterhält Handelsbeziehungen zu rund 160 Organisationen in Lateinamerika, Afrika, Asien und dem
Nahen Osten gemäß den von der internationalen World
Fair Trade Organisation festgelegten Prinzipien. Statt
Profitmaximierung auf Kosten der ProduzentInnen zählen faire Preisgestaltung und Handelspraktiken sowie
Transparenz in Produktion und Handel. Das motivierte
auch das Modelabel „Göttin des Glücks“ zur Kooperation
mit EZA. Das Label bringt anstatt der branchenüblichen
sechs neuen Kollektionen pro Jahr nur zwei heraus und
gibt sich zugunsten der ArbeiterInnen mit einer niedrigeren Handelsspanne zufrieden.
BUSINESSART 04/14 | 9
Diese Verantwortung auch zu den großen westlichen
Modehändlern zu tragen, das hat sich die weltweite
Clean-Clothes-Kampagne zur Aufgabe gemacht. Die
Organisation fordert Europas große Modemarken zum
Beispiel dazu auf, sich für existenzsichernde Löhne
bei ihren Zulieferern einzusetzen. Wer das tut und in
welchem Maß, das können KonsumentInnen auf der
Kampagnen-Website nachlesen. Zumindest ein Signal
an die Modehändler, dass ihre Praktiken nicht mehr im
Dunkeln bleiben. Und für KonsumentInnen eine Entscheidungshilfe beim nächsten Shopping-Exzess …
SAUBERE ELEKTRONIK …
SCHWIERIG
In der Elektronik-Industrie scheint es vergleichsweise
beinahe unmöglich zu sein, Produkte nach ethischen
Grundsätzen herzustellen. Die Schweizer Organisation „Brot für alle“ veröffentlichte dieses Jahr einen
detaillierten Einblick in die Umstände, unter denen
Smartphones produziert werden. Auch hier stehen die
HANNES MARTSCHIN
ES ZÄHLT DIE REDLICHKEIT
IN DER KOMMUNIKATION, ZU DER MAN
SICH SELBST VERPFLICHTET.
– hauptsächlich chinesischen – FarbriksarbeiterInnen
unter unmenschlichem Druck und erhalten für bis zu 15
Stunden harter Arbeit täglich einen Lohn, von dem sie
meist nicht leben können. Auch „Brot für alle“ trägt die
Verantwortung zurück zu den Herstellern: Sie sollen
sich für die Bildung von Gewerkschaften einsetzen und
von ihren Zulieferern die Bezahlung von Existenzlöhnen verlangen. Im „Ethik-Ranking“ können KonsumentInnen nachlesen, wie die einzelnen Hersteller bei den
Kriterien Arbeiterrechte, Umweltschutz und Krisenrohstoffe abschneiden, egal was ihre PR-Broschüren sagen.
Dass es auch in dieser Branche etwas Bewegung in
Richtung Wirtschaftsethik gibt, beweist das Fairphone,
das ein kleines niederländisches Unternehmen heuer
auf den Markt gebracht hat. Doch zu wirklich fairen Bedingungen produzieren kann der Hersteller noch nicht.
Als kleines Unternehmen muss er sich zunächst in die
bestehenden Lieferketten – mit ihren bestehenden Arbeitsbedingungen – eingliedern. Daher verspricht der
Hersteller auf seiner Website auch nur, sich für bessere
Arbeitsbedingungen vor Ort einzusetzen: „Wir werden
mit unseren Produktionspartnern die Bedingungen in
den Fabriken bewerten und dann Schritt für Schritt gemeinsam an Verbesserungen arbeiten.“ – Immerhin eine
ehrliche Ansage anstatt schönfärberischer PR.
10 | BUSINESSART 04/14
PFUSCH AM BAU
Einen Auftrag aus ethischen Gründen abzulehnen ist
schwierig, wenn unethische Praktiken einfach zur
Branche gehören: Vom Privatpfusch für kleine Häuselbauer über den organisierten Pfusch inklusive Finanzund Sozialversicherungsbetrug bis hin zum Geldkoffer,
der unauffällig im Kofferraum des Bürgermeisters landet, um einen Bauauftrag an Land zu ziehen, ist am Bau
alles üblich – oder üblich gewesen?
„Korruption ist bei uns kein großes Thema, ganz im Gegenteil“, meint Manfred Katzenschlager, Geschäftsführer der Bundesinnung Bau in der Österreichischen Wirtschaftskammer. „Die Baufirmen haben sich strikte Compliance Richtlinien auferlegt, die selbstverständlich
auch gegen Korruption ausgerichtet sind. Das ist oft dafür
ausschlaggebend, bestimmte Auslandsmärkte nicht zu
bearbeiten, bei denen die Usancen nicht mit den gesetzlichen oder firmeninternen Antikorruptionsbestimmungen vereinbar sind.“ Auch andere betrügerische Praktiken konnten in den letzten Jahren durch verschiedene
Maßnahmen eingeschränkt werden. Im Kampf gegen
den „Pfusch am Bau“ ist die Kommunikation zwischen
den Behörden – wie Sozialversicherungen und Finanzpolizei – um einiges besser geworden. Besonders effektiv
ist die 2009 eingeführte Auftraggeberhaftung: Der Auftraggeber wird zur Verantwortung gezogen, wenn seine
Subunternehmer keine Sozialversicherungsbeiträge oder
Lohnsteuer abliefern. Bis dahin war es nämlich häufige
Praxis, dass Subunternehmer ihre ArbeitnehmerInnen
illegal beschäftigten, um Leistungen möglichst billig
anbieten zu können. Bevor sie von den Krankenkassen
zur Zahlung aufgefordert werden konnten, gingen solche Unternehmen einfach in die Insolvenz.
Zeigen die Maßnahmen Wirkung? „Es gibt heute eklatant weniger Einbußen aufgrund betrügerischer Insolvenzen“, so Katzenschlager. „Seriöse Firmen nehmen die
zusätzliche Administration in Kauf, weil dadurch Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden. Denn wenn
problemhaftes Verhalten Schule macht, können jene,
die anständig bleiben, im Wettbewerb nicht bestehen
und müssen zusperren.“
MITMACHEN ODER
ZURÜCKZIEHEN?
Einer, der schon zweimal nicht mitgemacht hat, ist KR
Viktor Wagner, Geschäftsführer der REIWAG Facility
Services GmbH. Kurz nachdem sein Unternehmen in
der Ukraine einen Auftrag zur Gebäuderenovierung erhalten hatte, wurde der dort verantwortliche Manager
mit Schmiergeldforderungen konfrontiert. Als er sich
weigerte zu zahlen, wurde ihm nahe gelegt, das Land
zu verlassen, da sonst er oder seine Kinder einen Unfall
haben würden. „Ich bin dann mit einem Rechtsanwalt zu
den Verantwortlichen gegangen“, erzählt Wagner. „Aber
auch das hat nichts genützt. Daher haben wir uns aus
der Ukraine zurückgezogen.“
Und auch in Ungarn greift die REIWAG inzwischen
keine Aufträge mehr an, seit die Schwarzarbeit dort so
zugenommen hat. „Wir wollen legal arbeiten und haben
2014 keine Chance mehr gesehen, Geld zu verdienen.
Daher haben wir Ungarn verlassen. Für uns war das
kein großes Problem. Viel schwieriger ist die Situation
für ungarische Kollegen, die korrekt arbeiten wollen.
Das ist praktisch unmöglich.“
TRANSPARENZ FÖRDERT
INTEGRITÄT
Wenn sich eine ganze Branche ethischen Verhaltensregeln unterwirft, wird es leichter für jedes einzelne
Unternehmen, sich daran zu halten. Die Kunst- und Antiquitätenhändler bemühen sich geschlossen um eine
verantwortliche Unternehmensführung. Auch deshalb,
weil immer mehr internationale Richtlinien das vorschreiben. Wer für ein Gemälde oder eine Perlenkette
mehr als € 14.900 in bar auf den Tisch legt, muss sich
vor dem Händler ausweisen. Das soll verhindern, dass
Schwarzgeld durch den An- und Verkauf von Wertgegenständen weißgewaschen wird. Umgekehrt muss
der Händler bei jedem Ankauf eines Kunstwerks dessen Herkunft peinlich genau prüfen. „Man kann nicht
einfach einen Schiele kaufen, der vielleicht unter das
Restitutionsgesetz fällt“, erzählt Alexander Jesina, Obmann des Wiener Fachausschusses der Kunst- und Antiquitätenhändler. Zusätzlicher Bonus: Je genauer der
Weg wertvoller Kunstwerke dokumentiert wird, desto
unwahrscheinlicher werden Diebstähle, denn dokumentiertes Diebesgut lässt sich kaum verkaufen.
Auch die Pharmazeutische Industrie bemüht sich um
mehr Transparenz: Im aktuellen Verhaltenscodex verpflichten sich Arzneimittelhersteller dazu, ab 2016 alle
Zuwendungen an Ärzte offen zu legen. „Wir beginnen
2015 alle Unterstützungsleistungen systematisch zu
dokumentieren“, erzählt Claudia Hajdinyak, Communication Manager bei Pfizer Österreich. Dazu gehören z. B.
Tagungsgebühren und Reisekosten im Zusammenhang
mit Veranstaltungen. Diese Kosten dürfen Arzneimittelhersteller weiterhin für eingeladene Ärzte übernehmen,
solange sie öffentlich dazu stehen. Gleichzeitig verzichten die Unternehmen darauf, Werbehilfsmittel an Ärzte
zu verteilen. „Seit Anfang dieses Jahres produzieren
wir keine Notizblöcke und Kugelschreiber mehr“, so
Hajdinyak. Werbung für ihre Produkte wird es weiterhin geben, allerdings immer schon stark eingeschränkt
durch gesetzliche Vorgaben: objektive Darstellung ist
Pflicht, übertreiben verboten. Arzneimittel sind schließlich keine Konsumartikel.
KEINE LÜGEN, SONDERN
AUSGEWÄHLTE WAHRHEITEN
Schönfärberei gibt es genug, wenn es darum geht, das
eigene Unternehmen als ethisch einwandfrei darzustellen. Lässt sich das aber auch ethisch vertreten? Und
wie geht eine Kommunikationsagentur mit dem Thema
Ehrlichkeit um? „PR hat in meinen Augen viel Ähnlichkeit mit der Arbeit eines Rechtsanwalts. Beide vertreten
die Interessen ihrer Klienten“, meint Hannes Martschin,
Geschäftsführer der Wiener PR-Agentur Martschin &
Partner. „In der Kommunikationsbranche kann nie alles
gesagt werden. Welche Informationen man weitergibt
und welche nicht, ist bereits eine strategische Frage.“
Die PR-Branche hat dabei einen strengen ethischen Kodex (Athener Kodex), zu dem sich praktisch alle Agenturen bekennen. Dieser verbietet unter anderem, „die
Wahrheit anderen Ansprüchen unterzuordnen“ und
sich für Vorhaben einzusetzen, „die gegen die Moral verstoßen“. Was genau moralisch ist und was nicht, ist jedoch auch eine Frage der persönlichen Auslegung. „Rein
moralisch zählt für mich die Redlichkeit in der Kommunikation, der man sich selbst verpflichtet“, meint
Hannes Martschin. „Das wird in keinen Kodex zu gießen sein.“ Er selbst hat schon Aufträge abgelehnt, die
mit seinem persönlichen Ethikverständnis unvereinbar
waren. Und für gewisse Bereiche, wie zum Beispiel die
Rüstungsindustrie, würde er sich generell nicht einsetzen lassen.
SEILTANZ RUND UMS BIER
Dabei haben es auch manche Hersteller von Konsumartikeln gar nicht leicht, wenn sie ihre Produkte ethisch
einwandfrei bewerben wollen. Einen regelrechten Seiltanz zwischen moralisch bedenklichen Abgründen hat
sich zum Beispiel die Brau Union auferlegt und dafür
das Pro-Ethik-Siegel des Österreichischen Werberats
kassiert. „Wir müssen uns immer wieder die Frage stellen, wie kann ich Frauen, Männer und jüngere Konsumenten ansprechen, ohne Grenzen zu überschreiten“,
sagt Andreas Stieber, Marketingleiter der Brau Union
Österreich. Als Teil der Heineken-Gruppe hat sich das
Unternehmen einem eigenen, streng definierten Kommunikationscode unterworfen, der über die allgemein
für Alkoholwerbung geltenden Bestimmungen hinausgeht: Jede ansatzweise Diskriminierung von Frauen
ist tabu, die Verbindung mit Auto- oder Motorradfahren ebenso, Kinder und Jugendliche kommen ohnehin
nicht vor und es darf nie der Eindruck entstehen, dass
Biertrinken soziales Ansehen brächte. Die Bierwerbung
der Brau Union verwöhnt ZuseherInnen stattdessen
gerne mit großartigen, definitiv unverfänglichen Landschaftsaufnahmen und einem herzhaften „Prost!“.
