Bodenbakterien beeinflussen die Luftreinigung - Max-Planck

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LaborPraxis Online vom 19.09.2013
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PRI 12. September 2013 (einige
Abbildungen entfernt)
Lufreinigung
Bodenbakterien beeinflussen die Luftreinigung
Ein internationales Team um Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie hat festgestellt, dass Bakterien in der obersten
Bodenschicht beträchtliche Mengen salpetrige Säure (HONO) in gasförmiger Form an die Luft abgeben. Das Gas zerfällt bei
Licht rasch in Stickstoffmonoxid und Hydroxylradikale. Letztere reinigen die Luft, weil sie diverse Schadstoffe oxidieren und
so beseitigen. Die Erkenntnisse des Forscherteams bieten eine Erklärung, warum in der Atmosphäre mehr HONO gemessen
wird, als aus den bekannten Quellen zu erwarten wäre.
Mainz Bereits vor einiger Zeit wiesen
Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie nach, dass aus Bodenproben HONO freigesetzt werden kann.
Wie nun eine neue Studie des Mainzer
Instituts zeigt, geben Bodenbakterien
das Gas auch direkt an die Luft ab und
beeinflussen damit die Reinigung der
Atmosphäre und den globalen Stickstoffkreislauf.
Je saurer der Boden, desto mehr
HONO wird abgegeben
Gemeinsam mit Kollegen haben wir vor
zwei Jahren herausgefunden, dass das
Gas aus Böden entweicht , erklärt
Ivonne Trebs, Gruppenleiterin am MaxPlanck-Institut für Chemie. Die Forscher schlussfolgerten damals, dass der
Boden umso mehr HONO freisetzt, je
mehr Nitrit-Ionen er enthält und je saurer er ist. Unter diesen Bedingungen bildet sich aus dem Nitrit salpetrige Säure,
die gasförmig in die Luft gelangen kann.
Dieser einfache chemische Bildungsweg lag zwar nahe, ist aber bis dahin
nicht berücksichtigt worden , so Ivonne
Trebs.
Robert Oswald und Michael Ermel,
Doktoranden bei Ivonne Trebs, vermuteten bereits damals, dass Bakterien im
Boden HONO auch direkt freisetzen
können. Mikroben, die sich von Ammoniak ernähren und sich daher vor allem
in neutralem bis leicht alkalischem
Milieu wohl fühlen, sind zwar schon
hinlänglich bekannt. Bisher dachten
Mikrobiologen und Geoforscher jedoch,
sie würden ihr Futter nur zu Nitrit
umsetzen, das sich im Boden löst. Dass
sie zudem auch Hydrogennitrit produzieren, das sie direkt an die Luft verströmen könnten, brachten dagegen erst die
jungen Mainzer Forscher ins Spiel.
Um ihre Vermutung zu überprüfen,
untersuchten die Wissenschaftler im
Labor Bodenproben von 17 verschiedenen Ökosystemen. Die meisten Erdproben schickten ihnen befreundete Forschungsgruppen aus aller Welt nach
Mainz. Wir haben zum Beispiel Bodenproben von einem rheinhessischen
Acker, aber auch aus einer Steinwüste in
China und einem Eukalyptuswald in
Australien untersucht , sagt die Umweltwissenschaftlerin Trebs.
oxidieren , sagt Michael Ermel. Zur
Bestätigung stellte der Chemiker auch
eine einfache Art künstlichen Boden aus
Glasperlen her und gab Ammoniak-oxidierende Bakterien hinzu. Aus der Probe
mit den Bakterien entwich viermal so
viel HONO wie aus einer sterilen Vergleichsprobe, der die Forscher eine
wässrige Nitrit-Lösung zusetzten.
Genauere Modelle der Atmosphärenchemie werden möglich
Globale HONO-Emissionen hängen Den Messungen an den verschiedenen
Bodenproben zufolge tritt am meisten
mit NO-Emissionen zusammen
salpetrige Säure aus einem Ackerboden
Für jede Bodenprobe bestimmten sie, aus, den die Forscher unweit von Mainz
wie viel HONO und wie viel Stickstoff- einsammelten. Die Emissionen scheimonoxid (NO) die Erde ausgast. Dass nen dann besonders groß zu sein, wenn
Bakterien auf unterschiedlichen Wegen die Erde abwechselnd mal feucht und
NO erzeugen und abgeben, ist bereits mal trocken ist , erklärt Robert Oswald.
bekannt. Diese Emissionen sind welt- Die feuchten Phasen brauchen die Bakweit recht gut erfasst, weil auch NO ein terien offenbar, um besonders aktiv zu
wichtiges Spurengas ist und bei vielen werden. Auch unter diesen Bedingunchemischen Reaktionen wie etwa der gen stellen die Bakterien salpetrige
Ozon-Bildung in der Atmosphäre mit- Säure her, die teils als Nitrit im feuchmischt , erklärt Thomas Behrendt, der ten Boden verbleibt und teils als HONO
am Mainzer Max-Planck-Institut die in die Atmosphäre übergeht. In
NO-Emissionen von Böden misst. Wir trockenem Boden geben die Mikroben
haben nun festgestellt, dass neutrale und das Gas hingegen direkt an die Luft ab.
alkalische Böden etwa genauso viel Dass Bodenbakterien salpetrige Säure
HONO abgeben wie NO, sodass wir aus direkt an die Luft abgeben und somit die
den bekannten NO-Emissionen der Selbstreinigung der Atmosphäre beeinBodenbakterien auf ihre direkten flussen, berücksichtigen Modelle der
HONO-Emissionen schließen können. globalen Atmosphärenchemie bisher
Den entscheidenden Hinweis auf die nicht. Unsere Erkenntnisse werden dazu
direkte bakterielle HONO-Bildung beitragen, die Genauigkeit dieser
brachte aber ein einfaches Experiment: Modelle zu verbessern , sagt Ivonne
Die Forscher verglichen natürliche Trebs. So können die Forscher in
Bodenproben mit Proben, in denen die Zukunft berücksichtigen, dass die bakteBakterien abgetötet wurden. Aus den rielle HONO-Quelle in vielen Regionen
unbehandelten Bodenproben entwich anders auf den Klimawandel und die
viermal so viel HONO wie aus den ste- zunehmende Trockenheit reagieren
rilisierten Böden. HONO wird durch würde, als die bisher bekannten HONOBakterien gebildet, die in der obersten Emissionen. Künftige Untersuchungen
Bodenschicht sitzen und Ammoniak dürften über solche Zusammenhänge
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noch mehr Klarheit bringen, so Ivonne
Trebs: Mit weiteren Labor- und Feldmessungen werden nun die global abgegebenen Mengen und die Details der
HONO-Bildung im Boden bestimmt.
Originalpublikation: R. Oswald, T.
Behrendt, M. Ermel, D. Wu, H. Su, Y.
Cheng, C. Breuninger, A. Moravek, E.
Mougin, C. Delon, B. Loubet, A. Pommerening-Röser, M. Sörgel, U. Pöschl,
T. Hoffmann, M.O. Andreae, F.X.
Meixner und I. Trebs; HONO emissi-
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ons from soil bacteria as a major source
of atmospheric reactive nitrogen;
Science, 13. September 2013; doi:
10.1126/science.1242266
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