02.12.2015 Wie wird der Klimawandel Niederösterreich betreffen? Wolfgang Lexer, Umweltbundesamt St. Pölten, Landhaus, 1. Dezember 2015 © M. Deweis Überblick Vergangene Klimaänderung Das Klima der Zukunft Klimawandelanpassung: Notwendigkeit, Bedarf, Mehrwert Zusammenhang Klimaschutz und Klimaanpassung Auswirkungen des Klimawandels (Beispiele) Anpassung: Anknüpfungspunkte für Regionen und Gemeinden 2 1 02.12.2015 Die Bedeutung der lokalen und regionalen Ebene im Klimawandelproblem Grafik: Umweltbundesamt. Quelle: APCC (2014): Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel (AAR14); erweitert. Foto: Franz Dollinger 3 Klimawandel: Die Ursache des Problems Anthropogener Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre Sonnenaktivität Vulkanismus KLIMAFAKTOR MENSCH Landnutzung Quelle: IPCC 2013 4 2 02.12.2015 Klimawandel: Die Ursache des Problems Anthropogener Anstieg der CO2-Konzentration in der Atmosphäre Sonnenaktivität Quelle: Haimberger et al. 2014; in AAR14 (APCC). Vulkanismus KLIMAFAKTOR MENSCH Landnutzung Quelle: IPCC 2013 5 Klimawandel findet statt Wie hat sich das Klima bereits verändert? 6 3 02.12.2015 Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel 2014 Austrian Panel on Climate Change (APCC) IPCC-ähnlicher Bericht in drei Bänden Fasst bestehendes Wissen zum Klimawandel in Österreich zusammen Drei Bände: 1) Einflussfaktoren und Ausprägungen 2) Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft 3) Vermeidung und Anpassung Von 240 ExpertInnen in mehr als drei Jahren erarbeitet http://www.ccca.ac.at 7 Beobachtete globale Erwärmung • • • • Globaler Temperaturanstieg: + 0,85° C Über den Landflächen: +1,3° C 10 wärmste Jahre: seit 1997 Erwärmungsrate hat sich beschleunigt (IPCC: AR5, 2013) Erwärmungstrends pro Dekade 1900-2010 1980-2010 Quelle: Morice et al. (2012); zitiert in: Kromp‐Kolb et al. (2014). In: Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel (AAR14), APCC.8 4 02.12.2015 Rückblick: Extreme Witterungsperioden in Österreich Frühjahr/Sommer 2013 Extrem nass bis extrem trocken 2002 und 2003 in wenigen Wochen! Historisches Hochwasser; Dimension von 2002 vielerorts überschritten. Größtenteils der trockenste Sommer seit 1932 Hitzewelle: neuer Temperaturrekord (40,5°C, Bad Deutsch-Altenburg) Winter 2013/2014 Zweitwärmste Winter in der 247-jährigen Messgeschichte (nach 2006/07); österreichweit um 2,7°C über dem vieljährigen Mittel Jahr 2014 Wärmstes Jahr seit Beginn der Messungen; um 1,7 °C über dem vieljährigen Mittel. Markant waren in diesem Jahr nicht lange Hitzewellen, sondern konstant überdurchschnittlich hohe Temperaturen. Sommer 2015 Zweitwärmster Sommer der Messgeschichte In OÖ, NÖ und Wien trockenster Sommer seit 1911 9 Beobachtete Klimaänderung in Österreich Jahresmittel der Temperatur für Österreich 1768-2011 (relativ zu 1901-2000) und globales Mittel 1850-2011 10 Quelle: Böhm (2012); zitiert in: Kromp‐Kolb et al. (2014). In: Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel (AAR14), APCC. 5 02.12.2015 Entwicklung der Temperatur in Österreich Zunahme d. Jahresmitteltemperatur im Alpenraum u. in Österreich seit vorindustrieller Zeit: rund +2°C mehr als das Doppelte der mittleren globalen Erwärmungsrate Ab 1980 Beschleunigung: > +1°C Sehr einheitlicher Trend in Österreich 17 der 25 wärmsten Jahre der Messgeschichte wurden seit 1989 verzeichnet Markante Zunahme von