LINKS:
www.cleanclothes.at
Europäische Kampagne für faire Arbeitsbedingungen in der
Bekleidungsindustrie.
www.asiafloorwage.org
Ein Zusammenschluss von Gewerkschaften und AktivistInnen in Asien, die
sich für eine faire Entlohnung der TextilarbeiterInnen einsetzen.
www.brotfueralle.ch
Evangelische Entwicklungsorganisation der Schweiz.
www.suedwind.at
Verein für soziale Gerechtigkeit.
www.menschenrechte-im-tourismus.net/de/leitfaden.html
Leitfaden des „Roundtable Menschenrechte im Tourismus“
für Reiseveranstalter.
BUSINESSART 04/14 | 11
Würdevoll
altern und sterben
Werbeanalyse
Verantwortungsvolle Bilder
Caritas Socialis Hospiz
und das Haus der
Barmherzigkeit haben
in den vergangenen
Jahren immer wieder
mit auffallenden
und teils provokanten
Bildern auf sich
aufmerksam gemacht.
Prof in. Dr in. Monika
SchwärzlerBrodesser,
Department of Media
Communications,
Webster Vienna
Private University
www.webster.ac.at
Mann schickt
06
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12 | BUSINESSART 04/14
011
Prof. Dr. Monika Schwärzler-Brodesser von der Webster Vienna Private
University hat die Bilder analysiert:
„Die Kampagnen beider Einrichtungen bewegen sich auf einem schmalen Grat: Zum einen muss durch
auffallende Werbekampagnen die
Aufmerksamkeit von Spendern und
Sponsoren geweckt werden, zum
anderen will man pietätvoll mit
dem Thema Alter und Tod umgehen.
Gleichzeitig geht es beiden Institutionen darum, an einer Revision der
bestehenden gesellschaftlichen Haltung zu Alter und Tod mitzuwirken.
Das gelingt natürlich auch über
eine Bildsprache, die Gewohntes infrage stellt und provoziert, um neue
Bilder entstehen zu lassen."
Ein starkes Stilmittel von CS Hospiz
und Haus der Barmherzigkeit sind
Groß- und Nahaufnahmen von alternden Gesichtern mit ungeschönter Wiedergabe aller körperlichen
Erscheinungsformen vom Altern
und Sterben, ein Sujet, das in krassem Kontrast zur allgegenwärtigen
ewigen Jugend konventioneller
Werbekampagnen steht. SchwärzlerBrodesser: „Solche Bilder gezeichneter Gesichter stehen in einer langen
Tradition humanistisch geprägter
Porträtaufnahmen."
Eine andere Strategie beider Einrichtungen geht dahin, Zuschreibungen aufzulösen und den Fokus
auf Lebensfreude und ein positiv besetztes Altern zu legen. So entstanden beispielsweise Kampagnen mit
HospizbewohnerInnen, die feierten
und damit das herkömmliche Bild
von Alter, Krankheit und Tod als
„spaßfreie" Zone infrage stellten. Gerade diese Strategie zeigt die Bereitschaft der beiden Einrichtungen,
sich gegen gesellschaftliche Tabus
zu richten. CS Hospiz versucht beispielsweise mit seiner StilllebenSerie, Momente des sinnlichen Genusses seiner PatientInnen aufzuzeigen – die kleine Campari Flasche
auf dem Nachttisch oder auch die
Massagebürste neben anderen Behelfen sollen das verdeutlichen.
Die enorme Ausdruckskraft der
Kampagnen ist auch auf die Kooperation der karitativen Einrichtungen mit Walther Salvenmoser
(Lowe GGK) zurückzuführen. Dieser
arbeitete unentgeltlich an den Kampagnen, bestand aber auch auf kreativer Freiheit, was offenbar häufig
zu erheblichen Diskussionen in den
Gremien der Organisationen, aber
auch zu Preisen und öffentlicher
Anerkennung führte.
BUSINESSART 04/14 | 13
Interview
LÄSST SICH
ETHIK
MANAGEN?
INTERVIEW MIT
PROF. DR. MARKUS SCHOLZ,
FH WIEN
Entsprechende Ansätze wurden von Michael Porter prominent aufgegriffen. Er nennt diese Art des strategischen CSR-Managements „Creating Shared Value“ (CSV).
Indem Unternehmen systematisch ihre Wertschöpfungskette nach bspw. ökologischen Optimierungsmöglichkeiten überprüfen und sich gleichzeitig möglichst regional
in nachhaltigen Clustern organisieren, können Werte
für die Gesellschaft und für die Unternehmen geschaffen
werden. Ich befürworte diese strategische Denkweise,
da sie Unternehmen dazu anhält, ihr ökologisches und
gesellschaftliches Engagement besser zu überdenken.
Gleichzeitig halte ich den CSV-Ansatz für unzureichend.
Wo greift das Shared-Value-Konzept nicht?
SCHOLZ: Alle Shared-Value Initiativen sind so genannte
„A-Cases“, also Beispiele für Win-win-Situationen. Coca
Cola unterstützt bspw. Frauen in Entwicklungsländern
14 | BUSINESSART 04/14
mit Mikrokrediten, damit diese möglichst ökonomisch
nachhaltige kleine Geschäfte aufbauen können, in denen
dann auch Coca Cola-Produkte vertrieben werden.
Es gibt aber auch unzählige „B-Cases“, also Win-LoseSituationen – eine Seite gewinnt, die andere verliert.
Das passiert, wenn beispielsweise ein Unternehmen in
Ländern produziert, in denen unter dem Existenzminimum bezahlt werden kann. Diese Beispiele werden
durch den Ansatz von Porter nicht adressiert – der CSVAnsatz enthält keine normative Dimension außer der
altbekannten Formel: Tue Gutes, wenn es hilft den Profit
zu erhöhen. Um B-Cases zu adressieren, benötigen wir
mehr. Hier beginnt für mich der Bereich der Business
Ethics.
Wie können Win-Lose-Entscheidungen vermieden werden?
SCHOLZ: Unternehmen müssen sich fragen, welche Verantwortung sie in der globalen Wertschöpfungskette (z.B. Kinderarbeit, Umweltschutz, Komplizenschaft bei Menschenrechtsverletzungen etc.) übernehmen wollen, können
und müssen. Eine Antwort darauf bietet die in einem
internationalen Kontext weit beachtete Integrated
Social Contract Theory (ISCT). Dieser normative und in
wesentlichen Teilen auf einer Version des Rawlsschen
Kontraktualismus basierende Ansatz gibt konkrete Anweisungen, wie ManagerInnen sich in einem internationalen Kontext hinsichtlich ethisch relevanter Fragen
verhalten sollen. Dieser Ansatz wurde primär von Un-
ihre Mitbewerber einwirken und gemeinsame Normen
entwickeln (Corporate Citizenship), kann eine ganze
Branche verändert werden.
Sie arbeiten gerade ebenfalls an einem einfach umzusetzenden Tool, der SWONT-Analyse. Was kann sie?
SCHOLZ: Wir erweitern mit KollegInnen aus den USA die
bekannte SWOT-Analyse (Stärken, Schwächen, Chancen, Risiken) um ein N (Normen) zur SWONT-Analyse.
Bei der Analyse einer neuen Geschäftsidee wird nach
der Stärken-Schwächen-Analyse die Frage nach den
Normen gestellt: Ist die Idee im Einklang mit den internen Werten, dem internen Code of Conduct sowie
mit den externen Reglements, z.B. der ONR 192500 oder
FSC? Stellt sich ein unüberwindbares Problem heraus,
wird diese Geschäftsidee nicht mehr weiter entwickelt,
sondern ad acta gelegt. Wichtig ist, dass dieser Schritt
passiert, bevor die Geschäftsidee fertig entwickelt ist,
also bevor die eigentliche SWOT-Analyse abgeschlossen
ist. Wir wollen damit vermeiden, dass Werte und ein
erwarteter Profit in einen direkten Trade-off geraten.
Unternehmen als Citizen, die ihre Regeln selbst
gestalten – das macht ein wenig misstrauisch.
SCHOLZ: Ja, diese Vorgangsweise eröffnet die Debatte,
welche politische Rolle Unternehmen spielen sollen. Es
ist nicht unmittelbar klar, dass sich Unternehmen in
massiv politische Prozesse wie dem der Normerarbeitung einbringen sollen. Klar hingegen ist, dass es auch
keinen globalen gesetzgebenden Souverän gibt (bspw.
eine Weltregierung), welcher globale Arbeitsschutzrichtlinien oder Umweltschutzstandards festlegen kann.
Gibt es schon praktische Erfahrung mit diesem Konzept?
SCHOLZ: Derzeit testen wir das Konzept mit StudentInnen und im kommenden Jahr mit Unternehmen. Wir nehmen an, dass SWONT sich insbesondere bei Fragen der
„Corporate Complicity“ (Komplizenschaft) sehr gut einsetzen lässt. Von „Corporate Complicity“ sprechen wir
bspw. dann, wenn durch die unternehmerische Tätigkeit entweder Menschenrechte direkt verletzt werden,
oder Menschenrechtsverletzungen billigend in Kauf genommen werden.
Ich erlebe in meiner täglichen Arbeit immer wieder, dass
MangagerInnen nicht wissen, wie sie mit ethischen
Fragen umgehen und auch nicht, wie sie getroffene Entscheidungen nach außen begründen sollen. Wenn wir
ihnen einen Weg zeigen, wie sie systematisch und in anwendbarer Form interne und externe Werte in ihren Strategiebildungs- und Evaluierungsprozess implementieren
können, wird das hoffentlich dazu führen, dass diese
künftig zumindest reflektiertere Entscheidungen treffen.
Wir bekommen starke Signale aus der Praxis, dass an
einem solchen Verfahren großes Interesse besteht.
Foto: FH Wien_WKW
CSR und Nachhaltigkeit sind in aller Munde – jedes Unternehmen muss sich heute dazu äußern. Ist es nur mehr
eine Frage der Zeit, bis die Welt rundum nachhaltig ist?
SCHOLZ: Vielfach führen Unternehmen Projekte durch,
die nicht in ihr Kerngeschäft eingebettet sind. Diese
Projekte werden von den Stakeholdern häufig als Greenwashing oder Zynismus verstanden. Viele große, international operierende Unternehmen haben das erkannt
und gehen mittlerweile strategischer vor, indem sie CSRAktivitäten mit der Wertschöpfungskette verbinden.
ternehmensethikern an US-amerikanischen Business
Schools (insb. an der Wharton Business School) entwickelt und ist entsprechend gut in der Praxis anwendbar.
Sind Theorien wie die ISCT oder Ihre SWONT-Theorie
alleine schon ausreichend?
SCHOLZ: Meiner Ansicht nach nicht. ISCT und auch unsere SWONT-Analyse geben zwar Hinweise darauf, wie
sich Unternehmen und ManagerInnen verhalten sollen,
beide Ansätze verkennen aber mitunter den ökonomischen Druck unter dem die Proponenten agieren müssen.
Ethisches Verhalten in der Wirtschaft kann mitunter –
zumindest kurzfristig betrachtet – auch ziemlich teuer
sein. Hier sehe ich dann insbesondere Branchenführer
in der Pflicht, den ersten Schritt zu tun und fragwürdige
Praktiken zu unterlassen. Wenn diese dann noch auf
Als Lösungsansatz bietet sich der „grüne Tisch“ an, an
dem diese Normen verhandelt werden und all jene teilnehmen, die von einer bestimmten Vorgangsweise betroffen sind. Im Wesentlichen sind das VertreterInnen
von Unternehmen, NGOs und Regierungen.
Das klingt gut – die Erfahrung zeigt aber, dass sich da
sehr ungleiche Partner gegenüber sitzen.
SCHOLZ: Das stimmt. In den konkreten Gesprächen treffen dann aufgrund unterschiedlicher finanzieller und
organisationaler Ressourcen häufig schlecht vorbereitete
RegierungsvertreterInnen und NGOs auf top-vorbereitete
UnternehmensvertreterInnen. Diese unterschiedlichen
Kapazitäten, und die auch daraus resultierende unterschiedlich verteilte bargaining-power der Proponenten,
spiegeln sich dann auch in den Ergebnissen wider.
Ich sehe eine Aufgabe der Unternehmensethik darin,
diese neuen Normentwicklungsprozesse zu untersuchen und Vorschläge zu erarbeiten wie sie, und letztendlich auch die daraus resultierenden Normen, fairer
und gerechter werden können.
Prof. Dr. Markus
Scholz
Markus Scholz leitet
das Center for
Business Ethics and
Corporate Governance an der FH Wien
der WKW. Zusammen
mit international
führenden Partneruniversitäten und
Unternehmen werden
Forschungsprojekte
im Bereich
strategische und
politische Unternehmensethik
durchgeführt.
www.ccgbe.at
twitter.com/MSC_
CGBE
Haben Sie ein Positivbeispiel für uns?
gutes Beispiel für den Erfolg eines derartigen Prozesses ist die Entwicklung der ISO 26000. Sie
wurde in einem Multistakeholderprozess entwickelt,
bei dem sehr viel Wert darauf gelegt wurde, dass möglichst viele Stakeholder, unabhängig von ihrer unterschiedlich verteilten bargainig power, miteinander
arbeiten konnten.
