Stefan Loubichi Einführung in den Islam oder Zahlen, Daten und Fakten über eine in Deutschland immer noch vielmals unbekannte Religion VORWORT Samuel P. Huntington warnte 1993 vor einem Kampf der Zivilisationen, der ins Deutsche als Kampf der Kulturen übersetzt wurde. „The Clash of Civilizations“ ist dabei eine politische Theorie der internationalen Beziehungen für einen Konflikt zwischen unterschiedlichen Zivilisationskreisen, insbesondere der westlichen Zivilisation mit der chinesischen und der islamischen Zivilisation. Ein interessanter Aspekt in der Gedankenwelt des Samuel P. Huntington war dabei, dass eine nationale Identität (=chinesische Zivilisation) mit einer religiösen Identität (=islamische Zivilisation) gleichgesetzt wurde. Aber wir schrieben das Jahr 1993: Ein Jahr, in dem nicht nur wir Deutsche glaubten, dass nach der deutschen Wiedervereinigung und dem Ende des Ost-West-Konfliktes überall auf der Welt für immer Frieden herrschen würde. Doch dann kamen die Ereignisse des 11. September 2001 und diese veränderten die Welt. Eine logische Frage, die sich Milliarden von Menschen an diesem Tage stellten, lautete: WARUM? Menschen neigen dazu, schwierige Sachverhalte zu vereinfachen. Relativ schnell kristallisierte sich heraus, wer hinter diesen feigen Anschlägen steckte: demokratiefeindliche Terroristen, die zufälliger Weise (oder war es doch kein Zufall) Muslime waren. Einige Entscheidungsträger und Meinungsmacher neigten daraufhin dazu, Muslime weltweit unter Generalverdacht zu stellen: in den USA, in Europa, in Deutschland sowie im Rest der Welt. Der US-Präsident erklärte am 18. September 2001, dass man einen Kreuzzug gegen das Böse führen müsse. Dass man Terroristen bekämpfen muss, dürfte in allen demokratischen Rechtsstaaten bei allen Demokraten unbestrittener Konsens sein. Aber musste man hierzu extra zu einem „Kreuzzug“ aufrufen? Wie wir alle wissen waren die Kreuzzüge zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert einer der schrecklichsten Religionskriege, bei der das „christliche Abendland“ vergeblich versuchte, das „Heilige Land“ zurückzuerobern. Dieser Jahrhunderte lange Kampf zwischen den Religionen war einer der blutigsten Konflikte der Menschheitsgeschichte. Dabei darf man nicht vergessen, dass der Begriff „Kreuzzug“ in der islamischen Welt den gleichen negativen Klang hat wie der Begriff „Dschihad“ in der christlichen Welt. Gott sei Dank glätteten sich die Wogen des Volkszornes. Aus einem Kreuzzug gegen terrorverdächtige Muslime wurde ein Krieg gegen Terroristen, der von Christen und Muslimen gemeinsam geführt wurde. Ende gut – alles gut? Leider: NEIN Nun geht es einem deutschen Autor, der ein Buch über den Islam schreibt, nicht darum, wie der Islam in der Welt gesehen wird sondern darum, wie der Islam in Deutschland gesehen wird. Nach einer in der Tageszeitung „DIE WELT“ am 11. September 2014 veröffentlichten Studie der Universität Bielefeld und der Stiftung Mercator gaben 18% der befragten Deutschen an, sich wegen der Gruppe der Muslime manchmal wie „Fremde im eigenen Land zu fühlen“, weil hierzulande so viele muslimische Menschen lebten. Die antisemitische Aussage, wonach Juden versuchen würden, aus der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands Vorteile zu ziehen, wurde von 20 % der befragten Deutschen bestätigt. Dass Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland im Jahr 2014 immer stärker werden, werden durch die Ergebnisse dieser Studie eindeutig belegt. Es stellt sich an dieser Stelle die Frage, woran dies liegt. 1994 sagte der Protagonist im Kinofilm „Forest Gump“ den Satz: „Dumm ist der, der dummes tut.“ Diesem Satz ist vollends zuzustimmen, aber vielleicht noch wie folgt zu ergänzen: „Dumm ist, wer dummes denkt und sagt.“ Vorurteile resultieren oft aus fehlender Kenntnis über Sachverhalte. Mit diesem Werk soll der Wissenslücke deutscher Nicht-Muslime über den Islam begegnet werden. Sicherlich ist dieses Werk nicht so spannend wie ein Krimi, aber es hilft vielleicht, dass Muslime und Nicht-Muslime sich in Zukunft besser verstehen. Ein Versuch ist es wert! 1 ÜBER DEN AUTOR: Der Autor, Jahrgang 1966, ist selbst Migrant [Vater Deutscher, Mutter Italienerin] und wuchs in einem multikulturellen Umfeld auf. Nachbarn stammten aus Syrien und Marokko und im Bekannten- und Freundeskreis sowohl des Autors als auch der Eltern des Autors waren alle möglichen Nationalitäten und Religionen vertreten: muslimische Syrer, Türken, Libanesen, Tunesier, Algerier, Marokkaner, Iraner sowie Ägypter, hinduistische Inder; christliche Franzosen, Italiener, Niederländer, Belgier, Österreicher, Schweizer und natürlich auch Deutsche. Für den Autor war anders sein, bereits in Kindheit, Jugend und Erwachsensein normal. Dass es selbst christliche Migranten bei einer Integration in Schule und Studium schwer haben, musste der Autor am eigenen Leib feststellen. Die Aufnahme in das Gymnasium war trotz des Umstandes „Klassenbester der Klassenstufe 4 in der Grundschule“ nicht einfach und das erfolgreiche Studium der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre mit Abschlüssen als DiplomKaufmann und Diplom-Volkswirt war für einen Migranten doppelt so schwer wie für einen normalen Deutschen. Dabei stellte der Autor bei diversen anderen Migranten leider fest, dass diese nicht das gleiche Glück wie er hatten. In seiner Tätigkeit als Unternehmensberater reiste der Autor nach Süd- und Nordamerika, China, Indien, in viele Länder des Nahen Ostens, Afrika, Russland und in diverse Länder der Europäischen Union. Durch diverse mehrjährige Projekte in muslimischen Ländern wie Marokko, Tunesien, Ägypten, Libanon, Syrien, Jordanien, Vereinigte Arabische Emirate, Oman, Saudi-Arabien, Türkei sowie Iran lernte er die Welt des Islam vor Ort kennen. Daneben war er in Deutschland unter anderem als Beauftragter für Religionsfragen einer ehemals bundespolitisch erfolgreichen Partei mit Regierungsverantwortung, als Kurator und Stiftungsratsvorsitzender des Zentralinstituts Islam Archiv Deutschland aber auch in verschiedenen Funktionen (u.a. als Mitglied im Beirat bzw. Mitglied im Bundesvorstand) der Deutsch-Arabischen Gesellschaft tätig. Da der Autor sowohl die Welt des Christentums als auch die Welt des Islam kennt, war es ihm stets ein Bedürfnis, als Mittler zwischen den Religionen aufzutreten. Aus diesem Grund versucht er in diesem Werk, deutsche Nicht-Muslime in die Welt des Islam einzuführen und zeigt dabei gleichzeitig Parallelen, aber auch Unterschiede zu Christentum und Judentum auf. Der Autor hat dieses Werk in der Hoffnung geschrieben, dass Deutschland aus seiner furchtbaren Geschichte des 20. Jahrhundert dergestalt lernt, dass es ein Musterland der Toleranz zwischen den einzelnen Religionen, Kulturen und Nationen wird. Ein Glaubenssatz des Autors war und ist in diesem Zusammenhang: „Nur wer den anderen kennt, ist auch in der Lage ihn zu verstehen, ohne in zu verurteilen oder zu vorverurteilen.“ GLEICHHEITSBEKENNTNIS: In diesem Werk findet sich oftmals bei unspezifischen Formulierungen die männliche Form. Dies soll kein Ausdruck irgendeiner Benachteiligung oder Diskriminierung darstellen. Der Autor bekennt sich an dieser Stelle ausdrücklich zum Gender Mainstreaming, den Aspekten des Diversity Management sowie der im Grundgesetz garantierten Gleichheit aller Menschen sowie den gesetzlichen Bestimmungen des AGG. 2 INHALTSVERZEICHNIS Vorwort Über den Autor Gleichheitsbekenntnis Inhaltsverzeichnis 01 02 02 03 I. Die fünf Säulen des Islam Das islamische Glaubensbekenntnis Schahāda Das (rituelle) Gebet Salāt Die Almosensteuer Zakāt Das Fasten saum Die Pilgerfahrt Haddsch 04 04 06 08 10 11 II. Glaubensgrundsätze im Islam Der Glaube an Allah, den einzigen Gott Der Glaube an die Engel Der Glaube an die Offenbarung Der Glaube an die Propheten Der Tag des Jüngsten Gerichtes und das Leben nach dem Tod Die Vorherbestimmung 13 13 16 16 19 23 25 III. Das Leben des Propheten Die vorprophetische Zeit und die Berufung (570-610) Die mekkanische Periode (610-622) Die medinensische Periode (622-632) 28 28 29 31 IV. Glaubensrichtungen Sunniten (Hanafiten, Malikiten, Schafiiten, Hanbaliten) Schiiten 36 36 39 V. Streitpunkt Jesus Ungereimtheiten zu Jesu aus biblischer Sicht Jesu aus islamischer Sicht Jesu aus jüdischer Sicht 43 43 45 47 VI. Der Koran Struktur des Korans Namen und Themen der Suren Die Namen Allahs 48 48 49 54 VII. Islamisches Recht Einführung in das islamische Recht Idschtihad, Taqlid und Fatwas Ehe- und Erbrecht Wirtschaftsrecht Kernelemente des islamischen Finanz- und Bankenwesens 60 60 61 63 67 72 VIII. Islamisches Brauchtum Islamische Kalender und islamische Feiertage Essen und Trinken für Muslime Der Tod 76 76 78 80 IX. Geschichte des Islam 84 X. Islamische Philosophie 91 XI. Islamische Literaturkunde 96 XII. Länder mit prozentual hohem Anteil an Muslimen 101 Nachwort 112 3 I. Die fünf Säulen des Islam: Als Grundlagen des Islams werden die fünf Säulen des Islam zu bezeichnet, welche jeder Muslim zu erfüllen hat. Es sind dies: 1. Das islamische Glaubensbekenntnis Schahāda Die Schahāda ist dabei aus zwei Teilen aufgebaut: 1. Teil: Lā ilāha illā ’llāh: Es gibt keinen Gott außer Gott. Zu finden ist dieser erste Teil des islamischen Glaubensbekenntnisses in Sure 37, Vers 35 sowie in Sure 47, Vers 19. 2. Teil: Muḥammadun rasūlu ’llāh: Mohammed ist der Gesandte Gottes. Zu finden ist der zweite Teil des islamischen Glaubensbekenntnisses in Sure 48, Vers 29. In analoger Form ist diese Aussage auch zu finden in Sure 3, Vers 144, Sure 33, Vers 40 sowie Sure 63, Vers 1. Bei jedem Gebet geht in der Regel das islamische Glaubensbekenntnis voraus. Beim Gebetsaufruf verbindet man diese beiden Teile im Arabischen mit der Konjunktion wa (Bedeutung: und) sowie dem konjugierten Verb aschhadu an (Bedeutung: Ich bezeuge, dass …). Somit beginnt jeder Gebetsaufruf mit: Aschhadu an lā ilāha illā ʾllāh(u) wa-aschhadu anna Muhammadan rasūlu ʾllāh (Übersetzung: „Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer dem einzigen Gott gibt, und ich bezeuge, dass Mohammed der gesandte Gottes ist.“) Wer dieses Glaubensbekenntnis bei vollem Bewusstsein vor zwei muslimischen Zeugen spricht, gilt als Muslim. Historisch nachgewiesen ist die Schahāda als Inschrift am Felsendom in Jerusalem aus dem Jahr 691 / 692. Auf findet diese sich die Schahāda als Inschrift auf diversen Münzen des Zeitraumes 705-714. Es stellt sich die Frage, wie es mit den Glaubensbekenntnissen der anderen abrahamitischen Religionen aussieht. Viele Christen sind der Auffassung, dass das apostolische Glaubensbekenntnis das älteste und von alten Christen gemeinsam anerkennte Glaubensbekenntnis ist. Zum einen ist umstritten, ob das Apostolikum wirklich seine Ursprünge im Regula fidei des zweiten und dritten Jahrhunderts hat. Das unter den christlichen meist anerkannte Bekenntnis ist nämlich das auf dem Konzil von Nicäa 325 –d.h. dem ersten ökumenischen Konzil herausgegebenen Bekenntnis von Nicäa: Wir glauben an einen Gott, den Vater, den Allmächtigen, 4 den Schöpfer alles Sichtbaren und Unsichtbaren. Und an den einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, der als Einziggeborener aus dem Vater gezeugt ist, das heißt: aus dem Wesen des Vaters, Gott aus Gott, Licht aus Licht, wahrer Gott aus wahrem Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater; durch den alles geworden ist, was im Himmel und was auf Erden ist; der für uns Menschen und wegen unseres Heils herabgestiegen und Fleisch geworden ist, Mensch geworden ist, gelitten hat und am dritten Tage auferstanden ist, aufgestiegen ist zum Himmel, kommen wird um die Lebenden und die Toten zu richten; Und an den Heiligen Geist. Diejenigen aber, die da sagen „es gab eine Zeit, da er nicht war“ und „er war nicht, bevor er gezeugt wurde“, und er sei aus dem Nichtseienden geworden, oder die sagen, der Sohn Gottes stamme aus einer anderen Hypostase oder Wesenheit, oder er sei geschaffen oder wandelbar oder veränderbar, die belegt die katholische Kirche mit dem Anathema. Allein schon ein Vergleich des islamischen Glaubensbekenntnisses mit dem Bekenntnis von Nicäa belegt die fundamentalen Unterschiede zwischen Islam und Christentum. Vergegenwärtigen wir uns noch, ob es etwas Vergleichbares im Judentum gibt. Das eine einzige Glaubensbekenntnis des Judentums lautet: Höre Jisrael, 'der Ewige' unser G'tt’, der Ewige' eins Shm'a Jisrael, AdoShem Elohejnu, AdoShem Ehad Erwähnt werden müssen in diesem Zusammenhang auch die Noahischen Gesetzen. Hierunter werden im Judentum Gesetze bezeichnet, welche für alle Menschen Geltung haben sollen. Sofern Nichtjuden sich hieran halten, können diese als Gerechte („Zaddik“) Anteil an der kommenden Welt erhalten, weshalb aus Sicht der Juden keine Notwendigkeit der Mission Andersgläubiger besteht. Die Noahischen Gebote gehen dabei auf die Torah sowie die Auslegungen im Talmud (Sanhedrin 56a/b) zurück und lauten wie folgt: 1. Verbot von Mord 2. Verbot von Diebstahl 3. Verbot von Götzenanbetung 4. Verbot von Unzucht 5. Verbot der Brutalität gegen Tiere 6. Verbot von Gotteslästerung 5 Prinzipiell waren im Judentum nach rabbinischer Auslegung sechs geltende Anweisungen JHWs bekannt: Verbot des Götzendienstes Verbot der Gotteslästerung Gebot der Schaffung von Gerichtshöfen Verbot zu töten Verbot des Ehebruchs Verbot des Raubens Nach der Sintflut kam dann das siebte Gebot hinzu, das Verbot kein Fleisch lebender Tiere zu essen. Fundamentale Unterschiede zwischen den drei Weltreligionen werden durch deren stark unterschiedliche Glaubensbekenntnisse ersichtlich, auch wenn rudimentäre Gemeinsamkeiten nicht zu leugnen sind. 2. Das (rituelle) Gebet Salāt Muslime sollen das rituelle Gebet fünf Mal am Tag zu festgelegten Zeiten vornehmen: 1. vor dem Sonnenaufgang 2. mittags 3. nachmittags 4. bei Sonnenuntergang 5. bei Einbruch der Nacht Bevor man betet erfolgt eine Ankündigung durch den Gebetsruf sowie eine rituelle Waschung. Dabei muss sich der Muslim –bevor er betet- bewusst werden, dass er niemals aus Routine beten soll sondern, dass er betet, um Gott zu dienen. Zum Eintritt in den erforderlichen Weihezustand ihrām sagt der Muslim die Formel: Allāhu akbar (Übersetzung: Gott ist größer (als alles andere)). Wichtig ist dabei auch die Ausrichtung des Betenden in Richtung Mekka. Im Stehen werden beim rituellen Gebet hiernach eine Reihe weiterer Formeln sowie die erste Sure des Korans, Fātiha (Bedeutung) die Eröffnende rezitiert. Nachstehend nun der Text dieser ersten Sure: 1 Im Namen des barmherzigen und Bi-smi llāhi r-rahmāni r-rahīm gnädigen Gottes. 2 Lob sei Gott, dem Herrn der Welten Al-hamdu li-llāhi rabbi l-'ālamīn 3 dem Barmherzigen und Gnädigen Ar-rahmāni r-rahīm 4 der am Tag des Gerichts regiert! Māliki yaumi d-dīn 5 Dir dienen wir, und dich bitten wir um Iyyāka na'budu wa-iyyāka nasta'īn Hilfe. 6 Ihdinā s-sirāta l-mustaqīm 6 Führe uns den geraden Weg, 7 den Weg derer, denen Du Gnade Sirāta l-ladhīna an'amta 'alayhim ghayri lerwiesen hast, nicht (den Weg) derer, maghdūbi 'alayhim wa-lā d-dāllīn die d(ein)em Zorn verfallen sind und irregehen! Es schließen sich nunmehr Verse des Korans an, bevor der Betende sich verbeugt, mit der Stirn den Boten berührt und schließlich das Gebet mit dem Gruß as-salāmu ʿalaikum beendet, da nach islamischer Vorstellung rechts und links neben dem Betenden jeweils ein Engel sitzt. Es ist dem Betenden jedoch frei gestellt, hier vorher noch ein Bittgebet zu sprechen. Es ist dem Moslem freigestellt, wo er das Gebet vollzieht, wichtig ist dabei jedoch, dass es an einem rituell reinen Ort vollzogen wird. Der ideale Ort hierzu ist natürlich die Moschee, ein Gebetsteppich ist aber –wie jeder andere rituell reine Ort- ebenfalls zulässig. Freitagmittags wird das Gebet wird durch ein Gemeinschaftsgebet ersetzt, an dem Männer teilnehmen müssen und Frauen teilnehmen sollen. Dieses Freitagsgebet wird dabei von einer Predigt begleitet. Vergegenwärtigen wir uns an dieser Stelle die Stellung des Christentums zum Gebet. Gemäß dem Markus Evangeliums ist der Einklang des Beters mit dem Willen Gottes von besonderer Relevanz (Markus Evangelium Kapitel 9, Vers 23). Gemäß des Matthäus Evangeliums gilt: „Bittet, so wird euch gegeben (Matthäus Evangelium, Kapitel 7, Vers 7). Und schauen wir uns noch das wichtigste Gebet des Christentums, das Vater unser: Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen. Juden beten drei Mal täglich: - morgens Schacharit - mittags Mincha - abends Maariw Dabei bedecken die Juden den Kopf mit einer Kippa und benutzen beim werktäglichen Morgengebet Gebetsriemen (Tefillin) und Gebetsschal (Tallit). 7 Diese Gebete werden nach einem speziellen Grundmuster gebetet, wobei dieses Grundmuster -abhängig vom jeweiligen Festtag oder Wochentag- variiert. Während im liberalen Judentum einige Gebete in der Landessprache gesprochen werden, wird im orthodoxen Judentum in hebräischer Sprache gebetet. Die Gebete sind im Gebetbuch Siddur erfasst. 3. Die Almosensteuer Zakāt Grundlage hierzu ist Sure 24, Vers 56: Darum (o Gläubige,) verrichtet beständig das Gebet und entrichtet die reinigenden Abgaben und gebt acht auf den Gesandten, auf dass ihr mit Gottes Barmherzigkeit begnadet werden möget.“ Der entsprechende Wortstamm „zakka“ bedeutet reinigen, wohingegen „tazzaka“ sich selbst reinigen bedeutet. Von daher stellt die Entrichtung der Almosensteuer eine Reinigung dar, da die Almosensteuer das Vermögen des Gebenden reinigt und der Gebende deshalb durch Allah Zuwachs erhält, da Allah durch das Bezahlen der Zakat seine Rangstufe bei ihm erhöhen wird. Verwiesen sei an dieser Stelle auch auf Sure 9, Vers 103: „(Darum, o Prophet) nimm jenen (Teil) von ihren Besitztümern, der um Gottes dargeboten wird, auf dass du sie dadurch reinigen und sie an Reinheit wachsen lassen mögest, und bete für sie.“ Erhoben wird die Almosensteuer auf nachfolgende besonderen Formen des Besitzes: Gold und Silber, Haltbare, ortsübliche landwirtschaftliche Güter, Vieh und Waren Der Kreis der Empfangsberechtigten ist definiert (At-Tauba, 60): Die gesammelte Zakat ist für die Armen; die Mittellosen; diejenigen, die sie einsammeln; um die Herzen der Leute nahe zu bringen; für die Befreiung von Sklaven; die Verschuldeten; die Ausgabe auf dem Wege Allahs und die Reisenden. Dies ist eine Vorschrift von Allah. Allah ist Allwissend, Allweise.“ Vergleichbar mit einem Steuerfreibetrag in neuerer Zeit gilt die Verpflichtung nur für denjenigen Muslim, der 1. über eine Menge an Besitz verfügt, welche eine bestimmte Grenze (Nisab) überschreitet 2. eine festgelegte Zeit für den Güterbesitz (in der Regel ein volles Mondjahr [welches um zehn Tage kürzer ist als ein Sonnenjahr]) überschritten hat Hat nunmehr ein Muslim ein zakatpflichtiges Vermögen am Anfang und am Ende eines Mondjahres, so muss er 2,5% als Zakat abgeben. Wie bei einer modernen Gewinn- und Verlustrechnung werden vom Vermögen bestimmte Beträge abgezogen, wobei jedoch die Verpflichtung besteht, die Schulden so schnell wie möglich zurück zu zahlen. Die Zakat wird dabei stets am Ende eines Jahres fällig, wobei jeder Muslim den Zeitpunkt seines Jahresendes selbst bestimmen kann. Direkt aus der christlichen Bibel abgeleitet gibt es keine vergleichbare Priorisierung von Almosen, geschweige denn eine Verpflichtung einer Almosensteuer. Interessant sind aber sicherlich hier die Ansichten von Johannes Chrysostomos: 8 Johannes von Antiochia (349 – 407) war Erzbischof von Konstantinopel (dem heutigen Istanbul) und wird in den östlich-orthodoxen Kirchen seit dem 10. Jahrhundert als einer der drei heiligen Hierarchien verehrt (zusammen mit Basilius dem Großen sowie Gregor von Nazianz). Für das westliche Christentum ist er einer der vier Kirchenlehrer des Ostens (zusammen mit Athanasius von Alexandria, Basilius dem Großen sowie Gregor von Nazianz). Die vorstehend erwähnten drei heiligen Hierarchien gehörten zu den schärfsten Kritikern von Luxus auf Kosten der Armen. Johannes Chrysostomos legte Wert auf das Almosengeben und kümmerte sich um die geistlichen und weltlichen Belange der Armen. Die Tradition der Almosen kann somit bereits im frühen Christentum des vierten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung nachgewiesen werden. Im Judentum spielt Tzədāqā oder Ṣ'daqah eine sehr wichtige Rolle und es ist ein Gebot, welches sowohl von Männern als auch von Frauen (gleichermaßen) zu befolgen ist. Nach dem bereits vorstehend erwähnten Moshe bin Maimon gibt es acht Stufen der Tzedaka: 1. Höchste Stufe: Dem Bedürftigen die Möglichkeit zu geben, sich selbstständig zu ernähren (Hilfe zur Selbsthilfe) 2. Wohltätig sein in einer Weise, dass der Spender und der Bedürftige nicht voneinander wissen. 3. Der Wohltäter weiß, wem er gibt, aber der Arme erfährt nicht von der Identität des Spenders. 4. Der Gebende kennt nicht die Identität des Bedürftigen, aber dieser kennt den Spender. 5. Geben, bevor man gebeten wird. 6. Geben, nachdem man gebeten wird. 7. Zwar nicht ausreichend, aber mit Freundlichkeit geben. 8. Mit Unfreundlichkeit geben. 4. Das Fasten saum Für Muslime besteht das Fasten vor allem darin, dass diese sich (vom Beginn der Morgendämmerung bis zum vollendeten Sonnenuntergang) zu folgendem verpflichten: 1. nichts essen 2. nichts trinken 3. nicht rauchen 4. kein ehelicher Verkehr 5. Enthaltsamkeit im Verhalten Das Fasten findet dabei im islamischen Monat Ramadan statt. Aufgrund der Divergenz zwischen islamischen Kalender und dem gregorianischen Kalender verschiebt sich das Fasten jedes Jahr um elf Tage. Der Prophet soll allabendlich das Fasten gerne mit einer Dattel und einem Glas Milch gebrochen haben, so dass dies auch heute noch viele Muslime so verhalten. 9 Nun gibt es aber auch eine nicht unerhebliche klar definierte Anzahl von „Ausnahmen“ in Sachen Fasten, welche durch Sure 2, Vers 184 klar definiert ist: „Aber wer immer von euch krank ist oder auf einer Reise, soll statt dessen die gleiche Anzahl fasten, und in solchen Fällen obliegt es jenen, die es sich leisten können, ein Opfer durch Speisung eines Bedürftigen zu bringen. Und wer immer mehr Gutes tut, als er zu tun verpflichtet ist, tut sich damit selbst Gutes; denn zu fasten ist euch selbst Gutes zu tun – wenn ihr es nur wüsstet.“ Schwangere Frauen sowie Kinder (im Sinne von Menschen vor der Pubertät) sind im Übrigen nicht zum Fasten verpflichtet, wobei jedoch diese (ebenso wie Reisende und Kranke) die versäumten Tage nach Wegfall der Gründe nachholen müssen. Mit dem Beginn des Monats Schawal feiert man das Fest des Fastenbrechens beendet ('Īd alfitr). Begonnen werden die Feierlichkeiten mit dem obligatorischen Gemeinschaftsgebet, nachdem man die Almosensteuer des Fastenbrechens an Bedürftige entrichtet hat. Das Fest des Fastenbrechens wird über drei Tage gefeiert. Im Übrigen hat der Ramadan ohnehin bei den Muslimen eine sehr hohe Bedeutung, die sich ohne weitere Erläuterungen eindeutig aus Sure 2, Vers 185 ergibt: „Es war der Monat Ramadan, in dem der Qur´an von droben erteilt wurde, als Rechtleitung für den Menschen und evidenter Beweis dieser Rechtleitung und als Maßstab, mit dem das Wahre vom Falschen zu unterscheiden ist.“ Prinzipiell kennt auch das Christentum eine vierzigtägige Fastenzeit im Frühjahr. Diese Fastenzeit erinnert an die vierzig Tage, die Jesus Christus fastend und betend in der Wüste verbracht haben soll. In der Bergpredigt Jesu (Matthäus Evangelium Kapitel 6, Vers 16 folgende) findet sich im Übrigen eine sehr interessante und wichtige Aussage zugleich: „Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler. Sie geben sich ein trübseliges Aussehen, damit die Leute merken, dass sie fasten. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten. Du aber salbe dein Haar, wenn du fastest, und wasche dein Gesicht, damit die Leute nicht merken, dass Du fastest, sondern nur dein Vater, der auch das Verborgene sieht; und dein Vater, der das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.“ Die katholische Kirche hat seit den 1960er Jahren die Vorgaben des Fastens stark gelockert. Die orthodoxen Kirchen kennen vier mehrwöchige Fastenperioden pro Jahr. In diesen Perioden wird gänzlich auf tierische Nahrungsmittel, Alkohol sowie Fett und Öl verzichtet. Mithin die strengsten Fastenregeln finden sich in der russisch-orthodoxen Kirche, wo während der Fastenzeit auf Fisch, Fleisch, Meeresfrüchte, Eier, Milchprodukte, Alkohol und Öl verzichtet wird. Die evangelische Kirche hat wiederum ein gespaltenes Verhältnis zum Fasten: Während der schweizerische Reformator Zwingli die Fastengebote als reine Äußerlichkeiten ablehnte, hat Martin Luther zwar gefastet, das Fasten aber als gutes Werk abgelehnt, da der Mensch nicht durch das Fasten angenehm bei Gott werde sondern allein durch die Gnade und den Glauben. Auch im Judentum findet sich das Fasten, wobei Jom Kippur hier an erster Stelle zu nennen ist. Es ist dies der heiligste und feierlichste Tag des jüdischen Jahres, wobei dieser für Frauen und Männer ab dreizehn Jahren eine fünfundzwanzigtägige Fastenperiode ist, an dem zu den Fastenzeiten weder flüssige noch feste Nahrung zu sich genommen wird und jegliche sexuelle Betätigung ebenfalls verboten ist. Jom Kippur ist auch der einzige Tag, der auch an einem Sabbat begangen wird, während die anderen Fastentage verschoben werden, wenn diese auf einen Sabbat fallen. Weitere Fastentage sind: 10 - Tischa beAV (neunter Tag des Monats Av): Tag, an dem der erste und zweite Tempel in Jerusalem zerstört wurde und an dem die Juden im Rahmen der Reconcista aus Spanien vertrieben wurden. - Schiwa Assar beTammus (siebzehnter Tammus), Zom Gedalja (dritter Tischri) und Assa beTevet (zehnter Tevet) - ein Tag vor Purim sowie alle Erstgeborenen am Tag vor Pessach 5. Die Pilgerfahrt Haddsch Die Pilgerfahrt nach Mekka stellt die fünfte Säule im Islam dar. Man unterscheidet dabei zwischen der kleinen Pilgerfahrt `Umra, welche zu jeder beliebigen Zeit erfolgen kann und der großen Pilgerfahrt, der Haddsch, die nur während bestimmter Tage im Jahr im Monat Dhu Ihiddscha stattfinden kann. Die Verpflichtung zur Haddsch ergibt sich eindeutig aus Sure 3, Vers 97: „Darum ist die Pilgerfahrt zum Tempel eine Pflicht, Gott geschuldet von allen Leuten, die fähig sind, sie zu unternehmen. Und was jene angeht, welche die Wahrheit leugnen – wahrlich Gott ist dessen nicht bedürftig, was in allen Welten ist.“ Der Verlauf der Haddsch wurde vom Propheten selbst festgelegt, nachdem er 630 in Mekka eingezogen war: Der Eintritt in den Weihezustand Ihram ist der Beginn der Haddsch. Voraussetzung hierfür ist die große rituelle Waschung. Die Person, welche sich im Weihezustand befindet, wird muhrim genannt. Der Pilger befindet sich in diesem Weihezustand, bis er die ihram-Kleidung abgelegt hat. Kommen wir nun zur ihram Kleidung: Zwei weiße Baumwolltücher bilden das Gewand, wobei das erste um die Hüften geschlungen wird und den Körper zwischen Nabel und Knien bedeckt (izar). Das zweite Baumwolltuch bedeckt die linke Schulter, den Rücken und teilweise die Brust und wird an der rechten Körperseite zusammengebunden (rida'). Keine festen Schuhe oder Stiefel dürfen getragen werden. Besondere Kleidungsvorschriften für Frauen existieren nicht, d.h. die einzige Vorschrift besteht darin, dass das Gesicht der Frauen während der Zeremonie nicht verschleiert sein darf und dass die Frauen keine Handschuhe tragen dürfen. Der Haddsch beginnt am 8. Dhu I-Hiddscha in Mekka mit dem Lauf nach Mina, sobald die Pilger im Zustand des Ihram sind. Dort verbleiben die Pilger bis zum nächsten Morgen und wandern dann in Richtung Berg Arafat, welcher 25 km östlich von Mekka liegt. Am Berg der Vergebung wird am 9. Dhu I-Hiddscha Gott um Vergebung gebeten. Nach Sonnenuntergang ziehen die Pilger dann nach Muzdalifa, um dort zu übernachten. Vor Sonnenaufgang am 10. Dhu I-Hiddscha erfolgt dann der Aufbruch nach Mina. Es wird nun die symbolische Steinigung des Teufels vollzogen, indem sieben kleine Steine (oder ein vielfaches von sieben Steinen) auf die Dschamarat al-Aqaba geworfen werden, welche den Teufel symbolisiert. Hiernach rasieren sich die männlichen Pilger das Haupthaar und die Frauen schneiden sich eine Haarsträhne ab. Dies symbolisiert den Beginn eines neuen –von früheren Sünden befreitenneuen Lebensabschnittes. Noch am 10. Dhu I-Hiddscha werden dann Opfertiere geschlachtet, wobei die Speisung der Armen hier von großer Bedeutung ist. Man bezeichnet diesen Tag als Opferfest (Idu l-Adha). Hiernach ist der Zustand des Ihram aufgehoben. Die Pilger kehren nun zurück nach Mekka und vollziehen den Tawaf. Hierbei wird die Kaaba sieben Mal entgegen dem Uhrzeigersinn um schritten. Es schließt sich der Sa'i an, d.h. der siebenmalige Gang 11 zwischen den Hügel Safa und Marwa. Zwei oder drei weitere Tage verbringen die Pilger in Mina, wobei der Ritus der symbolischen Steinigung des Teufels wiederholt wird, wobei nun aber die Dschamarat al-Ulla, die Dschmarat al-Wusta und die Dschamarat al-Aqaba mit jeweils sieben Steinen beworfen werden. Abgeschlossen wird der Haddsch nun mit dem Abschiedstawaf und dem Abschiedssa´i. Auch im Christentum spielen Pilgerreise bzw. Wallfahrten eine sehr große Bedeutung. Christliche Wallfahrten dienen vor allem dazu, Sünden abzutragen, religiöse Läuterung zu erfahren oder geheilt zu werden. Von besonderer Bedeutung als christlicher Wallfahrtsort sind die Gräber der Apostel Petrus und Paulus in Rom, das Grab des Apostels Jakobus in Santiago di Compostella sowie diverse Stätten in Israel / Palästina. Bei den Protestanten spielen Wallfahrten im Gegensatz zu den Katholiken keine besondere Rolle. Im antiken Judentum waren Pilgerfahrten zum Tempel in Jerusalem anlässlich Pessach, Schawout und Sukkot weit verbreitet. Mit der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 n. Chr. endete diese Pilgertradition. Wenn es auch keine expliziten Pilgerfahrten im Judentum gibt, so entwickelten sich doch auch die Gräber von Patriarchen und Propheten zu beliebten Reisezielen. Man kann mit Muslimen hinsichtlich ihrer Religion über vieles diskutieren, jedoch nicht über die fünf Säulen im Islam. Und bezüglich der Frage, ob eine religiöse Ausrichtung zum Islam gehört oder nicht, kann es für Muslime keinerlei Diskussion darüber geben, ob es ausreichen würde, dass man „nur“ drei oder vier Säulen erfüllt. Wer nicht alle fünf Säulen des Islam anerkennt, den kann ein gläubiger Muslim als Muslim akzeptieren. 12 II. Glaubensgrundsätze im Islam: Im Islam gibt es sechs Glaubensartikel, nämlich den Glauben an: 1. den einzigen Gott (arab. Allah) 2. seine Engel 3. seine Offenbarung (heilige Bücher: Tora, die Evangelien; gemäß Koran und Hadtith sind die Schriften der Juden und Christen jedoch verfälscht und verändert worden (→ Tahrif) 4. seine Gesandten, die Propheten Gottes: darunter Adam, Abraham, Moses, Jesus und zuletzt Mohammed 5. den Tag des Jüngsten Gerichtes und das Leben nach dem Tod: Der Mensch werde eines Tages für seine Taten zur Verantwortung gezogen und mit dem Höllenfeuer bestraft oder mit dem Paradies belohnt 6. die Vorherbestimmung Auch diese Glaubensgrundsätze sind für einen Muslim nicht diskutabel in Sachen der Zugehörigkeit dieser Aspekte zum Islam. Vergegenwärtigen wir uns nun aber diese Grundsätze im Einzelnen: 1. Der Glaube an Allah, den einzigen Gott Bereits aus der Schahada ist evident, dass es keinen Gott außer Gott gibt. Nicht von ungefähr fangen 113 der 114 Suren mit der Basmala an. Diese lautet: bismi 'llahi r-rahmāni r-rahim / bismi ʾllāhi ʾrraḥmāni ʾr-raḥīmi Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes Die Basmala ist im Übrigen beim Schächten von Tieren religiöse Pflicht. Sie ist eine islamrechtlich vorgesehene Norm, aber keine Pflicht: - vor Beginn einer Koranlesung - vor Antritt einer Reise - vor Betreten / Verlassen eines Hauses oder einer Mosche - beim Anzünden des Abendlichtes - bei der Grablegung eines Toten Die in der Basmala genannten Namen „der Barmherzige“ (Ar-rahman) sowie „der Gnädige“ (ar-rahim) sind die ersten beiden der 99 Namen Allahs. In einem Hadith eines Weggefährten des Propheten Mohammeds, Abū Hurayra (603–681) heißt es: „Wahrlich, Gott hat neunundneunzig Namen, einen weniger als hundert. Wer sie aufzählt, geht ins Paradies.“ 13 Nach islamischer Auffassung ist der einhundertste Name Gottes nicht aussprechbar und den Menschen unbekannt. Viele Muslime verwenden einen Rosenkranz (Tasbih), um die 99 Namen Gottes zu rezitieren. Nach islamischer Sicht ist Gott zeitunabhängig, d.h. Gott war vor der Zeit und wird auch nach der Zeit bleiben. Gott ist Schöpfer der Welt, jedoch kein Teil der materiellen Welt. Gott hat kein Geschlecht und allgegenwärtig, allmächtig und allwissend. Wichtig in diesem Zusammenhang ist natürlich der Begriff Tauhīd. Tauhīd bezeichnet den bewusst verinnerlichten, uneingeschränkten und rationalen Glauben an die Einzigarbeit und Einheit Allah´s. Tauhid schließt somit die Dualität oder Trinität (wie sie zum Beispiel im Christen vorherrscht) aus. Im Zusammenhang mit Tauhīd muss sich jeder Moslem folgendes verinnerlichen: Allah ist der einzige und alleinige Schöpfer aller Dinge und neben ihm existiert kein anderer Schöpfer. Allah ist alleiniger und einzig wahrer Gott, dem Anbetung durch die Verrichtung gottesdienstlicher Handlungen gebührt. Allah ist einziger und einziger Besitzer vollkommenster Attribute und erhaben über alle Arten von Mängeln Hier existiert ein fundamentaler Unterschied zum Christentum. Der Kirchenvater Irenäus von Lyon (135-202) hat aus der Logostheologie von Justin dem Märtyrer (100-165) die christliche Dogmatik der Einheit Gottes dargelegt und betont die Einheit Gottes aus Gott Vater, Gott Sohn und dem Heiligen Geist. Für Irenäus ist Christus derjenige, welcher den unsichtbaren Vater für uns sichtbar gemacht hat. Für die Kirchengeschichte wird dieses Thema im vierten Jahrhundert von großer Relevanz. Arius (bedeutender christlicher Presbyter aus Konstantinopel, 260-335) glaubte mit Bibelbelegen folgende als Arianismus bekannt gewordene Lehre beweisen zu können: 1. Der Logos und der Vater sind nicht wesensgleich. 2. Der Sohn ist ein Geschöpf des Vaters. 3. Es gab eine Zeit, da existierte der Sohn nicht. Im Gegensatz zu Gott Vater hat Gott Sohn einen Anfang. Auf dem Konzil von Nicäa im Jahre 325 nahm sich die Kirche dieses Themas an, verurteilte den Arianismus und bekräftigte im Nicäischen Glaubensbekenntnis die Trinitätslehre. Der Arianismus konnte sich trotz Androhung der Exkommunizierung noch einige Zeit als Lehre halten. Das erste Konzil von Konstantinopel im Jahre 381 betonte dann nochmals explizit die Trinitätslehre im Nicäno-Konstantinopolitanum. Erst im sechsten Jahrhundert schaffte das nach Anasthasius von Alexandria bezeichnete (aber nicht von ihm verfasste) Anasthasische Glaubensbekenntnis in Sachen Trinität für das Christentum eine eindeutige Sprachregelung, welche heutzutage bei Katholiken unbestritten ist: „Dies ist aber der katholische Glaube: Wir verehren den einen Gott in der Dreifaltigkeit und die Dreifaltigkeit in der Einheit, ohne Vermengung der Personen und ohne Trennung der Wesensheit. Eine nämlich ist die Person des Vaters, eine andere die des Sohnes eine andere die des Heiligen Geistes. 14 Aber Vater und Sohn und Heiliger Geist haben nur eine Gottheit, gleiche Herrlichkeit, gleich ewige Majestät. … Wer daher selig werden will, muss dies von der Heiligen Dreifaltigkeit glauben.“ Auch wenn es nicht die Bedeutung eines Dogmas erlangt hat, so sind gleichwohl die dreizehn Glaubenssätze, welche von Moshe bin Maimon (jüdischer Philosoph, * 1135 in Cordoba, † 1204 in Kairo) im Rahmen der Kommentierung der Mischna aufgestellt wurden, von zentraler Bedeutung im Judentum (, zumal diese auch in das Gebetsbuch aufgenommen wurden): Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Schöpfer, gelobt sei sein Name, jegliche Kreatur schafft und lenkt und dass er allein der Urheber alles dessen ist, was geschah, geschieht und geschehen wird. Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Schöpfer, gelobt sei sein Name, einzig ist und dass es keine Einheit seinesgleichen gibt, in keinerlei Hinsicht, und dass er allein unser Gott war, ist und sein wird. Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Schöpfer, gelobt sei sein Name, unkörperlich ist und frei von jeder Möglichkeit, materiell vorgestellt zu werden; und dass ihm auch keine Gestalt beigelegt werden kann. Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Schöpfer, gelobt sei sein Name, Anfang und Ende ist. Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Schöpfer, gelobt sei sein Name, allein es ist, dem Anbetung gebührt, und dass es ungebührlich ist, außer ihm ein Wesen anzubeten. Ich glaube in ganzem Glauben, dass die Worte der Propheten alle wahrhaftig sind. Ich glaube in ganzem Glauben, dass die Kündung unseres Lehrers Moses, Friede ihm, die Wahrheit ist und dass er von allen Propheten, früheren wie späteren, der Vater war. Ich glaube in ganzem Glauben, dass diese Tora, wie wir sie jetzt besitzen, die gleiche ist, die unserem Lehrer Moses übergeben wurde. Ich glaube in ganzem Glauben, dass diese Tora unverwechselbar ist und dass es nie eine andere Lehre vom Schöpfer her, gelobt sei sein Name, geben wird. Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Schöpfer, gelobt sei sein Name, alles Tun und jegliches Trachten der Menschen kennt, wie es heißt: Er, der ihre Herzen ganz und gar gebildet, Er weiß auch all ihr Tun. Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Schöpfer, gelobt sei sein Name, wohl vergilt all denen, die seine Gebote erfüllen, und übel tut denen, die seine Gebote brechen. Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Messias kommt, und ungeachtet seines langen Ausbleibens erwarte ich täglich seine Ankunft. Ich glaube in ganzem Glauben, dass einst zu seiner Zeit, wenn es dem Schöpfer, gelobt sei sein Name und erhoben sein Gedenken immer und ewig, wohl gefällt, die Toten auferstehen werden. 15 2. Der Glaube an die Engel Engel sind im Islam allein schon deshalb sehr wichtig, weil diese als Boten dem Propheten die Offenbarungen Gottes übermittelten. Verwiesen sei auf Sure 2, Vers 97 ff.: „Sag (o Prophet): „Wer immer ein Feind Gabriels ist“ – der wahrlich mit Hilfe Gottes Erlaubnis auf dein Herz diese göttliche Schrift herabgebracht hat, welche die Wahrheit dessen bestätigt, was immer von früheren Offenbarungen noch erhalten ist, und eine Rechtleitung und eine frohe Kunde für die Gläubigen ist- „wer immer ein Feind Gottes ist und seiner Engel und seiner Botschaftenüberbringer einschließlich Gabriel und Michael, sollte wissen, dass wahrlich Gott der Feind aller ist, welche die Wahrheit leugnen.“ Denn klare Botschaften haben wir dir fürwahr von droben erteilt; und keiner leugnet ihre Wahrheit außer den Frevlern.“ Nachstehend die Eigenschaften und Fähigkeiten der Engel: - Engel sind Geschöpfe Allah´s. - Engel wurden aus Nuur (= Licht, Ausstrahlung) erschaffen. - Engel sind geschlechtslose Geschöpfe und weder männlich noch weiblich. - Engel fürchten ihren Schöpfer und tun, was ihnen geboten wird. - Die Existenz der Engel ist unabhängig von der Befriedigung rein menschlicher Bedürfnisse. - Engel können mit Allah´s Erlaubnis die Gestalt von Menschen annehmen. - Jeder Mensch wird ständig von zwei Engeln begleitet. Diese Engel schreiben alle Worte und Handlungen des Menschen auf. Es sind die Eigennamen einiger Engel bekannt: Dschibril, Mikail, Israfil und Malik. Dschibril ist der Überbringer von Allah´s Botschaften zu den Gesandten und den Menschen. Auch im Christentum hatten die Engel stets eine besondere Relevanz. In der Summa Theologiae präzisiert Thomas von Aquin eine ausführliche Engellehre. Während sich in der katholischen sowie in der orthodoxen Kirche die Engelslehre erhalten blieb, steht die protestantische Kirche der Engelslehre kritisch gegenüber. Engel, mal'ach (=„Boten“), werden im Judentum durch Auslegung des Tanach als übernatürliche Wesen verstanden, welche Gott im Himmel zur Seite stehen, aber streng von Gott (JHWH) zu unterscheiden und diesem untergeordnet sind. Sie können gelegentlich ausgewählten Menschen Gottes Willen und seine Anweisungen zu erkennen geben. 3. Der Glaube an die Offenbarung Prinzipiell akzeptiert der Islam erst einmal die jüdische Tora sowie die christlichen Evangelien als göttliche Offenbarungen. Gleichwohl wird im Koran aber mehrfach der Vorwurf vorgebracht, dass sowohl Juden als auch Christen die vorstehend genannten Offenbarungen unzulässig abgeändert hätten. Zitiert sei hier zum Beispiel Sure 4, Vers 44: „Bist Du nicht jener gewahr, die, nachdem ihnen ihr Anteil an der göttlichen Schrift gewährt worden war, ihn nun für Irrtum eintauschen und wollen, dass auch ihr den Weg verliert.“ 16 oder Sure 2, Vers 59: „Aber jene, die auf Übeltun aus waren, tauschten gegen ein anderes Wort das aus, welches ihnen gegeben worden war: und so sandten wir auf diese Übeltäter eine Plage vom Himmel herab als Vergeltung für all ihre Frevelhaftigkeit.“ Unter der Tora verstehen wir den ersten Teil des Tanach, d.h. der hebräischen Bibel. Die Tora besteht aus den nachfolgenden fünf Büchern Mose: 1. Buch Mose: Genesis 2. Buch Mose: Exodus 3. Buch Mose: Levitikus 4. Buch Mose: Numeri 5. Buch Mose: Deuteronomium Nach der jüdischen Überlieferung habe Mose am Berg Sinai die gesamte Tora von Gott erhalten. Diese besteht aus der schriftlichen und der mündlichen Lehre. In der schriftlichen Tora ist der Bund beschrieben, den Gott mit den Menschen und insbesondere mit dem jüdischen Volk geschlossen hat. Dieser Bund beinhaltet nach der jüdischen Lehre 613 Mitzwot. Diese Mitzwot (248 Gebote und 345 Verbote) bestimmen das gesamte Leben eines frommen Juden. Die mündliche Lehre wurde erst circa 220 n.Chr. von Jehuda haNasi in der Mischna schriftlich fixiert. Die Mischna bildet die Grundlage des Talmuds. Der Vorteil der Tora gegenüber den Evangelien besteht eindeutig darin, dass die Zusammensetzung der Tora unstrittig ist, während es einen Unterschied zwischen den neutestamentarischen Evangelien und den apokryphen Evangelien gibt. Die neu-testamentarischen Evangelien, welche im Volksmunde mit dem Begriff der Evangelien gleichgesetzt werden, bestehen aus: 1. Matthäus Evangelium 2. Markus Evangelium 3. Lukas Evangelium 4. Johannes Evangelium Zu den apokryphen Evangelien gehören unter anderem: 1. Petrus Evangelium 2. Thomas Evangelium 3. Judas Evangelium 4. Barnabas Evangelium 5. Maria Evangelium Der Kritik des Islam, dass die Evangelien „verfälscht“ worden seien, muss zu Gute gehalten werden, dass die verschiedenen Evangelien sich in der Tat widersprechen. Da sich die Evangelien widersprechen wird argumentiert, dass prinzipiell das Wort Gottes hier verändert worden sei. Sind die Unterschiede der meisten Evangelien teilweise nur als punktuell anzusehen, so muss natürlich vermerkt werden, dass es ein Evangelium gibt, welches in dieser Streitfrage für Muslime von besonderer Relevanz ist. 17 Von besonderer Bedeutung in diesem Zusammenhang ist das Barnabas-Evangelium, das sogenannte „wahre Evangelium Jesu, genannt Christus, eines neuen Propheten, der von Gott der Welt gesandt, gemäß dem Bericht des Barnabas, seines Apostels“. Besondere Relevanz erlangt das Barnabas Evangelium dadurch, dass es –sofern Barnabas wirklich der Verfasser ist- das einzige Evangelium ist, dessen Verfasser wirklich Zeuge der Ereignisse um Jesus war. Das Barnabas Evangelium erzählt ebenfalls die Lebensgeschichte Jesu bis zu seinem Tod, leugnet aber die Existenz der Trinität, die Gottessohnschaft Jesu, den Erlösertod am Kreuz sowie die Auferstehung. In Bezug auf das Barnabas Evangelium wird als Legitimierung oftmals auf den großen Kirchenvater Irenäus verwiesen. Irenäus von Lyon (geboren 135, gestorben 202) verweist nicht nur auf das Judas Evangelium sondern auch auf das Barnabas Evangelium und aufgrund der besonderen Relevanz des Kirchenvaters Irenäus als erster systematischer Theologe des Christentums hat dies eine enorme Relevanz. Obgleich es nicht mehr zu recherchieren ist, soll das Barnabas Evangelium dem Kanon der alexandrinischen Kirche angehört haben und erst durch das Konzil von Nicäa im Jahre 325 verboten worden sein. Als Beweis für die Existenz des Barnabas Evangeliums wird oftmals auch auf das Decretum Gelasianum de libris recipiendis et non recipiendis des Jahres 496 verwiesen, welches im Verzeichnis der apokryphischen Schriften das Barnabas Evangelium als eines der nicht angenommen Bücher bezeichnet. Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang natürlich die Tatsache, von wann zum Beispiel die ersten vollständig erhalten Handschriften der Hebräischen Bibel (=Altes Testament) in der Originalsprache stammen. Der Codex Leningradiensis als älteste Version des Alten Testaments wird auf das Jahr 1008 datiert, ist Teil der Sammlung Abraham Firkowirtschs sowie in der Russischen Nationalbibliothek in St. Petersburg zu bewundern. Der Codex von Aleppo datiert zwar auf das Jahr 920 und ist somit knapp 88 Jahre älter, enthält aber nach der Beschädigung im Jahr 1947 nur noch 295 der 487 ursprünglichen Seiten. Viel älter ist zweifelsfrei die Septuaginta, d.h. die älteste durchgehende Übersetzung der Hebräischen Bibel ins Griechische. Die Septuaginta soll im Zeitraum von 250 vor unserer Zeitrechnung bis zum Jahr 100 in Alexandria entstanden sein. Das Judentum lehnt die Septuaginta jedoch seit der Antike ab. Vollständig erhaltene Handschriften des Neuen Testaments sind: 1. Codex Sinaiticus: Es ist dies die einzige vollständige Handschrift des Neuen Testaments in Unizal-Schrift. Der Codex Sinaiticus ist ein Bibel-Manuskript aus dem vierten Jahrhundert, welches 1844 im Katharinenkloster am Berg Sinai in Ägypten entdeckt wurde. Man nimmt an, dass Kaiser Konstantin I. im Jahr 320 den Auftrag zur Erstellung gab. Inhaltlich umfasst der Codex Sinaiticus große Teile des Alten Testaments, das gesamte Neue Testament vom Matthäus Evangelium bis zur Offenbarung nach Johannes sowie als apokryphische Schriften der Brief des Barnabas sowie der Hirte von Hermas. Die Reihenfolge der neutestamentlichen Bücher ist wie folgt gegeben: die vier Evangelien, die Briefe des Paulus, die Apostelgeschichte, die restlichen Briefe, die Offenbarung des Johannes. Der Text des neuen Testamentes hat jedoch Lücken in den vier Evangelien, der Apostelgeschichte sowie dem Römerbrief. Der Codex Sinaiticus ist unter www.codexsinaiticus.org/de vollständig online gestellt. Der Codex Sinaiticus repräsentiert den alexandrinischen Texttyp und ist der Kategorie I zuzuordnen. 2. Codex Vaticanus Graecus 354 (datiert auf das Jahr 949, in griechischer Sprache, im Vatikan) 18 Der Codex Vaticanius wird in der Vatikanischen Bibliothek verwahrt und stellt eine griechische Handschrift des Neuen Testaments dar, welche aus dem Jahr 949 datiert. Die Handschrift ist vollständig. Der Codex Vaticanus Graecus 354 repräsentiert den byzantinischen Texttyp der Kategorie V. Natürlich existieren noch weitere -viel ältere- Textquellen wie die Papyrusrollen von Qumran. Hier ist jedoch zu vermerken, dass diese nur Fragmente darstellen. 4. Der Glaube an die Propheten Insgesamt werden im Koran fünfundzwanzig Propheten erwähnt, die wie folgt widergegeben werden arabischer Name biblischer Name arabischer Name: Adam Adam Schu´aib Nuh Noah Musa Mose Idris Henoch Harun Aaron Alyas´ Elias Salih Ibrahim Abraham Hud biblischer Name: Dhul-kifl Dawud David Zakariya Zacharias Lut Lot Yunus Jonas Sulayman Salomon Isma´il Ismael Ilyas Elias Ishaq Isaak Yahya Johannes Ja´qub Jakob Isa Jesus Yusuf Joseph Muhammad Ayyub Hiob Adam, Abraham und Mose werden im Islam (wie im Christentum) als Propheten angesehen, Jesus und Mohammed werden jedoch unterschiedlich interpretiert. Wichtig für die Priorisierung der einzelnen Propheten ist Sure 2, Vers 136: „Sagt: „Wir glauben an Gott und an das, was uns von droben erteilt worden ist, und das, was Abraham und Ismael und Isaak und Jakob und ihren Nachkommen erteilt worden ist, und das, was Moses und Jesus gewährt worden ist, und das, was allen anderen Propheten von ihrem Erhalter gewährt worden ist: Wir machen keinen Unterschied zwischen irgendeinem von Ihnen. Und ihm ergeben wir uns.““ 19 Adam: Im Koran ist die Geschichte von Adam und Eva ebenfalls bekannt. In diesem Zusammenhang spielt der Teufel (iblis) eine bedeutende Rolle. Iblis widersetzt sich aus Überheblichkeit als einziger dem Befehl Gottes, sich vor Adam niederzuwerfen. Die Versuchung Adams und Evas wird in Sure 7, Vers 19 folgende dargestellt: „Und was Dich angeht, o Adam, wohne du und deine Frau in diesem Garten und esst ihr beiden, was immer ihr essen mögt; aber nähert euch nicht diesem einen Baum, dass ihr nicht Übeltäter werdet. Daraufhin flüstert Satan den beiden ein mit der Absicht, ihnen ihre Blöße bewusst werden zu lassen, derer sie bis dahin ungewahr gewesen waren; und er sagte: „Eurer Erhalter hat euch diesen Baum nur verboten, dass ihr beiden nicht wie Engel werdet oder dass ihr für immer lebt.“ Und er schwor Ihnen: „Wahrlich, ich bin von denen, die euch fürwahr Gottes wünschen!“ –und also verlockte er sie mit täuschenden Gedanken. Aber sobald die beiden die Frucht des Baumes gekostet hatten, wurden sie sich ihrer Blöße bewusst. Und sie fingen an, sich mit zusammengefügten Blättern des Gartens zu bedecken. Und ihr Erhalter rief Ihnen zu: „Habe ich Euch nicht diesen Baum verboten und euch gesagt „Wahrlich, Satan ist euer offener Feind“. Die beiden erwiderten “O, unser Erhalter! Wir haben uns selbst versündigt und wenn Du uns nicht Vergebung gewährst und Deine Barmherzigkeit erteilst, werden wir ganz gewiss verloren sein.“ Da sagte er: „Hinab mit Euch, und seid hinfort einander Feinde, auf Erden eure Bleibe und eine Lebensunterhalt für eine Weile habend: dort sollt ihr leben“ fügte er hinzu. „Und dort sollt ihr sterben und von dort sollt ihr am Auferstehungstag hervorgebracht werden.“ Adam und Eva wird im Islam -im Gegensatz zur christlichen Dogmatik- im Koran verziehen. Hieraus entwickelt sich aber eine ganz besondere Relevanz als Folge. Während im Christentum der Glaube an die Erbsünde existiert, wird der Mensch laut islamischem Glaube mit einem weißen Blatt geboren, das heißt hiernach ist jeder Mensch erst einmal sündenfrei geboren. Ein -vor allem aus soziologischer Sicht- interessanter Aspekt besteht im Übrigen darin, dass im Islam sowohl Adam als auch Eva gleichermaßen für die Vertreibung aus dem Paradies verantwortlich sind, während aus christlicher Sicht hierfür primär Eva verantwortlich ist. Abraham (Ibrahim): Eine sehr wichtige Stelle unter den Propheten hat im Islam -aber auch in den anderen Buchreligionen Christentum und Judentum- Abraham, der jedoch im Islam Ibrahim genannt wird. Ibrahim erkannte als erster, dass es nur einen einzigen Gott gibt. Dabei nahm er einen Konflikt mit seinem Vater (laut Koran ist dies Azar, laut Bibel ist Terach sein Vater) in Kauf, der dem Polytheismus anhing. Er zerstört die Götzenbilder seines Vaters und wird zur Strafe ins Feuer geworfen. Er wird jedoch auf wundersame Weise gerettet, so dass sich durch dieses Wunder viele -darunter auch Lot- direkt zu dem einen Gott bekennen. In diesem Zusammenhang sei vor allem auf Sure 21 verwiesen. Im Koran (wie auch in der Bibel) wird dann davon berichtet, dass Ibrahim einer schweren Prüfung unterzogen wurde, da er auf Geheiß Gottes seinen Sohn opfern soll. Ibrahim lässt durch seine Taten erkennen, dass er zu diesem Opfer bereit sei, woraufhin Gott eingreift. Statt Ibrahims Sohn wird ein Schlachtopfer dargebracht. Sure 37, 107: „Und wir lösten ihn aus mit einem gewaltigen Opfer und ließen unter späteren Generationen also seiner gedenken: „Frieden sei auf Ibrahim.““ 20 Das Schlachtopfer Ibrahims gilt als das Vorbild für rituelle Schlachtopfer während der Wallfahrtszeit sowie während des Opferfestes. Eine weitere besondere Relevanz erlangt Ibrahim im Übrigen dadurch, dass er mit seinem Sohn Ismail die Gedenkstätte an Gott mit göttlicher Fügung widerentdeckt und neu errichtet. Somit geht die Haddsch, d.h. die Wallfahrt nach Mekka auf Ibrahim zurück. Während sich alle Buchreligionen einig sind, dass Abraham in Hebron begraben ist, gibt es unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich seines Geburtsortes. Muslime sind der Überzeugung, dass Ibrahim in Sanhurfa neben Haran geboren ist, während Christen davon ausgehen, dass er in Ur in Chaldäa geboren ist. Hebron und Sanhurfa sind die viert- bzw. fünftheiligste Stätte des Islam. Mose: Mose wird im Koran als Empfänger des Buches bezeichnet. Im Koran werden verschiedene Episoden erzählt, die auch aus der christlichen Bibel bekannt sind: - der Bundesschluss am Berge Sinai - die Ungehorsamkeit der Israeliten - die Flucht der Israeliten - die Sendung des Moses - die über Ägypten gesandten Plagen - die Konfrontation Mose mit den ägyptischen Magiern - die Wüstenwanderung - die Bestrafung des Pharao Jesus (Isa bin Maryam): Der große Unterschied zwischen Christentum und dem Islam besteht darin, dass Isa bin Maryam im Islam nicht der Sohn Gottes ist. Kennzeichnend ist hier erst einmal Sure 2, Vers 87: „Wir gewährten Jesus, dem Sohn der Maria, allen Beweis der Wahrheit und stärkten ihn mit heiliger Eingebung“ Hieraus wird offensichtlich, dass Isa bin Maryam Prophet ist, aber nicht Sohn Gottes. Was die unbefleckte Empfängnis Maryams anbelangt, so ist hier eine Kongruenz zur christlichen Bibel zu sehen. Sure 19, Vers 19ff. ist hier mehr als aufschlussreich: „Der Engel antwortete: „Ich werde dir das Geschenk eines mit Reinheit versehenen Sohnes erteilen.“ Sie (Maryam) sagte: „Wie kann ich einen Sohn haben, da kein Mann mich je berührt hat? – denn ich bin niemals eine liederliche Frau gewesen! Der Engel antwortete: „Also ist es, aber dein Erhalter sagt: „Dies ist leicht für mich und du sollst einen Sohn haben, auf dass wir ihn zu einem Symbol für die Menschheit und einem Akt der Gnade von uns machen.““ Auch Isa erklärt selbst, dass er nur Prophet und nicht Sohn Gottes ist. Sure 19, Vers 30 ff.: „Aber er (Isa) sagte: Siehe, ich bin ein Diener Gottes. Er hat mir Offenbarung gewährt und mich zu einem Propheten gemacht und mich gesegnet, wo immer ich sein mag; und er hat mir Gebet und Mildtätigkeit geboten, solange ich lebe. … „Darum war Frieden auf mir am Tag, da 21 ich geboren wurde, und wird auf mir sein am Tag meines Todes und am Tag, da ich wieder zum Leben auferweckt werde!““ Interessanter Weise wird im Koran auch darauf verwiesen, dass die Christenheit uneins über die Natur Jesus ist. Sure 19, Vers 36 ff.: „Und (also war es, dass Jesus immer sagte): „Wahrlich, Gott ist mein Erhalter wie auch euer Erhalter; so betet keinen anderen als ihn an. Dies allein ist ein gerader Weg. Und doch sind die Sekten, die der Bibel folgen, untereinander uneinig über die Natur von Isa!“ Ein wichtiger Unterschied zwischen Islam und Christentum in Bezug auf Isa (Jesus) bezieht sich des Weiteren auf die Kreuzigung. Vergegenwärtigen wir uns hierzu Sure 4, Vers 157 ff.: „Doch sie haben ihn (Isa) nicht getötet, und sie haben ihn auch nicht gekreuzigt, sondern es schien ihnen nur, als ob es so gewesen wäre; und wahrlich, jene, die widersprüchliche Ansichten darüber haben, sind fürwahr verwirrt, haben kein wirkliches Wissen davon und folgen bloßer Mutmaßung. Denn sie haben ihn mit Gewissheit nicht getötet: nein, Gott hat ihn zu sich erhöht – und Gott ist fürwahr allmächtig, weise.“ Muhammad: Aufgrund der besonderen Relevanz von Muhammad für den Islam werden wir uns des Lebens Muhammads in besonderer Art und Weise gesondert widmen. Vergegenwärtigen wir nun jedoch einer Aspekte des Lebens des Propheten Muhammad. Eindeutig ist hier Sure 3, Vers 144: „Und Muhammad ist nur ein Gesandter; all die (anderen) Gesandten sind vor ihm dahingegangen: wenn er denn stirbt oder getötet wird, werdet ihr umkehren auf euren Fersen.“ Seine besondere Rolle unter den Propheten wird aus Sure 33, Vers 40 deutlich: „(Und wisst, o Gläubige, dass) Muhammad nicht der Vater von irgendeinem eurer Männer sondern Gottes Gesandter und das Siegel aller Propheten ist. Und Gott hat fürwahr volles Wissen von allem.“ Nach Muhammad wird es nach islamischer Sicht keinen Propheten mehr geben. Die besondere Rolle Mohammads als Gesandter Gottes, dem mit dem Koran die Offenbarung Gottes herabgesandt wurde, wird unter anderem ersichtlich aus Sure 47, Vers 2: „Denen aber, die glauben und tun, was recht ist, und die an das glauben, was auf Mohammed als Offenbarung herabgesandt worden ist – es ist ja die Wahrheit und kommt von ihrem Herrn, denen tilgt er ihre schlechte Taten und bringt alles für sie in Ordnung.“ Folgende Aussagen aus dem Koran und der Sunna charakterisieren den Gesandten Muhammad: - Er hat die höchste Rangstufe unter den Gesandten Allahs und somit unter allen Menschen. - Er war ein Gesandter und ein Diener Allahs. Er war Allah gegenüber absolut ergeben und er hat niemals, keinen einzigen Augenblick Schirk betrieben oder jemals Götzen angebetet. - Er hat niemals kleine, leichte oder schwere Sünden begangen. - Er war der letzte in der langen Reihe aller Gesandten Allahs. - Er ist Imam und Vorbild aller Muslime und der Gesandte für die gesamte Menschheit. 22 Auch im Judentum sind Propheten zu finden. Zu den großen Propheten im Judentum zählen: Jesaja, Jeremia, Baruch, Ezechiel sowie Daniel. Zu den kleinen Propheten im Judentum zählen: Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zefanja, Haggai, Sacharja, Maleachi. Prophetie ist im Tanach, der hebräischen Bibel, ein wesentlicher Bestandteil der Offenbarung JHWHs für Israel. Hier bilden die Nebi’im (Propheten) den zweiten Hauptteil nach der Tora. Aus Sicht des Judentums sind jedoch weder Jesus noch Muhammad Propheten. 5. Der Tag des Jüngsten Gerichtes und das Leben nach dem Tod Das Jüngste Gericht findet sich sowohl im Christentum als auch im Islam. Es reicht jedoch nicht aus, sich erst mit dem Tag des Jüngsten Gerichtes zu beschäftigen. Der Tag des Jüngsten Gerichtes muss in einen Kontext eingefügt werden: Nach dem Tod trennt der Todesengel die Seele vom Körper. Mit Hilfe zweier Engel wird die Seele zum Himmel geführt, wo diese -sofern gerecht- aufgenommen in die höchsten Sphären vor Allah geführt wird, hiernach aber nochmals zu ihrem Körper auf die Erde zurück geschickt, wo dieser bis zur Auferstehung schläft. Wichtig ist im Übrigen auch die Befragung im Grab nach der Bestattung. Die Engel Munkar und Nakir stellen dem Verstorbenen dabei vier Fragen: - Wer ist dein Gott? - Wer ist dein Prophet? - Was ist deine Religion? - Wohin zeigt deine Gebetsrichtung? Waren die Antworten des Verstorbenen richtig, nehmen sich die Engel Mubashar und Bashir an, trösten ihn und verheißen ihm das Paradies. Ansonsten wird der Verstorbene in Ruhe gelassen. Es folgt eine Wartezeit (al-barzakh) bis zu dem durch die Auferstehung eingeleiteten Jüngsten Gerichtes. Vor dem Jüngsten Gericht wird es jedoch noch eine kurze Herrschaft des Bösen geben, welcher jedoch letztlich besiegt wird. Es gibt einige direkte Zeichen hierfür: 1. Ad-dadsch-dschal: Am Ende der Tage wird ein Mensch erscheinen, der sich als Gott bezeichnen wird und Göttlichkeit vortäuschen wird. Er wird große auffällige Taten vollbringen, die wie Wunder aussehen und die meisten Menschen werden ihm glauben. Isa (Jesus) wird jedoch zu dieser Zeit mit Erlaubnis Allahs zur Erde hinabsteigen, um Ad-dadsch-dschal zu töten und letztlich wird er ihn auch töten. 2. Das Herabsteigen von Isa (Jesus): Während der Herrschaft von Ad-dadsch-dschal wird Isa (Jesu) herabsteigen, um mit den Muslimen gegen Ad-dadsch-dschal zu kämpfen. Nach dem Sieg wird er noch eine Zeit lang leben und darauf verweisen, dass er nicht Gottes Sohn ist und gerecht nach dem Islam richten. Zum Schluss wird er eines natürlichen Todes sterben und nach islamischen Brauch bestattet. 23 3. Das Erscheinen von Yadschudsch und Madschudsch: Yadschudsch (Gog) und Madschudsch (Magog) werden kurz vor dem Jüngsten Gericht erscheinen und das unmittelbare Eintreffen des Jüngsten Tages ankündigen. 4. Das Aufgehen der Sonne vom Westen Am Ende der Zeit wird die Sonne -nicht wie bisher- vom Osten sondern vom Westen aufgehen. Am Tage des Jüngsten Gerichtes werden alle auferweckt. Jeder einzelne wird persönlich von Gott bewertet und beurteilt. Das Lebensbuch, in dem alle (guten und bösen) Taten verzeichnet sind, spielt dabei eine sehr große Rolle. Die Taten der Menschen werden dann auf einer Waage gewogen. Bei der Beurteilung wird dann nach drei Kategorien beurteilt: - Menschen, die ohne Abrechnung direkt in die Dschanna (=Paradies) gelangen - Menschen, die einer leichten Abrechnung unterzogen werden - Menschen, die einer schweren Abrechnung unterzogen werden Hiernach müssen die Menschen die Brücke (as-sirat) passieren, die über Dschannam (=Hölle) aufgeschlagen ist. Nach dem Überqueren von As-sirat werden die Muslime auf einer Gewölbebrücke versammelt. Hier muss solange verblieben werden, bis die Säuberung abgeschlossen ist. Nun erfolgt der Gang in die Dschanna (=Paradies), wo die Muslime auch Allah sehen werden. Alle anderen gehen in die Hölle. Kommen wir nun zur Thematik Himmel und Hölle im Christentum. Die allgemeine Lehre der Kirche wird in diesem Falle zum Beispiel vom Kirchenvater Augustinus (354-430) begründet, der aus der Bibel heraus eine ewige Strafe begründet. Da laut Augustinus das äonische Leben endlos sei, müsse auch die im Matthäus Evangelium (Mt 35, 46) bezeichnete äonische Strafe endlos sein. Auch schafft das Athanasische Glaubensbekenntnis im Christentum klare Fakten. Laut diesem erhalten diejenigen, welche Gutes getan haben, das ewige Leben, während diejenige, die Böses getan haben, das ewige Feuer erhalten. Durch Augustinus eingeführt und von Papst Gregor dem Großen (540-604) bestätigt wird in das Christentum auch die Lehre des Fegefeuers integriert. Das Fegefeuer wird biblisch begründet auf den 1. Korintherbrief (1 Kor 3,11-15) und thematisch aufgearbeitet in den Augustinus Werken „Vom Gottesstaat“ sowie den „Bekenntnissen“. Augustinus deutete den 1. Korintherbrief dahingehend, dass vielleicht nach dem Tod noch die Seelen einiger Gläubiger durch Feuer geläutert werden. Thomas von Aquin (1225 – 1274), einer der einflussreichsten Theologen der Geschichte und einer der dreiunddreißig katholischen Kirchenlehrer, vertrat ebenso diese Auffassung. Auch wenn es vielleicht heutzutage ein wenig belustigt, so sei darauf verwiesen, dass auch das zur Weltliteratur gehörige Hauptwerk des italienischen Dichters Dante Alighieri (1265-1321) namens Divina Commedia (=“Göttliche Komödie“) noch heute das Bild von Himmel, Fegefeuer und Hölle der meisten Christen prägt. Im frühen Christentum gab es hinsichtlich der Apokatastasis vor allem bei den in der Ostkirche anerkannten Kirchenvätern - Clemens von Alexandria (150-214) - Origenes (185-214) - Gregor von Nyssa (335-394) einige sehr interessante Ausführungen. 24 Nach Clemens von Alexandria passe Rache (wie sie durch das Jüngste Gericht letztlich praktiziert werden würde) nicht zu Gottes Wesen. Origines wiederum vertrat die Auffassung: „Und ich bin der Überzeugung, dass er (Gott) die Lasterhaftigkeit auch in geordneter Weise (einmal) ganz und gar vertilgt, zum Heile des Ganzen.“ Hinsichtlich ihrer Glaubensvorstellungen berufen sich beide auf die Septuaginta sowie die Apostelgeschichte (3,21). Gregor von Nyssa wird die Aussage zugeschrieben, dass „dass es nicht hauptsächlich und primär um Strafe ist, was Gott den Sündern auferlegt, sondern er handelt nur, um das Böse vom Guten zu trennen und es in die segensvolle Gemeinschaft zu ziehen.“ Weitere Kirchenväter wie Theodor von Mopsuetia (350 – 429) oder bedeutende antike christliche Schriftsteller wie Didymus der Blinde (310-398) vertraten ebenfalls noch diesen Lehransatz, welcher später durch den Lehransatz von Augustinus abgelöst wurde. Die Frage nach bzgl. des Lebens nach dem Tod bleibt im jüdischen Tanach offen. Die hebräische Bibel kennt kein Jenseits, in dem die Toten weiterleben. Sie kennt nur die Auferstehung am Ende der Zeiten. Gleichwohl sei hier aus einigen Passagen zitiert: Denn die Toten loben dich nicht, und der Tod rühmt dich nicht, und die in die Grube fahren, warten nicht auf deine Treue; sondern allein, die da leben, loben dich so wie ich heute. Der Vater macht den Kindern deine Treue kund (Jesaja 38:18–19). Denn im Tode gedenkt man deiner nicht; wer wird dir bei den Toten danken(Psalm 6:6)? Denn die Lebenden wissen, dass sie sterben werden, die Toten aber wissen nichts; sie haben auch keinen Lohn mehr, denn ihr Andenken ist vergessen. Alles, was dir vor die Hände kommt, es zu tun mit deiner Kraft, das tu; denn bei den Toten, zu denen du fährst, gibt es weder Tun noch Denken, weder Erkenntnis noch Weisheit (Prediger 9:5, 10). Aber deine Toten werden leben, deine Leichname werden auferstehen. Wachet auf und rühmet, die ihr liegt unter der Erde! Denn ein Tau der Lichter ist dein Tau, und die Erde wird die Toten herausgeben(Jesaja 26:19). Darum weissage und sprich zu ihnen: So spricht Gott der HERR: Siehe, ich will eure Gräber auftun und hole euch, mein Volk, aus euren Gräbern herauf und bringe euch ins Land Israels (Hesekiel 37:12). Du aber, Daniel, geh hin, bis das Ende kommt, und ruhe, bis du auferstehst zu deinem Erbteil am Ende der Tage(Daniel 12:13)! 6. Die Vorherbestimmung Der Glaube an die göttliche Vorherbestimmung ist für [Christentum und] Islam essentiell; gleichwohl finden sich hier überraschende Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Im Rahmen der Vorherbestimmung müssen wir uns die nachfolgenden Postulate vergegenwärtigen: 1. Gottes Vorhersehung ist unfehlbar: Der Glaube daran, dass alles von Gott kommt und von ihm vorbestimmt ist, kann und darf dabei jedoch nicht als Aufforderung zum Gleichmut begriffen werden. Die Vorherbestimmung ist erst einmal dahingehend zu sehen, dass wir von Gott nicht für die Dinge zur Verantwortung gezogen werden, die außerhalb unseres Verantwortungsbereiches ist. Trotzdem muss der Mensch jedoch stets sein Möglichstes tun. 2. Gott hat alles, das bis zum Tag des Jüngsten Gerichts geschehen wird, auf der Beschützten Tafel festgehalten. Verwiesen sei hier auf Sure 22, Vers 70: 25 „Weißt Du denn nicht, dass Gott alles weiß, was im Himmel wie auf Erden geschieht? Alles dies, siehe, ist in Gottes Verzeichnis: wahrlich, dies alles zu wissen, ist leicht für Gott.“ 3. Was Gott will, das geschieht, und was Gott nicht will, das geschieht nicht. Nichts geschieht in den Himmeln oder auf der Erde ohne den Willen Gottes. 4. Gott ist der Schöpfer von allem. Sure 25, Vers 2: „Er, dem die Herrschaft über die Himmel und die Hölle gehört und der keinen Nachkommen zeugt und keinen Teilhaber an seiner Herrschaft hat: denn Er ist es, der alles erschafft und seine Natur in Übereinstimmung mit seinem eigenen Entwurf bestimmt.“ Nun könnte man natürlich argumentieren, dass es doch ungerecht sei, wen dem einen dies und dem anderen jenes zugemutet würde. Aber auch hierzu findet sich eine eindeutige Aussage im Koran, Sure 2, Vers 286: „Gott belastet keinen Menschen mit mehr, als er gut zu tragen vermag. Zu seinen Gunsten wird sein, was immer er Gutes tut, und gegen ihn, was immer er Übles tut.“ Aus den vorstehenden Argumenten kann ein Muslim jedoch auch Stärke gewinnen, da er weiß, dass er nichts verantworten muss, was er nicht beeinflussen kann und dass ihm nur die Bürde von Gott auferlegt bekommt, die er auch zu tragen vermag. Vergegenwärtigen wir uns an dieser Stelle die Vorherbestimmung aus christlicher Sicht, d.h. die Anschauungen von Calvin sowie von Augustinus. Augustinus geht erst einmal davon aus, dass der Mensch zum ewigen Leben von Gott vorbestimmt ist. Für die Prädestinationslehre des Augustinus wird dann sein Spätwerk Vom Gottesstaat (De civitaue Dei) bestimmend. Vor der Schaffung des Menschen wurde der Staat der bösen Engel (civitas diaboli) und der Staat der guten Engel (civitas dei) geschaffen, die nach der Schaffung der Menschen dann in einen irdischen Staat (civitas terrena) und einen Gottesstaat (civitas coelestis) übergeleitet worden sind. Nach dem jüngsten Gericht wird es dann wiederum zwei Staaten geben: - civitas mortalis (-> Höllenstrafe in Ewigkeit) - civitas immortalis (-> ewige Herrschaft mit Gott im Himmel) Nach Auffassung von Augustinus entspräche die Zahl der Menschen, die in den Himmel kommen exakt der Zahl der abgefallenen Engel, so dass das göttliche Gleichgewicht hierdurch wiederhergestellt ist. Aus dieser Lehrmeinung des Augustinus zum Gottesstaat wurde im Mittelalter dann die Auffassung, dass der Gläubige nur durch Gehorsam gegenüber der Kirche der Hölle entfliehen könne. Es entwickelte sich im Mittelalter die Lehre der doppelten Prädestination mit einer impliziten Ablehnung des freien Willens des Menschen zur Entscheidung für oder gegen Gott oder und der Souveränität des nicht rechenschaftspflichtigen Gottes. Diese Lehre der doppelten Prädestination war für den Reformator Calvin (1509-1564) von größter Bedeutung. Nachstehend sei die Auffassung Calvins von der doppelten Prädestination wiedergegeben: Gott hat die Menschen in eine Gruppe der Auserwählten und eine der Nicht-Auserwählten geteilt. Für die Auserwählten hat Gott seine Erkenntnis bestimmt und die Auferstehung vorhergesehen. Die Übrigen bleiben unwissend bezüglich Gottes und des Evangeliums. Laut Calvin sind sie von Gott verdammt auf dem Weg in die ewige Hölle. Diese Entscheidung sei noch vor der Schaffung des Universums getroffen worden und somit erst recht vor der Geburt des einzelnen Menschen sowie vor irgendwelchen Entscheidungen, die der Mensch in seinem 26 Leben trifft. Die Gründe, warum Gott einige erwählt hat, sind unbekannt. Es ist aber offensichtlich, dass das nicht aufgrund irgendwelcher guten Werke von Seiten des Erwählten geschehen ist. Die Erwählung ist insofern nicht an irgendwelche in der Person des Erwählten liegenden Bedingungen geknüpft. 27 III. Das Leben des Propheten: Es ist unverständlich, aber immer noch wissen viele –auch Muslime- viel zu wenig über Muhammad als Gesandten Gottes. Dies ist allein deshalb mehr als traurig, da man das Leben des Propheten kennen muss, um den Islam verstehen zu können. Dabei gibt es zum Beispiel mit Muhammad ibn Ishaq (704-768) einen hervorragenden muslimischen Historiker, der vor allem durch seine erstklassige Biographie über das Leben Muhammad`s bekannt wurde. Schauen wir uns nun aber das Leben Muhammad`s an. 1. Die vorprophetische Zeit und die Berufung (570-610) Muhammad ibn 'Abd Allah ibn 'Abd al-Muttalib ibn Haschim ibn 'Abd Manaf al-Quraschi –im nachfolgenden nur noch Muhammad genannt- wurde 570 in Mekka geboren. ʿAbd Allāh ibn ʿAbd al-Muttalib war der Vater des Propheten, starb aber noch vor der Geburt von Muhammad. Er entstammte dem arabischen Stamm der Quraisch in Mekka; sein Großvater war Haschim ibn ʿAbd Manāf, der Stammvater der Haschemiten. Der Stamm der Quraisch führt seine Abstammung auf Abraham zurück. Zu Beginn des sechsten Jahrhunderts übernahmen diese die Kontrolle über die Stadt Mekka. Durch Rivalitäten zerfiel der arabische Stamm der Quraisch in verschiedene Fraktionen. Muhammad und Ali gehörten dabei dem Stamm der Hashim an. Im Alter von sechs Jahren verlor Muhammad auch noch seine Mutter Amina. Nach dem Tod seiner Mutter im lebte er bei seinem Großvater ʿAbd al-Muttalib (497598).Nach dessen Tod kam Muhammad unter den Schutz seines Onkels Abu Talib (550-619). Abu Talib war Karawanenhändler und im Handel mit Syrien tätig; in Mekka war er Oberhaupt der Banu Haschim. Bis zu seinem Tod war er Beschützer Muhammads. Während im Islam unstrittig ist, dass Amina als Heidin starb, gibt es eine Kontroverse zwischen Sunniten, die glauben, dass er bis zu seinem Tode dem alten Glauben anhing und den Schiiten, für die Abu Talib Moslem war. Sohn des Abu Talib ist Ali ibn Abi Talib (598-661), der ein Vetter von Muhammad und Schwiegersohn des Propheten war. Muhammad verdiente sich in früher Kindheit Geld mit der Tätigkeit eines Schafshirten. In seinem zwölften Lebensjahr nahm ihm sein Onkel auf eine erste Geschäftsreise nach Syrien mit und es folgten weitere. Während einer Geschäftsreise kam es zur Begegnung mit einem Einsiedler namens Bahira, der eine prophetische Zukunft Muhammads vorhersagte. Später ging der als sehr zuverlässig bekannte Muhammad für die angesehene Geschäftsfrau Khadija auf Geschäftsreise. Khadija, die fünfzehn Jahre älter als Muhammad war, machte Muhammad einen Heiratsantrag, welchen er auch annahm. Khadija und Muhammad lebten 26 Jahre glücklich zusammen, bis Khadija starb. Sie hatten sieben Kinder, die aber –bis auf die Tochter Fatima- allesamt noch in ihrer Kindheit verstarben. Die Ehe mit Khadija hat das gesellschaftliche Ansehen Muhammads unter der Bevölkerung in Mekka sehr gestärkt. In Mekka herrschte zu dieser Zeit Götzendienst. Um die Kaba, in der bereits vor der Muhammads gepilgert wurde, sollen mehr als 300 Götzen gestanden haben. In den letzten drei Jahren vor seiner Berufung begann Muhammad regelmäßig sich in einer Höhle namens Hira auf einem Berg nahe Mekka zu meditieren. Als er vierzig Jahre alt war, hatte er dort seine erste Begegnung mit dem Engel Gabriel, der ihm in Gestalt eines Menschen erschien. Gabriel drückte Muhammad drei Mal und gebot ihm zu lesen: „Lies im Namen deines Herren, der erschuf. Erschuf den Menschen aus einem haftenden Tropfen. Lies, und dein Herr ist der Großzügigste, der lehrte mit dem Schreibrohr, lehrte den Menschen, was er nicht 28 wusste.