komödie im dunkeln

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Peter Shaffer
KOMÖDIE IM DUNKELN
(Black Comedy)
DAS STÜCK
Stromausfall! Lichter aus. Dunkelheit. - Dabei sollte
das heute abend der Durchbruch werden für
Brindsley! Wie soll der junge Bildhauer jetzt dem steinreichen Kunstsammler seine Werke zeigen und wie
den zweifelnden Vater seiner Freundin Carol, von seinem Erfolg überzeugen? - So kurz davor, auf das neue
Leben, die Künstlerkarriere, die gute Partie wieder verzichten? - Auf gar keinen Fall! So wird daraus eben ein
Atelierfest der besonderen Art. Denn während der
Mann vom E-Werk auf sich warten lässt, stolpern noch
reihenweise Überraschungsgäste ins dunkle Chaos.
Es war die Szene aus einem Gastspiel der Peking-Oper
"San Ch'a Ko'u" Mitte der fünfziger Jahre, in der sich
zwei Figuren im grellen Bühnenlicht einen Kampf im
Dunkeln lieferten, die Shaffer zehn Jahre später zur
Umkehrung der Lichtverhältnisse in einer Britischen
Farce inspi-rierte: Solange im Stück Licht ist, bleibt es
auf der Bühne dunkel - als aber der Strom ausfällt,
wird es auf der Bühne hell. So kommt das Publikum in
den raren Genuss, Menschen zuzuse-hen, die nichts
sehen.
PETER SHAFFER ÜBER "BLACK COMEDY"
Während eines rein privaten Mittagessens erzählte mir
Shaffer, im Taxi sei ihm eine Idee gekommen - ausgehend von diesem wunderbaren Sketch im chinesischen
Theater, wo zwei Männer im Dunkeln kämpfen.
Warum nicht ein Stück schreiben, in dem Dunkelheit
gleich Licht ist?
Kenneth Tynan
Eines Tages im anbrechenden Frühjahr 1965 wurde ich
von Kenneth Tynan, dem meisterhaften Dramaturgen
des National Theatre gefragt, ob ich einen Einakter für
die Kompanie hätte, den sie in der kommenden Saison
in Chichester spielen könnten.
Ohne große Überzeugung, aber mit der Art Energie,
die Tynan stets in mir weckte, beschrieb ich meine Idee
zu einer Party in einer Londoner Wohnung, gespielt in
Chinesischer Dunkelheit - in vollem Licht - aufgrund
eines Stromausfalls im Gebäude. Wir könnten beobachten, wie die Gäste sich in einer immer chaotischeren Situation verhalten, doch sie würden einander
kaum je sehen können. Seit jeher ein Freund theatrali-
scher Einfälle, schleppte mich Tynan auf der Stelle zu
Laurence Olivier, dem Direktor des National. Erfolglos
protestierte ich, dass tatsächlich noch kein Stück existierte, nur eine Theaterkonvention und dass ich sowieso umgehend nach New York reisen müsste, um ein
Drehbuch zu schreiben. Olivier blickte einfach durch
mich hindurch mit seinen eigenen chinesischen und
unsehenden Augen, sagte: "Das wird sicher spannnend!" und verließ den Raum.
Am Ende war es spannend, fast allzusehr. Die
Anekdoten über die Proben zu "Black Comedy" sind
Legion und urkomisch. Hier möge es genügen, Tynan
über die ganze Erfahrung zu zitieren: "Das war Farce,
geprobt unter farcenhaften Bedingungen."