SCHOLZ: Ein
Die ISO 26 000 ist wichtig und eine gute Basis.
Aber die konkrete Umsetzung über die ONR 192500
verläuft mehr als schleppend. Wie finden Normen
tatsächlich Eingang in die Praxis?
SCHOLZ: Manche Normen funktionieren hervorragend,
zum Beispiel der FSC oder die GRI. Die ISO 26000 hat
viele Unternehmen zum Nachdenken gebracht. Für die
konkrete Umsetzung braucht es vermutlich einfachere,
branchenspezifische Tools bzw. solche, die auf mittelständische Unternehmen zugeschnitten sind, die –
gerade in Österreich – die größte Rolle spielen.
BUSINESSART 04/14 | 15
Ein Rundblick
Wie soll der Mensch leben? Wie soll er Entscheidungen
treffen? Wie kann ein gutes Zusammenleben gelingen?
Mit diesen Fragen haben sich die großen Weltreligionen
seit über 2000 Jahren beschäftigt. Haben die Lehren
der Weltreligionen heute dennoch Gewicht? Auch wenn
es ums Wirtschaftsleben geht? Ein Rundblick.
Ich glaube …
WIRTSCHAFTSETHIK IN DEN RELIGIONEN
16 | BUSINESSART 04/14
Fotos: istockphoto.com/g-stockstudio
GEORG BAUERNFEIND
Im Vorjahr veröffentlichte Papst
Franziskus sein apostolisches Schreiben Evangelii Gaudium und schrieb
für viele überraschend scharf: „Diese
Wirtschaft tötet.“ Allerdings: „Man
muss auch die Absätze vorher und
nachher lesen", erklärt der Sozialethiker Klaus Gabriel. „Dann wird
klar, dass der Papst eine Wirtschaft
ablehnt, die auf Ausgrenzung und
Marginalisierung großer Teile der Bevölkerung beruht.“ Dadurch wird die
Würde des Menschen verletzt und
aus Sicht der katholischen Soziallehre darf genau das nicht passieren.
„Der Mensch ist nicht nur Arbeitskraft, nicht nur Konsument, sondern
er besitzt als Ebenbild Gottes eine
unantastbare Würde.“ Folglich hat
die Wirtschaft auch dem Menschen
zu dienen und nicht umgekehrt,
Wirtschaften ist kein Selbstzweck.
Die katholische Soziallehre steht
für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft. Sie entstand Ende des 19.
Jahrhunderts als im Zuge der Industrialisierung ganze Bevölkerungsschichten verarmten. Insbesondere
in den Städten waren Arbeiter und
ihre Familien von Armut, Hunger
und Obdachlosigkeit betroffen. Das
Ausmaß war auch für die katholische
Kirche neu. Papst Leo XIII reagierte
darauf mit der 1891 erschienen Enzyklika „Rerum norarum“. Der Markt
wird heute positiv gesehen, aber er
brauche eine Rückbindung an den
Menschen und klare Regeln, welche
die Gesellschaft zu formulieren hat.
Es wird auch das Leistungsprinzip
bejaht, aber nicht grenzenlos. Klaus
Gabriel: „Es geht um das rechte Maß
und das ist eine Frage der Gerechtigkeit.“ Lassen sich daraus Leitlinien
für Ethik in der Wirtschaft ableiten?
Neben den klassischen Prinzipien
der katholischen Soziallehre – das
Personalitäts-, das Solidaritäts-, das
Subsidiaritäts- und das Gemeinwohlprinzip – wird von manchen katholischen Ethikern auch die Nachhaltigkeit als Prinzip eingefordert. Für
Klaus Gabriel ist das aus dem Solidaritätsprinzip begründbar: „Es geht
um Solidarität mit den Menschen auf
der ganzen Welt und um Solidarität
zwischen den Generationen. Für das
Funktionieren der Gesellschaft muss
die ökologische Frage unbedingt gelöst werden.“
Die katholische Soziallehre versuchte immer, die alte biblische Botschaft
in die Gegenwart zu übertragen. Für
die evangelische Theologin Barbara
Rauchwarter wurde die Bibel zu oft
entschärft. Dabei bietet diese ganz
konkrete Vorschläge, um eine Verelendung der Massen zu verhindern:
Nach 7 mal 7 Jahren sollen die ursprünglichen Besitzverhältnisse an
Grund und Boden wiederhergestellt
werden. Für Rauchwarter wurde das
Wirtschaftsrecht des Alten Testaments von den Christen nie wirklich
wahrgenommen. Dabei habe Jesus
dieses Gesetz als Toralehrer in seinen Gleichnissen deutlich ausgelegt.
In der Bergpredigt sagt er: „Ihr könnt
nicht Gott dienen und dem Mammon
(= dem Geldsystem)“. Auch in der Zeit
Jesu waren die Besitzverhältnisse
ungerecht, eines der Hauptprobleme war die Verschuldung. Die biblischen Texte machen klar, dass Gerechtigkeit eine Umverteilung von
Privilegien erfordert, denn es gäbe
„genug für alle“. Verknappung, eines
der urkapitalistischen Prinzipien,
verstößt für Rauchwarter massiv
gegen die Bibel. Unverhältnismäßigkeit führe oft zur Armut.
Sind diese Ansätze nicht zu radikal?
Für Rauchwarter wäre ein wichtiger
Schritt, wenn sich ManagerInnen
und PolitikerInnen wirklich informieren und nicht ungläubig den
Kopf schütteln, wenn sie einen Bericht der Armutskonferenz lesen.
Wenn sich mehr Unternehmen verpflichten, die Differenz zwischen
den geringsten und den höchsten
Gehältern nach einem transparenten
Modus zu gestalten und wenn kluges
Maßhalten wieder als Tugend gilt.
Wie schwierig es ist, biblische Gebote in der Realität umzusetzen, zeigt
das Zinsverbot. Der Zins ist aus Sicht
der Bibel abzulehnen. In der Zeit
des Frühkapitalismus delegierte die
Kirche daher das Zins- und Bankwesen an die Juden. Die biblische
Begründung: „Du darfst von deinem
Bruder keine Zinsen nehmen“ wurde
so ausgelegt: „Die Juden sind nicht
unsere Brüder. Also sollen sie dieses
Geschäft übernehmen“.
Wie interpretiert das heutige Judentum die Bibel? Keine leichte Frage,
denn es gibt viele jüdische Richtungen und Gemeinden. Der Rabbiner
der jüdisch-liberalen Gemeinde in
Wien, Dr. Walter Rothschild, sieht
Wirtschaftsethik als sehr wichtigen Teil der Bibel: „Im Buch Leviticus heißt es: ‚Gerechtigkeit sollst
Du suchen‘ oder ‚Du sollst den Lohn
pünktlich bezahlen‘. Ganz konkrete
Anweisungen zum Wirtschaftsleben enthält der Talmud, die zweite
wichtige jüdische Quelle: ‚Man soll
in kein Geschäft gehen, wenn man
nicht die ehrliche Absicht hat, ein
Produkt zu kaufen‘. Auch jemanden
mit einem falschem Versprechen zu
locken, wird abgelehnt.“
BUSINESSART 04/14 | 17
KLAUS GABRIEL, SOZIALETHIKER
ES GEHT UM SOLIDARITÄT
MIT DEN MENSCHEN AUF DER
GANZEN WELT UND UM
SOLIDARITÄT ZWISCHEN DEN
GENERATIONEN.
letzte Hemd zu nehmen.“ Wichtig ist
für ihn das Grundverständnis: „Wir
sind Pächter, wir sind nicht Eigentümer. Und wenn man nur Pächter
ist, muss man besonders gut auf das
anvertraute Gut achten.“
Dieser Gedanke verbindet das Judentum mit dem Islam. „Auch im Islam
ist Gott der eigentliche Besitzer von
allem und der Mensch ein Verwalter von Gottes Gaben. Das bedeutet
aber nicht, dass Eigentum abgelehnt
wird“, sagt Dr. Mohamed Bassam
Kabbani, der akademische Leiter des
Privaten Hochschullehrgangs für
Islamische Religionspädagogische
Weiterbildung in Wien: „Eigentum
ist gut, wenn es korrekt erworben
wird. Das ist dann der Fall, wenn die
Umwelt nicht geschädigt wird und
wenn niemand ausgebeutet wird.
Darüber hinaus gibt es ein klares
Verbot für Geschäfte mit Alkohol, Tabak (nicht bei allen Rechtschulen),
18 | BUSINESSART 04/14
Schweinefleisch, Glücksspiel und
Pornographie – diese sind im Islam
nicht erlaubt.“
Die Grundlage für ethisches Wirtschaften ist im Islam Gerechtigkeit.
Hier beruft man sich auf den Koran,
die heilige Schrift der Muslime. Gerechtigkeit bedeutet, dass es in der
Gesellschaft keine unüberbrückbare Kluft zwischen Arm und Reich
geben soll. In einer prophetischen
Überlieferung heißt es: „Jener hat
nicht an mich geglaubt, der schlief,
während sein Nachbar neben ihm
hungerte“. Es soll immer ein Gleichgewicht innerhalb der Gesellschaft
geben. Deshalb sind Muslime verpflichtet, den so genannten Zakat zu
bezahlen. Dabei handelt es sich um
Spenden, die für Hilfsprojekte oder
auch innerhalb der Großfamilie gegeben werden.
Gibt es im Islam auch Richtlinien für
ethisch korrektes Handeln von Unternehmen? Herr Kabbani wird sehr
konkret: „Neben der angemessenen
Bezahlung ist auch ein respektvoller
Umgang mit den Angestellten sehr
wichtig. Es geht darum, die Würde
des Menschen nicht zu verletzen.“
Arbeit wird im Islam sehr hochgeschätzt. „Der Mensch soll durch Fleiß
und Anstrengung seinen Lebensunterhalt verdienen. Nicht indem er
von den Zinsen auf der Bank lebt.“
Wie in der Bibel, gibt es auch im Koran ein Zinsverbot. „Der Sinn davon
ist, dass das Geld in Umlauf bleibt.
Geldhorten ist nicht im Sinne des
Islam.“ Geld in Aktien zu investieren ist aus seiner Sicht allerdings
richtig, weil dadurch Geld im Umlauf
bleibt, Arbeitsplätze werden geschaffen. Ablehnend steht Herr Kabbani
Rohstoff-Spekulationen gegenüber,
durch die Menschen in den Entwicklungsländern zu Schaden kommen.
Klar ist: Das Wohl der Allgemeinheit,
darf nicht durch die Maßlosigkeit
Einzelner zerstört werden.
Der Begründer des Islam, der Prophet
Mohammed, lebte im 6. bzw. 7. Jahrhundert nach Christus ursprünglich
als Kaufmann. Er machte ganz konkrete Erfahrungen im Wirtschaftsleben – auch wenn damals vieles
anders war als heute. Etwa 1000
Jahre früher lebte Siddhartha Gaut-
ama, besser bekannt als Buddha. In
seiner Zeit, waren viele Probleme
der heutigen Wirtschaftswelt vollkommen unbekannt. „Aber Buddha
entwickelte fünf generelle ethische
Prinzipien, die man auch auf das
heutige Wirtschaftsleben anwenden
kann“, erklärt Gerhard Weissgrab,
Präsident der österreichischen buddhistischen
Religionsgesellschaft.
Der Buddhismus hat keine Gebotsethik, sondern eine Einsichtsethik.
Er versteht sich als Erfahrungs- und
Erkenntnisreligion. Das bedeutet
aber keine Beliebigkeit, sondern:
Wenn ich das Richtige erkenne, ist
klar, dass ich danach handle. Ich bemühe mich recht zu handeln, weil
die Konsequenzen meines Handelns
auch wieder auf mich zurückfallen.
Weissgrab: „Wenn es etwa heißt: Ich
übe mich darin, keine fühlenden Wesen zu töten oder zu verletzten. Oder:
Ich übe mich darin, nicht Gegebenes
nicht zu nehmen. Das sind ganz klare Richtlinien für Gewaltlosigkeit
und Mitgefühl.“ Als Beispiel nennt
er unseren Umgang mit Tieren: „In
der industriellen Fleischproduktion
passiert viel Leid. Es wäre schon ein
erster großer Schritt, wenn durch
artgerechte Tierhaltung weniger
Qual entstünde.“
In Buddhas Lehre gibt es drei große
Gifte: Gier, Hass und Verblendung.
Weissgrab: „Alle drei sind in den
Auswüchsen unseres Systems zu
beobachten. Das derzeitige Wirtschaftssystem beruht auf ständigem
Wachstum. Das gibt es in der Natur
nirgends. Grenzenloses Wachstum,
z. B. von Zellen heißt dort Krebs.“ Für
ihn als Buddhisten ist auch das panische Krisengerede seit 2008 unverständlich: „Die Veränderlichkeit
von allem ist ein Grundprinzip der
buddhistischen Lehre. Auf und ab gehört zum Kreislauf des Lebens!“ Wie
kann man Gewaltfreiheit und Mitgefühl umsetzen, wenn man in der
Wirtschaft tätig ist? Achtsamkeit sei
da ein erster Schritt: „Ein Bremsen
des heutigen Tempos wäre wohl der
Anfang.“
BUCHTIPP:
Barbara Rauchwarter „Genug für alle"
Wieser Verlag, Klagenfurt
Werte schaffen.
