Interkulturelle Kompetenz Islam

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Stefan Loubichi
Einführung in den Islam
oder
Zahlen, Daten und Fakten über eine in Deutschland immer noch vielmals
unbekannte Religion
VORWORT
Samuel P. Huntington warnte 1993 vor einem Kampf der Zivilisationen, der ins Deutsche als
Kampf der Kulturen übersetzt wurde. „The Clash of Civilizations“ ist dabei eine politische
Theorie der internationalen Beziehungen für einen Konflikt zwischen unterschiedlichen
Zivilisationskreisen, insbesondere der westlichen Zivilisation mit der chinesischen und der
islamischen Zivilisation. Ein interessanter Aspekt in der Gedankenwelt des Samuel P.
Huntington war dabei, dass eine nationale Identität (=chinesische Zivilisation) mit einer
religiösen Identität (=islamische Zivilisation) gleichgesetzt wurde. Aber wir schrieben das Jahr
1993: Ein Jahr, in dem nicht nur wir Deutsche glaubten, dass nach der deutschen
Wiedervereinigung und dem Ende des Ost-West-Konfliktes überall auf der Welt für immer
Frieden herrschen würde. Doch dann kamen die Ereignisse des 11. September 2001 und
diese veränderten die Welt. Eine logische Frage, die sich Milliarden von Menschen an diesem
Tage stellten, lautete: WARUM?
Menschen neigen dazu, schwierige Sachverhalte zu vereinfachen. Relativ schnell kristallisierte
sich heraus, wer hinter diesen feigen Anschlägen steckte: demokratiefeindliche Terroristen,
die zufälliger Weise (oder war es doch kein Zufall) Muslime waren. Einige Entscheidungsträger
und Meinungsmacher neigten daraufhin dazu, Muslime weltweit unter Generalverdacht zu
stellen: in den USA, in Europa, in Deutschland sowie im Rest der Welt. Der US-Präsident
erklärte am 18. September 2001, dass man einen Kreuzzug gegen das Böse führen müsse.
Dass man Terroristen bekämpfen muss, dürfte in allen demokratischen Rechtsstaaten bei
allen Demokraten unbestrittener Konsens sein. Aber musste man hierzu extra zu einem
„Kreuzzug“ aufrufen? Wie wir alle wissen waren die Kreuzzüge zwischen dem 11. und 13.
Jahrhundert einer der schrecklichsten Religionskriege, bei der das „christliche Abendland“
vergeblich versuchte, das „Heilige Land“ zurückzuerobern. Dieser Jahrhunderte lange Kampf
zwischen den Religionen war einer der blutigsten Konflikte der Menschheitsgeschichte. Dabei
darf man nicht vergessen, dass der Begriff „Kreuzzug“ in der islamischen Welt den gleichen
negativen Klang hat wie der Begriff „Dschihad“ in der christlichen Welt.
Gott sei Dank glätteten sich die Wogen des Volkszornes. Aus einem Kreuzzug gegen
terrorverdächtige Muslime wurde ein Krieg gegen Terroristen, der von Christen und Muslimen
gemeinsam geführt wurde. Ende gut – alles gut? Leider: NEIN
Nun geht es einem deutschen Autor, der ein Buch über den Islam schreibt, nicht darum, wie
der Islam in der Welt gesehen wird sondern darum, wie der Islam in Deutschland gesehen
wird. Nach einer in der Tageszeitung „DIE WELT“ am 11. September 2014 veröffentlichten
Studie der Universität Bielefeld und der Stiftung Mercator gaben 18% der befragten Deutschen
an, sich wegen der Gruppe der Muslime manchmal wie „Fremde im eigenen Land zu fühlen“,
weil hierzulande so viele muslimische Menschen lebten. Die antisemitische Aussage, wonach
Juden versuchen würden, aus der nationalsozialistischen Vergangenheit Deutschlands
Vorteile zu ziehen, wurde von 20 % der befragten Deutschen bestätigt. Dass Antisemitismus
und Fremdenfeindlichkeit in Deutschland im Jahr 2014 immer stärker werden, werden durch
die Ergebnisse dieser Studie eindeutig belegt.
Es stellt sich an dieser Stelle die Frage, woran dies liegt. 1994 sagte der Protagonist im
Kinofilm „Forest Gump“ den Satz: „Dumm ist der, der dummes tut.“ Diesem Satz ist vollends
zuzustimmen, aber vielleicht noch wie folgt zu ergänzen: „Dumm ist, wer dummes denkt und
sagt.“ Vorurteile resultieren oft aus fehlender Kenntnis über Sachverhalte. Mit diesem Werk
soll der Wissenslücke deutscher Nicht-Muslime über den Islam begegnet werden. Sicherlich
ist dieses Werk nicht so spannend wie ein Krimi, aber es hilft vielleicht, dass Muslime und
Nicht-Muslime sich in Zukunft besser verstehen. Ein Versuch ist es wert!
1
ÜBER DEN AUTOR:
Der Autor, Jahrgang 1966, ist selbst Migrant [Vater Deutscher, Mutter Italienerin] und wuchs
in einem multikulturellen Umfeld auf. Nachbarn stammten aus Syrien und Marokko und im
Bekannten- und Freundeskreis sowohl des Autors als auch der Eltern des Autors waren alle
möglichen Nationalitäten und Religionen vertreten: muslimische Syrer, Türken, Libanesen,
Tunesier, Algerier, Marokkaner, Iraner sowie Ägypter, hinduistische Inder; christliche
Franzosen, Italiener, Niederländer, Belgier, Österreicher, Schweizer und natürlich auch
Deutsche. Für den Autor war anders sein, bereits in Kindheit, Jugend und Erwachsensein
normal.
Dass es selbst christliche Migranten bei einer Integration in Schule und Studium schwer haben,
musste der Autor am eigenen Leib feststellen. Die Aufnahme in das Gymnasium war trotz des
Umstandes „Klassenbester der Klassenstufe 4 in der Grundschule“ nicht einfach und das
erfolgreiche Studium der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre mit Abschlüssen als DiplomKaufmann und Diplom-Volkswirt war für einen Migranten doppelt so schwer wie für einen
normalen Deutschen. Dabei stellte der Autor bei diversen anderen Migranten leider fest, dass
diese nicht das gleiche Glück wie er hatten.
In seiner Tätigkeit als Unternehmensberater reiste der Autor nach Süd- und Nordamerika,
China, Indien, in viele Länder des Nahen Ostens, Afrika, Russland und in diverse Länder der
Europäischen Union. Durch diverse mehrjährige Projekte in muslimischen Ländern wie
Marokko, Tunesien, Ägypten, Libanon, Syrien, Jordanien, Vereinigte Arabische Emirate,
Oman, Saudi-Arabien, Türkei sowie Iran lernte er die Welt des Islam vor Ort kennen. Daneben
war er in Deutschland unter anderem als Beauftragter für Religionsfragen einer ehemals
bundespolitisch erfolgreichen Partei mit Regierungsverantwortung, als Kurator und
Stiftungsratsvorsitzender des Zentralinstituts Islam Archiv Deutschland aber auch in
verschiedenen Funktionen (u.a. als Mitglied im Beirat bzw. Mitglied im Bundesvorstand) der
Deutsch-Arabischen Gesellschaft tätig.
Da der Autor sowohl die Welt des Christentums als auch die Welt des Islam kennt, war es ihm
stets ein Bedürfnis, als Mittler zwischen den Religionen aufzutreten. Aus diesem Grund
versucht er in diesem Werk, deutsche Nicht-Muslime in die Welt des Islam einzuführen und
zeigt dabei gleichzeitig Parallelen, aber auch Unterschiede zu Christentum und Judentum auf.
Der Autor hat dieses Werk in der Hoffnung geschrieben, dass Deutschland aus seiner
furchtbaren Geschichte des 20. Jahrhundert dergestalt lernt, dass es ein Musterland der
Toleranz zwischen den einzelnen Religionen, Kulturen und Nationen wird. Ein Glaubenssatz
des Autors war und ist in diesem Zusammenhang: „Nur wer den anderen kennt, ist auch in der
Lage ihn zu verstehen, ohne in zu verurteilen oder zu vorverurteilen.“
GLEICHHEITSBEKENNTNIS:
In diesem Werk findet sich oftmals bei unspezifischen Formulierungen die männliche Form.
Dies soll kein Ausdruck irgendeiner Benachteiligung oder Diskriminierung darstellen. Der Autor
bekennt sich an dieser Stelle ausdrücklich zum Gender Mainstreaming, den Aspekten des
Diversity Management sowie der im Grundgesetz garantierten Gleichheit aller Menschen
sowie den gesetzlichen Bestimmungen des AGG.
2
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort
Über den Autor
Gleichheitsbekenntnis
Inhaltsverzeichnis
01
02
02
03
I.
Die fünf Säulen des Islam
Das islamische Glaubensbekenntnis Schahāda
Das (rituelle) Gebet Salāt
Die Almosensteuer Zakāt
Das Fasten saum
Die Pilgerfahrt Haddsch
04
04
06
08
10
11
II.
Glaubensgrundsätze im Islam
Der Glaube an Allah, den einzigen Gott
Der Glaube an die Engel
Der Glaube an die Offenbarung
Der Glaube an die Propheten
Der Tag des Jüngsten Gerichtes und das Leben nach dem Tod
Die Vorherbestimmung
13
13
16
16
19
23
25
III.
Das Leben des Propheten
Die vorprophetische Zeit und die Berufung (570-610)
Die mekkanische Periode (610-622)
Die medinensische Periode (622-632)
28
28
29
31
IV.
Glaubensrichtungen
Sunniten (Hanafiten, Malikiten, Schafiiten, Hanbaliten)
Schiiten
36
36
39
V.
Streitpunkt Jesus
Ungereimtheiten zu Jesu aus biblischer Sicht
Jesu aus islamischer Sicht
Jesu aus jüdischer Sicht
43
43
45
47
VI.
Der Koran
Struktur des Korans
Namen und Themen der Suren
Die Namen Allahs
48
48
49
54
VII.
Islamisches Recht
Einführung in das islamische Recht
Idschtihad, Taqlid und Fatwas
Ehe- und Erbrecht
Wirtschaftsrecht
Kernelemente des islamischen Finanz- und Bankenwesens
60
60
61
63
67
72
VIII.
Islamisches Brauchtum
Islamische Kalender und islamische Feiertage
Essen und Trinken für Muslime
Der Tod
76
76
78
80
IX.
Geschichte des Islam
84
X.
Islamische Philosophie
91
XI.
Islamische Literaturkunde
96
XII.
Länder mit prozentual hohem Anteil an Muslimen
101
Nachwort
112
3
I. Die fünf Säulen des Islam:
Als Grundlagen des Islams werden die fünf Säulen des Islam zu bezeichnet, welche jeder
Muslim zu erfüllen hat. Es sind dies:
1. Das islamische Glaubensbekenntnis Schahāda
Die Schahāda ist dabei aus zwei Teilen aufgebaut:
1. Teil:
Lā ilāha illā ’llāh:
Es gibt keinen Gott außer Gott.
Zu finden ist dieser erste Teil des islamischen Glaubensbekenntnisses in Sure 37, Vers 35
sowie in Sure 47, Vers 19.
2. Teil:
Muḥammadun rasūlu ’llāh:
Mohammed ist der Gesandte Gottes. Zu finden ist der zweite Teil des islamischen
Glaubensbekenntnisses in Sure 48, Vers 29. In analoger Form ist diese Aussage auch zu
finden in Sure 3, Vers 144, Sure 33, Vers 40 sowie Sure 63, Vers 1.
Bei jedem Gebet geht in der Regel das islamische Glaubensbekenntnis voraus. Beim
Gebetsaufruf verbindet man diese beiden Teile im Arabischen mit der Konjunktion wa
(Bedeutung: und) sowie dem konjugierten Verb aschhadu an (Bedeutung: Ich bezeuge, dass
…). Somit beginnt jeder Gebetsaufruf mit:
Aschhadu an lā ilāha illā ʾllāh(u) wa-aschhadu anna Muhammadan rasūlu ʾllāh
(Übersetzung: „Ich bezeuge, dass es keinen Gott außer dem einzigen Gott gibt, und ich
bezeuge, dass Mohammed der gesandte Gottes ist.“)
Wer dieses Glaubensbekenntnis bei vollem Bewusstsein vor zwei muslimischen Zeugen
spricht, gilt als Muslim.
Historisch nachgewiesen ist die Schahāda als Inschrift am Felsendom in Jerusalem aus dem
Jahr 691 / 692. Auf findet diese sich die Schahāda als Inschrift auf diversen Münzen des
Zeitraumes 705-714.
Es stellt sich die Frage, wie es mit den Glaubensbekenntnissen der anderen abrahamitischen
Religionen aussieht.
Viele Christen sind der Auffassung, dass das apostolische Glaubensbekenntnis das älteste
und von alten Christen gemeinsam anerkennte Glaubensbekenntnis ist. Zum einen ist
umstritten, ob das Apostolikum wirklich seine Ursprünge im Regula fidei des zweiten und
dritten Jahrhunderts hat. Das unter den christlichen meist anerkannte Bekenntnis ist nämlich
das auf dem Konzil von Nicäa 325 –d.h. dem ersten ökumenischen Konzil herausgegebenen
Bekenntnis von Nicäa:
Wir glauben an einen Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
4
den Schöpfer alles Sichtbaren und Unsichtbaren.
Und an den einen Herrn Jesus Christus,
den Sohn Gottes,
der als Einziggeborener aus dem Vater gezeugt ist, das heißt: aus dem Wesen des Vaters,
Gott aus Gott, Licht aus Licht,
wahrer Gott aus wahrem Gott,
gezeugt, nicht geschaffen,
eines Wesens mit dem Vater;
durch den alles geworden ist, was im Himmel und was auf Erden ist;
der für uns Menschen und wegen unseres Heils herabgestiegen und Fleisch geworden ist,
Mensch geworden ist,
gelitten hat und am dritten Tage auferstanden ist,
aufgestiegen ist zum Himmel,
kommen wird um die Lebenden und die Toten zu richten;
Und an den Heiligen Geist.
Diejenigen aber, die da sagen „es gab eine Zeit, da er nicht war“ und „er war nicht, bevor er
gezeugt wurde“, und er sei aus dem Nichtseienden geworden, oder die sagen, der Sohn
Gottes stamme aus einer anderen Hypostase oder Wesenheit, oder er sei geschaffen oder
wandelbar oder veränderbar, die belegt die katholische Kirche mit dem Anathema.
Allein schon ein Vergleich des islamischen Glaubensbekenntnisses mit dem Bekenntnis von
Nicäa belegt die fundamentalen Unterschiede zwischen Islam und Christentum.
Vergegenwärtigen wir uns noch, ob es etwas Vergleichbares im Judentum gibt. Das eine
einzige Glaubensbekenntnis des Judentums lautet:
Höre Jisrael, 'der Ewige' unser G'tt’, der Ewige' eins
Shm'a Jisrael, AdoShem Elohejnu, AdoShem Ehad
Erwähnt werden müssen in diesem Zusammenhang auch die Noahischen Gesetzen. Hierunter
werden im Judentum Gesetze bezeichnet, welche für alle Menschen Geltung haben sollen.
Sofern Nichtjuden sich hieran halten, können diese als Gerechte („Zaddik“) Anteil an der
kommenden Welt erhalten, weshalb aus Sicht der Juden keine Notwendigkeit der Mission
Andersgläubiger besteht. Die Noahischen Gebote gehen dabei auf die Torah sowie die
Auslegungen im Talmud (Sanhedrin 56a/b) zurück und lauten wie folgt:
1. Verbot von Mord
2. Verbot von Diebstahl
3. Verbot von Götzenanbetung
4. Verbot von Unzucht
5. Verbot der Brutalität gegen Tiere
6. Verbot von Gotteslästerung
5
Prinzipiell waren im Judentum nach rabbinischer Auslegung sechs geltende Anweisungen
JHWs bekannt:

Verbot des Götzendienstes

Verbot der Gotteslästerung

Gebot der Schaffung von Gerichtshöfen

Verbot zu töten

Verbot des Ehebruchs

Verbot des Raubens
Nach der Sintflut kam dann das siebte Gebot hinzu, das Verbot kein Fleisch lebender Tiere zu
essen.
Fundamentale Unterschiede zwischen den drei Weltreligionen werden durch deren stark
unterschiedliche
Glaubensbekenntnisse
ersichtlich,
auch
wenn
rudimentäre
Gemeinsamkeiten nicht zu leugnen sind.
2. Das (rituelle) Gebet Salāt
Muslime sollen das rituelle Gebet fünf Mal am Tag zu festgelegten Zeiten vornehmen:
1. vor dem Sonnenaufgang
2. mittags
3. nachmittags
4. bei Sonnenuntergang
5. bei Einbruch der Nacht
Bevor man betet erfolgt eine Ankündigung durch den Gebetsruf sowie eine rituelle Waschung.
Dabei muss sich der Muslim –bevor er betet- bewusst werden, dass er niemals aus Routine
beten soll sondern, dass er betet, um Gott zu dienen. Zum Eintritt in den erforderlichen
Weihezustand ihrām sagt der Muslim die Formel: Allāhu akbar (Übersetzung: Gott ist größer
(als alles andere)). Wichtig ist dabei auch die Ausrichtung des Betenden in Richtung Mekka.
Im Stehen werden beim rituellen Gebet hiernach eine Reihe weiterer Formeln sowie die erste
Sure des Korans, Fātiha (Bedeutung) die Eröffnende rezitiert. Nachstehend nun der Text
dieser ersten Sure:
1
Im Namen des barmherzigen und Bi-smi llāhi r-rahmāni r-rahīm
gnädigen Gottes.
2
Lob sei Gott, dem Herrn der Welten
Al-hamdu li-llāhi rabbi l-'ālamīn
3
dem Barmherzigen und Gnädigen
Ar-rahmāni r-rahīm
4
der am Tag des Gerichts regiert!
Māliki yaumi d-dīn
5
Dir dienen wir, und dich bitten wir um Iyyāka na'budu wa-iyyāka nasta'īn
Hilfe.
6
Ihdinā s-sirāta l-mustaqīm
6
Führe uns den geraden Weg,
7
den Weg derer, denen Du Gnade Sirāta l-ladhīna an'amta 'alayhim ghayri lerwiesen hast, nicht (den Weg) derer, maghdūbi 'alayhim wa-lā d-dāllīn
die d(ein)em Zorn verfallen sind und
irregehen!
Es schließen sich nunmehr Verse des Korans an, bevor der Betende sich verbeugt, mit der
Stirn den Boten berührt und schließlich das Gebet mit dem Gruß as-salāmu ʿalaikum beendet,
da nach islamischer Vorstellung rechts und links neben dem Betenden jeweils ein Engel sitzt.
Es ist dem Betenden jedoch frei gestellt, hier vorher noch ein Bittgebet zu sprechen.
Es ist dem Moslem freigestellt, wo er das Gebet vollzieht, wichtig ist dabei jedoch, dass es an
einem rituell reinen Ort vollzogen wird. Der ideale Ort hierzu ist natürlich die Moschee, ein
Gebetsteppich ist aber –wie jeder andere rituell reine Ort- ebenfalls zulässig. Freitagmittags
wird das Gebet wird durch ein Gemeinschaftsgebet ersetzt, an dem Männer teilnehmen
müssen und Frauen teilnehmen sollen. Dieses Freitagsgebet wird dabei von einer Predigt
begleitet.
Vergegenwärtigen wir uns an dieser Stelle die Stellung des Christentums zum Gebet. Gemäß
dem Markus Evangeliums ist der Einklang des Beters mit dem Willen Gottes von besonderer
Relevanz (Markus Evangelium Kapitel 9, Vers 23). Gemäß des Matthäus Evangeliums gilt:
„Bittet, so wird euch gegeben (Matthäus Evangelium, Kapitel 7, Vers 7).
Und schauen wir uns noch das wichtigste Gebet des Christentums, das Vater unser:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.
Juden beten drei Mal täglich:
-
morgens Schacharit
-
mittags Mincha
-
abends Maariw
Dabei bedecken die Juden den Kopf mit einer Kippa und benutzen beim werktäglichen
Morgengebet Gebetsriemen (Tefillin) und Gebetsschal (Tallit).
7
Diese Gebete werden nach einem speziellen Grundmuster gebetet, wobei dieses
Grundmuster -abhängig vom jeweiligen Festtag oder Wochentag- variiert. Während im
liberalen Judentum einige Gebete in der Landessprache gesprochen werden, wird im
orthodoxen Judentum in hebräischer Sprache gebetet. Die Gebete sind im Gebetbuch Siddur
erfasst.
3. Die Almosensteuer Zakāt
Grundlage hierzu ist Sure 24, Vers 56:
Darum (o Gläubige,) verrichtet beständig das Gebet und entrichtet die reinigenden Abgaben
und gebt acht auf den Gesandten, auf dass ihr mit Gottes Barmherzigkeit begnadet werden
möget.“
Der entsprechende Wortstamm „zakka“ bedeutet reinigen, wohingegen „tazzaka“ sich selbst
reinigen bedeutet. Von daher stellt die Entrichtung der Almosensteuer eine Reinigung dar, da
die Almosensteuer das Vermögen des Gebenden reinigt und der Gebende deshalb durch Allah
Zuwachs erhält, da Allah durch das Bezahlen der Zakat seine Rangstufe bei ihm erhöhen wird.
Verwiesen sei an dieser Stelle auch auf Sure 9, Vers 103:
„(Darum, o Prophet) nimm jenen (Teil) von ihren Besitztümern, der um Gottes dargeboten wird,
auf dass du sie dadurch reinigen und sie an Reinheit wachsen lassen mögest, und bete für
sie.“
Erhoben wird die Almosensteuer auf nachfolgende besonderen Formen des Besitzes: Gold
und Silber, Haltbare, ortsübliche landwirtschaftliche Güter, Vieh und Waren
Der Kreis der Empfangsberechtigten ist definiert (At-Tauba, 60):
Die gesammelte Zakat ist für die Armen; die Mittellosen; diejenigen, die sie einsammeln; um
die Herzen der Leute nahe zu bringen; für die Befreiung von Sklaven; die Verschuldeten; die
Ausgabe auf dem Wege Allahs und die Reisenden. Dies ist eine Vorschrift von Allah. Allah ist
Allwissend, Allweise.“
Vergleichbar mit einem Steuerfreibetrag in neuerer Zeit gilt die Verpflichtung nur für denjenigen
Muslim, der
1. über eine Menge an Besitz verfügt, welche eine bestimmte Grenze (Nisab)
überschreitet
2. eine festgelegte Zeit für den Güterbesitz (in der Regel ein volles Mondjahr [welches um
zehn Tage kürzer ist als ein Sonnenjahr]) überschritten hat
Hat nunmehr ein Muslim ein zakatpflichtiges Vermögen am Anfang und am Ende eines
Mondjahres, so muss er 2,5% als Zakat abgeben. Wie bei einer modernen Gewinn- und
Verlustrechnung werden vom Vermögen bestimmte Beträge abgezogen, wobei jedoch die
Verpflichtung besteht, die Schulden so schnell wie möglich zurück zu zahlen. Die Zakat wird
dabei stets am Ende eines Jahres fällig, wobei jeder Muslim den Zeitpunkt seines Jahresendes
selbst bestimmen kann.
Direkt aus der christlichen Bibel abgeleitet gibt es keine vergleichbare Priorisierung von
Almosen, geschweige denn eine Verpflichtung einer Almosensteuer. Interessant sind aber
sicherlich hier die Ansichten von Johannes Chrysostomos:
8
Johannes von Antiochia (349 – 407) war Erzbischof von Konstantinopel (dem heutigen
Istanbul) und wird in den östlich-orthodoxen Kirchen seit dem 10. Jahrhundert als einer der
drei heiligen Hierarchien verehrt (zusammen mit Basilius dem Großen sowie Gregor von
Nazianz). Für das westliche Christentum ist er einer der vier Kirchenlehrer des Ostens
(zusammen mit Athanasius von Alexandria, Basilius dem Großen sowie Gregor von Nazianz).
Die vorstehend erwähnten drei heiligen Hierarchien gehörten zu den schärfsten Kritikern von
Luxus auf Kosten der Armen. Johannes Chrysostomos legte Wert auf das Almosengeben und
kümmerte sich um die geistlichen und weltlichen Belange der Armen. Die Tradition der
Almosen kann somit bereits im frühen Christentum des vierten Jahrhunderts unserer
Zeitrechnung nachgewiesen werden.
Im Judentum spielt Tzədāqā oder Ṣ'daqah eine sehr wichtige Rolle und es ist ein Gebot,
welches sowohl von Männern als auch von Frauen (gleichermaßen) zu befolgen ist. Nach dem
bereits vorstehend erwähnten Moshe bin Maimon gibt es acht Stufen der Tzedaka:
1. Höchste Stufe: Dem Bedürftigen die Möglichkeit zu geben, sich selbstständig zu
ernähren (Hilfe zur Selbsthilfe)
2. Wohltätig sein in einer Weise, dass der Spender und der Bedürftige nicht voneinander
wissen.
3. Der Wohltäter weiß, wem er gibt, aber der Arme erfährt nicht von der Identität des
Spenders.
4. Der Gebende kennt nicht die Identität des Bedürftigen, aber dieser kennt den Spender.
5. Geben, bevor man gebeten wird.
6. Geben, nachdem man gebeten wird.
7. Zwar nicht ausreichend, aber mit Freundlichkeit geben.
8. Mit Unfreundlichkeit geben.
4. Das Fasten saum
Für Muslime besteht das Fasten vor allem darin, dass diese sich (vom Beginn der
Morgendämmerung bis zum vollendeten Sonnenuntergang) zu folgendem verpflichten:
1. nichts essen
2. nichts trinken
3. nicht rauchen
4. kein ehelicher Verkehr
5. Enthaltsamkeit im Verhalten
Das Fasten findet dabei im islamischen Monat Ramadan statt. Aufgrund der Divergenz
zwischen islamischen Kalender und dem gregorianischen Kalender verschiebt sich das Fasten
jedes Jahr um elf Tage. Der Prophet soll allabendlich das Fasten gerne mit einer Dattel und
einem Glas Milch gebrochen haben, so dass dies auch heute noch viele Muslime so verhalten.
9
Nun gibt es aber auch eine nicht unerhebliche klar definierte Anzahl von „Ausnahmen“ in
Sachen Fasten, welche durch Sure 2, Vers 184 klar definiert ist:
„Aber wer immer von euch krank ist oder auf einer Reise, soll statt dessen die gleiche Anzahl
fasten, und in solchen Fällen obliegt es jenen, die es sich leisten können, ein Opfer durch
Speisung eines Bedürftigen zu bringen. Und wer immer mehr Gutes tut, als er zu tun
verpflichtet ist, tut sich damit selbst Gutes; denn zu fasten ist euch selbst Gutes zu tun – wenn
ihr es nur wüsstet.“
Schwangere Frauen sowie Kinder (im Sinne von Menschen vor der Pubertät) sind im Übrigen
nicht zum Fasten verpflichtet, wobei jedoch diese (ebenso wie Reisende und Kranke) die
versäumten Tage nach Wegfall der Gründe nachholen müssen.
Mit dem Beginn des Monats Schawal feiert man das Fest des Fastenbrechens beendet ('Īd alfitr). Begonnen werden die Feierlichkeiten mit dem obligatorischen Gemeinschaftsgebet,
nachdem man die Almosensteuer des Fastenbrechens an Bedürftige entrichtet hat. Das Fest
des Fastenbrechens wird über drei Tage gefeiert.
Im Übrigen hat der Ramadan ohnehin bei den Muslimen eine sehr hohe Bedeutung, die sich
ohne weitere Erläuterungen eindeutig aus Sure 2, Vers 185 ergibt:
„Es war der Monat Ramadan, in dem der Qur´an von droben erteilt wurde, als Rechtleitung für
den Menschen und evidenter Beweis dieser Rechtleitung und als Maßstab, mit dem das Wahre
vom Falschen zu unterscheiden ist.“
Prinzipiell kennt auch das Christentum eine vierzigtägige Fastenzeit im Frühjahr. Diese
Fastenzeit erinnert an die vierzig Tage, die Jesus Christus fastend und betend in der Wüste
verbracht haben soll. In der Bergpredigt Jesu (Matthäus Evangelium Kapitel 6, Vers 16
folgende) findet sich im Übrigen eine sehr interessante und wichtige Aussage zugleich:
„Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht wie die Heuchler. Sie geben sich ein trübseliges
Aussehen, damit die Leute merken, dass sie fasten. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren
Lohn bereits erhalten. Du aber salbe dein Haar, wenn du fastest, und wasche dein Gesicht,
damit die Leute nicht merken, dass Du fastest, sondern nur dein Vater, der auch das
Verborgene sieht; und dein Vater, der das Verborgene sieht, wird es dir vergelten.“
Die katholische Kirche hat seit den 1960er Jahren die Vorgaben des Fastens stark gelockert.
Die orthodoxen Kirchen kennen vier mehrwöchige Fastenperioden pro Jahr. In diesen
Perioden wird gänzlich auf tierische Nahrungsmittel, Alkohol sowie Fett und Öl verzichtet.
Mithin die strengsten Fastenregeln finden sich in der russisch-orthodoxen Kirche, wo während
der Fastenzeit auf Fisch, Fleisch, Meeresfrüchte, Eier, Milchprodukte, Alkohol und Öl
verzichtet wird. Die evangelische Kirche hat wiederum ein gespaltenes Verhältnis zum Fasten:
Während der schweizerische Reformator Zwingli die Fastengebote als reine Äußerlichkeiten
ablehnte, hat Martin Luther zwar gefastet, das Fasten aber als gutes Werk abgelehnt, da der
Mensch nicht durch das Fasten angenehm bei Gott werde sondern allein durch die Gnade und
den Glauben.
Auch im Judentum findet sich das Fasten, wobei Jom Kippur hier an erster Stelle zu nennen
ist. Es ist dies der heiligste und feierlichste Tag des jüdischen Jahres, wobei dieser für Frauen
und Männer ab dreizehn Jahren eine fünfundzwanzigtägige Fastenperiode ist, an dem zu den
Fastenzeiten weder flüssige noch feste Nahrung zu sich genommen wird und jegliche sexuelle
Betätigung ebenfalls verboten ist. Jom Kippur ist auch der einzige Tag, der auch an einem
Sabbat begangen wird, während die anderen Fastentage verschoben werden, wenn diese auf
einen Sabbat fallen.
Weitere Fastentage sind:
10
-
Tischa beAV (neunter Tag des Monats Av): Tag, an dem der erste und zweite Tempel
in Jerusalem zerstört wurde und an dem die Juden im Rahmen der Reconcista aus
Spanien vertrieben wurden.
-
Schiwa Assar beTammus (siebzehnter Tammus), Zom Gedalja (dritter Tischri) und
Assa beTevet (zehnter Tevet)
-
ein Tag vor Purim sowie alle Erstgeborenen am Tag vor Pessach
5. Die Pilgerfahrt Haddsch
Die Pilgerfahrt nach Mekka stellt die fünfte Säule im Islam dar. Man unterscheidet dabei
zwischen der kleinen Pilgerfahrt `Umra, welche zu jeder beliebigen Zeit erfolgen kann und der
großen Pilgerfahrt, der Haddsch, die nur während bestimmter Tage im Jahr im Monat Dhu Ihiddscha stattfinden kann. Die Verpflichtung zur Haddsch ergibt sich eindeutig aus Sure 3,
Vers 97:
„Darum ist die Pilgerfahrt zum Tempel eine Pflicht, Gott geschuldet von allen Leuten, die fähig
sind, sie zu unternehmen. Und was jene angeht, welche die Wahrheit leugnen – wahrlich Gott
ist dessen nicht bedürftig, was in allen Welten ist.“
Der Verlauf der Haddsch wurde vom Propheten selbst festgelegt, nachdem er 630 in Mekka
eingezogen war:
Der Eintritt in den Weihezustand Ihram ist der Beginn der Haddsch. Voraussetzung hierfür ist
die große rituelle Waschung. Die Person, welche sich im Weihezustand befindet, wird muhrim
genannt. Der Pilger befindet sich in diesem Weihezustand, bis er die ihram-Kleidung abgelegt
hat.
Kommen wir nun zur ihram Kleidung: Zwei weiße Baumwolltücher bilden das Gewand, wobei
das erste um die Hüften geschlungen wird und den Körper zwischen Nabel und Knien bedeckt
(izar). Das zweite Baumwolltuch bedeckt die linke Schulter, den Rücken und teilweise die Brust
und wird an der rechten Körperseite zusammengebunden (rida'). Keine festen Schuhe oder
Stiefel dürfen getragen werden. Besondere Kleidungsvorschriften für Frauen existieren nicht,
d.h. die einzige Vorschrift besteht darin, dass das Gesicht der Frauen während der Zeremonie
nicht verschleiert sein darf und dass die Frauen keine Handschuhe tragen dürfen.
Der Haddsch beginnt am 8. Dhu I-Hiddscha in Mekka mit dem Lauf nach Mina, sobald die
Pilger im Zustand des Ihram sind. Dort verbleiben die Pilger bis zum nächsten Morgen und
wandern dann in Richtung Berg Arafat, welcher 25 km östlich von Mekka liegt. Am Berg der
Vergebung wird am 9. Dhu I-Hiddscha Gott um Vergebung gebeten. Nach Sonnenuntergang
ziehen die Pilger dann nach Muzdalifa, um dort zu übernachten. Vor Sonnenaufgang am 10.
Dhu I-Hiddscha erfolgt dann der Aufbruch nach Mina. Es wird nun die symbolische Steinigung
des Teufels vollzogen, indem sieben kleine Steine (oder ein vielfaches von sieben Steinen)
auf die Dschamarat al-Aqaba geworfen werden, welche den Teufel symbolisiert. Hiernach
rasieren sich die männlichen Pilger das Haupthaar und die Frauen schneiden sich eine
Haarsträhne ab. Dies symbolisiert den Beginn eines neuen –von früheren Sünden befreitenneuen Lebensabschnittes. Noch am 10. Dhu I-Hiddscha werden dann Opfertiere geschlachtet,
wobei die Speisung der Armen hier von großer Bedeutung ist. Man bezeichnet diesen Tag als
Opferfest (Idu l-Adha). Hiernach ist der Zustand des Ihram aufgehoben. Die Pilger kehren nun
zurück nach Mekka und vollziehen den Tawaf. Hierbei wird die Kaaba sieben Mal entgegen
dem Uhrzeigersinn um schritten. Es schließt sich der Sa'i an, d.h. der siebenmalige Gang
11
zwischen den Hügel Safa und Marwa. Zwei oder drei weitere Tage verbringen die Pilger in
Mina, wobei der Ritus der symbolischen Steinigung des Teufels wiederholt wird, wobei nun
aber die Dschamarat al-Ulla, die Dschmarat al-Wusta und die Dschamarat al-Aqaba mit jeweils
sieben Steinen beworfen werden. Abgeschlossen wird der Haddsch nun mit dem
Abschiedstawaf und dem Abschiedssa´i.
Auch im Christentum spielen Pilgerreise bzw. Wallfahrten eine sehr große Bedeutung.
Christliche Wallfahrten dienen vor allem dazu, Sünden abzutragen, religiöse Läuterung zu
erfahren oder geheilt zu werden. Von besonderer Bedeutung als christlicher Wallfahrtsort sind
die Gräber der Apostel Petrus und Paulus in Rom, das Grab des Apostels Jakobus in Santiago
di Compostella sowie diverse Stätten in Israel / Palästina. Bei den Protestanten spielen
Wallfahrten im Gegensatz zu den Katholiken keine besondere Rolle.
Im antiken Judentum waren Pilgerfahrten zum Tempel in Jerusalem anlässlich Pessach,
Schawout und Sukkot weit verbreitet. Mit der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 n. Chr.
endete diese Pilgertradition. Wenn es auch keine expliziten Pilgerfahrten im Judentum gibt, so
entwickelten sich doch auch die Gräber von Patriarchen und Propheten zu beliebten
Reisezielen.
Man kann mit Muslimen hinsichtlich ihrer Religion über vieles diskutieren, jedoch nicht über
die fünf Säulen im Islam. Und bezüglich der Frage, ob eine religiöse Ausrichtung zum Islam
gehört oder nicht, kann es für Muslime keinerlei Diskussion darüber geben, ob es ausreichen
würde, dass man „nur“ drei oder vier Säulen erfüllt. Wer nicht alle fünf Säulen des Islam
anerkennt, den kann ein gläubiger Muslim als Muslim akzeptieren.
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II. Glaubensgrundsätze im Islam:
Im Islam gibt es sechs Glaubensartikel, nämlich den Glauben an:
1. den einzigen Gott (arab. Allah)
2. seine Engel
3. seine Offenbarung (heilige Bücher: Tora, die Evangelien; gemäß Koran und Hadtith
sind die Schriften der Juden und Christen jedoch verfälscht und verändert worden
(→ Tahrif)
4. seine Gesandten, die Propheten Gottes: darunter Adam, Abraham, Moses, Jesus und
zuletzt Mohammed
5. den Tag des Jüngsten Gerichtes und das Leben nach dem Tod: Der Mensch werde
eines Tages für seine Taten zur Verantwortung gezogen und mit dem Höllenfeuer
bestraft oder mit dem Paradies belohnt
6. die Vorherbestimmung
Auch diese Glaubensgrundsätze sind für einen Muslim nicht diskutabel in Sachen der
Zugehörigkeit dieser Aspekte zum Islam. Vergegenwärtigen wir uns nun aber diese
Grundsätze im Einzelnen:
1. Der Glaube an Allah, den einzigen Gott
Bereits aus der Schahada ist evident, dass es keinen Gott außer Gott gibt. Nicht von ungefähr
fangen 113 der 114 Suren mit der Basmala an. Diese lautet:
bismi 'llahi r-rahmāni r-rahim / bismi ʾllāhi ʾrraḥmāni ʾr-raḥīmi
Im Namen des barmherzigen und gnädigen
Gottes
Die Basmala ist im Übrigen beim Schächten von Tieren religiöse Pflicht. Sie ist eine
islamrechtlich vorgesehene Norm, aber keine Pflicht:
-
vor Beginn einer Koranlesung
-
vor Antritt einer Reise
-
vor Betreten / Verlassen eines Hauses oder einer Mosche
-
beim Anzünden des Abendlichtes
-
bei der Grablegung eines Toten
Die in der Basmala genannten Namen „der Barmherzige“ (Ar-rahman) sowie „der Gnädige“
(ar-rahim) sind die ersten beiden der 99 Namen Allahs.
In einem Hadith eines Weggefährten des Propheten Mohammeds, Abū Hurayra (603–681)
heißt es:
„Wahrlich, Gott hat neunundneunzig Namen, einen weniger als hundert. Wer sie aufzählt, geht
ins Paradies.“
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Nach islamischer Auffassung ist der einhundertste Name Gottes nicht aussprechbar und den
Menschen unbekannt. Viele Muslime verwenden einen Rosenkranz (Tasbih), um die 99
Namen Gottes zu rezitieren.
Nach islamischer Sicht ist Gott zeitunabhängig, d.h. Gott war vor der Zeit und wird auch nach
der Zeit bleiben. Gott ist Schöpfer der Welt, jedoch kein Teil der materiellen Welt. Gott hat kein
Geschlecht und allgegenwärtig, allmächtig und allwissend.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist natürlich der Begriff Tauhīd.
Tauhīd bezeichnet den bewusst verinnerlichten, uneingeschränkten und rationalen Glauben
an die Einzigarbeit und Einheit Allah´s. Tauhid schließt somit die Dualität oder Trinität (wie sie
zum Beispiel im Christen vorherrscht) aus. Im Zusammenhang mit Tauhīd muss sich jeder
Moslem folgendes verinnerlichen:

