Emission von Bakterien aus Geruchsverschlüssen

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Originalia
Ñ
Schlüsselwörter
Geruchsverschluss
B. Sissoko, R. Sütterlin, M. Blaschke, A. Schluttig, S. Stefaniak,
G. Daeschlein und A. Kramer
Bakterienemission
Erregerreservoir
Biofilm
Kontinuierliche thermische
Desinfektion
Ñ
Keywords
Emission von Bakterien aus
Geruchsverschlüssen
Emission of water born bacteria from sink drains
Sink drains
bacterial emission
bacterial reservoir
Summary
biofilm
continuous thermic disinfection
Balla Sissoko
Dr. med. Rolf Sütterlin
Oberlausitz–Kliniken gGmbH
Flinzstraße 1
02625 Bautzen
Dr. rer. nat. Martina Blaschke
S. Stefaniak
Dr. rer. nat. Alexander Schluttig
Fachhochschule Lausitz
Großenhainer Str. 57
01968 Senftenberg
Dr. med. G. Daeschlein
Prof. Dr. med. Axel Kramer
Institut für Hygiene und Umweltmedizin
der Ernst-Moritz-Arndt-Universität
Greifswald
Walther Rathenau Straße 49A
17489 Greifswald
Background: Lavatory sink drains in wards harbor 105 to 1010 cfu/ml of bacteria, thereof about
103 to 106 cfu/ml proved to be gramnegative rods.
To investigate the relationship between the contamination of siphons and the risk of colonization
resp. nosocomial infection of the patients we measured the aerogen bacterial load over the sink
drains and were able to prove substantial bacterial emission.
Method: The bacterial aerosol was measured
(n=257) 10 cm above the sinks during tap water
running into the sink drain over 1 min and compared with results without running tap water. The
study was performed in the following departments:
internistic, surgical and neonatal intensive care,
general and visceral surgery, oncology, and transplantation unit.
Results und Conclusions: During the tap water
running aerosols containing bacteria from the sink
fluid were emitted into the surrounding area. Accordingly sink drains function as open bacterial reservoir. The higher was the microbial burden of the
siphon fluid, the more bacteria were emitted into
the air. Continuous thermic disinfection in combination with vibration of the siphon prevented biofilm formation and eliminated siphons as bacterial
reservoir. (Hyg Med 2005; 30 [4]: X-X)
Zusammenfassung
Fragestellung: Geruchsverschlüsse unter
Waschbecken im Klinikbereich enthalten durchschnittlich 105 - 1010 KBE/ml
Bakterien, davon ca. 103 bis 106 KBE/ml
gramnegative Stäbchenbakterien. Zur
Untersuchung des Zusammenhangs zwischen der Siphonkontamination und Aerosolbildung wurde die Belastung der
Luft mit gramnegativen Bakterien über
den Syphons gemessen.
Methodik: Das Bakterienaerosol wurde 10
cm oberhalb des Geruchsverschlusses
(n=257) mittels eines Luftkeimsammlers
72
während des einminütigen Ablaufens
von Leitungswasser gemessen und mit
dem Bakteriengehalt der Luft bei ruhendem Waschbecken verglichen. Die Untersuchungen wurden in folgenden Abteilungen durchgeführt: internistische,
chirurgische und interdisziplinäre Intensivstation, allgemeine und Visceralchirurgie, Onkologie, Transplantationseinheit und neonatologische Intensivstation
Ergebnisse und Schlussfolgerungen: Während des Ablaufens von Wasser werden
Aerosole in die umgebende Raumluft freigesetzt, in denen die Bakterien der Sperrflüssigkeit des Siphons enthalten sind.
Demzufolge sind Geruchsverschlüsse ein
offenes Erregerreservoir. Je höher die mikrobielle Belastung der Sperrflüssigkeit
des Geruchsverschlusses war, desto mehr
Erreger wurden mit dem Aerosol in die
Raumluft emittiert. Durch kontinuierliche thermische Desinfektion des Siphons
in Verbindung mit Vibration wurde die
Bildung eines Biofilms verhindert und der
Siphon als Infektionsquelle ausgeschaltet.