Eine Gesellschaft ist stärker, wenn
man jedem die gleiche Chance gibt.
Unabhängig von Geschlecht, Religion oder sozialem Hintergrund, bei
Raiffeisen gilt eine Unternehmenskultur der gleichen Chancen – und das für
alle. Dabei verbinden wir kulturelle Vielfalt mit lokaler Tradition, fördern aktiv die
internationale Vernetzung und schaffen so eine einzigartige Gemeinschaft in
mehr als 20 Ländern Europas. www.rzb.at
3/28/2014 8:07:12 AM
ETHIK IN DER FINANZWELT
Interview mit Richard Lernbass,
Geschäftsführer von software-systems.at
Kann ich mit meinem Geld zu einer
besseren Welt beitragen?
Ja, das ist heute sehr gut möglich, weil
Finanzprodukte in der ganzen Tiefe durchleuchtet werden und Investments entsprechend ausgerichtet werden können.
Wie können die Kunden Einfluss
nehmen?
Private Kunden zeichnen üblicherweise
einzelne Finanzprodukte. Die Kunden-
betreuer der Banken stehen vor der
Herausforderung, ein ausreichend diversifiziertes, erfolgreiches Finanzprodukt
anzubieten, das auch den Wertvorstellungen der Kunden entspricht. Viele
Kapitalanlegegesellschaften bemühen
sich darum, trotzdem braucht es noch
mehr Angebot. Im Bereich des Private
Banking, Family Office und im institutionellen Bereich steht das gesamte
Portfolio im Mittelpunkt und nicht das
einzelne Finanzprodukt. Hier können
Investoren Unternehmen stark beeinflussen.
Gibt es dazu schon messbare
Resultate?
Ja, immer mehr Unternehmen aus allen
Branchen setzen sich auch mit ihren
negativen Randerscheinungen auseinander und ändern ihre Prozesse,
weil der Druck der Investoren immer
größer wird.
Mit FER und EDA haben Sie ein
Instrumentarium für nachhaltige
Investoren entwickelt. Wie unterstützt
es Ihre KundInnen?
Vielfach wird bei Investments nur Performance & Risiko berücksichtigt, ohne
zu beachten, wie die Performance zustande kommt. Unsere Abteilung Finance
& Ethic Research (FER) beurteilt neben
den wirtschaftlichen auch Umwelt- und
soziale Aspekte. Sie fließen dann in die
Kennzahl EDA (Ethisch-dynamischer
Anteil) ein, nach der ein Investment nach
den individuellen Werten und Präferenzen der Anleger, wie etwa Tierschutz
oder Gentechnik beurteilt werden kann.
Für unsere Kultur haben wir einen
Österreich-Standard entwickelt, der
positive Kriterien wie Einsatz erneuerbarer Energien, Umweltschutz und
Ausschlusskriterien wie Atomstrom,
Rüstung oder Menschenrechtsverletzungen enthält.
Entgeltliche Einschaltung
Aber prinzipiell sieht die jüdische
Tradition das Wirtschaftsleben positiv, oder? „Ja“, meint Rothschild,
„man soll gut verdienen, Armut
ist kein Gebot Gottes. Aber jeder ist
verpflichtet Tzedaka, also Spenden
für wohltätige Zwecke zu geben – je
reicher man ist, desto mehr soll man
geben.“ Die Gemeinschaft darf nicht
außer Acht gelassen werden. Wie
interpretiert er das Zinsverbot? Rabbiner Rothschild weist auf das Dilemma zwischen Theorie und Praxis
hin. Der Grundgedanke ist für ihn:
„Es soll keine Wucherei geben. Es
ist nicht in Ordnung, jemandem das
Methode 1
IN
SCHRITTEN ZUM
STRATEGISCHEN
SPONSORING
ERFOLG UND NUTZEN DURCH KOOPERATION
GÜNTER GOLDHAHN
ERSTER SCHRITT
VIERTER SCHRITT
UNTERNEHMENSSTRATEGIE RECHERCHE UND IDENTIDas Unternehmen beschäftigt sich dabei mit strate- FIKATION DER PARTNER
gischen Fragen:
–
–
–
Wonach streben wir? Was ist unsere Vision?
Welche Herausforderungen kommen auf uns zu?
Wie wollen wir unsere Stakeholder einbeziehen, wo werden Partnerschaften für unsere Zukunftsfähigkeit hilfreich sein?
ZWEITER SCHRITT
ANALYSE DES
KERNGESCHÄFTS
Steuerung braucht einen Orientierungspunkt. Dazu wird
der Ist-Zustand, das Kerngeschäft der Organisation
analysiert. Fragen zur Mission und dem Nutzen der
Organisation begleiten uns dabei:
–
–
–
Wer sind wir, welchen Nutzen stiften wir
und bei wem?
Was ist unser Aufgabe?
Welche Produkte, Dienstleistungen erstellen wir?
DRITTER SCHRITT
WERTE UND
WERTEENTWICKLUNG
Nachhaltigkeit und verantwortungsvolles Unternehmertum sichert die
Zukunftsfähigkeit von Unternehmen,
bindet die relevanten Stakeholder
mit ein und stiftet Nutzen im Bereich
Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft.
Viele Unternehmen investieren vor
allem in Rohstoffeinsparung, Prozessoptimierung oder dem Wissensaufbau bei ihren Mitarbeitern. Diese Maßnahmen sind mit einfachen
Kennzahlen leicht zu berechnen.
Schwieriger wird es bei der Betrachtung gesellschaftlichen Engagements einer Organisation. Die Wirkungen sind oft nicht direkt messbar bzw. fehlen die notwendigen
20 | BUSINESSART 04/14
Indikatoren. Es wird zu wenig auf
Messbarkeit und Nutzen für das Unternehmen geachtet, als durch „Gutes
zu tun“ vielleicht das Image zu verbessern. Oft wird aus der Unterstützung ein gefühltes „verlorenes Investment“. Eine gesunde soziale Wohlstandsentwicklung gelingt durch
Kooperation und gemeinsame Verantwortung, so entsteht Nutzen auf
beiden Seiten – dem Sponsor und
dem Gesponserten. Also weg vom
Geber-Empfänger-Modell, hin zum
Modell der Kooperation, d. h. gemeinsame Strategie, Verantwortung, Ziele
und Nutzen. Folgendes Modell kann
dazu eine Hilfestellung bieten.
Sind Sie ein kleines regional tätiges Unternehmen und
wollen das auch weiterhin sein, dann ist die Identifikation der Partner meist regional sinnvoll. In anderen
Fällen ist ein großflächiges Suchen zweckmäßiger. Oft
kann ein Kenner der sozialen Einrichtungen oder Berater
helfen, einen Partner zu finden, mit dem eine Win-WinWin-Situation, also Gewinn und Nutzen für das Unternehmen, den Partner und die Gesellschaft erreicht werden kann.
Verantwortungsvolle Unternehmenssteuerung wird von
Werten getragen. Besonders gesellschaftliche Veränderungen und Megatrends wie Generationenmanagement,
Diversität, neue Arbeitszeitmodelle, technologische Entwicklung, Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Klimawandel,
Ressourcenverknappung usw. verändern die Werte der
Gesellschaft und somit die Werte der Wirtschaft. Welche
Werte fließen in unsere Vision und Mission, also ins
Unternehmensleitbild, ein?
–
–
–
Welche Werte leben wir und welche unsere Partner?
Sind diese Werte auch in der Zukunft wichtig?
Welche Werte müssen wir (gemeinsam) entwickeln, um in Zukunft zu bestehen?
– Wohin wollen wir? In welchen neuen Märkten,
welchen Ländern wollen wir aktiv werden?
– Welche NPO/NGO gibt es und wer sind deren Klienten?
– Welche dieser Organisationen lebt und zeigt ähnliche Werte wie wir?
– Ist diese Organisation an Partnerschaften
interessiert?
– Kann diese Organisation unsere Strategie mittragen, mitentwickeln?
FÜNFTER SCHRITT
PARTNERSCHAFTSVERTRAG
Die Zusammenarbeit muss vereinbart werden. Damit
wird für alle klar kommuniziert, dass es sich nicht um
eine Spende handelt, sondern ein gemeinsames Arbeiten
zum Nutzen aller Beteiligten ist.
– Wie sieht unsere gemeinsame Zielrichtung, unsere Strategie aus?
– Welche Bedingungen, welchen Rahmen braucht
unsere Partnerschaft?
– Welche Indikatoren für das Controlling brauchen wir, welche Kennzahlen?
– Wie sind Rollen und Aufgaben zu verteilen?
–Was passiert, wenn etwas passiert?
TIPP: SPENDENGUIDE FÜR UNTERNEHMEN
Der Guide des Fundraising Verbandes Austria informiert über
gemeinnützige Anliegen und Projekte von 50 gemeinnützigen
Organisationen. www.wirtschaft-hilft.at
BUSINESSART 04/14 | 21
DIE ETHIC MAP
GLAUBWÜRDIGKEITS-SPIEGEL
UND ROADMAP
SIEBENTER SCHRITT
ERFOLGSKONTROLLE
Für die Erfolgskontrolle einer strategischen Partnerschaft
im gesellschaftlichen Bereich der CSR bietet sich die so
genannte IOOI-Methode der Bertelsmannstiftung an.
Dabei steht für I – Input, also die eingesetzten Ressourcen,
O – Output, die Aktivitäten und Leistungen, die erbracht
werden, O – Outcome, das unmittelbare Ergebnis des Engagements und I – Impact, die Veränderung, die in der
Gesellschaft durch dieses Engagement eintritt.
Ing. Günter Goldhahn, DSA
Inhaber der G-GROUP Unternehmensund Prozessberatung. Technische
Ausbildung im Ingenieurwesen und
Diplomstudium für soziale Arbeit.
Systemischer Organisationsentwickler
und Assessor Unternehmensqualität
EFQM EN ISO17024. Goldhahn ist
akkreditierter CSR-Experte und
Landessprecher der CSR-ExpertsGroup
Niederösterreich, Entwickler eines
Nachhaltigkeits Quick-Checks in Zusammenarbeit mit der FH Wieselburg, Aufbau sowie Verwaltung eines
Gemeinwohlfonds für strategisches Sponsoring. www.g-group.at
22 | BUSINESSART 04/14
Ein Baustofferzeuger stellt Produkte zur Verfügung – sie
sind der Input. Der Output ist die Aktivität der NGO – in
diesem Fall ein gemeinnütziger Verein, der Unterkünfte baut und saniert. Der Outcome, das Ergebnis beim
Kunden der NGO – das sind Menschen, die sich keine
Wohnung leisten können – bekommen eine Unterkunft.
Der Impact wäre, dass Menschen, nun wieder einen festen Wohnsitz haben, auf Arbeitssuche gehen können,
durch eine feste Behausung weniger krank werden,
nicht mehr auf der Straße leben müssen, es einfach weniger Obdachlose mit all den sozialen Auswirkungen
und Folgen für die Gesellschaft gibt. Möglicherweise
ist die NGO sogar ein Beschäftigungsprojekt, wo Menschen ohne Wohnsitz und Arbeit sich ihre Unterkunft
selbst bauen oder sanieren können und so einen Beruf
erlernen, oder eine Höherqualifizierung erfahren, die es
ihnen am Arbeitsmarkt leichter macht, eine Beschäftigung zu finden. Ein enormer Impact, der hier generiert
werden könnte – der leider allzu oft dem sponsernden
Unternehmen gar nicht im vollen Umfang bewusst und
somit auch nicht verwertet wird.
7 SCHRITTE ZUR ETHIK-LANDKARTE
1.
Ethik-Analyse
der Branche
2.
Ethik-Analyse des
Unternehmens
Ein zentraler Schlüssel zur Verbesserung der Glaubwürdigkeit und der
Reputation von Unternehmen ist die
angewandte Business Ethik. Diese
erfordert einen systematischen Reflexionsprozess auf allen Ebenen.
1. ETHIK-ANALYSE DER BRANCHE
Auf Seiten des Unternehmens werden folgende Nutzenfaktoren sichtbar: Das Unternehmen erreicht mit seinen Baustoffen einen neuen Markt und baut dort Image
auf. Mit den gebauten Wohnungen kann die Verarbeitung und Qualität präsentiert werden, eventuell Prüfzertifikate und Zulassungen erworben werden (hier
kann die Aufgabe der NGO sein mitzuhelfen, Kontakte herzustellen etc. – siehe Partnervertrag). Durch die
Unterstützung der NGO werden öffentliche Interessen
befriedigt (z.B. weniger Obdachlose, mehr Menschen in
Beschäftigung) – das verhilft zu Kontakten zu Regierungsorganisationen, was wiederum hilft, die Handelsbeziehungen auszubauen usw. All diese Überlegungen
sollten in der Planung zu einer strategischen Partnerschaft einfließen und mit Kennzahlen versehen
werden, damit Steuerung möglich wird. So gestalten
verantwortungsvolle engagierte Unternehmen die Gesellschaft und somit ihre Märkte mit und sichern obendrein ein gesundes soziales Gefüge zum Nutzen aller.