Allah ist der einzige und alleinige Schöpfer aller Dinge und neben ihm existiert kein
anderer Schöpfer.

Allah ist alleiniger und einzig wahrer Gott, dem Anbetung durch die Verrichtung
gottesdienstlicher Handlungen gebührt.

Allah ist einziger und einziger Besitzer vollkommenster Attribute und erhaben über alle
Arten von Mängeln
Hier existiert ein fundamentaler Unterschied zum Christentum. Der Kirchenvater Irenäus von
Lyon (135-202) hat aus der Logostheologie von Justin dem Märtyrer (100-165) die christliche
Dogmatik der Einheit Gottes dargelegt und betont die Einheit Gottes aus Gott Vater, Gott Sohn
und dem Heiligen Geist. Für Irenäus ist Christus derjenige, welcher den unsichtbaren Vater für
uns sichtbar gemacht hat. Für die Kirchengeschichte wird dieses Thema im vierten
Jahrhundert von großer Relevanz. Arius (bedeutender christlicher Presbyter aus
Konstantinopel, 260-335) glaubte mit Bibelbelegen folgende als Arianismus bekannt
gewordene Lehre beweisen zu können:
1. Der Logos und der Vater sind nicht wesensgleich.
2. Der Sohn ist ein Geschöpf des Vaters.
3. Es gab eine Zeit, da existierte der Sohn nicht. Im Gegensatz zu Gott Vater hat Gott
Sohn einen Anfang.
Auf dem Konzil von Nicäa im Jahre 325 nahm sich die Kirche dieses Themas an, verurteilte
den Arianismus und bekräftigte im Nicäischen Glaubensbekenntnis die Trinitätslehre. Der
Arianismus konnte sich trotz Androhung der Exkommunizierung noch einige Zeit als Lehre
halten. Das erste Konzil von Konstantinopel im Jahre 381 betonte dann nochmals explizit die
Trinitätslehre im Nicäno-Konstantinopolitanum. Erst im sechsten Jahrhundert schaffte das
nach Anasthasius von Alexandria bezeichnete (aber nicht von ihm verfasste) Anasthasische
Glaubensbekenntnis in Sachen Trinität für das Christentum eine eindeutige Sprachregelung,
welche heutzutage bei Katholiken unbestritten ist:
„Dies ist aber der katholische Glaube:
Wir verehren den einen Gott in der Dreifaltigkeit und die Dreifaltigkeit in der Einheit, ohne
Vermengung der Personen und ohne Trennung der Wesensheit.
Eine nämlich ist die Person des Vaters,
eine andere die des Sohnes
eine andere die des Heiligen Geistes.
14
Aber Vater und Sohn und Heiliger Geist haben nur
eine Gottheit, gleiche Herrlichkeit, gleich ewige Majestät.
…
Wer daher selig werden will, muss dies von der Heiligen Dreifaltigkeit glauben.“
Auch wenn es nicht die Bedeutung eines Dogmas erlangt hat, so sind gleichwohl die dreizehn
Glaubenssätze, welche von Moshe bin Maimon (jüdischer Philosoph, * 1135 in Cordoba, †
1204 in Kairo) im Rahmen der Kommentierung der Mischna aufgestellt wurden, von zentraler
Bedeutung im Judentum (, zumal diese auch in das Gebetsbuch aufgenommen wurden):
Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Schöpfer, gelobt sei sein Name, jegliche Kreatur
schafft und lenkt und dass er allein der Urheber alles dessen ist, was geschah, geschieht und
geschehen wird.
Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Schöpfer, gelobt sei sein Name, einzig ist und dass
es keine Einheit seinesgleichen gibt, in keinerlei Hinsicht, und dass er allein unser Gott war,
ist und sein wird.
Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Schöpfer, gelobt sei sein Name, unkörperlich ist und
frei von jeder Möglichkeit, materiell vorgestellt zu werden; und dass ihm auch keine Gestalt
beigelegt werden kann.
Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Schöpfer, gelobt sei sein Name, Anfang und Ende
ist.
Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Schöpfer, gelobt sei sein Name, allein es ist, dem
Anbetung gebührt, und dass es ungebührlich ist, außer ihm ein Wesen anzubeten.
Ich glaube in ganzem Glauben, dass die Worte der Propheten alle wahrhaftig sind.
Ich glaube in ganzem Glauben, dass die Kündung unseres Lehrers Moses, Friede ihm, die
Wahrheit ist und dass er von allen Propheten, früheren wie späteren, der Vater war.
Ich glaube in ganzem Glauben, dass diese Tora, wie wir sie jetzt besitzen, die gleiche ist, die
unserem Lehrer Moses übergeben wurde.
Ich glaube in ganzem Glauben, dass diese Tora unverwechselbar ist und dass es nie eine
andere Lehre vom Schöpfer her, gelobt sei sein Name, geben wird.
Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Schöpfer, gelobt sei sein Name, alles Tun und
jegliches Trachten der Menschen kennt, wie es heißt: Er, der ihre Herzen ganz und gar
gebildet, Er weiß auch all ihr Tun.
Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Schöpfer, gelobt sei sein Name, wohl vergilt all
denen, die seine Gebote erfüllen, und übel tut denen, die seine Gebote brechen.
Ich glaube in ganzem Glauben, dass der Messias kommt, und ungeachtet seines langen
Ausbleibens erwarte ich täglich seine Ankunft.
Ich glaube in ganzem Glauben, dass einst zu seiner Zeit, wenn es dem Schöpfer, gelobt sei
sein Name und erhoben sein Gedenken immer und ewig, wohl gefällt, die Toten auferstehen
werden.
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2. Der Glaube an die Engel
Engel sind im Islam allein schon deshalb sehr wichtig, weil diese als Boten dem Propheten die
Offenbarungen Gottes übermittelten. Verwiesen sei auf Sure 2, Vers 97 ff.:
„Sag (o Prophet): „Wer immer ein Feind Gabriels ist“ – der wahrlich mit Hilfe Gottes Erlaubnis
auf dein Herz diese göttliche Schrift herabgebracht hat, welche die Wahrheit dessen bestätigt,
was immer von früheren Offenbarungen noch erhalten ist, und eine Rechtleitung und eine
frohe Kunde für die Gläubigen ist- „wer immer ein Feind Gottes ist und seiner Engel und seiner
Botschaftenüberbringer einschließlich Gabriel und Michael, sollte wissen, dass wahrlich Gott
der Feind aller ist, welche die Wahrheit leugnen.“ Denn klare Botschaften haben wir dir fürwahr
von droben erteilt; und keiner leugnet ihre Wahrheit außer den Frevlern.“
Nachstehend die Eigenschaften und Fähigkeiten der Engel:
-
Engel sind Geschöpfe Allah´s.
-
Engel wurden aus Nuur (= Licht, Ausstrahlung) erschaffen.
-
Engel sind geschlechtslose Geschöpfe und weder männlich noch weiblich.
-
Engel fürchten ihren Schöpfer und tun, was ihnen geboten wird.
-
Die Existenz der Engel ist unabhängig von der Befriedigung rein menschlicher
Bedürfnisse.
-
Engel können mit Allah´s Erlaubnis die Gestalt von Menschen annehmen.
-
Jeder Mensch wird ständig von zwei Engeln begleitet. Diese Engel schreiben alle
Worte und Handlungen des Menschen auf.
Es sind die Eigennamen einiger Engel bekannt: Dschibril, Mikail, Israfil und Malik. Dschibril ist
der Überbringer von Allah´s Botschaften zu den Gesandten und den Menschen.
Auch im Christentum hatten die Engel stets eine besondere Relevanz. In der Summa
Theologiae präzisiert Thomas von Aquin eine ausführliche Engellehre. Während sich in der
katholischen sowie in der orthodoxen Kirche die Engelslehre erhalten blieb, steht die
protestantische Kirche der Engelslehre kritisch gegenüber.
Engel, mal'ach (=„Boten“), werden im Judentum durch Auslegung des Tanach als
übernatürliche Wesen verstanden, welche Gott im Himmel zur Seite stehen, aber streng von
Gott (JHWH) zu unterscheiden und diesem untergeordnet sind. Sie können gelegentlich
ausgewählten Menschen Gottes Willen und seine Anweisungen zu erkennen geben.
3. Der Glaube an die Offenbarung
Prinzipiell akzeptiert der Islam erst einmal die jüdische Tora sowie die christlichen Evangelien
als göttliche Offenbarungen. Gleichwohl wird im Koran aber mehrfach der Vorwurf
vorgebracht, dass sowohl Juden als auch Christen die vorstehend genannten Offenbarungen
unzulässig abgeändert hätten. Zitiert sei hier zum Beispiel Sure 4, Vers 44:
„Bist Du nicht jener gewahr, die, nachdem ihnen ihr Anteil an der göttlichen Schrift gewährt
worden war, ihn nun für Irrtum eintauschen und wollen, dass auch ihr den Weg verliert.“
16
oder Sure 2, Vers 59:
„Aber jene, die auf Übeltun aus waren, tauschten gegen ein anderes Wort das aus, welches
ihnen gegeben worden war: und so sandten wir auf diese Übeltäter eine Plage vom Himmel
herab als Vergeltung für all ihre Frevelhaftigkeit.“
Unter der Tora verstehen wir den ersten Teil des Tanach, d.h. der hebräischen Bibel. Die Tora
besteht aus den nachfolgenden fünf Büchern Mose:
1. Buch Mose: Genesis
2. Buch Mose: Exodus
3. Buch Mose: Levitikus
4. Buch Mose: Numeri
5. Buch Mose: Deuteronomium
Nach der jüdischen Überlieferung habe Mose am Berg Sinai die gesamte Tora von Gott
erhalten. Diese besteht aus der schriftlichen und der mündlichen Lehre. In der schriftlichen
Tora ist der Bund beschrieben, den Gott mit den Menschen und insbesondere mit dem
jüdischen Volk geschlossen hat. Dieser Bund beinhaltet nach der jüdischen Lehre 613 Mitzwot.
Diese Mitzwot (248 Gebote und 345 Verbote) bestimmen das gesamte Leben eines frommen
Juden. Die mündliche Lehre wurde erst circa 220 n.Chr. von Jehuda haNasi in der Mischna
schriftlich fixiert. Die Mischna bildet die Grundlage des Talmuds.
Der Vorteil der Tora gegenüber den Evangelien besteht eindeutig darin, dass die
Zusammensetzung der Tora unstrittig ist, während es einen Unterschied zwischen den neutestamentarischen Evangelien und den apokryphen Evangelien gibt.
Die neu-testamentarischen Evangelien, welche im Volksmunde mit dem Begriff der Evangelien
gleichgesetzt werden, bestehen aus:
1. Matthäus Evangelium
2. Markus Evangelium
3. Lukas Evangelium
4. Johannes Evangelium
Zu den apokryphen Evangelien gehören unter anderem:
1. Petrus Evangelium
2. Thomas Evangelium
3. Judas Evangelium
4. Barnabas Evangelium
5. Maria Evangelium
Der Kritik des Islam, dass die Evangelien „verfälscht“ worden seien, muss zu Gute gehalten
werden, dass die verschiedenen Evangelien sich in der Tat widersprechen. Da sich die
Evangelien widersprechen wird argumentiert, dass prinzipiell das Wort Gottes hier verändert
worden sei. Sind die Unterschiede der meisten Evangelien teilweise nur als punktuell
anzusehen, so muss natürlich vermerkt werden, dass es ein Evangelium gibt, welches in
dieser Streitfrage für Muslime von besonderer Relevanz ist.
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Von besonderer Bedeutung in diesem Zusammenhang ist das Barnabas-Evangelium, das
sogenannte „wahre Evangelium Jesu, genannt Christus, eines neuen Propheten, der von Gott
der Welt gesandt, gemäß dem Bericht des Barnabas, seines Apostels“. Besondere Relevanz
erlangt das Barnabas Evangelium dadurch, dass es –sofern Barnabas wirklich der Verfasser
ist- das einzige Evangelium ist, dessen Verfasser wirklich Zeuge der Ereignisse um Jesus war.
Das Barnabas Evangelium erzählt ebenfalls die Lebensgeschichte Jesu bis zu seinem Tod,
leugnet aber die Existenz der Trinität, die Gottessohnschaft Jesu, den Erlösertod am Kreuz
sowie die Auferstehung.
In Bezug auf das Barnabas Evangelium wird als Legitimierung oftmals auf den großen
Kirchenvater Irenäus verwiesen. Irenäus von Lyon (geboren 135, gestorben 202) verweist
nicht nur auf das Judas Evangelium sondern auch auf das Barnabas Evangelium und aufgrund
der besonderen Relevanz des Kirchenvaters Irenäus als erster systematischer Theologe des
Christentums hat dies eine enorme Relevanz. Obgleich es nicht mehr zu recherchieren ist, soll
das Barnabas Evangelium dem Kanon der alexandrinischen Kirche angehört haben und erst
durch das Konzil von Nicäa im Jahre 325 verboten worden sein. Als Beweis für die Existenz
des Barnabas Evangeliums wird oftmals auch auf das Decretum Gelasianum de libris
recipiendis et non recipiendis des Jahres 496 verwiesen, welches im Verzeichnis der
apokryphischen Schriften das Barnabas Evangelium als eines der nicht angenommen Bücher
bezeichnet.
Nicht vergessen werden darf in diesem Zusammenhang natürlich die Tatsache, von wann zum
Beispiel die ersten vollständig erhalten Handschriften der Hebräischen Bibel (=Altes
Testament) in der Originalsprache stammen. Der Codex Leningradiensis als älteste Version
des Alten Testaments wird auf das Jahr 1008 datiert, ist Teil der Sammlung Abraham
Firkowirtschs sowie in der Russischen Nationalbibliothek in St. Petersburg zu bewundern. Der
Codex von Aleppo datiert zwar auf das Jahr 920 und ist somit knapp 88 Jahre älter, enthält
aber nach der Beschädigung im Jahr 1947 nur noch 295 der 487 ursprünglichen Seiten. Viel
älter ist zweifelsfrei die Septuaginta, d.h. die älteste durchgehende Übersetzung der
Hebräischen Bibel ins Griechische. Die Septuaginta soll im Zeitraum von 250 vor unserer
Zeitrechnung bis zum Jahr 100 in Alexandria entstanden sein. Das Judentum lehnt die
Septuaginta jedoch seit der Antike ab.
Vollständig erhaltene Handschriften des Neuen Testaments sind:
1. Codex Sinaiticus:
Es ist dies die einzige vollständige Handschrift des Neuen Testaments in Unizal-Schrift.
Der Codex Sinaiticus ist ein Bibel-Manuskript aus dem vierten Jahrhundert, welches
1844 im Katharinenkloster am Berg Sinai in Ägypten entdeckt wurde. Man nimmt an,
dass Kaiser Konstantin I. im Jahr 320 den Auftrag zur Erstellung gab. Inhaltlich umfasst
der Codex Sinaiticus große Teile des Alten Testaments, das gesamte Neue Testament
vom Matthäus Evangelium bis zur Offenbarung nach Johannes sowie als
apokryphische Schriften der Brief des Barnabas sowie der Hirte von Hermas. Die
Reihenfolge der neutestamentlichen Bücher ist wie folgt gegeben: die vier Evangelien,
die Briefe des Paulus, die Apostelgeschichte, die restlichen Briefe, die Offenbarung
des Johannes. Der Text des neuen Testamentes hat jedoch Lücken in den vier
Evangelien, der Apostelgeschichte sowie dem Römerbrief. Der Codex Sinaiticus ist
unter www.codexsinaiticus.org/de vollständig online gestellt. Der Codex Sinaiticus
repräsentiert den alexandrinischen Texttyp und ist der Kategorie I zuzuordnen.
2. Codex Vaticanus Graecus 354 (datiert auf das Jahr 949, in griechischer Sprache, im
Vatikan)
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Der Codex Vaticanius wird in der Vatikanischen Bibliothek verwahrt und stellt eine
griechische Handschrift des Neuen Testaments dar, welche aus dem Jahr 949 datiert.
Die Handschrift ist vollständig. Der Codex Vaticanus Graecus 354 repräsentiert den
byzantinischen Texttyp der Kategorie V.
Natürlich existieren noch weitere -viel ältere- Textquellen wie die Papyrusrollen von Qumran.
Hier ist jedoch zu vermerken, dass diese nur Fragmente darstellen.
4. Der Glaube an die Propheten
Insgesamt werden im Koran fünfundzwanzig Propheten erwähnt, die wie folgt widergegeben
werden
arabischer Name
biblischer Name
arabischer Name:
Adam
Adam
Schu´aib
Nuh
Noah
Musa
Mose
Idris
Henoch
Harun
Aaron
Alyas´
Elias
Salih
Ibrahim
Abraham
Hud
biblischer Name:
Dhul-kifl
Dawud
David
Zakariya
Zacharias
Lut
Lot
Yunus
Jonas
Sulayman
Salomon
Isma´il
Ismael
Ilyas
Elias
Ishaq
Isaak
Yahya
Johannes
Ja´qub
Jakob
Isa
Jesus
Yusuf
Joseph
Muhammad
Ayyub
Hiob
Adam, Abraham und Mose werden im Islam (wie im Christentum) als Propheten angesehen,
Jesus und Mohammed werden jedoch unterschiedlich interpretiert.
Wichtig für die Priorisierung der einzelnen Propheten ist Sure 2, Vers 136:
„Sagt: „Wir glauben an Gott und an das, was uns von droben erteilt worden ist, und das, was
Abraham und Ismael und Isaak und Jakob und ihren Nachkommen erteilt worden ist, und das,
was Moses und Jesus gewährt worden ist, und das, was allen anderen Propheten von ihrem
Erhalter gewährt worden ist: Wir machen keinen Unterschied zwischen irgendeinem von
Ihnen. Und ihm ergeben wir uns.““
19
Adam:
Im Koran ist die Geschichte von Adam und Eva ebenfalls bekannt. In diesem Zusammenhang
spielt der Teufel (iblis) eine bedeutende Rolle. Iblis widersetzt sich aus Überheblichkeit als
einziger dem Befehl Gottes, sich vor Adam niederzuwerfen.
Die Versuchung Adams und Evas wird in Sure 7, Vers 19 folgende dargestellt:
„Und was Dich angeht, o Adam, wohne du und deine Frau in diesem Garten und esst ihr
beiden, was immer ihr essen mögt; aber nähert euch nicht diesem einen Baum, dass ihr nicht
Übeltäter werdet. Daraufhin flüstert Satan den beiden ein mit der Absicht, ihnen ihre Blöße
bewusst werden zu lassen, derer sie bis dahin ungewahr gewesen waren; und er sagte: „Eurer
Erhalter hat euch diesen Baum nur verboten, dass ihr beiden nicht wie Engel werdet oder dass
ihr für immer lebt.“ Und er schwor Ihnen: „Wahrlich, ich bin von denen, die euch fürwahr Gottes
wünschen!“ –und also verlockte er sie mit täuschenden Gedanken. Aber sobald die beiden die
Frucht des Baumes gekostet hatten, wurden sie sich ihrer Blöße bewusst. Und sie fingen an,
sich mit zusammengefügten Blättern des Gartens zu bedecken. Und ihr Erhalter rief Ihnen zu:
„Habe ich Euch nicht diesen Baum verboten und euch gesagt „Wahrlich, Satan ist euer offener
Feind“. Die beiden erwiderten “O, unser Erhalter! Wir haben uns selbst versündigt und wenn
Du uns nicht Vergebung gewährst und Deine Barmherzigkeit erteilst, werden wir ganz gewiss
verloren sein.“ Da sagte er: „Hinab mit Euch, und seid hinfort einander Feinde, auf Erden eure
Bleibe und eine Lebensunterhalt für eine Weile habend: dort sollt ihr leben“ fügte er hinzu.
„Und dort sollt ihr sterben und von dort sollt ihr am Auferstehungstag hervorgebracht werden.“
Adam und Eva wird im Islam -im Gegensatz zur christlichen Dogmatik- im Koran verziehen.
Hieraus entwickelt sich aber eine ganz besondere Relevanz als Folge. Während im
Christentum der Glaube an die Erbsünde existiert, wird der Mensch laut islamischem Glaube
mit einem weißen Blatt geboren, das heißt hiernach ist jeder Mensch erst einmal sündenfrei
geboren. Ein -vor allem aus soziologischer Sicht- interessanter Aspekt besteht im Übrigen
darin, dass im Islam sowohl Adam als auch Eva gleichermaßen für die Vertreibung aus dem
Paradies verantwortlich sind, während aus christlicher Sicht hierfür primär Eva verantwortlich
ist.
Abraham (Ibrahim):
Eine sehr wichtige Stelle unter den Propheten hat im Islam -aber auch in den anderen
Buchreligionen Christentum und Judentum- Abraham, der jedoch im Islam Ibrahim genannt
wird.
Ibrahim erkannte als erster, dass es nur einen einzigen Gott gibt. Dabei nahm er einen Konflikt
mit seinem Vater (laut Koran ist dies Azar, laut Bibel ist Terach sein Vater) in Kauf, der dem
Polytheismus anhing. Er zerstört die Götzenbilder seines Vaters und wird zur Strafe ins Feuer
geworfen. Er wird jedoch auf wundersame Weise gerettet, so dass sich durch dieses Wunder
viele -darunter auch Lot- direkt zu dem einen Gott bekennen. In diesem Zusammenhang sei
vor allem auf Sure 21 verwiesen.
Im Koran (wie auch in der Bibel) wird dann davon berichtet, dass Ibrahim einer schweren
Prüfung unterzogen wurde, da er auf Geheiß Gottes seinen Sohn opfern soll. Ibrahim lässt
durch seine Taten erkennen, dass er zu diesem Opfer bereit sei, woraufhin Gott eingreift. Statt
Ibrahims Sohn wird ein Schlachtopfer dargebracht.
Sure 37, 107:
„Und wir lösten ihn aus mit einem gewaltigen Opfer und ließen unter späteren Generationen
also seiner gedenken: „Frieden sei auf Ibrahim.““
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Das Schlachtopfer Ibrahims gilt als das Vorbild für rituelle Schlachtopfer während der
Wallfahrtszeit sowie während des Opferfestes.
Eine weitere besondere Relevanz erlangt Ibrahim im Übrigen dadurch, dass er mit seinem
Sohn Ismail die Gedenkstätte an Gott mit göttlicher Fügung widerentdeckt und neu errichtet.
Somit geht die Haddsch, d.h. die Wallfahrt nach Mekka auf Ibrahim zurück.
Während sich alle Buchreligionen einig sind, dass Abraham in Hebron begraben ist, gibt es
unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich seines Geburtsortes. Muslime sind der
Überzeugung, dass Ibrahim in Sanhurfa neben Haran geboren ist, während Christen davon
ausgehen, dass er in Ur in Chaldäa geboren ist. Hebron und Sanhurfa sind die viert- bzw.
fünftheiligste Stätte des Islam.
Mose:
Mose wird im Koran als Empfänger des Buches bezeichnet. Im Koran werden verschiedene
Episoden erzählt, die auch aus der christlichen Bibel bekannt sind:
-
der Bundesschluss am Berge Sinai
-
die Ungehorsamkeit der Israeliten
-
die Flucht der Israeliten
-
die Sendung des Moses
-
die über Ägypten gesandten Plagen
-
die Konfrontation Mose mit den ägyptischen Magiern
-
die Wüstenwanderung
-
die Bestrafung des Pharao
Jesus (Isa bin Maryam):
Der große Unterschied zwischen Christentum und dem Islam besteht darin, dass Isa bin
Maryam im Islam nicht der Sohn Gottes ist.
Kennzeichnend ist hier erst einmal Sure 2, Vers 87:
„Wir gewährten Jesus, dem Sohn der Maria, allen Beweis der Wahrheit und stärkten ihn mit
heiliger Eingebung“
Hieraus wird offensichtlich, dass Isa bin Maryam Prophet ist, aber nicht Sohn Gottes.
Was die unbefleckte Empfängnis Maryams anbelangt, so ist hier eine Kongruenz zur
christlichen Bibel zu sehen. Sure 19, Vers 19ff. ist hier mehr als aufschlussreich:
„Der Engel antwortete: „Ich werde dir das Geschenk eines mit Reinheit versehenen Sohnes
erteilen.“ Sie (Maryam) sagte: „Wie kann ich einen Sohn haben, da kein Mann mich je berührt
hat? – denn ich bin niemals eine liederliche Frau gewesen! Der Engel antwortete: „Also ist es,
aber dein Erhalter sagt: „Dies ist leicht für mich und du sollst einen Sohn haben, auf dass wir
ihn zu einem Symbol für die Menschheit und einem Akt der Gnade von uns machen.““
Auch Isa erklärt selbst, dass er nur Prophet und nicht Sohn Gottes ist. Sure 19, Vers 30 ff.:
„Aber er (Isa) sagte: Siehe, ich bin ein Diener Gottes. Er hat mir Offenbarung gewährt und
mich zu einem Propheten gemacht und mich gesegnet, wo immer ich sein mag; und er hat mir
Gebet und Mildtätigkeit geboten, solange ich lebe. … „Darum war Frieden auf mir am Tag, da
21
ich geboren wurde, und wird auf mir sein am Tag meines Todes und am Tag, da ich wieder
zum Leben auferweckt werde!““
Interessanter Weise wird im Koran auch darauf verwiesen, dass die Christenheit uneins über
die Natur Jesus ist. Sure 19, Vers 36 ff.:
„Und (also war es, dass Jesus immer sagte): „Wahrlich, Gott ist mein Erhalter wie auch euer
Erhalter; so betet keinen anderen als ihn an. Dies allein ist ein gerader Weg. Und doch sind
die Sekten, die der Bibel folgen, untereinander uneinig über die Natur von Isa!“
Ein wichtiger Unterschied zwischen Islam und Christentum in Bezug auf Isa (Jesus) bezieht
sich des Weiteren auf die Kreuzigung. Vergegenwärtigen wir uns hierzu Sure 4, Vers 157 ff.:
„Doch sie haben ihn (Isa) nicht getötet, und sie haben ihn auch nicht gekreuzigt, sondern es
schien ihnen nur, als ob es so gewesen wäre; und wahrlich, jene, die widersprüchliche
Ansichten darüber haben, sind fürwahr verwirrt, haben kein wirkliches Wissen davon und
folgen bloßer Mutmaßung. Denn sie haben ihn mit Gewissheit nicht getötet: nein, Gott hat ihn
zu sich erhöht – und Gott ist fürwahr allmächtig, weise.“
Muhammad:
Aufgrund der besonderen Relevanz von Muhammad für den Islam werden wir uns des Lebens
Muhammads in besonderer Art und Weise gesondert widmen. Vergegenwärtigen wir nun
jedoch einer Aspekte des Lebens des Propheten Muhammad. Eindeutig ist hier Sure 3, Vers
144:
„Und Muhammad ist nur ein Gesandter; all die (anderen) Gesandten sind vor ihm
dahingegangen: wenn er denn stirbt oder getötet wird, werdet ihr umkehren auf euren Fersen.“
Seine besondere Rolle unter den Propheten wird aus Sure 33, Vers 40 deutlich:
„(Und wisst, o Gläubige, dass) Muhammad nicht der Vater von irgendeinem eurer Männer
sondern Gottes Gesandter und das Siegel aller Propheten ist. Und Gott hat fürwahr volles
Wissen von allem.“
Nach Muhammad wird es nach islamischer Sicht keinen Propheten mehr geben.
Die besondere Rolle Mohammads als Gesandter Gottes, dem mit dem Koran die Offenbarung
Gottes herabgesandt wurde, wird unter anderem ersichtlich aus Sure 47, Vers 2:
„Denen aber, die glauben und tun, was recht ist, und die an das glauben, was auf Mohammed
als Offenbarung herabgesandt worden ist – es ist ja die Wahrheit und kommt von ihrem Herrn, denen tilgt er ihre schlechte Taten und bringt alles für sie in Ordnung.“
Folgende Aussagen aus dem Koran und der Sunna charakterisieren den Gesandten
Muhammad:
-
Er hat die höchste Rangstufe unter den Gesandten Allahs und somit unter allen
Menschen.
-
Er war ein Gesandter und ein Diener Allahs. Er war Allah gegenüber absolut ergeben
und er hat niemals, keinen einzigen Augenblick Schirk betrieben oder jemals Götzen
angebetet.
-
Er hat niemals kleine, leichte oder schwere Sünden begangen.
-
Er war der letzte in der langen Reihe aller Gesandten Allahs.
-
Er ist Imam und Vorbild aller Muslime und der Gesandte für die gesamte Menschheit.
22
Auch im Judentum sind Propheten zu finden. Zu den großen Propheten im Judentum zählen:
Jesaja, Jeremia, Baruch, Ezechiel sowie Daniel. Zu den kleinen Propheten im Judentum
zählen: Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zefanja, Haggai,
Sacharja, Maleachi. Prophetie ist im Tanach, der hebräischen Bibel, ein wesentlicher
Bestandteil der Offenbarung JHWHs für Israel. Hier bilden die Nebi’im (Propheten) den
zweiten Hauptteil nach der Tora. Aus Sicht des Judentums sind jedoch weder Jesus noch
Muhammad Propheten.
5. Der Tag des Jüngsten Gerichtes und das Leben nach dem Tod
Das Jüngste Gericht findet sich sowohl im Christentum als auch im Islam. Es reicht jedoch
nicht aus, sich erst mit dem Tag des Jüngsten Gerichtes zu beschäftigen. Der Tag des
Jüngsten Gerichtes muss in einen Kontext eingefügt werden:
Nach dem Tod trennt der Todesengel die Seele vom Körper. Mit Hilfe zweier Engel wird die
Seele zum Himmel geführt, wo diese -sofern gerecht- aufgenommen in die höchsten Sphären
vor Allah geführt wird, hiernach aber nochmals zu ihrem Körper auf die Erde zurück geschickt,
wo dieser bis zur Auferstehung schläft. Wichtig ist im Übrigen auch die Befragung im Grab
nach der Bestattung.
Die Engel Munkar und Nakir stellen dem Verstorbenen dabei vier Fragen:
-
Wer ist dein Gott?
-
Wer ist dein Prophet?
-
Was ist deine Religion?
-
Wohin zeigt deine Gebetsrichtung?
Waren die Antworten des Verstorbenen richtig, nehmen sich die Engel Mubashar und Bashir
an, trösten ihn und verheißen ihm das Paradies. Ansonsten wird der Verstorbene in Ruhe
gelassen. Es folgt eine Wartezeit (al-barzakh) bis zu dem durch die Auferstehung eingeleiteten
Jüngsten Gerichtes. Vor dem Jüngsten Gericht wird es jedoch noch eine kurze Herrschaft des
Bösen geben, welcher jedoch letztlich besiegt wird.
Es gibt einige direkte Zeichen hierfür:
1. Ad-dadsch-dschal:
Am Ende der Tage wird ein Mensch erscheinen, der sich als Gott bezeichnen wird und
Göttlichkeit vortäuschen wird. Er wird große auffällige Taten vollbringen, die wie
Wunder aussehen und die meisten Menschen werden ihm glauben. Isa (Jesus) wird