(Hyg Med 2005; 30 [4]: X-X)
Einleitung
Geruchsverschlüsse (Siphons) haben die
Funktion, den Luftraum der Abwasserkanalisation von der Raumluft zu trennen und das Austreten von unangenehmen Gerüchen aus der Kanalisation zu
verhindern. Dabei müssen Geruchsverschlüsse für Flüssigkeiten jederzeit ohne
Behinderung in Richtung Kanalisation
durchlässig sein. Diese Doppelfunktion
wird in der Regel durch ein gebogenes
Rohrstück, in dem sich die sog. Sperrflüssigkeit befindet, gewährleistet. Die
Sperrflüssigkeit stellt den verbleibenden
Rest eines durch den Siphon aus Waschbecken, Duschbecken oder Badewanne
in die Abwasserleitung gelangenden
Flüssigkeitsstroms dar.
Hyg Med 30. Jahrgang 2005 – Heft 4
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Nährstoff - und Sauerstoffangebot sowie
Temperaturen zwischen 20 °C und 40 °C
ermöglichen die Ausbildung eines Biofilms an den Innenwänden des Geruchsverschlusses und die Vermehrung
von Bakterien in der Sperrflüssigkeit.
Diese enthält nach eigenen Untersuchungen im Klinikbereich durchschnittlich 105 bis 1010 KBE/ml Bakterien, davon ca. 103 bis 106 KBE/ml gramnegative
Stäbchenbakterien. Während des Ablaufens von Wasser in den Geruchsverschluss bilden sich an der Oberfläche der
Sperrflüssigkeit Aerosole, die Bakterien
der Sperrflüssigkeit enthalten (1). Durch
Vermeidung des direkten Auftreffens des
Wasserstrahls auf den Zulauf des Geruchsverschlusses lässt sich die Aerosolbildung zwar verringern, jedoch nicht
unterbinden. Der Geruchsverschluss unter dem Waschbecken im Patientenzimmer stellt somit ein Erregerreservoir in
der Patientenumgebung dar.
Mittels Typisierung konnte gezeigt
werden, dass Patienten mit Pseudomonas
aeruginosa aus dem Geruchsverschluss
besiedelt wurden (2, 3, 4, 5). Döring et
al. (1) stellten fest, dass bei einer bakteriellen Kontamination >105 KBE/ml
Sperrflüssigkeit eine Übertragung von
Bakterien der Sperrflüssigkeit des Geruchsverschlusses auf die Hände des
Pflegepersonals möglich ist. Aus dem Geruchsverschluss auf die Hände des Pflegepersonals übertragene Pseudomonasaeruginosa-Erreger persistieren bis zu
70 min auf den Händen des Pflegepersonals und können, falls die Durchführung der Händedesinfektion versäumt
wird, in dieser Zeit auf Patienten übertragen werden. Auch Sissoko et al. (6)
konnten nachweisen, dass Geruchsverschlüsse während des Handwaschvorgangs emittierende Erregerquellen darstellen. Die Beseitigung dieser
Erregerquelle durch sonothermische
Desinfektion im Siphon führte auf einer
interdisziplinären Intensivstation zur
Abnahme der Kolonisationsraten der
Patienten und zu einer Reduzierung der
Inzidenzdichte nosokomialer Infektionen (6).
In der vorliegenden Arbeit sollen die
bisher vorgestellten Ergebnisse zur Erregeremission (6) durch Untersuchungen in verschiedenen Kliniken und auf
unterschiedlichen Stationen auf eine
breitere Basis gestellt werden.
Material und Methoden
Stichprobe
Es wurden 257 Einzelmessungen an
Waschbecken mit Standard-Geruchsverschluss auf folgenden Stationen verschiedener Kliniken durchgeführt: internistische, chirurgische und interdisziplinäre
Intensivstation, allgemeine und Visceralchirurgie, Onkologie, Transplantationseinheit und neonatologische Intensivstation. 34 der Waschbecken waren am
Wasserauslauf mit endständigen Sterilfiltern ausgerüstet.