Es kommt zur Win- (für das Unternehmen), Win- (für
die gemeinnützige Organisation), Win-Situation (für
die Gesellschaft).
Im ersten Schritt wird das Branchenumfeld nach ethischen Kriterien und
Problembereichen analysiert. Diese
werden mit den vorhandenen CSRMaßnahmen und deren strategischer
Ausrichtung bzw. Qualität verglichen.
Ergebnis ist eine Branchen-Map, die
dem Unternehmen interessante strategische Nischen eröffnet.
Grafik: LIGA: graphic design
– Was wollen wir gemeinsam umsetzen, was
erreichen?
– Was brauchen wir, wer stellt welche Ressourcen?
– Wie setzen wir die geplanten Maßnahmen um?
– Wer übernimmt welche Aufgaben und Rollen im Projekt?
– Wie gehen wir mit kritischen Situationen um,
welche kritischen Wege gibt es?
– Wie feiern wir unseren Erfolg?
BEISPIEL:
Foto: Philipp Naderer
Planung und Umsetzung gemeinsamer nutzenbringender Maßnahmen in Projektform. In diesem Schritt
begleiten die üblichen Fragen und Anforderungen des
Projektmanagements, u. a.:
Welchen Stellenwert haben Ethik und Verantwortung im Unternehmen? Wie glaubwürdig ist die CSR-Strategie – und die CSR-Kommunikation? Die Ethic Map des Center
for Responsible Management zeigt, wo das Unternehmen steht und gibt eine klare
Richtung für die Zukunft vor. GABRIELE FABER-WIENER, BARBARA COUDENHOVE
Foto: Ing. Günther Goldhahn
SECHSTER SCHRITT
PROJEKTMANAGEMENT
Methode 2
2. ETHIK-ANALYSE DES
UNTERNEHMENS
Dann folgt eine kritische Analyse
der Aktivitäten des Unternehmens
in Bezug auf Ethik und zentrale Werte. Ethische Dilemmata werden identifiziert, die Kommunikation wird
durchleuchtet und so der Grad der
Glaubwürdigkeit festgelegt. Die Ergebnisse beruhen auf objektiven und
nachvollziehbaren, wissenschaftlich
anerkannten Kriterien.
3.
GlaubwürdigkeitsAnalyse inkl. Greenwashing-Check
4.
StakeholderBefragung
3. GLAUBWÜRDIGKEITS-ANALYSE
Der dritte Schritt ist eine umfangreiche Recherche sowie Sekundäranalyse des Außenbildes (Online-Recherche,
Pressespiegel, Werbung/Außenauftritt,
Positiv-/Negativreaktionen etc.). Dies
wird ergänzt mit der Untersuchung
nach den Parametern der verschiedenen Greenwashing-Indikatoren sowie
der Basis-Indikatoren für Glaubwürdigkeit und Vertrauen.
4. STAKEHOLDER-BEFRAGUNG
In Form von qualitativen Interviews
wird das erhobene Bild vervollständigt bzw. hinterfragt und ergänzt. Die
Auswahl der Stakeholder erfolgt qualitativ. Insbesondere kritische Stakeholder werden eingeladen, offen ihre
Meinung zu sagen.
5. IDENTIFIKATION DER ZENTRALEN
HERAUSFORDERUNGEN
Erstes Ergebnis ist eine Auflistung
der verschiedenen Schlüsselfragen
und Dilemmata, vor denen das Unternehmen steht.
6. SZENARIEN FÜR DIE LÖSUNG
Im finalen Schritt der Analyse werden darauf aufbauende Szenarien er-
5.
Identifikation
der zentralen
Herausforderungen
6.
Szenarien für
die Lösung
7.
Vergleich mit
Innensicht,
Erstellung Roadmap
stellt und deren Konsequenzen skizziert. Mögliche Handlungsstränge
und Lösungsansätze werden erarbeitet und analysiert, was auf welcher
Ebene angegangen werden soll – als
Unternehmen, auf Branchen-Ebene
oder gemeinsam mit der Zivilgesellschaft oder Politik.
7. ETHIC MAP
In einem Workshop werden alle Ergebnisse dem Unternehmen zurückgespiegelt – unter gezielter Einbindung der Innensicht. Den Output
bildet die Ethic Map des Unternehmens: eine Roadmap mit konkreten
Zielen, Inhalten und Zeitvorgaben.
Gabriele FaberWiener und Barbara
Coudenhove
Gabriele Faber-Wiener und Barbara Coudenhove
haben 2011 das Center for Responsible Management in Wien gegründet und bieten Wissen und
Beratung in angewandter Unternehmensethik.
Die Bandbreite reicht von Ethik- und Wertemanagement-Prozessen über Dilemma-Management bis zu ethisch korrektem Stakeholder
Engagement und Responsible Communication
inklusive Ethical Reporting.
Beide verfügen über Studien der Business Ethik
und Responsible Management sowie langjährige
Management- und Kommunikationserfahrung
und lehren und publizieren an Universitäten im
In- und Ausland.
www.responsible-management.at
BUSINESSART 04/14 | 23
CSR-Erfolge
BELLAFLORA
GARTENCENTER GMBH
MAG. ALOIS WICHTL, GESCHÄFTSFÜHRER
MAG. ISABELLA HOLLERER, NACHHALTIGE ENTWICKLUNG
Nach der Auslistung aller chemisch-synthetischen
Pflanzenschutzmittel 2013 wurden 2014 die chemischsynthetischen Düngemittel aus den Regalen verbannt und
zu 100 % durch natürliche, biologische Produkte ersetzt.
2014 beginnt der Ausstieg aus dem Handel mit Torferden.
WICHTL: Wir hatten damals großes Bauchweh! Wir hatten
BUSINESSART: Gratulation – Sie sind zum zweiten Mal
Nachhaltige Gestalter des Jahres. Das gab es bisher
noch nie. Wie hat diese Reise begonnen?
BUSINESSART: Wie schwierig war es, die neuen
Produkte überhaupt zu bekommen?
WICHTL: Wir
haben uns gefragt, wo die Firma in Zukunft
stehen soll und eine rege Debatte geführt, wie wir unseren
Namen „die grüne Nummer eins“ stärken können. Wir hatten bis dahin viel getan – zum Beispiel gibt es seit 2004
eine eigene Biolinie – aber nicht fokussiert und koordiniert. Dazu kommt, dass unsere Eigentümerin KR Hilde
Umdasch großen Wert auf Umwelt, Mensch und Natur legt.
Sie unterstützt nicht nur – sie gab auch den Anstoß für
eine verstärkte grüne Positionierung. Zu Beginn war uns
nicht bewusst, wohin die Reise geht bzw. vor allem nicht,
wie viele Facetten mitspielen und wie umfangreich das
Thema ist. Wir haben vor ein paar Monaten den Sprung
geschafft, dass alles was in der Firma passiert aus der Perspektive „Nachhaltigkeit“ betrachtet wird. Nachhaltigkeit
ist kein Thema mehr, sondern eine Grundhaltung geworden.
HOLLERER: Deutlich wird das auch durch die Verzahnung
der Nachhaltigkeitsstrategie mit der Unternehmensstrategie. Heuer haben wir erstmals eine Symbiose geschaffen – es gibt nur mehr ein Papier. Die wesentlichen
Punkte der GRI finden sich darin.
NACHHAL
TIGE GESTAL
TER INNEN
2014
ROSWITHA M. REISINGER, CHRISTIAN BRANDSTÄTTER
WICHTL: Wesentliche
Auslöser waren die negativen Auswirkungen, die Glyphosate auf Mensch und Umwelt haben. Die Pestizide sind allgegenwärtig – sie beherrschen
uns bereits. Aus einer heftigen Debatte mit unserer Eigentümerin ist ein riesiger Schwung für eine nachhaltige
Entwicklung entstanden. Es war nur noch die Frage, ob
wir den Ausstieg schleichend machen, also ein Produkt
nach dem anderen, oder alles sofort umstellen. Wir haben
uns für Letzteres entschieden.
Foto: Bellaflora/Weissinger
Bereits zum sechsten Mal haben wir im Herbst 2014 zur Wahl der Nachhaltigen
GestalterInnen geladen. Neben den GestalterInnen haben wir dieses Jahr
auch nach neuen Regelungen und Rahmenbedingungen gefragt, die Unternehmen
nachhaltiges Wirtschaften leichter machen.
BUSINESSART: Warum haben Sie die chemischsynthetischen Pestizide als Erstes ausgelistet?
BUSINESSART: War das nicht ein großes Risiko?
HOLLERER: Ja,
wir haben 52 Produkte ausgelistet, darunter
einige Bestseller, wie round up. Aber hätten wir damals
diese Entscheidung nicht so getroffen, würde uns der
Mut, den wir heute haben, fehlen.
zwar die Rückendeckung der Eigentümerin, wir haben
das Risiko kalkuliert und sind es aktiv eingegangen. Die
Firma wäre bei einem Absturz nicht zugrunde gegangen,
aber es hätte sich ausgewirkt.
1
WICHTL: Das war eine erfreuliche Überraschung: Wenn
man fragt, bekommt man Antworten. Es gab ja bereits
Produkte. Firmen, die bis dahin nichts anbieten konnten, haben mit unserer Nachfrage und etwas Zeit neue
Produkte entwickelt. Unsere Lieferanten sind im Wesentlichen die gleichen geblieben, einige kleinere, spezialisierte sind hinzugekommen. Geholfen hat, dass bellaflora einen guten Namen in der Branche hat, und immer
Leitfunktion übernommen hat.
HOLLERER: Die Umstellung hat darüber hinaus ein vollkommen neues Feld eröffnet, das es in dieser Form, in
dieser Menge, Vielfalt und Kontinuität noch nicht gegeben hat: das Angebot von Pflanzenstärkungs- und Pflanzenhilfsmitteln, auch homöopathischer Mittel. Das wird
toll angenommen.
BUSINESSART: Veränderung bedeutet immer Verunsicherung. Wie haben Sie Ihre MitarbeiterInnen für den
Weg gewonnen?
WICHTL: Die größte Sorge unserer MitarbeiterInnen
galt unseren KundInnen. Wie argumentieren wir, dass
wir diesen Weg gehen? Wie funktionieren die neuen
Produkte? Bevor wir unser Produktangebot umgestellt
haben, haben wir sie in unseren Märkten selbst angewendet. Da haben die MitarbeiterInnen gemerkt, dass es
funktioniert.
HOLLERER: Dazu kamen natürlich Schulungen zur Philosophie und den neuen Produkten.
BUSINESSART: Ist die Eigenanwendung im Markt nicht
eine große Herausforderung?
Wir fangen ja nicht an, wenn der Schädling
da ist, wir stärken unsere Pflanzen von Beginn an, mit
effektiven Mikroorganismen, mit homöopathischen
Mitteln, Schachtelhalmextrakt etc. Dadurch sind die
Pflanzen kräftiger, stärker und schauen besser aus. Erst
wenn wirklich ein Schädling auftritt, setzen wir ein
Mittel ein – und das wirkt dann natürlich auch. Das
begeistert die MitarbeiterInnen.
HOLLERER:
BUSINESSART 04/14 | 25
WICHTL: Wir haben jedes Jahr eine
Fülle von Veranstaltungen mit unseren Stammkunden. Bei einer Abendveranstaltung habe ich erzählt, was
wir vorhaben und die Leute haben
spontan applaudiert. Das war sehr
beeindruckend. Da war klar, unsere
Kunden verstehen unseren Weg.
HOLLERER: Wir haben unzählige
berührende Briefe und Mails bekommen. In diesen Momenten spürt
man, dass in der Gesellschaft ein
Umdenken stattfindet.
Alois Wichtl und
Isabella Hollerer
BUSINESSART: Wie hat sich Ihr Weg wirtschaftlich ausgewirkt?
Es war ein großer Erfolg. Wir konnten 17,9 %
Umsatzsteigerung im Bereich Pflanzenschutzmittel verzeichnen. Wir hatten eigentlich gerechnet, dass wir die
ersten beiden Jahre Umsatzeinbußen haben werden.
Genau das Gegenteil ist passiert. Ich bin überzeugt, dass
wir auch Kunden in diesem Bereich verloren haben. Aber
offensichtlich haben wir mehr neue gewonnen.
HOLLERER: Das schöne ist, dass wir Kunden gewonnen
haben, die sich für Nachhaltigkeit interessieren.
WICHTL: Es ist eigentlich ein Klassiker: Wenn du merkst,
dass du mit deinen Schritten wirklich etwas bewegen
kannst, macht das Mut, in vielen anderen Dingen neue
Wege zu gehen. Da muss ich nicht mehr über Nachhaltigkeit nachdenken, sie passiert und funktioniert.