jedoch zu dieser Zeit mit Erlaubnis Allahs zur Erde hinabsteigen, um Ad-dadsch-dschal
zu töten und letztlich wird er ihn auch töten.
2. Das Herabsteigen von Isa (Jesus):
Während der Herrschaft von Ad-dadsch-dschal wird Isa (Jesu) herabsteigen, um mit
den Muslimen gegen Ad-dadsch-dschal zu kämpfen. Nach dem Sieg wird er noch eine
Zeit lang leben und darauf verweisen, dass er nicht Gottes Sohn ist und gerecht nach
dem Islam richten. Zum Schluss wird er eines natürlichen Todes sterben und nach
islamischen Brauch bestattet.
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3. Das Erscheinen von Yadschudsch und Madschudsch:
Yadschudsch (Gog) und Madschudsch (Magog) werden kurz vor dem Jüngsten
Gericht erscheinen und das unmittelbare Eintreffen des Jüngsten Tages ankündigen.
4. Das Aufgehen der Sonne vom Westen
Am Ende der Zeit wird die Sonne -nicht wie bisher- vom Osten sondern vom Westen
aufgehen.
Am Tage des Jüngsten Gerichtes werden alle auferweckt. Jeder einzelne wird persönlich von
Gott bewertet und beurteilt. Das Lebensbuch, in dem alle (guten und bösen) Taten verzeichnet
sind, spielt dabei eine sehr große Rolle. Die Taten der Menschen werden dann auf einer
Waage gewogen. Bei der Beurteilung wird dann nach drei Kategorien beurteilt:
-
Menschen, die ohne Abrechnung direkt in die Dschanna (=Paradies) gelangen
-
Menschen, die einer leichten Abrechnung unterzogen werden
-
Menschen, die einer schweren Abrechnung unterzogen werden
Hiernach müssen die Menschen die Brücke (as-sirat) passieren, die über Dschannam (=Hölle)
aufgeschlagen ist. Nach dem Überqueren von As-sirat werden die Muslime auf einer
Gewölbebrücke versammelt. Hier muss solange verblieben werden, bis die Säuberung
abgeschlossen ist. Nun erfolgt der Gang in die Dschanna (=Paradies), wo die Muslime auch
Allah sehen werden. Alle anderen gehen in die Hölle.
Kommen wir nun zur Thematik Himmel und Hölle im Christentum. Die allgemeine Lehre der
Kirche wird in diesem Falle zum Beispiel vom Kirchenvater Augustinus (354-430) begründet,
der aus der Bibel heraus eine ewige Strafe begründet. Da laut Augustinus das äonische Leben
endlos sei, müsse auch die im Matthäus Evangelium (Mt 35, 46) bezeichnete äonische Strafe
endlos sein. Auch schafft das Athanasische Glaubensbekenntnis im Christentum klare Fakten.
Laut diesem erhalten diejenigen, welche Gutes getan haben, das ewige Leben, während
diejenige, die Böses getan haben, das ewige Feuer erhalten. Durch Augustinus eingeführt und
von Papst Gregor dem Großen (540-604) bestätigt wird in das Christentum auch die Lehre
des Fegefeuers integriert. Das Fegefeuer wird biblisch begründet auf den 1. Korintherbrief (1
Kor 3,11-15) und thematisch aufgearbeitet in den Augustinus Werken „Vom Gottesstaat“ sowie
den „Bekenntnissen“. Augustinus deutete den 1. Korintherbrief dahingehend, dass vielleicht
nach dem Tod noch die Seelen einiger Gläubiger durch Feuer geläutert werden. Thomas von
Aquin (1225 – 1274), einer der einflussreichsten Theologen der Geschichte und einer der
dreiunddreißig katholischen Kirchenlehrer, vertrat ebenso diese Auffassung. Auch wenn es
vielleicht heutzutage ein wenig belustigt, so sei darauf verwiesen, dass auch das zur
Weltliteratur gehörige Hauptwerk des italienischen Dichters Dante Alighieri (1265-1321)
namens Divina Commedia (=“Göttliche Komödie“) noch heute das Bild von Himmel, Fegefeuer
und Hölle der meisten Christen prägt.
Im frühen Christentum gab es hinsichtlich der Apokatastasis vor allem bei den in der Ostkirche
anerkannten Kirchenvätern
-
Clemens von Alexandria (150-214)
-
Origenes (185-214)
-
Gregor von Nyssa (335-394)
einige sehr interessante Ausführungen.
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Nach Clemens von Alexandria passe Rache (wie sie durch das Jüngste Gericht letztlich
praktiziert werden würde) nicht zu Gottes Wesen. Origines wiederum vertrat die Auffassung:
„Und ich bin der Überzeugung, dass er (Gott) die Lasterhaftigkeit auch in geordneter Weise
(einmal) ganz und gar vertilgt, zum Heile des Ganzen.“ Hinsichtlich ihrer
Glaubensvorstellungen berufen sich beide auf die Septuaginta sowie die Apostelgeschichte
(3,21). Gregor von Nyssa wird die Aussage zugeschrieben, dass „dass es nicht hauptsächlich
und primär um Strafe ist, was Gott den Sündern auferlegt, sondern er handelt nur, um das
Böse vom Guten zu trennen und es in die segensvolle Gemeinschaft zu ziehen.“ Weitere
Kirchenväter wie Theodor von Mopsuetia (350 – 429) oder bedeutende antike christliche
Schriftsteller wie Didymus der Blinde (310-398) vertraten ebenfalls noch diesen Lehransatz,
welcher später durch den Lehransatz von Augustinus abgelöst wurde.
Die Frage nach bzgl. des Lebens nach dem Tod bleibt im jüdischen Tanach offen. Die
hebräische Bibel kennt kein Jenseits, in dem die Toten weiterleben. Sie kennt nur die
Auferstehung am Ende der Zeiten. Gleichwohl sei hier aus einigen Passagen zitiert:
Denn die Toten loben dich nicht, und der Tod rühmt dich nicht, und die in die Grube fahren,
warten nicht auf deine Treue; sondern allein, die da leben, loben dich so wie ich heute. Der
Vater macht den Kindern deine Treue kund (Jesaja 38:18–19).
Denn im Tode gedenkt man deiner nicht; wer wird dir bei den Toten danken(Psalm 6:6)?
Denn die Lebenden wissen, dass sie sterben werden, die Toten aber wissen nichts; sie haben
auch keinen Lohn mehr, denn ihr Andenken ist vergessen. Alles, was dir vor die Hände kommt,
es zu tun mit deiner Kraft, das tu; denn bei den Toten, zu denen du fährst, gibt es weder Tun
noch Denken, weder Erkenntnis noch Weisheit (Prediger 9:5, 10).
Aber deine Toten werden leben, deine Leichname werden auferstehen. Wachet auf und
rühmet, die ihr liegt unter der Erde! Denn ein Tau der Lichter ist dein Tau, und die Erde wird
die Toten herausgeben(Jesaja 26:19).
Darum weissage und sprich zu ihnen: So spricht Gott der HERR: Siehe, ich will eure Gräber
auftun und hole euch, mein Volk, aus euren Gräbern herauf und bringe euch ins Land Israels
(Hesekiel 37:12).
Du aber, Daniel, geh hin, bis das Ende kommt, und ruhe, bis du auferstehst zu deinem Erbteil
am Ende der Tage(Daniel 12:13)!
6. Die Vorherbestimmung
Der Glaube an die göttliche Vorherbestimmung ist für [Christentum und] Islam essentiell;
gleichwohl finden sich hier überraschende Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Im Rahmen
der Vorherbestimmung müssen wir uns die nachfolgenden Postulate vergegenwärtigen:
1. Gottes Vorhersehung ist unfehlbar:
Der Glaube daran, dass alles von Gott kommt und von ihm vorbestimmt ist, kann und darf
dabei jedoch nicht als Aufforderung zum Gleichmut begriffen werden. Die Vorherbestimmung
ist erst einmal dahingehend zu sehen, dass wir von Gott nicht für die Dinge zur Verantwortung
gezogen werden, die außerhalb unseres Verantwortungsbereiches ist. Trotzdem muss der
Mensch jedoch stets sein Möglichstes tun.
2. Gott hat alles, das bis zum Tag des Jüngsten Gerichts geschehen wird, auf der Beschützten
Tafel festgehalten. Verwiesen sei hier auf Sure 22, Vers 70:
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„Weißt Du denn nicht, dass Gott alles weiß, was im Himmel wie auf Erden geschieht? Alles
dies, siehe, ist in Gottes Verzeichnis: wahrlich, dies alles zu wissen, ist leicht für Gott.“
3. Was Gott will, das geschieht, und was Gott nicht will, das geschieht nicht. Nichts geschieht
in den Himmeln oder auf der Erde ohne den Willen Gottes.
4. Gott ist der Schöpfer von allem.
Sure 25, Vers 2:
„Er, dem die Herrschaft über die Himmel und die Hölle gehört und der keinen Nachkommen
zeugt und keinen Teilhaber an seiner Herrschaft hat: denn Er ist es, der alles erschafft und
seine Natur in Übereinstimmung mit seinem eigenen Entwurf bestimmt.“
Nun könnte man natürlich argumentieren, dass es doch ungerecht sei, wen dem einen dies
und dem anderen jenes zugemutet würde. Aber auch hierzu findet sich eine eindeutige
Aussage im Koran, Sure 2, Vers 286:
„Gott belastet keinen Menschen mit mehr, als er gut zu tragen vermag. Zu seinen Gunsten
wird sein, was immer er Gutes tut, und gegen ihn, was immer er Übles tut.“
Aus den vorstehenden Argumenten kann ein Muslim jedoch auch Stärke gewinnen, da er weiß,
dass er nichts verantworten muss, was er nicht beeinflussen kann und dass ihm nur die Bürde
von Gott auferlegt bekommt, die er auch zu tragen vermag.
Vergegenwärtigen wir uns an dieser Stelle die Vorherbestimmung aus christlicher Sicht, d.h.
die Anschauungen von Calvin sowie von Augustinus.
Augustinus geht erst einmal davon aus, dass der Mensch zum ewigen Leben von Gott
vorbestimmt ist. Für die Prädestinationslehre des Augustinus wird dann sein Spätwerk Vom
Gottesstaat (De civitaue Dei) bestimmend. Vor der Schaffung des Menschen wurde der Staat
der bösen Engel (civitas diaboli) und der Staat der guten Engel (civitas dei) geschaffen, die
nach der Schaffung der Menschen dann in einen irdischen Staat (civitas terrena) und einen
Gottesstaat (civitas coelestis) übergeleitet worden sind. Nach dem jüngsten Gericht wird es
dann wiederum zwei Staaten geben:
-
civitas mortalis (-> Höllenstrafe in Ewigkeit)
-
civitas immortalis (-> ewige Herrschaft mit Gott im Himmel)
Nach Auffassung von Augustinus entspräche die Zahl der Menschen, die in den Himmel
kommen exakt der Zahl der abgefallenen Engel, so dass das göttliche Gleichgewicht hierdurch
wiederhergestellt ist. Aus dieser Lehrmeinung des Augustinus zum Gottesstaat wurde im
Mittelalter dann die Auffassung, dass der Gläubige nur durch Gehorsam gegenüber der Kirche
der Hölle entfliehen könne. Es entwickelte sich im Mittelalter die Lehre der doppelten
Prädestination mit einer impliziten Ablehnung des freien Willens des Menschen zur
Entscheidung für oder gegen Gott oder und der Souveränität des nicht
rechenschaftspflichtigen Gottes. Diese Lehre der doppelten Prädestination war für den
Reformator Calvin (1509-1564) von größter Bedeutung. Nachstehend sei die Auffassung
Calvins von der doppelten Prädestination wiedergegeben:
Gott hat die Menschen in eine Gruppe der Auserwählten und eine der Nicht-Auserwählten
geteilt. Für die Auserwählten hat Gott seine Erkenntnis bestimmt und die Auferstehung
vorhergesehen. Die Übrigen bleiben unwissend bezüglich Gottes und des Evangeliums. Laut
Calvin sind sie von Gott verdammt auf dem Weg in die ewige Hölle. Diese Entscheidung sei
noch vor der Schaffung des Universums getroffen worden und somit erst recht vor der Geburt
des einzelnen Menschen sowie vor irgendwelchen Entscheidungen, die der Mensch in seinem
26
Leben trifft. Die Gründe, warum Gott einige erwählt hat, sind unbekannt. Es ist aber
offensichtlich, dass das nicht aufgrund irgendwelcher guten Werke von Seiten des Erwählten
geschehen ist. Die Erwählung ist insofern nicht an irgendwelche in der Person des Erwählten
liegenden Bedingungen geknüpft.
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III. Das Leben des Propheten:
Es ist unverständlich, aber immer noch wissen viele –auch Muslime- viel zu wenig über
Muhammad als Gesandten Gottes. Dies ist allein deshalb mehr als traurig, da man das Leben
des Propheten kennen muss, um den Islam verstehen zu können. Dabei gibt es zum Beispiel
mit Muhammad ibn Ishaq (704-768) einen hervorragenden muslimischen Historiker, der vor
allem durch seine erstklassige Biographie über das Leben Muhammad`s bekannt wurde.
Schauen wir uns nun aber das Leben Muhammad`s an.
1. Die vorprophetische Zeit und die Berufung (570-610)
Muhammad ibn 'Abd Allah ibn 'Abd al-Muttalib ibn Haschim ibn 'Abd Manaf al-Quraschi –im
nachfolgenden nur noch Muhammad genannt- wurde 570 in Mekka geboren.
ʿAbd Allāh ibn ʿAbd al-Muttalib war der Vater des Propheten, starb aber noch vor der Geburt
von Muhammad. Er entstammte dem arabischen Stamm der Quraisch in Mekka; sein
Großvater war Haschim ibn ʿAbd Manāf, der Stammvater der Haschemiten. Der Stamm der
Quraisch führt seine Abstammung auf Abraham zurück. Zu Beginn des sechsten Jahrhunderts
übernahmen diese die Kontrolle über die Stadt Mekka. Durch Rivalitäten zerfiel der arabische
Stamm der Quraisch in verschiedene Fraktionen. Muhammad und Ali gehörten dabei dem
Stamm der Hashim an. Im Alter von sechs Jahren verlor Muhammad auch noch seine Mutter
Amina. Nach dem Tod seiner Mutter im lebte er bei seinem Großvater ʿAbd al-Muttalib (497598).Nach dessen Tod kam Muhammad unter den Schutz seines Onkels Abu Talib (550-619).
Abu Talib war Karawanenhändler und im Handel mit Syrien tätig; in Mekka war er Oberhaupt
der Banu Haschim. Bis zu seinem Tod war er Beschützer Muhammads. Während im Islam
unstrittig ist, dass Amina als Heidin starb, gibt es eine Kontroverse zwischen Sunniten, die
glauben, dass er bis zu seinem Tode dem alten Glauben anhing und den Schiiten, für die Abu
Talib Moslem war. Sohn des Abu Talib ist Ali ibn Abi Talib (598-661), der ein Vetter von
Muhammad und Schwiegersohn des Propheten war.
Muhammad verdiente sich in früher Kindheit Geld mit der Tätigkeit eines Schafshirten. In
seinem zwölften Lebensjahr nahm ihm sein Onkel auf eine erste Geschäftsreise nach Syrien
mit und es folgten weitere. Während einer Geschäftsreise kam es zur Begegnung mit einem
Einsiedler namens Bahira, der eine prophetische Zukunft Muhammads vorhersagte. Später
ging der als sehr zuverlässig bekannte Muhammad für die angesehene Geschäftsfrau Khadija
auf Geschäftsreise. Khadija, die fünfzehn Jahre älter als Muhammad war, machte Muhammad
einen Heiratsantrag, welchen er auch annahm. Khadija und Muhammad lebten 26 Jahre
glücklich zusammen, bis Khadija starb. Sie hatten sieben Kinder, die aber –bis auf die Tochter
Fatima- allesamt noch in ihrer Kindheit verstarben. Die Ehe mit Khadija hat das
gesellschaftliche Ansehen Muhammads unter der Bevölkerung in Mekka sehr gestärkt. In
Mekka herrschte zu dieser Zeit Götzendienst. Um die Kaba, in der bereits vor der Muhammads
gepilgert wurde, sollen mehr als 300 Götzen gestanden haben.
In den letzten drei Jahren vor seiner Berufung begann Muhammad regelmäßig sich in einer
Höhle namens Hira auf einem Berg nahe Mekka zu meditieren. Als er vierzig Jahre alt war,
hatte er dort seine erste Begegnung mit dem Engel Gabriel, der ihm in Gestalt eines Menschen
erschien. Gabriel drückte Muhammad drei Mal und gebot ihm zu lesen: „Lies im Namen deines
Herren, der erschuf. Erschuf den Menschen aus einem haftenden Tropfen. Lies, und dein Herr
ist der Großzügigste, der lehrte mit dem Schreibrohr, lehrte den Menschen, was er nicht
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wusste.“ Dies waren die ersten fünf offenbarten Verse im Koran. Durch dieses Szenario wurde
Muhammad zum Propheten.
Nach dieser Begegnung mit Gabriel verließ Muhammad Höhle und hörte Gabriel rufen:
„Muhammad! Du bist Allahs Gesandter und ich bin Gabriel!“ Er erhob seine Augen und sah
Gabriel. Dies wiederholte sich. Muhammad erzählte die Geschichte seiner Khadija, welche mit
Muhammad zu Ihrem Onkel Waraqa ging. Dieser war der Auffassung, dass Muhammad zum
Propheten auserwählt worden war. Für Muhammad kam dies alles überraschend und er
dachte sogar daran, sich das Leben zu nehmen. Es dauerte einige Zeit, bis sich Muhammad
vergewissert hatte, dass der Ruf ein göttlicher Ruf war und dass er nicht krank oder besessen
war. Erst nach und nach, als sich die Offenbarung und die Begegnungen mit dem Engel
fortsetzten, akzeptierte er sein Schicksal und fügte sich in diese neue Rolle.
Die erste, welche sich Muhammad im Glauben anschloss, war seine Frau. Der nächste, der
sich ihm anschloss, war sein Vetter Ali, welcher seit einigen Jahren bei ihm wohnte. Zaid, ein
ehemaliger Sklave, den Khadija ihm geschenkt und der von Muhammad frei gelassen wurde,
gehörte ebenso zur frühen Gemeinschaft wie Baraka, die ehemalige Sklavin seiner Mutter,
welche von Muhammad ebenfalls freigelassen wurde oder sein engster Freund Abu Bakr,
welcher ein wohlhabender und angesehener Mann war und der nach dem Tode Muhammads
ihm nachfolgte. Auch Uthman, welcher ebenfalls nach dem Tode des Propheten Kalif wurde
und der dunkelhäutige Sklave Bilal gehörten ebenfalls zur frühen Gemeinschaft. Die
Verkündung erfolgte nur im engsten Kreis und die frühe Gemeinschaft wuchs auf insgesamt
mehrere Dutzend an.
Zu dieser Zeit verkündete der Engel Gabriel dem Propheten einige Überlieferungen, die
Gebetswaschung und das rituelle Gebet und Muhammad gab es an die frühe Gemeinschaft
weiter. Damals war das Gebet die einzige rituelle Verrichtung der Muslime. Es sei an dieser
Stelle jedoch darauf verwiesen, dass die fünfmalige Pflicht zum Gebet erst auf der Himmelfahrt
des Propheten offenbart wurde. Einige Zeit später wurde dem Propheten das nächtliche
Wachen im Gebet zur Pflicht gemacht.
2. Die mekkanische Periode (610-622)
Drei Jahre nach der Berufung erhielt der Prophet die Offenbarung zur öffentlichen
Verkündung. Gegen die öffentliche Verkündung hatten die Quraisch anfangs nichts
einzuwenden. Erst als Muhammad die Ablehnung des Götzendienstes predigte, lehnten sich
die Quraisch gegen den Propheten auf, wobei ein Onkel Muhammads, Abu Lahab, ihn am
stärksten verspottete. Sein anderer Onkel, der bereits vorstehende Abu Talib, stand aber stets
hinter Muhammad, selbst als viele Quraisch Abu Talib um Muhammads wegen mit Krieg
drohten. Die Quraisch begannen, die ärmsten und schutzlosesten der Anhänger Muhammads
zu verfolgen, unter anderem auch (der dunkelhäutige Sklave) Bilal oder Sumayya, die Mutter
der Familie Yassir, welche zur ersten Märtyrerin wurde, nachdem sie das Opfer der Wut von
Abu Jahl, einem sehr einflussreichen Mann in Mekka wurde.
Da die Verfolgung immer stärkere Züge annahm, empfahl Muhammad einem großen Teil
seiner Anhänger, nach Abessinien auszuwandern, welches zum damaligen Zeitpunkt ein
christliches Land war. Obgleich die Quraisch versuchten, die Anhänger Muhammads in
Abessinien beim dortigen König zu diffamieren, blieb dieser standhaft und gewährte den
Anhängern Muhammads Asyl. Trotz aller dieser Diffamierungen wuchs die muslimische
Gemeinde stetig an, so dass die Mekkaner zur alljährlichen Wallfahrtszeit die Pilger vor den
„Verrückten“, „Besessenen“ und „Hexern“ warnten. Zu den größten Gegnern Muhammads
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gehörten zu dieser Zeit auch sein Onkel Abu Lahab und dessen Gattin Umm Jamil. Ob des
fehlenden Erfolgs boten die Gegner Muhammads schließlich diesem an, dass sie bereit wären,
seine Religion anzunehmen, wenn er in dieser ausreichend Platz für ihre Götter ließe. Dies
lehnte Muhammad jedoch entschieden ab.
Als die Verfolgung immer stärker wurde bat Muhammad Gott, in einem Gebet, dass er den
Islam durch einen der beiden „Omare“ –nämlich Omar ibn al-Khattab und Amr ibn Hischam,
genannt Abu Jahl- stärken möge. Abu Jahl beleidigte Muhammad immer stärker und bewarf
ihn eines Tages in der Moschee sogar mit einem Stein, was zu einer ernsthaften Verletzung
Muhammads führte. Hamza, Onkel und Altersgenosse von Muhammad, ergriff hiernach Partei
für Muhammad und konvertierte zum Islam. Omar, dessen Schwester Fatima zu den ersten
Muslimen gehörte, war ursprünglich wie sein Vater Khattab von Feindseligkeit gegenüber dem
Islam geprägt. Im Laufe der Zeit änderte sich dies jedoch und im Jahr 615 trat Omar –kurz
nach Hamza- ebenfalls in den Islam ein. Da Omar, welcher nicht zur Sippe Muhammads
gehörte, in den Islam eingetreten war führte dies zu einer großen Stärkung der Muslime,
welche ihren Glauben nunmehr öffentlich in der Moschee praktizieren konnten.
Ein weiterer Versuch der Quraisch, Muhammad von seinem Weg abzubringen [diesmal
vorgetragen von Tuba bin Rabia]- scheiterte dergestalt, dass Tuba bin Rabia den wartenden
Menschen kundtat, dass diese Muhammad seinen Weg gehen lassen sollten. Aufgrund dieser
Erfolgslosigkeit beschlossen die Oberhäupter der Quraisch die Großfamilie Muhammads, die
Banu Haschim mit Ausnahme Abu Laabs in Sippenhaft zu nehmen, unabhängig davon, ob Sie
Muhammad gefolgt seien oder nicht. Im Inneren der Kaba wurde ein Schriftsatz veröffentlicht,
der es verbat, Ehen mit den Banu Haschim zu schließen oder Handel mit ihnen zu treiben.
Obgleich dieses Verbot bis circa 618 dauerte und die Banu Haschim stark beeinträchtige,
waren die Quraisch hier nicht erfolgreich.
619 wurde dann ein sehr schweres Jahr für Muhammad. Sowohl sein Onkel Abu Talib als auch
seine Frau Khadija starb. Die Quraisch nutzten diese Phase aus und setzten sich über das
eigene Schutzrecht hinweg. Selbst Abu Bakr musste kurzfristig nach Abessinien fliehen. Der
Versuch Muhammads im Jahr 619, die Menschen des südlich von Mekka gelegenen Taif zu
bekehren, scheiterten, so dass er hiernach verzweifelt war, zumal er wusste, dass er den
Schutz seiner Sippe nicht mehr hatte, da der ihn bekämpfende Abu Lahab nach dem Tod von
Abu Talib Anführer der Sippe geworden war. Nach langer Suche fand Muhammad in Mut’im
bin Adiyy einen neuen Schutzpatron, der das Schutzpatronat in der Moschee öffentlich
bekannte. Mut’im sicherte dabei in der Moschee, dass er zwar Muhammad schützen wolle,
gleichwohl aber Muhammad nicht in seinem Glauben gefolgt sei.
Nach dem Tode Abu Talibs und Khadijas fanden zwei sehr wichtige Ereignissen statt:
Nachtreise und Himmelfahrt. Als Muhammad eines Tages in der Ka’ba betete kam der Engel
Gabriel zu ihm und nahm ihn auf einem Buraq (pferdähnliches Flugtier) nach al Quds (=
Jerusalem), wo er im Tempel auf eine große Gemeinschaft von Propheten traf, mit denen er
gemeinsam und als ihr Imam das Gebet verrichtete. Vor dem Gebet wurden ihm Wein und
Milch als Getränk offeriert, wobei Muhammad die Milch wählte. Daraufhin entgegnete ein
Engel: „Du hast die reine Natürlichkeit (=Fitra) gewählt.“ Nach dem Tempelbesuch erfolgte
Muhammads Himmelfahrt mit Gabriel. Im Himmel begegnete er den großen Propheten,
nämlich Adam, Johannes, der Täufer, Jesu, Josef, Aaron und Moses sowie im siebten Himmel
auch Abraham. Anschließend kam Muhammad zum Lotusbaum des äußersten Endes. Was
Muhammad von dort wahrnahm ist von so genannter himmlischer Natur. Hier empfing er auch
die Offenbarung zur Pflicht des täglichen fünfmaligen Gebets.
Im Jahr 620 kamen sechs Männer aus Yathrib (=Medina) zur Wallfahrt nach Mekka und lernten
dort Muhammad und die Botschaft des Islam kennen. Yathrib liegt vierhundert Kilometer
nördlich von Mekka. Die arabischen Stämme der Aws und Khazraj –sowie einige jüdische
30
Stämme- lebten in Yathrib, wobei die Menschen aus Yathrib –im Gegensatz zu den
umliegenden arabischen Beduinenstämmen- in der Regel Palmenbauern waren. Die sechs
Männer aus Yathrib nahmen den Islam schnell an, im Jahr 621 kamen vier Männer der Khazraj
und zwei Männer der Aws zur Wallfahrt und im Jahr 622 kamen bereits siebzig zur Wallfahrt
nach Mekka. Es kam zu einem Pakt zwischen Muhammad und den Medianern, der
wegweisend für die Zukunft sein sollte. Wider der bisherigen Erfahrungen breitete sich der
Islam in Yathrib sehr schnell aus. Ein Jahr später bestand die Delegation der Menschen aus
Yathrib bereits aus mehr als siebzig Männern und Frauen. Es wurde ein zweiter Pakt
geschlossen, durch den sich die Medinenser durch Annahme des Islams und der
Unterstützung des Propheten sich alle anderen Araber zu Feinden machten.
3. Die medinensische Periode (622-632)
Nach diesem so genannten zweiten Aqaba Pakt begannen die Muslime aus Mekka einzeln
bzw. in kleineren Gruppen auszureisen. Die Quraisch ließen die Muslime in der Regel jedoch
nur dann ausreisen, wenn diese bereit waren auf all ihr Hab und Gut zu verzichten. Als die
Auswanderung immer größere Züge annahm erkannten die Quraisch, dass durch die
fortschreitenden Aktivitäten von Muhammad sich ihr Ruf unter den Arabern der Halbinsel
immer stärker verschlechterte, so dass man sich entschloss, Muhammad ermorden zu wollen
und ersonnen dabei den nachfolgenden Plan:
Jede Sippe sollte einen Mann für die Tat bestimmen und alle diese sollten ihn gleichzeitig
überfallen und töten. Dies erschien ihnen deshalb auch einfach, da zum Schluss nur noch
Muhammad, Abu Bakr und dessen Kinder sowie Ali in Mekka verblieben. In der vermeintlichen
Mordnacht rezitierte Muhammad die Sure „yasin“, kam exakt an der Stelle „und wir haben über
sie einen Schleier gelegt, so dass sie nicht sehen können“ aus dem Haus und es verdunkelten
sich die Augen der vermeintlichen Mörder, so dass Muhammad ungehindert zu Abu Bakr
gehen konnte. Nach einer abenteuerlichen Flucht, bei der sich Muhammad und Abu Bakr in
einer Höhle verstecken mussten, kamen Muhammad und Abu Bakr zwölf oder dreizehn Tage
nachdem sie die Höhle verlassen hatten in Quba an, einem Ort unweit von Yathrib, wo er vier
Tage blieb. In diesen vier Tagen legte er den Grundstein für die erste Moschee, welche im
Islam erbaut wurde. Am darauffolgenden Freitag, als Muhammad, Abu Bakr und seine Kinder
sowie der mittlerweile ebenfalls eingetroffene Ali unterwegs nach Yathrib waren betete er das
erste Freitagsgebet. Dieser Tag war der der 12. Rabi’ al-Awwal des Jahres 1 der islamischen
Zeitrechnung.
Umgerechnet auf die europäische Zeitrechnung war die der 27. September 622. Nach seiner
freudigen Ankunft in Yathrib wurde die Stadt auch madinatu n-nabiy, die Stadt des Propheten
genannt, wobei sich jedoch sehr schnell die Abkürzung Medina durchsetzte. Die Gesellschaft
Medinas bestand aus den großen arabischen Sippen der Aws und Khazrajs –welche beiden
größtenteils bereits Muslime geworden waren und den Mekkanern. Aws und Khazrajs waren
Ansar (=Helfer), die Mekkaner waren die Muhajirun (=Emigranten). Durch geschicktes
Agieren sollte es Muhammad gelingen, die neue Glaubensgemeinschaft schnell zusammen
wachsen zu lassen. Von großer Bedeutung sollte dabei auch der gemeinsame Bau der
Moschee sein, an der sich auch der Prophet selbst beteiligte. In Medina lebten im Übrigen
aber auch die nachfolgenden jüdischen Stämme: die Banu Qainuqa, die Banu Nadhir sowie
die Banu Quraida. Mit diesen jüdischen Stämmen schloss Muhammad Verträge und auch die
anderen Religionsgemeinschaften erhielten unverändert vollständige Autonomie.
Von nun an kam es immer wieder zu Kämpfen zwischen den Quraisch und den Muslimen aus
Medina, wobei die Quraisch eigentlich numerisch hoch überlegen waren, so auch als am 17.
31
Ramadan im Jahre 2 n.H. (März 624 n.Chr.) in der Nähe des Brunnen von Badr ein Kampf
statt, an der trotz großer Überlegenheit die wichtigsten Führer der Quraisch starben und die
Muslime von Medina obsiegten. Dieser Tag wird auch als Tag der Klärung bezeichnet. Der
