Unmittelbar bevorstehende grundlegende Veränderungen im Vertrieb kollektiver Kapitalanlagen an institutionelle Investoren in der Schweiz Dr. Matthäus Den Otter Carnegie Fund Services SA Die Schweiz ist seit jeher ein attraktiver und relativ leicht zugänglicher Markt für den Vertrieb ausländischer Anlagefonds. Ende November 2014 lag das Gesamtvolumen der zum Verkauf an Privatanleger zugelassenen Fonds (einschliesslich ihrer institutionellen Anlegern vorbehaltenen Anteilsklassen) bei über CHF 850 Milliarden. Doch dies stellt nur einen Teil des schweizerischen Fondsmarktes dar. Laut der Schweizerischen Nationalbank lagen zum Jahresende 2014 bei Schweizer Banken auf Wertpapierkonten von schweizerischen und ausländischen vermögenden Privatpersonen und institutionellen Kunden rund weitere CHF 800 Milliarden privat platzierter Fondsanlagen. Der Grund dafür ist nicht nur die Bedeutung der Schweiz als weltweites Zentrum für Vermögensverwaltung, sondern auch ihr gut entwickeltes System aus Versicherungsgesellschaften und Pensionskassen, die eine Vermögensmasse von annähernd CHF 1,2 Billionen darstellen. Ausländische Vermögensverwalter werden sehr bald neue Regeln befolgen müssen, vor allem wenn sie beabsichtigen, ihre Produkte Schweizer Pensionskassen und sogenannten „Qualifizierten Anlegern“ anzubieten. Am 1. März 2013 ist in der Schweiz das revidierte Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG) in Kraft getreten. Das KAG regelt auf Bundesebene die gesamte Wertschöpfungskette der Fondswirtschaft und der Fondsverwalter in der Schweiz. Es wird durch Verordnungen und die Selbstregulierung der Swiss Funds & Asset Management Association (SFAMA) ergänzt. Zudem hat die FINMA eine geänderte Fassung ihres Rundschreibens zum Vertrieb kollektiver Kapitalanlagen herausgegeben. Auslöser für die KAG-Revision war die Umsetzung der AIFM-Richtlinie in der EU. Ziel der Revision war es, die schweizerische Gesetzgebung mit den neuen AIFM-Regeln für Drittstaaten gleichwertig zu machen (denn die Schweiz ist ein „Drittstaat“ im Sinne der AIFM-RL). Im KAG sind in einem einzigen Gesetz mit der OGAW-Richtlinie, der AIFM-Richtlinie und (wo zutreffend) mit der Finanzmarktrichtlinie (MiFID) gleichwertige Regelungen vereint. Mit Ablauf der Übergangsfrist am 28. Februar 2015 treten die geänderten Regeln für den Vertrieb durch im Ausland domizilierte Vermögensverwalter vollumfänglich in Kraft. Auf drei dieser Änderungen möchte ich genauer eingehen: 1. Die gesetzlich verankerte Definition des „Vertriebs ausländischer kollektiver Kapitalanlagen“ wurde erweitert o Als Vertrieb gilt nunmehr „jedes Angebot und jede Werbung für kollektive Kapitalanlagen mit der Absicht, eine Zeichnung von Anteilen durch die Anlegerzielgruppe zu bewirken“ o Sämtliche Formen von Marketing/Vertrieb im weitesten Sinne (darunter Factsheets, Empfehlungen, Roadshows, im Internet veröffentlichte Inhalte usw.) gelten im Sinne der neuen Regelung als „Vertrieb“. 2. Die Ausnahmeregelung für Privatplatzierungen gilt weiterhin, allerdings nur noch für bestimmte Kategorien von qualifizierten Anlegern. Diese umfassen die folgenden beaufsichtigten Finanzinstitutionen: o o o o o o o Banken Effektenhändler Fondsleitungen Vermögensverwalter kollektiver Kapitalanlagen Zentralbanken Versicherungsgesellschaften sowie Finanzinstitute, die ihren Kunden Fonds anbieten und einen schriftlichen Vermögensverwaltungsvertrag oder einen langfristigen Beratungsvertrag mit den Kunden abgeschlossen haben Das Angebot und die Vermarktung von Fonds an solche Institutionen und spezifische Kategorien ihrer Kunden gelten als „Privatplatzierung“ und werden vom KAG nicht erfasst. Bitte beachten Sie, dass die so genannten „unabhängigen Vermögensverwalter“ („uVV“), d.h. über 2‘000 kleine und mittelgrosse Unternehmen, die keine FINMA-Bewilligung besitzen und nicht der FINMA-Aufsicht unterstellt sind, aber die Vermögen ihrer Kunden zur Verwahrung bei einer Schweizer Bank hinterlegen müssen, NICHT aus eigenem Recht als qualifizierte Anleger gelten. Der Verkauf von Fonds an Kunden, deren Vermögen diese Institutionen diskretionär verwalten und für die sie als langfristige Berater fungieren, wird vorbehaltlich bestimmter Bedingungen jedoch ebenfalls unter die Ausnahmeregelung für Privatplatzierungen fallen (siehe Punkt 4 unten). Es gibt einige weitere Ausnahmen, insbesondere für Werbung auf Veranlassung oder auf Eigeninitiative des Anlegers. Achtung: Trotz dieser Safe Harbour Regelung betreffend die Privatplatzierung können Schweizer Banken, bei denen Anlegervermögen hinterlegt ist, gegebenenfalls von den Fonds, die sie für ihre Kunden verwahren, die Bestellung eines Schweizer Vertreters und einer Schweizer Zahlstelle „auf freiwilliger Basis“, wie unten beschrieben, verlangen. 