Temperaturextremen (Hitzetage): kalte Nächte seltener, heiße Tage häufiger 11 Zunahme von Hitzetagen (>30°C) Zahl der Hitzetage im Vergleich (30°C und mehr) Stadt Seehöhe Durchschnittliche Zahl der Hitzetage im Zeitraum (m) 1961-1990 1971-2000 1981-2010 Rekorde Zahl Jahr Klagenfurt 450 6,2 8,7 13,9 40 2003 Linz 262 5,8 7,8 10,8 32 2015 Innsbruck 578 9 10,4 16,6 45 2003 Wien 198 9,6 11,5 15,2 42 2015 Quelle: ZAMG 2015 (www.zamg.ac.at) Die Ausnahme-Hitzejahre 2003 und 2015 könnten in 30-50 Jahren die Normalität sein 12 6 02.12.2015 Niederschlagsentwicklung in Österreich Mittlerer Jahresniederschlag in Österreich: Langfristige Abweichung vom Mittel des 20. Jahrhunderts (1901-2000) Quelle: Böhm (2012); zitiert in: Auer et al. (2014). In: Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel (AAR14), APCC. 13 Veränderung des Niederschlags in Österreich Regional unterschiedliche Trends der Summen des Jahresniederschlags Zunahme um 10-15% im Westen Abnahme in ähnlicher Größenordnung im Südosten Kein langfristiger Veränderungstrend im Norden und inneralpin (bei teils ausgeprägter dekadischer Variabilität) Entspricht Dipol-Charakter der Niederschlagsverhältnisse und -trends im gesamten Alpenraum entlang klimatischem NW-SE-Gradienten (Luv-/Lee-Seite Alpenhauptkamm) Österreich liegt im Übergangsbereich (erhöhte Unsicherheiten bei regionaler Klimamodellierung) 14 7 02.12.2015 Wie wird das Klima im 21. Jahrhundert? 15 Von globalen Treibhausgasszenarien… IPCC, AR5: Repräsentative Konzentrationspfade (RCPs) anstelle der früheren Emissionsszenarien (SRES) RCPs definieren Konzentrationsverläufe bis 2100 und dazugehörige sozioökonomische Entwicklungspfade mit klimapolitischen Maßnahmen Sehr unterschiedliche Quelle: Fuss et al 2014; CDIAC; Global Carbon Budget 2014. Konzentrationspfade (politisch-gesellschaftlicher Unsicherheitsfaktor) Wir entscheiden, ob sich die Welt Richtung Klimaschutz (RCP2.6) oder Richtung unkontrollierbare Erwärmung (RCP8.5) entwickelt! 8 02.12.2015 … zu globalen Klimaszenarien Bandbreite des projizierten globalen Temperaturanstiegs bis 2100 (IPCC, 2013): max. + 2°C international akkordiertes politisches Ziel rel. zu 1850-1900: +0,9 - +5,4°C abhängig von RCP (= Klimaschutz) 2°-Ziel wird nur im ehrgeizigsten Konzentrationspfad erreicht (setzt erhebliche Anstrengungen zur Emissionsreduktion voraus!) 17 Quelle: Rogelj et al. (2012); zitiert in: Kromp‐Kolb et al. (2014). In: Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel (AAR14), APCC. Grundsätzliches zu regionalen Klimaszenarien Gradient zunehmender Unsicherheiten Temperatur (robust) Niederschlag (unsicher) Großräumig (gut) Kleinräumig (unsicher) Langfristige Trends Extremereignisse (per se unsicher) 18 9 02.12.2015 Temperaturanstieg in Österreich bis 2100 bis 2050: +1,4°C rel. unabhängig von THGSzenarien bis 2100: +3,5°C emissions- abhängig, beeinflussbar Quelle: ZAMG (Reclip‐Szenarien); zitiert in: Kromp‐Kolb et al. (2014). In: Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel (AAR14), APCC. 19 Räumliche Verteilung des Temperaturanstiegs SOMMER WINTER 2021‐2050 2069‐2098 20 Quelle: Gobiet et al., 2014; zitiert in: Ahrens et al. (2014). In: Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel (AAR14), APCC. 10 02.12.2015 Bandbreite der Klimazukunft? Zeitliche Entwicklung von Klimawandelszenarien in Niederösterreich 1.5-2°C gemessen extrapolierter