Sieg von Badr verschaffte den Muslimen auch einen sehr großen Respekt unter den
arabischen Stämmen und das Selbstvertrauen der Muslime wuchs gewaltig. Zum Jahrestag
von Badr stellten die Quraisch und ihre Verbündete eine Armee von 3.000 Mann und 200
Reitern zusammen, denen der Prophet Schuwal 3 n.H. (März 625 n.Chr.) mit 1.000 Mann zum
Berg Uhud entgegenritt, um eine Belagerung Medinas zu verhindern. Nachdem der Abdullah
bin Ubayy mit einem großen Teil der Khazraj den Propheten im Stich gelassen hatte, musste
der Prophet mit nur 700 Mann in den Kampf ziehen. Obgleich Muhammad eine endgültige
Niederlage vermeiden konnte, waren die Verluste sehr groß. Auch Hamza, der geliebte Onkel
des Propheten starb im Kampf.
Der jüdische Stamm der Banu Nadhir, mit dem Muhammad eigentlich einen Vertrag
geschlossen hatte, wechselte nach der Niederlage bei Badr die Propheten, solidarisierte sich
durch ihren Anführer Ka’b bin Aschraf mit den Mekkanern und versuchte diese zu einem
erneuten Angriff zu bewegen. Daraufhin ließ Muhammad ihn ermorden. Im Gegenzug
versuchten die Banu Nadhir im Monat Rabi’ al-awwal 4 n.H. (August 625 n.Chr.) den
Propheten zu ermorden, was jedoch misslang. Als Reaktion hierauf wurden sie ins Exil
geschickt. Da sich die Banu Nadhir nicht hiermit abfinden konnten organisierten sie unter
Federführung von Huyay bin Akhtab eine Allianz von mehr als 10.000 Kriegern gegen Medina.
Muhammad konnte hiergegen nur maximal 3.000 Krieger aufwarten, so dass die endgültige
Niederlage Muhammads besiegelt schien. Der Perser Salman riet Muhammad zu einer
Kriegskunst, die bis dato auf der arabischen Halbinsel unbekannt war: dem Ausheben eines
Grabens vor der Stadt, welcher die Feinde vor dem Eindringen in die Stadt bewahren sollten.
Diese Option war auch erst einmal erfolgreich. Die Lage spitze sich dadurch noch zu, als es
Huyay bin Akhtab aus dem Stamm der Banu Nadhir, gelang, die Banu Quraida zu dem
Entschluss zu bewegen, ihren Vertrag mit dem Propheten zu brechen und den Muslimen in
den Rücken zu fallen. Wie durch ein Wunder kam Hilfe von ganz unerwarteter Seite. Ein Mann
namens Na’im bin Mas’ud aus einem der Stämme der Ghatafan, der großes Vertrauen bei den
Quraisch und bei den Juden der Banu Quraida genoss , gelang es Misstrauen zwischen den
Quraisch und den Banu Quraida zu säen, so dass die Allianz zerbrach. Für diesen Verrat
mussten die Kämpfer der Banu Quraida mit dem Leben bezahlen und die Frauen und Kinder
wurden versklavt. All dies geschah im März 627.
Im Monat dhu l-Qa’da des Jahres 6 n.H. (März 628) machte sich der Prophet zusammen mit
etwa 1.400 Muslimen auf den Weg nach Mekka. Dies brachte die Mekkaner in eine brenzlige
Situation, da sie eigentlich als Hüter des Heiligtums in einem heiligen Monat den Zugang zur
Moschee erlauben mussten, sie aber dadurch, dass sie Muhammad und seinen Getreuen den
Zutritt erlaubt hätten, dies eine Anerkennung des muslimischen Gemeinwesens gleich
gekommen wäre. Die Mekkaner entschlossen sich, Muhammad die Wallfahrt zu verweigern
und schickten ihm Kampftrupps entgegen. Man verhandelte und schließlich wurde der Vertrag
von Hudaybiya mit folgendem Inhalt geschlossen:
1. Die Muslime kehren diesmal zurück und dürfen erst in einem Jahr wieder nach Mekka
pilgern
2. Ein zehnjähriger Waffenstillstand wird vereinbart
3. Bündnisfreiheit für die anderen arabischen Stämme; Verbündete genießen denselben
Schutz wie die Bündnispartner selbst
4. Männer, die aus Mekka zum Propheten flüchten, werden von ihm zurückgewiesen,
während Flüchtlinge aus Medina nach Mekka nicht zurückgewiesen werden.
32
Auch wenn dieser Vertrag auf den ersten Blick nicht vorteilhaft erschien, so führte er letztlich
doch dazu, dass sich der Islam sehr schnell ausbreitete.
Nach dem Vertrag von Hudaybiya wandte sich der Prophet den zwei verbliebenen Feinden
aus der Grabenschlacht zu. Der Prophet marschierte zu Beginn des Jahres 7 n.H. (Mai 628
n.Chr.) nach Khaibar und nahm nur jene 1.400 Männer des „Treueids des Wohlgefallens“ mit.
Durch die List, die Festungen der Khaibar nicht zugleich sondern nacheinander anzugreifen,
gelang es Muhammad und seinen Getreuen in einem Zeitraum von drei Wochen, alle acht
Festungen einzunehmen. Mit einem Überraschungsangriff entledigte sich Muhammad nun
auch noch des Problems der Ghatafan, welche in großer Zahl Muslime wurden.
Während des Kampfes um Khaibar traf Ja’far, der Vetter des Propheten, zusammen mit den
Männern und Frauen, die nach Abessinien geflohen waren und dort mehr als dreizehn Jahre
im Exil gewesen waren, in Medina ein. Über die Rückkehr der so genannten Abessiner
herrschte sehr große Freunde. Nun standen neue Konflikte mit den beiden Großmächten im
Norden, den Byzantinern und den Persern bevor:
Ein arabischer Statthalter der Byzantiner aus dem Stamm der Ghassan nahm den Botschafter
des Propheten fest und tötete ihn. Dies war der Anlass für die größte und gefährlichste
Expedition, die der Prophet je entsandte. Im Jumada Awwal des Jahres 8 n.H.
(August/September 629) entsendete er ein Heer von 3.000 Mann zu den Ghassan. Als ihre
Führer ernannte er drei Männer, die sukzessive die Heeresführung übernehmen sollten, wenn
die jeweils anderen fallen sollten.
Die Muslime standen mit 3.000 Mann einer gigantischen Übermacht gegenüber.
Überlieferungen berichten von 200.000 gut gerüsteten und kampferprobten Byzantinern. Der
Kampf war erbittert und die Muslime verloren alle ihre drei Anführer. Sie bestimmten den
unübertroffenen Feldherren Khalid ibn al-Walid, der sich vor kurzem der Gemeinschaft des
Propheten angeschlossen hatte, als ihren neuen Anführer. Es gelang ihnen am zweiten Tag,
den Feinden durch geschickte Manöver eine viel größere Zahl und die Ankunft einer
Verstärkung vorzutäuschen. Als die Muslime dann einen geordneten Rückzug antraten,
fürchteten die Byzantiner, sie versuchten sie damit in eine Falle in der Wüstenebene zu locken
und sahen von ihrer Verfolgung ab.
Trotz des Vertrages von Hudaybiya wurden die Quraisch vertragsbrüchig und die Banu Bakr
–von den Quraisch mit Waffen versorgt- griffen die dem Propheten getreuen Khuza’a an und
töteten einige von ihnen. Khuza’a flohen in den Schutz des Heiligen Bezirks von Mekka, in
dem das Blutvergießen nach arabischen Brauch streng verboten war. Aber die Banu Bakr
setzten sich über dieses Verbot hochmütig hinweg und es kam zu einem Massaker an den
überwältigten Khuza’a. Abu Sufian begriff gleich nach dem Geschehen, dass die Quraisch
vertragsbrüchig geworden waren. Und er hatte kein Interesse an einer erneuten Konfrontation.
Unterdessen hatte der Muhammad –nachdem er von dem Massaker gehört hatte- mit den
Vorbereitungen für einen Feldzug gegen Mekka begonnen. Er achtete diesmal streng auf die
Geheimhaltung des Vorhabens, um die Mekkaner zu überraschen und so Blutvergießen zu
verhindern. Dies gelang denn auch. Erst als sie vor den Toren von Mekka lagerten, erfuhr Abu
Sufian von dem Aufmarsch. In der letzten Nacht vor dem Einmarsch in die Stadt konnte er von
einer Anhöhe aus ein beeindruckendes Meer von Lagerfeuern des muslimischen Heeres
betrachten. Es war mit 10.000 Mann das bei weitem größte Heer, das die Muslime bisher
zusammengestellt hatten. Der Onkel des Propheten, Abbas, der nach den meisten
Überlieferungen erst vor einigen Tagen den Islam angenommen hatte und zum Propheten
gestoßen war, suchte seinen Freund Abu Sufian auf und überredete ihn, zum Propheten zu
gehen. Er sollte sich mit ihm einigen, bevor er in die Stadt einmarschieren würde. Der Prophet
fragte ihn, als er bei ihm im Zelt saß: „Abu Sufian, ist für dich denn nicht schon längst die Zeit
33
gekommen, zu erkennen, dass es keinen Gott gibt außer Allah?“ Abu Sufian antwortete: „Du
bist edel und großzügig! Wenn es andere Götter gäbe als Ihn, sie hätten uns dies doch
erspart.“ Doch als es zum Glauben an den Gesandten kam, bekannte Abu Sufian, dass er in
diesem Punkte nicht frei von Zweifeln sei. Auf Drängen von Abbas sprach Abu Sufian dennoch
das Glaubensbekenntnis. Abu Sufian erreichte tatsächlich, dass die Mekkaner nicht zu den
Waffen griffen und so konnte Muhammad ohne viel Blutvergießen nach Mekka
einmarschieren.
Hiernach kam es dann zur berühmten Versöhnung Muhammads mit den Mekkanern. Er stellte
den Quraisch die berühmte Frage: „Was erwartet ihr, das ich mit euch tun werde?“ und sie
antworteten: „Wir denken gut und wir sprechen gut! Ein edler Bruder und Sohn eines edlen
Bruders!“ „Ich sage zu euch, was mein Bruder Josef zu seinen Brüdern sagte.“ antwortete er
ihnen dann und zitierte die entsprechende Stelle aus dem Koran, die schon zu mekkanischer
Zeit offenbart worden war: Keine Tadel soll euch heute treffen. Gott verzeihe euch. Er ist der
Barmherzigste aller Barmherzigen. (yusuf; 12; 92). Daraufhin konvertierten die Mekkaner in
sehr großer Menge zum Islam.
Muhammad ließ nun die Götzen, die zu Hunderten um die Ka’ba standen, zerstören. Die
Menschen hatten den Glauben an sie nun verloren und niemand trauerte mehr um sie. Doch
der großartigste und ergreifendste Moment war sicherlich, als Bilal auf die Ka’ba stieg, um den
Adhan auszurufen. Bilal, der einstige farbige Sklave, der vor einem Jahrzehnt noch unter der
Folterpeitsche der Oberhäupter der Stadt standhaft „Einer! Einer!“ geächzt hatte, stand nun
hoch oben auf der Ka’ba selbst und rief von dort aus mit seiner schönen und starken Stimme
zum Gebet: „Allahu akbar! La ilaha illa-llah. Muhammad rasulu-llah! – Allah ist größer! Kein
Gott außer Allah! Muhammad ist Sein Gesandter!” Es war nicht nur ein unermesslicher
Triumph, sondern auch die Versöhnung der Quraisch mit ihrem Propheten, mit ihren
ausgewanderten Verwandten und Freunden – und mit sich selbst.
Die mächtigen Hawazin und Thaqif und einige andere kleinere Stämme, darunter auch die
Banu Bakr, die den Vertragsbruch der Quraisch provoziert hatten starteten einen letzten
verzweifelten Versuch, den endgültigen Sieg des Islam zu verhindern. Wieder –wie bei Uhudsiegte bei Muhammads Truppen kurzzeitiger Hochmut und in der Schlacht von Hunayn wurden
sie eine Falle gelockt. Der mittlerweile sechzigjährige Muhammad erinnerte jedoch die
seinigen an den Treueeid unter dem Eid und es gelang ihm ein weiteres Wundern, in dem er
die Hawazin und Thaqif besiegte, so dass diese sich in der Festung von Taif verschanzten.
Die Beute dieses Kriegszuges war immens: 24.000 Kamele, 40.000 Schafe, 4.000
Silbermünzen sowie 6.000 Menschenseelen. Abu Sufian verlangte für sich und seine beiden
Söhne einen sehr hohen Anteil an der Beute und auch die restlichen Mekkaner sowie die
neuislamischen Stämme erhielten einen so großen Anteil, dass die Ansar nichts erhielten und
sie dachten, dass Muhammad nur noch sein eigenes Volk kennen würde. Hierauf hielt
Muhammad eine berühmte Ansprache, welche den besonderen Stellenwert der Ansar betonte:
„Ihr Ansar, seid ihr in euren Herzen denn verstimmt wegen weltlichem Ramsch, mit dem ich
Leute für den Islam gewinnen wollte? Weil ich euch eurem Glauben überlassen habe? Seid
ihr nicht damit zufrieden, dass die Leute mit Schaf und Maultier nach Hause gehen, dass ihr
aber mit dem Gesandten Gottes heimkehrt? Denn bei dem, in dessen Händen mein Leben
liegt, wäre nicht die Hijra, ich wäre einer von den Ansar. Und wenn die Leute einen Weg
gingen, die Ansar aber einen anderen, ich ginge den Weg der Ansar.“ Dann wendete er sich
zu Gott und betete: „O Gott, Deine Gnade für die Ansar, die Kindern der Ansar und die
Kindeskindern der Ansar!“ Der Überlieferer dieser Geschichte berichtet, dass die Ansar nach
dieser Ansprache des Propheten weinten, bis ihre Bärte von ihren Tränen feucht waren. „Wir
sind glücklich mit dem Gesandten Gottes als unserem Anteil."
34
Der Prophet ernannte einen Gouverneur für Mekka und begab sich zusammen mit den Ansar
und Muhajirun zurück nach Medina. Von dort aus schickte er nun Lehrer und Gesandte zu den
verschiedenen Stämmen, die ihnen die Lehren des Islam überbringen sollten. Der
byzantinische Kaiser mobilisierte zusammen mit einigen christlich-arabischen Stämmen eine
große Armee von 40.000 Mann, die zu einem Feldzug ins arabische Kernland vorrücken sollte,
wie ihn die Araber noch nicht gesehen hatten. Muhammad kam jedoch den Byzantinern zuvor
und zog mit einem für arabische Verhältnisse gigantischen Heer von 30.000 Mann nach Tabuk
im syrischen Einflussgebiet der Byzantiner und kam dem offenbar behäbigen feindlichen Heer
zuvor. Die Wirkung blieb nicht aus. Die Feinde gingen auseinander, noch bevor sie sich recht
zusammengeschlossen hatten. Das Jahr nach Tabuk wird auch das Jahr der Delegationen
genannt. Es war das Jahr, in dem von überall her Gesandtschaften zu Muhammad kamen, um
für ihre Stämme die Annahme des Islam zu erklären und ihn um Lehrer zu bitten. In sehr kurzer
Zeit hatte die gesamte Halbinsel entweder den Islam angenommen oder war wie die Christen
von Najran Teil des neuen Staates geworden. Arabien war von nun an kein loses Gefüge von
Beduinenstämmen,
Handelsstädten
und
Palmenoasen
mehr,
sondern
ein
zusammenhängendes Staatsgebiet.
Im Jahre 10 n.H. (März/April 632) war es dann soweit. Muhammad machte sich mit einer
großen Schar von Gläubigen Männern und Frauen, d.h. einer Schar von 100.000 Schar auf
den Weg, diesen letzten Pfeiler des Islam, die fünfte rituelle Pflicht zu erfüllen: die große
Wallfahrt nach Mekka, die Hajj.
Gegen Ende des Monats Safar des Jahres 11 n.H. (Mai 632), also zwei Monate nach der
Abschiedswallfahrt, erkrankte Muhammad. Sein endgültiger Abschied vollzog sich in zwei
Wochen. Die ersten elf Tage fühlte er sich noch kräftig genug, zu jedem Gebet in die Moschee
zu gehen und es als Imam zu leiten. Er rief die Leute noch einmal zu sich und legte ihnen das
tägliche Gebet und den Koran ans Herz. Dann wies er an, die sechs oder sieben Dirham, die
sich in seinem Besitz befanden, zu spenden. Er bat die Leute, sich zu melden, wenn er ihnen
irgendetwas schuldete.
Die letzten Tage vor seinem Tod musste Muhammad liegen bleiben und bat seine Frauen um
ihre Erlaubnis, diese Zeit bei Aischa zu bleiben. Seine Tochter Fatima kam einmal zu ihm und
küsste ihn. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr und sie weinte. Dann flüsterte er ihr noch einmal
etwas zu, und sie lächelte. Später wurde sie gefragt und sie sagte, dass er ihr beim ersten Mal
gesagt hätte, dass er bei dieser Krankheit sterben würde, beim zweiten Mal hätte er ihr gesagt,
sie würde ihm als erste folgen. Fatima überlebte ihn nur um einige Monate. Bei einem weiteren
Besuch ihres Vaters weinte sie und sagte: „Oh Vater, dein Schmerz!“ Er lächelte und sprach
zu ihr: „Deinen Vater trifft nach diesem Tag kein Schmerz mehr.“
Er ließ seine Enkel Hassan und Hussain zu sich kommen und verabschiedete sich von ihnen.
Auch seine Frauen versammelte er noch einmal alle zum Abschied um sich. Einmal fühlte er
sich dann doch kräftig genug und lies sich neben Abu Bakr setzen, den er als Imam in seiner
Vertretung eingesetzt hatte. Muhammad führte das Gebet fort und die Menschen folgten ihm.
Ein weiteres Mal ließ er sich zur Tür seiner Wohnung helfen, die nur durch einen Vorhang von
der Moschee getrennt war. Er beobachtete die Gläubigen, die sich in der Verrichtung des
Morgengebets befanden und lächelte glücklich. Dann lies er sich wieder hinlegen. Eine seiner
letzten Aussagen war: „Das Gebet, das Gebet, und seid gut zu euren Sklaven.“ Seine letzten
Worte waren Gebete zu Gott: „Zusammen mit den Propheten und den Aufrichtigen und den
Märtyrern und den Rechtschaffenen. Gott vergib mir und erhebe mich in die höchste
Vereinigung! Oh Gott, in die höchste Vereinigung!“ Dies war am 12. Rabi’ Awwal im Jahre 11
n.H. (8. Juni 632).
35
IV. Glaubensrichtungen:
Aufgrund der eigenen Sozialisation ist man oftmals der Auffassung, dass nur bei der Religion,
mit der man nicht aufgewachsen ist, es eine unüberschaubare Zahl verschiedenster
Glaubensrichtungen gibt.
Auch im Christentum lassen sich verschiedene Glaubensrichtungen finden, die zweifelsfrei
nicht weniger divergieren als die Glaubensrichtungen im Islam. Eine Grobeinteilung könnte
(zum Beispiel) nach folgender Darstellung erfolgen:
I.
Ostkirchen:
orthodoxe Kirchen, orientalisch-orthodoxe Kirchen, assyrische Kirchen
II.
Katholische Kirchen:
römisch-katholische Kirche, unabhängige katholische Kirchen (wie z.B.
Altkatholiken oder Anglikaner)
III.
Evangelische Kirchen:
Lutheraner, Reformierte, Baptisten, Waldenser
Methodisten, Adventisten, Pfingstbewegung u.v.a.
IV.
Hussiten,
Mennoniten,
Apostolische Kirchen (und Religionsgemeinschaften):
Neuapostolische Kirche, Vereinigung apostolischer Gemeinden, Apostolische
Zendingkerk u.v.a.
V.
Nichttrinitarier:
Bibelforscherbewegung, Kirchen mit Bezug auf Bezug auf das Buch Mormon
u.v.a.
VI.
weitere hier nicht aufgeführte Glaubensrichtungen im Christentum
Wie man bei Christen in der Regel am einfachsten (unter Zugrundelegung eigentlich nicht
zulässiger Pauschalisierungen) in der Regel nur zwischen Katholiken und Protestanten
unterscheidet, so wird im Islam erst einmal prinzipiell zwischen Sunniten und Schiiten
unterschieden.
1. Sunniten (Hanafiten, Malikiten, Schafiiten, Hanbaliten)
Die Sunniten sind mit circa 80-85 % die größte Glaubensrichtung im Islam. Das Wort Sunniten
leitet aus dem Wort Sunna ab. Sunna ist ein altarabisches Wort, welches bereits in der
vorislamischen Zeit bekannt war. Sunna bezeichnet die Summe der zu befolgenden,
wegweisenden und nachahmenswerten Taten des Propheten sowohl im religiösen als auch
im weltlichen Leben. Die Sunna wird in Hadithen überliefert.
Der klassische Kanon der Hadith-Sammlungen besteht aus den nachfolgenden Werken:
1. die zwei gesunden Sammlungen:
al Buchari(810–870): Sahih al-Buchari, al-Dschami as-sahih („Die gesunde /
authentische Sammlung“)
36
Muslim (817–875): Sahih Muslim, al-Dschami as-sahih („Die gesunde / authentische
Sammlung“)
2. Ibn Madscha (824–887): Kitab as-sunan
3. Abu Dawud as-Sidschistani (817–889): Kitab as-sunan
4. At-Tirmidhi (824–892): al-Dschami as-sahih fi s-sunan
5. An-Nasa‘i (830–915): Kitab as-sunan
Die Sunniten unterteilen sich in die nachfolgenden Rechtsschulen:
-
Hanafiten
-
Malikiten
-
Hanbaliten
-
Schafiiten
Hanafiten
Die hanafitische Rechtsschule wurde im Osmanischen Reich zur Staatsrechtsschule erhoben
und ist deshalb in den Nachfolgestaaten des Osmanischen Reiches verbreitet. Unter den
Turkvölkern inklusive der Türken sowie unter den Sunniten des asiatischen Festlands östlich
des Irans, d.h. in Afghanistan, Pakistan, Turkmenistan, Indien, China, Usbekistan und
Kasachstan sowie in den Balkanstaaten, d.h. in Bosnien, Albanien und dem Kosovo bilden die
Hanafiten die Mehrheit. Bedeutende hanafitische Minderheiten finden sich im Libanon,
Ägypten, Palästina, Jordanien sowie im Irak. Die Hälfte der Sunniten sind Hannafiten. Gründer
der hanafitischen Rechtsschule ist Abu Hanifa (699 – 767).
Die wichtigsten Rechtsquellen der Hanafiten sind in absteigender Reihenfolge:
1. Koran:
Heilige Schrift, die die wörtliche Offenbarung Gottes an den Propheten Muhammad
enthält, vermittelt durch den Engel Gabriel.
2. Sunna:
Summe der zu befolgenden, wegweisenden und nachahmenswerten Taten des
Propheten sowohl im religiösen als auch im weltlichen Leben
3. Idschma:
Übereinstimmung der Rechtsgelehrten in einer Rechtsfrage (Konsens durch
ausdrückliche Aussage, Konsens durch allgemeine Praxis, Konsens durch
stillschweigende Billigung
4. Qiyas
Analogieschluss für die Fälle, die nicht durch die ersten drei Rechtsquellen des Fiqh
abgeleitet werden können
5. Ra’y (Istihsan)
Selbständige Interpretation der Rechtsquellen
37
Malikiten
Die malikitische Rechtsschule geht zurück auf Mālik ibn Anas ibn Mālik al-Aṣbaḥī (708-795).
Sein Hauptwerk ist der Muwaṭṭaʾ. Die malikitische Rechtsschule entstand in Medina als
Gegenbewegung zum Wirken von Abu Hanifa. Sie findet sich vor allem in Nordafrika (mit
Ausnahme Ägyptens, wo die Malikiten nur in Oberägypten die Mehrheit stellen), Spanien,
Westafrika, Zentralafrika und Kuwait. Wichtige malikitische Minderheiten finden sich im Norden
der Vereinigten Arabischen Emirate sowie im Nordosten Saudi-Arabiens (an der Grenze zu
Kuwait).
Natürlich stützen sich die Malikiten auch auf Koran und Hadithe.
Hadithe sind die Überlieferungen über Muhammad: seine Anweisungen, nachahmenswerte
Handlungen, Billigungen von Handlungen Dritter, Empfehlungen und vor allen Dingen Verbote
und religiös-moralische Warnungen, die im Koran als solche nicht enthalten sind. Die Summe
dieser Überlieferungen mit ihrem normativen Charakter bildet die Sunna des Propheten).
Idschma ist bei den Malikiten sehr wichtig, da die Sunna der Medinenser teilweise ohne
erkennbaren Bezug Sunna des Propheten ist. Die medinensische Rechtspraxis ist somit von
ganz großer Bedeutung. Für die Malikiten ist es nicht wichtig zu wissen, ob ein Hadith
authentisch ist, sondern auch, ob dieser Hadith in den letzten Jahren des Propheten noch
praktiziert wurde!
Auch ist das Allgemeinwohl (Masalih Mursala) bei den Malikiten sehr wichtig und wird als
eigenständige Quelle des Fiqh berücksichtigt. Was Malikiten von anderen Rechtsschulen
abgrenzt ist das Prinzip, Meinungsverschiedenheiten zu respektieren und zu integrieren sowie
keine Maße oder Grenzen für Angelegenheiten festzulegen, die nicht erwähnt wurden.
Schafiiten
Der Rechtsgelehrte Muhammad asch-Schafi’i, geboren 767 in Ghazza, ist sicherlich unstrittig
der bedeutendste Theoretiker des islamischen Rechts. Seine Kindheit verbrachte er in Mekka,
reiste mit 20 Jahren nach Medina, um dort bei Imam Malik islamisches Recht zu studieren.
Auch unternahm er die verschiedensten Reisen, wobei er stets ein sehr bescheidenes Leben
führte. Im Alter von 54 Jahren verstarb Muhammad asch-Schafi’i, der zu seiner Zeit das
umfangreichste Wissen in den Recht, Hadith und Literatur gehabt haben soll, in Kairo.
Schafi’i versuchte einen Mittelweg zwischen Malikiten und Hanbaliten zu finden, indem er sich
zur Wichtigkeit der Übereinstimmung der Rechtsgelehrten bekannte und sich dafür aussprach,
die Möglichkeit der Rechtsfindung durch Analogieschluss strenger zu handhaben. Hierfür
entwickelte er in seinem Hauptwerk Kitâb al-umm ein eigenständiges Rechtssystem. In seinem
bedeutenden Werk Kitâb ar-risâla analysierte er die Methoden der Rechtsprechung und die
Grundsätze des Rechtswesens. Die schafiitische Rechtsschule war früher sehr stark
verbreitet, ist heute aber „nur“ noch in großen Teilen Ägyptens, Jordaniens und der
südostasiatischen Inselwelt (Indonesien, Malaysia, Brunei, Philippinen, Süd-Thailand)
vorherrschend.
Ein wichtiger Vertreter der schafiitischen Rechtsschule war im Übrigen der schafiitische Kurde
Sultan Saladin.
38
Hanbaliten
Die Rechtsschule der Hanbaliten geht auf Ahmad ibn Hanbal (780-855) zurück. Er war Schüler
des Hanafiten Abu Yusuf sowie des Begründers schafiitischen Rechtsschule, Muhammad ibn
Idris asch-Schafi´i und als großer Exeget und Hadithgelehrter Verfasser des bekannten
Werkes al-musnad, welches mehr als 40.000 Hadithe beinhaltete. Die hanbalitische
Rechtsschule richtet sich bei ihren Entscheidungen strikt an die Auslegung des Korans und
der Suna und sprechen sich gegen die Bemühungen der Bildung eines eigenen Urteils aus,
da dies zu unerlaubten Neuerungen und Willkür führen würde. Bei den Hanbaliten findet auch
der Analogieschluss nur unter Einschränkungen die Zustimmung. Die hanbalitische
Rechtsschule ist vor allem im Staatsgebiet des Königreiches Saudi-Arabien, in Teilen einiger
Staaten der arabischen Halbinsel sowie dort von Relevanz, wo das saudi-arabische
Königshaus Macht hat.
2. Schiiten:
Die Schiiten, d.h. die „Partei“ von Ali ibn Abu Talib, stellen mit 15-20% die zweite große
Glaubensrichtung im Islam. Prinzipiell betrachten die Schiiten Ali ibn Abu Talib
(Schwiegersohn und Cousin des Propheten Mohammed) als dessen designierten Nachfolger
(Kalif) und als ihren ersten Iman. Kommen wir nun zu einem besonderen historischen Aspekt,
welcher den Unterschied zwischen Sunniten
Der einzig verfügbare männliche, wenn auch nicht direkte Nachkomme Muhammads, Ali ibn
Abu Talib, konnte seinen Anspruch auf das Kalifat gegen die sunnitische Mehrheit [zunächst]
nicht durchsetzen. In seiner Abwesenheit wurde im Jahr 632 Muhammads enger Vertrauter
und Heerführer Abu Bakr zum ersten Kalifen (632-634) gewählt, danach folgten ’Umar (634644) und ’Uthman (644-656), die alle zur sunnitischen Anhängerschaft gehörten. Erst im Jahr
656 konnte ’Ali (656-661) als vierter Kalif für wenige Jahre die Macht erringen. Ali übernahm
nach dem Tod der ersten drei Nachführer als vierter die Führung der islamischen Gemeinden.
661 wurde Ali bei internen Streitigkeiten ermordet. Nach Ansicht der Schiiten hätte Ali´s Sohn
Hussein (Muhammad´s Enkel) Nachfolger werden müssen, wurde aber nicht anerkannt. 680
starb er bei einer Schlacht mit den Truppen des sunnitischen Kalifen Jasis I. Hussein.
Hierdurch wurde er zum bedeutenden schiitischen Märtyrer, dessen Todestag heute noch
begangen wird. Die Grabstätten von Ali ibn Abu Talib in Nadschaf (Irak) sowie von Hussein in
Kerbala (Irak) sind für die Schiiten bedeutende Heiligtümer.
Nun besaßen die Schiiten keine Möglichkeit mehr, ihren Anspruch auf eine weltliche
Führerschaft der muslimischen Gemeinschaft durchzusetzen. Sie entwickelten daraufhin ein
Konzept geistlicher Herrschaft durch einen Imam als spirituellen Gemeindeleiter, der ab 941
aus der großen Verborgenheit heraus die Gemeinde leitet und allein die „verborgene
Bedeutung“ des Korans kennt. Die Hoffnung auf sichtbare Herrschaft verlagerte die schiitische
Gemeinschaft auf die Endzeit, in der der Imam als Mahdi sichtbar aus der Verborgenheit
wiederkommen und ein Friedensreich aufrichten werde. Seinem Auftreten werden Sonnenund Mondfinsternisse, Erdbeben, Heuschreckenplagen und Wasserfluten vorausgehen. Nach
der Erhebung „falscher Mahdis“ und ihrer Kämpfe gegeneinander sollen Stürme die Erde
reinigen und alle Krankheiten von den wahren Gläubigen nehmen. Hiernach soll der wahre
Mahdi in Mekka in der Kaba erscheinen, den „eigentlichen“ Korantext wiederherstellen und
alle sich ihm widersetzenden Ungläubigen töten.
Die Schiiten bezeichnen Ali ibn Abu Talib und seine Nachfolger als Imame. Sie gelten wie die
Propheten als göttlich legitimiert.
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Die Schiiten spalten sich in die nachfolgenden Gruppen auf:
1. Imamiten oder Zwölfer-Schiiten
2. Ismailiten oder Siebener-Schiiten
3. Zaiditen oder Fünfer-Schiiten
Die Imame der Zwölfer-Schiiten sind:

Ali ibn Abu Talib († 661)

Hasan ibn Ali († 669/670)

Husain ibn Ali († 680)

Ali ibn Husain Zain al-Abidin († 713)

Muhammad ibn Ali al-Baqir († 733)

Dscha far as-Sadiq († 765)

Musa ibn Dscha far al-Kazim († 799)

Ali ibn Musa ar-Rida († 818)

Muhammad ibn Ali ibn Musa at Taqi al-Dschawad († 835)
 Ali at-Hadi an-Naqi († 865)
 Hasan al-Askari († 873)
 Muhammad al-Mahdi
Die Zaiditen akzeptieren nur die ersten vier Imame und sehen Zaid ibn Ali als ihren fünften und
letzten Imam an. Die Ismailiten akzeptieren nur die ersten sechs Imame, wobei Ali selbst nicht
als Imam gilt, sondern erst Hussein; betrachten Ismail ibn Dschafar als ihren sechsten und
seinen Sohn Muhammad ibn Isma'il als siebten und letzten Imam.
In wie weit Aleviten und Alawiten (Nusairier) zu den Schiiten gehören ist strittig.
Da Ayatollah Ruhollah Chomeini in den 1970er als unbestrittene Instanz der Schiiten als Teil
der schiitischen Gemeinde anerkannt. Die Aleviten akzeptieren die Glaubensinhalte der
Zwölfer-Schiiten. Der alevitische Glaube ersetzt die so genannte Allah-Muhammad-Relation
durch die Allah-Muhammad-Ali-Philosophie. Beim alevitischen Glaubensbekenntnis wird an
die Schahāda folgender Satz hinzugefügt: „Ali ist der Freund Gottes“. Die Glaubensrichtung
der Aleviten geht auf das 13./14. Jahrhundert zurück und ist mit dem Zuzug von turkmenischen
Stämmen nach Anatolien entstanden. Aleviten findet man vor allem in der Türkei. Man geht
weltweit von 10 bis 25 Millionen Aleviten aus. Die Möglichkeit der Konversion zum Alevitentum
gibt es nicht. Aleviten beten übrigens nicht in Moscheen und legen den Koran nicht wörtlich
aus, sondern suchen die Bedeutung hinter den Offenbarungen. Da sie die Fünf Säulen des
Islam als Äußerlichkeiten ansehen, leben sie auch nicht danach.
Alawiten (Nusairier) sehen sich als Schiiten. Sie wurden erst im Juli 1973 von der schiitischen
Autorität Imam Musa al-Sadr –einem Lieblingsschüler von Ayatollah Ruhollah Chomeini- als
Muslime an. Diese Auffassung ist jedoch strittig. Alawiten berufen sich auf ihren Ahnherren
Muhammad ibn Nusair an-Namiri al-Fahri, gestorben 864. Die Nusairier glauben, dass
Muhammad ibn Nusair der Empfänger geheimer Offenbarung des elften Imams al-Ḥasan alʿAskarī ist. Bei der Initiierung schwört der junge Nusairier, die Lehren seiner Religion geheim
zu halten. Die Nusairier unterwerfen sich dem islamischen Gesetz (Scharia) nicht, weil sie die
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wahre (unsichtbare; batin) Bedeutung der einzelnen Vorschriften durchschaut haben wollen;
die „Fesseln sind von ihnen abgetan“. Die Alawiten leben vor allem in Syrien, aber auch in der
Türkei und im Libanon.
Nun könnte aufgrund europäisch-christlicher Sozialisation argumentieren, dass der
Unterschied zwischen Sunniten und Schiiten doch historisch bedingt sein und dass dies im 21.
Jahrhundert doch nicht opportun sein könne. Hierzu sollten wir uns die Forderungen des
Reformators Luthers (1483 – 1546) und die Auswirkungen des Konzils von Trient (1545 –
1563)vergegenwärtigen:
Luther kritisierte das Ablasswesen, da sich die Glaubenden sich dadurch in der falschen
Sicherheit ihres Heils wähnten. Nach Luther reiche jedoch die innere Reue des Christen, damit
Gott die Sünden vergibt, so dass er weder einer sakramentalen Vermittlung noch des Verkaufs
von Ablässen bedürfe. Aus diesem Grunde verfasste Luther seine 95 Thesen gegen den
Ablass, welche er am 31.10.1517 an den Erzbischof von Mainz sandte und als Ausgangspunkt
der Reformation anzusehen ist. Auch wurden weitere Missstände der damaligen Kirche von
Luther angeprangert. Als wichtige praktische Beschlüsse des Trienter Konzils gehörten dann:
Abschaffung der Missbräuche im Ablasswesen, Verbot der Ämterhäufung im Bischofsamt,
Einrichtung von Priesterseminaren zur besseren Ausbildung der Geistlichen sowie Einführung
der Formpflicht bei Eheschließungen. Gleichwohl wurde die Spaltung zementiert.
Dass sich auch im Christentum sehr unterschiedliche Strömungen, mag daran erkennbar
werden, dass zum Beispiel auch der vom französischen Reformator Johannes Calvin (1509 –
1564) zum Christentum gehört, keinesfalls aber von Mitgliedern der römisch-katholischen
Kirche nachvollziehbar ist.
Vergegenwärtigen wir uns hier
1. die vier Soli als Basis der Reformation:
sola scriptura:
Allein die Schrift ist die Grundlage des christlichen Glaubens,
nicht die Tradition
solus Christus:
Allein Christus, nicht die Kirche, hat Autorität über Gläubige
sola gratia:
Allein durch die Gnade Gottes wird der Mensch errettet, nicht wegen
seiner eigenen Güte
sola fide:
Allein durch den Glauben wird der Mensch gerechtfertigt, nicht durch
gute Werke.
2. die fünf spezifischen Aspekte des Calvinismus:
Völlige Verderbtheit des Menschen:
Aufgrund des Sündenfalls beherrscht die Sünde den ganzen Menschen, sein Denken,
seine Gefühle und seinen Willen. Daher ist der normale Mensch nicht fähig, die
Botschaft des Evangeliums zu verstehen, er ist geistlich völlig hilflos und verloren. Der
Mensch kann Gottes rettende Botschaft erst verstehen, nachdem er durch den Heiligen
Geist dazu befähigt wurde
Bedingungslose Erwählung:
Gott hat die Menschen in eine Gruppe der Auserwählten und eine der NichtAuserwählten geteilt. Für die Auserwählten hat Gott seine Erkenntnis bestimmt und die
Auferstehung vorhergesehen. Die Übrigen bleiben unwissend bezüglich Gottes und
des Evangeliums. Laut Calvin sind sie von Gott verdammt auf dem Weg in die ewige
Hölle. Diese Entscheidung sei noch vor der Schaffung des Universums getroffen
41
worden und somit erst recht vor der Geburt des einzelnen Menschen sowie vor
irgendwelchen Entscheidungen, die der Mensch in seinem Leben trifft. Die Gründe,
warum Gott einige erwählt hat, sind unbekannt. Es ist aber offensichtlich, dass das
nicht aufgrund irgendwelcher guten Werke von Seiten des Erwählten geschehen ist.
Die Erwählung ist insofern nicht an irgendwelche in der Person des Erwählten
liegenden Bedingungen geknüpft.
Begrenzte Versöhnung:
Das ist der Glaube, dass Jesus Christus nicht gestorben ist, um alle Menschen zu
retten. Sein Erlösungswerk ist nur an die auserwählten Sünder, die durch ihn gerettet
sind, gerichtet
Unwiderstehliche Gnade:
Gemeint ist, dass man die Gnade der Erwählung nicht ausschlagen kann. Der Mensch
hat in dieser Hinsicht also keinen freien Willen, da er tot ist in seinen Vergehungen und
deswegen keinerlei Macht hat, sich für Gott zu entscheiden. Nur durch den Ruf Gottes
kann der Mensch geistlich wieder zum Leben erweckt werden, und somit zu Gott
kommen. Jeder Mensch, den Gott erwählt hat, werde Gott erkennen. Die Erwählten
können dem Ruf Gottes nicht widerstehen
Beharrlichkeit der Heiligen:
Die einmal Geretteten werden gerettet bleiben. Es sei unmöglich, Gottes Gnade wieder
zu verlieren
Nun kann man zweifelsfrei nicht behaupten, dass der Calvinismus als unbedeutende
Reformationsbewegung zu beachten sei. Viele gewichtige Kirchen im angloamerikanischen
Raum sind durch den Calvinismus geprägt. Auch waren hervorausragende Persönlichkeiten
der amerikanischen Revolution wie George Washington, Thomas Jefferson, John Adams,
Benjamin Franklin Calvinisten oder dem Calvinismus sehr nahe stehend.
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V. Streitpunkt Jesus:
1. Ungereimtheiten zu Jesu aus biblischer Sicht
Für Muslime ist die Darstellung Jesu, wie man diese aus der christlichen Bibel kennt, nicht
akzeptabel. Verwiesen wird in diesem Punkt erst einmal auf:
1. die Ungereimtheiten in den kanonischen Evangelien
2. die Divergenzen zu dem historischen Jesu
Evangelien und Paulus-Briefe
Nach der so genannten Zweiquellentheorie wurde der Bericht von Markus nach 70 n.Chr.
geschrieben, d.h. circa vier Jahrzehnte nach dem Tod von Jesu. Dabei konnte Markus auf
diverse mündliche und aller Voraussicht auch einiger weniger schriftlicher Überlieferungen
aufbauen. Da die Kindheitsgeschichte Jesu völlig fehlte und das Markus Evangelium damit
endet, dass Jesu gekreuzigt wird, sein Leichnam in ein Grab gelegt wird und ein Tage später
dieses Grab leer ist, ist dies aus christlicher Sicht nicht ausreichend. Zwanzig Jahre später
entstehen das Lukas- sowie das Matthäus-Evangelium, die wiederum auf die aus christlicher
Sicht so wichtige Kindheitsgeschichte sowie die Auferstehungsgeschichte eingehen. Diese
drei Evangelien werden als so genannte synoptische Evangelien bezeichnet, da diese trotz
Unterschieden doch eine in etwa gleichartige Chronologie des Lebens und des Wirkens Jesu
aus christlicher Sicht darstellen. Von diesen unterscheidet sich das Johannes Evangelium in
vielen Punkten, welches zwischen 100 und 120 n.Chr. entstanden ist. Neben diesen vier
kanonischen Evangelien gibt es aber noch diverse weitere Evangelien, die 1945 in der Stadt
Nag Hammadi in Oberägypten entdeckt wird und als so genannte apokryphische Evangelien
nur teilweise von den christlichen Kirchen anerkennt werden und ebenfalls ein anderes Bild
von Jesus darstellen. Es handelt sich hierbei um das Thomas Evangelium, das Philippus
Evangelium, das Evangelium der Maria Magdalena sowie einer Vielzahl weiterer gnostischer
Schriften. Merkwürdig in diesem Zusammenhang ist auch, dass in den Paulus-Briefen, welche
den größten Teil des christlichen neuen Testaments ausmacht, außer letztem Abendmahl, der
vermeintlichen Kreuzigung sowie der vermeintlichen Auferstehung nichts über das Leben Jesu
steht.
Jesu Geburt und Kindheit
Jesu ist ein zur Zeit seiner Geburt in Palästina sehr gebräuchlicher Name. Aus diesem Grund
wird ihm ein Beiname gegeben, der sich auf seine Herkunft bezieht. Hiernach heißt es in den
christlichen Bibeln durchgängig: „Jesu, der Nazoräer“. Auch in allen unabhängigen
historischen Quellen wird stets darauf verwiesen, dass Jesus aus Nazareth kam. Gleichwohl
widersprechen sich die kanonischen Evangelien in diesem Geburtsort, da aus einem ganz
bestimmten Grund geschrieben wird, Jesu wäre in Bethlehem geboren.
Aus historischen Quellen wissen wir, dass zurzeit Jesu nicht mehr als 100 jüdische Familien
in Nazareth lebten, einem Dorf, welches keine Straßen, keine öffentlichen Gebäude und auch
keine Synagoge kannte. Im Dorf lebten analphabetische Kleinbauern und Tagelöhne, die
weder hebräisch noch griechisch sondern aramäisch sprachen.
43
Nun hieß es aber in den alten jüdischen Schriften: „Sagt nicht die Schrift, dass der Messias
aus dem Geschlecht Davids und aus dem Dorf Bethlehem kommt, wo Jesu lebte.“ Da Jesu
aus christlicher Sicht der Messias war, musste im Lukas Evangelium eine „Geschichtsglättung“
erfolgen. Betrachten wir uns in diesem Zusammenhang, wer für die Juden dieser Zeit der
Messias war: Der Messias ist der Nachfahre König Davids, der gekommen ist, um Israel wieder
aufzurichten, die Juden von der Fremdherrschaft zu befreien und die Gottesherrschaft in
Jerusalem einzusetzen.
Im Lukas Evangelium (Lk 2, 1-4) findet sich hierzu folgende Passage: „In jenen Tagen erließ
Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Dies
geschah zum ersten Mal; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine
Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef von der Stadt Nazareth in Galiläa hinauf
nach Judäa in die Stadt Davids, die Bethlehem heißt. Denn er war aus dem Hause und
Geschlecht Davids.“ Aus den historischen Quellen des in seiner Blüte befindlichen römischen
Reiches wissen wir, dass Rom stets die Besteuerungslisten am Wohnort führte, da eine
Besteuerung über den Geburtsort den mitunter tagelangen Komplettausfall der Wirtschaft und
der Steuerzahlungen zur Folge gehabt hätte.
Und auch eine andere Kindheitsgeschichte, diesmal im Matthäus-Evangelium ist eine
historische Unwahrheit: Nach Matthäus mussten Jesu und seine Eltern in einer waghalsigen
Flucht nach Ägypten fliehen, da Herodes der große als damaliger König der Juden die
Ermordung aller Kinder angeordnet hätte. Herodes der Große verfügte zu dieser Zeit über ein
Reich, welches größer als das Reich Salomons war und war darüber hinaus der Gegenstand
unzähliger Chroniken und Erzählungen. Außer im Matthäus Evangelium findet sich aber in
keiner der unzähligen historischen Dokumente auch nur ansatzweise ein Hinweis darauf, dass
Herodes der Große einen derartigen Kindermord angeordnet hätte oder dass es einen
derartigen Kindermord gab. Durch diese Kindheitsgeschichte Jesu konnte Matthäus aber
darauf verweisen, dass sich die Prophezeiung Hoseas (Hos 11,1) erfüllt hätte: „Ich rief meinen
Sohn aus Ägypten.“
Auch die nachfolgenden Ausführungen im kanonischen Lukas Evangelium gelten mittlerweile
als historisch eindeutig widerlegt:
Lk 2, 42-52:
Hiernach stand Jesu als zwölfjähriger Knabe im Tempel von Jerusalem und diskutierte mit den
Schriftgelehrten und Rabbinern über die Feinheiten der hebräischen Sprache. Aus
historischen Quellen wissen wir, dass Jesu in seiner Kindheit aramäisch, definitiv aber nicht
hebräisch sprach.
Lk 4, 16-22:
Gemäß dieser Ausführung stand Jesu als Kind in der Synagoge von Nazareth und las zum
Erstaunen der Pharisäer aus der Jesaja Rolle. Wir wissen, dass es in dem kleinen Dorf
Nazareth keine Synagoge gab.
Die Prophezeiungen im Alten Testament in Bezug auf den Messias
In allen Evangelien wird kommuniziert, dass Jesu der Messias sei, der gekommen sei, um die
Prophezeiungen zu erfüllen. In allen Prophezeiungen, welche sich im Alten Testament finden,
wird der Messias als menschliches und nicht als göttliches Wesen verstanden. Der Glaube an
einen göttlichen Messias wäre auch ein Anathema gewesen für alle Aspekte, wofür das
Judentum stand. Die Geschichte von der unbefleckten Empfängnis Maria durch den heiligen
44
Geist und die daraus resultierende Ableitung von Jesu als Gottes Sohn und Messias
widerspricht somit den alttestamentarischen Prophezeiungen über den kommenden Messias.
Allein schon aus diesen vorstehend genannten Gründen wird die Jesu-Darstellung im
Christentum von Muslimen unter Verweis sowohl auf die hebräische als auch auf die christliche
Bibel nicht anerkannt und sogar durch diese als widerlegt angesehen. Es muss an dieser Stelle
aber nochmals klar gestellt werden, dass es nicht zutreffend ist, dass man im Islam per se
gegen die Ausführungen der Bibel ist. Die vorstehend genannten Quellen werden als Beleg
dafür angesehen, dass man das Christentum die vormals Heilige Schrift verfälscht hat, d.h.:
die Bibel enthält aus islamischer Sicht zwar einen wahren Kern, aber auch diverse
offensichtliche Verfälschungen, wie diese in Bezug auf Jesu offensichtlich sind. Im Islam wird
Jesu als Prophet nicht aber als Sohn Gottes anerkannt. Vergegenwärtigen wir uns nun Jesu
aus muslimischer Sicht.
2. Jesu aus islamischer Sicht:
Zwischen der Jesu Darstellung aus christlicher und islamischer Sicht gibt es durchaus viele
Gemeinsamkeiten. Wie im Christentum so spricht auch des Islam von einer jungfräulichen
Geburt, die aus islamischer Sicht als Wunder zu interpretieren ist:
„Und gedenke im Buch Marias, als sie sich von ihren Angehörigen an einen östlichen Ort
zurückzog. Sie nahm sich einen Vorhang vor ihnen. Da sandten Wir unseren Geist zu ihr. Er
stellte sich ihr als wohlgestaltetes menschliches Wesen dar. Sie sagte: ‘Ich suche beim
Allerbarmer Schutz vor dir, wenn du gottesfürchtig bist.’ Er sagte: ‘Ich bin nur der Gesandte
deines Herrn, um dir einen lauteren Jungen zu schenken.’ Sie sagte: ‘Wie soll mir ein Junge
gegeben werden, wo mich doch kein menschliches Wesen berührt hat und ich keine Hure
bin?’ Er sagte: ‘So wird es sein. Dein Herr sagt: ´Das ist Mir ein Leichtes und damit Wir ihn zu
einem Zeichen für die Menschen und zu einer Barmherzigkeit von Uns machen. ´ Und es ist
eine beschlossene Angelegenheit.’”
(Koran Sure 19, Vers 16-21)
Ein großer Unterschied im Glauben zwischen Christen und Muslimen besteht darin, dass
Muslime die Göttlichkeit ablehnen. Hierzu finden sich im Koran zahlreiche eindeutige
Aussagen:
“Fürwahr, ungläubig sind diejenigen, die sagen: ‘Gewiss, Gott ist der Messias, der Sohn
Marias‘, wo doch der Messias (selbst) gesagt hat: ‘O Kinder Israels, dient Gott, meinem Herrn
und eurem Herrn!’”
(Koran Sure 5, Vers 72)
“Fürwahr, ungläubig sind diejenigen, die sagen: ‘Gewiss, Gott ist einer von dreien. ‘ Es gibt
keinen anderen Gott außer dem Einen, Einzigen. Wenn sie mit dem, was sie sagen, nicht
aufhören, so wird denjenigen von ihnen, die ungläubig sind, ganz gewiss schmerzhafte Strafe
widerfahren. Wenden sie sich denn nicht in Reue zu Gott und bitten Ihn um Vergebung? Gott
ist Allvergebend und Barmherzig. Der Messias, der Sohn Marias, war doch nur ein Gesandter,
vor dem bereits Gesandte vorübergegangen waren. Und seine Mutter war sehr
wahrheitsliebend; sie (beide) pflegten Speise zu essen. Schau, wie wir ihnen die Zeichen klar
machen, und schau, wie sie sich abwegig machen lassen.”
(Koran Sure 5, Vers 73-75)
45
“O Leute der Schrift, übertreibt nicht in eurer Religion und sagt gegen Gott nur die Wahrheit
aus! Der Messias, Jesus, der Sohn Marias, ist nur Gottes Gesandter und Sein Wort, das Er
Maria entbot, und Geist von Ihm. Darum glaubt an Gott und Seine Gesandten und sagt nicht
‘Drei’. Hört auf, das ist besser für euch! Gott ist nur ein Einziger Gott.
(Koran Sure 4, Vers 171)
Aufgrund seiner nicht so zentralen Rolle findet sich im Koran auch nicht die gesamte
Lebensgeschichte von Jesu, sondern nur einige ausgewählte Epochen. Eine wichtige Epoche
ist der Tod und die vermeintliche Kreuzigung. Hierzu erklärt der Koran:
„Und (weil sie) sagten: ‚Wir haben Christus Jesus, den Sohn der Maria und Gesandten Gottes
getötet. ‘– Aber sie haben ihn (in Wirklichkeit) nicht getötet und (auch) nicht gekreuzigt.
Vielmehr erschien ihnen (ein anderer) ähnlich, (so dass sie ihn mit Jesus verwechselten und
töteten). Und diejenigen, die über ihn (oder darüber) uneins sind, sind im Zweifel über ihn
(oder: darüber). Sie haben kein Wissen über ihn (oder: darüber), gehen vielmehr Vermutungen
nach. Und sie haben ihn nicht mit Gewissheit getötet (d.h. sie können nicht mit Gewissheit
sagen, dass sie ihn getötet haben). Nein, Gott hat ihn zu sich (in den Himmel) erhoben.“
(Koran Sure 4, Vers 157–158)
Es gibt im Übrigen keinen Dissens zwischen Christen und Muslimen darüber, dass Jesu (für
Muslime ist hier die Bezeichnung Isa bin Maryam oder Jesu von Nazareth zutreffend) eine
göttliche Wahrheit offenbarte. Diese Offenbarung, die im Koran zwölf Mal unter dem Namen
Indschil erwähnt ist, ist die Offenbarung, die Gott dem Propheten Isa übersandt hat und die
von diesem dann verkündet wurde. Nach islamischer Ansicht gelten die (kanonischen)
Evangelien verfälschte Fassungen von Indschil, vor allem was die folgenden Aspekte betrifft,
die von Christen als wahr angenommen werden:
- Göttlichkeit Jesu
- Trinität
Als Beleg dafür, dass diese Verfälschung vorliegt, führen Muslime oftmals gerne das
Barnabas-Evangelium an. Man weiß, dass das Barnabas-Evangelium im frühen Christentum
weit verbreitet war, unter anderem durch Irenäus von Lyon (135-202) rezipiert wurde, dann
aber in dem schicksalshaften Konzil von Nicäa 325 verboten wurden und später für
Jahrhunderte verschwand. Dass dieses Evangelium jedoch tatsächlich existiert haben muss,
wird dadurch deutlich, dass es im Verzeichnis apokrypher Schriften des Decretum Gelasianum
de libris recipiendis et non recipiendis aus dem Jahr 496 aufgenommen wurde. Auch wenn
viele Details der zu Anfang des 18. Jahrhunderts aufgetauchten Version des BarnabasEvangeliums sowohl aus christlicher als auch aus islamischer Sicht strittig sind, so ist unstrittig,
dass im Barnabas Evangelium verkündet wird, dass Jesu nicht gekreuzigt worden sei sondern
statt ihm Judas Ischariot.
Wie die Christen glauben auch die Muslime an die Rückkehr von Jesus, auf die Erde,
wenngleich sich seine Rolle und der Grund für seine Rückkehr von dem, was die Christen
sagen, unterscheidet. Er wird in erster Linie auf die Erde zurückkommen, um seine
Sterblichkeit unter Beweis zu stellen, und um die falschen Ansichten, die die Menschen über
ihn verbreitet haben, zu widerlegen. Jesus wird den „Antichristen“ bekämpfen, der die Leute