Messung der Bakterienemission
Die Freisetzung von gramnegativen Bakterien aus dem Geruchsverschluss wurde
mit dem Luftkeimsammler FH-5 (Klotz
GmbH, Bad Liebenzell) in der Umgebungsluft des Geruchsverschlusses im Innern des Waschbeckens während eines jeweils einminütigen Ablaufens von
Leitungswasser 10 cm über dem Waschbeckenauslauf gemessen und mit dem
Vorwert, d. h. dem Bakteriengehalt der
Luft bei ruhendem Waschbecken, ebenfalls für die Messdauer von 1 min verglichen. Ein „ruhendes Waschbecken“
wurde 60 min nicht benutzt, in ihm befand sich kein Wasser, die Ablauföffnung
zum Siphon war geöffnet. Bei allen Messungen wurde auf geschlossene Türen geachtet. Ferner wurde der Einfluss von steril filtriertem Trinkwasser auf den
Bakteriengehalt in der Umgebungsluft mit
nicht in dieser Weise ausgerüsteten Wasserauslässen verglichen.
Durch eine Versuchsanordnung, bei
der das Leitungswasser mit einem
Schlauch direkt in die Öffnung des Siphons
eingeleitet wurde, wurde der Einfluss des
Spritzwassers auf den Bakteriengehalt der
Umgebungsluft bei geöffnetem Siphon untersucht. Parallel dazu wurde der Bakteriengehalt der Umgebungsluft bei geschlossenem Geruchsverschluss und
Wassereinlauf bestimmt.
Zur Erfassung der gramnegativen Wasserflora wurde MacConkey-Agar (Heipha
GmbH, Eppelheim) auf Fertigagarplatten
verwendet. Nach Inkubation der Agarplatten über 48 h bei 37 °C wurden Kolonien mit typischer Morphologie (gramnegative Stäbchenbakterien) ausgezählt und
die Menge auf 1ml berechnet.
73
Bakteriengehalt der Sperrflüssigkeit
Vor der Messung der Erregeremission wurden jeweils Proben aus der Sperrflüssigkeit
entnommen und die Koloniezahl gramnegativer Bakterien mit Cult– Dip plus®–
Tauchnährboden (Merck KGaA, Darmstadt) nach Angaben der Hersteller
(Abschätzen der Bakterienkonzentration
auf MacConkey Agar anhand von Referenzvorlagen verschiedener Konzentrationen von 0 bis 106 KBE/ml) halbquantitativ ermittelt. In gleicher Weise wurde
der Bakteriengehalt während eines dreijährigen Einsatzes des selbstdesinfizierenden Hygienesyphons BioRec® in der Siphonflüssigkeit ermittelt. Der Einbau der
Testgeräte erfolgte im August 2002. Angepasst an die Benutzungsfrequenz der
Waschbecken wurden die Siphons jeweils
für die Dauer von 4 h auf 85 °C aufgeheizt,
dem sich ein freies Intervall von 4 h ohne
Beheizung anschloss. Am Ende der 4stündigen Heizdauer wurde für 10 min das im
Siphon integrierte Vibrationssystem eingeschaltet. Die Beprobung der Geruchsverschlüsse erfolgte im Abstand von zwei
Monaten. In der Zeit von Dezember 2003
bis Mai 2004 wurde die sonothermische
Desinfektion nicht durchgeführt, um das
Ausmaß einer Rekolonisation zu überprüfen.
Indirekter Biofilmnachweis
Zur Messung des Einflusses der Biofilmbildung auf den Bakteriengehalt der
Sperrflüssigkeit wurde die gesamte Sperrflüssigkeit aus einem Standard-Geruchsverschluss durch steriles Leitungswasser
ersetzt. Anschließend wurden in Abständen von 10 min für die Dauer von
120 min Proben aus der Sperrflüssigkeit
entnommen und die Koloniezahl analog
wie in der Sperrflüssigkeit ermittelt.