“ Dies waren die ersten fünf offenbarten Verse im Koran. Durch dieses Szenario wurde Muhammad zum Propheten. Nach dieser Begegnung mit Gabriel verließ Muhammad Höhle und hörte Gabriel rufen: „Muhammad! Du bist Allahs Gesandter und ich bin Gabriel!“ Er erhob seine Augen und sah Gabriel. Dies wiederholte sich. Muhammad erzählte die Geschichte seiner Khadija, welche mit Muhammad zu Ihrem Onkel Waraqa ging. Dieser war der Auffassung, dass Muhammad zum Propheten auserwählt worden war. Für Muhammad kam dies alles überraschend und er dachte sogar daran, sich das Leben zu nehmen. Es dauerte einige Zeit, bis sich Muhammad vergewissert hatte, dass der Ruf ein göttlicher Ruf war und dass er nicht krank oder besessen war. Erst nach und nach, als sich die Offenbarung und die Begegnungen mit dem Engel fortsetzten, akzeptierte er sein Schicksal und fügte sich in diese neue Rolle. Die erste, welche sich Muhammad im Glauben anschloss, war seine Frau. Der nächste, der sich ihm anschloss, war sein Vetter Ali, welcher seit einigen Jahren bei ihm wohnte. Zaid, ein ehemaliger Sklave, den Khadija ihm geschenkt und der von Muhammad frei gelassen wurde, gehörte ebenso zur frühen Gemeinschaft wie Baraka, die ehemalige Sklavin seiner Mutter, welche von Muhammad ebenfalls freigelassen wurde oder sein engster Freund Abu Bakr, welcher ein wohlhabender und angesehener Mann war und der nach dem Tode Muhammads ihm nachfolgte. Auch Uthman, welcher ebenfalls nach dem Tode des Propheten Kalif wurde und der dunkelhäutige Sklave Bilal gehörten ebenfalls zur frühen Gemeinschaft. Die Verkündung erfolgte nur im engsten Kreis und die frühe Gemeinschaft wuchs auf insgesamt mehrere Dutzend an. Zu dieser Zeit verkündete der Engel Gabriel dem Propheten einige Überlieferungen, die Gebetswaschung und das rituelle Gebet und Muhammad gab es an die frühe Gemeinschaft weiter. Damals war das Gebet die einzige rituelle Verrichtung der Muslime. Es sei an dieser Stelle jedoch darauf verwiesen, dass die fünfmalige Pflicht zum Gebet erst auf der Himmelfahrt des Propheten offenbart wurde. Einige Zeit später wurde dem Propheten das nächtliche Wachen im Gebet zur Pflicht gemacht. 2. Die mekkanische Periode (610-622) Drei Jahre nach der Berufung erhielt der Prophet die Offenbarung zur öffentlichen Verkündung. Gegen die öffentliche Verkündung hatten die Quraisch anfangs nichts einzuwenden. Erst als Muhammad die Ablehnung des Götzendienstes predigte, lehnten sich die Quraisch gegen den Propheten auf, wobei ein Onkel Muhammads, Abu Lahab, ihn am stärksten verspottete. Sein anderer Onkel, der bereits vorstehende Abu Talib, stand aber stets hinter Muhammad, selbst als viele Quraisch Abu Talib um Muhammads wegen mit Krieg drohten. Die Quraisch begannen, die ärmsten und schutzlosesten der Anhänger Muhammads zu verfolgen, unter anderem auch (der dunkelhäutige Sklave) Bilal oder Sumayya, die Mutter der Familie Yassir, welche zur ersten Märtyrerin wurde, nachdem sie das Opfer der Wut von Abu Jahl, einem sehr einflussreichen Mann in Mekka wurde. Da die Verfolgung immer stärkere Züge annahm, empfahl Muhammad einem großen Teil seiner Anhänger, nach Abessinien auszuwandern, welches zum damaligen Zeitpunkt ein christliches Land war. Obgleich die Quraisch versuchten, die Anhänger Muhammads in Abessinien beim dortigen König zu diffamieren, blieb dieser standhaft und gewährte den Anhängern Muhammads Asyl. Trotz aller dieser Diffamierungen wuchs die muslimische Gemeinde stetig an, so dass die Mekkaner zur alljährlichen Wallfahrtszeit die Pilger vor den „Verrückten“, „Besessenen“ und „Hexern“ warnten. Zu den größten Gegnern Muhammads 29 gehörten zu dieser Zeit auch sein Onkel Abu Lahab und dessen Gattin Umm Jamil. Ob des fehlenden Erfolgs boten die Gegner Muhammads schließlich diesem an, dass sie bereit wären, seine Religion anzunehmen, wenn er in dieser ausreichend Platz für ihre Götter ließe. Dies lehnte Muhammad jedoch entschieden ab. Als die Verfolgung immer stärker wurde bat Muhammad Gott, in einem Gebet, dass er den Islam durch einen der beiden „Omare“ –nämlich Omar ibn al-Khattab und Amr ibn Hischam, genannt Abu Jahl- stärken möge. Abu Jahl beleidigte Muhammad immer stärker und bewarf ihn eines Tages in der Moschee sogar mit einem Stein, was zu einer ernsthaften Verletzung Muhammads führte. Hamza, Onkel und Altersgenosse von Muhammad, ergriff hiernach Partei für Muhammad und konvertierte zum Islam. Omar, dessen Schwester Fatima zu den ersten Muslimen gehörte, war ursprünglich wie sein Vater Khattab von Feindseligkeit gegenüber dem Islam geprägt. Im Laufe der Zeit änderte sich dies jedoch und im Jahr 615 trat Omar –kurz nach Hamza- ebenfalls in den Islam ein. Da Omar, welcher nicht zur Sippe Muhammads gehörte, in den Islam eingetreten war führte dies zu einer großen Stärkung der Muslime, welche ihren Glauben nunmehr öffentlich in der Moschee praktizieren konnten. Ein weiterer Versuch der Quraisch, Muhammad von seinem Weg abzubringen [diesmal vorgetragen von Tuba bin Rabia]- scheiterte dergestalt, dass Tuba bin Rabia den wartenden Menschen kundtat, dass diese Muhammad seinen Weg gehen lassen sollten. Aufgrund dieser Erfolgslosigkeit beschlossen die Oberhäupter der Quraisch die Großfamilie Muhammads, die Banu Haschim mit Ausnahme Abu Laabs in Sippenhaft zu nehmen, unabhängig davon, ob Sie Muhammad gefolgt seien oder nicht. Im Inneren der Kaba wurde ein Schriftsatz veröffentlicht, der es verbat, Ehen mit den Banu Haschim zu schließen oder Handel mit ihnen zu treiben. Obgleich dieses Verbot bis circa 618 dauerte und die Banu Haschim stark beeinträchtige, waren die Quraisch hier nicht erfolgreich. 619 wurde dann ein sehr schweres Jahr für Muhammad. Sowohl sein Onkel Abu Talib als auch seine Frau Khadija starb. Die Quraisch nutzten diese Phase aus und setzten sich über das eigene Schutzrecht hinweg. Selbst Abu Bakr musste kurzfristig nach Abessinien fliehen. Der Versuch Muhammads im Jahr 619, die Menschen des südlich von Mekka gelegenen Taif zu bekehren, scheiterten, so dass er hiernach verzweifelt war, zumal er wusste, dass er den Schutz seiner Sippe nicht mehr hatte, da der ihn bekämpfende Abu Lahab nach dem Tod von Abu Talib Anführer der Sippe geworden war. Nach langer Suche fand Muhammad in Mut’im bin Adiyy einen neuen Schutzpatron, der das Schutzpatronat in der Moschee öffentlich bekannte. Mut’im sicherte dabei in der Moschee, dass er zwar Muhammad schützen wolle, gleichwohl aber Muhammad nicht in seinem Glauben gefolgt sei. Nach dem Tode Abu Talibs und Khadijas fanden zwei sehr wichtige Ereignissen statt: Nachtreise und Himmelfahrt. Als Muhammad eines Tages in der Ka’ba betete kam der Engel Gabriel zu ihm und nahm ihn auf einem Buraq (pferdähnliches Flugtier) nach al Quds (= Jerusalem), wo er im Tempel auf eine große Gemeinschaft von Propheten traf, mit denen er gemeinsam und als ihr Imam das Gebet verrichtete. Vor dem Gebet wurden ihm Wein und Milch als Getränk offeriert, wobei Muhammad die Milch wählte. Daraufhin entgegnete ein Engel: „Du hast die reine Natürlichkeit (=Fitra) gewählt.“ Nach dem Tempelbesuch erfolgte Muhammads Himmelfahrt mit Gabriel. Im Himmel begegnete er den großen Propheten, nämlich Adam, Johannes, der Täufer, Jesu, Josef, Aaron und Moses sowie im siebten Himmel auch Abraham. Anschließend kam Muhammad zum Lotusbaum des äußersten Endes. Was Muhammad von dort wahrnahm ist von so genannter himmlischer Natur. Hier empfing er auch die Offenbarung zur Pflicht des täglichen fünfmaligen Gebets. Im Jahr 620 kamen sechs Männer aus Yathrib (=Medina) zur Wallfahrt nach Mekka und lernten dort Muhammad und die Botschaft des Islam kennen. Yathrib liegt vierhundert Kilometer nördlich von Mekka. Die arabischen Stämme der Aws und Khazraj –sowie einige jüdische 30 Stämme- lebten in Yathrib, wobei die Menschen aus Yathrib –im Gegensatz zu den umliegenden arabischen Beduinenstämmen- in der Regel Palmenbauern waren. Die sechs Männer aus Yathrib nahmen den Islam schnell an, im Jahr 621 kamen vier Männer der Khazraj und zwei Männer der Aws zur Wallfahrt und im Jahr 622 kamen bereits siebzig zur Wallfahrt nach Mekka. Es kam zu einem Pakt zwischen Muhammad und den Medianern, der wegweisend für die Zukunft sein sollte. Wider der bisherigen Erfahrungen breitete sich der Islam in Yathrib sehr schnell aus. Ein Jahr später bestand die Delegation der Menschen aus Yathrib bereits aus mehr als siebzig Männern und Frauen. Es wurde ein zweiter Pakt geschlossen, durch den sich die Medinenser durch Annahme des Islams und der Unterstützung des Propheten sich alle anderen Araber zu Feinden machten. 3. Die medinensische Periode (622-632) Nach diesem so genannten zweiten Aqaba Pakt begannen die Muslime aus Mekka einzeln bzw. in kleineren Gruppen auszureisen. Die Quraisch ließen die Muslime in der Regel jedoch nur dann ausreisen, wenn diese bereit waren auf all ihr Hab und Gut zu verzichten. Als die Auswanderung immer größere Züge annahm erkannten die Quraisch, dass durch die fortschreitenden Aktivitäten von Muhammad sich ihr Ruf unter den Arabern der Halbinsel immer stärker verschlechterte, so dass man sich entschloss, Muhammad ermorden zu wollen und ersonnen dabei den nachfolgenden Plan: Jede Sippe sollte einen Mann für die Tat bestimmen und alle diese sollten ihn gleichzeitig überfallen und töten. Dies erschien ihnen deshalb auch einfach, da zum Schluss nur noch Muhammad, Abu Bakr und dessen Kinder sowie Ali in Mekka verblieben. In der vermeintlichen Mordnacht rezitierte Muhammad die Sure „yasin“, kam exakt an der Stelle „und wir haben über sie einen Schleier gelegt, so dass sie nicht sehen können“ aus dem Haus und es verdunkelten sich die Augen der vermeintlichen Mörder, so dass Muhammad ungehindert zu Abu Bakr gehen konnte. Nach einer abenteuerlichen Flucht, bei der sich Muhammad und Abu Bakr in einer Höhle verstecken mussten, kamen Muhammad und Abu Bakr zwölf oder dreizehn Tage nachdem sie die Höhle verlassen hatten in Quba an, einem Ort unweit von Yathrib, wo er vier Tage blieb. In diesen vier Tagen legte er den Grundstein für die erste Moschee, welche im Islam erbaut wurde. Am darauffolgenden Freitag, als Muhammad, Abu Bakr und seine Kinder sowie der mittlerweile ebenfalls eingetroffene Ali unterwegs nach Yathrib waren betete er das erste Freitagsgebet. Dieser Tag war der der 12. Rabi’ al-Awwal des Jahres 1 der islamischen Zeitrechnung. Umgerechnet auf die europäische Zeitrechnung war die der 27. September 622. Nach seiner freudigen Ankunft in Yathrib wurde die Stadt auch madinatu n-nabiy, die Stadt des Propheten genannt, wobei sich jedoch sehr schnell die Abkürzung Medina durchsetzte. Die Gesellschaft Medinas bestand aus den großen arabischen Sippen der Aws und Khazrajs –welche beiden größtenteils bereits Muslime geworden waren und den Mekkanern. Aws und Khazrajs waren Ansar (=Helfer), die Mekkaner waren die Muhajirun (=Emigranten). Durch geschicktes Agieren sollte es Muhammad gelingen, die neue Glaubensgemeinschaft schnell zusammen wachsen zu lassen. Von großer Bedeutung sollte dabei auch der gemeinsame Bau der Moschee sein, an der sich auch der Prophet selbst beteiligte. In Medina lebten im Übrigen aber auch die nachfolgenden jüdischen Stämme: die Banu Qainuqa, die Banu Nadhir sowie die Banu Quraida. Mit diesen jüdischen Stämmen schloss Muhammad Verträge und auch die anderen Religionsgemeinschaften erhielten unverändert vollständige Autonomie. Von nun an kam es immer wieder zu Kämpfen zwischen den Quraisch und den Muslimen aus Medina, wobei die Quraisch eigentlich numerisch hoch überlegen waren, so auch als am 17. 31 Ramadan im Jahre 2 n.H. (März 624 n.Chr.) in der Nähe des Brunnen von Badr ein Kampf statt, an der trotz großer Überlegenheit die wichtigsten Führer der Quraisch starben und die Muslime von Medina obsiegten. Dieser Tag wird auch als Tag der Klärung bezeichnet. Der Sieg von Badr verschaffte den Muslimen auch einen sehr großen Respekt unter den arabischen Stämmen und das Selbstvertrauen der Muslime wuchs gewaltig. Zum Jahrestag von Badr stellten die Quraisch und ihre Verbündete eine Armee von 3.000 Mann und 200 Reitern zusammen, denen der Prophet Schuwal 3 n.H. (März 625 n.Chr.) mit 1.000 Mann zum Berg Uhud entgegenritt, um eine Belagerung Medinas zu verhindern. Nachdem der Abdullah bin Ubayy mit einem großen Teil der Khazraj den Propheten im Stich gelassen hatte, musste der Prophet mit nur 700 Mann in den Kampf ziehen. Obgleich Muhammad eine endgültige Niederlage vermeiden konnte, waren die Verluste sehr groß. Auch Hamza, der geliebte Onkel des Propheten starb im Kampf. Der jüdische Stamm der Banu Nadhir, mit dem Muhammad eigentlich einen Vertrag geschlossen hatte, wechselte nach der Niederlage bei Badr die Propheten, solidarisierte sich durch ihren Anführer Ka’b bin Aschraf mit den Mekkanern und versuchte diese zu einem erneuten Angriff zu bewegen. Daraufhin ließ Muhammad ihn ermorden. Im Gegenzug versuchten die Banu Nadhir im Monat Rabi’ al-awwal 4 n.H. (August 625 n.Chr.) den Propheten zu ermorden, was jedoch misslang. Als Reaktion hierauf wurden sie ins Exil geschickt. Da sich die Banu Nadhir nicht hiermit abfinden konnten organisierten sie unter Federführung von Huyay bin Akhtab eine Allianz von mehr als 10.000 Kriegern gegen Medina. Muhammad konnte hiergegen nur maximal 3.000 Krieger aufwarten, so dass die endgültige Niederlage Muhammads besiegelt schien. Der Perser Salman riet Muhammad zu einer Kriegskunst, die bis dato auf der arabischen Halbinsel unbekannt war: dem Ausheben eines Grabens vor der Stadt, welcher die Feinde vor dem Eindringen in die Stadt bewahren sollten. Diese Option war auch erst einmal erfolgreich. Die Lage spitze sich dadurch noch zu, als es Huyay bin Akhtab aus dem Stamm der Banu Nadhir, gelang, die Banu Quraida zu dem Entschluss zu bewegen, ihren Vertrag mit dem Propheten zu brechen und den Muslimen in den Rücken zu fallen. Wie durch ein Wunder kam Hilfe von ganz unerwarteter Seite. Ein Mann namens Na’im bin Mas’ud aus einem der Stämme der Ghatafan, der großes Vertrauen bei den Quraisch und bei den Juden der Banu Quraida genoss , gelang es Misstrauen zwischen den Quraisch und den Banu Quraida zu säen, so dass die Allianz zerbrach. Für diesen Verrat mussten die Kämpfer der Banu Quraida mit dem Leben bezahlen und die Frauen und Kinder wurden versklavt. All dies geschah im März 627. Im Monat dhu l-Qa’da des Jahres 6 n.H. (März 628) machte sich der Prophet zusammen mit etwa 1.400 Muslimen auf den Weg nach Mekka. Dies brachte die Mekkaner in eine brenzlige Situation, da sie eigentlich als Hüter des Heiligtums in einem heiligen Monat den Zugang zur Moschee erlauben mussten, sie aber dadurch, dass sie Muhammad und seinen Getreuen den Zutritt erlaubt hätten, dies eine Anerkennung des muslimischen Gemeinwesens gleich gekommen wäre. Die Mekkaner entschlossen sich, Muhammad die Wallfahrt zu verweigern und schickten ihm Kampftrupps entgegen. Man verhandelte und schließlich wurde der Vertrag von Hudaybiya mit folgendem Inhalt geschlossen: 1. Die Muslime kehren diesmal zurück und dürfen erst in einem Jahr wieder nach Mekka pilgern 2. Ein zehnjähriger Waffenstillstand wird vereinbart 3. Bündnisfreiheit für die anderen arabischen Stämme; Verbündete genießen denselben Schutz wie die Bündnispartner selbst 4. Männer, die aus Mekka zum Propheten flüchten, werden von ihm zurückgewiesen, während Flüchtlinge aus Medina nach Mekka nicht zurückgewiesen werden. 32 Auch wenn dieser Vertrag auf den ersten Blick nicht vorteilhaft erschien, so führte er letztlich doch dazu, dass sich der Islam sehr schnell ausbreitete. Nach dem Vertrag von Hudaybiya wandte sich der Prophet den zwei verbliebenen Feinden aus der Grabenschlacht zu. Der Prophet marschierte zu Beginn des Jahres 7 n.H. (Mai 628 n.Chr.) nach Khaibar und nahm nur jene 1.400 Männer des „Treueids des Wohlgefallens“ mit. Durch die List, die Festungen der Khaibar nicht zugleich sondern nacheinander anzugreifen, gelang es Muhammad und seinen Getreuen in einem Zeitraum von drei Wochen, alle acht Festungen einzunehmen. Mit einem Überraschungsangriff entledigte sich Muhammad nun auch noch des Problems der Ghatafan, welche in großer Zahl Muslime wurden. Während des Kampfes um Khaibar traf Ja’far, der Vetter des Propheten, zusammen mit den Männern und Frauen, die nach Abessinien geflohen waren und dort mehr als dreizehn Jahre im Exil gewesen waren, in Medina ein. Über die Rückkehr der so genannten Abessiner herrschte sehr große Freunde. Nun standen neue Konflikte mit den beiden Großmächten im Norden, den Byzantinern und den Persern bevor: Ein arabischer Statthalter der Byzantiner aus dem Stamm der Ghassan nahm den Botschafter des Propheten fest und tötete ihn. Dies war der Anlass für die größte und gefährlichste Expedition, die der Prophet je entsandte. Im Jumada Awwal des Jahres 8 n.H. (August/September 629) entsendete er ein Heer von 3.000 Mann zu den Ghassan. Als ihre Führer ernannte er drei Männer, die sukzessive die Heeresführung übernehmen sollten, wenn die jeweils anderen fallen sollten. Die Muslime standen mit 3.000 Mann einer gigantischen Übermacht gegenüber. Überlieferungen berichten von 200.000 gut gerüsteten und kampferprobten Byzantinern. Der Kampf war erbittert und die Muslime verloren alle ihre drei Anführer. Sie bestimmten den unübertroffenen Feldherren Khalid ibn al-Walid, der sich vor kurzem der Gemeinschaft des Propheten angeschlossen hatte, als ihren neuen Anführer. Es gelang ihnen am zweiten Tag, den Feinden durch geschickte Manöver eine viel größere Zahl und die Ankunft einer Verstärkung vorzutäuschen. Als die Muslime dann einen geordneten Rückzug antraten, fürchteten die Byzantiner, sie versuchten sie damit in eine Falle in der Wüstenebene zu locken und sahen von ihrer Verfolgung ab. Trotz des Vertrages von Hudaybiya wurden die Quraisch vertragsbrüchig und die Banu Bakr –von den Quraisch mit Waffen versorgt- griffen die dem Propheten getreuen Khuza’a an und töteten einige von ihnen. Khuza’a flohen in den Schutz des Heiligen Bezirks von Mekka, in dem das Blutvergießen nach arabischen Brauch streng verboten war. Aber die Banu Bakr setzten sich über dieses Verbot hochmütig hinweg und es kam zu einem Massaker an den überwältigten Khuza’a. Abu Sufian begriff gleich nach dem Geschehen, dass die Quraisch vertragsbrüchig geworden waren. Und er hatte kein Interesse an einer erneuten Konfrontation. Unterdessen hatte der Muhammad –nachdem er von dem Massaker gehört hatte- mit den Vorbereitungen für einen Feldzug gegen Mekka begonnen. Er achtete diesmal streng auf die Geheimhaltung des Vorhabens, um die Mekkaner zu überraschen und so Blutvergießen zu verhindern. Dies gelang denn auch. Erst als sie vor den Toren von Mekka lagerten, erfuhr Abu Sufian von dem Aufmarsch. In der letzten Nacht vor dem Einmarsch in die Stadt konnte er von einer Anhöhe aus ein beeindruckendes Meer von Lagerfeuern des muslimischen Heeres betrachten. Es war mit 10.000 Mann das bei weitem größte Heer, das die Muslime bisher zusammengestellt hatten. Der Onkel des Propheten, Abbas, der nach den meisten Überlieferungen erst vor einigen Tagen den Islam angenommen hatte und zum Propheten gestoßen war, suchte seinen Freund Abu Sufian auf und überredete ihn, zum Propheten zu gehen. Er sollte sich mit ihm einigen, bevor er in die Stadt einmarschieren würde. Der Prophet fragte ihn, als er bei ihm im Zelt saß: „Abu Sufian, ist für dich denn nicht schon längst die Zeit 33 gekommen, zu erkennen, dass es keinen Gott gibt außer Allah?“ Abu Sufian antwortete: „Du bist edel und großzügig! Wenn es andere Götter gäbe als Ihn, sie hätten uns dies doch erspart.“ Doch als es zum Glauben an den Gesandten kam, bekannte Abu Sufian, dass er in diesem Punkte nicht frei von Zweifeln sei. Auf Drängen von Abbas sprach Abu Sufian dennoch das Glaubensbekenntnis. Abu Sufian erreichte tatsächlich, dass die Mekkaner nicht zu den Waffen griffen und so konnte Muhammad ohne viel Blutvergießen nach Mekka einmarschieren. Hiernach kam es dann zur berühmten Versöhnung Muhammads mit den Mekkanern. Er stellte den Quraisch die berühmte Frage: „Was erwartet ihr, das ich mit euch tun werde?“ und sie antworteten: „Wir denken gut und wir sprechen gut! Ein edler Bruder und Sohn eines edlen Bruders!“ „Ich sage zu euch, was mein Bruder Josef zu seinen Brüdern sagte.“ antwortete er ihnen dann und zitierte die entsprechende Stelle aus dem Koran, die schon zu mekkanischer Zeit offenbart worden war: Keine Tadel soll euch heute treffen. Gott verzeihe euch. Er ist der Barmherzigste aller Barmherzigen. (yusuf; 12; 92). Daraufhin konvertierten die Mekkaner in sehr großer Menge zum Islam. Muhammad ließ nun die Götzen, die zu Hunderten um die Ka’ba standen, zerstören. Die Menschen hatten den Glauben an sie nun verloren und niemand trauerte mehr um sie. Doch der großartigste und ergreifendste Moment war sicherlich, als Bilal auf die Ka’ba stieg, um den Adhan auszurufen. Bilal, der einstige farbige Sklave, der vor einem Jahrzehnt noch unter der Folterpeitsche der Oberhäupter der Stadt standhaft „Einer! Einer!“ geächzt hatte, stand nun hoch oben auf der Ka’ba selbst und rief von dort aus mit seiner schönen und starken Stimme zum Gebet: „Allahu akbar! La ilaha illa-llah. Muhammad rasulu-llah! – Allah ist größer! Kein Gott außer Allah! Muhammad ist Sein Gesandter!” Es war nicht nur ein unermesslicher Triumph, sondern auch die Versöhnung der Quraisch mit ihrem Propheten, mit ihren ausgewanderten Verwandten und Freunden – und mit sich selbst. Die mächtigen Hawazin und Thaqif und einige andere kleinere Stämme, darunter auch die Banu Bakr, die den Vertragsbruch der Quraisch provoziert hatten starteten einen letzten verzweifelten Versuch, den endgültigen Sieg des Islam zu verhindern. Wieder –wie bei Uhudsiegte bei Muhammads Truppen kurzzeitiger Hochmut und in der Schlacht von Hunayn wurden sie eine Falle gelockt. Der mittlerweile sechzigjährige Muhammad erinnerte jedoch die seinigen an den Treueeid unter dem Eid und es gelang ihm ein weiteres Wundern, in dem er die Hawazin und Thaqif besiegte, so dass diese sich in der Festung von Taif verschanzten. Die Beute dieses Kriegszuges war immens: 24.000 Kamele, 40.000 Schafe, 4.000 Silbermünzen sowie 6.000 Menschenseelen. Abu Sufian verlangte für sich und seine beiden Söhne einen sehr hohen Anteil an der Beute und auch die restlichen Mekkaner sowie die neuislamischen Stämme erhielten einen so großen Anteil, dass die Ansar nichts erhielten und sie dachten, dass Muhammad nur noch sein eigenes Volk kennen würde. Hierauf hielt Muhammad eine berühmte Ansprache, welche den besonderen Stellenwert der Ansar betonte: „Ihr Ansar, seid ihr in euren Herzen denn verstimmt wegen weltlichem Ramsch, mit dem ich Leute für den Islam gewinnen wollte? Weil ich euch eurem Glauben überlassen habe? Seid ihr nicht damit zufrieden, dass die Leute mit Schaf und Maultier nach Hause gehen, dass ihr aber mit dem Gesandten Gottes heimkehrt? Denn bei dem, in dessen Händen mein Leben liegt, wäre nicht die Hijra, ich wäre einer von den Ansar. Und wenn die Leute einen Weg gingen, die Ansar aber einen anderen, ich ginge den Weg der Ansar.“ Dann wendete er sich zu Gott und betete: „O Gott, Deine Gnade für die Ansar, die Kindern der Ansar und die Kindeskindern der Ansar!“ Der Überlieferer dieser Geschichte berichtet, dass die Ansar nach dieser Ansprache des Propheten weinten, bis ihre Bärte von ihren Tränen feucht waren. „Wir sind glücklich mit dem Gesandten Gottes als unserem Anteil." 34 Der Prophet ernannte einen Gouverneur für Mekka und begab sich zusammen mit den Ansar und Muhajirun zurück nach Medina. Von dort aus schickte er nun Lehrer und Gesandte zu den verschiedenen Stämmen, die ihnen die Lehren des Islam überbringen sollten. Der byzantinische Kaiser mobilisierte zusammen mit einigen christlich-arabischen Stämmen eine große Armee von 40.000 Mann, die zu einem Feldzug ins arabische Kernland vorrücken sollte, wie ihn die Araber noch nicht gesehen hatten. Muhammad kam jedoch den Byzantinern zuvor und zog mit einem für arabische Verhältnisse gigantischen Heer von 30.000 Mann nach Tabuk im syrischen Einflussgebiet der Byzantiner und kam dem offenbar behäbigen feindlichen Heer zuvor. Die Wirkung blieb nicht aus. Die Feinde gingen auseinander, noch bevor sie sich recht zusammengeschlossen hatten. Das Jahr nach Tabuk wird auch das Jahr der Delegationen genannt. Es war das Jahr, in dem von überall her Gesandtschaften zu Muhammad kamen, um für ihre Stämme die Annahme des Islam zu erklären und ihn um Lehrer zu bitten. In sehr kurzer Zeit hatte die gesamte Halbinsel entweder den Islam angenommen oder war wie die Christen von Najran Teil des neuen Staates geworden. Arabien war von nun an kein loses Gefüge von Beduinenstämmen, Handelsstädten und Palmenoasen mehr, sondern ein zusammenhängendes Staatsgebiet. Im Jahre 10 n.H. (März/April 632) war es dann soweit. Muhammad machte sich mit einer großen Schar von Gläubigen Männern und Frauen, d.h. einer Schar von 100.000 Schar auf den Weg, diesen letzten Pfeiler des Islam, die fünfte rituelle Pflicht zu erfüllen: die große Wallfahrt nach Mekka, die Hajj. Gegen Ende des Monats Safar des Jahres 11 n.H. (Mai 632), also zwei Monate nach der Abschiedswallfahrt, erkrankte Muhammad. Sein endgültiger Abschied vollzog sich in zwei Wochen. Die ersten elf Tage fühlte er sich noch kräftig genug, zu jedem Gebet in die Moschee zu gehen und es als Imam zu leiten. Er rief die Leute noch einmal zu sich und legte ihnen das tägliche Gebet und den Koran ans Herz. Dann wies er an, die sechs oder sieben Dirham, die sich in seinem Besitz befanden, zu spenden. Er bat die Leute, sich zu melden, wenn er ihnen irgendetwas schuldete. Die letzten Tage vor seinem Tod musste Muhammad liegen bleiben und bat seine Frauen um ihre Erlaubnis, diese Zeit bei Aischa zu bleiben. Seine Tochter Fatima kam einmal zu ihm und küsste ihn. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr und sie weinte. Dann flüsterte er ihr noch einmal etwas zu, und sie lächelte. Später wurde sie gefragt und sie sagte, dass er ihr beim ersten Mal gesagt hätte, dass er bei dieser Krankheit sterben würde, beim zweiten Mal hätte er ihr gesagt, sie würde ihm als erste folgen. Fatima überlebte ihn nur um einige Monate. Bei einem weiteren Besuch ihres Vaters weinte sie und sagte: „Oh Vater, dein Schmerz!“ Er lächelte und sprach zu ihr: „Deinen Vater trifft nach diesem Tag kein Schmerz mehr.“ Er ließ seine Enkel Hassan und Hussain zu sich kommen und verabschiedete sich von ihnen. Auch seine Frauen versammelte er noch einmal alle zum Abschied um sich. Einmal fühlte er sich dann doch kräftig genug und lies sich neben Abu Bakr setzen, den er als Imam in seiner Vertretung eingesetzt hatte. Muhammad führte das Gebet fort und die Menschen folgten ihm. Ein weiteres Mal ließ er sich zur Tür seiner Wohnung helfen, die nur durch einen Vorhang von der Moschee getrennt war. Er beobachtete die Gläubigen, die sich in der Verrichtung des Morgengebets befanden und lächelte glücklich. Dann lies er sich wieder hinlegen. Eine seiner letzten Aussagen war: „Das Gebet, das Gebet, und seid gut zu euren Sklaven.“ Seine letzten Worte waren Gebete zu Gott: „Zusammen mit den Propheten und den Aufrichtigen und den Märtyrern und den Rechtschaffenen. Gott vergib mir und erhebe mich in die höchste Vereinigung! Oh Gott, in die höchste Vereinigung!“ Dies war am 12. Rabi’ Awwal im Jahre 11 n.H. (8. Juni 632). 35 IV. Glaubensrichtungen: Aufgrund der eigenen Sozialisation ist man oftmals der Auffassung, dass nur bei der Religion, mit der man nicht aufgewachsen ist, es eine unüberschaubare Zahl verschiedenster Glaubensrichtungen gibt. Auch im Christentum lassen sich verschiedene Glaubensrichtungen finden, die zweifelsfrei nicht weniger divergieren als die Glaubensrichtungen im Islam. Eine Grobeinteilung könnte (zum Beispiel) nach folgender Darstellung erfolgen: I. Ostkirchen: orthodoxe Kirchen, orientalisch-orthodoxe Kirchen, assyrische Kirchen II. Katholische Kirchen: römisch-katholische Kirche, unabhängige katholische Kirchen (wie z.B. Altkatholiken oder Anglikaner) III. Evangelische Kirchen: Lutheraner, Reformierte, Baptisten, Waldenser Methodisten, Adventisten, Pfingstbewegung u.v.a. IV. Hussiten, Mennoniten, Apostolische Kirchen (und Religionsgemeinschaften): Neuapostolische Kirche, Vereinigung apostolischer Gemeinden, Apostolische Zendingkerk u.v.a. V. Nichttrinitarier: Bibelforscherbewegung, Kirchen mit Bezug auf Bezug auf das Buch Mormon u.v.a. VI. weitere hier nicht aufgeführte Glaubensrichtungen im Christentum Wie man bei Christen in der Regel am einfachsten (unter Zugrundelegung eigentlich nicht zulässiger Pauschalisierungen) in der Regel nur zwischen Katholiken und Protestanten unterscheidet, so wird im Islam erst einmal prinzipiell zwischen Sunniten und Schiiten unterschieden. 1. Sunniten (Hanafiten, Malikiten, Schafiiten, Hanbaliten) Die Sunniten sind mit circa 80-85 % die größte Glaubensrichtung im Islam. Das Wort Sunniten leitet aus dem Wort Sunna ab. Sunna ist ein altarabisches Wort, welches bereits in der vorislamischen Zeit bekannt war. Sunna bezeichnet die Summe der zu befolgenden, wegweisenden und nachahmenswerten Taten des Propheten sowohl im religiösen als auch im weltlichen Leben. Die Sunna wird in Hadithen überliefert. Der klassische Kanon der Hadith-Sammlungen besteht aus den nachfolgenden Werken: 1. die zwei gesunden Sammlungen: al Buchari(810–870): Sahih al-Buchari, al-Dschami as-sahih („Die gesunde / authentische Sammlung“) 36 Muslim (817–875): Sahih Muslim, al-Dschami as-sahih („Die gesunde / authentische Sammlung“) 2. Ibn Madscha (824–887): Kitab as-sunan 3. Abu Dawud as-Sidschistani (817–889): Kitab as-sunan 4. At-Tirmidhi (824–892): al-Dschami as-sahih fi s-sunan 5. An-Nasa‘i (830–915): Kitab as-sunan Die Sunniten unterteilen sich in die nachfolgenden Rechtsschulen: - Hanafiten - Malikiten - Hanbaliten - Schafiiten Hanafiten Die hanafitische Rechtsschule wurde im Osmanischen Reich zur Staatsrechtsschule erhoben und ist deshalb in den Nachfolgestaaten des Osmanischen Reiches verbreitet. Unter den Turkvölkern inklusive der Türken sowie unter den Sunniten des asiatischen Festlands östlich des Irans, d.h. in Afghanistan, Pakistan, Turkmenistan, Indien, China, Usbekistan und Kasachstan sowie in den Balkanstaaten, d.h. in Bosnien, Albanien und dem Kosovo bilden die Hanafiten die Mehrheit. Bedeutende hanafitische Minderheiten finden sich im Libanon, Ägypten, Palästina, Jordanien sowie im Irak. Die Hälfte der Sunniten sind Hannafiten. Gründer der hanafitischen Rechtsschule ist Abu Hanifa (699 – 767). Die wichtigsten Rechtsquellen der Hanafiten sind in absteigender Reihenfolge: 1. Koran: Heilige Schrift, die die wörtliche Offenbarung Gottes an den Propheten Muhammad enthält, vermittelt durch den Engel Gabriel. 2. Sunna: Summe der zu befolgenden, wegweisenden und nachahmenswerten Taten des Propheten sowohl im religiösen als auch im weltlichen Leben 3. Idschma: Übereinstimmung der Rechtsgelehrten in einer Rechtsfrage (Konsens durch ausdrückliche Aussage, Konsens durch allgemeine Praxis, Konsens durch stillschweigende Billigung 4. Qiyas Analogieschluss für die Fälle, die nicht durch die ersten drei Rechtsquellen des Fiqh abgeleitet werden können 5. Ra’y (Istihsan) Selbständige Interpretation der Rechtsquellen 37 Malikiten Die malikitische Rechtsschule geht zurück auf Mālik ibn Anas ibn Mālik al-Aṣbaḥī (708-795). Sein Hauptwerk ist der Muwaṭṭaʾ. Die malikitische Rechtsschule entstand in Medina als Gegenbewegung zum Wirken von Abu Hanifa. Sie findet sich vor allem in Nordafrika (mit Ausnahme Ägyptens, wo die Malikiten nur in Oberägypten die Mehrheit stellen), Spanien, Westafrika, Zentralafrika und Kuwait. Wichtige malikitische Minderheiten finden sich im Norden der Vereinigten Arabischen Emirate sowie im Nordosten Saudi-Arabiens (an der Grenze zu Kuwait). Natürlich stützen sich die Malikiten auch auf Koran und Hadithe. Hadithe sind die Überlieferungen über Muhammad: seine Anweisungen, nachahmenswerte Handlungen, Billigungen von Handlungen Dritter, Empfehlungen und vor allen Dingen Verbote und religiös-moralische Warnungen, die im Koran als solche nicht enthalten sind. Die Summe dieser Überlieferungen mit ihrem normativen Charakter bildet die Sunna des Propheten). Idschma ist bei den Malikiten sehr wichtig, da die Sunna der Medinenser teilweise ohne erkennbaren Bezug Sunna des Propheten ist. Die medinensische Rechtspraxis ist somit von ganz großer Bedeutung. Für die Malikiten ist es nicht wichtig zu wissen, ob ein Hadith authentisch ist, sondern auch, ob dieser Hadith in den letzten Jahren des Propheten noch praktiziert wurde! Auch ist das Allgemeinwohl (Masalih Mursala) bei den Malikiten sehr wichtig und wird als eigenständige Quelle des Fiqh berücksichtigt. Was Malikiten von anderen Rechtsschulen abgrenzt ist das Prinzip, Meinungsverschiedenheiten zu respektieren und zu integrieren sowie keine Maße oder Grenzen für Angelegenheiten festzulegen, die nicht erwähnt wurden. Schafiiten Der Rechtsgelehrte Muhammad asch-Schafi’i, geboren 767 in Ghazza, ist sicherlich unstrittig der bedeutendste Theoretiker des islamischen Rechts. Seine Kindheit verbrachte er in Mekka, reiste mit 20 Jahren nach Medina, um dort bei Imam Malik islamisches Recht zu studieren. Auch unternahm er die verschiedensten Reisen, wobei er stets ein sehr bescheidenes Leben führte. Im Alter von 54 Jahren verstarb Muhammad asch-Schafi’i, der zu seiner Zeit das umfangreichste Wissen in den Recht, Hadith und Literatur gehabt haben soll, in Kairo. Schafi’i versuchte einen Mittelweg zwischen Malikiten und Hanbaliten zu finden, indem er sich zur Wichtigkeit der Übereinstimmung der Rechtsgelehrten bekannte und sich dafür aussprach, die Möglichkeit der Rechtsfindung durch Analogieschluss strenger zu handhaben. Hierfür entwickelte er in seinem Hauptwerk Kitâb al-umm ein eigenständiges Rechtssystem. In seinem bedeutenden Werk Kitâb ar-risâla analysierte er die Methoden der Rechtsprechung und die Grundsätze des Rechtswesens. Die schafiitische Rechtsschule war früher sehr stark verbreitet, ist heute aber „nur“ noch in großen Teilen Ägyptens, Jordaniens und der südostasiatischen Inselwelt (Indonesien, Malaysia, Brunei, Philippinen, Süd-Thailand) vorherrschend. Ein wichtiger Vertreter der schafiitischen Rechtsschule war im Übrigen der schafiitische Kurde Sultan Saladin. 38 Hanbaliten Die Rechtsschule der Hanbaliten geht auf Ahmad ibn Hanbal (780-855) zurück. Er war Schüler des Hanafiten Abu Yusuf sowie des Begründers schafiitischen Rechtsschule, Muhammad ibn Idris asch-Schafi´i und als großer Exeget und Hadithgelehrter Verfasser des bekannten Werkes al-musnad, welches mehr als 40.000 Hadithe beinhaltete. Die hanbalitische Rechtsschule richtet sich bei ihren Entscheidungen strikt an die Auslegung des Korans und der Suna und sprechen sich gegen die Bemühungen der Bildung eines eigenen Urteils aus, da dies zu unerlaubten Neuerungen und Willkür führen würde. Bei den Hanbaliten findet auch der Analogieschluss nur unter Einschränkungen die Zustimmung. Die hanbalitische Rechtsschule ist vor allem im Staatsgebiet des Königreiches Saudi-Arabien, in Teilen einiger Staaten der arabischen Halbinsel sowie dort von Relevanz, wo das saudi-arabische Königshaus Macht hat. 2. Schiiten: Die Schiiten, d.h. die „Partei“ von Ali ibn Abu Talib, stellen mit 15-20% die zweite große Glaubensrichtung im Islam. Prinzipiell betrachten die Schiiten Ali ibn Abu Talib (Schwiegersohn und Cousin des Propheten Mohammed) als dessen designierten Nachfolger (Kalif) und als ihren ersten Iman. Kommen wir nun zu einem besonderen historischen Aspekt, welcher den Unterschied zwischen Sunniten Der einzig verfügbare männliche, wenn auch nicht direkte Nachkomme Muhammads, Ali ibn Abu Talib, konnte seinen Anspruch auf das Kalifat gegen die sunnitische Mehrheit [zunächst] nicht durchsetzen. In seiner Abwesenheit wurde im Jahr 632 Muhammads enger Vertrauter und Heerführer Abu Bakr zum ersten Kalifen (632-634) gewählt, danach folgten ’Umar (634644) und ’Uthman (644-656), die alle zur sunnitischen Anhängerschaft gehörten. Erst im Jahr 656 konnte ’Ali (656-661) als vierter Kalif für wenige Jahre die Macht erringen. Ali übernahm nach dem Tod der ersten drei Nachführer als vierter die Führung der islamischen Gemeinden. 