Trend ECHAM5/REMO_A2 8 Temperaturveränderung [°C] ECHAM5/REMO_A2_Trend Temperatur 7 ECHAM5/REMO_A1B ECHAM5/REMO_A1B_Trend 6 ECHAM5/REMO_B1 5 ECHAM5/REMO_B1_Trend 4 ECHAM5_B1 3 ECHAM5_A1B 2 ECHAM5_A2 HadCM3/CLM_A1B 1 BCN/HIRHAM_A1B 0 MPI-REMO_A1B MPI-REMO_B1 -1 MPI-REMO_E1 2100 2095 2090 2085 2080 2075 2070 2065 2060 2055 2050 2045 2040 2035 2030 2025 2020 2015 2010 2005 2000 1995 1990 1985 1980 1975 -2 3-4°C 21 Quelle: Lexer et al. (2011); Zusammenstellung fürProjekt RIVAS. Hitzetage: am Beispiel Oberösterreich Anzahl der Hitzetage (Tmax > 30 °C) in Oberösterreich heute und für 3 Zeiträume im 21. Jahrhundert (mittleres Szenario): Heute: • durchschnittlich 5 Hitzetage in den Tieflagen, 10 in den wärmsten Regionen. Bis 2100: • bis zu 50 Hitzetage in den wärmsten Regionen • mehr als 30 Hitzetage in den Tieflagen Quelle: Formayer et al. (2015). 22 11 02.12.2015 Niederschlagsänderung in Österreich bis 2100 WINTER Zunahme um rd. 10% SOMMER Abnahme um rd. 10-20% Quelle: Kromp‐Kolb et al. (2014). In: Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel (AAR14), APCC (ENSEMBLES, reclip:century). 23 Räumliche Verteilung der Niederschlagsänderung SOMMER WINTER 2021‐2050 2069‐2098 24 Quelle: Gobiet et al., 2014; zitiert in: Ahrens et al. (2014). In: Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel (AAR14), APCC. 12 02.12.2015 Zusammenschau: Klimaänderungstrends in NÖ Temperatur Weiterer Anstieg der mittleren Jahrestemperaturen: um +1.4 - 2°C bis 2050 und um +3,5 – 4°C bis 2100 (gegenüber heute) Tendenziell raschere Erwärmung in Lagen südlich des Alpenhauptkamms Deutliche Zunahme der Hitzetage, Abnahme der Frosttage Temperaturinduzierte Veränderungen (Schneefallgrenze, Gletscherrückgang, Erhöhung der Evapotranspiration) sind sehr robust Niederschlag Kein eindeutiger Trend bei Jahresniederschlagsmengen (tendenziell feuchter nördlich Alpenhauptkamm und trockener südlich) Jahreszeitliche Verlagerung der Niederschläge aus der Vegetationsperiode in den Winter: Zunahme im Winter, stärkere Abnahme im Sommer Niederschlagsmodellierung im Alpenraum mit hohen Unsicherheiten behaftet; regionale Differenzierung von Niederschlagsmustern Erhöhte Niederschlagsvariabilität zu erwarten (zwischen Jahren und Mehrjahresperioden) 25 Zusammenschau: Klimaänderungstrends in NÖ Anstieg Schneefallgrenze, Verkürzung Schneedeckendauer Extremwettereignisse Zunahme der Häufigkeit von Hitzewellen (von rd. 5 heute auf etwa 15 pro Jahr bis Ende des Jahrhunderts) Zunahme von Trocken- und Dürreperioden wahrscheinlich Großräumige Extremniederschläge haben seit 1980 eher zugenommen; Klimamodelle lassen zukünftig mehr Extremniederschlagsereignisse erwarten o Modellierungsergebnisse für Mitteleuropa: Zunahme der Niederschlagshäufigkeit und –intensität um 10% im Winter o Intensitätszunahme von 30-jährlichen Niederschlagsereignissen um 17-26% (Periode 2007-2051) im Sommer; besonders ausgeprägt im Herbst im Süden und Südosten Österreichs Zunahme von kleinräumigen Starkniederschlagsereignissen (sommerliche Gewittertätigkeit) aus physikalischen Gründen wahrscheinlich Sturmereignisse: keine belastbaren Aussagen möglich 26 13 02.12.2015 Warum ist Klimaanpassung gleichermaßen notwendig wie der Klimaschutz? 