glauben machen will, dass er Gott sei. Er wird den Antichristen schlagen und alle Menschen
werden die wahre Religion Gottes annehmen. Die Welt wird einen Zustand des Friedens und
der Ernsthaftigkeit erleben, die sie in ihrer Geschichte nie gefühlt hat: alle dienen demselben
Gott, unterwerfen sich Ihm allein und leben in Frieden miteinander.
46
3. Jesu aus jüdischer Sicht:
Aus jüdischer Sicht ist Jesu weder Prophet noch Sohn Gottes. In dem seit etwa 200 n.Chr,
entstandenen babylonischen Talmud versuchte man den Namen Jesu nicht mehr zu
gebrauchen, man sprach in der Regel nur von „jenem Mann“. Beschrieben wurde er als
falscher Prophet, Verführer Israels, der Zauberei trieb, über die Weisen spottete und nur fünf
Jünger.
Im Babylonischen Talmud findet sich folgende Ausführung:
"Am Vorabend des Paschafestes hängte man Jesus (den Nazarener). Vierzig Tage lang
vorher rief der Ausrufer: „Er soll gesteinigt werden, weil er Zauberei getrieben, Israel verführt
und abtrünnig gemacht hat. Wer etwas zu seiner Verteidigung zu sagen hat, komme und trage
es vor!" Da aber nichts zu seiner Verteidigung vorgebracht wurde, henkte man ihn am
Vorabend des Paschafestes."
[Sanhedrin 43a]
Jesu Herkunft erklärt der Talmud mit einem Fehltritt Marias: Sie habe sich mit einem römischen
Legionär eingelassen und das dabei entstandene Kind dem „Heiligen Geist“ zugeschrieben.
Die im Neuen Testament verkündete Abstammung von König David könne er daher nicht
beanspruchen. Diese Idee war mitsamt dem Messias- und Sohn-Gottes-Anspruch Jesu bzw.
des Neuen Testaments für die Talmudautoren reiner Betrug.
47
VI. Der Koran:
Will man den Islam kennen, so muss man den Koran kennen. Nachfolgend findet der Leser
deshalb einige Ausführungen zur Struktur des Islam, zu den Namen und Thesen der Suren
sowie die 99 Namen Allahs.
Die erste Übersetzung ins Deutsche stammt vom Nürnberger Pfarrer Salomon Schweigger
1616. Er übersetzte dabei die erste italienische Fassung aus dem Jahre 1547 von Andrea
Arrivabene, die ihrerseits auf einer lateinischen Übersetzung aus dem 12. Jahrhundert
basierte. Der Orientalist Friedrich Rückert übertrug in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
weite Teile des Korans in gebundener Sprache ins Deutsche. Rückerts Übersetzung versucht
den Klang des koranischen Arabisch im Deutschen wiederzugeben, hat aber Textstellen nach
eigenem Ermessen ausgelassen. Rudi Paret, dessen Übersetzung (Erstausgabe 1962) in
Fachkreisen als die philologisch zuverlässigste gilt, setzt demgegenüber bei unterschiedlich
zu verstehenden Passagen die zusätzlichen Übersetzungsmöglichkeiten bzw. die wörtliche
Bedeutung (mit einem w. gekennzeichnet) in Klammern dahinter.
1. Struktur des Koran
Die heutigen Ausgaben des Korans setzten sich aus den nachfolgenden Hauptelementen
zusammen:
1. Ayat: den Phrasen, Sätzen oder Versen
2. Suren: den Kapiteln
Ayat:
Die Ayat sind unterschiedlich lang. Sie können aus nur einem Buchstaben oder aus mehreren
Dutzend Wörtern bestehen, die dann Versen bilden (Ayat). In der gedruckten Ausgabe des
Korans sind alle Verse zur leichteren Orientierung nummeriert. Beim Lesen des Korans wird
man häufig auf solche Versverweise stoßen. Das Wort Aya bedeutet im Arabischen „Zeichen“.
Dies passt zu der Auffassung, dass jedes Wort und auch jeder Satz des Korans ein Zeichen
Allahs ist. In jeder Aya sehen Muslime die Weisheit, Schönheit und spirituelle Lehre, die Allahs
Weisheit und Schönheit repräsentieren. Die zweite Sure beinhaltet die meisten Ayat, nämlich
286. Die kleinste Anzahl mit jeweils drei Ayat findet man in den Suren 103, 108 und 110.
Insgesamt weist der Koran 6240 Ayat aus.
Suren:
Als Sure wird ein Textkörper im Koran bezeichnet, der ein Kapitel oder einen Abschnitt bildet
und von der nächsten Sure zu unterscheiden ist. Auf Arabisch bedeutet Sure Zaun oder Reihe.
Jede Sure mit Ausnahme der Sure 9 beginnt mit den Worten „Im Namen Allahs, des
Erbarmers, des Barmherzigen“. Selbst beim Rezitieren des Korans wird jede Sure mit diesen
Worten begonnen. Jede Sure hat eine Nummer. Wenn man im Koran einen Verweis auf einen
Abschnitt findet, so steht die erste Zahl für die Sure und die zweite Ziffer für den Vers bzw.
Aya. Jede Sure besteht zudem aus einem Namen, der sich entweder aus der Grundidee, der
Geschichte oder einfach aus den ersten Wörtern der entsprechenden Sure herleitet.
48
2. Namen und Themen der Suren:
Will man sich die einzelnen Suren erschließen, so ist mag die nachfolgende Auflistung einen
Hinweis darauf geben, was in den einzelnen Suren zu finden ist. Auch wenn dies sicherlich
eine nicht unerhebliche Hilfestellung ist, so entbindet dies natürlich nicht davon, dass man den
Koran vollständig gelesen haben muss, um ihn auch zu verstehen. Und wer den ganzen Koran
nicht gelesen hat, der wird niemals den Islam verstehen.
Nr.
Name
deutsch
1
al-Fātiḥa
Die Eröffnung
2
al-Baqara
Die Kuh
3
Āl ʿImrān
Die Sippe Imrans
4
an-Nisāʾ
Die Frauen
5
al-Māʾida
Der Tisch
6
al-Anʿām
Das Vieh
7
al-Aʿrāf
Die Höhen
8
al-Anfāl
Die Beute
9
at-Tauba
Die Buße
10
Yūnus
Jonas
11
Hūd
Hud
12
Yūsuf
Joseph
13
ar-Raʿd
Der Donner
Bedeutung
Einführung in die allgemeine
Botschaft des Koran
Das menschliche Wesen; die
Geschichte Israels und
Abrahams; Kaaba und die
islamische Gemeinschaft; die
Anstrengungen auf dem Weg
Allahs; das Wessen Allahs
Juden und Christen; die Lehren
aus den Kämpfen in Badr und
Uhud; Verantwortung der
Muslime nach innen und außen
Behandlung von Frauen und
Waisen; Erbschaft, Heirat und
Familie; die Gemeinde in
Medina und Heuchler; Leute der
Schrift
Pflichterfüllung, Verhalten,
Rechtschaffenheit; Kritik an
Juden und Christen;
Gerechtigkeit und Brüderschaft;
Leben und Wundertaten Jesus
Das Wesen Allahs und Seine
Zeichen; Heidentum
Religiöse Geschichte der
Menschheit; Leben der
Propheten
Definition von Erfolg; Macht der
Wahrheit
Verträge, Kriegsmoral; Macht
der Wahrheit
Allahs Zeichen; Undank der
Menschen
Barmherzigkeit und Geduld;
Noah, Hud, Lot
Geschichte von Josef;
Vergebung
Offenbarung; Rechtschaffenheit
kontra Übel
49
Nr.
Name
deutsch
14
Ibrāhīm
Abraham
15
al-Ḥiǧr
Das steinige Land
16
an-Naḥl
Die Biene
17
al-Isrāʾ oder
Banī Isrāʾīl
Die nächtliche Reise
Die Kinder Israel
18
al-Kahf
Die Höhle
19
Maryam
Maria
20
Ṭā-Hā
Ta Ha
21
al-Anbiyāʾ
Die Propheten
22
al-Ḥaǧǧ
Die Wallfahrt
23
al-Muʾminūn
Die Gläubigen
24
an-Nūr
Das Licht
25
al-Furqān
Die Rettung
26
aš-Šuʿarāʾ
Die Dichter
27
an-Naml
Die Ameisen
28
al-Qaṣaṣ
Die Geschichte
29
al-ʿAnkabūt
Die Spinne
30
ar-Rūm
Die Byzantiner
31
Luqmān
Luqman
32
as-Saǧda
Die Anbetung
33
al-Aḥzāb
Die Gruppen
34
Sabaʾ
Die Sabäer
35
al-Malāʾika
oder
Fāṭir
Die Engel
Der Schöpfer
36
Yā-Sīn
37
aṣ-Ṣāffāt
Bedeutung
Finsternis kontra Licht;
Abrahams Geschichte
Das Übel des Satans;
Abrahams; der Koran
Die gesamte Schöpfung preist
Allah; der Koran
Propheten; Gottesdienst;
Hochmut; der Koran
Zeitlosigkeit; Lehren der
Weisheit
Maria und Jesus; Abraham und
Familie
Offenbarung; Moses Leben; der
Jüngste Tag
Tag des Jüngsten Gerichts;
Rechtschaffenheit
Pilgerfahrt; Barmherzigkeit und
Wahrhaftigkeit Allahs
Glaube und Ausübung; Einigkeit
der Propheten, Wahrheit gegen
Unwahrheit
Moses, Salomon, Salih; die
Herrlichkeit Allahs
Koran als Maßstab; Gegensatz
der Zeichen
Bemühungen der Propheten,
Moses; Salomon, Salih, die
Herrlichkeit Allahs
Pharao gegen Moses;
Mohammed
Prüfungen der Predigten; die
Natur des Koran
Allahs Schöpfung; die
Menschheit bringt Verderben
Weitergabe der Weisheit an
Kinder; Elternschaft
Sinnbilder für den Menschen;
die Offenbarung
Mann und Frau; die Frauen des
Propheten
Macht und Gerechtigkeit;
Glaube gegen Unglaube
Allahs Schöpfung und
Verehrung; Gut gegen Böse
Die Offenbarung; die Natur; der
Tag des Jüngsten Gerichtes
Frieden und Sieg; das Böse; die
Die in Reih und Glied stehen
Propheten
Ya-Sin
50
Nr.
Name
deutsch
38
Ṣād
Sad
39
az-Zumar
Die Scharen
Ġāfir oder
al-Muʾmin
Fuṣṣilat oder
Ḥā-Mīm
Der Vergebende
Der Gläubige
Auseinandergesetzt sind
Ḥā-Mīm
42
aš-Šūrā
Die Beratung
43
az-Zuḫruf
Der Prunk
44
ad-Duḫān
Der Rauch
45
al-Ǧāṯiya
Das Knien
46
al-Aḥqāf
Muḥammad
oder
al-Qitāl
Die Dünen
40
41
47
Mohammed
Das Fechten
48
al-Fatḥ
Der Erfolg
49
al-Ḥuǧurāt
Die Gemächer
50
Qāf
Qaf
51
aḏ-Ḏāriyāt
Das Aufwirbeln
52
aṭ-Ṭūr
Der Berg
53
an-Naǧm
Der Stern
54
al-Qamar
Der Mond
55
ar-Raḥmān
Der Barmherzige
56
al-Wāqiʿa
Die hereinbrechende
Katastrophe
57
al-Ḥadīd
Das Eisen
58
al-Muǧādala
Der Streit
59
al-Ḥašr
Die Versammlung
60
al-Mumtaḥina
Die Prüfung
Bedeutung
Spirituelle Kraft gegen weltliche
Versuchung
Gesamtheit der Schöpfung; die
Offenbarung; Rechtleitung
Das Gute gegen das Böse
Der Mensch in der Beziehung zu
Glaube und Offenbarung
Verteidigen der Offenbarung;
Übel gegen göttliche
Rechtleitung
Die Offenbarung; Abraham;
Jesus
Offenbarung; Hochmut
gegenüber spirituellen
Wahrheiten
Die Folgen des Verspottens des
Glaubens und des Unglaubens
Zweck der Schöpfung
Verteidigung des Glaubens
gegen Anfeindung
Elemente des endgültigen
Sieges
Vernünftige Gesetze für das
Zusammenleben in der
Gemeinschaft
Die Zeichen Allahs; der Tag des
Jüngsten Gerichtes
Die Winde; die Zeichen; die
Mahnung; das Jenseits
Gute Taten im Vergleich zu
schlechten
Die Offenbarung; das Wesen
Allahs; der Unglaube
Das Jüngste Gericht naht; die
menschliche Oberflächlichkeit
Allahs Gefallen an den
Menschen
Der Tag des Jüngsten Gerichts
und das Jenseits
Die Allwissenheit und Macht
Allahs
Die Ablehnung der Unwahrheit
und des Unrechts
Die Vertreibung der Juden aus
Medina
Die Feinde des Glaubens;
Abrahams Beispiel; die Heirat
51
Nr.
Name
deutsch
61
aṣ-Ṣaff
Reih und Glied
62
al-Ǧumʿa
Der Freitag
63
64
65
66
al-Munāfiqūn
at-Taġābun
aṭ-Ṭalāq
at-Taḥrīm
Die Heuchler
Die Übervorteilung
Die Entlassung
Das Verbot
67
al-Mulk
Die Herrschaft
68
al-Qalam oder
Nūn
Die Schreibfeder
Nun
69
al-Ḥāqqa
Die Wahrheit
70
al-Maʿāriǧ
Die Himmelsleiter
71
Nūḥ
Noah
72
al-Ǧinn
Die Jinn
73
al-Muzammil
Der sich eingehüllt hat
74
al-Mudaṯṯir
Der sich zugedeckt hat
75
al-Qiyāma
Die Auferstehung
76
al-Insān oder
Ad-Dahr
Der Mensch
Die Zeit
77
al-Mursalāt
Die Gesandten
78
an-Nabaʾ
Die Ankündigung
79
an-Nāziʿāt
Die Entreißenden
80
ʿAbasa
Er zog die Stirne kraus
81
at-Takwīr
Das Einhüllen
82
al-Infiṭār
Die Spaltung
83
al-Muṭaffifīn
Die Betrüger
84
al-Inšiqāq
Das Zerbrechen
85
86
al-Burūǧ
aṭ-Ṭāriq
Die Türme
Der bei Nacht kommende
Bedeutung
zwischen Gläubigen und
Ungläubigen
Die Zeichen Allahs; der Sache
Allahs dienen
Reinheit und Weisheit; die
Freitagspredigt
Die Natur der Heuchler
Der einzige Schöpfer
Einige Scheidungsgesetze
Harmonie im Familienleben
Äußere Schatten gegen innere
Wahrheit
Allah herrscht; Allahs
Gerechtigkeit
Die Wahrheit siegt über die
Unwahrheit
Geduld zur rechten Zeit führt ins
Himmelreich
Die Bemühungen des Propheten
Noah
Die Natur und Geschichte der
Dschinn
Gebet und Demut im geistigen
Leben
Gebet und Geduld unter
geistiger Anspannung
Der Tag des Jüngsten Gerichts;
Psychologie des Inneren
Einwände gegenüber Atheisten
Das Jenseits der
Glaubensabtrünnigen
Allahs liebvolle Fürsorge und
zukünftige Verheißung
Der Tod; der Fall der
Hochmütigen
Kritik am Propheten; das
Jenseits
Der Tag des Jüngsten Gerichts;
der Koran
Der Tag des Jüngsten Gerichts;
der Jüngste Tag
Die Missbilligung betrügerischen
Handel
Der Tag des Jüngsten Gerichts;
der Jüngste Tag
Allah verteidigt seine Gläubigen
Das Beschützen jeder Seele
52
Nr.
87
Name
al-Aʿlā
deutsch
Der Allerhöchste
88
al-Ġāšiya
Die zudecken wird
89
al-Faǧr
Die Morgendämmerung
90
al-Balad
Die Stadt
91
aš-Šams
Die Sonne
92
al-Lail
Die Nacht
93
aḍ-Ḍuḥā
Der Morgen
94
95
al-Inširāḥ
at-Tīn
al-ʿAlaq oder
Iqr
Das Weiten
Die Feigenbäume
Der Blutklumpen
Rezitiere!
97
al-Qadr
Die Bestimmung
98
al-Baiyina
Der klare Beweis
99
az-Zalzala
Das Beben
100
al-ʿĀdiyāt
Das Laufen
101
al-Qāriʿa
Die Polternde
102
at-Takāṯur
Die Sucht, mehr zu haben
103
al-ʿAṣr
Der Nachmittag
104
al-Humaza
Der Stichler
105
al-Fīl
Der Elefant
106
Quraiš
Die Quraisch
107
al-Māʿūn
Die Hilfeleistung
108
al-Kauṯar
Die Fülle
109
al-Kāfirūn
Die Ungläubigen
110
an-Naṣr
Die Hilfe
96
Bedeutung
Die Reinhaltung der Seele
Das Gute gegen das Böse; die
Zeichen Allahs
Spirituelle Wahrheiten; die
Psychologie des Inneren
Die menschliche Natur; die
Psychologie des Inneren
Nachsinnen über Allahs
Schöpfung; Läuterung der
Seele; Ablehnung des Hochmuts
Das Streben nach Allahs
Wohlgefallen
Allahs vertraute Beziehung zum
Menschen
Jede Mühe schafft Erleichterung
Die menschliche Natur
Die Entstehung der Menschen;
die Predigt
Die Nacht der Macht (die
Offenbarung des Koran)
Das Schicksal derer, die den
Glauben ablehnen
Der Tag des Jüngsten Gerichts
Die spirituelle Macht; der
Menschen Undank
Der Tag des Jüngsten Gericht
Vorliebe des Menschen für
Reichtum; der Tod
Die Eigenschaft der Zeit; die
Natur Allahs
Die Verdammung der
Lästermäuler und Verleumder
Mekkas Verteidigung gegen die
christliche Streitmacht im
Geburtsjahr des Propheten
Mohammed
Ein Aufruf an die Quraisch, die
Einzigartigkeit Allahs und seiner
Botschaft zu akzeptieren
Wahre Bedeutung der
Verehrung Allahs; Glaube ist
Grundlage guter Taten;
Nächstenliebe für Bedürftige
Durch Demut zu spirituellem
Reichtum gelangen
Die Wahrheit kennt keine
Kompromisse
Jeder Sieg ist von Allah
gegeben
53
Nr.
Name
deutsch
111
al-Masad oder
Lahab
Der Palmfaserstrick
Die Flamme
112
al-Iḫlāṣ
Die Aufrichtigkeit
113
al-Falaq
Das Frühlicht
114
an-Nās
Die Menschheit
Bedeutung
Das Schicksal des grausamen
Abu Lahab, der Mohammed und
seine Anhänger verfolgte
Kurze Zusammenfassung über
Allah im Koran; die
Einzigartigkeit Allahs
Zuflucht in Allah suchen
Der Aufruf, auf Allah zu
vertrauen, um vor allem Übel
beschützt zu werden
3. Die Namen Allahs:
Die 99 Namen Allahs heißen in Wirklichkeit die "schönsten Namen". Die Beschränkung auf 99
hat sich historisch entwickelt und geht auf einige im Qur´an erwähnte Namen zurück.
Die Bezeichnung "schönste Namen" geht auf den Vers 7:180 zurück, in dem es heißt: "Und
ALLAH hat die schönsten Namen, so benennt Ihn damit." heißt es, dass ALLAH 99 Namen
habe, und derjenige, der sie verinnerliche, ins Paradies [dschanna] komme. Der Gedanke der
Einheit [tauhid] führt allerdings zu dem Schluss, dass jeder Name in seiner Vollkommenheit
die gleiche Bedeutung hat, wie der andere Name und nur die menschliche Begrenztheit
Unterschiede erkennt. Manche nutzen die 99 Namen, um sie mittels am Lobpreisungskranz
[tasbih] mit seinen 99 bzw. 33 Gliedern als Lobpreisung zu rezitieren. Hier nun eine Auflistung
dieser 99 Namen:
Nr. Bedeutung
1
Transkription
Der Gnädige, der
ar-rahman
Wohltätige, der Mitleidsvolle
Arabisch
‫الرحمان‬
ّ
ar-rahiim
‫الرحيم‬
ّ
al-malik
‫ال َملِك‬
4 Der Heilige
al-qudduus
‫القُدّوس‬
5 Der Friede
as-salaam
‫سالم‬
ّ ‫ال‬
2 Der Gnadenreiche
3
Der König, der souveräne
Herr
6
Der Überzeugte, der
Sichernde
al-mu'min
‫ال ُمؤمن‬
7
Der Beschützer, der Hüter,
der Kontrollierende
al-muhaimin
‫ال ُم َه ْيمِن‬
8 Der Allmächtige
al-aziz
‫العزيز‬
9 Der Unterwerfer
al-dschabbaar
‫الجبّار‬
al-mutakabbir
‫ال ُمت َ َكبِّر‬
al-chaaliq
‫الخالق‬
10
Der Erhabene, der
Großartige, der Stolze
11 Der Schöpfer
54
Der, der aus dem nichts
12 erschafft, der
Verwirklichende
al-bari
‫البارئ‬
13 Der Gestalter
al-musawwir
‫ص ّ ِور‬
َ ‫ال ُم‬
14 Der Vergebende
al-ghaffaar
‫الغفّار‬
al-qahhaar
‫القهّار‬
15
Der Unterwerfer, der
Allmächtige
16 Der Verleiher, der Gebende al-wahhaab
‫الوهّاب‬
17 Der Erhalter, der Versorger ar-razzaaq
ّ
‫الرزاق‬
18 Der Öffner, der Befreier
al-fattah
‫الفت ّاح‬
19 Der Allwissende
al-aliim
‫العليم‬
Der Zügelnde, der
20 Verweigerer, der
Umschließende
al-qaabid
‫القابض‬
21
Der Gewährende, der
Mehrer, der Verbreiter
al-baasit
‫الباسط‬
22
Der Herabsetzende, der
Erniedrigende
al-chaafidh
‫الخافض‬
23
Der Erhebende, der
Erhöhende
ar-raafi
‫الرافع‬
ّ
24
Der Ehrende, der
Stärkende
al-mu-izz
ّ‫ال ُمع ِّز‬
25
Der Entehrende, der
Demütigende
al-mudhill
ّ‫ال ُم ِذ ّل‬
26
Der Allhörende, der
Hörende
as-samii
‫سميع‬
ّ ‫ال‬
27
Der Allsehende, der
Wahrnehmende
al-basiir
‫البصير‬
al-hakam
‫الحكم‬
al-adl
‫العدل‬
28 Der Richter
29
Der Gerechte, der
Ausgleichende
30
Der Edle, der Anmutige, der
al-latiif
Milde
‫اللطيف‬
31 Der Bewusste, der Kundige al-chabiir
‫الخبير‬
Der Zurückhaltende, der
Nachsichtige
al-haliim
‫الحليم‬
33 Der Großartige
al-aziim
‫العظيم‬
34 Der Vergebende
al-hhafuur
‫الغفور‬
asch-schakuur
‫الشّكور‬
36 Der Hohe, der Erhabene
al-aalī
37 Der Große
al-kabiir
ّ‫ي‬
ّ ‫العل‬
‫الكبير‬
32
35
Der Dankbare, der
Vergelter des Guten
55
38
Der Erhalter, der
Beschützer, der Hüter
al-hafiiz
‫الحفيظ‬
39
Der Ernährer, der Erhalter,
der Stärkende
al-muqiit
‫ال ُمقيت‬
40 Der Abrechnende
al-hasiib
‫الحسيب‬
41 Der Majestätische
al-dschaliil
‫الجليل‬
42 Der Gütige, der Großzügige al-kariim
‫الكريم‬
43
Der Beobachtende, der
Wächter
al-raqiib
‫الرقيب‬
44
Der Verantwortliche, der
Zuhörende, der Erhörende
al-mudschiib
‫المجيب‬
45
Der Allumfassende, der
Universelle
al-wāsii
‫الواسع‬
46 Der Weise
al-hakiim
‫الحكيم‬
47 Der Liebende
al-waduud
‫الودود‬
48 Der Ruhmreiche
al-madschiid
‫المجيد‬
49 Der Erweckende
al-ba-ith
‫الباعث‬
50 Der Zeuge
asch-schahiid
‫الشّهيد‬
51
Die Wahrheit, der
Wahrhaftige
al-haqq
ّ‫ق‬
ّ ‫الح‬
52
Der Bevollmächtigte, der
Anwalt, der Stellvertreter
al-wakiil
‫الوكيل‬
53 Der Starke, der Kraftvolle
al-qawii
‫القوي‬
54 Der Feste, der Stetige
al-matiin
‫المتين‬
55
Der beschützende Freund,
der Patron
al-walii
ّ‫ي‬
ّ ‫الول‬
56
Der Lobenswerte, der
Preisenswerte
al-hamiid
‫الحميد‬
al-muhsii
‫ال ُمحصي‬
57 Der Aufzeichnende
58
Der Hervorbringende, der
Urheber
al-mubdii
‫ال ُمبدئ‬
59
Der Wiedererweckende, der
al-mu-iid
Wiederherstellende
‫ال ُمعيد‬
60
Der Beschleuniger, der
Lebensspendende
‫ال ُمحيي‬
al-muhiiyy
61 Der Verursacher des Todes al-mumiit
‫ال ُمميت‬
62
Der ewig Lebende, der
Lebendige
63
Der Ewige, der sich selbst
al-qayyuum
Erhaltende, der Beständige
‫القيّوم‬
64
Der Glanzvolle, der Edle,
der Seingebende
‫الواجد‬
al-hayy
al-waadschid
ّ‫ي‬
ّ ‫الح‬
56
65
Der Ruhmreiche, der
Glorreiche
al-maadschid
‫الماجد‬
66
Der Einzigartige, der
Einzige
al-wahid
‫الواحد‬
al-ahad
‫االحد‬
67 Der Eine
68
Die ewige Hilfe für die
Schöpfung, der Absolute
as-samad
‫الصّمد‬
69
Der Fähige, der Begabte,
der Bemessende
al-qaadir
‫القادر‬
70
Der Vorherrschende, der
Mächtige
al-muqtadir
‫ال ُمقتدر‬
71
Der Beförderer, der
Vorwärtsbringer
al-muqaddim
‫ال ُمق ِدّم‬
Der Verzögernde, der
72 Hindernde, der
Verschiebende
al-mu'achchir
‫ال ُمؤ ّخر‬
73 Der Erste
al-awwal
‫األول‬
ّ
74 Der Letzte
al-aachir
‫اآلخر‬
Der Manifeste, der Äußere,
az-zaahir
der Offenbare
ّ ‫ال‬
‫ظاهر‬
76 Der Verborgene, der Innere al-baatin
‫الباطن‬
77 Der Regent, der Schutzherr al-waalii
‫الوالي‬
78 Der Erhabene
al-muta-aalī
‫ال ُمتعالي‬
79 Der Rechtschaffene
al-barr
ّ‫البر‬
ّ
Der, der die Reue
80 entgegennimmt, der
Mildernde
at-thawwaab
‫الت ّّواب‬
81 Der Vergelter
al-muntaqim
‫ال ُم ْنتَقِم‬
Der Vergebende, der
82 Entgegenkommende, der
Milde
al-afw
83 Der Mitleidsvolle
ar-ra-uuf
‫الرؤف‬
ّ
75
‫العفُو‬
84
Der Inhaber der
Souveränität (Reichtümer)
maalik-ul-mulk
‫مالكّال ُملك‬
85
Der Herr der Majestät und
der Ehre
dhu-l-dschalaali wa l-ikraam
‫ذوّالجاللّواإلكرام‬
al-muqsit
‫ال ُمقسط‬
al-dschaami
‫الجامع‬
al-ghanii
ّ‫ي‬
ّ ‫الغن‬
Der für Gerechtigkeit
86 Sorgende, der
Unparteiische
87
Der Sammler, der
Versammelnde
Der, der sich selbst genug
88 ist, der Reiche, der
Unabhängige
57
al-mughnii
‫ال ُم ْغني‬
al-maanii
‫المانع‬
91 Der Erzeuger der Not
ad-daar
‫الضّار‬
Der Hilfreiche, der
92 Begünstigende, der
Wohltäter
an-nafi
‫النّافع‬
93 Das Licht
an-nuur
‫النّور‬
94 Der Führer
al-hadii
‫الهادي‬
89 Der Befreiende
90
Der Zurückhalter, der
Schützende
95
Der Schöpfer, der Erfinder,
der Unvergleichliche
al-badi
‫البديع‬
96
Der ewig Währende, der
Dauernde, der Bleibende
al-baaqi
‫الباقي‬
al-waarith
‫الوارث‬
97 Der Erbende
98
Der Führer zum rechten
ar-raaschid
Weg, der Leiter, der Lenker
‫الرشيد‬
ّ
99
Der Geduldige, der
Standhafte
‫الصّبور‬
as-sabuur
58
VI. Islamisches Recht:
1. Einführung in das islamische Rechtswesen
Die islamische Rechtswissenschaft wird als Fiqh bezeichnet. Es ist die Summe der Gesetze,