661 wurde Ali bei internen Streitigkeiten ermordet. Nach Ansicht der Schiiten hätte Ali´s Sohn Hussein (Muhammad´s Enkel) Nachfolger werden müssen, wurde aber nicht anerkannt. 680 starb er bei einer Schlacht mit den Truppen des sunnitischen Kalifen Jasis I. Hussein. Hierdurch wurde er zum bedeutenden schiitischen Märtyrer, dessen Todestag heute noch begangen wird. Die Grabstätten von Ali ibn Abu Talib in Nadschaf (Irak) sowie von Hussein in Kerbala (Irak) sind für die Schiiten bedeutende Heiligtümer. Nun besaßen die Schiiten keine Möglichkeit mehr, ihren Anspruch auf eine weltliche Führerschaft der muslimischen Gemeinschaft durchzusetzen. Sie entwickelten daraufhin ein Konzept geistlicher Herrschaft durch einen Imam als spirituellen Gemeindeleiter, der ab 941 aus der großen Verborgenheit heraus die Gemeinde leitet und allein die „verborgene Bedeutung“ des Korans kennt. Die Hoffnung auf sichtbare Herrschaft verlagerte die schiitische Gemeinschaft auf die Endzeit, in der der Imam als Mahdi sichtbar aus der Verborgenheit wiederkommen und ein Friedensreich aufrichten werde. Seinem Auftreten werden Sonnenund Mondfinsternisse, Erdbeben, Heuschreckenplagen und Wasserfluten vorausgehen. Nach der Erhebung „falscher Mahdis“ und ihrer Kämpfe gegeneinander sollen Stürme die Erde reinigen und alle Krankheiten von den wahren Gläubigen nehmen. Hiernach soll der wahre Mahdi in Mekka in der Kaba erscheinen, den „eigentlichen“ Korantext wiederherstellen und alle sich ihm widersetzenden Ungläubigen töten. Die Schiiten bezeichnen Ali ibn Abu Talib und seine Nachfolger als Imame. Sie gelten wie die Propheten als göttlich legitimiert. 39 Die Schiiten spalten sich in die nachfolgenden Gruppen auf: 1. Imamiten oder Zwölfer-Schiiten 2. Ismailiten oder Siebener-Schiiten 3. Zaiditen oder Fünfer-Schiiten Die Imame der Zwölfer-Schiiten sind: Ali ibn Abu Talib († 661) Hasan ibn Ali († 669/670) Husain ibn Ali († 680) Ali ibn Husain Zain al-Abidin († 713) Muhammad ibn Ali al-Baqir († 733) Dscha far as-Sadiq († 765) Musa ibn Dscha far al-Kazim († 799) Ali ibn Musa ar-Rida († 818) Muhammad ibn Ali ibn Musa at Taqi al-Dschawad († 835) Ali at-Hadi an-Naqi († 865) Hasan al-Askari († 873) Muhammad al-Mahdi Die Zaiditen akzeptieren nur die ersten vier Imame und sehen Zaid ibn Ali als ihren fünften und letzten Imam an. Die Ismailiten akzeptieren nur die ersten sechs Imame, wobei Ali selbst nicht als Imam gilt, sondern erst Hussein; betrachten Ismail ibn Dschafar als ihren sechsten und seinen Sohn Muhammad ibn Isma'il als siebten und letzten Imam. In wie weit Aleviten und Alawiten (Nusairier) zu den Schiiten gehören ist strittig. Da Ayatollah Ruhollah Chomeini in den 1970er als unbestrittene Instanz der Schiiten als Teil der schiitischen Gemeinde anerkannt. Die Aleviten akzeptieren die Glaubensinhalte der Zwölfer-Schiiten. Der alevitische Glaube ersetzt die so genannte Allah-Muhammad-Relation durch die Allah-Muhammad-Ali-Philosophie. Beim alevitischen Glaubensbekenntnis wird an die Schahāda folgender Satz hinzugefügt: „Ali ist der Freund Gottes“. Die Glaubensrichtung der Aleviten geht auf das 13./14. Jahrhundert zurück und ist mit dem Zuzug von turkmenischen Stämmen nach Anatolien entstanden. Aleviten findet man vor allem in der Türkei. Man geht weltweit von 10 bis 25 Millionen Aleviten aus. Die Möglichkeit der Konversion zum Alevitentum gibt es nicht. Aleviten beten übrigens nicht in Moscheen und legen den Koran nicht wörtlich aus, sondern suchen die Bedeutung hinter den Offenbarungen. Da sie die Fünf Säulen des Islam als Äußerlichkeiten ansehen, leben sie auch nicht danach. Alawiten (Nusairier) sehen sich als Schiiten. Sie wurden erst im Juli 1973 von der schiitischen Autorität Imam Musa al-Sadr –einem Lieblingsschüler von Ayatollah Ruhollah Chomeini- als Muslime an. Diese Auffassung ist jedoch strittig. Alawiten berufen sich auf ihren Ahnherren Muhammad ibn Nusair an-Namiri al-Fahri, gestorben 864. Die Nusairier glauben, dass Muhammad ibn Nusair der Empfänger geheimer Offenbarung des elften Imams al-Ḥasan alʿAskarī ist. Bei der Initiierung schwört der junge Nusairier, die Lehren seiner Religion geheim zu halten. Die Nusairier unterwerfen sich dem islamischen Gesetz (Scharia) nicht, weil sie die 40 wahre (unsichtbare; batin) Bedeutung der einzelnen Vorschriften durchschaut haben wollen; die „Fesseln sind von ihnen abgetan“. Die Alawiten leben vor allem in Syrien, aber auch in der Türkei und im Libanon. Nun könnte aufgrund europäisch-christlicher Sozialisation argumentieren, dass der Unterschied zwischen Sunniten und Schiiten doch historisch bedingt sein und dass dies im 21. Jahrhundert doch nicht opportun sein könne. Hierzu sollten wir uns die Forderungen des Reformators Luthers (1483 – 1546) und die Auswirkungen des Konzils von Trient (1545 – 1563)vergegenwärtigen: Luther kritisierte das Ablasswesen, da sich die Glaubenden sich dadurch in der falschen Sicherheit ihres Heils wähnten. Nach Luther reiche jedoch die innere Reue des Christen, damit Gott die Sünden vergibt, so dass er weder einer sakramentalen Vermittlung noch des Verkaufs von Ablässen bedürfe. Aus diesem Grunde verfasste Luther seine 95 Thesen gegen den Ablass, welche er am 31.10.1517 an den Erzbischof von Mainz sandte und als Ausgangspunkt der Reformation anzusehen ist. Auch wurden weitere Missstände der damaligen Kirche von Luther angeprangert. Als wichtige praktische Beschlüsse des Trienter Konzils gehörten dann: Abschaffung der Missbräuche im Ablasswesen, Verbot der Ämterhäufung im Bischofsamt, Einrichtung von Priesterseminaren zur besseren Ausbildung der Geistlichen sowie Einführung der Formpflicht bei Eheschließungen. Gleichwohl wurde die Spaltung zementiert. Dass sich auch im Christentum sehr unterschiedliche Strömungen, mag daran erkennbar werden, dass zum Beispiel auch der vom französischen Reformator Johannes Calvin (1509 – 1564) zum Christentum gehört, keinesfalls aber von Mitgliedern der römisch-katholischen Kirche nachvollziehbar ist. Vergegenwärtigen wir uns hier 1. die vier Soli als Basis der Reformation: sola scriptura: Allein die Schrift ist die Grundlage des christlichen Glaubens, nicht die Tradition solus Christus: Allein Christus, nicht die Kirche, hat Autorität über Gläubige sola gratia: Allein durch die Gnade Gottes wird der Mensch errettet, nicht wegen seiner eigenen Güte sola fide: Allein durch den Glauben wird der Mensch gerechtfertigt, nicht durch gute Werke. 2. die fünf spezifischen Aspekte des Calvinismus: Völlige Verderbtheit des Menschen: Aufgrund des Sündenfalls beherrscht die Sünde den ganzen Menschen, sein Denken, seine Gefühle und seinen Willen. Daher ist der normale Mensch nicht fähig, die Botschaft des Evangeliums zu verstehen, er ist geistlich völlig hilflos und verloren. Der Mensch kann Gottes rettende Botschaft erst verstehen, nachdem er durch den Heiligen Geist dazu befähigt wurde Bedingungslose Erwählung: Gott hat die Menschen in eine Gruppe der Auserwählten und eine der NichtAuserwählten geteilt. Für die Auserwählten hat Gott seine Erkenntnis bestimmt und die Auferstehung vorhergesehen. Die Übrigen bleiben unwissend bezüglich Gottes und des Evangeliums. Laut Calvin sind sie von Gott verdammt auf dem Weg in die ewige Hölle. Diese Entscheidung sei noch vor der Schaffung des Universums getroffen 41 worden und somit erst recht vor der Geburt des einzelnen Menschen sowie vor irgendwelchen Entscheidungen, die der Mensch in seinem Leben trifft. Die Gründe, warum Gott einige erwählt hat, sind unbekannt. Es ist aber offensichtlich, dass das nicht aufgrund irgendwelcher guten Werke von Seiten des Erwählten geschehen ist. Die Erwählung ist insofern nicht an irgendwelche in der Person des Erwählten liegenden Bedingungen geknüpft. Begrenzte Versöhnung: Das ist der Glaube, dass Jesus Christus nicht gestorben ist, um alle Menschen zu retten. Sein Erlösungswerk ist nur an die auserwählten Sünder, die durch ihn gerettet sind, gerichtet Unwiderstehliche Gnade: Gemeint ist, dass man die Gnade der Erwählung nicht ausschlagen kann. Der Mensch hat in dieser Hinsicht also keinen freien Willen, da er tot ist in seinen Vergehungen und deswegen keinerlei Macht hat, sich für Gott zu entscheiden. Nur durch den Ruf Gottes kann der Mensch geistlich wieder zum Leben erweckt werden, und somit zu Gott kommen. Jeder Mensch, den Gott erwählt hat, werde Gott erkennen. Die Erwählten können dem Ruf Gottes nicht widerstehen Beharrlichkeit der Heiligen: Die einmal Geretteten werden gerettet bleiben. Es sei unmöglich, Gottes Gnade wieder zu verlieren Nun kann man zweifelsfrei nicht behaupten, dass der Calvinismus als unbedeutende Reformationsbewegung zu beachten sei. Viele gewichtige Kirchen im angloamerikanischen Raum sind durch den Calvinismus geprägt. Auch waren hervorausragende Persönlichkeiten der amerikanischen Revolution wie George Washington, Thomas Jefferson, John Adams, Benjamin Franklin Calvinisten oder dem Calvinismus sehr nahe stehend. 42 V. Streitpunkt Jesus: 1. Ungereimtheiten zu Jesu aus biblischer Sicht Für Muslime ist die Darstellung Jesu, wie man diese aus der christlichen Bibel kennt, nicht akzeptabel. Verwiesen wird in diesem Punkt erst einmal auf: 1. die Ungereimtheiten in den kanonischen Evangelien 2. die Divergenzen zu dem historischen Jesu Evangelien und Paulus-Briefe Nach der so genannten Zweiquellentheorie wurde der Bericht von Markus nach 70 n.Chr. geschrieben, d.h. circa vier Jahrzehnte nach dem Tod von Jesu. Dabei konnte Markus auf diverse mündliche und aller Voraussicht auch einiger weniger schriftlicher Überlieferungen aufbauen. Da die Kindheitsgeschichte Jesu völlig fehlte und das Markus Evangelium damit endet, dass Jesu gekreuzigt wird, sein Leichnam in ein Grab gelegt wird und ein Tage später dieses Grab leer ist, ist dies aus christlicher Sicht nicht ausreichend. Zwanzig Jahre später entstehen das Lukas- sowie das Matthäus-Evangelium, die wiederum auf die aus christlicher Sicht so wichtige Kindheitsgeschichte sowie die Auferstehungsgeschichte eingehen. Diese drei Evangelien werden als so genannte synoptische Evangelien bezeichnet, da diese trotz Unterschieden doch eine in etwa gleichartige Chronologie des Lebens und des Wirkens Jesu aus christlicher Sicht darstellen. Von diesen unterscheidet sich das Johannes Evangelium in vielen Punkten, welches zwischen 100 und 120 n.Chr. entstanden ist. Neben diesen vier kanonischen Evangelien gibt es aber noch diverse weitere Evangelien, die 1945 in der Stadt Nag Hammadi in Oberägypten entdeckt wird und als so genannte apokryphische Evangelien nur teilweise von den christlichen Kirchen anerkennt werden und ebenfalls ein anderes Bild von Jesus darstellen. Es handelt sich hierbei um das Thomas Evangelium, das Philippus Evangelium, das Evangelium der Maria Magdalena sowie einer Vielzahl weiterer gnostischer Schriften. Merkwürdig in diesem Zusammenhang ist auch, dass in den Paulus-Briefen, welche den größten Teil des christlichen neuen Testaments ausmacht, außer letztem Abendmahl, der vermeintlichen Kreuzigung sowie der vermeintlichen Auferstehung nichts über das Leben Jesu steht. Jesu Geburt und Kindheit Jesu ist ein zur Zeit seiner Geburt in Palästina sehr gebräuchlicher Name. Aus diesem Grund wird ihm ein Beiname gegeben, der sich auf seine Herkunft bezieht. Hiernach heißt es in den christlichen Bibeln durchgängig: „Jesu, der Nazoräer“. Auch in allen unabhängigen historischen Quellen wird stets darauf verwiesen, dass Jesus aus Nazareth kam. Gleichwohl widersprechen sich die kanonischen Evangelien in diesem Geburtsort, da aus einem ganz bestimmten Grund geschrieben wird, Jesu wäre in Bethlehem geboren. Aus historischen Quellen wissen wir, dass zurzeit Jesu nicht mehr als 100 jüdische Familien in Nazareth lebten, einem Dorf, welches keine Straßen, keine öffentlichen Gebäude und auch keine Synagoge kannte. Im Dorf lebten analphabetische Kleinbauern und Tagelöhne, die weder hebräisch noch griechisch sondern aramäisch sprachen. 43 Nun hieß es aber in den alten jüdischen Schriften: „Sagt nicht die Schrift, dass der Messias aus dem Geschlecht Davids und aus dem Dorf Bethlehem kommt, wo Jesu lebte.“ Da Jesu aus christlicher Sicht der Messias war, musste im Lukas Evangelium eine „Geschichtsglättung“ erfolgen. Betrachten wir uns in diesem Zusammenhang, wer für die Juden dieser Zeit der Messias war: Der Messias ist der Nachfahre König Davids, der gekommen ist, um Israel wieder aufzurichten, die Juden von der Fremdherrschaft zu befreien und die Gottesherrschaft in Jerusalem einzusetzen. Im Lukas Evangelium (Lk 2, 1-4) findet sich hierzu folgende Passage: „In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Dies geschah zum ersten Mal; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef von der Stadt Nazareth in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Bethlehem heißt. Denn er war aus dem Hause und Geschlecht Davids.“ Aus den historischen Quellen des in seiner Blüte befindlichen römischen Reiches wissen wir, dass Rom stets die Besteuerungslisten am Wohnort führte, da eine Besteuerung über den Geburtsort den mitunter tagelangen Komplettausfall der Wirtschaft und der Steuerzahlungen zur Folge gehabt hätte. Und auch eine andere Kindheitsgeschichte, diesmal im Matthäus-Evangelium ist eine historische Unwahrheit: Nach Matthäus mussten Jesu und seine Eltern in einer waghalsigen Flucht nach Ägypten fliehen, da Herodes der große als damaliger König der Juden die Ermordung aller Kinder angeordnet hätte. Herodes der Große verfügte zu dieser Zeit über ein Reich, welches größer als das Reich Salomons war und war darüber hinaus der Gegenstand unzähliger Chroniken und Erzählungen. Außer im Matthäus Evangelium findet sich aber in keiner der unzähligen historischen Dokumente auch nur ansatzweise ein Hinweis darauf, dass Herodes der Große einen derartigen Kindermord angeordnet hätte oder dass es einen derartigen Kindermord gab. Durch diese Kindheitsgeschichte Jesu konnte Matthäus aber darauf verweisen, dass sich die Prophezeiung Hoseas (Hos 11,1) erfüllt hätte: „Ich rief meinen Sohn aus Ägypten.“ Auch die nachfolgenden Ausführungen im kanonischen Lukas Evangelium gelten mittlerweile als historisch eindeutig widerlegt: Lk 2, 42-52: Hiernach stand Jesu als zwölfjähriger Knabe im Tempel von Jerusalem und diskutierte mit den Schriftgelehrten und Rabbinern über die Feinheiten der hebräischen Sprache. Aus historischen Quellen wissen wir, dass Jesu in seiner Kindheit aramäisch, definitiv aber nicht hebräisch sprach. Lk 4, 16-22: Gemäß dieser Ausführung stand Jesu als Kind in der Synagoge von Nazareth und las zum Erstaunen der Pharisäer aus der Jesaja Rolle. Wir wissen, dass es in dem kleinen Dorf Nazareth keine Synagoge gab. Die Prophezeiungen im Alten Testament in Bezug auf den Messias In allen Evangelien wird kommuniziert, dass Jesu der Messias sei, der gekommen sei, um die Prophezeiungen zu erfüllen. In allen Prophezeiungen, welche sich im Alten Testament finden, wird der Messias als menschliches und nicht als göttliches Wesen verstanden. Der Glaube an einen göttlichen Messias wäre auch ein Anathema gewesen für alle Aspekte, wofür das Judentum stand. Die Geschichte von der unbefleckten Empfängnis Maria durch den heiligen 44 Geist und die daraus resultierende Ableitung von Jesu als Gottes Sohn und Messias widerspricht somit den alttestamentarischen Prophezeiungen über den kommenden Messias. Allein schon aus diesen vorstehend genannten Gründen wird die Jesu-Darstellung im Christentum von Muslimen unter Verweis sowohl auf die hebräische als auch auf die christliche Bibel nicht anerkannt und sogar durch diese als widerlegt angesehen. Es muss an dieser Stelle aber nochmals klar gestellt werden, dass es nicht zutreffend ist, dass man im Islam per se gegen die Ausführungen der Bibel ist. Die vorstehend genannten Quellen werden als Beleg dafür angesehen, dass man das Christentum die vormals Heilige Schrift verfälscht hat, d.h.: die Bibel enthält aus islamischer Sicht zwar einen wahren Kern, aber auch diverse offensichtliche Verfälschungen, wie diese in Bezug auf Jesu offensichtlich sind. Im Islam wird Jesu als Prophet nicht aber als Sohn Gottes anerkannt. Vergegenwärtigen wir uns nun Jesu aus muslimischer Sicht. 2. Jesu aus islamischer Sicht: Zwischen der Jesu Darstellung aus christlicher und islamischer Sicht gibt es durchaus viele Gemeinsamkeiten. Wie im Christentum so spricht auch des Islam von einer jungfräulichen Geburt, die aus islamischer Sicht als Wunder zu interpretieren ist: „Und gedenke im Buch Marias, als sie sich von ihren Angehörigen an einen östlichen Ort zurückzog. Sie nahm sich einen Vorhang vor ihnen. Da sandten Wir unseren Geist zu ihr. Er stellte sich ihr als wohlgestaltetes menschliches Wesen dar. Sie sagte: ‘Ich suche beim Allerbarmer Schutz vor dir, wenn du gottesfürchtig bist.’ Er sagte: ‘Ich bin nur der Gesandte deines Herrn, um dir einen lauteren Jungen zu schenken.’ Sie sagte: ‘Wie soll mir ein Junge gegeben werden, wo mich doch kein menschliches Wesen berührt hat und ich keine Hure bin?’ Er sagte: ‘So wird es sein. Dein Herr sagt: ´Das ist Mir ein Leichtes und damit Wir ihn zu einem Zeichen für die Menschen und zu einer Barmherzigkeit von Uns machen. ´ Und es ist eine beschlossene Angelegenheit.’” (Koran Sure 19, Vers 16-21) Ein großer Unterschied im Glauben zwischen Christen und Muslimen besteht darin, dass Muslime die Göttlichkeit ablehnen. Hierzu finden sich im Koran zahlreiche eindeutige Aussagen: “Fürwahr, ungläubig sind diejenigen, die sagen: ‘Gewiss, Gott ist der Messias, der Sohn Marias‘, wo doch der Messias (selbst) gesagt hat: ‘O Kinder Israels, dient Gott, meinem Herrn und eurem Herrn!’” (Koran Sure 5, Vers 72) “Fürwahr, ungläubig sind diejenigen, die sagen: ‘Gewiss, Gott ist einer von dreien. ‘ Es gibt keinen anderen Gott außer dem Einen, Einzigen. Wenn sie mit dem, was sie sagen, nicht aufhören, so wird denjenigen von ihnen, die ungläubig sind, ganz gewiss schmerzhafte Strafe widerfahren. Wenden sie sich denn nicht in Reue zu Gott und bitten Ihn um Vergebung? Gott ist Allvergebend und Barmherzig. Der Messias, der Sohn Marias, war doch nur ein Gesandter, vor dem bereits Gesandte vorübergegangen waren. Und seine Mutter war sehr wahrheitsliebend; sie (beide) pflegten Speise zu essen. Schau, wie wir ihnen die Zeichen klar machen, und schau, wie sie sich abwegig machen lassen.” (Koran Sure 5, Vers 73-75) 45 “O Leute der Schrift, übertreibt nicht in eurer Religion und sagt gegen Gott nur die Wahrheit aus! Der Messias, Jesus, der Sohn Marias, ist nur Gottes Gesandter und Sein Wort, das Er Maria entbot, und Geist von Ihm. Darum glaubt an Gott und Seine Gesandten und sagt nicht ‘Drei’. Hört auf, das ist besser für euch! Gott ist nur ein Einziger Gott. (Koran Sure 4, Vers 171) Aufgrund seiner nicht so zentralen Rolle findet sich im Koran auch nicht die gesamte Lebensgeschichte von Jesu, sondern nur einige ausgewählte Epochen. Eine wichtige Epoche ist der Tod und die vermeintliche Kreuzigung. Hierzu erklärt der Koran: „Und (weil sie) sagten: ‚Wir haben Christus Jesus, den Sohn der Maria und Gesandten Gottes getötet. ‘– Aber sie haben ihn (in Wirklichkeit) nicht getötet und (auch) nicht gekreuzigt. Vielmehr erschien ihnen (ein anderer) ähnlich, (so dass sie ihn mit Jesus verwechselten und töteten). Und diejenigen, die über ihn (oder darüber) uneins sind, sind im Zweifel über ihn (oder: darüber). Sie haben kein Wissen über ihn (oder: darüber), gehen vielmehr Vermutungen nach. Und sie haben ihn nicht mit Gewissheit getötet (d.h. sie können nicht mit Gewissheit sagen, dass sie ihn getötet haben). Nein, Gott hat ihn zu sich (in den Himmel) erhoben.“ (Koran Sure 4, Vers 157–158) Es gibt im Übrigen keinen Dissens zwischen Christen und Muslimen darüber, dass Jesu (für Muslime ist hier die Bezeichnung Isa bin Maryam oder Jesu von Nazareth zutreffend) eine göttliche Wahrheit offenbarte. Diese Offenbarung, die im Koran zwölf Mal unter dem Namen Indschil erwähnt ist, ist die Offenbarung, die Gott dem Propheten Isa übersandt hat und die von diesem dann verkündet wurde. Nach islamischer Ansicht gelten die (kanonischen) Evangelien verfälschte Fassungen von Indschil, vor allem was die folgenden Aspekte betrifft, die von Christen als wahr angenommen werden: - Göttlichkeit Jesu - Trinität Als Beleg dafür, dass diese Verfälschung vorliegt, führen Muslime oftmals gerne das Barnabas-Evangelium an. Man weiß, dass das Barnabas-Evangelium im frühen Christentum weit verbreitet war, unter anderem durch Irenäus von Lyon (135-202) rezipiert wurde, dann aber in dem schicksalshaften Konzil von Nicäa 325 verboten wurden und später für Jahrhunderte verschwand. Dass dieses Evangelium jedoch tatsächlich existiert haben muss, wird dadurch deutlich, dass es im Verzeichnis apokrypher Schriften des Decretum Gelasianum de libris recipiendis et non recipiendis aus dem Jahr 496 aufgenommen wurde. Auch wenn viele Details der zu Anfang des 18. Jahrhunderts aufgetauchten Version des BarnabasEvangeliums sowohl aus christlicher als auch aus islamischer Sicht strittig sind, so ist unstrittig, dass im Barnabas Evangelium verkündet wird, dass Jesu nicht gekreuzigt worden sei sondern statt ihm Judas Ischariot. Wie die Christen glauben auch die Muslime an die Rückkehr von Jesus, auf die Erde, wenngleich sich seine Rolle und der Grund für seine Rückkehr von dem, was die Christen sagen, unterscheidet. Er wird in erster Linie auf die Erde zurückkommen, um seine Sterblichkeit unter Beweis zu stellen, und um die falschen Ansichten, die die Menschen über ihn verbreitet haben, zu widerlegen. Jesus wird den „Antichristen“ bekämpfen, der die Leute glauben machen will, dass er Gott sei. Er wird den Antichristen schlagen und alle Menschen werden die wahre Religion Gottes annehmen. Die Welt wird einen Zustand des Friedens und der Ernsthaftigkeit erleben, die sie in ihrer Geschichte nie gefühlt hat: alle dienen demselben Gott, unterwerfen sich Ihm allein und leben in Frieden miteinander. 46 3. Jesu aus jüdischer Sicht: Aus jüdischer Sicht ist Jesu weder Prophet noch Sohn Gottes. In dem seit etwa 200 n.Chr, entstandenen babylonischen Talmud versuchte man den Namen Jesu nicht mehr zu gebrauchen, man sprach in der Regel nur von „jenem Mann“. Beschrieben wurde er als falscher Prophet, Verführer Israels, der Zauberei trieb, über die Weisen spottete und nur fünf Jünger. Im Babylonischen Talmud findet sich folgende Ausführung: "Am Vorabend des Paschafestes hängte man Jesus (den Nazarener). Vierzig Tage lang vorher rief der Ausrufer: „Er soll gesteinigt werden, weil er Zauberei getrieben, Israel verführt und abtrünnig gemacht hat. Wer etwas zu seiner Verteidigung zu sagen hat, komme und trage es vor!" Da aber nichts zu seiner Verteidigung vorgebracht wurde, henkte man ihn am Vorabend des Paschafestes." [Sanhedrin 43a] Jesu Herkunft erklärt der Talmud mit einem Fehltritt Marias: Sie habe sich mit einem römischen Legionär eingelassen und das dabei entstandene Kind dem „Heiligen Geist“ zugeschrieben. Die im Neuen Testament verkündete Abstammung von König David könne er daher nicht beanspruchen. Diese Idee war mitsamt dem Messias- und Sohn-Gottes-Anspruch Jesu bzw. des Neuen Testaments für die Talmudautoren reiner Betrug. 47 VI. Der Koran: Will man den Islam kennen, so muss man den Koran kennen. Nachfolgend findet der Leser deshalb einige Ausführungen zur Struktur des Islam, zu den Namen und Thesen der Suren sowie die 99 Namen Allahs. Die erste Übersetzung ins Deutsche stammt vom Nürnberger Pfarrer Salomon Schweigger 1616. Er übersetzte dabei die erste italienische Fassung aus dem Jahre 1547 von Andrea Arrivabene, die ihrerseits auf einer lateinischen Übersetzung aus dem 12. Jahrhundert basierte. Der Orientalist Friedrich Rückert übertrug in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts weite Teile des Korans in gebundener Sprache ins Deutsche. Rückerts Übersetzung versucht den Klang des koranischen Arabisch im Deutschen wiederzugeben, hat aber Textstellen nach eigenem Ermessen ausgelassen. Rudi Paret, dessen Übersetzung (Erstausgabe 1962) in Fachkreisen als die philologisch zuverlässigste gilt, setzt demgegenüber bei unterschiedlich zu verstehenden Passagen die zusätzlichen Übersetzungsmöglichkeiten bzw. die wörtliche Bedeutung (mit einem w. gekennzeichnet) in Klammern dahinter. 1. Struktur des Koran Die heutigen Ausgaben des Korans setzten sich aus den nachfolgenden Hauptelementen zusammen: 1. Ayat: den Phrasen, Sätzen oder Versen 2. Suren: den Kapiteln Ayat: Die Ayat sind unterschiedlich lang. Sie können aus nur einem Buchstaben oder aus mehreren Dutzend Wörtern bestehen, die dann Versen bilden (Ayat). In der gedruckten Ausgabe des Korans sind alle Verse zur leichteren Orientierung nummeriert. Beim Lesen des Korans wird man häufig auf solche Versverweise stoßen. Das Wort Aya bedeutet im Arabischen „Zeichen“. Dies passt zu der Auffassung, dass jedes Wort und auch jeder Satz des Korans ein Zeichen Allahs ist. In jeder Aya sehen Muslime die Weisheit, Schönheit und spirituelle Lehre, die Allahs Weisheit und Schönheit repräsentieren. Die zweite Sure beinhaltet die meisten Ayat, nämlich 286. Die kleinste Anzahl mit jeweils drei Ayat findet man in den Suren 103, 108 und 110. Insgesamt weist der Koran 6240 Ayat aus. Suren: Als Sure wird ein Textkörper im Koran bezeichnet, der ein Kapitel oder einen Abschnitt bildet und von der nächsten Sure zu unterscheiden ist. Auf Arabisch bedeutet Sure Zaun oder Reihe. Jede Sure mit Ausnahme der Sure 9 beginnt mit den Worten „Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen“. Selbst beim Rezitieren des Korans wird jede Sure mit diesen Worten begonnen. Jede Sure hat eine Nummer. Wenn man im Koran einen Verweis auf einen Abschnitt findet, so steht die erste Zahl für die Sure und die zweite Ziffer für den Vers bzw. Aya. Jede Sure besteht zudem aus einem Namen, der sich entweder aus der Grundidee, der Geschichte oder einfach aus den ersten Wörtern der entsprechenden Sure herleitet. 48 2. Namen und Themen der Suren: Will man sich die einzelnen Suren erschließen, so ist mag die nachfolgende Auflistung einen Hinweis darauf geben, was in den einzelnen Suren zu finden ist. Auch wenn dies sicherlich eine nicht unerhebliche Hilfestellung ist, so entbindet dies natürlich nicht davon, dass man den Koran vollständig gelesen haben muss, um ihn auch zu verstehen. Und wer den ganzen Koran nicht gelesen hat, der wird niemals den Islam verstehen. Nr. Name deutsch 1 al-Fātiḥa Die Eröffnung 2 al-Baqara Die Kuh 3 Āl ʿImrān Die Sippe Imrans 4 an-Nisāʾ Die Frauen 5 al-Māʾida Der Tisch 6 al-Anʿām Das Vieh 7 al-Aʿrāf Die Höhen 8 al-Anfāl Die Beute 9 at-Tauba Die Buße 10 Yūnus Jonas 11 Hūd Hud 12 Yūsuf Joseph 13 ar-Raʿd Der Donner Bedeutung Einführung in die allgemeine Botschaft des Koran Das menschliche Wesen; die Geschichte Israels und Abrahams; Kaaba und die islamische Gemeinschaft; die Anstrengungen auf dem Weg Allahs; das Wessen Allahs Juden und Christen; die Lehren aus den Kämpfen in Badr und Uhud; Verantwortung der Muslime nach innen und außen Behandlung von Frauen und Waisen; Erbschaft, Heirat und Familie; die Gemeinde in Medina und Heuchler; Leute der Schrift Pflichterfüllung, Verhalten, Rechtschaffenheit; Kritik an Juden und Christen; Gerechtigkeit und Brüderschaft; Leben und Wundertaten Jesus Das Wesen Allahs und Seine Zeichen; Heidentum Religiöse Geschichte der Menschheit; Leben der Propheten Definition von Erfolg; Macht der Wahrheit Verträge, Kriegsmoral; Macht der Wahrheit Allahs Zeichen; Undank der Menschen Barmherzigkeit und Geduld; Noah, Hud, Lot Geschichte von Josef; Vergebung Offenbarung; Rechtschaffenheit kontra Übel 49 Nr. Name deutsch 14 Ibrāhīm Abraham 15 al-Ḥiǧr Das steinige Land 16 an-Naḥl Die Biene 17 al-Isrāʾ oder Banī Isrāʾīl Die nächtliche Reise Die Kinder Israel 18 al-Kahf Die Höhle 19 Maryam Maria 20 Ṭā-Hā Ta Ha 21 al-Anbiyāʾ Die Propheten 22 al-Ḥaǧǧ Die Wallfahrt 23 al-Muʾminūn Die Gläubigen 24 an-Nūr Das Licht 25 al-Furqān Die Rettung 26 aš-Šuʿarāʾ Die Dichter 27 an-Naml Die Ameisen 28 al-Qaṣaṣ Die Geschichte 29 al-ʿAnkabūt Die Spinne 30 ar-Rūm Die Byzantiner 31 Luqmān Luqman 32 as-Saǧda Die Anbetung 33 al-Aḥzāb Die Gruppen 34 Sabaʾ Die Sabäer 35 al-Malāʾika oder Fāṭir Die Engel Der Schöpfer 36 Yā-Sīn 37 aṣ-Ṣāffāt Bedeutung Finsternis kontra Licht; Abrahams Geschichte Das Übel des Satans; Abrahams; der Koran Die gesamte Schöpfung preist Allah; der Koran Propheten; Gottesdienst; Hochmut; der Koran Zeitlosigkeit; Lehren der Weisheit Maria und Jesus; Abraham und Familie Offenbarung; Moses Leben; der Jüngste Tag Tag des Jüngsten Gerichts; Rechtschaffenheit Pilgerfahrt; Barmherzigkeit und Wahrhaftigkeit Allahs Glaube und Ausübung; Einigkeit der Propheten, Wahrheit gegen Unwahrheit Moses, Salomon, Salih; die Herrlichkeit Allahs Koran als Maßstab; Gegensatz der Zeichen Bemühungen der Propheten, Moses; Salomon, Salih, die Herrlichkeit Allahs Pharao gegen Moses; Mohammed Prüfungen der Predigten; die Natur des Koran Allahs Schöpfung; die Menschheit bringt Verderben Weitergabe der Weisheit an Kinder; Elternschaft Sinnbilder für den Menschen; die Offenbarung Mann und Frau; die Frauen des Propheten Macht und Gerechtigkeit; Glaube gegen Unglaube Allahs Schöpfung und Verehrung; Gut gegen Böse Die Offenbarung; die Natur; der Tag des Jüngsten Gerichtes Frieden und Sieg; das Böse; die Die in Reih und Glied stehen Propheten Ya-Sin 50 Nr. Name deutsch 38 Ṣād Sad 39 az-Zumar Die Scharen Ġāfir oder al-Muʾmin Fuṣṣilat oder Ḥā-Mīm Der Vergebende Der Gläubige Auseinandergesetzt sind Ḥā-Mīm 42 aš-Šūrā Die Beratung 43 az-Zuḫruf Der Prunk 44 ad-Duḫān Der Rauch 45 al-Ǧāṯiya Das Knien 46 al-Aḥqāf Muḥammad oder al-Qitāl Die Dünen 40 41 47 Mohammed Das Fechten 48 al-Fatḥ Der Erfolg 49 al-Ḥuǧurāt Die Gemächer 50 Qāf Qaf 51 aḏ-Ḏāriyāt Das Aufwirbeln 52 aṭ-Ṭūr Der Berg 53 an-Naǧm Der Stern 54 al-Qamar Der Mond 55 ar-Raḥmān Der Barmherzige 56 al-Wāqiʿa Die hereinbrechende Katastrophe 57 al-Ḥadīd Das Eisen 58 al-Muǧādala Der Streit 59 al-Ḥašr Die Versammlung 60 al-Mumtaḥina Die Prüfung Bedeutung Spirituelle Kraft gegen weltliche Versuchung Gesamtheit der Schöpfung; die Offenbarung; Rechtleitung Das Gute gegen das Böse Der Mensch in der Beziehung zu Glaube und Offenbarung Verteidigen der Offenbarung; Übel gegen göttliche Rechtleitung Die Offenbarung; Abraham; Jesus Offenbarung; Hochmut gegenüber spirituellen Wahrheiten Die Folgen des Verspottens des Glaubens und des Unglaubens Zweck der Schöpfung Verteidigung des Glaubens gegen Anfeindung Elemente des endgültigen Sieges Vernünftige Gesetze für das Zusammenleben in der Gemeinschaft Die Zeichen Allahs; der Tag des Jüngsten Gerichtes Die Winde; die Zeichen; die Mahnung; das Jenseits Gute Taten im Vergleich zu schlechten Die Offenbarung; das Wesen Allahs; der Unglaube Das Jüngste Gericht naht; die menschliche Oberflächlichkeit Allahs Gefallen an den Menschen Der Tag des Jüngsten Gerichts und das Jenseits Die Allwissenheit und Macht Allahs Die Ablehnung der Unwahrheit und des Unrechts Die Vertreibung der Juden aus Medina Die Feinde des Glaubens; Abrahams Beispiel; die Heirat 51 Nr. Name deutsch 61 aṣ-Ṣaff Reih und Glied 62 al-Ǧumʿa Der Freitag 63 64 65 66 al-Munāfiqūn at-Taġābun aṭ-Ṭalāq at-Taḥrīm Die Heuchler Die Übervorteilung Die Entlassung Das Verbot 67 al-Mulk Die Herrschaft 68 al-Qalam oder Nūn Die Schreibfeder Nun 69 al-Ḥāqqa Die Wahrheit 70 al-Maʿāriǧ Die Himmelsleiter 71 Nūḥ Noah 72 al-Ǧinn Die Jinn 73 al-Muzammil Der sich eingehüllt hat 74 al-Mudaṯṯir Der sich zugedeckt hat 75 al-Qiyāma Die Auferstehung 76 al-Insān oder Ad-Dahr Der Mensch Die Zeit 77 al-Mursalāt Die Gesandten 78 an-Nabaʾ Die Ankündigung 79 an-Nāziʿāt Die Entreißenden 80 ʿAbasa Er zog die Stirne kraus 81 at-Takwīr Das Einhüllen 82 al-Infiṭār Die Spaltung 83 al-Muṭaffifīn Die Betrüger 84 al-Inšiqāq Das Zerbrechen 85 86 al-Burūǧ aṭ-Ṭāriq Die Türme Der bei Nacht kommende Bedeutung zwischen Gläubigen und Ungläubigen Die Zeichen Allahs; der Sache Allahs dienen Reinheit und Weisheit; die Freitagspredigt Die Natur der Heuchler Der einzige Schöpfer Einige Scheidungsgesetze Harmonie im Familienleben Äußere Schatten gegen innere Wahrheit Allah herrscht; Allahs Gerechtigkeit Die Wahrheit siegt über die Unwahrheit Geduld zur rechten Zeit führt ins Himmelreich Die Bemühungen des Propheten Noah Die Natur und Geschichte der Dschinn Gebet und Demut im geistigen Leben Gebet und Geduld unter geistiger Anspannung Der Tag des Jüngsten Gerichts; Psychologie des Inneren Einwände gegenüber Atheisten Das Jenseits der Glaubensabtrünnigen Allahs liebvolle Fürsorge und zukünftige Verheißung Der Tod; der Fall der Hochmütigen Kritik am Propheten; das Jenseits Der Tag des Jüngsten Gerichts; der Koran Der Tag des Jüngsten Gerichts; der Jüngste Tag Die Missbilligung betrügerischen Handel Der Tag des Jüngsten Gerichts; der Jüngste Tag Allah verteidigt seine Gläubigen Das Beschützen jeder Seele 52 Nr. 87 Name al-Aʿlā deutsch Der Allerhöchste 88 al-Ġāšiya Die zudecken wird 89 al-Faǧr Die Morgendämmerung 90 al-Balad Die Stadt 91 aš-Šams Die Sonne 92 al-Lail Die Nacht 93 aḍ-Ḍuḥā Der Morgen 94 95 al-Inširāḥ at-Tīn al-ʿAlaq oder Iqr Das Weiten Die Feigenbäume Der Blutklumpen Rezitiere! 