HOLLERER: Genau dadurch unterscheiden wir uns auch
von anderen Unternehmen. Wir wollen etwas verändern
und sind selbst die Veränderung, indem wir im Kerngeschäft ansetzen.
WICHTL: Fakt ist, dass wir lernen und gespannt zusehen,
wie wir uns verändern. Das geht rasch. Man merkt gar
nicht mehr, dass man sich verändert hat. Es fällt erst auf,
wenn man reflektiert.
WICHTL:
BUSINESSART: Heuer haben Sie die nächsten Schritte
eingeleitet: Dünger und torffreie Erde.
Diese beiden Schritte sind schon deutlich
komplizierter. Bei Pflanzenschutzmitteln wirkt meist
ein einzelner Stoff. Das heißt, ich kann – etwas vereinfacht gesagt – ein Produkt durch das andere
ersetzen. Dünger wirken über ein Zusammenspiel
von verschiedensten Bestandteilen. Es ist viel kompli-
HOLLERER:
26 | BUSINESSART 04/14
2
ISS MICH!
TOBIAS JUDMAIER, MSC
DIIN. SABINE SCHELLANDER
PAUL STRELI
iss mich! verkocht Lebensmittel, die aufgrund ihrer Form,
Größe oder ästhetischer Mängel nicht handelstauglich
sind. Der Großteil der Speisen ist vegetarisch, saisonal,
regional und bio, wird im wieder verwendbaren Glas
serviert und per Fahrradboten geliefert. iss mich!
beschäftigt junge Frauen, die erschwerten Zugang zum
Arbeitsmarkt haben.
BUSINESSART: Haben Sie eine Exit-Strategie überlegt?
Tobias Judmaier, Coach und Mediator, Sabine Schellander, Kommunikationsberaterin und Eventmanagerin,
und Paul Streli, Tontechniker und DJ, eint die Lust am
guten Essen und vor allem eine Vision: Lebensmittel,
die durch ihre Form nicht in den Handel dürfen, sollen
dennoch hochwertig verwendet werden. Judmaier ist
Koch der Kochshow wastecooking, die seit Jahren auf
das Thema Lebensmittelverschwendung aufmerksam
macht. Bei Dreharbeiten zur Show im Marchfeld, bei der
er das erste Mal mit den ungeheuren Mengen an übriggebliebenen Gemüsen konfrontiert
wurde, kam ihm auch die Idee zu
„iss mich!“. Wie immer, wenn eine
Idee klare Konturen erhält, hilft der
Zufall und bringt die richtigen Menschen zusammen. In diesem Fall waren das Sabine Schellander, die ihr
Kommunikations- und InnovationsKnow-how einbrachte, und Paul Streli,
der mittlerweile das Lokal „Zum
schwarzen Schaf“ aufgemacht hatte.
WICHTL: Ich kann mir den Punkt nicht vorstellen, an
dem wir gesagt hätten, dass wir es lassen. Wir hätten
uns viele zusätzliche Gedanken gemacht und Maßnahmen gesetzt. Das gilt auch für die Erden. Ich bin sicher,
dass das funktionieren wird, obwohl sich die Anwendung ändert. Unsere Kunden werden das mitmachen. Sie
sind informierter als wir geglaubt haben.
BUSINESSART: Im Gespräch gewinnt man den Eindruck,
dass der Prozess Sie auch persönlich verändert hat. Die
CSR-Beauftragte argumentiert wirtschaftlich, der Geschäftsführer ökologisch.
Ja, das ist spannend. Ich habe ein neues Weltbild bekommen. Ich kann nicht sagen, dass mich Umweltthemen vor 10 Jahren so beschäftigt haben. Durch
die Branche, durch die Firma hat sich das stark geändert.
HOLLERER: Ich war sehr nachhaltig orientiert. Jetzt erlebe ich, dass ich auch wirtschaftlich etwas bewegen
kann. Das ist befriedigend und macht mutig.
WICHTL: Das Interessante ist, dass sich Ökologie und Ökonomie verbinden lassen. Wir sind ein gewinnorientiertes
Unternehmern, mit ganz klaren, harten wirtschaftlichen
Vorgaben. Ich kann mich noch gut an den Beginn der
Umweltbewegung vor 20 Jahren erinnern. Da haben
wir sehr bezweifelt, dass das funktionieren kann. Wir
leben in einer Zeit, in der Profit zählt und nicht irgendwelche Spinnereien. Das Tolle ist, dass wir erleben, dass
es funktioniert: Ich kann locker gewinnorientiert sein
und gleichzeitig nachhaltig. Vielleicht ist es sogar umgekehrt. Vielleicht ist es gerade diese Ausrichtung, die mir
als Unternehmen hilft. Das hat sich sicher in den letzten
Jahren geändert.
WICHTL:
Dafür bieten wir Gerichte in Einweckgläsern an, die jederzeit erwärmt werden können.“
Judmaier ist laufend in Kontakt mit der EOM und erstellt auf Basis des vorhandenen Gemüses eine Menüliste, die aus drei Suppen und drei Hauptspeisen (Fleisch,
vegan, glutenfrei) besteht. Die KundInnen bestellen bis
zu einer bestimmten Deadline ihr gewünschtes Menü
für die folgende Woche. „Diese ‚iss mich!’-Deadline ist
notwendig, um auf Punkt produzieren zu können und
nicht selber Lebensmittelabfälle zu generieren“, so Judmaier. Nach Ender der Bestellphase wird das Gemüse
geholt und die fehlenden Zutaten zugekauft. Danach
geht’s ans Schälen und Schnipseln. Drei Frauen aus
dem Mutter-Kind-Haus der Caritas erarbeiten sich so
ein eigenes (Teilzeit-)Einkommen. Danach wird gekocht
und per FahrradbotInnen jeweils Montag und Mittwoch
ausgeliefert.
Wie kreativ muss man sein, um aus doch immer relativ
gleichem Gemüse vielfältige Gerichte zu kochen? Judmaier: „Ich habe lange in Athen gelebt, die mediterrane
Küche bietet eine große Vielfalt mit ihren Gewürzen
und wir sind sehr experimentierfreudig. Einfach, aber
gut – das ist unsere Devise.“ Das kommt offensichtlich
an. Mittlerweile wird auch ein gut gebuchtes Catering
in 100 % Bioqualität angeboten.
Finanziert wurde der Aufbau bisher vom Cashflow und
vom Engagement des Teams. Schellander: „Typisch start
up: Alle machen alles und jeder packt überall mit an.“
Was sind die nächsten Schritte? Schellander: „Wir sind
auf der Suche nach einer Gastroküche und einem Lager.
Dann können wir auch unser Sortiment erweitern und
uns neue Zielgruppen erschließen.“
Tobias Judmaier,
Sabine Schellander,
Paul Streli
Die „iss mich!“-Partner, die EOM, die
Marchfelderzeugungsgesellschaft,
die Gemüse mit Mängeln zur Verfügung stellt, und das Mutter-KindHaus Emanuel der Caritas Wien
kannte Judmaier von seinen vorangegangenen Projekten.
Foto: Stefan Csaky
BUSINESSART: Wie haben Ihre KundInnen auf die neue Positionierung
reagiert? Wie haben Sie sie erreicht?
zierter, diese Rezepturen anzupassen. Torffreie Erde ist
wirklich die große Herausforderung. Torf ist im Prinzip
eines der besten Substrate im Gartenbau: Es speichert
Wasser perfekt, der pH-Wert ist genau einstellbar,
man kann ihn ganz speziell aufdüngen. Das ist zwar
unnatürlich für die Pflanze, aber sehr praktisch.
WICHTL: Vor einem halben Jahr war mir die Dimension dieses Themas nicht bewusst. Torf ist ein riesiger
CO2-Speicher. Nur 3 % der Erdoberfläche sind Moore,
aber 30 % des Kohlenstoffvorkommens auf dem Festland
sind dort gespeichert – und damit mehr als in allen
Wäldern auf der Erde. In Österreich unterliegt der
Abbau ganz strengen Bedingungen, daher importieren wir den Torf aus Deutschland, der Ukraine oder
Russland – wir exportieren das Problem! Auch BioErden können zum Beispiel bis zu 70 % Torf enthalten!
HOLLERER: Das Problem ist, dass man Torf nicht durch
ein einzelnes Substitut ersetzen kann – es bedarf Mischungen. Die Erzeuger basteln gerade an massentauglichen Lösungen, mit Holzfasern, Spelzen von Reis oder
Mais, Mineralien oder Elefantengras. 10 – 15 Produkte
werden gerade getestet. 2015 können wir alle Erden mit
weniger als 50 % Torf anbieten. Das ist ein Riesenschritt.
Fotos: Businessart
WICHTL: Die Schulungen haben zudem einen wunderbaren Nebeneffekt gehabt: Die Konzentration auf
die richtige Kundenansprache hilft
im Verkauf enorm.
Schellander: „Der Lebensrhythmus
der Menschen hat sich geändert.
Essen muss heute jederzeit verfügbar
sein – im Büro, aber auch, wenn man
am Abend müde nach Hause kommt.
BUSINESSART 04/14 | 27
5
MAG. FRANZ STUDENER,
GESCHÄFTSFÜHRER
Der Frosch Citrus Dusche &
Bad-Reiniger wurde als erstes
Produkt der Reinigungsbranche
in Europa mit Cradle to Cradle
CertifiedCM Gold ausgezeichnet.
Das Vertrauen der Kunden ist für Studener die wichtigste Währung. „Seit der Gold-Sticker die Flasche ziert,
verzeichnen wir zweistellige Zuwachsraten.“ Für die Zukunft will man den Recyclinganteil in der Verpackung
erhöhen und in den Frosch-Rezepturen Palmkernöl
schrittweise durch Raps- und Olivenöl aus dritter Pressung ersetzen. „Das ist ein Megaprojekt und wird uns
noch lange beschäftigen. Aber vielleicht ist das in 20
Jahren auch selbstverständlich.“
LANDHOTEL YSPERTAL
DIETHOLD SCHAAR,
EIGENTÜMER & GESCHÄFTSFÜHRER
Schaar belebt mit unglaublicher Energie ein
„verlorenes“ Eck im Waldviertel, mit konsequent
nachhaltigen Konzepten: vom Schaukochen mit
Gemüseraritäten und Biofleisch, über Unternehmerworkshops bis hin zu den Tagen der Zukunft.
25 Jahre lang war Diethold Schaar selbstständiger Medienunternehmer, seit 2010 führt er das Landhotel Yspertal. „Geplant war das so nicht. Vieles, was wir heute
machen, ist das Ergebnis eines spannenden Prozesses“,
erklärt Schaar auf die Frage nach dem Warum. Ihm ist
aufgefallen, dass das Waldviertel ein innovativer Boden
ist, wenn es um Nachhaltigkeit geht. Nicht nur bei den
bekannten Pionierunternehmen, sondern auch bei vielen kleinen Betrieben, die diese Werte und Grundhaltungen leben.
VÖSLAUER
DR. ALFRED HUDLER, VORSTANDSVORSITZENDER
Vöslauer investiert 4,5 Millionen Euro in die Wiedereinführung der 1-Liter-Glasmehrwegflasche. Glasmehrwegflaschen sind wieder befüllbar und ressourcenschonend,
bei entsprechend kurzen Transportwegen werden CO2Emissionen eingespart.
52 Prozent der österreichischen Konsumentinnen und
Konsumenten wünschen laut Umfragen Mehrweg-Glasflaschen, trotzdem haben in den vergangenen Jahren
immer weniger nach diesem Gebinde gegriffen. Grund
ist das höhere Gewicht der Glasflasche im Vergleich
zu PET. Vöslauer hat nach einer praktikablen Lösung
gesucht und sie in der Kombination einer leichteren
Glasflasche und einer teilbaren Kiste gefunden. Die 8x
1 Liter Splitkiste ist mit 14 Kilogramm um 40 Prozent
leichter als herkömmliche 12x 1 Liter-Kisten. Sie lässt
sich einfach in zwei 4x 1 Liter Kisten teilen und ist bequem zu tragen.
Bedenken bei der Wiedereinführung der Glas-Pfandflasche gab es hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit. „Neben
den Investitionskosten in Höhe von 4,5 Millionen Euro
sind auch Produktion und Handling teurer als bei PETFlaschen. Dennoch bieten wir dem Handel die neue
Glasmehrwegflasche zum gleichen Preis wie die PETPfandflasche an“, schildert Dr. Alfred Hudler, Vorstandsvorsitzender Vöslauer die Herausforderung.
Ob die Innovation erfolgreich
sein wird, kann Hudler zum
jetzigen Zeitpunkt noch nicht
sagen. „Die ersten Rückmeldungen sind jedoch positiv.