Ergebnisse
Anteil Bakterien emittierender
Geruchsverschlüsse
Die Häufigkeit von Geruchsverschlüssen,
aus denen beim Ablaufen des Wassers Bakterien in die Umgebungsluft freigesetzt
werden, lag zwischen 35 und 94 %
(Tab. 1); im Mittel emittierten zum Zeitpunkt der Untersuchung etwa drei Viertel
aller Waschbecken gramnegative Stäbchenbakterien. Sterilfilter am Wasserauslass hatten keinen Einfluss auf die Emis-
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Tabelle 1: Anteil emittierender Geruchsverschlüsse von Waschbecken ohne bzw. mit endständigem Sterilfilter am Wasserauslass.
Station
Anzahl der
Messungen (n)
Anteil emittierender
Geruchsverschlüsse (%)
gesamt
mit Sterilfilter
gesamt
Allg. und Viszeralchirurgie
57
0
78
78
Intensivstationen
(internist., chirurg.
interdisziplinär)
67
18
93
84
Onkologie
(Frauen)
28
0
82
82
Onkologie
(Kinder)
18
5
71
67
80
Transplantationseinheit
27
9
48
35
78
Neonatologische
Intensivstation
26
2
66
88
50
73
72
76
Durchschnitt
ohne Sterilfilter mit Sterilfilter
94
Tabelle 2: Durchschnittlicher Gehalt gramnegativer Bakterien im Luftraum über den Siphons bei ruhendem Waschbecken und während des Ablaufens von Leitungswasser.
Station
Bakteriengehalt der Luft (KBE/1000l)
bei ruhendem Waschbecken
ohne Sterilfilter
mit Sterilfilter
bei ablaufendem Leitungswasser
ohne Sterilfilter
mit Sterilfilter
Allg. und Viszeralchirurgie
1
Intensivstationen
(internist., chirurg.
interdisziplinär)
4
Onkologie
(Frauen)
2
Onkologie
(Kinder)
6
8
79
36
Transplantationseinheit
9
7
92
43
Neonatologische
Intensivstation
1
1
94
243
Durchschnitt
3,8
4,8
173
190
sion. Bei 76 % der mit Sterilfilter bzw.
72 % der ohne Sterilfilter ausgestatteten
Waschplätze war eine Bakterienemission
nachweisbar (Tab. 1).
Ausmaß der Emission gramnegativer
Bakterien
Unter dem Ausmaß der Emission wird die
Anzahl der bei einminütigem Ablaufen
von Leitungswasser in die Umgebungsluft
des Geruchsverschlusses freigesetzten
Bakterien im Vergleich zum Gehalt der
Luft bei ruhendem Waschbecken verstanden. In Ruhe betrug der Gehalt gram-
152
3
376
439
245
negativer Bakterien in der Umgebung des
Geruchsverschlusses durchschnittlich
4,2 KBE/1000 l Luft. Während des Ablaufens von Leitungswasser ohne sonstige
Benutzung des Waschbeckens stieg der
Gehalt an gramnegativen Bakterien im
Vergleich zum Ruhezustand des Waschbeckens um das etwa 43fache, d.h. auf
durchschnittlich 181,5 KBE/1000 l Luft
an (Tab. 2).
phons eingeleitet, kam es trotzdem zur
Emission gramnegativer Bakterien, d. h.
die Emission wird nicht durch Spritzwasser beim Auftreffen des Leitungswasserstrahls auf die Beckenwände hervorgerufen, sondern ist auf das Entweichen von
Aerosolen beim Wassereinstrom in den
Geruchverschluss zurückzuführen. Bei
geschlossenem Geruchsverschluss kommt
es hingegen trotz Wassereinlauf mit Entstehung von Spritzwasser nicht zu einer
Erhöhung des Bakteriengehalts im Luftraum des Beckens.
Einfluss des Bakteriengehalts der
Sperrflüssigkeit auf die Bakterienemission
Das Ausmaß der Bakterienemission in die
Umgebungsluft bei Ablaufen von Wasser
steigt mit dem Bakteriengehalt der Sperrflüssigkeit im Inneren des Geruchsverschlusses im Bereich von <103 bis
5 3 104 KBE/ml an, bleibt dann aber im
Bereich von 105 bis 106 KBE/ml nahezu
unverändert (Abb. 1).