97 al-Qadr Die Bestimmung 98 al-Baiyina Der klare Beweis 99 az-Zalzala Das Beben 100 al-ʿĀdiyāt Das Laufen 101 al-Qāriʿa Die Polternde 102 at-Takāṯur Die Sucht, mehr zu haben 103 al-ʿAṣr Der Nachmittag 104 al-Humaza Der Stichler 105 al-Fīl Der Elefant 106 Quraiš Die Quraisch 107 al-Māʿūn Die Hilfeleistung 108 al-Kauṯar Die Fülle 109 al-Kāfirūn Die Ungläubigen 110 an-Naṣr Die Hilfe 96 Bedeutung Die Reinhaltung der Seele Das Gute gegen das Böse; die Zeichen Allahs Spirituelle Wahrheiten; die Psychologie des Inneren Die menschliche Natur; die Psychologie des Inneren Nachsinnen über Allahs Schöpfung; Läuterung der Seele; Ablehnung des Hochmuts Das Streben nach Allahs Wohlgefallen Allahs vertraute Beziehung zum Menschen Jede Mühe schafft Erleichterung Die menschliche Natur Die Entstehung der Menschen; die Predigt Die Nacht der Macht (die Offenbarung des Koran) Das Schicksal derer, die den Glauben ablehnen Der Tag des Jüngsten Gerichts Die spirituelle Macht; der Menschen Undank Der Tag des Jüngsten Gericht Vorliebe des Menschen für Reichtum; der Tod Die Eigenschaft der Zeit; die Natur Allahs Die Verdammung der Lästermäuler und Verleumder Mekkas Verteidigung gegen die christliche Streitmacht im Geburtsjahr des Propheten Mohammed Ein Aufruf an die Quraisch, die Einzigartigkeit Allahs und seiner Botschaft zu akzeptieren Wahre Bedeutung der Verehrung Allahs; Glaube ist Grundlage guter Taten; Nächstenliebe für Bedürftige Durch Demut zu spirituellem Reichtum gelangen Die Wahrheit kennt keine Kompromisse Jeder Sieg ist von Allah gegeben 53 Nr. Name deutsch 111 al-Masad oder Lahab Der Palmfaserstrick Die Flamme 112 al-Iḫlāṣ Die Aufrichtigkeit 113 al-Falaq Das Frühlicht 114 an-Nās Die Menschheit Bedeutung Das Schicksal des grausamen Abu Lahab, der Mohammed und seine Anhänger verfolgte Kurze Zusammenfassung über Allah im Koran; die Einzigartigkeit Allahs Zuflucht in Allah suchen Der Aufruf, auf Allah zu vertrauen, um vor allem Übel beschützt zu werden 3. Die Namen Allahs: Die 99 Namen Allahs heißen in Wirklichkeit die "schönsten Namen". Die Beschränkung auf 99 hat sich historisch entwickelt und geht auf einige im Qur´an erwähnte Namen zurück. Die Bezeichnung "schönste Namen" geht auf den Vers 7:180 zurück, in dem es heißt: "Und ALLAH hat die schönsten Namen, so benennt Ihn damit." heißt es, dass ALLAH 99 Namen habe, und derjenige, der sie verinnerliche, ins Paradies [dschanna] komme. Der Gedanke der Einheit [tauhid] führt allerdings zu dem Schluss, dass jeder Name in seiner Vollkommenheit die gleiche Bedeutung hat, wie der andere Name und nur die menschliche Begrenztheit Unterschiede erkennt. Manche nutzen die 99 Namen, um sie mittels am Lobpreisungskranz [tasbih] mit seinen 99 bzw. 33 Gliedern als Lobpreisung zu rezitieren. Hier nun eine Auflistung dieser 99 Namen: Nr. Bedeutung 1 Transkription Der Gnädige, der ar-rahman Wohltätige, der Mitleidsvolle Arabisch الرحمان ّ ar-rahiim الرحيم ّ al-malik ال َملِك 4 Der Heilige al-qudduus القُدّوس 5 Der Friede as-salaam سالم ّ ال 2 Der Gnadenreiche 3 Der König, der souveräne Herr 6 Der Überzeugte, der Sichernde al-mu'min ال ُمؤمن 7 Der Beschützer, der Hüter, der Kontrollierende al-muhaimin ال ُم َه ْيمِن 8 Der Allmächtige al-aziz العزيز 9 Der Unterwerfer al-dschabbaar الجبّار al-mutakabbir ال ُمت َ َكبِّر al-chaaliq الخالق 10 Der Erhabene, der Großartige, der Stolze 11 Der Schöpfer 54 Der, der aus dem nichts 12 erschafft, der Verwirklichende al-bari البارئ 13 Der Gestalter al-musawwir ص ّ ِور َ ال ُم 14 Der Vergebende al-ghaffaar الغفّار al-qahhaar القهّار 15 Der Unterwerfer, der Allmächtige 16 Der Verleiher, der Gebende al-wahhaab الوهّاب 17 Der Erhalter, der Versorger ar-razzaaq ّ الرزاق 18 Der Öffner, der Befreier al-fattah الفت ّاح 19 Der Allwissende al-aliim العليم Der Zügelnde, der 20 Verweigerer, der Umschließende al-qaabid القابض 21 Der Gewährende, der Mehrer, der Verbreiter al-baasit الباسط 22 Der Herabsetzende, der Erniedrigende al-chaafidh الخافض 23 Der Erhebende, der Erhöhende ar-raafi الرافع ّ 24 Der Ehrende, der Stärkende al-mu-izz ّال ُمع ِّز 25 Der Entehrende, der Demütigende al-mudhill ّال ُم ِذ ّل 26 Der Allhörende, der Hörende as-samii سميع ّ ال 27 Der Allsehende, der Wahrnehmende al-basiir البصير al-hakam الحكم al-adl العدل 28 Der Richter 29 Der Gerechte, der Ausgleichende 30 Der Edle, der Anmutige, der al-latiif Milde اللطيف 31 Der Bewusste, der Kundige al-chabiir الخبير Der Zurückhaltende, der Nachsichtige al-haliim الحليم 33 Der Großartige al-aziim العظيم 34 Der Vergebende al-hhafuur الغفور asch-schakuur الشّكور 36 Der Hohe, der Erhabene al-aalī 37 Der Große al-kabiir ّي ّ العل الكبير 32 35 Der Dankbare, der Vergelter des Guten 55 38 Der Erhalter, der Beschützer, der Hüter al-hafiiz الحفيظ 39 Der Ernährer, der Erhalter, der Stärkende al-muqiit ال ُمقيت 40 Der Abrechnende al-hasiib الحسيب 41 Der Majestätische al-dschaliil الجليل 42 Der Gütige, der Großzügige al-kariim الكريم 43 Der Beobachtende, der Wächter al-raqiib الرقيب 44 Der Verantwortliche, der Zuhörende, der Erhörende al-mudschiib المجيب 45 Der Allumfassende, der Universelle al-wāsii الواسع 46 Der Weise al-hakiim الحكيم 47 Der Liebende al-waduud الودود 48 Der Ruhmreiche al-madschiid المجيد 49 Der Erweckende al-ba-ith الباعث 50 Der Zeuge asch-schahiid الشّهيد 51 Die Wahrheit, der Wahrhaftige al-haqq ّق ّ الح 52 Der Bevollmächtigte, der Anwalt, der Stellvertreter al-wakiil الوكيل 53 Der Starke, der Kraftvolle al-qawii القوي 54 Der Feste, der Stetige al-matiin المتين 55 Der beschützende Freund, der Patron al-walii ّي ّ الول 56 Der Lobenswerte, der Preisenswerte al-hamiid الحميد al-muhsii ال ُمحصي 57 Der Aufzeichnende 58 Der Hervorbringende, der Urheber al-mubdii ال ُمبدئ 59 Der Wiedererweckende, der al-mu-iid Wiederherstellende ال ُمعيد 60 Der Beschleuniger, der Lebensspendende ال ُمحيي al-muhiiyy 61 Der Verursacher des Todes al-mumiit ال ُمميت 62 Der ewig Lebende, der Lebendige 63 Der Ewige, der sich selbst al-qayyuum Erhaltende, der Beständige القيّوم 64 Der Glanzvolle, der Edle, der Seingebende الواجد al-hayy al-waadschid ّي ّ الح 56 65 Der Ruhmreiche, der Glorreiche al-maadschid الماجد 66 Der Einzigartige, der Einzige al-wahid الواحد al-ahad االحد 67 Der Eine 68 Die ewige Hilfe für die Schöpfung, der Absolute as-samad الصّمد 69 Der Fähige, der Begabte, der Bemessende al-qaadir القادر 70 Der Vorherrschende, der Mächtige al-muqtadir ال ُمقتدر 71 Der Beförderer, der Vorwärtsbringer al-muqaddim ال ُمق ِدّم Der Verzögernde, der 72 Hindernde, der Verschiebende al-mu'achchir ال ُمؤ ّخر 73 Der Erste al-awwal األول ّ 74 Der Letzte al-aachir اآلخر Der Manifeste, der Äußere, az-zaahir der Offenbare ّ ال ظاهر 76 Der Verborgene, der Innere al-baatin الباطن 77 Der Regent, der Schutzherr al-waalii الوالي 78 Der Erhabene al-muta-aalī ال ُمتعالي 79 Der Rechtschaffene al-barr ّالبر ّ Der, der die Reue 80 entgegennimmt, der Mildernde at-thawwaab الت ّّواب 81 Der Vergelter al-muntaqim ال ُم ْنتَقِم Der Vergebende, der 82 Entgegenkommende, der Milde al-afw 83 Der Mitleidsvolle ar-ra-uuf الرؤف ّ 75 العفُو 84 Der Inhaber der Souveränität (Reichtümer) maalik-ul-mulk مالكّال ُملك 85 Der Herr der Majestät und der Ehre dhu-l-dschalaali wa l-ikraam ذوّالجاللّواإلكرام al-muqsit ال ُمقسط al-dschaami الجامع al-ghanii ّي ّ الغن Der für Gerechtigkeit 86 Sorgende, der Unparteiische 87 Der Sammler, der Versammelnde Der, der sich selbst genug 88 ist, der Reiche, der Unabhängige 57 al-mughnii ال ُم ْغني al-maanii المانع 91 Der Erzeuger der Not ad-daar الضّار Der Hilfreiche, der 92 Begünstigende, der Wohltäter an-nafi النّافع 93 Das Licht an-nuur النّور 94 Der Führer al-hadii الهادي 89 Der Befreiende 90 Der Zurückhalter, der Schützende 95 Der Schöpfer, der Erfinder, der Unvergleichliche al-badi البديع 96 Der ewig Währende, der Dauernde, der Bleibende al-baaqi الباقي al-waarith الوارث 97 Der Erbende 98 Der Führer zum rechten ar-raaschid Weg, der Leiter, der Lenker الرشيد ّ 99 Der Geduldige, der Standhafte الصّبور as-sabuur 58 VI. Islamisches Recht: 1. Einführung in das islamische Rechtswesen Die islamische Rechtswissenschaft wird als Fiqh bezeichnet. Es ist die Summe der Gesetze, welche aus dem Koran und der Sunna entnommen (oder aus Ihnen abgeleitet) werden. Falls sie weder im Koran noch in der Sunna oder im Idschma (=Konsensus) der Gelehrten belegbar sind, basieren sie auf den Ansichten der Rechtsgelehrten. Folglich ist Fiqh die Wissenschaft im islamischen Rechtssystem Scharia, durch die alle Bereiche des privaten und öffentlichen Lebens im Islam geregelt werden. Der Begriff der Scharia wiederum bezeichnet wiederum das islamische Recht. Sicherlich mehr als interessant ist hierbei, wie der islamische Rechtsgelehrte Abu Hanifa (699 – 767; Begründer der hanfanitischen Rechtsschule) Fiqh definiert hat: „Die Fiqh-Wissenschaft ist das Wissen um die Dinge, die zum Vorteil bzw. zum Nachteil einer Person gereichen. Wissen ist lediglich zum Handeln da. Wissen praktizieren bedeutet, das Ablassen von den weltlichen Beschäftigungen und die Verbannung dieser aus dem Herzen, um die Gluckseligkeit im Jenseits zu erreichen. Mit den vorteiligen und nachteiligen Dingen sind die Gebote, die Verbote und die erlaubten Dinge (mubah) gemeint, die den Verantwortung tragenden Muslim anbetreffen. Das Ablassen von den weltlichen Beschäftigungen und die Verbannung dieser aus dem Herzen, um die Gluckseligkeit im Jenseits zu erreichen, meint das Unterlassen der weltlichen Begierden und der Liebe zu materiellen Gütern und die Bereitstellung aller persönlichen Möglichkeiten für den Dienst auf dem Wege Allahs, um auf diese Weise die Gluckseligkeit im Jenseits zu erreichen." Von grundlegendem Wert im Bereich des islamischen Rechtswesen ist zweifelsfrei das nachfolgende Werk Ar-Risala („Die Botschaft“ – Abhandlung über die Fundamente des islamischen Rechts) von Imam Schafi’i (gestorben 204 n.H.) Im Kapitel al Bayan wird das Wort als Rechtsbegriff definiert und dann in fünf Kategorien eingeteilt, um die Wege zu erklären, wie die koranischen Aussagen in Hinblick auf Angelegenheiten mit rechtlicher Bedeutung zu würdigen sind. Es gibt fünf derartiger Kategorien: • Das, was Allah als spezifische Rechtsvorschrift formulierte, welche keine andere Interpretation als die wörtliche Bedeutung zulässt. Diese Kategorie von alBayan benötigt keine andere Erklärung als den Koran selbst. • Das, was der Koran erwähnt, was aber unterschiedlich interpretiert werden kann, und für das die Sunna die Interpretation benennt, die zutrifft. • Das, was eindeutig obligatorisch ist und für das der Prophet erklärte, wie, warum, für wen, wann es anzuwenden ist und wann nicht. • Das, was vom Propheten erklärt wurde aber nicht im Koran erwähnt ist. Allah befahl im Koran, dass dem Propheten gefolgt werden muss. Deshalb ist das, was der Prophet (bzgl. der Religion) sagte, von Allah. • Das, was Allah von seinen Geschöpfen fordert, über Ijtihad zu suchen. Dies ist der Qiyas (juristischer Analogieschluss). Nach Imam Schafi’i ist Qiyas eine Methode, um zu einer Rechtsentscheidung zu gelangen auf der Basis von Belegen 59 (Präzedenzfall), auf die ein allgemein benennbarer Grund oder eine wirksame Ursache benannt werden kann. Imam Schafi’i erklärt diese fünf Kategorien in fünf separaten Kapiteln mit jeweiligen Beispielen und Belegen. Hierauf folgen in der Ar-Risala Kapitel, in denen dargestellt wird, wann Koranverse allgemeingültig sind und wann sie nur auf Spezialfälle, d.h. in einem bestimmten Zusammenhang anwendbar sind. Zum Teil ist dies mit Hilfe der Sunna erkennbar. Im Folgenden erläutert Schafi’i die Sunna des Propheten als Rechtsquelle und ihre Beziehung zum Koran, dem Wort Allahs. Imam Schafi’i zeigt, dass die Sunna unabhängig vom Koran existiert – d.h. eine zusätzliche Quelle für rechtliche Bestimmungen darstellt und nicht nur eine Erläuterung zum Koran. Schafi'i führt auch Beweise an, die solche Gelehrten widerlegen, die mit ihm in dieser Angelegenheit nicht übereinstimmen. Es folgt ein Kapitel über nasikh und mansukh (Abrogierendem und Abrogiertem). Schafi'i leitet ab, dass ein Koranvers (arab. aja) nur durch einen anderen Vers abrogiert werden kann und dass die Sunna nur durch die Sunna abrogiert werden kann. 2. Idschtihad, Taqlid und Fatwas Für die Rechtsfindung sind nunmehr erst einmal zwei Verfahren von grundlegender Bedeutung, die es zu kennen gilt: idschtihad: Verfahren zur Rechtsfindung durch eine unabhängige Interpretation der beiden Rechtsquellen Koran und Sunna. Um idschtihad anwenden zu können, muss man ein Gelehrter des islamischen Rechtes sein. taqlid: taqlid ist das Gegenteil von idschtihad und wird als Imitation bzw. Nachahmung bezeichnet. Hiernach ist jeder Muslim verpflichtet, sein Tun nach derjenigen Rechtsschule zu richten, der er von Geburt an angehört oder der er durch Beitritt angehört. Um Idschtihad machen zu können, bedarf es einiger weitreichender wissenschaftlicher Voraussetzungen: Ausreichende Kenntnisse des Korans: Ausreichende Kenntnis aller Koranverse, von denen Bestimmungen abgeleitet werden sowie Kenntnis der abrogierenden und abrogierten Koranverse (nasikh und mansukh). Ausreichende Kenntnis der Sunna: Kenntnis der Hadithe der rechtlichen Bestimmungen (ahadith alahkam), d.h. Kenntnis der Hadithe, von denen konkrete islamische Handlungsanweisungen abgeleitet werden. Kenntnis der abrogierenden und abrogierten Hadithe Wissen, ob ein Hadith, der als Beleg herangezogen werden soll, authentisch ist (sahih) oder ein schwacher Hadith ist. Ausreichende Kenntnis, ob es in der Fragestellung, die er gerade untersucht, eine Übereinkunft aller Gelehrten einer Zeit, d.h. einen idshma, gab oder nicht. 60 Kenntnis dessen, auf welche Art potentielle Belege aus Koran und Sunna abgeleitet werden und auf was für eine Bestimmung genau ein jeder dieser Belege verweist. Dies erfordert ausreichende Kenntnisse bzgl. der arabischen Grammatik und Rhetorik. Ausreichende Kenntnisse des aufgetretenen Sachverhaltes, den er aus islamischer Sicht beurteilen will. Es stellt sich nun die Frage, ob verschiedene Gelehrte zu unterschiedlichen Ansichten kommen können und ob in einem solchen Falle nur einer von ihnen Recht hat oder unter Umständen alle. Die Beantwortung dieser Frage hängt von der Rechtsschule ab, der man angehört. Die Mehrheit der schafiitischen Rechtsschule, ein Teil der hanafitischen Rechtsschule sowie die Mehrzahl der Gelehrten der hanbalitischen Rechtsschule führen hierzu folgendes aus: Nur ein Gelehrter kann Recht haben, wenn verschiedene Gelehrte in einer Fragestellung zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen – dies gilt gleichermaßen für Grundlagen (usul) der Religion als auch für untergeordnete Inhalte (furu). Gleichwohl führten zum Beispiel folgende Worte von Abu Hanifa an Jusuf ibn Khalid as-Samti oftmals zu großen Diskussionen „Jeder Mudschtahid kann unter Umständen Recht haben und die Wahrheit ist bei Allah eine Einzige.“ Kommen wir zu den unterschiedlichen Ansichten bzgl. der Grundlagen der Religion. Hier ist es eindeutig, dass nur einer Recht haben kann und dass derjenige Moslem, der eine andere Ansicht vertritt, sich versündigt und aus dem Islam austritt. Ein Beispiel hierzu ist zum Beispiel die Frage, ob Gott einen Sohn hat oder nicht. Im Koran ist klar gesagt, dass Gott keinen Sohn hat: „Und damit es (d.h. der Koran) jene warne, die da sagen: „Gott hat sich einen Sohn beigestellt.“ Sie haben keinerlei Kenntnis davon, noch hatten es ihre Väter. Groß ist das Wort, das aus ihrem Munde kommt. Sie sprechen nichts als Lüge.“ (Sure 18, Vers 4-5). Es stellt sich abschließend die Frage, welche Folgen Meinungsunterschiede in Detailangelegenheiten haben. Hierzu wird oftmals ein Hadith aufgeführt, wonach Ibn Umar, Amr ibn Al-As, Abu Huraira und andere berichten, dass der Prophet gesagt habe: „Wenn der Herrscher Idschtihad macht und dabei zu einem richtigen Ergebnis kommt, bekommt er zweifachen Lohn (von Allah) und wenn er zu einem falschen Ergebnis kommt, bekommt er einen einfachen Lohn (von Allah).“ Dies wird nun dahingehend interpretiert, dass bei Meinungsunterschieden in Detailangelegenheiten diejenigen, die sich aus rechtlicher Sicht irren, sich nicht irren sondern nur nicht richtig liegen. Kommen wir nun zu taqlid: In den Grundlagen der Religion ist taqlid nicht erlaubt, da derjenige, der taqlid macht, in Kauf nimmt, dass sich der, dem er folgt irrt und dies würde bedeuten, dass er selbst Zweifel an der Wahrheit des Islam hat. In den Detailangelegenheiten der Religion ist nach Ansicht fast aller Gelehrten taqlid jedoch erlaubt. Zur Zulässigkeit von taqlid wird auch gerne auf den folgenden Koranvers (Sure 16, Vers 43) verwiesen: „Fragt die Leute der Ermahnung, wenn ihr etwas nicht wisst.“ Und hier sind wir auch schon bei einem interessanten, oft missverstandenem Thema: dem Ersuchen einer Fatma, d.h. einer Rechtsauskunft. Eine Fatwa ist nichts anderes als ein islamisches Rechtsgutachten, welches zu einem speziellen Thema vom einer rechtsgelehrten Autorität, einem Mufti, herausgegeben wird. Üblicherweise wird eine Fatwa auf Anfrage angefertigt, um ein Problem, welches aufgetreten ist, zu lösen. Unterschiede in Bezug auf die Verbindlichkeit des erteilten Fatwa für den Auftraggeber lassen sich im Vergleich zwischen Schiiten und Sunniten feststellen. Ein im schiitischen Islam erteiltes 61 Gutachten ist durch den Mustafti in jedem Falle anzunehmen, die darin enthaltenen Ratschläge müssen von ihm befolgt werden. Sucht er in zukünftigen Fällen im speziellen Themengebiet um Rat, so hat er sich weiterhin an denselben Mufti zu wenden. Bei Sunniten hingegen hat der erteilte Fatwa keine Verbindlichkeit für den Auftraggeber. Ist er mit dessen Aussage nicht einverstanden, so hat er die Möglichkeit, zur selben Problematik die Meinungen anderer Gelehrter einzuholen. Von großer Bedeutung für die islamische Welt sind die Gutachten des Fatwa-Kollegiums der theologischen Hochschule al-Azhar in Kairo. Aus diesem Grunde muss kurz auf diese so wichtige Institution eingegangen werden: Die al-Azhar Universität in Kairo ist nach der Universität al-Qarawiyyin (gegründet im Jahre 859) die zweitälteste Madrassa der islamischen Welt. Ihr Name ist von az-Zahra, einem Beinamen von Fatima, der jüngsten Tochter des Propheten Mohammed, abgeleitet. Gründungsdatum ist offiziell 975. Sie wird nach wie vor den meisten Sunniten als die renommierteste islamische Schule angesehen. Rechtsgutachten der al-Azhar Universität sind der islamischen Welt hoch angesehen. 3. Ehe- und Erbrecht Die Ehe ist ein rein weltlicher Vertrag. Der Eheschließung geht meist ein Verlöbnis voraus, welches oft durch Rezitieren der ersten Sure des Korans und den Austausch von Geschenken bekräftigt wird. Verwiesen sei darauf, dass das Verlöbnis nicht erforderlich ist, kaum rechtliche Wirkung entfaltet und jederzeit aufgelöst werden kann. Sowohl nach sunnitischer als auch nach ismailitischer Rechtsauffassung kann eine Ehe nur auf Lebenszeit und ohne Bedingungen eingegangen werden. Zwölferschiiten hingegen lassen die Ehe auf Zeit hingegen zu. Gestützt auf Sure 4, Vers 3 wird die Ehe mit bis zu vier Frauen gleichzeitig (=Polygamie) als zulässig angesehen. Konkubinate mit Sklavinnen können jedoch gemäß Sure 4, Vers 24 in unbeschränkter Zahl geführt werden. Volljährig geschäftsfähige Personen werden als ehefähig angesehen. Verwandtschaftsbedingte Eheverbote bestehen aus Sicht des Mannes gegenüber früheren Ehefrauen des Vaters oder der leiblichen Söhne, der eigenen Mutter und Großmutter mütterlicherseits, Töchtern, Schwestern, Tanten väterlicher- und mütterlicherseits, Nichten sowie bei bestimmten Stiefschwestern. Kaum erwähnenswert dürfte die Tatsache sein, dass ein Eheverbot mit bereits verheirateten Frauen besteht. Gemäß Sure 2, Vers 228 muss für eine erneute Eheschließung die Wartefrist nach der Scheidung (drei Monate) sowie gemäß Sure 2, Vers 234 die Wartefrist von vier Monate und zehn Tage beim Tod des Ehemannes berücksichtigt werden. Die Wiederheirat der unwiderruflich geschiedenen Ehefrau ist gemäß Sure 2, Vers 230 nur dann möglich, wenn die Frau zuvor eine andere Ehe eingegangen ist. Schiiten verbieten prinzipiell Ehen zwischen Muslimen und Nichtmuslimen. Bei Sunniten erfolgt hier eine Geschlechterunterscheidung. Gemäß Sure 2, Vers 221 sowie gemäß Sure 60, Vers 10 kann bei Sunniten eine muslimische Frau keine wirksame Ehe mit einem nichtmuslimischen Mann eingehen, wohingegen muslimische Männer gemäß Sure 5, Vers 5 wirksame Ehen mit nichtmuslimischen Frauen eingehen, wenn diese einer Buchreligion angehören (Christentum, Judentum). Wenn bei einer Mischehe der Ehegatte vom Islam abfällt, ist die Ehe als aufgelöst anzusehen. Dies gilt auch für den Fall, dass eine Ehefrau vom nichtmuslimischen Glauben zum Islam konvertiert und der Ehegatte nicht auch gleichzeitig zum Islam konvertiert. 62 Die Eheschließung durch den Ehevormund der Frau bzw. des nicht geschäftsfähigen Mannes ist möglich und wird bei Schafiiten, Malikiten und Hanbaliten als Wirksamkeitsvoraussetzung für die Ehe gefordert. Grundsätzlich ist Vormund der nächstverwandte Mann in ab- oder absteigender männlicher Linie, wobei Uneinigkeit darüber besteht, ob der Sohn oder der Vater den Vorrang hat. Nichtmuslime können nicht Vormund für Muslime sein. Die sunnitischen Rechtsschulen verlangen übrigens prinzipiell, dass bei der Eheschließung zwei Zeugen zugegen sein müssen; Schiiten empfehlen die Hinzuziehung von Zeugen, sehen diese jedoch nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung an. Bei der Brautgabe gemäß Sure 4, Vers 4 sowie Sure 33, Vers 50 handelt es sich um eine Zahlung an die Ehefrau selbst und nicht ein Kaufpreis für die Ehefrau. Die Brautgabe dient der finanziellen Absicherung der Ehefrau. Zahlungen an die Familie der Ehefrau sind nicht durch den Islam bedingt sondern lediglich aus arabischer Tradition. Ein Ausschluss der Brautgabe ist nicht zulässig. Die Brautgabe ist prinzipiell bei Vollzug der Ehe oder vorherigem Tod des Ehegatten in voller Höhe fällig. Eine symbolische Zahlung erfolgt zum Zeitpunkt des Eheschlusses und gestundene Restzahlungen sind möglich. Im Übrigen kann die Ehefrau die Erfüllung ihrer ehelichen Pflichten so lange verweigern, bis die Brautgabe entrichtet ist. Im Ehegüterrecht herrscht Gütertrennung, d.h. die Ehefrau behält die Herrschaft über ihr Vermögen und ist in ihrer rechtlichen Handlungsfähigkeit nicht eingeschränkt. So kann eine Ehefrau Bürgschaft eingehen. Der Ehemann muss für seine Ehefrau eine angemessene Unterhalt stellen und während der Ehe nach seinen Kräften Unterhalt –insbesondere für Nahrung, Kleidung und Wohnung- leisten. Demgegenüber muss die Ehefrau (selbst die vermögende Ehefrau) nicht zum finanziellen Unterhalt der Familie beitragen. Ausnahmen gibt es hier nur im Verhältnis zu den Kindern, sofern der Ehemann keinen Unterhalt leisten kann. Die Aufzucht der Kinder ist eine prinzipielle Pflicht der Ehefrau. Bei Beendigung der Ehe haben Frauen keinen Anspruch auf einen Zugewinnausgleich. Der nacheheliche Unterhaltsanspruch endet im Übrigen mit Ablauf der dreimonatigen Wartefrist für die Wiederverheiratung. Mehrere Ehefrauen muss der Ehemann stets gleich behandeln und ihnen stets einen separaten Wohnraum zur Verfügung stellenDie Ehe wird durch Tod oder Scheidung aufgelöst. Bei der Scheidung haben Männer jedoch mehr Rechte als Frauen. Die häufigste –jedoch nur den Männern vorbehaltene Art der Scheidung- ist der so genannte talaq. Er bedarf keiner Begründung. Für die Sunniten ist der Scheidungswille beim Ausspruch nicht erforderlich und es nur wünschenswert (aber nicht erforderlich), dass zwei Zeugen zugegen sind. Bei den Schiiten ist der Scheidungswille beim Ausspruch erforderlich und die Gegenwart von zwei Zeugen ist erforderlich. Beim talaq wird zwischen einer widerruflichen und einer unwiderruflichen Form unterscheiden. Nur die widerrufliche Form, bei der die Scheidung erst mit Ablauf einer Wartefrist von in der Regel drei Monaten eintritt, wird uneingeschränkt anerkannt. Der Widerruf durch Wort oder durch Ehevollzug setzt die Ehe ohne weiteres fort. Der unwiderrufliche talaq beendet die Ehe sofort. Neben dem talaq gibt es noch weitere, in der Praxis jedoch nicht so bedeutende Ehescheidungsvarianten: Beim ila schwört der Ehemann gemäß Sure 2, Vers 226 f., dass er mit seiner Ehefrau mindestens vier Monate keinen Verkehr haben werde. Während die Hanafiten dies unbedingt anerkennen, räumen die anderen Rechtsschulen der Ehefrau die Möglichkeit der Anrufung eines Gerichtes ein, in dem der Richter den Ehemann zur Wideraufnahme der ehelichen Beziehungen oder zum Scheidungsausspruch veranlasst. Bei li´an gemäß Sure 24, Vers 26 ff. beschuldigt der Ehemann die Ehefrau des illegitimen Geschlechtsverkehrs und beschwört dies, wohingegen die Ehefrau das Gegenteil beschwört. Für Malikiten, Schafiiten und Zwölfer-Schiiten ist die Ehe sofort beendet, wohingegen bei 63 Hanafiten und Hanbaliten die Rechtsauffassung vorherrscht, dass der Richter den Ehemann zum Scheidungsausspruch auffordert oder bei dessen Weigerung selbst die Scheidung ausspricht. Ehefrauen steht in bestimmten Fällen ebenfalls ein Scheidungsrecht zu. Bei Hanafiten beschränkt es sich auf die Fälle, in denen der Ehemann impotent ist und die Ehe nicht in Kenntnis dieses Umstandes eingegangen wurde sowie auf den Fall der Apostasie des Ehegatten. Für die anderen Rechtsschulen ist es auch möglich, dass die Ehefrau unter folgenden Umständen die Scheidung verlangen kann: - Der Ehemann ist dauerhaft außer Stande, die geschuldete Brautgabe zu zahlen oder Unterhalt zu leisten. - Der Ehemann enthält sich über längere Geschlechtsverkehrs (nur bei Hanbaliten). Zeit ihnen Begründung des In eine Ehe geborene Kinder gelten stets als legitime Kinder der Ehegatten. Uneheliche Kindschaft ist als Rechtskategorie nicht vorgesehen. Die Adoption wird unter Berufung auf Sure 33, Vers 4 f. abgelehnt. Gleichwohl wurde im Islam das Institut der kafala entwickelt, welches ohne Herführung von Statusfolgen in der Großfamilie dem Kind Personensorge und Unterhalt sichert. Verwiesen sei hier auf Sure 3, Vers 37. In Sachen Unterhaltsrecht sind grundsätzlich Ehefrauen und bedürftige Kinder anspruchsberechtigt: Söhne bis zum Erreichen der Volljährigkeit sowie Töchter bis zur Heirat. Das islamische Erbrecht beinhaltet sowohl die Erbreihenfolge, die sich am Verwandtschaftsgrad orientiert als auch die begrenzte Freiheit des Erblassers, seine Erben selbst bestimmen zu können. Idealerweise hat der Erblasser seine Verpflichtung zu einem Testament erfüllt, wonach sich die Erben zu richten haben, falls das Testament aus Sicht des Islam akzeptabel ist. Sure 4, Vers 7: „Den Männern steht ein Anteil an dem zu, was die Eltern und die nächsten Verwandten hinterlassen. Und den Frauen steht ein Anteil an dem zu, was die Eltern und die nächsten Verwandten hinterlassen, sei es wenig oder viel - ein festgesetzter Anteil.“ Sure 4, Vers 8: Und wenn bei der Aufteilung andere Verwandte oder Waisen und Bedürftige anwesend sind, dann beschenkt sie daraus und sprecht zu ihnen auf geziemende Weise." Sure 4, Vers 11: „Allah schreibt euch hinsichtlich eurer Kinder vor: Der männliche (Erbe) soll so viel wie den Anteil von zwei weiblichen (Erben) erhalten. Und wenn es sich um weibliche (Erben) handelt, zwei oder mehr, dann sollen sie zwei Drittel der Hinterlassenschaft erhalten. Und wenn es nur eine Erbin gibt, dann gehört ihr eine Hälfte. Und für die Eltern ist je ein Sechstel des Erbes (bestimmt), wenn der Verstorbene Nachkommen hat. Und wenn er keine Nachkommen hat und die Eltern sind die (einzigen) Erben, dann ist für die Mutter ein Drittel. Und wenn er Geschwister hat, dann ist für die Mutter ein Sechstel (festgesetzt) nach Abzug (aller) Vermächtnisse oder Schulden. Eure Eltern und eure Kinder - ihr wisst nicht, welche von ihnen euch an Nutzen am nächsten sind. Dies ist eine Vorschrift von Allah. Und Wahrlich, Allah ist allwissend, allweise.“ Prinzipiell sind die Aussagen zum Erbrecht somit eindeutig und unmissverständlich. 64 Testamentarisch kann nur über ein Drittel des Eigentums verfügt werden; die übrigen zwei Drittel sind, wie festgelegt, unter die Erben zu verteilen. Die Verteilung findet statt, nachdem Legate und Schulden (auch Beerdigungskosten) bezahlt worden sind. Legate zugunsten eines in der Aufzählung erwähnten Erbberechtigten können nicht gemacht werden; das würde zu einer Konfusion des ganzen Systems und Bevorzugung eines Erben vor den anderen führen. Im Allgemeinen - aber nicht immer - bekommt ein männlicher Erbe einen doppelt so großen Anteil wie ein weiblicher der gleichen Kategorie. Die Tatsache, dass ein Sohn in vielen Fällen einen höheren Anteil am Erbe erhält als eine Tochter, wird von manchen Nichtmuslimen als "Minderwertigkeit" der Frau im Islam gedeutet. Bei solch einer Betrachtung bleibt unberücksichtigt, dass im islamischen Finanzsystem der Mann allein für die Versorgung der gesamten Familie verantwortlich ist, wohingegen die Frau ihr Eigentum allein für sich verwenden kann. So erfüllt das Erbe im Fall der Tochter die Funktion einer reinen Hinterlassenschaft für die Tochter. Im Fall des Sohnes kommt zusätzlich ein "Versorgungsanteil" hinzu. Bis zu einem Drittel des Erbes darf für nicht erfüllte religiöse Verpflichtungen des Erblassers aufgewandt werden, der Rest zählt als Pflichterbanteil (faraidh). So kann z.B. mit dem Anteil ein Vertreter beauftragt werden, die noch ausstehende Pilgerfahrt (hadsch) des Verstorbenen in Vertretung durchzuführen, sollte der Verstorbene zu Lebzeiten die Voraussetzungen erfüllt haben und dennoch die Pilgerfahrt nicht durchgeführt haben. Hierbei kann z.B. eine Frau die versäumte Pilgerfahrt ihres verstorbenen Mannes nachholen, was ihre religionsrechtliche Gleichwertigkeit belegt. Das islamische Erbrecht war bei seiner Einführung in jeder Hinsicht eine Revolution der Gegebenheiten, da es nicht üblich war, dass jede Frau erbte. Da das islamische Recht in einer nichtislamischen Rechtssystem in der Regel nicht eingefordert werden kann, obliegt es den Erben, die islamische Erfüllung im Rahmen der bestehende Gesetze des Landes zu gewährleisten. Fordert ein Erbe ein ihm islamisch nicht zustehenden Anteil, der ihm allerdings vom Landesgesetz gewährt wird, so bleibt er seinen aus islamischer Sicht unrechtmäßig erworbenen Anteil für das Jenseits schuldig. Innerhalb eines islamischen Rechtssystems gilt das Erbrecht für Muslime wie Nichtmuslime gleichermaßen. Angehörigen von Buchreligionen (Christentum, Islam) wird die Umsetzung des Erbrechtes nach den Regeln der eigenen Religion gewährleistet. Der historische Ebrechtsstreitfall Fadak: Die Geschichte betreffend Fadak sei hier aufgrund der unterschiedlichen Interpretation von Sunniten und Schiiten sowie der besonderen Relevanz für Sunniten und Schiiten nachstehend wie folgt widergegeben: Der ertragreiche Landstrich Fadak war im Besitz des Propheten. Erträge der betreffenden Gegend verteilte der Prophet unter den Bedürftigen und Notleidenden, bis der nachfolgende Vers hinabgesandt wurde: "Gib den Angehörigen, was ihnen zusteht!" (Sure17, Vers:26). Daraufhin schenkte der Prophet Fadak seiner Tochter Fatima. Zu diesem Thema gibt es die nachfolgenden Überlieferungen: Abu Sa'id Hadari berichtet: Als der 26. Vers der Sure Isra hernieder kam, sagte der Prophet zu Fatima: "Fadak soll dir gehören!" Atiyya überliefert: Als der Vers hinabgesandt ward, rief der Prophet Fatima zu sich und schenkte ihr Fadak. Als Abu Bakr nach dem Tod des Propheten und seiner Wahl in Sakifa das Kalifat antrat, beschloss er, Fatima den Landstrich Fadak zu nehmen. Fatima ging nach der Enteignung zu Abu Bakr, um das Land zurückzufordern und zog Umm Aymann und Ali als Zeugen hinzu. Ergebnis dessen war die Rückgabe von Fadak an Fatima dergestalt, dass Abu Bakr ein 65 diesbezügliches Schreiben aufsetzte und selbiges an Fatima aushändigte. Daraufhin entriss Umar ibn Chatab Fatima das Schreiben, spuckte darauf und vernichtete es. Daraufhin forderte Abu Bakr von Fatima weitere Zeugen. Dies würde –sofern sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen haben- natürlich mit islamischer Rechtsprechung und Gerichtsbarkeit nicht zu vereinen sein. Als Fatima später erneut zu Abu Bakr kam, um Fadak zurückzufordern, antwortete ihr Abu Bakr, dass Fadak nicht Eigentum des Propheten gewesen wäre, sondern Allgemeinbesitz der Muslime[, woraus Truppen zu finanzieren seien] und dass Propheten nichts vererben würden. Aischa -die Lieblingsfrau des Propheten, die zugleich die Tochter von Abu Bakr war- und Hafsa bint Umar –ebenfalls eine Frau des Propheten und Tochter des Umar ibn Chatabunterstützten Abu Bakr´s Aussage, wonach der Prophet gesagt habe, dass Propheten nichts vererben würden. Später forderte dann Aischa vom Kalifen Uthman ibn Affan das Erbe des Propheten, worauf Uthmann sie dann an die frühere Aussage Aischas erinnerte, wonach der Prophet gesagt habe, dass Propheten nichts vererben würden. Abschließend sei vermerkt, dass weder Abu Bakr noch Umar Fadak nicht herausgaben. Als Fadak dann vom dritten Kalifen Uthman ibn Affan nach dem Tode Umars an Uthmans Cousin Marwan ibn al-Hakam kam es zu nicht unerheblichen Unruhen. Nachdem Ali vierter Kalif wurde ordnete er zur Überraschung vieler nicht an, dass Fadar nicht zurückzugeben ist. Während Sunniten diesen Sachverhalt dahingehend deuten, dass die Enteignung doch rechtens gewesen sei, deuten die Schiiten diesen Sachverhalt dahingehend, dass Ali die Rückgabe nicht angeordnet habe, da nach schiitischer Auffassung ein Machthaber im Islam seine Macht und seine Verantwortung immer primär für die Interessen der Allgemeinheit einsetzen muss und eigene Interessen stets zurückstehen müssen. 4. Wirtschaftsrecht Wirtschafts- und Vertragsrecht werden –im Gegensatz zum Finanz- und Bankenwesen- im islamischen Recht nur in Teilen geregelt. Die partielle Verflechtung rechtlicher und religiöser Vorschriften wird in einigen Bereichen des Vertragsrechts deutlich. Das islamische Vertragsrecht ist auch in einer ökonomisch vergleichsweise sehr weit entwickelten Umwelt entstanden. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass der Muhammed -wie viele aus seiner Umgebung- Kaufmann war. Von grundlegender Bedeutung in diesem Zusammenhang ist Sure 2, Vers 29: „Ihr Gläubigen! Bringt euch nicht untereinander auf unrechtmäßige Weise um euer Vermögen. Anders ist es, wenn es sich um ein Geschäft handelt, das ihr nach gegenseitigem Übereinkommen abschließt.“ Wichtig ist jedoch dabei, dass das Wirtschaften nicht auf unrechtmäßige Art und Weise geschieht. Hierdurch wird die inhaltliche Kontrolle wirtschaftlicher Transaktionen notwendig. Bzgl. der das Wirtschaftsrecht prägenden Wirtschaftsordnung sind erst einmal die beiden folgenden Aspekte zu erwähnen: 1. Eigentumsrecht ist gewährleistet. 2. Handel ist erwünscht. Der wirtschaftliche Vertrag im Islam: 66 Im Islam herrscht eine rudimentär eingeschränkte Vertragsfreiheit. Bereits in Sure 2, Vers 275 wird zum Beispiel der Kaufvertrag explizit als Typus erlaubter Verträge bezeichnet. Wesentliche Einschränkungen des islamischen Vertragsrechts sind jedoch: - riba (Wucher, Zins) - garar (Spekulation) Die wichtigsten Vertragstypen im islamischen Wirtschaftsrecht sind: - Kauf - Tausch - Verträge über Wasserrechte - Hinterlegung - Leihe, Schenkung sowie „islamische Darlehen“ - Miete - Werklieferung - Pfandbestellungsvertrag - Vergleich - Gesellschaftsverträge Gegenstand des Vertrages kann eine bestimmte Sache oder aber eine Schuldverpflichtung sein. Der Vollzug ist grundsätzlich nur in Firn des konkreten Gegenstandes möglich, so dass hierdurch zum Beispiel Warentermingeschäfte ausgeschlossen sind. Anders verhält es sich aber mit Geld, welches nicht konkretisiert werden kann sondern stets Platzhalter für andere Gegenstände ist. Dies bildet die Grundlage für den bargeldlosen Zahlungsverkehr. Voll geschäftsfähig und damit in der Lage, zivilrechtliche Verpflichtungen zu begründen, ist der volljährige, geistig gesunde Freie. Der Geisteskranke und der unterscheidungsunfähige Minderjährige sind nur beschränkt geschäftsfähig. Sie benötigen grundsätzlich der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters; sie sind jedoch grundsätzlich geschäftsfähig in Hinblick auf vorteilhafte Geschäfte. Wirksam sind Verträge prinzipiell nur, wenn sie im gegenseitigen Einverständnis geschlossen sind. Die Bindungswirkung von Austauschgeschäften ergibt sich bereits aus den bereits darauf bezogenen übereinstimmenden Willenserklärungen. Grundsätzlich kann im Übrigen auch ein Rücktrittstecht vereinbart werden. Streitig ist, ob hierbei eine Befristung erforderlich ist. Viele vertreten dabei eine Höchstdauer von drei Tagen. Einseitige Verpflichtungen sind zwar religiös bindend, nicht aber rechtlich bindend. Auch ausgeführte einseitige Leistungsversprechen, wie zum Beispiel bei der Schenkung, sind im Regelfall reversibel. So soll eine Schenkung dann widerrufen werden können, wenn der Schenker dafür eine Form des Entgelts erwartet hat. Nur Schenkungen aus Verwandtschaftsgründen und zum Zwecke der Almosengabe sollen unwiderruflich sein. Formvorschriften kennt das klassische islamische Vertragsrecht nicht. Die Sonderregelung in Sure 2, Vers 282 für Kreditgeschäfte, die schriftlich fixiert werden sollen, wird als bloße Empfehlung verstanden. Für die Beweisbarkeit im Streitfalle ist das Hinzuziehen von Zeugen 67 erforderlich. Einen faktischen Übergang zum Urkundenbeweis bildet die Person des notariellen Berufszeugen. Die höchstmögliche Transparenz ist im islamischen Vertragsrecht von besonderer Relevanz. Aus diesem Grunde sind normaler Weise nur Verträge über exakt bestimmte Gegenstände zulässig. Sachenrechtliche Vorgänge sind weitestgehend mit dem Vertragsrecht verknüpft, unterscheiden sich jedoch nach den einzelnen Vertragsverhältnissen. So gilt für den Eigentumsübergang beim Kauf das Konsensualprinzip, während bei der Schenkung das Eigentum erst mit der Besitzerlangung übergeht. Der Verkäufer wird bis zur Kaufpreiszahlung durch ein Zurückbehaltungsrecht abgesichert. Die Gefahr zufälliger Verschlechterung oder zufälligen Untergangs geht erst mit der Übergabe auf den Käufer über. Bei Miete und Leihe geht nur das Nutzungsrecht auf den Berechtigten über. Eine Inhaltskontrolle von Verträgen wird nach dem islamischen Vertragsrecht insbesondere wegen der Verbotsvorschriften erforderlich, über deren Anwendungsbereich die Auffassungen allerdings weit auseinander gehen. Bevor wir zu dem Zinsverbot (riba) kommen, welches für die Ausgestaltung des Vertragswesens elementar ist, vergegenwärtigen wir uns des islamischen Handelsvertrages: Ein wesentlicher Bestandteil islamischen Wirtschaftens sind die Handelsverträge. Das Prinzip des Vertrages ist denkbar einfach: 100% des Investments stellt der Rabb al-Mal (Eigentümer des Kapitals) zur Verfügung, während der mittellose Händler seine Handelserfahrungen einbringt. Der freie Händler und seine Arbeit werden im Vertrag als ebenbürtig zum Kapital honoriert. Wichtiger als seine Liquidität ist sein einwandfreier Leumund. Der Investor muss sich aus dem Handel völlig zurückhalten und hat kein Recht, weiteren Einfluss zu nehmen. Der Händler ist allein verpflichtet, nach einer bestimmten Zeit das Kapital zurückzugeben, einschließlich des zuvor vereinbarten Gewinns. Natürlich konnten sich auch ganze Investorengruppen zusammenschließen. So einfach ist oder war das also. Der Vertrag und seine einfachen Bedingungen schufen ein eigenständiges und durchaus komplexes islamisches Wirtschaftsdenken. Eigentümlich ist beim Qirad-Vertrag die Risikoverteilung: sie obliegt bei normalen Geschäftsverlauf zu 100% beim Investor. Nur bei offensichtlichem Missmanagement oder Betrug wird der Händler zur Rechenschaft gezogen. Nach Imam Maliks „al-Muwatta“ sollte der Handel im Übrigen bevorzugt mit Gold abgerechnet werden. Der Qirad-Vertrag diente vor allem Handelsbeziehungen, die bekannt und berechenbar waren und das Risiko des Investors überschaubar hielten. Vor allem auf eingespielten Handelsrouten mit exakt berechenbaren Zeitabläufen wurde der Vertrag daher gerne benutzt. Die Gewinnaussichten der Investoren waren, zumindest bei normalem Verlauf, dabei oft Atem beraubend. Der Vertrag hatte aber auch eine spezifische Wirtschaftsethik zur Folge. Denn das Vertragsmodell konnte nur dann funktionieren, wenn zwischen Händler und Investor eine gewisse Vertrauensbasis existierte. Der Leumund und die Ehrlichkeit des Händlers waren daher essentiell - jede Verfehlung oder Misswirtschaft führte zum sicheren und dauerhaften Ende der Wirtschaftsbeziehungen. Das Risiko des Händlers bei Verlusten, seinen erarbeiteten Leumund zu verlieren, war durchaus groß. Je besser der Leumund und die Reputation des Händlers, desto sicherer seine künftigen Gewinnaussichten. Kurzum: der Händler sollte ein Profi sein. Dazu gehörten langjährige Erfahrungen. Die Händler sorgten für Fortbildung und Erfahrungsaustausch in entsprechenden Handelskammern. Auch die um ihr Kapital besorgten Investoren entwickelten ein Vorsorgemodell. Investoren legten großen Wert auf die Auswahl und Ausbildung, insbesondere auch auf Prüfmechanismen der Händler. 