Wir glauben daran, dass die
Einführung der neuen 1-LiterGlasmehrwegflasche dem Markt
nachhaltig Impulse verleihen
wird.“
3
Fotos: KhFessl; Sonnentor; Austria Glas Recycling/Fotostudio Helmreich; Johannes Felsch
„Als ich als junger Produktmanager bei Erdal begonnen habe, wollten wir lieber ein ökologisches Produkt
verkaufen als eines, das für die Schaumkronen auf den
Flüssen verantwortlich ist“, erzählt Mag. Franz Studener, Geschäftsführer von Erdal. Damals, 1986, galt es, die
schädlichen Inhaltsstoffe aus den Rezepturen zu verbannen. „Dieses Thema ist weitgehend erledigt. Heute
stellt sich die Frage, wie wir in Zukunft mit knapper
werdenden Ressourcen gut wirtschaften können. Auf
der Suche nach neuen Wegen sind wir auf das Prinzip
‚Cradle to Cradle‘ gestoßen.“
‚Cradle to Cradle‘ heißt, dass alle Materialien kreislauffähig sind. Das beginnt bei den Inhaltsstoffen und geht
bis zur Druckerfarbe auf den Etiketten. Hunderte chemische Elemente wurden im Zuge einer sehr aufwendigen
Zertifizierung untersucht: Die Inhaltsstoffe sind weitestgehend pflanzlich, wachsen in Europa und werden im
Naturkreislauf wieder abgebaut, die Flaschen sind zu
80% aus dem Recycling alter PET Flaschen, die Energie stammt zu 100% aus Ökostrom. Studener: „Die größte
Herausforderung war es, die gesamte Lieferkette einzubinden. Und die geht weit über die eigene Produktion
hinaus.“
Fotos: Piel; Voeslauer
3
ERDAL
Begonnen hat er mit Businessseminaren. Im Laufe der
Zeit ist er auf zwei große Themen gestoßen: Veränderung
und Vernetzung. „Wir leben in einem Veränderungsprozess auf allen Ebenen: persönlich, politisch, gesellschaftlich, wirtschaftlich. Alles, was neu ist, verunsichert zunächst einmal. Es braucht Menschen, die sich
darauf einlassen. Mit meinem Haus biete ich ihnen einen Rahmen.“
Gezielt bringt Schaar Menschen zusammen, die in einer
offenen Atmosphäre arbeiten und sich vernetzen können. Bei seinen mehrtägigen „Stammtischen“ erzählen
sie in lockerer Urlaubsatmosphäre, was sie tun und vor
welchen Herausforderungen sie stehen. Bei den „Tagen
der Zukunft“ werden „Best-Practice-Beispiele“ von Start
Up‘s und Social Entrepreneurs vorgestellt und diskutiert. Schaar: „Es geht mir vor allem darum, dass die Gäste Informationen abholen und weitergeben, damit sie
ins Tun kommen.“
Die Speisekarte im Nichtraucherhotel hat er übrigens
letztes Jahr auf biologische, regionale und fair gehandelte Produkte umgestellt. Alte Sorten und Raritäten
liebt er besonders. Gut statt schnell kochen ist sein Beitrag zur Entschleunigung.
6
SONNENTOR
JOHANNES GUTMANN
GRÜNDER &
GESCHÄFTSFÜHRER
Unermüdlich aktiver Unternehmer,
baut das „Sonntor-Erlebnis“ mit dem
Restaurant Leibspeis und Seminaren
im Waldviertel weiter aus. Hat einen
Betriebskindergarten installiert.
6
AUSTRIA GLAS
RECYCLING
DR. HARALD HAUKE,
GESCHÄFTSFÜHRER
MONIKA PIBER-MASLO,
CSR
Mit dem „Grünbuch Glas“ blickt das
Unternehmen über die eigenen System- und Landesgrenzen und thematisiert die wichtigsten Faktoren einer
gelingenden Kreislaufwirtschaft.
8
GREEN BUSINESS
SOLUTIONS
GMBH
MAG. ROLAND HASLAUER,
GESCHÄFTSFÜHRER
Aufbau der weltweit ersten freien
Solarroute. Entlang einer 200 Kilometer langen Strecke in Salzburg
wurden Ladestationen für Elektroautos bei 12 Unternehmen errichtet.
Diese stellen kostenlos Strom zur
Verfügung, der entweder von der
firmeneigenen PV-Anlage kommt
oder als Sonnenstrom zertifiziert ist.
BUSINESSART 04/14 | 29
8
GERHARD ZOUBEK
EIGENTÜMER
Führt Österreichs größtes Gemeinwohlökonomieunternehmen mit 550
Mitarbeitern. Pionier nachhaltiger
Logistik in CEE. Errichtete 2013 neue
Logistikhalle in Passivhaus-Standard,
die 5-fach ausgezeichnet wurde.
Kunden sollen eine größere Vielfalt
an regionalem Wintergemüse erhalten. 2013/2014 haben der Biohof und
die Gartenbauschulen Schönbrunn
und Langenlois den Ausbau von
frostfesten Asia-Salaten ausprobiert.
Der nächste Schritt ist die praktische Erprobung in fünf Biobetrieben
österreichweit.
13
8
MAG. MICHAEL MARTINEK
VORSTAND
Der neu geschaffene Konzern-Ethikbeirat – er ist einzigartig in Österreich –
berät das Bankhaus bei der Definition
von Kriterien und Rahmenbedingungen für ethisch-nachhaltige Finanzgeschäfte. Darüber hinaus wurde ein
Online-Ethik-Sparkonto eingerichtet.
30 | BUSINESSART 04/14
13
SIMACEK FACILITY
MANAGEMENT
GROUP
MAG.A URSULA SIMACEK, CEO
INA PFNEISZL, HEAD OF CSR
STRICKWERK
DI(FH) SONJA HAGERVEDADINEJAD
GESCHÄFTSFÜHRERIN
CO2-Bindung durch Humusaufbau
nun auch im Waldviertel: Die Ökoregion Kaindorf hat die Basis geschaffen, die Druckerei Janetschek
aus Heidenreichstein baut darauf
ihre Kooperation mit Waldviertler
Biobauern auf: Durchschnittlich 130
Tonnen CO2 kompensiert das Unternehmen pro Jahr.
SCHELHAMMER
& SCHATTERA
STEFAN BÖCK, ÖST. WIRTSCHAFTSVERLAG
implementiert, als zweiter österreichischer Verlag
nach dem Lebensart Verlag, CSR konsequent in sein
Geschäftskonzept.
DR. WALTER EMBERGER, TEACH FOR AUSTRIA
Kinder entdecken ihre Stärken
MAG. PETRA GALLAUN, TELEKOM AUSTRIA GROUP
UND A1 Einführung eines CO2 neutralen Netzes für A1
MAG. BARBARA MUHR, HOLDING GRAZ KOMMUNALE
DIENSTLEISTUNGEN GMBH
GRI G4 Bericht – Vorreiter im öffentlichen Sektor
MAG. GEROLD PERMOSER, ERSTE SPARINVEST
Hat neuen nachhaltigen Publikumsfond aufgelegt.
DI CHRISTIAN PURRER (VORSTAND),
DR. CHRISTIAN HOLTER, ENERGIE STEIERMARK /
SOLID errichteten die größte thermische Solaranlage
Österreichs mit 7.000 m².
ULLI RETTER, SEMINAR HOTEL RESTAURANT
RETTER Neubau nach höchsten ökologischen
Kriterien
ADAMAH BIOHOF
Einrichtung eines alternativen Maturareiseangebotes, bei der SchülerInnen Land, Menschen und Kultur
kennen lernen können. Jährlich
werden neue Photovoltaikanlagen
errichtet, um CO2 zu kompensieren.
MANFRED ERGOTT
KOMMUNIKATION
IN ALPHABETHISCHER REIHENFOLGE
MAXIMILIAN SCHACHINGER
GESCHÄFTSFÜHRER
8
DRUCKEREI
JANETSCHEK
WEITERS UNTER DEN TOP 30
SCHACHINGER
LOGISTIK
HOLDING GMBH
Das 2014 eröffnete Strickwerk bietet
nur Garne an, die 100 % tierfreundlich
und ökologisch erzeugt wurden.
Zudem werden Recycling- und Upcyclinggarne, Bio-Fairtrade-Stofftaschen
und ausnahmslos ökologische
Strick-Accessoires (Holznadeln statt
Plastik, ...) angeboten.
Das Unternehmen wurde nach der
neuen ONR192500 zertifiziert. Darüber
hinaus wurden betriebliche SozialarbeiterInnen engagiert. Sie helfen
MitarbeiterInnen aus unterschiedlichsten Kulturkreisen, denen alltägliche Herausforderungen, wie eine
passende Kinderaufsicht zu finden
oder Amtsbesuche, schwer fallen.
13
ZOTTER
SCHOKOLADE
JULIA ZOTTER GESCHÄFTSFÜHRERIN ZOTTERSCHOKOLADEN SHANGHAI
Zotter goes Shanghai – das Schokoladentheater wurde im Mai 2014
eröffnet. Produziert wird die Bio- und
Fairtrade-Schokolade nach wie vor in
Österreich. „Wir tragen den Gedanken
der Mitarbeiterwertschätzung bzw.
Fairtrade nach China – als Samenkorn, das wachsen wird."
DR. SIMONE RUFF, SIMONE MELDA,
MAG. NIKOLAUS HUTTER, RUFFBOARDS
Aus ausgedienten Snowboards werden individuell
designte Longboards gebaut. Und zwar mit Menschen,
die am Arbeitsmarkt kaum Chancen haben.
MAG. HUBERT SAUER, BIPA Produktlinie bi good
aus nachwachsenden Rohstoffen aus Österreich
KARL-HEINZ SCHIRNHOFER, SCHIRNHOFER GmbH.
Bereits 30 Prozent gentechnikfreies, regionales
Donau-Soja
GERALD SIMON, MSC, WEB / ELLA AG
Aufbau eines Schnellladenetzes für Österreich
DR. GEORG STEINER, HAGLEITNER HYGIENE
INTERNATIONAL GMBH Erster Kompaktreiniger
(Konzentrat) mit dem Österreichischen Umweltzeichen
und dem EU-Ecolabel ausgezeichnet
DI WALTER WIEDENBAUER, STO GES.M.B.H.
Bereits drei Produkte werden CO2 neutral produziert.
DI MAG. JOHANN ZIMMERMANN, NAKU
Natürlicher Kunststoff als Pflanzenbinder
DIE WAHL DER NACHHALTIGEN
GESTALTERINNEN ÖSTERREICHS –
DAS PROCEDERE
47 Expertinnen und Experten haben 50 Unternehmen und die
verantwortlichen GestalterInnen nominiert und anschließend gereiht.
Die Kriterien für eine Wahl waren:
1. Es handelt sich um ein Unternehmen.
2. Das Unternehmen hat CSR in seiner Strategie verankert und
kommuniziert das auch öffentlich.
3. Es hat einen wesentlichen Schritt im Kerngeschäft 2013/2014
umgesetzt.
Die Top 30 sind in diesem Bericht vorgestellt.
Die Expertinnen & Experten (alphabetisch gereiht)
Monika Auer, ÖGUT; Christian Brandstätter, LEBENSART; Michael BauerLeeb, The good tribe; Mag.a Cornelia Dankl, CSR-Circle; Denkstatt-Team
(Dr. Christian Plas, Mag.a Silke Foerster-Kugler); Dr. Michael Fembek,
Essl Foundation; Mag. Stephan Fickl, klima:aktiv; Mag.a Cornelia Frank,
Amt der Burgenländischen Landesregierung; Mag.a Elisabeth Freytag-Rigler,
BMLFUW; Mag.a Karin Gastinger, MAS, PwC Österreich; Mag.a Leonore
Gewessler, GLOBAL 2000; Ing. Günter Goldhahn, DSA, G-Group Unternehmens& Prozessberatung; DI Dr. Markus Graggaber, Land Salzburg; Dr. Herbert
Greisberger, ENU; DIin Karin Hartl-Hubmann, Amt der Tiroler Landesregierung, Mag.a Annemarie Harant, brainbows, Leo Hauska, Hauska
& Partner, Reinhard Herok, Berater, DI Dr. Wilhelm Himmel, Amt der
Steiermärkischen Landesregierung, Dr. Thomas Hruschka, MAS, Öko
Business Plan Wien, DI Günther Humer, Amt der OÖ Landesregierung,
Dr.in Christine Jasch, Institut für Ökolog. Wirtschaftsforschung,
Mag.a. Nunu Kaller, Greenpeace, Daniela Kitzberger, MA, Amt der NÖ
Landesregierung, Mag. Daniela Knieling, respACT, Christian Köberl,
Ökosoziales Forum Steiermark, Mag.a Veronika Kotzab, IV, Mag. Johannes
Lindner, Initiative für Teaching Entrepreneurship, Dr. Fred Luks, WU Wien,
Mag. Roman Mesicek, IMC FH Krems, Mag. Peter Molnar, Klimabündnis
Österreich, Dr.in Marisa Mühlboeck, Julius Raab Stiftung, Willi Nowak, VCÖ,
DI Michael Paula, BMVIT, Plenum – Team (Dr. Alfred Strigl, Dr. Florian
Heiler, Mag.a Sylvia Brenzel), DI Dr. Klaus Reisinger, ClimatePartner
Austria, Roswitha M. Reisinger, MBA, BUSINESSART, Dr. Michael Schaller,
Berater, Mag.a Annemarie Schallhart, MBA, Beraterin, Dr. René Schmidpeter,
CSR Experte, Mag. Andreas Schneider, BM für Familien und Jugend,
Prof. Dr. Markus Scholz, FH Wien der WKW, DI Thomas Steiner, Amt der
NÖ Landesregierung, Dr. Wolfram Tertschnig, BMLFUW, DI Andreas
Tschulik, BMLFUW, Thomas Walker, walk-on, DI Dr. Heinz Peter Wallner,
Wallner & Schauer GmbH.