In der Arbeit an "Black Comedy" stieß ich auf ein
ernsthaftes Problem. Die Umkehr von Licht und
Dunkel war für sich allein kein hinreichend tragender
Einfall, um das Spiel über die gebotene Dauer aufrechtzuerhalten. In der Wirklichkeit würde natürlich
jemand ein Kerze auspacken und die Situation beenden. Was notwendig war, war, dass einer der Leute
einen Grund haben musste, die anderen im Dunkel zu
halten. Aus dieser Notwendigkeit erstand der eigentliche Plot: der Einfall, dass der Gastgeber alles Mobiliar
im
Zimmer
von
einem
benachbarten
Antiquitätenhändler geborgt hatte, ohne zu fragen,
und dass auf die unerwartete Rückkehr dieses gefährlichen Nachbarn, der Gastgeber jedes Stück davon Sessel, Tische, Lampen, sogar ein Sofa - im Dunkel und
ohne Hilfe zurücktragen müsse, bevor er das Licht wieder einschalten kann, das ihn sonst als Dieb entlarven
würde. Diese Lösung war wahrlich ein Segen der
Götter.
In der Tat erwies sich die Premiere dann als wahrhafte
Explosion menschlicher Freude. Ein ernstaussehender,
mittelalter Mann, der direkt vor mir saß, fiel während
dieser Passage plötzlich aus seinem Sitz in den Gang
hinaus und begann, mit einer vom Lachen schon
geschwächten Stimme den Schauspielern zuzurufen,
"O, aufhören! Bitte aufhören!" An nichts was mir je in
einem Theater widerfuhr, erinnere ich mich dankbarer…
Peter Shaffer in: The Collected Plays of Peter Shaffer. New
York 1982.
ETWA DIE PEKING OPER
Wie in der Duellszene zwei Körper, sich nah aneinander vorbeibewegend, ohne sich je zu berühren, die
Dunkelheit sinnlich greifbar machten, in der der Kampf
stattfand. Hier war die Illusion total und intensiv, eher
eine physische als eine ästhetische Extase, gerade weil
jede realistische Erscheinung der Nacht entfernt war
und sich die theatralische Darstellung der Nacht allein
auf die Körper verließ.
Jean Baudrillard. Das perfekte Verbrechen. Berlin 1996.
MASSNAHMEN BEI STROMAUSFALL
Um bei einem Stromausfall gerüstet zu sein empfiehlt
sich folgende Punkte zu befolgen:
Halten Sie immer Kerzen und Zündhölzer bzw. eine
Taschenlampe an einem Ort bereit, den Sie auch im
Dunkeln finden.
Überprüfen Sie, ob eine Sicherung durchgebrannt ist
oder der FI-Schalter in Ihrem Sicherungskasten auf
AUS steht.
Fragen Sie Ihre Nachbarn bzw. vergewissern Sie sich
durch einen Blick aus dem Fenster auf Ihr
Nachbarhaus, ob auch andere betroffen sind.
Kontakt mit ihrem Elektroversorgungsunternehmen
(E-Werk) aufnehmen.
http://www.katastrophenschutz.steiermark.at
von "Die königliche Jagd nach der Sonne" werden
seine Stücke durch das National Theatre in London
uraufgeführt, dem er als Direktionsmitglied angehört.
Zu seinen größten Theatererfolgen gehören neben
"Komödie im Dunkeln" (1965) auch "Amadeus"
(1973), "Equus" (1975) und "Laura und Lotte"
(1987).
DER REGISSEUR
MARTIN OELBERMANN, geboren 1969 in Düsseldorf,
studierte zunächst Philosophie und Französisch in
Nordirland, später Text und Darstellung an der Royal
Academy of Dramatic Art in London. Nach drei Jahren
als Regieassistent am Düsseldorfer Schauspielhaus,
inszenierte er dort 2002/03 die Uraufführung von
Elfriede Jelineks "Die Liebhaberinnen" (ausgezeichnet
beim Theatertreffen Nordrhein-Westfalen 2003), die
vergangene Saison schon am Grazer Schauspielhaus
gastierte. In seiner Regie hatten 2003/2004 Brechts
"Leben des Galilei" am Staatsschauspiel Dresden und
Borcherts "Draußen vor der Tür" am Düsseldorfer
Schauspiel-haus Premiere.
Diese Spielzeit inszenierte er bereits am Deutschen
Schauspielhaus in Hamburg erfolgreich "gehen/bleiben",
einen
Monolog
nach
den
Tagebuchaufzeichnungen Victor Klemperers, und es
folgt am Wiener Volkstheater noch "Stadt ohne
Juden" nach Hugo Bettauers "Roman von Übermorgen" (1922). In Graz präsentiert er sich heuer außerdem als Regisseur von Heinrich von Kleists
"Amphitryon".