Einfluss des Biofilms
Wird ein Standard-Geruchsverschluss
nach kompletter Entleerung der Sperrflüssigkeit (Bakteriengehalt vor Entleerung im Mittel 7,5 3 105 KBE/ml) mit sterilem Leitungswasser befüllt, fand in den
Geruchsverschlüssen unterschiedlicher
Stationen bereits nach wenigen Minuten
ein deutlicher Anstieg der Erregerdichte
statt. Der ursprüngliche Bakteriengehalt
von 106 KBE/ml wurde nach ca. 100 min
wieder erreicht. Der Vorgang verläuft in
Form einer Sättigungskurve, wobei schon
nach 60 min ein weitgehender Ausgleich
zwischen Biofilm und Sperrflüssigkeit
stattgefunden hat (Abb. 2).
Kontinuierliche thermische Desinfektion
Untersuchungen an vier Biorec® Geruchsverschlüssen ergaben, dass diese
während des dreijährigen Einsatzes keinen
sichtbaren Biofilm aufwiesen. Die Bakteriengehalte in den Sperrflüssigkeiten betrugen 0 bis max. 500 KBE/ml (Tab. 3). Die
Emissionsmessung bei ablaufendem Leitungswasser ergab keinen nachweisbaren
Austritt von Bakterien in die Umgebungsluft. In der Zeit der 6monatigen Unterbrechung der sonothermischen Desinfektion
unterschieden sich die Werte nicht von der
Situation vor Inbetriebnahme.
Einfluss des Spritzwassers
Wurde das Leitungswasser mit einem
Schlauch direkt in die Öffnung des Si-
74
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Tabelle 3: Bakteriengehalte (lg) der Sperrflüssigkeit mit bzw. ohne kontinuierliche thermische SiphonDesinfektion.
Zimmer 1
Zimmer 2
Zimmer 3
Zimmer 4
Jul 02*
6
535
7
536
Aug 02
0
0
2
0
Okt 02
2
0
0
0
Dez 02
0
2
2
0
Jan 03
0
0
0
0
Mrz 03
2
0
2
3
Mai 03
0
0
0
0
Jul 03
0
532
2
0
0
Sep 03
0
2
0
Nov 03
2
2
0
0
Jan 04*
5
5
4
535
Mrz 04*
6
5
535
4
Mai 04*
534
4
5
5
Jul 04*
0
2
0
0
Sep 04
0
0
532
0
Nov 04
2
0
0
0
Jan 05
0
532
0
0
Keimgehalt der Luft über den Waschbecken
(KBE/ml)
* Zeitraum ohne thermische Desinfektion
350
310
300
310
280
250
200
150
100
40
50
10
0
< 103
103
104
105
106
Abbildung 1: Ausmaß der Bakterienemission aus dem Siphon in die Umgebungsluft in Abhängigkeit
vom Bakteriengehalt der Sperrflüssigkeit im Geruchsverschluss.
Abbildung 2: Zeitlicher Verlauf der Bakterienfreisetzung aus dem Biofilm in die Sperrflüssigkeit
(Mittelwert von 10 Versuchen).
75
Diskussion
Geruchsverschlüsse unter Waschbecken,
Duschbecken und Badewannen sind seit
längerem als potentielle Infektionsquellen
für Pseudomonas aeruginosa beschrieben (15, 7-13). Im Siphonwasser ist auch die Vermehrung weiterer Species einschließlich
antibiotikaresistenter Bakterien mit Ausbreitung in die Umgebung nachgewiesen
(14, 15, 16). Dass es sich bei Siphons um
Bakterien emittierende Reservoire handelt, wurde zunächst indirekt mit Typisierungsmethoden nachgewiesen (2, 3, 4, 5).