BESTES KUNDENSERVICE UND
NACHHALTIGES INVESTMENT
Die BONUS Vorsorgekasse gewinnt den MVK Service
Award. Das engagierte Team der BONUS überzeugte
auch 2014 als einzige Vorsorgekasse die Jury von
Telemark Marketing sowohl am Telefon als auch bei
der Beantwortung von E-Mails.
Aber auch in der Veranlagung hat die BONUS Auszeichnungen vorzuweisen. Bei der Veranlagung der ihr
anvertrauten Gelder setzt die BONUS auf das nachhaltige Investmentkonzept BONUS21. Ausschlussund Positivkriterien sind dabei ebenso relevant wie
Transparenz, Nachvollziehbarkeit und die Einbindung
von Stakeholdern.
Dafür wurde die BONUS Vorsorgekasse mit dem Gold
Label der ÖGUT (österr. Gesellschaft für Umwelt und
Technik) ausgezeichnet.
Entgeltliche Einschaltung
REISEBÜRO FÜR KULTURUND SPRACHREISEN
DR. HEINRICH HOCHEGGER
GESCHÄFTSFÜHRER
Fotos: Sissy Furgler; Christina Sazma ; Thomas Topf; ADAMAH BioHof/Manfred Klimek; Haffertography; Schachinger Logistik; Simacek; Zotter
8
13
COOLTOURS
BUSINESSART 04/14 | 31
Rahmenbedingungen 2014
KONSE
QUENTE
SYSTEME
IMPRESSUM:
Eigentümer & Verleger: Lebensart VerlagsGmbH, Wiener Straße 35, 3100 St. Pölten, Tel: 02742/70855, Fax: DW 20,
[email protected]; Herausgeberin und Chefredakteurin: Roswitha M. Reisinger; Mitarbeit an dieser Ausgabe:
Georg Bauernfeind; Christian Brandstätter; Mag. Barbara Coudenhove; Mag. Gabriele Faber-Wiener; Ing. Günter Goldhahn, DSA; Dr. Fred Luks; Sigrun Saunderson; Anzeigen: Christian Brandstätter; Tamara Graf; Gestaltung/Produktion:
LIGA: graphic design; Lektorat: Cornelia Kühhas; Geschäftsführung: Christian Brandstätter; Aboservice: Tamara Graf;
ISSN 2307-4744; Druck: NÖ Pressehaus, NP-Druck, Gutenbergstr. 12, 3100 St. Pölten.
Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen. Das BUSINESSARTRedaktionsbüro bezieht seine Energie aus Ökostrom.
Der Lebensart Verlag wurde 2013 mit dem Nachhaltigkeitspreis TRIGOS ausgezeichnet. BUSINESSART wurde
2013 von der UNESCO als Dekadenprojekt „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet. Gedruckt nach der
Richtlinie „Druckerzeugnisse“ des Österreichischen Umweltzeichens, NP DRUCK, UW-Nr. 808
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EU-SAATGUTVERORDNUNG
ABGELEHNT
Verantwortlich: Mag. Iga Niznik (Arche Noah), Heidemarie Porstner (Global 2000)
Inhalt: Die EU-Kommission hatte im Mai 2013 einen Vorschlag für eine neue Saatgut-Verordnung vorgelegt, der
Industriesaatgut begünstigt und das Saatgut alter und
seltener Sorten abgedrängt hätte. Der Vorschlag wurde
vom EU-Parlament im März 2014 abgelehnt.
Kommentare: Die GärtnerInnen und LandwirtInnen
können weiter ungestraft altes Saatgut anbauen und
vermehren. Diese Aktion ist essentiell für das Überleben auf diesem Planeten. Ein bewusstseinsbildendes
Projekt!
DER ÖKOBUSINESSPLAN: SAUBERE GEWINNE FÜR UNTERNEHMEN UND UMWELT
Der ÖkoBusinessPlan Wien wurde 1998
von der Wiener Umweltschutzabteilung
– MA 22 ins Leben gerufen, mit dem
Ziel, Wiener Betriebe bei der Umsetzung umweltrelevanter Maßnahmen zu
unterstützen und gleichzeitig Betriebskosten zu sparen.
Wir haben unsere ExpertInnen gefragt, welche Gesetze,
Leitfäden, Zertifizierungen oder andere Regelungen
2013/2014 verabschiedet wurden, die nachhaltiges Handeln von Unternehmen positiv unterstützen. Die Bewertung wurde hier nicht nach Punkten, sondern nach Anzahl und Inhalt der Kommentare durchgeführt.
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ERSTER ÖSTERREICHISCHER
SACHSTANDSBERICHT
ZUM KLIMAWANDEL
Verantwortlich: Dr. Nebojsa Nakicenovic (TU Wien), Dr.
Helga Kromp-Kolb (BOKU), Dr. Karl Steininger (Karl
Franzens-Universität Graz), Laura Morawetz u.a.
Inhalt: Der Bericht bringt erstmals Fakten rund um den
Klimawandel in Österreich, seine Folgen, Minderungsund Anpassungsmaßnahmen sowie zugehörige politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen auf
den Tisch.
Kommentare: Tatsächlich ein einzigartiges Unterfangen,
das Aufmerksamkeit auf dieses wichtige Thema lenkt und
eine richtungsweisende Sammlung zum Thema bietet.
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mas Walker (Berater), Dr. Karl Grün (Österr. Normungsinstitut)
Inhalt: Mit der neuen Regel ONR 192500 bietet sich für
Unternehmen und Organisationen erstmals die Möglichkeit, die in der ISO 26000 formulierten Leitlinien und
Grundsätze gesellschaftlicher Verantwortung systematisch in die Praxis umzusetzen und ihre Einhaltung
nachzuweisen.
Kommentare: Das ist eine europaweit führende Initiative in Österreich. Die ONR 192500 ist eine tolle Möglichkeit für Unternehmen, ihr CSR-Management weiter zu
entwickeln! Für eine erfolgreiche Einführung in Österreich sind noch ein Leitfaden zum Standard sowie ein
System zur Qualitätssicherung notwendig!
Kritik: Die ISO hat die ISO 26000 explizit als nicht zertifizierungsfähige Leitlinie und nicht als Anforderungsdokument definiert. Die Schnittstellen zu den zertifizierungsfähigen Normen wie ISO 14001 sind unklar.
Gemeinsam mit erfahrenen UmweltberaterInnen werden Einsparpotenziale
identifiziert, um Schritt für Schritt den
Energiebedarf, das Abfallaufkommen
oder den Ressourceneinsatz zu reduzieren. Auch das Thema soziale Nachhaltigkeit spielt eine immer wichtigere Rolle.
Seit dem Start der Initiative haben mehr
als 1.000 Unternehmen am ÖkoBusinessPlan Wien teilgenommen. In 16
Jahren wurden allein 121,5 Millionen
Euro Betriebskosten eingespart.
Infos über teilnehmende Betriebe, Anmeldung:
http://unternehmen.oekobusinessplan.wien.at
Entgeltliche Einschaltung
Neben Werten steuern Rahmenbedingungen wie Gesetze,
Richtlinien oder Zertifizierungen Unternehmen sehr
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nachhaltig. Von ihnen hängt ab, wie umfassend oder
tief greifend ManagerInnen nachhaltige Kriterien in ihre ONR 192500
Entscheidungen einbeziehen (können). Verantwortlich: Dr. Wolfram Tertschnig (BMLFUW), Tho-
WEITERS WURDEN GENANNT:
Energieeffizienzgesetz, EU Richtlinie zur Offenlegung
nichtfinanzieller Informationen, GRI/G4, Umweltzeichen für Green Events, die Einrichtung des Kompetenzzentrums für Nachhaltigkeit an der WU Wien, die
Novelle der Elektroaltgeräte-Verordnung, die Weiterentwicklung der Biorichtlinien und der Leitfaden für Antiquitätenhändler.
Einsparungen der
ÖkoBusinessPlanBetriebe seit 1998.
Gastkommentar
Unbequeme
Wahrheiten
Über das komplizierte Verhältnis
von Ethik, Gestaltung und Populismus
FRED LUKS
und unter aufbrandendem Gesinnungsapplaus über
universitäre Bildung lustig machen, hat das wenig mit
verantwortungsvoller Gestaltung und viel mit verantwortungslosem Populismus zu tun. Ähnlich verhält es
sich, wenn Schuhhersteller im Fernsehen als Finanzmarktexperten durchgehen, und wenn Weltrettungsplanhersteller am Schreibtisch eine neue Wirtschaftsordnung entwerfen, die historisches wie fachliches
Wissen gelinde gesagt unzureichend berücksichtigt.
Denn Ethik heißt wesentlich: Reflexion. Was uns zu
den Gestalterinnen und Gestaltern der „Nachhaltigkeit“
bringt: Denn manche agieren bisweilen, so scheint mir,
recht unreflektiert. Nach meiner Auffassung sollten
sie keine Gutmenschen sein, die das staunende und
nach Orientierung lechzende Publikum mit einfachen
Sinnangeboten abspeisen. Gestalterinnen und Gestalter
sollten ihrer Verantwortung gerecht werden – und das
schließt ein: den eigenen Standpunkt hinterfragen und
im Ringen über „Nachhaltigkeit“ unbequeme Wahrheiten aussprechen. Stattdessen werden heute, wenn es
um die „Nachhaltigkeit“ geht, immer öfter einfache „Lösungen“ präsentiert. Das ist populistisch.
Bei diesen Beispielen geht es nicht um Personen, sondern um Positionierungen. Wer die Freiheit zur Gestaltung hat, muss sich auch der Verantwortung stellen, die
mit dieser Freiheit einhergeht. Wer im öffentlichen Diskurs Gehör findet, sollte entsprechend agieren, und das
heißt ganz wesentlich: den Leuten die Erkenntnis zumuten, dass „Nachhaltigkeit“ nicht „einfach“ zu haben
ist, sondern Meinungsunterschiede, Paradoxien und
mühsame Aushandlungsprozesse impliziert. Es kann
nicht oft genug betont werden – die Originalfassung des
Sinowatzschen „Es ist alles sehr kompliziert“ enthält
eine wichtige Botschaft für das Ringen um „Nachhaltigkeit“: „Ich weiß schon (…), das alles ist sehr kompliziert
so wie diese Welt, in der wir leben und handeln, und die
Gesellschaft, in der wir uns entfalten wollen. Haben wir
daher den Mut, mehr als bisher auf diese Kompliziertheit hinzuweisen; zuzugeben, dass es perfekte Lösungen
für alles und für jeden in einer pluralistischen Demokratie gar nicht geben kann.“ Genau: Perfekte Lösungen
gibt es nicht, und einfache auch nicht. Wer den Leuten
etwas anderes verkauft, kann nicht verantwortungsvoll gestalten, sondern agiert populistisch.
Dieser Populismus hat viele Formen. Bildungsbashing
ist eine davon. Ich finde es unerträglich, wenn man vor
jungen Leuten ein Universitätsstudium als verschwendete Zeit schlechtredet. Gewiss: Nicht alle müssen studieren. Aber dass Menschen mit Hochschulabschluss in
der Regel sehr hohe Chancen auf einen guten Arbeitsplatz haben, sollte sich herumgesprochen haben – und
auch, dass man im Studium durchaus nachhaltigkeitsrelevante Kompetenzen erlernen kann. Mit Verlaub:
Wenn Kräuterhersteller sich öffentlich und abschätzig
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Ich finde, das musste mal gesagt werden.
w w w. s c h i n e r. a t
Foto: Nick Albert
Dr. Fred Luks ist Leiter
des Kompetenzzentrums für
Nachhaltigkeit
an der Wirtschaftsuniversität Wien.
Zu seinen
Publikationen zählen
die Bücher „Endlich
im Endlichen“ und
„Irgendwas ist immer.
Zur Politik des
Aufschubs.“
Vor kurzem ist bei
Metropolis sein neues
Buch „Öko-Populismus“ erschienen.
Es ist alles sehr kompliziert. Ethik zum Beispiel. Oft
hört man die Forderung nach „ethischem Verhalten“.
Was dabei kaum thematisiert wird: welche Ethik hier
eigentlich gemeint ist. Es kann ja auch eine Ethik
rücksichtsloser Profitmaximierung oder der monomanischen Befriedigung eigener Bedürfnisse geben. Auch
das ist dann eine Ethik, die aus Sicht der „Nachhaltigkeit“ vielleicht keine gute ist – aber eben dennoch eine
Ethik bleibt.
Daumen hoch …
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