27 Was ist Anpassung an den Klimawandel? Klimawandelanpassung: All jene Initiativen, Strategien und Maßnahmen, die ergriffen werden, um „die Verletzlichkeit natürlicher oder menschlicher Systeme gegenüber tatsächlichen oder erwarteten Auswirkungen der Klimaänderung zu verringern“ [IPCC, 2007] Anpassungsmaßnahmen dienen der Bewältigung der Folgen eines sich wandelnden Klimas (z.B. verstärkte lokale Niederschläge, höhere Temperaturen, Wasserknappheit). [EC 2007] Anpassung zielt darauf ab: • die Risiken (Klimafolgeschäden und –kosten) gegenwärtiger und künftiger negativer Auswirkungen von Klimaänderungen zu vermeiden oder kostenwirksam zu verringern • potenzielle Chancen und Vorteile zu nutzen • die Robustheit bzw. Resilienz gegenüber zukünftigen Klimaänderungen zu erhöhen. 28 14 02.12.2015 “Business-as-usual” Pfad führt ca. 2050 zur Verdoppelung der CO2-Konzentration ≈ 2045 Quelle: Nakicenovic et al., 2000; IPCC WG I, 2014; GEA, 2012; zitiert in: Kromp‐Kolb et al. (2014). In: Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel (AAR14), APCC. 29 Quelle: GEA, 2012; zitiert in: Bednar‐Friedl et al. (2014). In: Österreichischer Sachstandsbericht Klimawandel (AAR14), APCC. Um Temperaturanstieg auf 2°C zu stabilisieren, ist deutliche Abschwächung der THG-Emissionen bereits 2010-2030 und eine Reduktion der um 3070% bis 2050 erforderlich. 15 02.12.2015 THG-Emissionen: Trend vs. Szenarien 31 Warum ist Klimaanpassung notwendig? Klimawandel ist kein Zukunftsszenario mehr, sondern eine Tatsache Das Klimaänderungssignal für die nächsten Jahrzehnte ist durch Treibhausgasemissionen der Vergangenheit bereits weitgehend vorgegeben (lange Verweildauer von CO2 in der Atmosphäre, Trägheit des Klimasystems) Selbst bei einem sofortigen vollständigen Stopp des Ausstoßes von Treibhausgasen ist eine weitere Temperaturerhöhung mit entsprechenden Auswirkungen unvermeidbar Die reale Entwicklung der THG-Emissionen liegt bereits am oberen Rand der „worst-case“ IPPC-Szenarien => selbst Umsetzung der bisherigen freiwilligen UN-Emissionsminderungsziele (Cancun, Copenhagen) würde zu Erwärmung von über 4°C bis 2100 führen Je höher die CO2-Konzentrationen, desto geringer die stabilisierende Wirkung von moderaten THG-Reduktionen auf das Klima 32 16 02.12.2015 Warum ist Klimaanpassung notwendig? Die globalen GEA-Emissionsminderungsszenarien (Reduktion ab 2010) erfordern teils bereits „negative“ Emissionen gegen 2100, um den Temperaturanstieg auf 2° C zu stabilisieren => je später Reduktionen einsetzen, desto unwahrscheinlicher die Einhaltung des 2°C-Ziels Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel sind notwendig! Klimaschutz ist ohne Alternative: unser heutiges Verhalten beeinflusst wesentlich die Bedingungen in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts und darüber hinaus Anpassung ist als Ergänzung zum Klimaschutz unerlässlich, um unerwünschte Folgen auf natürliche, soziale und wirtschaftliche Systeme abzumildern und Schäden sowie Kosten zu reduzieren/vermeiden Mit fortschreitender Klimaänderung nehmen die Möglichkeiten für eine erfolgreiche Anpassung ab und die damit verbundenen Kosten steigen 33 Mehrwert der Anpassung Klimaanpassung erfordert lokales Handeln, bringt aber auch unmittelbaren lokalen Nutzen! Die Kosten des „Nicht-Handelns“ werden bedeutend höher sein als die Kosten der Anpassung Wir sind schon heute oft unzureichend an wetter- und klimabedingte Risiken angepasst Die Verletzlichkeit der Gesellschaft (Wertesteigerung, Siedlungsausdehnung, Schadenspotenzial) nimmt