DER AUTOR
PETER LEVIN SHAFFER wird am 15. Mai 1926 in
Liverpool gemeinsam mit seinem Zwillings-bruder
Anthony in die jüdisch-orthodoxe Familie eines
Immobilienmaklers hineingeboren und wächst ab
1936 in London auf. Nach seinem Abschluss in
Geschichte am Trinity College in Cambridge geht er
1950 mit seinem Bruder Anthony nach New York,
arbeitet dort an der Public Library, 42. Straße sowie in
einer Buchhandlung und kehrt 1954 nach England
zurück, wo er dann längere Zeit im Musikverlag
Boosey und Hawkes und als Musik- und Literaturkritiker tätig ist.
Sein erstes Stück "The Salt Land" (1954) wird als
Hörspiel von der BBC ausgestrahlt. Den Durchbruch als
Bühnenautor erlebt er 1958 mit dem Stück
"Fünffingerübung". Seit 1964, mit der Uraufführung
Inszenierung: Martin Oelbermann
Bühne und Kostüme: Ralph Zeger
Brindsley Miller Thomas Prazak ~ Carol
Melkett Katharina Knap ~ Miss Furnival
Friederike Bellstedt ~ Colonel Melkett Erik
Göller ~ Harold Gorringe Johannes Lang ~
Clea Natascha Shah ~ Schupanski Thomas
Kornack ~ Ilja Rublovski Dietrich Schlederer
Premiere am 20. Jänner 2006, 19.30 Uhr,
Schauspielhaus
Weitere Termine: 24. Jan 06; 3., 18. u 23. Feb
06; 1., 8., 17. u 23. März 06 (weitere Termine
auf Anfrage unter 0316 8000)
BRINDSLEY MILLER: ein junger Bildhauer, Ende
Zwanzig, intelligent und attraktiv, aber nervös und seiner selbst nicht sicher.
CAROL MELKETT: seine Verlobte. Eine junge
Debütantin. Sehr hübsch, sehr verwöhnt und sehr
antrengend, wenn ihr etwas verweigert wird. Ihre
Stimme hat den unverwechselbaren, Ton einer
Höheren Tochter.
MISS FURNIVAL: ein spätes Mädchen. Gepflegt und
etepetete. Ihrer Herkunft gemäß, trägt sie ein zweiteiliges Strickkleid, das Haar in einem Knoten - und so ist
auch ihre Art zu sprechen. Sie hat die verklemmten
Bewegungen einer alten Jungfer, bis der Alkohol sie
löst.
COLONEL MELKETT: Carols Respekt gebietender Vater,
energisch und knorrig, dennoch kann er plötzlich leise
werden, was eine tiefe und gefährliche Instabilität
verrät. Nicht nur die ständige Dunkelheit läßt ihm alles
verdächtig erscheinen.
HAROLD GORRINGE: Junggeselle, Besitzer eines
Ladens für Antiquitäten und Porzellan und Brindsleys
Nachbar. Er versteht es ausgezeichnet, mit Gefühlen
zu erpressen und kann hysterisch werden, wenn er
gekränkt, oder abgewiesen wird.
CLEA: Brindsleys Ex-Freundin, Ende Zwanzig, aufregend, gefühlsbetont, gescheit und mutwillig. Der
Versuchung, aus der Dunkelheit eine dramatische
Situation zu entwickeln, kann sie letztlich nicht widerstehen.
SCHUPANSKI: ein russischer Emigrant mittleren Alters,
rundlich, kultiviert und redselig. Er ist eine durch und
durch glückliche Natur und lebt gern in England, auch
wenn dies für ihn bedeutet, sein Leben lang
Angestellter beim London Electricity Board zu sein.
ILJA RUBELOVSKI: ein älterer Millionär und
Kunstsammler und unschwer als solcher zu erkennen.
Wie der Elektriker ist er Russe.
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