3. Vertrieb an eine neu definierte Kategorie „qualifizierter Anleger“ Nach der Finanzkrise wurde weitgehend akzeptiert, dass auch institutionelle Anleger ein gewisses (eingeschränktes) Mass an Anlegerschutz benötigen. Daher führt das revidierte KAG eine neue Kategorie „qualifizierter Anleger“ ein, die folgende Personen umfasst: o o öffentlich-rechtliche Körperschaften, Vorsorgeeinrichtungen und Unternehmen mit professioneller Tresorerie vermögende Privatpersonen, die schriftlich erklärt haben, dass sie als qualifizierte Anleger gelten wollen und bei denen es sich entweder um Personen mit den notwendigen Kenntnissen des Finanzsektors und einem Nettovermögen von mindestens CHF 500‘000, oder wohlhabende Personen mit einem Nettovermögen von mindestens CHF 5 Millionen handelt. Jedes an solche Anleger gerichtete Angebot von und jede Werbung für ausländische Fonds gilt nunmehr als „Vertrieb“ und erfordert die Bestellung eines Vertreters und einer Zahlstelle. Ausserdem müssen die im Vertrieb tätigen Personen die neu eingeführte Protokollierungspflicht einhalten, wenn sie einem Kunden die Zeichnung eines Fonds empfehlen und sowohl qualifizierte als auch Privatanleger über die verschiedenen anfallenden Gebühren und Kosten informieren, einschliesslich allfälliger Anreize jeglicher Art. 4. Schlussfolgerung Der Vertrieb ausländischer Fonds an qualifizierte Anleger in der Schweiz erfordert nunmehr die Bestellung eines Schweizer Vertreters und einer Zahlstelle für den im Ausland domizilierten Fonds, es sei denn: i. ii. iii. die Fonds werden ausschliesslich an von der FINMA beaufsichtigte Finanzintermediäre und Versicherungseinrichtungen vertrieben, oder das Angebot und die Werbung erfolgen ausschliesslich auf Veranlassung oder auf Eigeninitiative des Anlegers, oder das Angebot der und die Werbung für die Fonds erfolgen im Rahmen eines schriftlichen Beratungsvertrags mit einem von der FINMA beaufsichtigten Finanzintermediär oder einem uVV, oder iv. die Fonds werden im Namen eines Kunden auf der Grundlage eines schriftlichen Vermögensverwaltungsvertrags mit einem von der FINMA beaufsichtigten Finanzintermediär oder uVV erworben. Im Gegensatz zum Vertrieb von Fonds an Schweizer Privatanleger, bedarf es jedoch keiner Genehmigung der Produkte durch die FINMA und es gibt keine Einschränkungen bezüglich des Domizils und der Regulierung (wenn zutreffend) der betreffenden ausländischen Fonds. Daher unterliegt der Vertreter, der selbst eine von der FINMA bewilligte und beaufsichtigte Finanzinstitution sein muss, keinen gesetzlichen Berichterstattungs- und/oder Publikationspflichten gegenüber der Aufsichtsbehörde und den betreffenden qualifizierten Anlegern. Der ausländische Vermögensverwalter muss den Schweizer Vertreter jedoch über jegliche Änderung der Fondsunterlagen informieren und die aktuellen Versionen müssen den qualifizierten Anlegern auf Anfrage beim Vertreter zur Verfügung stehen. Allgemein formuliert, erfüllt der Schweizer Vertreter eine Compliance-Funktion für ausländische Vermögensverwalter in der Schweiz und berät diese über alle Aspekte des Vertriebs an institutionelle Fondsanleger in der Schweiz, ohne jedoch an den spezifischen Vertriebs- und Werbeaktivitäten ihrer Kunden teilzunehmen. Dr. Matthäus Den Otter, nicht-geschäftsführendes, unabhängiges Verwaltungsratsmitglied der Carnegie Fund Services SA, verfügt über rund 30 Jahre Erfahrung in der schweizerischen Fonds- und Vermögensverwaltungsbranche, wo er bei der Aufsichtsbehörde, in der Geschäftsleitung von Fondsgesellschaften und bis zu seiner Frühpensionierung im Jahr 2013 als Geschäftsführer bei der Swiss Funds Association (heute SFAMA) beschäftigt war. Er ist als Berater und unabhängiges Verwaltungsratsmitglied für mehrere Unternehmen tätig. Carnegie Fund Services SA mit Sitz in Genf ist eine unabhängige Vertreterin und Vertriebsträgerin ausländischer kollektiver Kapitalanlagen und seit 2003 im Besitz einer FINMA-Bewilligung. Das CFS-Team besteht aus 23 qualifizierten Mitarbeitenden in den Bereichen Recht, Operations und Übersetzung, die täglich im Dienst der Kunden stehen, welche u.a. in Dublin, Hongkong, auf den Kaimaninseln, in Kalifornien, London, Luxemburg, Paris, Singapur, Stockholm und Tallinn domiziliert sind. Eine stetig wachsende Zahl von Fondsanbietern nimmt auch die Dienste von CFS als Globale Vertriebsgesellschaft, die operationelle und rechtliche Lösungen hausintern entwickelt und aus einer Hand anbietet, in Anspruch. Weitere Informationen zur Gesellschaft finden Sie auf www.carnegie-fund-services.ch.