unabhängig vom Klimawandel stetig zu Viele Anpassungsmaßnahmen erbringen in jedem Fall (teils mehrfachen) Nutzen und können die Resilienz gegen andere externe Stressfaktoren erhöhen Berücksichtigung zukünftiger Klimaänderungen bei heutigen Entscheidungen hilft, Fehlinvestitionen und nachteilige Pfadabhängigkeiten („lock-in“-Effekte) zu vermeiden Anpassung als Hebel zu nachhaltigen (transformativen) Entwicklungspfaden: Sichern von Zukunftsoptionen und Erschließen 34 neuer Entwicklungsmöglichkeiten 17 02.12.2015 Zwei Antworten auf den Klimawandel …die miteinander zusammenhängen und sich wechselseitig ergänzen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen (vor allem aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe) an ein sich ÄNDERNDES Klima zur Vermeidung negativer Folgen durch die Auswirkungen des Klimawandels 35 Zwei Antworten auf den Klimawandel …die miteinander zusammenhängen und sich wechselseitig ergänzen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen (vor allem aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe) an ein sich ÄNDERNDES Klima zur Vermeidung negativer Folgen durch die Auswirkungen des Klimawandels 36 18 02.12.2015 Zwei Antworten auf den Klimawandel …die miteinander zusammenhängen und sich wechselseitig ergänzen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen (vor allem aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe) an ein sich ÄNDERNDES Klima zur Vermeidung negativer Folgen durch die Auswirkungen des Klimawandels 37 Klimaschutz und Anpassung Klimaschutz von heute entscheidet Anpassungsbedarf von morgen Klimaschutz kann Anpassung nicht ersetzen, umgekehrt sind der Anpassung ohne Klimaschutz Grenzen gesetzt Klimaschutz und Anpassung gemeinsam denken Anpassung und Klimaschutz oft nicht einfach zu trennen Sich zwischen Klimaschutz und Anpassung zu entscheiden, kann man mit der Wahl zwischen der Reparatur einer Fahrradbremse und dem Kauf eines Fahrradhelmes vergleichen. Funktionierende Bremsen helfen Unfälle zu vermeiden = Klimaschutz Der Helm hat den Sinn, einer Katastrophe zu entgehen, wenn der Unfall doch passiert = Anpassung 38 19 02.12.2015 Schnittstellen: Synergien & Konfliktpotenziale BEISPIELE Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden Verringerung der Heiz- und Energiekosten im Winter Klimaschutz geringere Hitzebelastung im Sommer Anpassung Erhaltung des Humusgehaltes der Böden Bindung von Kohlenstoff Klimaschutz Verbesserte Wasserspeicherkapazität bei Trockenperioden Anpassung Dezentrale Energieversorgungsstrukturen Kombination aus Erneuerbaren Energien und Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz Klimaschutz Reduzieren das Ausfallsrisiko von Systemen Anpassung 39 Die Auswirkungen des Klimawandels 40 20 02.12.2015 Klimawandel als globaler Prozess… 41 … mit lokalen Klimawandelfolgen Die Auswirkungen sind lokal. Der Alpenraum ist stärker betroffen als andere Regionen. Hochwasser Schädlinge Hitze Schneemangel Trockenheit Ernteausfälle Wassermangel Wetterextreme Allergien Murenabgänge Biodiversitätsverluste Waldbrände42 21 02.12.2015 Die Auswirkungen des Klimawandels betreffen alle Bereiche von Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt Gletscher/Permafrost Naturgefahrensituation Bauen & Wohnen Tourismus Wasser Landwirtschaft Siedlungen/ Infrastruktur Gesundheit Forstwirtschaft Energieversorgung Biodiversität © www.jestl.at © A. Felderer 43 Die Kosten des Nicht-Handelns COIN – Cost of Inaction Modellierung der ökonomischen Auswirkungen des Klimawandels (nur quantifizierbare Wirkungsketten) nach Sektoren und volkswirtschaftlich: Land- und Forstwirtschaft Verkehr und Mobilität Tourismus Fertigung und Handel Gesundheit Wasserver- & -entsorgung Urbane Räume Katastrophenmanagement Energie- und Stromversorgung http://coin.ccca.at/ 44 22 02.12.2015 Forstwirtschaft Zunehmender Trockenstress durch abnehmende Wasserverfügbarkeit erhöhten Wasserbedarf in der Vegetationsperiode Veränderungen in Standorteignung von Baumarten Zunehmende Schäden durch Borkenkäfer (Fichtenwälder) und neue pathogene Schadorganismen Zunahme der Schäden durch abiotische Störungsfaktoren (z.B. Stürme, Spät-/Frühfrost) und erhöhte Waldbrandgefahr Produktivitätsverluste v.a. im östlichen und nordöstlichen Flachland und inneralpinen Beckenlagen Verstärkung mit anderen Belastungsfaktoren (Wildverbiss, Immissionen) Lange Vorlaufzeiten bis zum Wirksamwerden von adaptiven Maßnahmen (lange Produktionszeiträume) Auswirkungen auf Waldfunktionen, gesamte Holzwertschöpfungskette und Volkswirtschaft Investitionen zum Erhalt der Schutzfunktion (Ersatzkosten): rd. € 85 Mio./Jahr bis 2040; rd. € 134 Mio./Jahr bis 2070 Verringerung BIP: rd. € 463 Mio./Jahr im Zeitraum 2036-2065 45 Klimastress von Fichtenbeständen Klimaänderungsszenario A1B: +4,5°C, bis -35% Niederschlag im Sommer Bis 2100 werden weite Gebiete Niederösterreichs, Oberösterreichs, der Steiermark und des Burgenlands für Fichte ungeeignet Quelle: Lexer M.J. et al., 2014. In: Österreichischer 46 Sachstandsbericht Klimawandel (AAR14), APCC. 23 02.12.2015 Landwirtschaft Ertragsrisiken, Ertragsausfälle u. Qualitätseinbußen durch Trocken- u. Hitzestress (insb. Ackerbau, aber teils auch Grünland) Hoch vulnerabel: Regionen mit Böden mit geringem Wasserspeichervermögen und ungünstiger klimatischer Wasserbilanz, die bereits heute in manchen Jahren von Trockenheit betroffen sind („sommerwarmer Osten“) Erhöhter Bewässerungsbedarf Anstieg Produktionspotenzial in kühleren Grünlandregionen mit ausreichend Niederschlag, Abnahme in niederschlagsärmeren Regionen Biotische Schadfaktoren: verstärkter Krankheits- und Schädlingsdruck Verschiebung/Ausbreitung des Gefahrenpotenzials Auftreten neuer Pflanzenschädlinge, Abnahme von Nützlingen Erhöhte Bodenerosion (Trockenheit, Starkniederschläge, Wind) Ernteausfälle durch Extremwetterereignisse (Hagel, Hochwasser) Stress in der Tierhaltung durch Anstieg der Hitzetage ( schwer einschätzbar) 47 Bodenerosion im Ackerbaugebiet (Mostviertel) 19752005 Niederschlagsszenarien 201020140 Quelle: Mitter et al 2012 (Projekt RIVAS). Tagesniederschlag +20%: Zunahme der sehr stark erosionsgefährdeten Ackerflächen um 83% (Anteil am Ackerland: +15%) Tagesniederschlag im Sommer (März-Aug) +20%: Zunahme der sehr stark erosionsgefährdeten Ackerflächen um 22% (Anteil am Ackerland: +4%) 48 24 02.12.2015 Hochwasserschutz, Naturgefahrenmanagement, Siedlungsraum Hochwasser: Einfluss des Klimawandels derzeit noch unsicher; Veränderung Hochwasserhäufigkeit liegt im Rahmen natürlicher Variabilität; abgesicherte Prognosen nicht möglich Maximale jährliche Hochwasserdurchflüsse haben in den letzten 30 Jahren an rd. 20% der Einzugsgebiete zugenommen, v.a. in kleineren Einzugsgebieten nördlich des Alpenhauptkamms