68 Eine neue Zunft entstand so früh wie der Qirad-Vertrag: der Wirtschaftsberater. Ein Heer von Agenten beriet Investoren über die Charaktereigenschaften und Bilanzen der Händler. Genaue Expertisen klärten die Investoren genau über Risiken und Möglichkeiten auf. Viele Investoren beschäftigten Agenten, um besonders erfolgreiche Händler und Talente aufzuspüren. Rein rechtlich berücksichtigt ein schriftlicher Qirad-Vertrag - neben der Nennung der Beteiligten und Zeugen - vor allem die folgenden wichtigsten Punkte: 1. Der Investor übergibt das Kapital an den Händler und verspricht, keinen weiteren Einfluss zu nehmen. 2. Der Investor darf vor dem vereinbarten Zeitablauf kein Kapital zurück verlangen. 3. Die Zeitabläufe z.B. die Fälligkeiten werden detailliert festgelegt. 4. Etwaige Bedingungen des Investors werden festgelegt. 5. Der Händler wird an seine Haftung für Missbrauch, Verfehlungen, Betrug usw. erinnert. 6. Der Investor trägt das Risiko oder Verluste des Händlers, während wiederum der Händler keinen Anspruch auf Entlohnung oder Ersatz für Unkosten hat. 7. Die Gewinnverteilung wird absolut bindend vorab festgelegt. 8. Die Parteien legen im Falle eines Streites bereits ein Schiedsgericht fest, dessen Entscheidung von beiden Seiten akzeptiert werden wird. Riba – das zu berücksichtigende Zinsverbot: Vergegenwärtigen wir uns erst einmal, wo im Koran Ausführungen zu Riba zu finden sind: Sure 30, Vers 39: „Und was ihr an Riba gebt, dass es im Vermögen der Leute Zins einbringe, das bringt bei Gott kein Zins ein. Wenn ihr aber frommer Gesinnung Almosen gebt - das sind die, die ihr Guthaben tatsächlich verdoppeln“ Sure 4, Vers 161: „Und weil sie Riba nahmen, wo es ihnen doch verboten war, und die Leute in betrügerischer Weise ihr Vermögen aufzehrten. Für die Ungläubigen von ihnen haben wir eine schmerzhafte Strafe bereitet“ Sure 3, Vers 130: „Ihr Gläubigen! Nehmt nicht Riba, in verdoppelten Beträgen! Und fürchtet Gott! Vielleicht wird es euch wohl ergehen“ Sure 2, Vers 275 ff.: „Diejenigen, die Riba nehmen, werden nicht anders dastehen als wie einer, der von Satan erfasst und geschlagen ist. Dies wird ihre Strafe dafür sein, dass sie sagen, Kaufgeschäft und Riba sind ein und dasselbe. Aber Gott hat das Kaufgeschäft erlaubt und den Riba verboten. Und wenn einem eine Ermahnung von seinem Herrn kommt und er dann aufhört, so sei ihm belassen, was bereits geschehen ist. Und die letzte Entscheidung über ihn steht bei Gott. Diejenigen aber, die es künftig wieder tun, werden Insassen des Höllenfeuers sein und ewig darin weilen. Gott lässt den Riba des Zinsnehmers dahinschwinden, aber er verzinst die Almosen. Gott liebt keinen, der gänzlich ungläubig und ein Sünder ist. Ihr Gläubigen fürchtet Gott! Und lasst künftig das Riba bleiben, wenn ihr gläubig seid. Wenn ihr es nicht tut, dann sei 69 euch Krieg angesagt von seinem Gott und seinem Gesandten! Wenn ihr euch doch bekehrt und auf weiteres Riba verzichtet steht euch euer Kapital zu, so dass weder ihr Unrecht tut noch euch Unrecht getan wird.“ Durch Sure 3, Vers 130 ist definitiv unstrittig, dass ungewöhnlich hohe Zinssätze als auch Zinseszinsen verboten sind. Noch heute wird darüber gestritten, in wie weit ein allgemeines Zinsverbot gilt. Die Mehrheit des islamischen Rechtsgelehrten befürwortet noch heute ein allgemeines Zinsverbotes. Es stellt sich aber an dieser Stelle einmal die Frage, in wie weit Christentum und Judentum in der Historie und in der Gegenwart zum Thema Zinsen. Im Pentateuch, speziell im 5. Buch Mose findet sich folgende Aussage: „Du sollst deinem Bruder keinen Zins auferlegen, Zins für Geld, Zins für Speise, Zins für irgendeine Sache, die man gegen Zins ausleiht. Dem Fremden magst du Zins auferlegen, aber deinem Bruder darfst du nicht Zins auferlegen, damit der Herr, dein Gott, dich segnet in allem Geschäft deiner Hand in dem Land, in das du kommst, um es in Besitz zu nehmen.“ Seinen Ausgangspunkt nahm das schon altkirchliche Zinsverbot im Mittelalter mit dem Zweiten Laterankonzil von 1139, dem Decretum Gratiani, einem ausdrücklichen Zinsnahmeverbot durch Papst Innozenz III. von 1215 und dem Konzil von Vienne von 1311. Danach war es verboten, Zinsen auf verliehenes Geld zu verlangen. Auch Thomas von Aquin sprach sich philosophisch gegen den Zins aus. Martin Luther wandte sich persönlich auch gegen das Zinsnehmen, im Gegensatz zu Jean Calvin, der eine in Wirtschaftsfragen konträre Haltung einnahm. Dennoch wurde das Zinsverbot bald in allen protestantischen Gebieten Europas, reformierten wie lutherischen, aufgehoben. Noch 1745 wandte sich Papst Benedikt XIV. in der Enzyklika Vix pervenit entschieden gegen den Zins. In § 3, Absatz I heißt es: Die Sünde, die usura heißt und im Darlehensvertrag ihren eigentlichen Sitz und Ursprung hat, beruht darin, dass jemand aus dem Darlehen selbst für sich mehr zurückverlangt, als der andere von ihm empfangen hat […] Jeder Gewinn, der die geliehene Summe übersteigt, ist deshalb unerlaubt und wucherisch. Innerhalb der römisch-katholischen Kirche wurde das Zinsverbot von Papst Pius VIII. in einem Schreiben vom 18. August 1830 an den Bischof von Rennes aufgehoben. Islamisches Zinsverbot und UN-Kaufverträge: Vergegenwärtigen wir an dieser Stelle einmal, welche Fatwa al-Azhar zu Verzugszinsen fällte: Zur Frage der Verzugszinsen hielt die Gutachtenkommission von Al-Azhar (Lagnat Al-Fatwa) diese für unzulässig: “Die mit dem Zeitfaktor begründete Zinsschuld entspricht dem Riba”. Weiter führte die Kommission aus: “Der Gläubiger darf nur den fälligen Hauptanspruch durchsetzen. Der darüber hinausgehende Geldbetrag ist Zins, der als Riba gilt. Zins ist in diesem Fall nach der Shari’a unzulässig, weil er ohne eine Gegenleistung einen vereinbarten Vermögenszuwachs zugunsten einer der Vertragsparteien bewirkt”. Diesem Gutachten stimmte der Scheikh von al-Azhar in der al-Ahram Zeitung zu und bemerkte: “Verzugszinsen entsprechen dem Riba al-Nasi’a, da es sich um eine Stundung der Schuld gegen einen unrechtmäßigen Zuwachs der Geldschuld handelt”. Damit schließt sich al-Azhar der überwiegenden Meinung an, die Verzugszinsen für unzulässig erklärt. Es ist jedoch erwähnenswert, dass die Zinsfrage wegen der widersprüchlichen Auffassungen zwischen Dar al-Ifta’a (Behörde zur Erstellung religiöser Gutachten) und al-Azhar für Unruhe 70 gesorgt hat. Viele der angesehenen Shari’a-Gelehrten plädierten für die ausnahmsweise Zulässigkeit von Zinsnahme in bestimmten Fällen und zwar dann, wenn es dem islamischen Prinzip des Interesses der Allgemeinheit (Maslaha Morsala), die als subsidiäre Quelle der Shari’a anerkannt ist, entspreche. Zu den Vertretern der Zulässigkeit bestimmter Arten des Zinses gehören Mohamed Abdoh (Fatwa zu Postsparfonds), Mohamed Shaltout (Produktionsdarlehen), beides ehemalige Großsheikhs von al-Azhar. Dazu zählen auch Mohamed Al-Tantawi der Großsheikh von Al-Azhar und der damalige Großmufti Ägyptens. Während seiner Amtszeit als Staatsmufti am 6. September 1989 hatte er ein Gutachten erstellt, das die von Banken emittierten Investmentzertifikate shari’a-gemäß seien. Dieses Gutachten wurde später von der überwiegenden Mehrheit der islamischen Rechtgelehrten kritisiert und führte zu einer Konferenz der Gelehrten in Mekka im Juni 1991, löste die Veröffentlichung mehrerer kritischer Schriften hierzu sowie weltweite Äußerungen von zahlreichen religiösen Einrichtungen einschließlich des Vereins der islamischen Wirtschaft (Gam’eyet al-Iktesad alIslami) aus. Da die Verzugszinsen im Handelsverkehr nach der Shari’a nicht zulässig sind, muss dem Gläubiger ein Anspruch auf Entschädigung bzw. ein Bereicherungsausgleich für die vom säumigen Schuldner erlangte unberechtigte Kapitalnutzung des fälligen Geldbetrages zustehen. Hierdurch wird ersichtlich, wie wichtig Riba für islamische Vertragspartner im Wirtschaftsrecht ist. Einer der umstrittensten Artikel des UN-Kaufrechts ist Art. 78 CISG, der für den Gläubiger des Kaufpreises oder eines anderen geschuldeten Betrages einen Anspruch auf Zinsen vorsieht; entsprechend sieht Art. 84 (1) eine Verzinsungspflicht für einen zurückzuerstattenden Kaufpreis vor. Ausdrücklich heißt es hier: „Versäumt eine Partei, den Kaufpreis oder einen anderen fälligen Betrag zu zahlen, so hat die andere Partei für diese Beträge Anspruch auf Zinsen, unbeschadet eines Schadensersatzanspruchs nach Art. 74.“ Bekanntlich war auf der Wiener UN-Konferenz die Verzinsung außerordentlich streitig, und als Kompromiss hat man zwar eine Verzinsungspflicht vorgesehen, die Zinshöhe aber ungeregelt gelassen. Von den arabischen Staaten haben bisher nur 4 das Übereinkommen unterzeichnet und ratifiziert und es damit in die nationalen Rechtsordnungen integriert: Ägypten, Syrien, Irak und Mauretanien. Aus diesem Grunde kann man mit dem UN-Kaufvertrag in islamischen Ländern nichts anfangen. 5. Kernelemente des islamischen Finanz- und Bankenwesens Prägende Prinzipien des Islamic Finance and Banking sind: Zinsverbot (Riba) Spekulationsverbot (Gharar) Verbot des Glückspiels (Maysir) Verbot nicht scharia-konformer Investitionen, d.h. solcher Investitionen, die nicht in Einklang mit dem islamischen Recht stehen 71 Im Gegensatz zu dem vorstehend bereits behandelten Riba ist Gharar nicht exakt definiert. Gharar bedeutet, dass jede Unsicherheit bzw. Unklarheit verboten ist. Verträge müssen frei von jeder Unklarheit und Unsicherheit sein. Ein gewisses Maß an Unsicherheit ist im Geschäftsleben jedoch unvermeidbar und wird daher auch akzeptiert. Nur extremes Gharar, bei dem die Risiken und Unsicherheiten in einem Maße vorhanden sind, dass man sich schon in die Nähe von Wetten oder Glücksspiel begibt, muss vermieden werden. Ebenfalls unter Gharar fällt Betrug oder arglistige Täuschung. Zwar ist der Kauf von Aktien mit Gharar verbunden, jedoch nur in besonderen Fällen auf eine signifikante Weise, die zu einem Verbot führt. Kauft man eine Aktie, so beteiligt man sich an einem Unternehmen (man wird zum Mit-Unternehmer) zu einem bestimmten Preis. Es gibt dabei keine Unsicherheit und daher auch kein Gharar. Man teilt sich Risiko und Gewinn mit anderen Aktionären / Mit-Unternehmern, wenngleich eine Unsicherheit über die Höhe besteht. Ebenfalls kann man später seine Beteiligung wieder verkaufen, auch wenn nicht von Anfang an klar ist, welcher Verkaufspreis erzielt wird. Insofern ist der Kauf der Unternehmensbeteiligung auch mit dem Kauf eines Hauses zu vergleichen, das über die Jahre an Wert gewinnen oder verlieren kann. Prinzipiell ist es erlaubt, Gewinn zu machen, jedoch nur in dem Sinne, dass die gesamte Wirtschaft dadurch gewinnt. Signifikant ist daher die Art und Weise, wie man handelt. Daytrading bewegt sich schon in der Nähe von Wetten und ist ein Fall von extremen Gharar, denn nicht mehr die Investition in das Unternehmen mit langfristigen Gewinnaussichten ist relevant, sondern das Ausnutzen kurzfristiger Kursschwankungen. Das Gleiche gilt für den Leerverkauf, da man etwas verkauft, das man nicht besitzt. Beim Leerverkauf gilt auch Riba, da mit Geld verdient wird. Zudem ist ein Leerverkauf ungerecht, da weitere (Leer-)Verkäufe ausgelöst werden können, die den Wert des Unternehmens stark mindern. In beiden Fällen gewinnt auch nur der Spekulant, nicht aber die gesamte Wirtschaft. Maysir umfasst Glücksspiel oder Wetten, z.B. an Spielautomaten oder auch Währungsspekulationen durch Aufnahme eines Fremdwährungskredits. Jede Wette ist unproduktiv in dem Sinne, dass nichts produziert wird. Eine generelle Definition ist, dass eine Transaktion stattfindet, bei der einer gewinnt und einer verliert. Mit Maysir wird die Ablehnung von Derivaten und konventionellen Versicherungen begründet. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Derivate, z.B. Optionen, prinzipiell verboten sind. Es kommt vielmehr auf den Verwendungszweck an. Der Kauf einer Option, um z.B. auf einen Wechselkursgewinn im Rahmen von Währungsspekulationen zu wetten, ist eindeutig verboten. Schließt jedoch ein Händler, z.B. ein Importeur, ein Fremdwährungsgeschäft ab, um das Wechselkursrisiko auszuschließen, darf er dafür eine Option verwenden. Strukturelemente islamischer Finanzprodukte: Die Struktur islamischer Finanzprodukte unterscheidet sich in grundlegender Form von den Strukturmerkmalen westlicher Finanzprodukte. Vergegenwärtigen wir uns deshalb einmal die Strukturelemente islamischer Finanzprodukte: Das Wohl der Gemeinschaft steht immer im Vordergrund vor dem Wohl des Einzelnen Teilung von Gewinn und Verlust Die Risikoverteilung erfolgt tendenziell zu Lasten der Geldgeber Geld dient lediglich als Tauschmittel und hat keinen eigenständigen Wert. Kapital wird nicht als selbst erarbeitete Anlage angesehen. Finanzierungstechniken setzen stets an konkreten Finanzierungsgegenständen an. 72 Kommen wir abschließend in diesem Bereich noch zu den Aspekten Bankkonten und Kreditkarten: Wadiah – Konten: Bei einem Wadiah-Konto verwahrt die Bank das Geld des Kunden, der das Geld jederzeit zurückfordern kann. Ein Zins wird nicht bezahlt (Riba). Jedoch hat die Bank die Möglichkeit, ein Geschenk (hibah) zu machen. Da es der Bank freigestellt ist, ein Geschenk zu machen, kann es sein, dass das einbezahlte Geld ausschließlich verwahrt wird und dafür keinerlei Honorierung stattfindet; in der Praxis ist dies jedoch niemals der Fall. Die Bank kann jedoch niemals eine feste Zusage über solche Geschenke machen, da dies einer Zinszahlung ähneln würde. Man unterscheidet folgende Arten von Wadiah – Konten: Bei Wadiah-Yad-Amanah-Konten findet ausschließlich eine Verwahrung des Geldes statt. Weder darf die Bank den Betrag anderweitig anlegen oder investieren, noch darf sie für die Verwahrung Gebühren erheben. Die Bank verspricht zwar, den einbezahlten Betrag sorgfältig zu verwahren, kann die vollständige Rückzahlung jedoch nicht garantieren, wenn z.B. im Falle eines Feuers oder eines Banküberfalls gerade die vom Anleger eingezahlten Geldscheine verbrennen oder gestohlen würden. Bei Wadiah-Yad-Dhamanah-Konten garantiert die Bank im Gegensatz zu Wadiah-YadAmanah-Konten die 100%ige Rückzahlung der Einlage. Dafür darf die Bank mit dem Geld arbeiten und alle erwirtschafteten Profite behalten, muss jedoch auch entstehende Verluste ausgleichen. Bei dieser Kontenvariante ist hibah (Geschenke) üblich, d.h., dass nicht garantierbare Gewinne aus der Anlage des einbezahlten Geldes an den Kunden zumindest anteilig weitergegeben werden. Die meisten Sparkonten, bei denen Sicherheit im Vordergrund steht, werden in Form von Wadiah-Yad-Dhamanah-Konten geführt. Mudaraba Konto: Bei einem Mudaraba-Konto legt ein Investor (rabb al-mal) Geld an, die Bank in ihrer Eigenschaft als Unternehmer (mudarib) stellt ihre Expertise für das Investment zur Verfügung. Die Bank tritt als Vermögensverwalter für das angelegte Kapital auf und kann frei entscheiden, wie es angelegt wird. Bank und Anleger vereinbaren eine Aufteilung des Gewinns. Für den Fall, dass die Bank Gewinn erwirtschaftet, wird er auch geteilt. Für den Fall, dass die Bank Verluste produziert, trägt jedoch der Anleger zu 100 % das Verlustrisiko. Im Gegenzug kann die Bank keine Zahlungen vom Anleger verlangen, solange sie keinen Gewinn erwirtschaftet. Gewinne und Verluste werden nicht täglich (wie bei Investmentfonds) sichtbar, sondern nur zur vereinbarten Endfälligkeit der Anlage bzw. zu bestimmten Terminen, ähnlich Zinsterminen bei Anleihen. Zwar können negative Ergebnisse entstehen, jedoch agieren islamische Banken bei diesen Konten sehr vorsichtig und investieren so, dass sich das Ergebnis gut vorhersagen lässt (z.B. in die Finanzierung von Wohnungen). Bei Mudaraba-muqayyada-Konten sind der Bank Grenzen auferlegt, innerhalb derer sie investieren darf, z.B. hinsichtlich Geschäftsfeldern oder Anlagedauer. Bei Mudaraba muthalaqa sind diese Restriktionen nicht gegeben. Quard Hassan: Qard-Hassan-Einlagen erlauben der Bank, mit dem angelegten Geld zu wirtschaften, jedoch erhält der Kunde keinerlei Gewinnbeteiligung. Dieser Anlagetyp ist nur wenig populär und wird auch kaum angeboten. Er kann Basis für ein Girokonto sein, wobei die Bank durch die erwirtschafteten Gewinne die Bearbeitungskosten für das Girokonto kompensiert. 73 Kreditkarten: Kreditkarten entsprechen nicht islamischen Wirtschaftsprinzipien, weil sie dazu verleiten, sich unmäßig zu Wucherpreisen zu verschulden. Ungeachtet dessen sind Kreditkarten erlaubt, sofern einige Rahmenbedingungen beachtet werden: Cash advance ist verboten, da dies einem Kredit entspricht. Zinszahlungen, egal ob auf Guthaben oder noch nicht oder zu spät bezahlte Kreditkartenrechnungen, sind verboten. Der Kreditkarteninhaber darf die Karte nur für erlaubte (halal) Ausgaben verwenden, z.B. darf ein Möbelstück bezahlt werden, nicht jedoch Alkohol. Debit-Karten, d.h. Bezahlkarten auf Guthabenbasis, gehen dagegen konform mit den Ideen des islamischen Bankenwesens. 74 VII. Islamisches Brauchtum: 1. Islamischer Kalender und islamische Feiertage Der islamische Kalender ist ein zwölfmonatiger reiner Mondkalender, daher je nach Mondphase 10 oder 11 Tage kürzer als der gregorianische Sonnenkalender. So wandert er im Zeitraum von 32,5 Jahren einmal rückwärts vollständig durch den gregorianischen Kalender. Der einzelne Monat hat je nach den Mondphasen 29 oder 30 Tage. Schaltjahre werden nicht angewandt, da jede Korrektur unmittelbar mit der neuen Sichtung des Neumondes erfolgt. Die islamischen Monate heißen: 1. Muharram 2. Safar 3. Rabi-ul-Awwal 4. Rabi-ul-Achir 5. Dschumada al-Ula 6. Dschumada al-Uchra 7. Radschab 8. Scha'ban 9. Ramadan 10. Schawwal 11. Dhu-l-Qa'da 12. Dhu-l-Hiddscha Die Wochentage werden beginnend mit Sonntag und mit Samstag endend gezählt. Der Freitag ist also zwar der wöchentliche Feiertag, aber nicht der letzte Wochentag im islamischen Kalender. Sonntag: yaum al-ahad Montag: yaum al-ithnayna Dienstag: yaum ath-thalatha Mittwoch: yaum al-arba`a Donnerstag: yaum al-hamis Freitag: yaum al-dschum`a Samstag: yaum as-sabt Kommen wir nun zu den islamischen Feiertagen: Ramadan: 75 Der Monat Ramadan ist die islamische Fastenzeit, in der Muslime von Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang keine Speisen und Getränke zu sich nehmen. Das Fasten im Ramadan gilt als eine der Fünf Säulen des Islam. Schwangere und Kranke, sowie Kinder, Reisende und Soldaten sind von der Fastenpflicht ausgenommen. Das Fasten wird nach Sonnenuntergang traditionell mit dem Essen einer, drei oder fünf Datteln und einem Glas Wasser gebrochen, danach wird das rituelle Gemeinschaftsgebet verrichtet und gemeinschaftlich gegessen. Lailat al-Qadr Die Nacht der Bestimmung fällt in einen der letzten zehn ungeraden Tage des Monats Ramadan und hat eine besondere Bedeutung in der islamischen Fastenzeit. Fastenbrechen Das ʿĪd al-fitr oder „Fest des Fastenbrechens“ ist ein Fest, das am Ende des Fastenmonats Ramadan begangen wird. Das Fest beginnt mit dem Sonnenuntergang des letzten Fastentags. Am frühen Morgen des nächsten Tages (der erste Tag des Monats Schauwal) versammeln sich die Muslime zum rituellen Festgebet. Speisen und nichtalkoholische Getränke werden in den Moscheen und in den Häusern gereicht. Kinder bekommen Süßigkeiten, weshalb das Fest auch „Zuckerfest“ genannt wird. Das Fest dauert bis zu drei Tage. Opferfest Das ʿĪd al-Adhā ist das höchste islamische Fest und wird etwa 70 Tage nach dem ʿĪd al-fitr begangen. Es wird in Erinnerung an den Propheten Abraham gefeiert, als er versuchte seinen Sohn Isaak zu opfern als Beweis seiner Loyalität zu Allah. Muslime opfern wie Abraham ein Tier, um Gott für die Rettung des Lebens von Ismail zu danken. Das Fleisch des geschlachteten Tieres wird in drei gleichen Teilen an den Opfernden, an seine armen Verwandten und an Bedürftige ohne Ansehen ihrer Religion, Rasse oder Nationalität verteilt. Wie beim Īd al-fitr treffen sich die Muslime am Morgen des ersten Tages zum rituellen Festgebet. Das Fest dauert vier Tage. Aschura ʿĀschūrāʾ wird der zehnte Tag des islamischen Monats Muharram genannt. Der Tag hat in den islamischen Richtungen unterschiedliche Bedeutung. Die Schiiten gedenken während Aschura öffentlich der Schlacht von Kerbela im Jahr 680 im heutigen Irak. Für die Aleviten ist Aschura kein Gedenktag wie bei den Schiiten, sondern ein Feiertag, der nach 12-tägigem Fasten (also am dreizehnten Tag) begangen wird. Für die Sunniten ist Aschura ein Fastentag – hier ist das Fasten allerdings freiwillig. Dieser Tag steht im direkten Zusammenhang mit der Errettung Moses durch Gott während seiner Flucht aus Ägypten. Somit ist Aschura ein Tag der Freude und Dankbarkeit. Geburtstag des Propheten Mawlid an-Nabi ist ein Ehrentag anlässlich der Geburt Mohammeds, dem Gründer und Propheten des Islam. Mawlid an-Nabi wird am 12. Tag des Monats Rabi' al-auwal gefeiert. Der Tag wird oft als Lichterfest begangen bei dem viele Moscheen erleuchtet sind. Es finden Zusammenkünfte statt, an denen Geschichten und Legenden aus dem Leben des Propheten erzählt werden. Einige Muslime lehnen diese Feier als unzulässige Neuerung und als verbotene Vergötterung Mohammeds ab. Nachtreise des Propheten 76 In der Nachtreise Sure 17, soll Mohammed nach islamischer Überlieferung vom Erzengel Gabriel zur „Entfernten Moschee“ und in den Himmel geführt worden sein. Dieses Ereignisses wird von vielen Muslimen am 27. des Monats Radschab gedacht. 2. Essen und Trinken für Muslime 1. Beginn des Essens: Zu Beginn des Essens sollte Aussprache: Bismillah. der Namen Allahs erwähnt werden. Wichtig ist hier die 2. Benehmen beim Essen: Die beste Art und Weise, wie man Speisen zu sich nimmt, besteht darin, die Finger der rechten Hand zu gebrauchen. Auch isst ein Moslem von der Stelle des Tellers, die einem am nächsten ist, nicht jedoch von der Mitte des Tellers. Der Segen des Essens kommt nämlich in die Mitte herab, weshalb wir diesen Bereich zuletzt essen sollten. 3. Das Benehmen beim Sitzen: Der Prophet aß nie zurückgelehnt. Wenn man auf diese Weise isst, zeigt man sich hochmütig. 4. Kritisiere das Essen nicht: Abû Huraira überlieferte, dass der Prophet nie irgendwelche Mängel an der Speise sah. Möchte er sie, aß er, möchte er sie nicht, ließ er das Essen stehen. Man soll Allâh gegenüber für alles dankbar sein, mit dem er uns versorgte und uns nicht über den Geschmack beklagen. Es sollte uns auch vor Augen gehalten werden, dass es viele Menschen gibt, die nicht wissen, woher die nächste Mahlzeit kommen soll. 5. Isst nicht zu viel: Der Prophet lehrte uns, dass wir alles gemäßigt tun sollen, sogar das Essen. Daher sollten wir nicht solange essen, bis wir völlig satt sind. Vielmehr sollten wir nur so viel zu uns nehmen, bis unser Hunger gestillt ist, ohne uns gänzlich zu sättigen. 6. Nach dem Essen: Haben wir das Essen beendet, sollten wir stets Allâhs gedenken und Ihm gegenüber dankbar sein, denn Er ist der Versorger und Unterhalter. 7. Die Trinkregeln: Wasser sollte in drei Zügen getrunken werden, und zwar derart, dass man außerhalb des Trinkgefäßes drei Mal ausatmet. Diese Gewohnheit hat einen heilsamen Einfluss auf jemandes Charakter und sie hilft dabei, in unseren Handlungen Eile zu vermeiden. Der Prophet verbat, in das Trinkgefäß auszuatmen. Kommen wir nun zu den dezidierten Speisevorschriften: Das Erlaubt sein der Dinge: Das Erlaubt sein der Dinge ist ein weiterer Grundsatz, der seine Gültigkeit im Rahmen der Speisevorschriften hat, aber insbesondere hier zur Geltung kommt. Demnach sind alle Speisen und Getränke grundsätzlich erlaubt, sofern dafür kein Verbot ausgesprochen wurde. Belegt wird dieser Grundsatz vor allem durch folgende Verse: 77 “Er ist es, der alles, was auf der Erde ist, für euch geschaffen hat.” (Sure 2, Vers 29) “O ihr Menschen, esst von dem, was es auf der Erde an Erlaubtem und Gutem gibt.” (Sure 2, Vers 168) Infolge dieser Verse ist der Rahmen für das Verbotene sehr eng. Solange es nicht ausdrücklich verboten ist, ist quasi alles erlaubt. Bezüglich der Speisevorschriften wird sogar explizit vor dem Verbot von erlaubten Speisen gewarnt: Verbot des Schädlichen: Während die Spannweite des Erlaubten sehr weit ist, so gibt es neben einzelnen Verboten ein generelles Verbot und zwar des Unreinen und Schädlichen. Das Verbot des für den Körper Schädlichen beruht hauptsächlich auf folgenden zwei Versen: 1. Tötet euch nicht (Sure 4, Vers 29) 2. Stürzt euch nicht mit eigenen Händen ins Verderben (Sure 2, Vers 195) Somit ist grundsätzlich jede Speise, jedes Getränk, das aus medizinischer Sicht mit Gewissheit schädlich für Körper und Geist ist, von vornherein verboten. Erlaubte und verbotene Speisen: Bei den Speisen ist erst einmal zwischen pflanzlichen und tierischen Speisen unterscheiden: zu Pflanzliche Speisen: Alle pflanzlichen Speisen sind grundsätzlich halal, d.h. erlaubt, solange sie keine schädliche oder den Geist benebelnde Funktion haben. Pflanzen die mit Exkrementen in Berührung gekommen sind, können auch nicht gegessen werden. In den klassischen Werken wird dieses Verbot jedoch nicht nur auf Exkremente beschränkt. An sich erlaubte Speisen durch Vermischung mit unhygienischem ihren erlaubten Charakter verlieren. Speisen die den Geist benebeln und eine berauschende Wirkung haben, sind verboten: O ihr, die ihr glaubt! Berauschendes, Glücksspiel, Opfersteine und Lospfeile sind ein Greuel, das Werk Satans. So meidet sie, auf dass ihr erfolgreich seid. (Sure 5, Vers 90) Tierische Speisen: Bei den tierischen Speisen wird wiederum zwischen Wassertieren und Landtieren unterschieden: Wassertiere: Von den Wassertieren ist der Verzehr aller Fische erlaubt. Nach den Hanafiten gehören jedoch tote und auf der Oberfläche treibende Tiere nicht in den Rahmen der erlaubten Speisen. Die anderen Rechtsschulen kennen solch eine Einschränkung nicht. Sie stützen ihren Standpunkt auf folgende Verse: Und Er ist es, Der euch das Meer dienstbar machte, damit ihr frisches Fleisch daraus esst und Schmuck daraus hervorholt, um ihn anzulegen. (Sure 16, Vers 14) Erlaubt ist euch, den Fisch im Meer zu fangen und zu essen, als eine Versorgung für euch und für die Reisenden. (Sure 5, Vers 96) 78 Landtiere: Von den Landtieren (inklusive Vögel) sind folgende Tiere oder Teile von ihnen ohne Zweifel verboten: Schweinefleisch Blut Erlaubte Tierarten, die nicht geschächtet wurden Tiere die im Namen eines anderen als Allah geschlachtet wurden Erwürgte oder durch andere Tiere gerissene Tiere Durch irgendeinen anderen Tod als durch Schächten oder der Jagd getötete Tiere Durch andere Tiere gerissene Tiere dürften dennoch gegessen werden, wenn sie vor ihrem Tod noch rechtzeitig geschächtet wurden (dies ist heutzutage eher als theoretisch anzusehen). In allen Rechtsschulen, außer der malikitischen, sind Raubtiere und Fleisch fressende Tiere wie Raubkatzen, aber auch Raubvögel, haram. Die Malikiten sehen den Verzehr von Raubtieren wie den Raubkatzen zwar als verpönt (mekruh) an, gegen den Verzehr von Raubvögeln haben sie jedoch nichts einzuwenden. Der Verzehr von Hunden (nach Malikiten nur makruh) und von Nutztieren wie Pferden und Eseln ist nach allen Rechtsschulen verboten. Nach den drei Rechtsschulen ist der Verzehr von Tieren wie Skorpionen, Schlangen, Mäusen oder Bienen nicht erlaubt. Die malikitische Rechtsschule sieht diese jedoch als mubah (erlaubt) an. Das Essen von Nutztieren wie Kamelen, Rindern und Schafen ist ohne Zweifel erlaubt. Auch Geflügel wie Enten, Hühner, Gänse, Puten und andere, die sich nicht von anderen Tieren ernähren, gehören dazu. Eine Sorte von Tieren, über dessen Verzehr es jedoch verschiedene Meinungen gibt, sind solche, die als Dschellale bezeichnet. Dschellale sind Tiere, die sich hauptsächlich von Exkremente ernähren. Heutzutage würden unter diese Definition wohl auch Tiere fallen, denen Kraftfutter aus Schlachtabfällen zum fressen gegeben wird. 3. Der Tod Die Gläubigen, die das Sterbe- und Totenlager eines Muslim oder einer Muslima umstehen, beten unentwegt in arabischer Sprache das Glaubensbekenntnis des Islam und die Sure 36. Unaufhörlich wird dem Sterbenden, selbst dem Verstorbenen noch, die Shahada mit sanfter, hörbarer Stimme als eine heilvolle Wegzehrung in das Ohr geraunt. Der Prophet soll diese Sure selbst das Herz des Korans genannt haben. Für den frommen Muslim stellt der Tod nicht nur das natürliche Ende, sondern auch bereits den Höhepunkt des Lebens dar. Der sterbende Muslim ist ja im Begriff zu Allah zurückzukehren, um vor seinem Angesicht auch über sein Leben Rechenschaft über seinen Glauben abzulegen. Unmittelbar nach dem Eintreten des Todes werden dem Toten die Augen geschlossen. Bis auf einen Mann bei einem Verstorbenen oder bis auf eine Frau bei einer Verstorbenen verlassen die Anwesenden das Sterbezimmer, um allen Verwandten, Freunden, Nachbarn und Bekannten unverzüglich den Tod mündlich oder schriftlich bekannt zu geben. Die zurückbleibende Person legt den Leichnam auf den Rücken und streckt die Arme und Beine. Das Gesicht des Verstorbenen muss in Richtung Mekka weisen. Auch die Füße sind der heiligen Stadt so zugewandt, als wollte er sich gerade in der Richtung zum Gebet aufsetzen. 79 Diese Gebetshaltung ist später auch für die Grablage wichtig. Der tote Muslim wird offenbar als Betender vor Allah verstanden. Die rituelle Reinigung ist ein verpflichtender Ritus bei allen Muslimen, der im Sterbezimmer oder in einem dafür vorgesehen Raum in der Moschee geschieht. Bei Frauen soll es eine Frau, bei Männern ein Mann sein. Die übliche Reihenfolge ist wie folgt: 1. die vom Verstorbenen gewünschte Person 2. danach die Eltern 3. danach die Großeltern Den Ehepartnern ist es gestattet den Partner zu waschen. Die Reihenfolge der Waschung folgt einem festen Ablauf, danach wird der Tote in Leintücher gehüllt: beim Mann in drei, bei einer Frau in fünf, bei einem Kind in ein. Die mehrfache rituelle Reinigung des Leichnams erfolgt wie vor dem täglichen Pflichtgebet: Zunächst werden die Hände des Toten bis zum Handgelenk gewaschen, der Mund ausgespült, die Nasenlöcher gereinigt, das Gesicht gewaschen, daraufhin weiter die Hände bis zu den Ellbogen und der Kopf von den Haaren bis zum Hals, weiterhin der ganze Körper mit der rechten Seite beginnend gewaschen. Der Schambereich wird von dem Bauchnabel bis zu den Knien mit einem Tuch bedeckt und unterhalb des Tuches gewaschen. Das geschieht mehrmals mit frischem Wasser ohne Seife. Nach der zweiten Waschung kann dem neuen Wasser Moschus, Kampfer oder Rosenwasser beigefügt werden, so dass der ganze Leib gut riecht. Die Tücher und Handtücher sind nur für einen Toten vorgesehen. Das Waschen sowie die rituelle Reinigung des Leibes haben in ungerader Anzahl der Häufigkeit zu geschehen. Der Tote soll flecken- und makellos vor Allahs Angesicht hintreten können. Eine alte Vorschrift weist auf den geschichtlichen Ursprung des Glaubens hin. Gibt es für den Gläubigen, der bei den Vorbereitungen zu seinem Pflichtgebet - etwa in der Wüste- kein Wasser, so nimmt er stattdessen den Sand. Dieses gilt auch für die rituelle Reinigung des Verstorbenen. Die Salbung des Toten kann mit Kampferöl an sieben ausgewählten Stellen des Leibes geschehen, die bei der fünfmaligen Übung des täglichen Pflichtgebets immer den Boden berühren: an der Stirn, an den beiden Handflächen, an den beiden Knien, an den beiden großen Zehen. Schiiten nehmen noch die Nase dazu. Sunniten dagegen salben den ganzen Körper des Toten. Dann wird der Tote in sein Totengewand gekleidet, wenn es bereits vorbereitet im Schrank liegt. Oder er wird unbekleidet in ein weißes baumwollenes Tuch gehüllt, das über dem Kopf und unterhalb der Füße mit gleichfarbigen Stoffstreifen zusammengebunden wird. Das Leichentuch darf weder aus Seide bestehen noch Goldstickerei aufweisen. Von dem Toten sind nur noch die Körperumrisse unter dem Tuch zu erkennen. Im Tode vor Allah sind alle gleich. Das Totengewand selbst besteht aus einer Kopfbedeckung, die den Kopf bis zum Hals völlig verhüllt, aus einer hemdartigen Oberbekleidung und einem shortartigen Unterteil bzw. bei einer Frau aus einer röhrenförmigen Hose (Pantalon). Hat der Muslim an einer Pilgerreise nach Mekka teilgenommen, wird ihm sein Wallfahrtsgewand angelegt. Märtyrer, die im Kampf gegen Ungläubige als Verfolgte des Glaubens getötet worden sind, sind durch das eigene Blut gereinigt. Sie werden grundsätzlich in den Kleidern, die sie im Augenblick ihres Todes trugen, begraben. Das Totengebet kann zu jeder Zeit, nur nicht beim Aufgang oder beim Untergang der Sonne gesprochen werden. Dieses geschieht nach der abgeschlossenen Herrichtung des Verstorbenen für Allah. Für die Schiiten ist dazu der Erbberechtigte oder ein von ihm Beauftragter verpflichtet. Nach der sunnitischen Tradition kann dieses von der verstorbenen Person schon zu Lebzeiten bestimmt worden sein. Wer das Totengebet verrichtet, steht an 80 der rechten Seite am Kopfende der Bahre und gibt zunächst seine Absicht bekannt. Die verschiedenen Glaubensrichtungen des Islam kennen unterschiedliche Wortlaute. Die Männer des Trauergefolges stellen sich in Richtung Mekka auf und vollziehen diese Gebete gegenüber dem fünfmaligen täglichen Pflichtgebet stehend mit. Der Tote auf der Bahre in seinem Leichentuch kann noch mit einem feinen Teppich bedeckt werden. Die Bahre wird auf den Schultern oder bloß mit den Händen in der Kniehöhe getragen. Es ist im Islam für den Mann Pflicht, sich dem Leichenzug anzuschließen und den Toten sogar ein paar Schritte mitzutragen. Der Leichenzug mit dem Imam geht voran, ihm folgt der Tote. Fortwährend wird die Shahada laut wiederholt. Heute wird bei den weiten Entfernungen zwischen den Wohnungen und den Friedhöfen die Bahre auf ein dafür bestimmtes Auto gesetzt. Die Teilnehmer folgen dann. Der Tote soll innerhalb eines Tages begraben werden. Heute werden dafür meistens hygienische Gründe genannt. Der Sinn für diese Eile liegt darin, dass der Todesengel die Seele nach dem Tode zum Himmel geleitet, damit sie dort eine Art Zwischengericht erfahren und anschließend wieder zum Körper ins Grab zurückzukehren kann. Tritt der Tod am Abend oder in der Nacht ein, soll das Begräbnis am kommenden Morgen erfolgen. In muslimischen Ländern wird der Verstorbene nach dem Anlegen des Totengewandes sogar in die Moschee gebracht oder vor der Moschee aufgebahrt. In den Moschusduft oder in den von Kampfer oder Rosenöl mischt sich der Weihrauch durch das Abbrennen von Räucherstäbchen. Mitunter wird über den Toten noch eine kostbare Decke gelegt, die allerdings nicht ins Grab gegeben wird. Dann spricht der Imam, der islamische Geistliche, viermal aus der Sure 17, den Vers 111. Das ist der Beginn des täglichen Pflichtgebetes. Die üblichen Verbeugungen unterbleiben, die Anwesenden bleiben stehen. Diese Sure erinnert an die Nachtreise Mohammeds von der Kaaba nach Jerusalem, an seine Himmelsreise. Die Rezitation wird durch das persönliche Gebet „O Gott vergib ihm, sei ihm gnädig bzw. O Gott vergib ihr und sei ihr gnädig“ unterbrochen. Nach einem kurzen Trauergottesdienst begleitet der Imam die vier Männer, die den Verstorbenen auf einer Bahre gewöhnlich mit der Schulter tragen und diejenigen, die ihm das Geleit geben, zum Grab. Wird eine Frau zu Grabe getragen, nehmen an ihrem Begräbnis nur Männer teil. Eine öffentliche Totenklage der Frauen ist nach der Sharia, dem islamischen Recht, nicht zulässig. Durch den Verzicht auf einen ausgeprägten Totenkult sind die islamischen Friedhöfe ausgesprochen schlicht. Sie liegen oft außerhalb der bewohnten Orte im sonst nicht nutzbaren Ödland. Dadurch, dass die Reihengräber oft sechs Wochen nach der Beisetzung des Toten nicht mehr besucht werden, bleiben die Gräber unbepflanzt. Oft wirken die Gräber direkt ungepflegt. Der Tod hat alle Bande zwischen den Eheleuten zerrissen. Männer und Frauen können durchaus nebeneinander liegen. Für Kinder sind kleinere Reihengräber vorgesehen. Für die Schiiten darf sich das Grab nicht höher als der umgebende Erdboden erheben. Die Sunniten behaupten die Grabwölbung, um sich von den Gräbern der Ungläubigen zu unterscheiden. Für sie darf das Grab sogar mit einem Marmorstein, auf dem der Namen des Toten, sein Todestag und ein Koranvers stehen, geschmückt sein Am Grab angekommen wird der Toten von den Männern die Bahre abgestellt und ins Grab gehoben und dort rechtsseitig in der Gebetsrichtung nach Mekka niedergelegt. Derjenige, der in das Grab hinabsteigt, um den Verstorbenen zu betten, muss barfüßig und barhäuptig sein. Er muss seine Kleider aufknöpfen und hat zu sprechen: "Im Namen Allahs. Nach der Religion des Propheten Allahs, Gott, sein Grab möge ihm weit sein. Gib, dass dieser Tote mit seinem Propheten vereinigt wird, Gott, wenn er ein Wohltäter war, vermehre seine Wohltätigkeit; wenn er schlecht gehandelt hat, vergib ihm, hab Erbarmen mit ihm und lass ihm seine Sünden nach." Das Grab ist etwa eineinhalb Meter tief mit einer Nische am Kopfende versehen. Es kann Brauch sein, dem Toten die Bänder über dem Kopf zu lösen und ihm noch einmal die Schahada ins Ohr zu raunen. Zur Überführung wird er auch gebraucht, doch nicht für die 81 Beerdigung. Das nur kurze Grabzeremoniell besteht aus unablässigen Koranrezitationen: 41mal wird die 112. Sure gesprochen: "Er ist Allah, ein Einziger, der ewige Gott, er zeugt nicht und wird nicht gezeugt, und keiner ist ihm gleich." Der Imam steht während der Trauerfeier bei einem Mann am Kopfende, bei einer Frau am Fußende des Leichnams. Es werden die Shahada, die Sure 1 und ein Friedensgruß gesprochen. Über den ins Grab gelegten werden mitunter auch ungebrannte Tonplatten gelegt, die Lücken dazwischen verschlossen. Dabei wird im Grab eine Nische an der auf Mekka gerichteten Seite angelegt. Während die Trauernden die Erde in das Grab werfen, sprechen sie die Sure 20,57: "Aus ihr (Erde) haben wir euch erschaffen und in sie lassen wir euch zurückkehren und aus ihr lassen wir euch erstehen ein andermal." Über dem zugeschütteten Grab markieren später nur ein Stein das Kopfende und Fußende auf der Erdanhäufung die Lage des Toten. 