welche aus dem Koran und der Sunna entnommen (oder aus Ihnen abgeleitet) werden. Falls
sie weder im Koran noch in der Sunna oder im Idschma (=Konsensus) der Gelehrten belegbar
sind, basieren sie auf den Ansichten der Rechtsgelehrten. Folglich ist Fiqh die Wissenschaft
im islamischen Rechtssystem Scharia, durch die alle Bereiche des privaten und öffentlichen
Lebens im Islam geregelt werden. Der Begriff der Scharia wiederum bezeichnet wiederum das
islamische Recht.
Sicherlich mehr als interessant ist hierbei, wie der islamische Rechtsgelehrte Abu Hanifa (699
– 767; Begründer der hanfanitischen Rechtsschule) Fiqh definiert hat:
„Die Fiqh-Wissenschaft ist das Wissen um die Dinge, die zum Vorteil bzw. zum Nachteil einer
Person gereichen. Wissen ist lediglich zum Handeln da. Wissen praktizieren bedeutet, das
Ablassen von den weltlichen Beschäftigungen und die Verbannung dieser aus dem Herzen,
um die Gluckseligkeit im Jenseits zu erreichen. Mit den vorteiligen und nachteiligen Dingen
sind die Gebote, die Verbote und die erlaubten Dinge (mubah) gemeint, die den Verantwortung
tragenden Muslim anbetreffen. Das Ablassen von den weltlichen Beschäftigungen und die
Verbannung dieser aus dem Herzen, um die Gluckseligkeit im Jenseits zu erreichen, meint
das Unterlassen der weltlichen Begierden und der Liebe zu materiellen Gütern und die
Bereitstellung aller persönlichen Möglichkeiten für den Dienst auf dem Wege Allahs, um auf
diese Weise die Gluckseligkeit im Jenseits zu erreichen."
Von grundlegendem Wert im Bereich des islamischen Rechtswesen ist zweifelsfrei das
nachfolgende Werk Ar-Risala („Die Botschaft“ – Abhandlung über die Fundamente des
islamischen Rechts) von Imam Schafi’i (gestorben 204 n.H.)
Im Kapitel al Bayan wird das Wort als Rechtsbegriff definiert und dann in fünf Kategorien
eingeteilt, um die Wege zu erklären, wie die koranischen Aussagen in Hinblick auf
Angelegenheiten mit rechtlicher Bedeutung zu würdigen sind. Es gibt fünf derartiger
Kategorien:
•
Das, was Allah als spezifische Rechtsvorschrift formulierte, welche keine andere
Interpretation als die wörtliche Bedeutung zulässt. Diese Kategorie von alBayan
benötigt keine andere Erklärung als den Koran selbst.
•
Das, was der Koran erwähnt, was aber unterschiedlich interpretiert werden kann,
und für das die Sunna die Interpretation benennt, die zutrifft.
•
Das, was eindeutig obligatorisch ist und für das der Prophet erklärte, wie, warum, für
wen, wann es anzuwenden ist und wann nicht.
•
Das, was vom Propheten erklärt wurde aber nicht im Koran erwähnt ist. Allah befahl
im Koran, dass dem Propheten gefolgt werden muss. Deshalb ist das, was der
Prophet (bzgl. der Religion) sagte, von Allah.
•
Das, was Allah von seinen Geschöpfen fordert, über Ijtihad zu suchen. Dies ist der
Qiyas (juristischer Analogieschluss). Nach Imam Schafi’i ist Qiyas eine Methode, um
zu einer Rechtsentscheidung zu gelangen auf der Basis von Belegen
59
(Präzedenzfall), auf die ein allgemein benennbarer Grund oder eine wirksame
Ursache benannt werden kann.
Imam Schafi’i erklärt diese fünf Kategorien in fünf separaten Kapiteln mit jeweiligen Beispielen
und Belegen. Hierauf folgen in der Ar-Risala Kapitel, in denen dargestellt wird, wann
Koranverse allgemeingültig sind und wann sie nur auf Spezialfälle, d.h. in einem bestimmten
Zusammenhang anwendbar sind. Zum Teil ist dies mit Hilfe der Sunna erkennbar. Im
Folgenden erläutert Schafi’i die Sunna des Propheten als Rechtsquelle und ihre Beziehung
zum Koran, dem Wort Allahs. Imam Schafi’i zeigt, dass die Sunna unabhängig vom Koran
existiert – d.h. eine zusätzliche Quelle für rechtliche Bestimmungen darstellt und nicht nur
eine Erläuterung zum Koran. Schafi'i führt auch Beweise an, die solche Gelehrten widerlegen,
die mit ihm in dieser Angelegenheit nicht übereinstimmen. Es folgt ein Kapitel über nasikh
und mansukh (Abrogierendem und Abrogiertem). Schafi'i leitet ab, dass ein Koranvers (arab.
aja) nur durch einen anderen Vers abrogiert werden kann und dass die Sunna nur durch die
Sunna abrogiert werden kann.
2. Idschtihad, Taqlid und Fatwas
Für die Rechtsfindung sind nunmehr erst einmal zwei Verfahren von grundlegender
Bedeutung, die es zu kennen gilt:
idschtihad:
Verfahren zur Rechtsfindung durch eine unabhängige Interpretation der beiden
Rechtsquellen Koran und Sunna. Um idschtihad anwenden zu können, muss man ein
Gelehrter des islamischen Rechtes sein.
taqlid:
taqlid ist das Gegenteil von idschtihad und wird als Imitation bzw. Nachahmung
bezeichnet. Hiernach ist jeder Muslim verpflichtet, sein Tun nach derjenigen
Rechtsschule zu richten, der er von Geburt an angehört oder der er durch Beitritt
angehört.
Um Idschtihad machen zu können, bedarf es einiger weitreichender wissenschaftlicher
Voraussetzungen:
Ausreichende Kenntnisse des Korans:
Ausreichende Kenntnis aller Koranverse, von denen Bestimmungen abgeleitet werden
sowie Kenntnis der abrogierenden und abrogierten Koranverse (nasikh und mansukh).
Ausreichende Kenntnis der Sunna:
Kenntnis der Hadithe der rechtlichen Bestimmungen (ahadith alahkam), d.h. Kenntnis der
Hadithe, von denen konkrete islamische Handlungsanweisungen abgeleitet werden.
Kenntnis der abrogierenden und abrogierten Hadithe
Wissen, ob ein Hadith, der als Beleg herangezogen werden soll, authentisch ist (sahih) oder
ein schwacher Hadith ist.
Ausreichende Kenntnis, ob es in der Fragestellung, die er gerade untersucht, eine
Übereinkunft aller Gelehrten einer Zeit, d.h. einen idshma, gab oder nicht.
60
Kenntnis dessen, auf welche Art potentielle Belege aus Koran und Sunna abgeleitet werden
und auf was für eine Bestimmung genau ein jeder dieser Belege verweist. Dies erfordert
ausreichende Kenntnisse bzgl. der arabischen Grammatik und Rhetorik.
Ausreichende Kenntnisse des aufgetretenen Sachverhaltes, den er aus islamischer Sicht
beurteilen will.
Es stellt sich nun die Frage, ob verschiedene Gelehrte zu unterschiedlichen Ansichten
kommen können und ob in einem solchen Falle nur einer von ihnen Recht hat oder unter
Umständen alle. Die Beantwortung dieser Frage hängt von der Rechtsschule ab, der man
angehört. Die Mehrheit der schafiitischen Rechtsschule, ein Teil der hanafitischen
Rechtsschule sowie die Mehrzahl der Gelehrten der hanbalitischen Rechtsschule führen
hierzu folgendes aus:
Nur ein Gelehrter kann Recht haben, wenn verschiedene Gelehrte in einer Fragestellung zu
unterschiedlichen Ergebnissen kommen – dies gilt gleichermaßen für Grundlagen (usul) der
Religion als auch für untergeordnete Inhalte (furu). Gleichwohl führten zum Beispiel folgende
Worte von Abu Hanifa an Jusuf ibn Khalid as-Samti oftmals zu großen Diskussionen „Jeder
Mudschtahid kann unter Umständen Recht haben und die Wahrheit ist bei Allah eine Einzige.“
Kommen wir zu den unterschiedlichen Ansichten bzgl. der Grundlagen der Religion. Hier ist
es eindeutig, dass nur einer Recht haben kann und dass derjenige Moslem, der eine andere
Ansicht vertritt, sich versündigt und aus dem Islam austritt. Ein Beispiel hierzu ist zum Beispiel
die Frage, ob Gott einen Sohn hat oder nicht. Im Koran ist klar gesagt, dass Gott keinen Sohn
hat: „Und damit es (d.h. der Koran) jene warne, die da sagen: „Gott hat sich einen Sohn
beigestellt.“ Sie haben keinerlei Kenntnis davon, noch hatten es ihre Väter. Groß ist das Wort,
das aus ihrem Munde kommt. Sie sprechen nichts als Lüge.“ (Sure 18, Vers 4-5).
Es stellt sich abschließend die Frage, welche Folgen Meinungsunterschiede in
Detailangelegenheiten haben. Hierzu wird oftmals ein Hadith aufgeführt, wonach Ibn Umar,
Amr ibn Al-As, Abu Huraira und andere berichten, dass der Prophet gesagt habe: „Wenn der
Herrscher Idschtihad macht und dabei zu einem richtigen Ergebnis kommt, bekommt er
zweifachen Lohn (von Allah) und wenn er zu einem falschen Ergebnis kommt, bekommt er
einen einfachen Lohn (von Allah).“ Dies wird nun dahingehend interpretiert, dass bei
Meinungsunterschieden in Detailangelegenheiten diejenigen, die sich aus rechtlicher Sicht
irren, sich nicht irren sondern nur nicht richtig liegen.
Kommen wir nun zu taqlid:
In den Grundlagen der Religion ist taqlid nicht erlaubt, da derjenige, der taqlid macht, in Kauf
nimmt, dass sich der, dem er folgt irrt und dies würde bedeuten, dass er selbst Zweifel an der
Wahrheit des Islam hat. In den Detailangelegenheiten der Religion ist nach Ansicht fast aller
Gelehrten taqlid jedoch erlaubt. Zur Zulässigkeit von taqlid wird auch gerne auf den folgenden
Koranvers (Sure 16, Vers 43) verwiesen: „Fragt die Leute der Ermahnung, wenn ihr etwas
nicht wisst.“
Und hier sind wir auch schon bei einem interessanten, oft missverstandenem Thema: dem
Ersuchen einer Fatma, d.h. einer Rechtsauskunft.
Eine Fatwa ist nichts anderes als ein islamisches Rechtsgutachten, welches zu einem
speziellen Thema vom einer rechtsgelehrten Autorität, einem Mufti, herausgegeben wird.
Üblicherweise wird eine Fatwa auf Anfrage angefertigt, um ein Problem, welches aufgetreten
ist, zu lösen.
Unterschiede in Bezug auf die Verbindlichkeit des erteilten Fatwa für den Auftraggeber lassen
sich im Vergleich zwischen Schiiten und Sunniten feststellen. Ein im schiitischen Islam erteiltes
61
Gutachten ist durch den Mustafti in jedem Falle anzunehmen, die darin enthaltenen
Ratschläge müssen von ihm befolgt werden. Sucht er in zukünftigen Fällen im speziellen
Themengebiet um Rat, so hat er sich weiterhin an denselben Mufti zu wenden. Bei Sunniten
hingegen hat der erteilte Fatwa keine Verbindlichkeit für den Auftraggeber. Ist er mit dessen
Aussage nicht einverstanden, so hat er die Möglichkeit, zur selben Problematik die Meinungen
anderer Gelehrter einzuholen.
Von großer Bedeutung für die islamische Welt sind die Gutachten des Fatwa-Kollegiums der
theologischen Hochschule al-Azhar in Kairo. Aus diesem Grunde muss kurz auf diese so
wichtige Institution eingegangen werden:
Die al-Azhar Universität in Kairo ist nach der Universität al-Qarawiyyin (gegründet im Jahre
859) die zweitälteste Madrassa der islamischen Welt. Ihr Name ist von az-Zahra, einem
Beinamen von Fatima, der jüngsten Tochter des Propheten Mohammed, abgeleitet.
Gründungsdatum ist offiziell 975. Sie wird nach wie vor den meisten Sunniten als die
renommierteste islamische Schule angesehen. Rechtsgutachten der al-Azhar Universität sind
der islamischen Welt hoch angesehen.
3. Ehe- und Erbrecht
Die Ehe ist ein rein weltlicher Vertrag. Der Eheschließung geht meist ein Verlöbnis voraus,
welches oft durch Rezitieren der ersten Sure des Korans und den Austausch von Geschenken
bekräftigt wird. Verwiesen sei darauf, dass das Verlöbnis nicht erforderlich ist, kaum rechtliche
Wirkung entfaltet und jederzeit aufgelöst werden kann.
Sowohl nach sunnitischer als auch nach ismailitischer Rechtsauffassung kann eine Ehe nur
auf Lebenszeit und ohne Bedingungen eingegangen werden. Zwölferschiiten hingegen lassen
die Ehe auf Zeit hingegen zu. Gestützt auf Sure 4, Vers 3 wird die Ehe mit bis zu vier Frauen
gleichzeitig (=Polygamie) als zulässig angesehen. Konkubinate mit Sklavinnen können jedoch
gemäß Sure 4, Vers 24 in unbeschränkter Zahl geführt werden. Volljährig geschäftsfähige
Personen werden als ehefähig angesehen.
Verwandtschaftsbedingte Eheverbote bestehen aus Sicht des Mannes gegenüber früheren
Ehefrauen des Vaters oder der leiblichen Söhne, der eigenen Mutter und Großmutter
mütterlicherseits, Töchtern, Schwestern, Tanten väterlicher- und mütterlicherseits, Nichten
sowie bei bestimmten Stiefschwestern. Kaum erwähnenswert dürfte die Tatsache sein, dass
ein Eheverbot mit bereits verheirateten Frauen besteht. Gemäß Sure 2, Vers 228 muss für
eine erneute Eheschließung die Wartefrist nach der Scheidung (drei Monate) sowie gemäß
Sure 2, Vers 234 die Wartefrist von vier Monate und zehn Tage beim Tod des Ehemannes
berücksichtigt werden. Die Wiederheirat der unwiderruflich geschiedenen Ehefrau ist gemäß
Sure 2, Vers 230 nur dann möglich, wenn die Frau zuvor eine andere Ehe eingegangen ist.
Schiiten verbieten prinzipiell Ehen zwischen Muslimen und Nichtmuslimen. Bei Sunniten
erfolgt hier eine Geschlechterunterscheidung. Gemäß Sure 2, Vers 221 sowie gemäß Sure
60, Vers 10 kann bei Sunniten eine muslimische Frau keine wirksame Ehe mit einem
nichtmuslimischen Mann eingehen, wohingegen muslimische Männer gemäß Sure 5, Vers 5
wirksame Ehen mit nichtmuslimischen Frauen eingehen, wenn diese einer Buchreligion
angehören (Christentum, Judentum). Wenn bei einer Mischehe der Ehegatte vom Islam abfällt,
ist die Ehe als aufgelöst anzusehen. Dies gilt auch für den Fall, dass eine Ehefrau vom
nichtmuslimischen Glauben zum Islam konvertiert und der Ehegatte nicht auch gleichzeitig
zum Islam konvertiert.
62
Die Eheschließung durch den Ehevormund der Frau bzw. des nicht geschäftsfähigen Mannes
ist möglich und wird bei Schafiiten, Malikiten und Hanbaliten als Wirksamkeitsvoraussetzung
für die Ehe gefordert. Grundsätzlich ist Vormund der nächstverwandte Mann in ab- oder
absteigender männlicher Linie, wobei Uneinigkeit darüber besteht, ob der Sohn oder der Vater
den Vorrang hat. Nichtmuslime können nicht Vormund für Muslime sein. Die sunnitischen
Rechtsschulen verlangen übrigens prinzipiell, dass bei der Eheschließung zwei Zeugen
zugegen sein müssen; Schiiten empfehlen die Hinzuziehung von Zeugen, sehen diese jedoch
nicht als Wirksamkeitsvoraussetzung an.
Bei der Brautgabe gemäß Sure 4, Vers 4 sowie Sure 33, Vers 50 handelt es sich um eine
Zahlung an die Ehefrau selbst und nicht ein Kaufpreis für die Ehefrau. Die Brautgabe dient der
finanziellen Absicherung der Ehefrau. Zahlungen an die Familie der Ehefrau sind nicht durch
den Islam bedingt sondern lediglich aus arabischer Tradition. Ein Ausschluss der Brautgabe
ist nicht zulässig. Die Brautgabe ist prinzipiell bei Vollzug der Ehe oder vorherigem Tod des
Ehegatten in voller Höhe fällig. Eine symbolische Zahlung erfolgt zum Zeitpunkt des
Eheschlusses und gestundene Restzahlungen sind möglich. Im Übrigen kann die Ehefrau die
Erfüllung ihrer ehelichen Pflichten so lange verweigern, bis die Brautgabe entrichtet ist.
Im Ehegüterrecht herrscht Gütertrennung, d.h. die Ehefrau behält die Herrschaft über ihr
Vermögen und ist in ihrer rechtlichen Handlungsfähigkeit nicht eingeschränkt. So kann eine
Ehefrau Bürgschaft eingehen. Der Ehemann muss für seine Ehefrau eine angemessene
Unterhalt stellen und während der Ehe nach seinen Kräften Unterhalt –insbesondere für
Nahrung, Kleidung und Wohnung- leisten. Demgegenüber muss die Ehefrau (selbst die
vermögende Ehefrau) nicht zum finanziellen Unterhalt der Familie beitragen. Ausnahmen gibt
es hier nur im Verhältnis zu den Kindern, sofern der Ehemann keinen Unterhalt leisten kann.
Die Aufzucht der Kinder ist eine prinzipielle Pflicht der Ehefrau. Bei Beendigung der Ehe haben
Frauen keinen Anspruch auf einen Zugewinnausgleich. Der nacheheliche Unterhaltsanspruch
endet im Übrigen mit Ablauf der dreimonatigen Wartefrist für die Wiederverheiratung. Mehrere
Ehefrauen muss der Ehemann stets gleich behandeln und ihnen stets einen separaten
Wohnraum zur Verfügung stellenDie Ehe wird durch Tod oder Scheidung aufgelöst. Bei der Scheidung haben Männer jedoch
mehr Rechte als Frauen. Die häufigste –jedoch nur den Männern vorbehaltene Art der
Scheidung- ist der so genannte talaq. Er bedarf keiner Begründung. Für die Sunniten ist der
Scheidungswille beim Ausspruch nicht erforderlich und es nur wünschenswert (aber nicht
erforderlich), dass zwei Zeugen zugegen sind. Bei den Schiiten ist der Scheidungswille beim
Ausspruch erforderlich und die Gegenwart von zwei Zeugen ist erforderlich. Beim talaq wird
zwischen einer widerruflichen und einer unwiderruflichen Form unterscheiden. Nur die
widerrufliche Form, bei der die Scheidung erst mit Ablauf einer Wartefrist von in der Regel drei
Monaten eintritt, wird uneingeschränkt anerkannt. Der Widerruf durch Wort oder durch
Ehevollzug setzt die Ehe ohne weiteres fort. Der unwiderrufliche talaq beendet die Ehe sofort.
Neben dem talaq gibt es noch weitere, in der Praxis jedoch nicht so bedeutende
Ehescheidungsvarianten:
Beim ila schwört der Ehemann gemäß Sure 2, Vers 226 f., dass er mit seiner Ehefrau
mindestens vier Monate keinen Verkehr haben werde. Während die Hanafiten dies unbedingt
anerkennen, räumen die anderen Rechtsschulen der Ehefrau die Möglichkeit der Anrufung
eines Gerichtes ein, in dem der Richter den Ehemann zur Wideraufnahme der ehelichen
Beziehungen oder zum Scheidungsausspruch veranlasst.
Bei li´an gemäß Sure 24, Vers 26 ff. beschuldigt der Ehemann die Ehefrau des illegitimen
Geschlechtsverkehrs und beschwört dies, wohingegen die Ehefrau das Gegenteil beschwört.
Für Malikiten, Schafiiten und Zwölfer-Schiiten ist die Ehe sofort beendet, wohingegen bei
63
Hanafiten und Hanbaliten die Rechtsauffassung vorherrscht, dass der Richter den Ehemann
zum Scheidungsausspruch auffordert oder bei dessen Weigerung selbst die Scheidung
ausspricht.
Ehefrauen steht in bestimmten Fällen ebenfalls ein Scheidungsrecht zu. Bei Hanafiten
beschränkt es sich auf die Fälle, in denen der Ehemann impotent ist und die Ehe nicht in
Kenntnis dieses Umstandes eingegangen wurde sowie auf den Fall der Apostasie des
Ehegatten. Für die anderen Rechtsschulen ist es auch möglich, dass die Ehefrau unter
folgenden Umständen die Scheidung verlangen kann:
-
Der Ehemann ist dauerhaft außer Stande, die geschuldete Brautgabe zu zahlen oder
Unterhalt zu leisten.
-
Der Ehemann enthält sich über längere
Geschlechtsverkehrs (nur bei Hanbaliten).
Zeit
ihnen
Begründung
des
In eine Ehe geborene Kinder gelten stets als legitime Kinder der Ehegatten. Uneheliche
Kindschaft ist als Rechtskategorie nicht vorgesehen. Die Adoption wird unter Berufung auf
Sure 33, Vers 4 f. abgelehnt. Gleichwohl wurde im Islam das Institut der kafala entwickelt,
welches ohne Herführung von Statusfolgen in der Großfamilie dem Kind Personensorge und
Unterhalt sichert. Verwiesen sei hier auf Sure 3, Vers 37.
In Sachen Unterhaltsrecht sind grundsätzlich Ehefrauen und bedürftige Kinder
anspruchsberechtigt: Söhne bis zum Erreichen der Volljährigkeit sowie Töchter bis zur Heirat.
Das islamische Erbrecht beinhaltet sowohl die Erbreihenfolge, die sich am
Verwandtschaftsgrad orientiert als auch die begrenzte Freiheit des Erblassers, seine Erben
selbst bestimmen zu können. Idealerweise hat der Erblasser seine Verpflichtung zu einem
Testament erfüllt, wonach sich die Erben zu richten haben, falls das Testament aus Sicht des
Islam akzeptabel ist.
Sure 4, Vers 7:
„Den Männern steht ein Anteil an dem zu, was die Eltern und die nächsten Verwandten
hinterlassen. Und den Frauen steht ein Anteil an dem zu, was die Eltern und die nächsten
Verwandten hinterlassen, sei es wenig oder viel - ein festgesetzter Anteil.“
Sure 4, Vers 8:
Und wenn bei der Aufteilung andere Verwandte oder Waisen und Bedürftige anwesend sind,
dann beschenkt sie daraus und sprecht zu ihnen auf geziemende Weise."
Sure 4, Vers 11:
„Allah schreibt euch hinsichtlich eurer Kinder vor: Der männliche (Erbe) soll so viel wie den
Anteil von zwei weiblichen (Erben) erhalten. Und wenn es sich um weibliche (Erben) handelt,
zwei oder mehr, dann sollen sie zwei Drittel der Hinterlassenschaft erhalten. Und wenn es nur
eine Erbin gibt, dann gehört ihr eine Hälfte. Und für die Eltern ist je ein Sechstel des Erbes
(bestimmt), wenn der Verstorbene Nachkommen hat. Und wenn er keine Nachkommen hat
und die Eltern sind die (einzigen) Erben, dann ist für die Mutter ein Drittel. Und wenn er
Geschwister hat, dann ist für die Mutter ein Sechstel (festgesetzt) nach Abzug (aller)
Vermächtnisse oder Schulden. Eure Eltern und eure Kinder - ihr wisst nicht, welche von ihnen
euch an Nutzen am nächsten sind. Dies ist eine Vorschrift von Allah. Und Wahrlich, Allah ist
allwissend, allweise.“
Prinzipiell sind die Aussagen zum Erbrecht somit eindeutig und unmissverständlich.
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Testamentarisch kann nur über ein Drittel des Eigentums verfügt werden; die übrigen zwei