und im Winter Zunahme von Häufigkeit und Intensität von Hochwässern im Winter und Frühling wahrscheinlich (Verlagerung) Kleinräumige Überschwemmungen aufgrund steigender Niederschlagsintensität (konvektive Starkniederschlagsereignisse, Gewittertätigkeit) wahrscheinlicher Gravitative Massenbewegungen (Rutschungen, Muren, Steinschlag): Deutliche Zunahme und Ausweitung von Gefahrenzonen v.a. in alpinen Regionen zu erwarten (Starkniederschläge, Auftauen Permafrost) Unabhängig vom Klimawandel: laufende Zunahme der Verletzlichkeit und des Schadensrisikos (Ausdehnung Siedlungsflächen, Wertsteigerung) 49 Folgen der Zunahme von Extremereignissen Erhöhtes Risiko betreffend: Gefährdung von Menschenleben; Beschädigung bzw. Zerstörung von Gebäuden und materiellen Werten Beschädigung von Infrastruktur und Leistungsausfälle/–unterbrechungen: Energieproduktion, Stromversorgungsnetze, Verkehrswege, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, etc. Überlastung von gebäude- und siedlungsbezogener Regenentwässerungs- und Abwasserentsorgungssysteme Überstauung von Trinkwassergewinnungsgebieten und -anlagen Regionalwirtschaftliche Kaskadenwirkungen durch Infrastrukturausfälle und –beeinträchtigungen: Temporäre Versorgungsengpässe, eingeschränkte Erreichbarkeit von Regionen Behinderung von Pendlerströmen, Produktivitätsausfälle Verminderte Attraktivität als Wohnort und Betriebsstandort Verschärfung von Raumnutzungskonflikten und Einengung von räumlichen Entwicklungsmöglichkeiten z.B. durch Raumbedarf für aktiven und passiven Hochwasserschutz, Ausweitung von Gefahrenzonen vs. Siedlungsflächenwachstum 50 25 02.12.2015 Exponierte Gebäude in naturgefahrenbedingten Risikozonen Gebäude in Österreich in ausgewiesenen Hochwasserrisikogebieten (2013) Gebäude in Österreich in Gefahrenzonen Wildbach/Lawine (2013 Quelle: BMLFUW, 2015 (Daten: wie angegeben). Quelle: BMLFUW, 2015 (Daten: wie angegeben). 51 Zukünftige Schadenskosten durch Hochwasser Modellierungsergebnisse Projekt COIN: Mittlere jährliche Hochwasserschäden 1981-2010: € 200 Mio. Modellierte Bandbreite zukünftiger Hochwasserschäden an Gebäuden (szenarienabhängig): 2016-2045: jährlich € 288 – 940 Mio. 2036-2065: jährlich € 430 – 1.787 Mio. Volkswirtschaftliche Auswirkungen: Jährliche Wohlfahrtsverringerung um € 1 Mrd. im Zeitraum 2036-2045 (nur klimawandelbedingter Schadensanteil) Bandbreite der Schäden eines einzelnen 100-jährlichen Hochwasserereignisses: Mitte 21. Jahrhundert: € 4 – 7 Mrd. Ende 21. Jahrhundert: € 8 – 41 Mrd. (Prettenthaler et al., 2014) 52 26 02.12.2015 Anpassung an den Klimawandel: Politischer Rahmen und Anknüpfungspunkte für Regionen und Gemeinden 53 Österreichische Strategie zur Anpassung an den Klimawandel Bundesweiter Orientierungsrahmen für koordinierte Umsetzung von Maßnahmen zur Klimawandelanpassung 54 27 02.12.2015 Inhalte: Überblick Aktionsplan: 14 Aktivitätsfelder, 132 Handlungsempfehlungen Aktivitätsfelder Landwirtschaft Forstwirtschaft Wasser Tourismus Energie Bauen und Wohnen Schutz vor Naturgefahren Ökosysteme/Biodiversität Verkehrsinfrastruktur Gesundheit Katastrophenmanagement Wirtschaft/Industrie/Handel Raumordnung Stadt – Urbane Grün- und Freiräume Für jedes Aktivitätsfeld Allgemeine Beschreibung Zusammenfassung Vulnerabilitätsabschätzung Generelle Handlungsprinzipien Spezifische Handlungsempfehlungen Titel – Ziel – Bedeutung – Bezug zu anderen Aktivitätsfeldern – Bezug zu bestehenden Instrumenten – Stand der Umsetzung – Empfohlene weitere Schritte – Möglicher Ressourcenbedarf – Mögliches Konfliktpotenzial – HandlungsträgerInnen – Zeithorizont 55 Umsetzung in den Bundesländern 56 28 02.12.2015 Anpassung betrifft alle! Politik und Verwaltung auf allen Ebenen Viele Handlungsfelder/Sektoren Wirtschaft Jede/jeden Einzelnen Anpassung an den Klimawandel ist ein herausforderndes Querschnittsthema! 