Die in einer vorausgegangenen Untersuchung (1, 6) nachgewiesene Abhängigkeit
des Bakteriengehalts im Luftraum über
dem Geruchsverschluss vom Bakteriengehalt der Sperrflüssigkeit im Siphon
konnte in der vorliegenden Studie bestätigt werden. Dieses Ergebnis unterstützt
zugleich den Befund von Döring et al. (1),
dass für eine Übertragung von Erregern
aus der Sperrflüssigkeit auf die Hände des
Pflegepersonals eine mikrobielle Kontamination von etwa 105 KBE/ml in der
Sperrflüssigkeit ausreicht.
Da es sich bei den aus dem Sperrwasser isolierten Bakterien in erster Linie um
gramnegative Bakterien handelt (14-18),
fanden in der vorliegenden Untersuchung
nur diese Erreger Berücksichtigung. Die
Gesamtkoloniezahl aller emittierten Mikroorganismen liegt wesentlich höher (in
Vorb.).
Die Bakterienemission erfolgt durch
Aerosolbildung an der Oberfläche der
Sperrflüssigkeit. Durch die Verdrängung
der über der Sperrflüssigkeit stehenden
Luftsäule nach oben gelangen die erregerhaltigen Aerosole in die umgebende
Raumluft.
Aus den Ergebnissen lassen sich erste
Aussagen zur Häufigkeit emittierender
Geruchsverschlüsse ableiten. Von den untersuchten Waschbecken mit Standard–
Geruchsverschluss zeigten durchschnittlich 73 % eine Bakterienemission in der
Größenordnung von 36 bis 439
KBE/1000 l Luft (Tab. 1). Dabei war es
ohne Einfluss, ob der Wasserauslass mit
endständigen Sterilfiltern ausgestattet war
oder nicht. Der Befund, dass etwa drei
Viertel aller Waschbecken zum Zeitpunkt
der Untersuchung gramnegative Bakterien emittierten, korreliert mit den gemessenen Koloniezahlen gramnegativer
Stäbchenbakterien in der Sperrflüssigkeit
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der Geruchsverschlüsse. Nur 25 bis 30 %
der Geruchsverschlüsse wiesen zum Zeitpunkt der Untersuchung eine Koloniezahl von <103 KBE/ml auf, lagen also in
dem für die Bakterienemission aus dem
Siphon weniger kritischen Bereich (Abbildung 2).
Auf Grund der Bedeutung der Biofilmbildung für das Vorkommen von Mikroorganismen in durchflossenen Leiergibt
sich
die
tungssystemen
Notwendigkeit, seine Bildung zu unterdrücken. Wird die gesamte Sperrflüssigkeit
im Siphon durch steriles Wasser ersetzt,
wird der ursprüngliche Bakteriengehalt
von 105 bis 106 KBE/ ml nach ca. 60 min
nahezu wieder erreicht, d. h. durch Ablaufen lassen von Wasser ist keine Unterdrückung der Biofilmbildung und keine Sicherheit vor Emissionen erreichbar. Im
Gegensatz dazu wird durch kontinuierliche sonothermische Desinfektion des Geruchsverschlusses der Bakteriengehalt kontinuierlich auf 0 bis max. 500 KBE/ml
begrenzt. Emissionsmessungen bei ablaufendem Leitungswasser ergaben während
des kontinuierlichen Betriebs des BioRec®
keine nachweisbare bakterielle Emission
in die Umgebung. Wurde die thermische
Desinfektion ausgeschaltet, unterschied
sich die Situation nicht von der im Zeitraum vor Einführung des BioRec®. Damit
bietet die thermische Desinfektion des Siphons bei Intervalltemperierung auf 85 °C
mit gleichzeitigem Vibrationssystem und
antimikrobieller Beschichtung der Innenwand eine sichere Möglichkeit zur Unterdrückung der Biofilmbildung im Siphon
und damit zur Ausschaltung dieses potentiellen Erregerreservoirs. Das ist vor allem
in Risikobereichen bzw. für infektionsgefährdete Patienten von Bedeutung.
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Hyg Med 30. Jahrgang 2005 – Heft 4
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