82 IX. Geschichte des Islam: Vergegenwärtigen wir uns erst einmal, wie die arabische Halbinsel und die angrenzenden Gebieten zu Beginn des Wirkens des Propheten aus religiöser Sicht und aus Großmachtsicht aufgestellt war: Die beiden Mächte „Byzantisches Reich“ und „Sassaniden-Reich“ lagen seit Jahrhunderten im ewigen Widerstreit und keiner der beiden Mächte konnte einen entscheidenden Sieg über den anderen erringen. Die arabische Halbinsel konnte sich den beiden Reichen weitgehend entziehen. Dabei fällt aus religiöser Sicht auf, dass christliche Glaubensgemeinschaften sowie jüdische Stämme durchaus einen nicht unbedeutenden Platz auf der arabischen Halbinsel hatten. Nach Mohammed und der kurzen Regierungszeit Abu Bakr´s sollte dies anders sein. Die Ära der rechtgeleiteten Kalifen: Nachfolger Mohammed´s – der im Übrigen keinen Nachfolger bestimmt hatte – wurde Abu Bakr. Er wird auch als erster der vier rechtgeleiteten Kalifen bezeichnet. Obgleich seine Regierungszeit von 632 – 634 nur sehr kurz war, war zum Ende seiner Regierungszeit die gesamte arabische Halbinsel unter islamischen Einfluss. Die nächsten drei Kalifen: - Umar ibn al-Chattab (634 – 644) Utman ibn Affam (644 – 656) Ali ibn Abi Talib (656 – 661) schafften es dann in dem historisch gesehen wirklich sehr kleinen Zeitraum von 634 bis 661, d.h. in 27 Jahren, den Einfluss gewaltig zu erweitern. Das Großreich der Sassaniden wurde innerhalb dieser kurzen Zeit vollständig integriert und Teile Nordafrikas inklusive der wichtigsten Bereiche Ägyptens wurden ebenfalls assimiliert. Man mag sich natürlich fragen, worin dieser schnelle Erfolg begründet war. Eine nicht unerhebliche Ursache mag sicherlich darin liegen, dass man bereits im Jahr 637 auf dem Reichstag von Dschabiya eine Verfassung verabschiedete. Von großer Relevanz ist aber auch die Tatsache, dass man mit den einheimischen Eliten der eroberten Gebiete kooperierte und diese Gebiete nicht einfach okkupierte. Hierbei fallen selbstverständlich die Parallelen zur Erfolgsgeschichte des „Römischen Reiches“ auf, das ebenfalls nach diesem Schema schnell und nachhaltig ein Weltreich aufbaute. Interessanter Weise könnte man hier ausführen: „Erfolgreiche Geschichte wiederholt sich“. Es herrschte jedoch nicht immer nur Freundschaft und Einigkeit und es ging schnell um die Machtfrage. Die Ernennung von Ali, der im Übrigen Schwiegersohn des Propheten war, führte vor allem bei der Aristokratie der Heiligen Städte, der Sippe der Umayyaden aber auch Mohammed´s Frau Aischa zu vielfältigen Vorbehalten. Zu einem Problem sollte für Ali dann Muawija, der Gouverneur von Syrien, werden, der sich 660 zum Gegenkalifen ausrief und Ägypten unter seine Kontrolle brachte. Durch die Ermordung Ali´s im Jahr 661 vor der Moschee in Kufa endete das Zeitalter der vier rechtgeleiteten Kalifen und die Spaltung der Muslime in Sunniten und Schiiten war besiegelt. 83 Die Umayyaden: Mit Kalif Muawija begann die Herrschaft der Umayyaden. Er verlegte die Hauptstadt des Reiches von Medina nach Damaskus, d.h. eine auch von vielen Christen bewohnte Stadt. Ab diesem Zeitpunkt verlagerte sich das Zentrum der Macht immer stärker von der arabischen Halbinsel zuerst in den irakisch-syrischen und hiernach in den ägyptischen Raum. Gelangen Muawija noch einige wichtige Eroberungen, so traten nach seinem Tod erst einmal (wieder) innenpolitische Probleme in den Mittelpunkt, da es zu einem Machtkampf zwischen Ali´s Sohn Hussein und Muawija´s Sohn Yazid kam, bei der Hussein und seine Getreuen 680 in der Schlacht von Kerbala im heutigen Irak unterlagen und Hussein auch starb. Als nächstes kam es zu einem Aufstand der Mekkaner, bei dessen Bekämpfung sogar die Kaaba in Brand geriet. Ein Gegenkalifat wurde ausgerufen und erst 691 kam es zu einer Wiedervereinigung. Die Umayyaden lernten hieraus, etablierten El Quds (=Jerusalem) zum einem immer bedeutenderen religiösen Zentrum und an die Stelle diverser jüdischer Tempel wurde von 687 bis 691 die Umar-Moschee [der Welt heute eher als „Felsendom“ bekannt] errichtet. Diese Wiedervereinigung fiel in die Herrschaftszeit von Kalif Abd al Malik (685-705), der das Reich tiefgreifend reformierte. Der Verwaltungsapparat wurde arabisiert und christliche sowie persische Beamte mussten weichen. Arabisch wurde alleinige Verwaltungssprache und das Währungssystem wurde vereinheitlicht. Aus heutiger Sicht seltsam mutet vielleicht auch an, dass Kalif Abd al Malik ein regelrechtes Übertrittsverbot zum Islam aussprach, da durch dieses Verbot dringend benötige Finanzmitteln in den Staatshaushalt flossen. 711 und 732 wurden dann wichtige Jahre für den Islam. 711 überquerten die muslimischen Heere die Meeresenge zwischen Spanien und Marokko durch einen Feldherrn namens Tarik. Dieser Name ist bis heute allen bekannt, denn die Felsstelle, an der Tarik und sein Heer in Südspanien in Europa Fuß fassten, wurde als Gibraltar [Deschebel al Tarik = Fels von Tarik bekannt]. Innerhalb kürzester Zeit wurde die gesamte iberische Halbinsel erobert, die Pyrenäen überquert und es fand 732 bei Paris eine Entscheidungsschlacht [Schlacht bei Poitiers] mit dem Frankenreich statt. Hätten die Vorfahren des späteren Kaisers Karl der Große (786 – 814) unter dem fränkischen Hausmeier Karl Matell diese Schlacht nicht gewonnen, wären heute wahrscheinlich viele wichtige Länder Europas und Kernländer des europäischen Christentums wie Spanien oder Frankreich muslimisch geprägt. Ab 747 besiegelte ein Aufstand unter der Leitung von Abu Muslim das Ende der Umayyaden. 749 ließ Abu Muslim dann Abu’l Abbas, den Herrn der Abassiden Sippe zum Kalifen ausrufen und der Stamm der Umayyaden wurde in einem Blutbad bis auf den Umayyaden – Prinzen Abd al Rahman I. vollständig ausgelöscht. Die Nachfolger Abd al Rahman´s konnten sich im Emirat von Cordoba bis 1031 halten. Die Abasiden: Durch den Wechsel von den Umayyaden zu den Abbasiden vollzog sich aber auch ein sehr wichtiger struktureller Wandel. Während die Umayyaden eher eine rein arabische Stammesund Militärakademie gegründet hatten und letztlich an dieser Reduktion scheiterten, stützte sich die Staatsphilosophie der Abbasiden auf die verschiedensten Ethnien aller muslimisch gewordenen Völker. Innenpolitisch kam es aber gleichwohl zu vielen strukturellen Problemen: - Verselbständigung der Peripherie: Die Gebiete in der Peripherie verselbständigten sich immer mehr. So waren die die iberische Halbinsel beherrschenden Umayyaden zwar dem Kalifat unterstellt, legten sich aber zum Beispiel den Titel Emir zu und verselbständigten sich zusehends. 84 - - - Änderung des Regierungsstils: Mit der Verlagerung der Hauptstadt von Damaskus in die Nähe von Bagdad erfolgte auch ein Wechsel des Regierungsstils von den von den Umayyaden praktizierten Ratsund Stammesversammlungen zu den von den Abbasiden praktizierten Absolutismus. Zusammenbruch des Steuersystems: Im Zeitalter der Abbasiden kam es zu einer Konzentration des Landbesitzes in die Hände weniger Grundbesitzer mit der Folge, dass immer weniger Steuern gezahlt wurden und immer mehr Sklaven eingesetzt wurden. Struktur der Armee: In der Armee gab es immer mehr freigekaufte Sklaven, die so genannten Mameluken. Diesen zumeist turkestanischen Söldnern vertrauten die abassidischen Kalifen mehr als den traditionellen arabischen und persischen Stammes- und Adelsaufgeboten, was sich später noch als fataler Fehler herausstellen sollte. Bei all diesen Problemen darf jedoch niemals vergessen werden, dass gerade Kalif Harun alRaschid (786 – 809) und sein Sohn Kalif Al-Mamum Philosophie und Naturwissenschaft dergestalt förderten, dass die für die Menschheitsgeschichte so wichtigen griechischen Werke durch die Übersetzung ins Arabische für die Menschheit gerettet wurden. Islamische Mathematiker und Astronomen erschlossen den Europäern die Lehren und Erkenntnisse der indischen Wissenschaft und die Mathematik wurde mit den „arabischen Zahlen“ und der Einführung der Zahl 0 revolutioniert. Kennzeichnend für das Kalifikat der Abbasiden von 749 bis 1258 war jedoch, dass die Zentralmacht immer schwächer wurde und die Peripheriebereiche immer autarker wurden durch: - die arabischen Aghlabiden 800 – 909 in Tunesien und Tripolitanien die türkischen Tuluniden 868 – 906 und hiernach die Ichschididen im ägyptischen Niltal die persischen Tahiriden 821 – 873 und Samaniden in Nordostpersien und Transoxanien Zumindest bis Ende des 10. Jahrhunderts blieben die Grenzen des Reiches stabil, obgleich es zu mehreren Kriegen mit Byzanz kam. Hiernach wurde es dann zum Teil mehr als unübersichtlich, da die Zersplitterung immer stärker wurde: Die Fatimiden: Die Kalifen aus der Dynastien der Fatimiden (nach Mohammeds Tochter Fatima) gehörten zum konfessionellen Zweig der Ismailiten und standen in Konkurrenz zu den Abbasiden. Sie setzten sich 909 gegen die Aghlabiden in Ifriqiya durch und eroberten 969 Ägypten von den Ichschididen. 973 wurde Kairo die neue Hauptstadt des Fatimidenreichs; hier gründeten sie die al-Azhar-Universität. Der erste Fatimiden-Herrscher in Ägyptens war al-Muizz (953–975); unter ihm und seinem Sohn Al-Aziz (975–996) erlebte das Land eine Blüte. Al-Hakim (996–1021) ging zeitweise gegen Christen und Juden vor, was zu inneren Unruhen führte; die neu entstandene Glaubensrichtung der Drusen verehrte ihn als Inkarnation Gottes. Unter al-Mustansir (1036– 1094) rangen die Seldschuken den Fatimiden 1076 Syrien und Palästina ab. Nach Al-Mustalis (1095–1101) Tod spalteten sich die Ismailiten aufgrund der Nachfolgefrage; es entstanden schließlich die Assassinen. Schon Anfang des 11. Jahrhunderts spalteten sich in Ifriqiya die Ziriden ab, die zum sunnitischen Islam zurückkehrten und den abbasidischen Kalifen in Bagdad anerkannten. Die Fatimiden setzten gegen sie die Beduinen der Banu Hilal und Sulaim ein, die den Maghreb 85 verwüsteten. Die Ziriden konnten sich nur noch an der Küste halten (bis 1152). 1171 schließlich stürzte der große kurdische Feldherr Saladin die Fatimidenherrschaft. Almoraviden und Almohaden: Die Almoraviden vertraten einen puristischen orthodoxen Islam und lösten die Ziriden endgültig in Nordafrika ab. 1086 greifen sie in Spanien ein und helfen mit, die islamische Herrschaft dort zu sichern. Doch bald wurden sie bedeutungslos und 1147 von den noch orthodoxeren Almohaden abgelöst, die sich in Spanien bis 1235 und im Maghreb bis 1269 halten konnten. Ayyubiden: Die Ayyubiden waren eine islamisch-kurdische Dynastie, welche unter Saladin gegen die christlichen Kreuzfahrer kämpfte. Die Ayyubiden beherrschten Ägypten bis ca. 1250. Sie konnten Tripolis (1172), Damaskus (1174), Aleppo (1183), Mosul (1185/86) und Jerusalem (1187) von den Kreuzrittern zurückerobern. Das Ende der Abbasiden wurde letztlich durch die Mongolen besiegelt. 1220 starb der Choresm-Schah Ala ad-Din Muhammad auf der Flucht vor den nichtmuslimischen Mongolen, gegen die er zuvor zu Felde gezogen war. Choresmien wurde dadurch mongolisch. Das Kalifat blieb vorläufig noch verschont. 1255–1258 eroberte Dschingis Khans Enkel Hülegü endgültig Persien. Dabei vernichtete er die Assassinen, während andere lokale Herrscher an der Macht blieben. Das Abbasiden-Kalifat endete im Februar 1258 mit der Eroberung Bagdads und der Hinrichtung des Kalifen Al-Mustasim. Die Osmanen: Die Türken, eine weit verzweigte zentralasiatische Nomadengemeinschaft, geriet in das Umfeld des Islam, als die Karluken (einer der zahlreichen türkischen Stämme) sich in der Schlacht von Talas 751 auf die siegreiche arabische Seite schlugen, wohingegen sie früher zumeist der chinesischen Herrschaft unterstanden. Die türkischen Völker drängten nunmehr immer mehr nach Westen und nahmen dabei auch den Islam als Religion an. Die erste welthistorische Relevanz erlangten die Turkvölker durch die Seldschuken. Die Seldschuken waren ein türkisches Herrschergeschlecht und stammten aus den Gebieten nördlich des Oxus in Transoxanien. Im Gegensatz zu den ismailitischen Herrschern in Ägypten oder der schiitischen Buyiden-Dynastie im Irak waren sie Sunniten. Um 1025 bis 1030 stießen sie in das Kalifenreich vor. 1055 eroberten sie die Hauptstadt Bagdad von den Buyiden, 1071 Jerusalem und 1076 Damaskus. In Kleinasien (heutige Türkei) etablierte sich 1097/98 das Sultanat der Rum-Seldschuken. 1194 wurde der letzte Seldschuken-Sultan in Persien von den sunnitischen Choresm-Schahs abgesetzt. Die vorrückenden Il-Khane sollten für die Türken dann zum historischen Glücksfall werden. Der Il-Khan Ghazan belieh den Clanchef Osman I. (1288 – 1326) mit der Mark Sögüt. Zielstrebig unterwarfen die Osmanen nun die umliegenden turkmenischen Herrschaftsgebiete (Bylik) und nutzen den Abwehrkampf des byzantinischen Reiches gegen Serben und Bulgaren, um ebenfalls in Richtung Südosteuropa zu expandieren. 1349 kam es durch die Hochzeit von Emir Orhan, des Sohn von Osman I. mit einer Tochter des byzantinischen Kaisers zu einer temporären Bündnispartnerschaft, die durch den unmenschlichen Tribut des Knabenzehnten an den osmanischen Hof traurige historische Bedeutung erlangte. Aus diesem Knabenzehnten wurde die Truppe der Janitscharen gebildet. 86 Nachdem das Byzantnische Reich immer schwächer wurde, machte sich Sultan Murad das Byzantinische Reich zum Vasallen, besiegte die Bulgaren und schlug auch die Serben in der für das serbische Nationalbewusstsein so wichtigen Schlacht auf dem Amselfeld im Jahr 1389. Der nächste Höhepunkt der osmanischen Expansion sollte das Jahr 1453 werden. Mehmed II. erstürmte nach 54 tägiger Belagerung am 29. Mai 1453 Konstantinopel (das heutige Istanbul) und besiegelte damit das Ende der tausendjährigen Geschichte des oströmischen byzantinischen Reiches. Mehmed II. eroberte bis 1460 die Peloponnes und den Rest Serbiens. 1470 kam Albanien, 1475 die Krim dazu. Sultan Selim setzte vor allem im Osten die Eroberungsfeldzüge fort. 1514 gelang ein Sieg gegen die Safawiden in Persien, 1516 gegen Syrien. Schließlich wurde 1516/17 das Mamelucken-Reich in Ägypten zerschlagen. Damit übernahm das Osmanische Reich das Protektorat über die heiligen Städte Mekka und Medina und der osmanische Sultan erhielt mit dem Titel Kalif die eindeutige Vormachtstellung im islamischen Kulturkreis. Sultan Süleyman I. (1520 – 1566) erweiterte das Reich der Osmanen um ein Vielfaches und begründete den Großmachtstatus. 1521 eroberte er innerhalb von nur 3 Wochen Belgrad. 1522 landete er mit seinen Truppen auf Rhodos und nahm die Festung im Dezember 1522 ein. Süleyman I. belagerte 1529 erstmals Wien, musste aber nach nur 19 Tagen aufgrund eines sehr frühen Wintereinbruchs die Belagerung abbrechen. Im Osten war Süleymann mit seinen Annexionen erfolgreicher: 1534 wurde Mesopotamien annektiert, 1534 Aserbaidschan, 1540 Teile Dalmatiens und 1547 große Teile des Jemen. Süleyman I. förderte Kultur, Kunst und Gesetzgebung und es setzte ebenfalls eine Intensivierung der Beziehungen zu Europa ein. Vor allem verschiedenste wirtschaftliche Gründe führten dann zu einem schleichenden Zerfall des osmanischen Reiches. Es zeigten sich bald Anzeichen einer Inflation und eine chronische Finanznot des Reiches. Letztere versuchte man durch Einführung einer Steuerpacht beheben. Das Recht, eine bestimmte Steuer einzuführen, wurde versteigert, so dass der Staat die Summe sofort erhielt. Die Steuerpächter wiederum versuchten nun, ein deutliches mehr an Steuern aus den Steuerpflichtigen herauszupressen, was zum einen zu starken Vorbehalten in der Landbevölkerung aber auch zur Ausbildung einer noch nie dagewesenen Korruption und Käuflichkeit von Ämtern führte. Auch die Expansion der christlichen Staaten nach Übersee und die Entdeckung des Seewegs nach Indien um das Kap der guten Hoffnung in Südafrika führte zu fehlenden Einnahmen. Die fehlende Innovationsfreudigkeit der Sultane besiegelte dann den wirtschaftlichen Niedergang endgültig. Der für den Wissenstransfer bedeutende Buchdruck mit beweglichen Lettern wurde durch Sultan Bayezid II. bei Todesstrafe verboten und die in Europa entstandenen Manufakturen führten dazu, dass das Osmanische Reich mit billigen und zugleich qualitativ sehr hochwertigen Waren aus Europa überschwemmt wurde. Dies führte zu einer immer stärker werdenden Arbeitslosigkeit und einer extremen Landflucht. In der Seeschlacht von Lepanto am 7. Oktober 1571 vernichteten Spanier und Venedig gemeinsam die Flotte des Osmanischen Reiches. Ende des 17. Jahrhunderts besiegelte das Osmanische Reich seinen Niedergang endgültig: 1683 unternahm die Pforte nochmals einen Versuch, nach Mitteleuropa vorzustoßen und Wien zu erobern. Was aber schon in der Blütezeit des Osmanischen Reiches rund 150 Jahre vorher nicht gelang, wurde nun im Feldzug Kara Mustafas gegen Jan III. Sobieski von Polen-Litauen zum Desaster und zum Wendepunkt der Auseinandersetzung mit den europäischen Staaten. Nachdem in dieser Niederlage die militärischen Schwächen der Osmanen offenkundig geworden waren, begann im folgenden Jahr eine vom Papst initiierte „Heilige Liga“ aus Österreich, der Republik Venedig und Polen-Litauen einen Angriff auf das Osmanische Reich 87 an mehreren Fronten. Nach mehreren schweren Niederlagen bei Mohács 1687, Slankamen 1691 und Senta 1694, während des Großen Türkenkrieges, musste im Frieden von Karlowitz 1699 der Verlust von Zentralungarn mit Siebenbürgen an Österreich, Podolien und der rechtsufrigen Ukraine an Polen-Litauen und der Peloponnes mit Dalmatien an Venedig hingenommen werden. Als neuer Gegner an der Nordgrenze kam Russland ins Spiel. Ein wichtiges Ziel Zar Peters I. war ein Zugang zum Schwarzen Meer, den er 1695 mit Asow bekam. Im Russisch-Türkischen Krieg 1768–1774 musste das Osmanische Reich endgültig erkennen, dass es seine imperiale Macht verloren hatte. 1770 verlegte Russland seine Flotte aus der Ostsee ins Mittelmeer und vernichtete in der Seeschlacht bei Çeşme die vor Anker liegende osmanische Flotte. Im Frieden von Küçük Kaynarca mussten die Osmanen das Krim-Khanat in die „Unabhängigkeit“ entlassen (es wurde aber schon nach wenigen Jahren eine russische Provinz); Teile des Nordkaukasus gingen an Russland, die Bukowina an Österreich. In Ägypten riss der Statthalter Muhammad Ali Pascha allmählich die Macht an sich und ließ die einflussreichen Mamelucken-Emire liquidieren. Durch eine Reihe von Reformen war Ägypten bald in vielerlei Hinsicht der Zentrale in Istanbul überlegen. Muhammad Ali begründete die Chediven-Dynastie, die erst Mitte des 20. Jahrhunderts ein Ende fand. Nachdem sich Sultan Mahmud II. geweigert hatte, Muhammad Ali Pascha auch als Statthalter in Syrien einzusetzen, besetzten ägyptische Truppen unter Ibrahim Pascha 1831 Palästina und Syrien und stießen nach einigen Siegen über die Osmanen bei Homs und Konya 1832 nach Anatolien vor. 1838 fühlte sich das Osmanische Reich stark genug, den Kampf gegen die ägyptischen Truppen unter Ibrahim Pascha in Syrien wieder aufzunehmen. Die ägyptischen Truppen besiegten aber die osmanische Armee unter Hafiz Pasha in der Schlacht von Nisibis am 24. Juni 1839. An dieser Schlacht nahm der spätere deutsche Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke als Militärberater bei der türkischen Armee teil. Erst durch die Intervention Großbritanniens, Russlands, Preußens und Österreichs (1840) wurde Muhammad Ali Pascha 1841 gezwungen, Syrien und Palästina wieder zu räumen. Eine erneute Reformphase (1838–1876) begann, die eng mit dem Namen der Großwesire Mustafa Reşid Pascha und später Ali Pascha und Fuad Pascha verknüpft ist. Die Maßnahmen wurden unter dem Namen „Tanzimat-ı Hayriye“ (Heilsame Neuordnung) bekannt und fallen mit der Regierungszeit von Abdülmecid und Abdülaziz zusammen. Sie stellten die Nichtmuslime im Reich auf die gleiche Stufe wie die Muslime und führten ein neues Justizsystem ein, organisierten das Steuersystem neu und legten eine allgemeine Dienstpflicht in der Armee fest. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte wurden auch die Steuerpachten abgeschafft. Die zerrütteten Staatsfinanzen führten am 13. April 1876 jedoch zur Erklärung des Staatsbankrotts. Die wichtigsten Reformedikte waren in diesem Zusammenhang das „Hatt-i Scherif (imperialer Erlass) von Gülhane“ (1839), das „Hatt-i Hümayun“ (1856), sowie die Osmanische Verfassung, in denen schrittweise und mit Einschränkungen (1839 lauten diese „im Rahmen der Scheriatgesetze“) die Gleichheit und Gleichbehandlung aller Untertanen unabhängig von ihrer Religion eingeführt wurde. Am Anfang des 20. Jahrhunderts erstarkten wieder die inneren Oppositionskräfte, insbesondere die Bewegung der Jungtürken, die ihren Ausgangspunkt vor allem in Saloniki hatte. Die Jungtürken verfolgten einen Reformkurs, der allerdings durch die angespannte außenpolitische Lage gehemmt war. Ein folgenschweres Element ihrer Politik war der türkische Nationalismus. So wurde etwa in den arabischen Provinzen die türkische Sprache 88 als Amtssprache eingesetzt. In den nachfolgenden Kriegen verlor die Regierung so den Rückhalt der Bevölkerung in den nichttürkischen Gebieten. Das Jahrzehnt der Jungtürken-Regierung war durch eine Reihe von schweren Kriegen geprägt. Zunächst ging 1911 Tripolitanien (Libyen) an Italien verloren. Im Ersten Balkankrieg schlossen Bulgarien, Serbien, Griechenland und Montenegro 1912 den Balkanbund gegen das Osmanische Reich, das dadurch fast alle europäischen Besitzungen einschließlich der Stadt Edirne verlor. Nur knapp einen Monat später griff Bulgarien seine ehemaligen Verbündeten an (Zweiter Balkankrieg), die von den Osmanen unterstützt wurden. Nach der Niederlage Bulgariens wurde der Grenzverlauf in den Verträgen von Bukarest und von Konstantinopel so festgelegt, wie er noch heute zwischen Bulgarien und der Türkei verläuft. Im Ersten Weltkrieg versuchte man zunächst, sich in einer „bewaffneten Neutralität“ aus den Kampfhandlungen herauszuhalten. Auf Betreiben Enver Paschas kam es schließlich zu einem Kriegsbündnis mit Deutschland und Österreich-Ungarn, das allerdings im Kabinett umstritten war. Des Weiteren kam es zur Arabischen Revolte. Die Folgen des Krieges waren katastrophal. In Arabien hatte man den britischen Kräften nichts entgegenzusetzen. Schon 1916 schüttelte der Emir von Mekka, Husain Ibn Ali, die osmanische Oberhoheit ab und rief sich zum König von Arabien aus. Er wurde schließlich als König des Hedschas anerkannt, während der übrige Teil des Reichs gemäß dem Sykes-PicotAbkommen in Interessensphären aufgeteilt wurde. In der Balfour-Deklaration von 1917 wurde den Juden eine „nationale Heimstätte“ in Palästina versprochen. Wegen der Oktoberrevolution schied Russland zwar mit dem Friedensvertrag von Brest-Litowsk aus dem Krieg aus, aber die Siegermächte besetzten im November 1918 einen Großteil des Osmanischen Reiches. Das „Jungtürkische Triumvirat“ aus Cemal Pascha, Talât Pascha und Enver Pascha wurde entlassen und flüchtete. Nachdem im selben Jahr Mehmed V. gestorben war, rückte sein Bruder Mehmed VI. (Mehmed Vahideddin) nach, der aber den Siegermächten politisch völlig ausgeliefert war, und der nach Abschaffung des Sultanats am 4. November 1922 Konstantinopel verließ. An dieser Stelle sei auch die Geschichte für uns beendet, da die darauffolgende Zeit eher als Zeit der entsprechenden Nationalstaaten zu erachten ist. 89 X. Islamische Philosophie: Leider viel zu wenig bekannt -auch bei Muslimen selbst- ist die islamische Philosophie. Interessant ist erst einmal die Feststellung, dass sowohl Christen als auch Muslime auf der Philosophie von Aristoteles aufbauen. Nachstehend die vier bekanntesten islamischen Philosophen, wobei innerhalb des Islam die Rolle von Ibn Rushd sehr divergierend betrachtet wird. Ibn Sina: Abū Alī al-Husain ibn Abdullāh ibn Sīnā (geboren 980 bei Buchara, gestorben 1037 in Hamadan), latisiniert Avicenna, war ein persischer Arzt, Physiker, Philosoph, Jurist, Mathematiker, Astronom, Alchemist und Musiktheoretiker aus Chorasan in Zentralasien. Er zählt zu den berühmtesten Persönlichkeiten seiner Zeit und hat insbesondere die Geschichte und Entwicklung der modernen Medizin maßgeblich geprägt. Einige seiner philosophischen Ausarbeitungen wurden von späteren Mystikern des Sufismus rezipiert. Ibn Sina beschäftigte sich ausgiebig mit philosophischen Fragen, sowohl mit Metaphysik als auch mit Logik und Ethik. Seine Kommentare zu Werken des Aristoteles enthielten konstruktive Kritik an dessen Auffassungen und schufen Voraussetzungen für eine neue Aristoteles-Diskussion. Ibn Sinas philosophische Lehren werden sowohl von westlichen als auch von muslimischen Forschern als weiterhin aktuell eingeschätzt. Während westliche Wissenschaftler ihn oft als Rationalisten in der Nachfolge von Aristoteles sehen, neigen muslimische Forscher eher dazu, ihn als Mystiker zu betrachten. Ibn Sina schrieb seine frühesten Arbeiten in Buchara unter dem Einfluss von al-Farabi. Das erste, ein "Kompendium über die Seele" (Maqāla fī ’n-nafs), ist eine kurze Abhandlung, die er den samanidischen Herrschern widmete und in der er sich mit neuplatonischem Gedankengut beschäftigte. Das zweite ist die „Philosophie für den Prosodisten“ (al-Ḥikma al-´Arūḍīya), in der er sich mit der Metaphysik des Aristoteles auseinandersetzt. Nach seinem Aufbruch aus Buchara verfasste Ibn Sina weitere philosophische Werke, darunter das "Buch der Heilung" (arabisch: Kitāb ash-Shifā), eine wissenschaftliche Enzyklopädie. Trotz des irreführenden deutschen Titels handelt es nicht hauptsächlich von Medizin. Die Bedeutung des arabischen Titels ist etwa „Angemessenheit“. Das Buch behandelt Arithmetik, Astronomie, Geometrie, Logik, Musik, Naturwissenschaften, Philosophie und Psychologie. Es wurde sowohl von hellenistischen Denkern wie Aristoteles und Claudius Ptolemäus als auch von muslimischen Wissenschaftlern wie al-Farabi und al-Biruni beeinflusst. Das zweite war das „Buch des Wissens für ´Alā ad-Daula“ auf Persisch (pers.: "Dānishnāma-yi ´Alāī"), in dem er seinem Gönner eine Zusammenfassung seiner Philosophie auf der Grundlage des „Buchs der Heilung“ bietet. Ein Teil dieses Werks erschien 1490 in Pavia. Avicenna verfasste außerdem das „Buch der Ratschläge und Erinnerungen“ (Kitāb al-Ishārāt wa-t-tanibihāt), ein Werk, das sein Denken über eine Vielzahl von logischen und metaphysischen Themen vorstellt. Ein anderes Werk ist „Das Urteil“ (al-Inṣāf), das sich von den anderen Arbeiten durch seine Radikalität und seine Vermischung von aristotelischem Gedankengut und Neuplatonismus unterscheidet. Sein letztes Werk ist „Die östliche Philosophie“ (al-Ḥikma al-mashriqīya), das er in den späten 1020ern schrieb; es ist weitgehend verloren. Die frühe islamische Philosophie, die sich noch eng am Koran orientierte, unterschied klarer als Aristoteles zwischen Wesen und Existenz. Ibn Sina entwickelte eine umfassende 90 metaphysische Weltbeschreibung, indem er neuplatonisches Gedankengut mit aristotelischen Lehren verband. Das Verhältnis von Stoff und Form verstand er so, dass im Stoff (materia) die Möglichkeiten der Formen (essentiae) bereits enthalten sind. Gott sei notwendig an sich, alles andere Sein notwendig durch anderes. «Gott ist das einzige Sein, bei dem Essenz (Wesen) und Existenz (Dasein) nicht zu trennen sind und das daher notwendig an sich ist.» Alles andere Sein sei bedingt notwendig und lasse sich in Ewiges und Vergängliches unterteilen. Gott schuf durch seine geistige Tätigkeit die Weltschöpfung. Der Intellekt des Menschen habe die Aufgabe, den Menschen zu erleuchten. In der Frage der Ideen oder Allgemeinbegriffe vertrat Ibn Sina auf Platon aufbauend die These, dass diese ante rem (also vor der Erschaffung der Welt) bereits im Verstand Gottes sind, in re effektiv in der Natur zu finden sind und post rem auch in der menschlichen Erkenntnis. Mit dieser Unterscheidung zwischen ante rem, in re und post rem wurde Ibn Sina für den abendländischen Universalienstreit von großer Bedeutung. Ibn Sina bestritt die Unsterblichkeit der menschlichen Seele, Gottes Interesse an Einzelereignissen sowie eine Erschaffung der Welt in der Zeit. Drei lateinische Fassungen der Metaphysik wurden 1493, 1495 und 1546 in Venedig gedruckt. Ibn Sina widmete sich der Logik sowohl in islamischer Philosophie als auch in Medizin mit großer Hingabe und entwickelte sogar ein eigenes logisches System, das auch als „Avicennische Logik“ bezeichnet wird. So war Ibn Sina wohl einer der ersten, die es wagten, Aristoteles zu kritisieren und von ihm unabhängige Abhandlungen zu verfassen. Besondere Kritik erhielt die Schule von Bagdad von ihm, da sie sich zu sehr auf Aristoteles begründete. Er untersuchte die Theorien von Definition und Klassifikation, sowie die Quantifikation von Prädikaten und kategorische logische Aussagen. Den Syllogismen, insbesondere den logischen Schlüssen bestehend aus zwei Prämissen und einer Konklusion (Beispiel: Alle Menschen sind sterblich. Sokrates ist ein Mensch. Daher ist Sokrates sterblich) gab er Veränderungsformen wie „immer“, „meistens“ oder „manchmal“ bei. – Er entwickelte eine neue Theorie im Hypothetischen Syllogismus, ebenso bestehend aus drei Sätzen, bei denen der erste verbunden mit dem zweiten (beide bedingt) die im dritten Satz genannte (ebenfalls bedingte) Konsequenz haben. (Beispiel: Wenn ich nicht aufstehe, verliere ich meine Arbeit. Wenn ich nicht arbeite, habe ich kein Geld. Daher habe ich kein Geld, wenn ich nicht aufstehe.) Diese Theorie bildete die Basis zur Risikofaktoranalyse. – In der Frage der Induktion bzw. Deduktion war Ibn Sina gewissermaßen gespalten. Während er in der Philosophie sich auf die Deduktion verließ, d. h. von einem allgemein gültigen Satz auf Spezialformen schloss (z. B. Alle Menschen sind sterblich – Daher ist auch Sokrates sterblich), wendete er in der Medizin als einer der ersten die Methode der Induktion an. Er schloss von der Diagnose eines spezifischen Syndroms auf viele andere Syndrome. Damit begründete er eine neuartige wissenschaftliche Methode. Ibn Sina hatte in Buchara einen Großteil seiner Ausbildung für den Koran und die islamische Religion verwendet. Es heißt er habe bereits mit 10 Jahren den Koran auswendig gekannt. Zeitlebens war er ein frommer Muslim, der sich streng an die Scharia hielt. Er verfasste fünf Abhandlungen über verschiedene Suren, die generell voll Respekt sind. Nur seine philosophischen Tätigkeiten brachten ihn manchmal in Konflikt mit der islamischen Orthodoxie: Ausgehend von der Seelenlehre des Aristoteles differenzierte er die drei Seelenvermögen weiter aus und ordnete sie der Weltseele unter. Damit widersprach er zentralen Glaubensinhalten, was ihm die Feindschaft sunnitischer Theologen einbrachte. Wie die christlichen Scholastiker nach ihm versuchte Ibn Sina die griechische Philosophie mit seiner Religion, die Vernunft mit dem Glauben zu verbinden. So benutzte er philosophische Lehren um die islamischen Glaubenssätze wissenschaftlich zu unterlegen. Obwohl er sowohl Religion als auch Philosophie als zwei notwendige Teile der ganzen Wahrheit auffasste, argumentierte er, dass die islamischen Propheten mehr Bedeutung als die antiken Philosophen haben sollten. 91 Ibn Rushd: Abū l-Walīd Muḥammad b. Aḥmad b. Muḥammad b. Rušd (geboren 1126 in Cordoba, gestorben 1198 in Marrakesch), latinisiert Averroës, war ein arabischer Philosoph und Arzt. Er war Hofarzt der berberischen Dynastie der Almohaden von Marokko. Averroës verfasste eine medizinische Enzyklopädie und fast zu jedem Werk des Aristoteles einen Kommentar. In der christlichen Scholastik des Mittelalters, auf die er großen Einfluss ausübte, wurde er deshalb schlicht als „der Kommentator“ bezeichnet, so wie Aristoteles nur „der Philosoph“ genannt wurde. Averroës sah in der Logik die einzige Möglichkeit des Menschen, glücklich zu werden. Die Logik (nach Aristoteles) lieferte für ihn die Möglichkeit, aus den Daten der Sinne zur Erkenntnis der Wahrheit zu kommen. Die Logik war für ihn das Gesetz des Denkens und der Wahrheit. Averroës war ein offener und kritischer Geist seiner Zeit. In seiner Beschäftigung mit Aristoteles ging er so systematisch wie nur möglich voran und interpretierte ihn wie niemand zuvor. Er schrieb Kommentare in mehreren Abstufungen, kürzere, mittlere und größere und machte sich als Kommentator des Aristoteles einen Namen. Sogar Dante erwähnt ihn in dieser Funktion in seiner „göttlichen Komödie“. Aristoteles ist dabei für Ibn Ruschd der vollkommenste Mensch, der im Besitze der unfehlbaren Wahrheit gewesen sei und sich den Menschen aber nur einmalig gezeigt habe. Er sei die inkarnierte Vernunft gewesen. Diese maßlose Bewunderung führte natürlich auch zu allzu großer Subjektivität und Fehlern in der Interpretation. Besonders seine Kritik an Avicenna und Fârâbî war nicht berechtigt, da er sich nicht ausreichend mit ihnen beschäftigt hatte. Seine eigene Philosophie baut sehr auf Logik auf, wie es von einem großen Aristoteliker auch nicht anders zu erwarten wäre. Sie beginnt zunächst mit der Frage, ob man überhaupt philosophieren dürfe, ob es vom religiösen Gesetz her erlaubt, verboten, empfohlen oder notwendig sei. In Koran-Versen wie »Denkt nach, die ihr Einsicht habt!