57 Handlungsmöglichkeiten von Gemeinden und Regionen zur Klimaanpassung Gemeinden haben vielfältige Handlungsmöglichkeiten im Rahmen ihrer Gemeindekompetenzen, Wirkungsbereiche, als Anbieter/Bereitsteller von Dienstleistungen, als Errichter/Erhalter von Infrastrukturen im Bereich der Daseinsvorsorge 58 29 02.12.2015 Unterstützung von Gemeinden und Regionen bei der Anpassung an den Klimawandel Brauche ich wirklich alle diese Ergebnisse? Entsprechen sie meinem Informationsbedarf? Liegen sie in der für mich richtigen Form vor? Kann ich sie in meinen Entscheidungen nutzen? Hier ist all das Wissen, das Sie brauchen könnten! Cartoon: Simon Kneebone/© Jochen Bürgel 59 FAMOUS Handbuch Methoden und Werkzeuge zur Anpassung an den Klimawandel: Handbuch für Bundesländer, Städte und Regionen Teil 1: Beschreibung der wesentlichen Schritte in einem Anpassungsprozess Teil 2: Sammlung von Methoden und Werkzeugen für die einzelnen Phasen im Anpassungsprozess Wie messe ich den Umsetzungserfolg? Welche konkreten Maßnahmen kann ich setzen? Wie schaffe ich es, das Thema bei politischen EntscheidungsträgerInnen zu positionieren? Wo finde ich relevante Informationen zum Thema? Welche Klimawandelfolgen werden zukünftig auftreten? Wie kommuniziere ich das sperrige Thema Anpassung? Welche Anknüpfungspunkte gibt es zu bestehenden Politikinstrumenten? Wie wähle ich wesentliche Personen für den Prozess aus und wie involviere ich sie? Wie finanziere ich Anpassungsmaßnahmen? Wie gehe ich mit Unsicherheiten um? http://www.klimawandelanpassung.at 60 30 02.12.2015 Weitere Werkzeuge, Methoden & Leitfäden CC-Talk: Handbuch „Wirksame Kommunikation zu Klimawandel & Anpassung“ Download Klimanetz: Leitfaden „Gesund in den Klimawandel? – So steigern Sie die Abwehrkräfte in Ihrer Gemeinde“ Download RIVAS: Leitfaden „Partizipative regionale Vulnerabilitäts- und Klimawandelfolgenuntersuchungen“ Download CLISP: Leitfaden und Checkliste für PlanerInnen „Bewertung der Klimawandelfitness der Raumplanung“ Download CC-ACT: Entscheidungsunterstützung für Gemeinden und Schulungsprogramm (laufend) 61 Infos, News und Services Website www.klimawandelanpassung.at Newsletter Aktuelles aus Politik, Forschung, Anpassungspraxis, Europa, Schwerpunktthema, Kurzinfos, Termine Datenbank Forschungsprojekte bzw. -ergebnisse, praktische Maßnahmen Zahlreiche Suchoptionen: Stichworte, Sektoren (Energie, Bauen & Wohnen, Verkehr, Raumordnung, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Tourismus, …) Broschüre „Klimawandel – Was tun?“ enthält konkrete Tipps für den Umgang mit Klimawandelfolgen 62 31 02.12.2015 Bewältigung des Klimawandels heißt „Das Unbeherrschbare vermeiden und das Unvermeidbare beherrschen!“ 63 Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Kontakt & Information Wolfgang Lexer Abt. Umweltfolgenabschätzung & Klimawandel +43 (1) 31304-3489 [email protected] Umweltbundesamt www.umweltbundesamt.at 64 32