« findet Ibn Ruschd nicht nur die Aufforderung an die Muslime, über ihren Glauben nachzudenken, sondern auch, die bestmögliche Beweislage für ihr Denken zu finden, und diese sieht er eindeutig in der Philosophie und zumal in der aristotelischen Beweisführung gegeben. Aber auch Ibn Ruschd schränkt ein, dass nicht alle Menschen sich mit Philosophie beschäftigen können, sondern nur jene, die einen starken Intellekt besitzen. In Reaktion auf al-Ghazali teilt er den Koran und dessen Exegese in seinem Werk »Die entscheidende Abhandlung« in drei Gruppen ein: 1. Klare und evidente Verse, die direkt und für jedermann verständlich sind (etwa „Es gibt keinen Gott außer Gott“) 2. In ihrer Aussage klare Verse, die aber darüber hinaus auch von Personen mit starkem Intellekt interpretiert und reflektiert werden können (etwa „Der Barmherzige hat sich auf dem Thron zurechtgesetzt“, für „Einfache“ so zu verstehen, dass Gott wie ein König auf dem Thron sitze, während „Personen mit starkem Intellekt“ hier schon einen Machtanspruch Gottes erkennen) 3. Verse, bei denen nicht klar ist, ob sie wörtlich oder im übertragenen Sinne zu verstehen sind und bei denen folglich auch die Meinung der Gelehrten abweichen kann (etwa Verse über die Auferstehung oder Ähnliches) Noch viel direkter greift er al-Ghazali dann aber in seiner Schrift „Die Inkohärenz der Inkohärenz“ an, der Titel ist in Anlehnung an al-Ghazali „Die Inkohärenz der Philosophen“ gewählt. Dort hatte al-Ghazali die Philosophen vor allem deswegen angegriffen, da sie Unglauben auf Grund von drei Dingen lehrten: 1. Die Urewigkeit der Welt 92 2. Das Wissen Gottes um die Einzeldinge nur auf allgemeine Weise 3. Die mögliche Auferstehung des Menschen nur mit der Seele, nicht aber dem Leibe Ibn Ruschd antwortete auf diese drei Punkte folgendermaßen: 1. Der Koran sagt nirgends, dass die Welt aus dem Nichts geschaffen und in der Zeit entstanden sein soll. In den sechs Tagen der Schöpfung schwebte Gottes Thron dem Koran nach sogar „über dem Wasser“, woher davon auszugehen ist, dass die Welt schon existiert haben könnte. Solche Verse ordnet Ibn Ruschd der dritten Gruppe der Koran-Verse zu, wegen deren Interpretation niemand des Unglaubens bezichtigt werden dürfe. 2. Die Philosophen behaupten gar nicht, dass Gott kein Wissen um die Einzeldinge hätte. Sie betonen aber, dass es anders sei als das Wissen der Menschen und dass die Menschen also gar nicht wissen könnten, was Gott alles weiß. Ihr Wissen entstehe Schritt für Schritt, während Gottes Wissen von Ewigkeit her alle Dinge umfasse und daher eine Voraussetzung dafür sei, dass die Einzeldinge nacheinander entstehen. 3. Auch leugnen die Philosophen die Auferstehung nicht und lehren nichts, was im Widerspruch zum Koran stünde. Auch jene Verse ordnet er der dritten Gruppe der Koran-Verse zu. Also dürfe niemand aufgrund einer „anderen“ Interpretation des Unglaubens bezichtigt werden. Hier setzt sodann sein eigenes philosophisches System an. Allerdings gibt es hier keine eigenständigen Werke mehr, sondern seine Lehre erstreckt sich auf seine zahlreichen Kommentare und Kompendien zu griechischen Autoren, wiewohl er nicht des Griechischen mächtig war. Die Wahrheit sei nach Aristoteles verloren gegangen. Avicenna und anderen wirft er vor, Philosophie mit Theologie verbunden zu haben und somit die Philosophie für Leute wie al-Ghazali überhaupt erst angreifbar gemacht zu haben. Auch Ibn Ruschd beschäftigte sich – wie fast alle islamischen Philosophen – mit dem Intellekt bzw. der Vernunft. So habe nicht jeder Mensch seinen eigenen individuellen potenziellen Intellekt, der ihm die Glückseligkeit ermögliche. Denn es gebe nur einen universalen potenziellen Intellekt. Das Individuum verfüge aber nur über jene Tätigkeiten, die mit der körperlichen Existenz zusammenhängen, die von einer Seele koordiniert würden, einer Seele, die mit dem Körper verbunden sei und mit ihm vergehe. Die geistige Erkenntnis gehöre also nicht in den Bereich des Individuellen. Al Ghazali: Abū Hāmid Muhammad ibn Muhammad al-Ghazālī (geboren 1058 bei Maschad, gestorben 1111) war ein persischer islamischer Theologe, Philosoph und Mystiker. Ghazali gilt bis heute als einer der bedeutendsten religiösen Denker des Islams. Ihm ist die Einführung der aristotelischen Logik und Syllogistik in die islamische Jurisprudenz und Theologie zu verdanken. In seiner Philosophie vertrat er gleichwohl einen religiös motivierten Skeptizismus, der die Wahrheiten des Glaubens und der Offenbarung mit den Mitteln des philosophischen Zweifels gegen den Wahrheitsanspruch der Philosophie verteidigt. Während er einerseits für den Untergang der Philosophie im islamischen Osten (im Gegensatz zum islamischen Spanien, wo sie aufblühte) verantwortlich gemacht wird, bewirkte er auf der anderen Seite eine Wiederbelebung der Theologie. Ghazalis Haltung zur Philosophie ist zwiespältig: Einerseits zeugen seine Werke von einer gründlichen Kenntnis der griechischen und islamischen Philosophie, andererseits lehnte er die Philosophie als eigenen Weg zur Wahrheit ab und warf Vorgängern wie Avicenna und al93 Farabi vor, durch ihre unkritische Adaption der heidnischen aristotelischen und platonischen Philosophie (dort speziell die Metaphysik) den islamischen Glauben zu verderben. Besonders gegen den Emanationismus, der das notwendige Hervorgehen der Welt aus Gott auf dem Weg über den Intellekt und in Verbindung damit auch die Ewigkeit der Welt lehrte, verteidigte er die durch die koranische Offenbarung verbürgte göttliche Erschaffung und Zeitlichkeit der Welt, indem er den Philosophen das Recht absprach, ihr Prinzip der Kausalität auch auf den jenseitigen Gott anzuwenden. Ghazali versuchte in seinem Weltbild eine Synthese vom göttlichen Determinismus mit dem menschlichen freien Willen: Auf der obersten Stufe befindet sich der stets selbsterhaltende Gott. Auf unterster Ebene ist die materielle Welt, die von Gott vorherbestimmt ist. Dazwischen liegt die Welt der Menschen, deren Seele und Selbst durch den freien Willen geprägt ist. Gott gibt dem Menschen Ideen und Neigungen, aber die folgenden Taten obliegen einzig dem Menschen. (In der Stanford-Enzyklopädie wird aber alGhazali eher als Determinist beschrieben. Siehe die Diskussion hier.) Wenngleich er aschʿaritische Positionen in der Dogmatik vertrat, so gab er sich doch mit der bloßen Vernunft als Erkenntnisquelle nicht zufrieden und lehrte den Weg zu einem Gottesbewusstsein, das aus dem Herzen entspringt, um "sich von den unislamischen Einflüssen des Verstandes zu lösen". Mit dieser Haltung ebnete er antirationalen Tendenzen in den geistigen Auseinandersetzungen seiner Epoche den Weg. In seiner intellektuellen Autobiographie al-Munqiḏ min aḍ-ḍalāl ("Der Erretter aus dem Irrtum"), die er zwischen 1106 und 1109 abfasste, machte al-Ghazālī deutlich, dass er nach seiner jahrzehntelangen Auseinandersetzung mit den verschiedenen religiösen Wissenschaften die Sufik als das religiöse System betrachtete, das den größten Heilsnutzen verspricht. So schrieb er hier: „Ich wusste mit Gewissheit, dass die Ṣūfī diejenigen sind, die auf dem Wege des erhabenen Gottes voranschreiten, besonders weil ihre Lebensweise die beste aller Lebensweisen, ihr Weg der richtigste aller Wege und ihre Gesinnung die reinste aller Gesinnungen ist. Ja sogar, wenn man die Vernunft aller Vernünftigen, die Weisheit aller Weisen und das Wissen der Gelehrten, denen sich die Geheimnisse der Offenbarung erschlossen haben, in sich vereinigte, um auch nur etwas von der Lebensweise und der Gesinnung der Ṣūfī zu verändern und durch etwas Besseres zu ersetzen, so würde ihnen dieses nicht gelingen. Denn alle ihre Bewegungen und Ruhehaltungen, in ihrem Äußeren wie auch im Inneren, sind der Lichtnische der Prophetie entnommen. Hinter diesem Lichte der Prophetie gibt es kein anderes Licht auf Erden, von dem Erleuchtung erlangt werden kann.“ – al-Ghazālī: Der Erretter aus dem Irrtum. Übers. ʿA. ʿA. Elschazlī. S. 46. Durch Aussagen wie diese trug Ghazali maßgeblich zur allgemeinen Anerkennung des Sufismus im Islam bei. Ghazali gab auch dem Dschihad durch die Neuinterpretation eines Koranverses (4, 95) eine neue, zusätzliche Bedeutung: Nicht nur der Kampf auf dem Schlachtfeld sei Dschihad, sondern auch der Kampf gegen das eigene niedere Ich (an-nafs al-ammara). Al Farabi: 94 Abu Nasr Muhammad al-Farabi (geboren 872 in Otrar, Kasachstan, gestorben 950 in Damaskus), latinisiert Alpharabius, war ein muslimischer Philosoph und Gelehrter aus Zentralasien. Er beschäftigte sich mit Logik, Ethik, Politik, Mathematik, Philosophie und Musik. Er kannte unter anderen philosophische Werke von Aristoteles (nebst einigen wichtigen Kommentaren) und Platon, die ihm bereits in persischer oder arabischer Übersetzung vorlagen, und trieb auch die Übersetzung weiterer Texte voran. Er war der Ansicht, dass die Philosophie nunmehr in der islamischen Welt ihre neue Heimat gefunden habe. Philosophische Wahrheiten hielt er für universell gültig und betrachtete die Philosophen als Propheten, die zu ihren Erkenntnissen mittels göttlicher Inspiration (arab. waḥy) gelangt seien. Sein Kitāb al-Mūsīqā al-kabīr (Großes Buch der Musik) gilt als umfassendste Schrift der islamischen Musiktheorie und Musiksystematik. In seinen Schriften zur Musik verband er seine detaillierten Kenntnisse als ausübender Musiker und seine sachliche Präzision als Naturwissenschaftler mit der Logik der Philosophie. Zu von ihm beschriebenen Musikinstrumenten gehören unter anderem das zitherähnliche Saiteninstrument šāh-rūd und die Langhalslaute ṭunbūr al-baghdādī. In der Wissenschaftsgeschichte des Islams wird al-Fārābī als „Zweiter Lehrer“ nach Aristoteles gesehen. Neben al-Kindi, ar-Rāzi, Avicenna und al-Ghazali ist al-Fārābī einer der wichtigsten Vertreter der islamischen Philosophie. Er gehört mit zu den herausragenden und umfassenden Denkern des 10. Jahrhunderts und gilt als größter Theoretiker der islamischen Musikgeschichte. Es war auch sein Verdienst, dass die griechische Philosophie ihren Weg in das Morgenland fand. Seine Werke wurden über Jahrhunderte immer wieder herangezogen und intensiv diskutiert. Besondere Wirkung, auch in hebräischen und lateinischen Übersetzungen des 11. und 12. Jahrhunderts, entfaltete sein wissenschaftstheoretisches Grundlagenwerk Kitāb Iḥṣāʾ al-ʿulūm (Buch über die Einteilung der Wissenschaften). 95 XI. Islamische Literaturkunde: Sprachwissenschaften: Hinsichtlich der Sprachwissenschaft führt kein Weg an „Lisan al-Arab“ (=“Die Zunge der Araber“) von Ibn Mandhur al-Afriqi (630 – 711 n.H.) vorbei. Es handelt sich hierbei um ein Dar Sader Verlag erschienenes 12 bändiges enzyklopädisches Werk, wo die einzelnen Wörter der arabischen Sprache erläutert werden, indem die Benutzung des betreffenden Wortes in den verschiedenen Zusammenhängen aufgeführt wird. Dabei sind die Wörter nicht wie heute üblich nach Anfangsbuchstaben geordnet, sondern nach dem Endbuchstaben. Es wird vermutet, dass der Autor die Anordnung deshalb so gewählt hat, um es den Dichtern einfacher zu machen, Wörter für ihre Gedichte zu finden. Koranwissenschaften: Hinsichtlich der Koranwissenschaften ist auf folgende Werke zu verweisen: 1. Tafsir von Tabari (gestorben 310 n.H.) Dieses Werk wurde von Ibn Dscharir al-Tabari unter dem Titel „dschami‘ al-bajan fi tafsir al qur’an“ geschrieben. Es gehört zu den berühmtesten Werken auf dem Gebiet des tafsir, und es ist vielleicht das umfangreichste zu diesem Thema. Es gehört zur Kategorie des tafsir bi-rriwaja, und es basiert auf Berichten vom Propheten, den Prophetengefährten und den tabi´un, wobei die verschiedenen Überlieferungsketten aufgeführt und bewertet werden. Es enthält jedoch auch Berichte, die nicht zuverlässig sind, ohne dass dies angemerkt ist. Tabari sagt auch an einigen Stellen, dass man über bestimmte Dinge kein Wissen haben könne, und dass es keineswegs schade, kein Wissen darüber zu haben. 2. Tafsir von Ibn Kathir (gestorben 774 n.H.) Es handelt sich hier um eines der bekannteren Bücher über tafsir, wobei mehr Gewicht auf die Zuverlässigkeit der Berichte gelegt wird, insbesondere Verwerfen aller fremden Einflüsse. Eine englische Übersetzung zu diesem Werk liegt vor. 3. Tafsir von Imam al-Qurtubi (gestorben 671 n.H.) Es handelt sich hierbei um eine umfassende Interpretation und berücksichtigt alle relevanten Aspekte, d.h. spirituelle, rechtliche, sprachliche, soziale und andere Aspekte. Sein Werk ist besonders für diejenigen interessant, die etwas über das tägliche Leben des Muslims auf der individuellen und der gemeinschaftlichen Ebene erfahren möchte. Der Autor erklärt auch die Unterschiede der verschiedenen Lesarten und untersucht die alternativen Interpretationen, die man daraus ableiten kann. Hadithwissenschaften: Bzgl. der Hadithwissenschaften wird zwischen den „Überliefererbiographiewerken“ und den „allgemeinen, umfassenden Hadithsammlungen“ unterschieden. In Kapitel IV dieses Werkes wurde bereits auf die sechs „allgemeinen, umfassenden Hadithsammlungen“ verwiesen. Wer sich mit der Hadithwissenschaft beschäftigen möchte, muss deshalb die nachfolgenden Werke kennen: 1. Sahih Buchari von Imam Muhammad ibn Ismail al-Buchari (194-256 n.H.) 2. Sahih Muslim von Imam Muslim ibn Hadschadsch (206-261 n.H.) Kommen wir nun zu diesen beiden Werken: 96 Sahih Buchari von Imam Muhammad ibn Ismail al-Buchari (194-256 n.H.): Leider existiert zu diesem Werk (immer noch) keine vollständige, authorisierte deutsche Übersetzung, lediglich Auszüge, welche mehr oder weniger vollständig sind. Es wird oftmals als das nach dem Koran authentischste Buch definiert. Der Beweggrund Bucharis dieses Werk zu schreiben lag darin, dass viele Bücher gesunde und schwache Hadithe vermischen. Er benötigte 16 Jahre (!), um die gesunden Hadithe aus 600.000 Hadithen herauszufiltern. Das Werk Sahih Buchari enthält insgesamt 9082 Hadithe. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich Hadithe mit gleichem Inhalt, aber verschiedener Überlieferungskette im Werk befinden. Ohne die Wiederholungen finden sich 2602 Hadithe. Sahih Muslim von Imam Muslim ibn Hadschadsch (206-261 n.H.) Muslim hat sein Buch in Kapitel aufgeteilt, jedoch die Namen von Kapiteln weggelassen, damit das Buch nicht zu „dick“ wird. Er sammelte 300.000 Überlieferungen und behielt nur 4.000, deren Authentizität er als vollkommen nachgewiesen ansah. In seiner Hadithsammlung beginnt er mit einer Einleitung, in welcher einige Grundsätze erläutert, denen er bei der Auswahl seines Materials gefolgt war. Hinsichtlich seiner wissenschaftlichen Arbeit legte Imam Muslim peinlich genau Wert auf die Übereinstimmung der exakten Worte der Überlieferer und wies selbst auf den kleinsten Unterschied im Wortlaut ihrer Berichte hin. Er hat dabei auch stets den Untschied zwischen den zwei Arten der Erzählung im Auge behalten, haddathana (er erzählte uns) und akhbarana (er setzte uns in Kenntnis). Imam Muslim ist der Meinung, dass die erste Art nur verwendet wird, wenn der Lehrer einen Hadith erzählt und der Schüler zuhört, während die zweite Art des Ausdrucks beinhaltet, dass der Schüler den Hadith vor dem Lehrer liest (und der Lehrer ihn somit korrigieren kann, wenn er einen Fehler macht). Es wurden in diesem Werk nur jene Hadithe verzeichnet, welche von mindestens zwei zuverlässigen tabi´un von zwei Propehetengefährten gehört wurden. Dieses Prinzip wurde in der gesamten Überlieferungskette befolgt. Aqida: Aqida, auch Usud ad-Din (Grundlagen der Religion) genannt, ist die Gesamtheit der zu innerlichenden Inhalte des Islam und stellt somit die Grundlage für die islamische Lebensweise dar. In den Werken zu Aqida wird (natürlich) Bezug genommen auf die fünf Säulen des Islam sowie die sechs Glaubensgrundsätze im Islam. Wichtige Werke sind hier: 1. Usul as-Sunna von Ahmad ibn Hanbal (164-241 n.H.) In diesem Werk sind dogmenhaft die Lehrsätze der Aqida wiedergegeben, wie Ahmad ibn Hanbal sie verstand. 2. Al-Aqida at-Tahawijja von Imam Abu Dscha’far at-Tahawi (239-321 n.H.) Hierin findet sich eine Auflistung von circa 100 Glaubensdogmen, die dem Verständnis des Islam entsprechen, wie es die ersten Generationen von Muslimen hatten. Imam Tahawis Aqida ist eine repräsentative Darstellung der sunnitischen Aqida. 3. Kitab al-fisal fil-milal wa-l-ahwa wa-n-nihal von Ibn Hazm (gest. 465 n.H.) Es handelt sich hierbei interessanter Weise um das erste Werk der Menschheit bzgl. der vergleichenden Religionswissenschaften. Bereits zu einer Entstehungszeit erlangte das Werk „Die Trennung zwischen den Religionsgemeinschaften“ große Bedeutung. Das Werk unterzieht das Judentum, das Christentum, asiatische Religionen sowie die wichtigsten aus dem Islam hervorgegangenen Sekten einer kritischen Untersuchung aus islamischer Sicht. Im Übrigen ist es im Falle der Aqida (ebenso wie beim Fiqh) von grundlegender Bedeutung, sich selbst Gedanken zu machen und nicht nur einer Aqidaschule blind und fanatisch zu 97 folgen. Bekanntlich ist es verboten, bzgl. der absoluten Grundlagen der Religion, d.h. den Grundlagen der Aqida, taqlid zu machen. D.h. es genügt vor Allah z.B. nicht, dass man sagt: "Ich bin deshalb Muslim, weil mein Vater, dem ich vertraue, dass er schon das Richtige macht, Muslim ist". Fiqh: Usul al-Fiqh ist die Wissenschaft, die sich mit der Methodik beschäftigt, wie aus den beiden Grundquellen des Islam –dem Koran und der Sunna- Rechtsbestimmungen abgeleitet werden. Imam Schafi’i war der erste, der die Prinzipien des Usul al-Fiqh niederschrieb. Imam Schafi’i schrieb Ar-Risala, Akham al-quran (eine rechtswissenschaftliche Interpretation des Korans), Ikhtilaf al-Hadith (Wissenschaft über sich scheinbar widersprechende Hadithe), Ibtal alIstihsan (die Ungültigkeit von istihsan), Jima‘ al-Ilm (Das Zustandekommen des Wissens) und al-Qiyas (juristischer Analogieschluss). Bzgl. der Quellenlehre der islamischen Rechtswissenschaften wird auf die folgenden Werke verwiesen: 1. Ar-Risala („Die Botschaft“ – Abhandlung über die Fundamente des islamischen Rechts) von Imam Schafi’i (gestorben 204 n.H.) 2. Muwafaqat von Schatibi (gestorben 790 n.H.): Auf dieses Werk muss kurz eingegangen werden: Er sprach von Idschtihad als einem verstandesmäßigen Vorgang basierend auf zwei Säulen sprach. Die erste Säule war vollständiges Wissen über Grammatik und Syntax der arabischen Sprache. Er überließ dieses Thema den Gelehrten der arabischen Sprache und anderen Usul-Gelehrten. Die zweite Säule von Idschtihad war, nach Schatibi’s Meinung, das Wissen über den Zweck der Gesetzgebung Allahs, dem allweisen Gesetzgeber. Schatibis Vorgänger im Bereich von Usul hatten diesen Zwecken nie viel Aufmerksamkeit geschenkt. Vielmehr war das Äußerste, was sie in dieser Richtung unternahmen, die Suche nach der Ursache einer Bestimmung. Schatibi jedoch schrieb sein Buch, um sich diesem wichtigen Thema anzunehmen. In der Tat ist das Wissen über den Zweck (arab. maqasid) der Scharia unentbehrlich, um die Gesetzgebung des Gesetzgebers zu verstehen. Jedoch haben die Usul-Gelehrten diesem Buch nie die Aufmerksamkeit geschenkt, die es verdient. Das mag vielleicht durch die Auffassung vieler Gelehrter erklärt werden, dass es nicht erlaubt ist, nach Gründen der Gesetzgebung vom Allmächtigen zu suchen, weil solche Spekulationen nicht fehlerfrei geregelt oder wiedergegeben werden können. Kommen wir nun zu den Werken der eigentlichen Rechtswissenschaft, die man kennen sollte, wobei hier zwischen sunnitischen und schiitischen Fiqh-Quellen unterschieden wird: Sunnitische Fiqh-Quellen: - Kompendium des hanafitischen Fiqh („Das Ausgebreitete“) von Abu Bakr Muhammad ibn Ahmad ibn Sahl as-Sarakhsi (gestorben 483 n.H.) Al-Muwatta‘ („Der wohlbeschrittene Pfad“) von Iman Mail (93 – 179 n.H.) Kompendium der Schafi’itischen Rechtsschule: Al-Umm („Die Mutter“) von Iman Schafi’i (150-204 n.H.) Kompendium der Hanbalitichen Rechtsschule: Al-Mughni („Der Genügende“) von Muwaffaq al-Din Ibn Qudama al-Maqdisi (gest. 620 n.H.) 98 Schiitische Fiqh-Quellen: - Al-Madschmu’ al-fiqhi (“Die Fiqhsammlung”) von Imam Zaid ibn Ali ibn Zainulabidin (gestorben 122 n.H.) “Al-Kafi” (der Genügende) von Muhammad ibn Jacub ibn Ishaq al-Kalini (gestorben 329 n.H.) Geschichtswissenschaften: Bezüglich der Geschichtswissenschaften wird als Quellen auf die nachfolgenden Werke verwiesen: - Das Geschichtswerk von Imam Ibn Dscharir at-Tabari (224-310 n.H.) Qasas al-anbija' (Prophetengeschichten) von Ibn Kathir (ca. 700 – 774 n.H.) Sifat as-Safwa (Biographien von Muslimen der ersten Generationen) von Ibn al-Dschauzi (510 -597 n.H.) Geschichtswerk von Ibn al-Athir (555-630 n.H.) Al-Muqaddima: Allgemeine analytische Einführung in die Geschichte von Ibn Khaldun (ca. 7.. n.H.) Al-Bidaja wa-n-nihaja ("Der Anfang und das Ende")von Ibn Kathir (ca. 700 -774 n.H.) "Sijar a'lam an-nubala'" (Biographien hervorragender Persönlichkeiten) von Imam AdhDhahabi (673-748 n.H.) 99 XII. Länder mit prozentual hohem Anteil an Muslimen: Nun ist hoffentlich interessant gewesen zu sehen, welche Grundkomponenten den Islam prägen. Genauso interessant es aber auch zu wissen, in welchen Ländern der Islam als Religion von besonderer Relevanz ist. Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Afghanistan Kabul Islamische Republik Präsidialsystem 652.864 km2 30.552.000 47 Einwohner pro km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Ägypten Kairo Republik Militärregierung 1.001.449 km2 82.056.000 82 Einwohner pro km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Albanien Tirana Parlamentarische Republik Parlamentarisches System 28.748 km2 2.774.000 96 Einwohner pro km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Algerien Algier Republik Semipräsidentielles System 2.381.741 km2 39.208.000 16 Einwohner pro km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Aserbaidschan Baku Republik 20,7 Milliarden US-Dollar 700 US Dollar Dari (Persisch) und Paschtu 99,9 % Muslime, davon circa 80% sunnitische Muslime und 20 % schiitische Muslime 271 Milliarden US-Dollar 3.160 US Dollar Arabisch 90 % sunnitische Muslime; circa 5-10 % Kopten sowie circa 1 % Juden 12,8 Milliarden US-Dollar 4.700 US-Dollar Albanisch 58,79 % sunnitische Muslime (davon 2,09% Bektaschi), 10,03 römischkatholische Christen, 6,75 % albanisch-orthodoxe Christen 206 Milliarden US-Dollar 5.290 US-Dollar Arabisch 99 % sunnitische Muslime, circa 1% Christen 100 Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Präsidialsystem 86.600 km2 9.417.100 109 Einwohner pro km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Bahrain Manama Monarchie konstitutionelle Monarchie 750 km2 1.322.000 1.861 Einwohner pro km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Bangladesch Dhaka parlamentarische Republik parlamentarisches System 147.570 km2 156.000.000 1.061 Einwohner pro km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Benin Porto Novo Republik Präsidentielle Demokratie 112.622 km2 10.323.000 92 Einwohner pro km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Brunei Bandar Seri Begawan Erbmonarchie absolute Monarchie 5.765 km2 408.786 70,91 Einwohner pro km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Burkina Faso Ouagadougou Republik Semipräsidentielles Regierungssystem 274.200 km2 73,500 Milliarden US-Dollar 7.350 US-Dollar Aserbaidschanisch 85% schiitische Muslime, 15% sunnitische Muslime 32,2 Milliarden US-Dollar 24.357 US-Dollar Arabisch 70,2 % Muslime [vor allem schiitische Muslime], circa 9% Christen, circa 10 % Hindus 141,0 Milliarden US-Dollar 903 US-Dollar Bengalisch 90 % Muslime, 10 % Hindus, 1% Buddhisten 8.200 Millionen US-Dollar 914 US-Dollar Französisch 27,8% Muslime, 42,3% Christen [davon die Hälfte römisch-katholisch], 23,4 % Naturreligion, Rest: Voodoo-Religion 15.533 Millionen US-Dollar 36.584 US-Dollar Malaisch 67% Muslime [v.a. Sunniten], 15 % Buddhisten, 10% Christen 101 Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: 16.935.000 62 Einwohner pro km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Dschibuti Dschibuti Republik Präsidialsystem 23.200 km2 873.000 38 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Elfenbeinküste Yamoussoukro Republik Präsidialrepublik 322.462 km2 20.316.000 63 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Gambia Banjul Republik Präsidialsystem 11.295 km2 1.849.000 164 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Guinea Conakry Republik Präsidialsystem 250.158 km2 11.745.000 48 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: Guinea-Bissau Bissau Republik Präsidialsystem 36.125 km2 1.704.000 47 Einwohner je km2 11,583 Milliarden US-Dollar 670 US-Dollar Französisch 50% Muslime, 35% Naturreligion, 15% Katholiken 1,456 Milliarden US-Dollar 1.667 US-Dollar Französisch und Arabisch 99% sunnitische Muslime 28,3 Milliarden US-Dollar 1.380 US-Dollar Französisch 40% sunnitische Muslime, 30 % Christen (v.a. katholisch), 30 % Naturreligion 914 Millionen US-Dollar 510 US-Dollar Englisch 90% sunnitische Muslime, 9% Christen, 1% Naturreligion 6,193 Milliarden US-Dollar 460 US-Dollar Französisch 85% sunnitische Muslime, 10% Christen, 5% Naturreligion 859 Millionen US-Dollar 102 nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: 520 US-Dollar Portugiesisch 50% sunnitische Muslime, 10% Christen (v.a. Katholiken), 40% Naturreligion Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Indien Neu-Delhi Parlamentarische Bundesrepublik parlamentarische Demokratie 3.287.469 km2 1.252.140.000 381 Einwohner pro km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Indonesien Jakarta Republik präsidentielle Demokratie 1.904.569 km2 249.866.000 131 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Iran Teheran Islamische Republik präsidentielle Theokratie 1.648.195 km2 77.447.000 47 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Irak Bagdad föderale Republik parlamentarisches System 434.128 km2 33.147.000 76 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Jemen Sanaa Republik Präsidialsystem 528.076 km2 24.407.000 45 Einwohner je km2 1.871 Milliarden US-Dollar 1.570 US-Dollar Hindi und Englisch 81 % Hindus, 13% Muslime, 2% Sikhs, 2% Christen, 1% Buddhisten 868 Milliarden US-Dollar 3.580 US-Dollar indonesisch 87 % sunnitische Muslime, 7% Protestanten, 3% Katholiken, 2% Hindus 439 Milliarden US-Dollar 5.780 US-Dollar Persisch (Farsi) 99,6 % Muslime (davon 90% Schiiten, 10% Sunniten) 229 Milliarden US-Dollar 6.710 US-Dollar Arabisch und kurdisch 95% Muslime (davon 2/3 Schiiten, 1/3 Sunniten), Rest: Christen, Jessiden 35,955 Milliarden US-Dollar 1.330 US-Dollar Arabisch 99% Muslime (zumeist Sunniten und Zaiditen) 103 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Jordanien Amman Erbmonarchie konstitutionelle Monarchie 89.342 km2 6.495.000 72 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Kamerun Jaundé Republik Präsidialsystem 475.445 km2 22.254.000 47 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Kasachstan Astana Republik Präsidialsystem 2.724.900 km2 17.038.000 6 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Katar Doha Erbmonarchie absolute Monarchie 11.606 km2 2.169.000 190 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Kirgisistan Bischkek parlamentarische Republik parlamentarisches System 199.900 km2 5.720.000 29 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Komoren Moroni Islamische Bundesrepublik Präsidialsystem 33,9 Milliarden US-Dollar 4.950 US-Dollar Arabisch 94% Muslime (92% Sunniten, 2% Schiiten), 6% Christen 28 Milliarden US-Dollar 1.270 US-Dollar Französisch, Englisch 50% Christen, 20% Muslime, 30% Naturreligion 220 Milliarden US-Dollar 11.380 US-Dollar Kasachisch, Russisch 65% Muslime (v.a. Sunniten), 35% Christen (v.a. Orthodoxe) 203 Milliarden US-Dollar 85.500 US-Dollar Arabisch keine exakten Zahlen, jedoch mehr als 90% Muslime 7,2 Milliarden US-Dollar 1.200 US-Dollar Kirgisisch, Russisch 80% Muslime (v.a. Sunniten), 10% Christen (v.a. Orthodoxe); sonstige 104 Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: 1.862 km2 752.300 404 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Kuwait Kuwait Erbmonarchie absolute Monarchie 17.818 km2 3.369.000 189 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Libanon Beirut parlamentarische Republik parlamentarisches Regierungssystem 10.452 km2 4.467.000 427 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Libyen Tripolis Republik Übergangsregierung 1.775.500 km2 6.202.000 3 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Malaysia Kuala Lumpur föderale, parlamentarische Wahlmonarchie parlamentarische Demokratie 330.290 km2 29.717.000 90 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Malediven Malé Republik Präsidialsystem 298 km2 345.000 657 Millionen US-Dollar 880 US-Dollar Komorisch, Französisch, Arabisch 99% sunnitische Muslime 185 Milliarden US-Dollar 54.912 US-Dollar Arabisch keine exakten Zahlen, jedoch mehr als 90% Muslime (davon 70% Sunniten und 30% Schiiten) 44,3 Milliarden US-Dollar 9.870 US-Dollar Arabisch, teilweise Französisch 60% Muslime, 40% Christen 67,6 Milliarden US-Dollar 10.899 US-Dollar Arabisch 97% Muslime, 3% Christen 312 Milliarden US-Dollar 10.400 US-Dollar Malaysisch 61% Muslime (v.a. Sunniten), 19% Buddhisten, 9% Christen, 6% Hindus, 3% Konfuzianer 105 Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: 1.158 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Mali Bomako Republik Semipräsidentielles System 1.240.192 km2 15.302.000 12 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Marokko Rabat Erbmonarchie konstitutionelle Monarchie 710.850 km2 33.575.000 47 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Mauretanien Nouakchott Islamische Republik Präsidialsystem 1.030.700 km2 3.890.000 4 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Mosambik Maputo Republik Präsidialsystem 801.590 km2 25.834.000 32 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Niger Niamey Republik Semipräsidentielles System 1.267.000 km2 17.831.000 14 Einwohner je km2 2,3 Milliarden US-Dollar 5.600 US-Dollar Dhivehi 99,9% sunnitische Muslime 10,943 Milliarden US-Dollar 670 US-Dollar Französisch 85-90% Muslime, 5% Christen, diverse sonstige 105 Milliarden US-Dollar 3.030 US-Dollar Arabisch 99% Muslime (90% Sunniten) 4,163 Milliarden US-Dollar 1.060 US-Dollar Arabisch 15,3 Milliarden US-Dollar 590 US-Dollar 35% Christen, 23% religionslos, 18% Muslime, diverse sonstige 7,356 Milliarden US-Dollar 410 US-Dollar 106 Amtssprache: Religion: Französisch 94% Muslime, circa 10-15% Naturreligion Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Nigeria Abuja Bundesrepublik Präsidialsystem 923.768 km2 173.615.000 188 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Oman Maskat Erbmonarchie absolute Monarchie 309.500 km2 3.632.000 12 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Pakistan Islamabad islamische, parlamentarische Bundesrepublik parlamentarisches System 796.095 km2 182.143.000 229 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Palästinensische Autonomiegebiete Gaza und Ramallah Präsidentialrepublik parlamentarisches System 6.242 km2 4.332.881 694 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Saudi-Arabien Riad Erbmonarchie absolute Monarchie 2.149.690 km2 28.829.000 13 Einwohner je km2 287 Milliarden US-Dollar 2.760 US-Dollar Englisch 50% Muslime, 40% Christen 80,6 Milliarden US-Dollar 22.191 US-Dollar Arabisch 97,5 Muslime, 2,5% Christen 239 Milliarden US-Dollar 1.380 US-Dollar Urdu und Englisch 95% Muslime (75% Sunniten, 25% Schiiten), diverse sonstige Religionen derzeit nicht bekannt derzeit nicht bekannt Arabisch Gaza Streifen: 99,3% Muslime, 0,7% Christen Westjordanland: 75% Muslime, 17% Juden, 8% Christen 745 Milliarden US-Dollar 26.200 US-Dollar Arabisch 98% Muslime (v.a. Sunniten, im Osten: Schiiten) 107 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Senegal Dakar Republik Präsidentielle Demokratie 196.722 km2 14.133.000 72 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Sierra Leone Freetown Republik Präsidialsystem 71.740 km2 6.092.000 85 Einwohner km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Somalia Mogadischu föderale Republik (theoretisch) parlamentarisches System 637.657 km2 10.469.000 16 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Sudan Arabisch islamische Bundesrepublik Präsidialsystem 1.886.068 km2 37.964.000 21 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Syrien Damaskus Republik Semipräsidentielles Regierungssystem 185.180 km2 22.846.000 123 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Tadschikistan Duschanbe Republik Präsidialsystem 15,2 Milliarden US-Dollar 1.070 US-Dollar Französisch 94% Muslime (v.a. Sunniten), 4% Christen, 2% Naturreligion 4,929 Milliarden US-Dollar 680 US-Dollar Englisch 77% Muslime (v.a. Sunniten), 21% Christen, diverse sonstige keine Angaben möglich Somali 99,8 % sunnitische Muslime 66,55 Milliarden US-Dollar 1.130 US-Dollar keine exakten Zahlen, derzeit jedoch wahrscheinlich 80-90% Muslime nicht bekannt nicht bekannt arabisch 87% Muslime (circa 13% Alawiten) 108 Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: 143.100 km2 8.208.000 57 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Tschad N´Dschamena Republik Präsidialsystem 1.284.000 km2 12.825.000 10 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Tunesien Tunis Republik Übergangsregierung 163.610 km2 10.887.000 67 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Türkei Ankara parlamentarische Republik parlamentarische Demokratie 783.562 km2 74.993.000 96 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Turkmenistan Asgabat Republik Präsidialsystem 488.100 km2 5.240.000 11 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: Usbekistan Taschkent Republik Präsidialsystem 447.400 km2 30.241.000 68 Einwohner je km2 8,5 Milliarden US-Dollar 990 US-Dollar Tadschikisch 97% Muslime (v.a. Sunniten) 13,414 Milliarden US-Dollar 1.020 US-Dollar Französisch, Arabisch 54% Muslime, 30% Christen, diverse sonstige Religionen 47,4 Milliarden US-Dollar 4.360 US-Dollar Arabisch 99% Muslime (v.a. Sunniten) 616,3 Milliarden US-Dollar 10.950 US-Dollar türkisch 99% Muslime 40,6 Milliarden US-Dollar 6.880 US-Dollar Turkmenisch 90% Muslime (v.a. Sunniten), 9% Christen (v.a. Orthodoxe) 109 total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: 57 Milliarden US-Dollar 1.900 US-Dollar Usbekisch 90% Muslime Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Vereinigte Arabische Emirate Abu Dhabi föderale Erbmonarchie konstitutionelle Monarchie 83.600 km2 9.346.000 120 Einwohner je km2 Name: Hauptstadt: Staatsform: Regierungssystem: Fläche: Einwohnerzahl: Bevölkerungsdichte: Bruttoinlandsprodukt: total/nominal: nominal/Einwohner: Amtssprache: Religion: Bosnien und Herzegowina Sarajevo parlamentarische Bundesrepublik parlamentarisches System 51.129 km2 2.829.000 75 Einwohner je km2 396 Milliarden US-Dollar 42.371 US-Dollar Arabisch 96% Muslime (v.a. Sunniten) 17,8 Milliarden US-Dollar 4.740 US-Dollar Bosnisch, Serbisch, Kroatisch 45% Muslime, 51% Christen, diverse sonstige 110 NACHWORT Natürlich fehlen in dieser Einführung für den ein oder anderen wichtige Aspekte des Islam. Dies tut dem Autor natürlich leid, aber geht es in dieser Einführung nicht darum ein vollumfängliches Kompendium über den Islam zu liefern. Ziel dieses Werkes ist vielmehr, den interessierten Leser mit den Grundzügen des Islam vertraut zu machen und zwar in den Aspekten, die in der aktuellen gesellschaftlichen Diskussion in Deutschland von Relevanz sind. Dieses Werk ist nicht für Theologen oder Religionswissenschaftler geschrieben, welche nur einen kleinen Teil unserer Bevölkerung ausmachen sondern für die Mehrheit unserer Bevölkerung, die sich im Einwanderungsland Deutschland mit der Religion Islam auseinandersetzen möchten, um die zahlenmäßig immer bedeutender werdende Bevölkerungsgruppe der Muslime in Deutschland besser verstehen zu können. Nur dann war dieses Werk im Übrigen erfolgreich, wenn Nichtmuslime durch dieses Buch die Angst vor einer für die Mehrheit der Deutschen unbekannten Religion genommen wurde. In einer liberalen, multikulturellen Gesellschaft ist es für einen friedliche Koexistenz von Bedeutung, den anderen zu kennen. Wenn die Mehrheit der Leser, die den Islam vor Lektüre dieses Werkes nicht kannten, nach der Lektüre zu dem Schluss kommt: „Der Islam hat ja viele Gemeinsamkeiten mit Christentum und / oder Judentum und man muss vor diesem Islam gar keine Angst haben.“ so war dieses Werk für den Autor ein Erfolg. Lassen Sie mich bitte zum Schluss noch einmal aus aktuellem, traurigem Anlass folgendes festhalten: Genauso wie man aus dem Alten Testament die Aussage „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ aus dem historischen Kontext fehlinterpretieren kann und konnte, so sind einige Muslime leider Fehlinterpretationen des Islam anheimgefallen und haben nicht begriffen, dass der Islam nichts mit Mord an unschuldigen Menschen zu tun hat. Krieg war und ist noch nie eine Lösung der Menschen gewesen, die glauben, egal welchen Glaubens diese angehören. Konflikte können nur mit Worten, aber nie mit Waffen nachhaltig gelöst werden. 111