Drittel sind, wie festgelegt, unter die Erben zu verteilen. Die Verteilung findet statt, nachdem
Legate und Schulden (auch Beerdigungskosten) bezahlt worden sind. Legate zugunsten eines
in der Aufzählung erwähnten Erbberechtigten können nicht gemacht werden; das würde zu
einer Konfusion des ganzen Systems und Bevorzugung eines Erben vor den anderen führen.
Im Allgemeinen - aber nicht immer - bekommt ein männlicher Erbe einen doppelt so großen
Anteil wie ein weiblicher der gleichen Kategorie.
Die Tatsache, dass ein Sohn in vielen Fällen einen höheren Anteil am Erbe erhält als eine
Tochter, wird von manchen Nichtmuslimen als "Minderwertigkeit" der Frau im Islam gedeutet.
Bei solch einer Betrachtung bleibt unberücksichtigt, dass im islamischen Finanzsystem der
Mann allein für die Versorgung der gesamten Familie verantwortlich ist, wohingegen die Frau
ihr Eigentum allein für sich verwenden kann. So erfüllt das Erbe im Fall der Tochter die
Funktion einer reinen Hinterlassenschaft für die Tochter. Im Fall des Sohnes kommt zusätzlich
ein "Versorgungsanteil" hinzu. Bis zu einem Drittel des Erbes darf für nicht erfüllte religiöse
Verpflichtungen des Erblassers aufgewandt werden, der Rest zählt als Pflichterbanteil
(faraidh). So kann z.B. mit dem Anteil ein Vertreter beauftragt werden, die noch ausstehende
Pilgerfahrt (hadsch) des Verstorbenen in Vertretung durchzuführen, sollte der Verstorbene zu
Lebzeiten die Voraussetzungen erfüllt haben und dennoch die Pilgerfahrt nicht durchgeführt
haben. Hierbei kann z.B. eine Frau die versäumte Pilgerfahrt ihres verstorbenen Mannes
nachholen, was ihre religionsrechtliche Gleichwertigkeit belegt. Das islamische Erbrecht war
bei seiner Einführung in jeder Hinsicht eine Revolution der Gegebenheiten, da es nicht üblich
war, dass jede Frau erbte.
Da das islamische Recht in einer nichtislamischen Rechtssystem in der Regel nicht
eingefordert werden kann, obliegt es den Erben, die islamische Erfüllung im Rahmen der
bestehende Gesetze des Landes zu gewährleisten. Fordert ein Erbe ein ihm islamisch nicht
zustehenden Anteil, der ihm allerdings vom Landesgesetz gewährt wird, so bleibt er seinen
aus islamischer Sicht unrechtmäßig erworbenen Anteil für das Jenseits schuldig. Innerhalb
eines islamischen Rechtssystems gilt das Erbrecht für Muslime wie Nichtmuslime
gleichermaßen. Angehörigen von Buchreligionen (Christentum, Islam) wird die Umsetzung des
Erbrechtes nach den Regeln der eigenen Religion gewährleistet.
Der historische Ebrechtsstreitfall Fadak:
Die Geschichte betreffend Fadak sei hier aufgrund der unterschiedlichen Interpretation von
Sunniten und Schiiten sowie der besonderen Relevanz für Sunniten und Schiiten nachstehend
wie folgt widergegeben:
Der ertragreiche Landstrich Fadak war im Besitz des Propheten. Erträge der betreffenden
Gegend verteilte der Prophet unter den Bedürftigen und Notleidenden, bis der nachfolgende
Vers hinabgesandt wurde: "Gib den Angehörigen, was ihnen zusteht!" (Sure17, Vers:26).
Daraufhin schenkte der Prophet Fadak seiner Tochter Fatima. Zu diesem Thema gibt es die
nachfolgenden Überlieferungen:
Abu Sa'id Hadari berichtet: Als der 26. Vers der Sure Isra hernieder kam, sagte der Prophet
zu Fatima: "Fadak soll dir gehören!"
Atiyya überliefert: Als der Vers hinabgesandt ward, rief der Prophet Fatima zu sich und
schenkte ihr Fadak.
Als Abu Bakr nach dem Tod des Propheten und seiner Wahl in Sakifa das Kalifat antrat,
beschloss er, Fatima den Landstrich Fadak zu nehmen. Fatima ging nach der Enteignung zu
Abu Bakr, um das Land zurückzufordern und zog Umm Aymann und Ali als Zeugen hinzu.
Ergebnis dessen war die Rückgabe von Fadak an Fatima dergestalt, dass Abu Bakr ein
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diesbezügliches Schreiben aufsetzte und selbiges an Fatima aushändigte. Daraufhin entriss
Umar ibn Chatab Fatima das Schreiben, spuckte darauf und vernichtete es. Daraufhin forderte
Abu Bakr von Fatima weitere Zeugen. Dies würde –sofern sich die Ereignisse tatsächlich so
zugetragen haben- natürlich mit islamischer Rechtsprechung und Gerichtsbarkeit nicht zu
vereinen sein.
Als Fatima später erneut zu Abu Bakr kam, um Fadak zurückzufordern, antwortete ihr Abu
Bakr, dass Fadak nicht Eigentum des Propheten gewesen wäre, sondern Allgemeinbesitz der
Muslime[, woraus Truppen zu finanzieren seien] und dass Propheten nichts vererben würden.
Aischa -die Lieblingsfrau des Propheten, die zugleich die Tochter von Abu Bakr war- und Hafsa
bint Umar –ebenfalls eine Frau des Propheten und Tochter des Umar ibn Chatabunterstützten Abu Bakr´s Aussage, wonach der Prophet gesagt habe, dass Propheten nichts
vererben würden. Später forderte dann Aischa vom Kalifen Uthman ibn Affan das Erbe des
Propheten, worauf Uthmann sie dann an die frühere Aussage Aischas erinnerte, wonach der
Prophet gesagt habe, dass Propheten nichts vererben würden.
Abschließend sei vermerkt, dass weder Abu Bakr noch Umar Fadak nicht herausgaben. Als
Fadak dann vom dritten Kalifen Uthman ibn Affan nach dem Tode Umars an Uthmans Cousin
Marwan ibn al-Hakam kam es zu nicht unerheblichen Unruhen. Nachdem Ali vierter Kalif wurde
ordnete er zur Überraschung vieler nicht an, dass Fadar nicht zurückzugeben ist. Während
Sunniten diesen Sachverhalt dahingehend deuten, dass die Enteignung doch rechtens
gewesen sei, deuten die Schiiten diesen Sachverhalt dahingehend, dass Ali die Rückgabe
nicht angeordnet habe, da nach schiitischer Auffassung ein Machthaber im Islam seine Macht
und seine Verantwortung immer primär für die Interessen der Allgemeinheit einsetzen muss
und eigene Interessen stets zurückstehen müssen.
4. Wirtschaftsrecht
Wirtschafts- und Vertragsrecht werden –im Gegensatz zum Finanz- und Bankenwesen- im
islamischen Recht nur in Teilen geregelt.
Die partielle Verflechtung rechtlicher und religiöser Vorschriften wird in einigen Bereichen des
Vertragsrechts deutlich. Das islamische Vertragsrecht ist auch in einer ökonomisch
vergleichsweise sehr weit entwickelten Umwelt entstanden. Zu berücksichtigen ist dabei auch,
dass der Muhammed -wie viele aus seiner Umgebung- Kaufmann war.
Von grundlegender Bedeutung in diesem Zusammenhang ist Sure 2, Vers 29:
„Ihr Gläubigen! Bringt euch nicht untereinander auf unrechtmäßige Weise um euer Vermögen.
Anders ist es, wenn es sich um ein Geschäft handelt, das ihr nach gegenseitigem
Übereinkommen abschließt.“
Wichtig ist jedoch dabei, dass das Wirtschaften nicht auf unrechtmäßige Art und Weise
geschieht. Hierdurch wird die inhaltliche Kontrolle wirtschaftlicher Transaktionen notwendig.
Bzgl. der das Wirtschaftsrecht prägenden Wirtschaftsordnung sind erst einmal die beiden
folgenden Aspekte zu erwähnen:
1. Eigentumsrecht ist gewährleistet.
2. Handel ist erwünscht.
Der wirtschaftliche Vertrag im Islam:
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Im Islam herrscht eine rudimentär eingeschränkte Vertragsfreiheit. Bereits in Sure 2, Vers 275
wird zum Beispiel der Kaufvertrag explizit als Typus erlaubter Verträge bezeichnet.
Wesentliche Einschränkungen des islamischen Vertragsrechts sind jedoch:
- riba (Wucher, Zins)
- garar (Spekulation)
Die wichtigsten Vertragstypen im islamischen Wirtschaftsrecht sind:
- Kauf
- Tausch
- Verträge über Wasserrechte
- Hinterlegung
- Leihe, Schenkung sowie „islamische Darlehen“
- Miete
- Werklieferung
- Pfandbestellungsvertrag
- Vergleich
- Gesellschaftsverträge
Gegenstand des Vertrages kann eine bestimmte Sache oder aber eine Schuldverpflichtung
sein. Der Vollzug ist grundsätzlich nur in Firn des konkreten Gegenstandes möglich, so dass
hierdurch zum Beispiel Warentermingeschäfte ausgeschlossen sind. Anders verhält es sich
aber mit Geld, welches nicht konkretisiert werden kann sondern stets Platzhalter für andere
Gegenstände ist. Dies bildet die Grundlage für den bargeldlosen Zahlungsverkehr.
Voll geschäftsfähig und damit in der Lage, zivilrechtliche Verpflichtungen zu begründen, ist der
volljährige, geistig gesunde Freie. Der Geisteskranke und der unterscheidungsunfähige
Minderjährige sind nur beschränkt geschäftsfähig. Sie benötigen grundsätzlich der
Zustimmung des gesetzlichen Vertreters; sie sind jedoch grundsätzlich geschäftsfähig in
Hinblick auf vorteilhafte Geschäfte.
Wirksam sind Verträge prinzipiell nur, wenn sie im gegenseitigen Einverständnis geschlossen
sind.
Die Bindungswirkung von Austauschgeschäften ergibt sich bereits aus den bereits darauf
bezogenen übereinstimmenden Willenserklärungen. Grundsätzlich kann im Übrigen auch ein
Rücktrittstecht vereinbart werden. Streitig ist, ob hierbei eine Befristung erforderlich ist. Viele
vertreten dabei eine Höchstdauer von drei Tagen.
Einseitige Verpflichtungen sind zwar religiös bindend, nicht aber rechtlich bindend. Auch
ausgeführte einseitige Leistungsversprechen, wie zum Beispiel bei der Schenkung, sind im
Regelfall reversibel. So soll eine Schenkung dann widerrufen werden können, wenn der
Schenker dafür eine Form des Entgelts erwartet hat. Nur Schenkungen aus
Verwandtschaftsgründen und zum Zwecke der Almosengabe sollen unwiderruflich sein.
Formvorschriften kennt das klassische islamische Vertragsrecht nicht. Die Sonderregelung in
Sure 2, Vers 282 für Kreditgeschäfte, die schriftlich fixiert werden sollen, wird als bloße
Empfehlung verstanden. Für die Beweisbarkeit im Streitfalle ist das Hinzuziehen von Zeugen
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erforderlich. Einen faktischen Übergang zum Urkundenbeweis bildet die Person des
notariellen Berufszeugen.
Die höchstmögliche Transparenz ist im islamischen Vertragsrecht von besonderer Relevanz.
Aus diesem Grunde sind normaler Weise nur Verträge über exakt bestimmte Gegenstände
zulässig. Sachenrechtliche Vorgänge sind weitestgehend mit dem Vertragsrecht verknüpft,
unterscheiden sich jedoch nach den einzelnen Vertragsverhältnissen. So gilt für den
Eigentumsübergang beim Kauf das Konsensualprinzip, während bei der Schenkung das
Eigentum erst mit der Besitzerlangung übergeht. Der Verkäufer wird bis zur Kaufpreiszahlung
durch ein Zurückbehaltungsrecht abgesichert. Die Gefahr zufälliger Verschlechterung oder
zufälligen Untergangs geht erst mit der Übergabe auf den Käufer über. Bei Miete und Leihe
geht nur das Nutzungsrecht auf den Berechtigten über.
Eine Inhaltskontrolle von Verträgen wird nach dem islamischen Vertragsrecht insbesondere
wegen der Verbotsvorschriften erforderlich, über deren Anwendungsbereich die Auffassungen
allerdings weit auseinander gehen.
Bevor wir zu dem Zinsverbot (riba) kommen, welches für die Ausgestaltung des
Vertragswesens elementar ist, vergegenwärtigen wir uns des islamischen Handelsvertrages:
Ein wesentlicher Bestandteil islamischen Wirtschaftens sind die Handelsverträge.
Das Prinzip des Vertrages ist denkbar einfach: 100% des Investments stellt der Rabb al-Mal
(Eigentümer des Kapitals) zur Verfügung, während der mittellose Händler seine
Handelserfahrungen einbringt. Der freie Händler und seine Arbeit werden im Vertrag als
ebenbürtig zum Kapital honoriert. Wichtiger als seine Liquidität ist sein einwandfreier
Leumund. Der Investor muss sich aus dem Handel völlig zurückhalten und hat kein Recht,
weiteren Einfluss zu nehmen. Der Händler ist allein verpflichtet, nach einer bestimmten Zeit
das Kapital zurückzugeben, einschließlich des zuvor vereinbarten Gewinns. Natürlich konnten
sich auch ganze Investorengruppen zusammenschließen. So einfach ist oder war das also.
Der Vertrag und seine einfachen Bedingungen schufen ein eigenständiges und durchaus
komplexes islamisches Wirtschaftsdenken.
Eigentümlich ist beim Qirad-Vertrag die Risikoverteilung: sie obliegt bei normalen
Geschäftsverlauf zu 100% beim Investor. Nur bei offensichtlichem Missmanagement oder
Betrug wird der Händler zur Rechenschaft gezogen. Nach Imam Maliks „al-Muwatta“ sollte der
Handel im Übrigen bevorzugt mit Gold abgerechnet werden. Der Qirad-Vertrag diente vor
allem Handelsbeziehungen, die bekannt und berechenbar waren und das Risiko des Investors
überschaubar hielten. Vor allem auf eingespielten Handelsrouten mit exakt berechenbaren
Zeitabläufen wurde der Vertrag daher gerne benutzt.
Die Gewinnaussichten der Investoren waren, zumindest bei normalem Verlauf, dabei oft Atem
beraubend. Der Vertrag hatte aber auch eine spezifische Wirtschaftsethik zur Folge. Denn das
Vertragsmodell konnte nur dann funktionieren, wenn zwischen Händler und Investor eine
gewisse Vertrauensbasis existierte. Der Leumund und die Ehrlichkeit des Händlers waren
daher essentiell - jede Verfehlung oder Misswirtschaft führte zum sicheren und dauerhaften
Ende der Wirtschaftsbeziehungen. Das Risiko des Händlers bei Verlusten, seinen erarbeiteten
Leumund zu verlieren, war durchaus groß. Je besser der Leumund und die Reputation des
Händlers, desto sicherer seine künftigen Gewinnaussichten. Kurzum: der Händler sollte ein
Profi sein. Dazu gehörten langjährige Erfahrungen. Die Händler sorgten für Fortbildung und
Erfahrungsaustausch in entsprechenden Handelskammern.
Auch die um ihr Kapital besorgten Investoren entwickelten ein Vorsorgemodell. Investoren
legten großen Wert auf die Auswahl und Ausbildung, insbesondere auch auf
Prüfmechanismen der Händler.
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Eine neue Zunft entstand so früh wie der Qirad-Vertrag: der Wirtschaftsberater. Ein Heer von
Agenten beriet Investoren über die Charaktereigenschaften und Bilanzen der Händler. Genaue
Expertisen klärten die Investoren genau über Risiken und Möglichkeiten auf. Viele Investoren
beschäftigten Agenten, um besonders erfolgreiche Händler und Talente aufzuspüren.
Rein rechtlich berücksichtigt ein schriftlicher Qirad-Vertrag - neben der Nennung der
Beteiligten und Zeugen - vor allem die folgenden wichtigsten Punkte:
1. Der Investor übergibt das Kapital an den Händler und verspricht, keinen weiteren Einfluss
zu nehmen.
2. Der Investor darf vor dem vereinbarten Zeitablauf kein Kapital zurück verlangen.
3. Die Zeitabläufe z.B. die Fälligkeiten werden detailliert festgelegt.
4. Etwaige Bedingungen des Investors werden festgelegt.
5. Der Händler wird an seine Haftung für Missbrauch, Verfehlungen, Betrug usw. erinnert.
6. Der Investor trägt das Risiko oder Verluste des Händlers, während wiederum der Händler
keinen Anspruch auf Entlohnung oder Ersatz für Unkosten hat.
7. Die Gewinnverteilung wird absolut bindend vorab festgelegt.
8. Die Parteien legen im Falle eines Streites bereits ein Schiedsgericht fest, dessen
Entscheidung von beiden Seiten akzeptiert werden wird.
Riba – das zu berücksichtigende Zinsverbot:
Vergegenwärtigen wir uns erst einmal, wo im Koran Ausführungen zu Riba zu finden sind:
Sure 30, Vers 39:
„Und was ihr an Riba gebt, dass es im Vermögen der Leute Zins einbringe, das bringt bei Gott
kein Zins ein. Wenn ihr aber frommer Gesinnung Almosen gebt - das sind die, die ihr Guthaben
tatsächlich verdoppeln“
Sure 4, Vers 161:
„Und weil sie Riba nahmen, wo es ihnen doch verboten war, und die Leute in betrügerischer
Weise ihr Vermögen aufzehrten. Für die Ungläubigen von ihnen haben wir eine schmerzhafte
Strafe bereitet“
Sure 3, Vers 130:
„Ihr Gläubigen! Nehmt nicht Riba, in verdoppelten Beträgen! Und fürchtet Gott! Vielleicht wird
es euch wohl ergehen“
Sure 2, Vers 275 ff.:
„Diejenigen, die Riba nehmen, werden nicht anders dastehen als wie einer, der von Satan
erfasst und geschlagen ist. Dies wird ihre Strafe dafür sein, dass sie sagen, Kaufgeschäft und
Riba sind ein und dasselbe. Aber Gott hat das Kaufgeschäft erlaubt und den Riba verboten.
Und wenn einem eine Ermahnung von seinem Herrn kommt und er dann aufhört, so sei ihm
belassen, was bereits geschehen ist. Und die letzte Entscheidung über ihn steht bei Gott.
Diejenigen aber, die es künftig wieder tun, werden Insassen des Höllenfeuers sein und ewig
darin weilen. Gott lässt den Riba des Zinsnehmers dahinschwinden, aber er verzinst die
Almosen. Gott liebt keinen, der gänzlich ungläubig und ein Sünder ist. Ihr Gläubigen fürchtet
Gott! Und lasst künftig das Riba bleiben, wenn ihr gläubig seid. Wenn ihr es nicht tut, dann sei
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euch Krieg angesagt von seinem Gott und seinem Gesandten! Wenn ihr euch doch bekehrt
und auf weiteres Riba verzichtet steht euch euer Kapital
zu, so dass weder ihr Unrecht tut noch euch Unrecht getan wird.“
Durch Sure 3, Vers 130 ist definitiv unstrittig, dass ungewöhnlich hohe Zinssätze als auch
Zinseszinsen verboten sind. Noch heute wird darüber gestritten, in wie weit ein allgemeines
Zinsverbot gilt. Die Mehrheit des islamischen Rechtsgelehrten befürwortet noch heute ein
allgemeines Zinsverbotes.
Es stellt sich aber an dieser Stelle einmal die Frage, in wie weit Christentum und Judentum in
der Historie und in der Gegenwart zum Thema Zinsen.
Im Pentateuch, speziell im 5. Buch Mose findet sich folgende Aussage:
„Du sollst deinem Bruder keinen Zins auferlegen, Zins für Geld, Zins für Speise, Zins für
irgendeine Sache, die man gegen Zins ausleiht. Dem Fremden magst du Zins auferlegen,
aber deinem Bruder darfst du nicht Zins auferlegen, damit der Herr, dein Gott, dich segnet in
allem Geschäft deiner Hand in dem Land, in das du kommst, um es in Besitz zu nehmen.“
Seinen Ausgangspunkt nahm das schon altkirchliche Zinsverbot im Mittelalter mit dem Zweiten
Laterankonzil von 1139, dem Decretum Gratiani, einem ausdrücklichen Zinsnahmeverbot
durch Papst Innozenz III. von 1215 und dem Konzil von Vienne von 1311. Danach war es
verboten, Zinsen auf verliehenes Geld zu verlangen. Auch Thomas von Aquin sprach sich
philosophisch gegen den Zins aus. Martin Luther wandte sich persönlich auch gegen das
Zinsnehmen, im Gegensatz zu Jean Calvin, der eine in Wirtschaftsfragen konträre Haltung
einnahm. Dennoch wurde das Zinsverbot bald in allen protestantischen Gebieten Europas,
reformierten wie lutherischen, aufgehoben.
Noch 1745 wandte sich Papst Benedikt XIV. in der Enzyklika Vix pervenit entschieden gegen
den Zins. In § 3, Absatz I heißt es:
Die Sünde, die usura heißt und im Darlehensvertrag ihren eigentlichen Sitz und Ursprung hat,
beruht darin, dass jemand aus dem Darlehen selbst für sich mehr zurückverlangt, als der
andere von ihm empfangen hat […] Jeder Gewinn, der die geliehene Summe übersteigt, ist
deshalb unerlaubt und wucherisch.
Innerhalb der römisch-katholischen Kirche wurde das Zinsverbot von Papst Pius VIII. in einem
Schreiben vom 18. August 1830 an den Bischof von Rennes aufgehoben.
Islamisches Zinsverbot und UN-Kaufverträge:
Vergegenwärtigen wir an dieser Stelle einmal, welche Fatwa al-Azhar zu Verzugszinsen fällte:
Zur Frage der Verzugszinsen hielt die Gutachtenkommission von Al-Azhar (Lagnat Al-Fatwa)
diese für unzulässig: “Die mit dem Zeitfaktor begründete Zinsschuld entspricht dem Riba”.
Weiter führte die Kommission aus: “Der Gläubiger darf nur den fälligen Hauptanspruch
durchsetzen. Der darüber hinausgehende Geldbetrag ist Zins, der als Riba gilt. Zins ist in
diesem Fall nach der Shari’a unzulässig, weil er ohne eine Gegenleistung einen vereinbarten
Vermögenszuwachs zugunsten einer der Vertragsparteien bewirkt”. Diesem Gutachten
stimmte der Scheikh von al-Azhar in der al-Ahram Zeitung zu und bemerkte: “Verzugszinsen
entsprechen dem Riba al-Nasi’a, da es sich um eine Stundung der Schuld gegen einen
unrechtmäßigen Zuwachs der Geldschuld handelt”. Damit schließt sich al-Azhar der
überwiegenden Meinung an, die Verzugszinsen für unzulässig erklärt.
Es ist jedoch erwähnenswert, dass die Zinsfrage wegen der widersprüchlichen Auffassungen
zwischen Dar al-Ifta’a (Behörde zur Erstellung religiöser Gutachten) und al-Azhar für Unruhe
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gesorgt hat. Viele der angesehenen Shari’a-Gelehrten plädierten für die ausnahmsweise
Zulässigkeit von Zinsnahme in bestimmten Fällen und zwar dann, wenn es dem islamischen
Prinzip des Interesses der Allgemeinheit (Maslaha Morsala), die als subsidiäre Quelle der
Shari’a anerkannt ist, entspreche. Zu den Vertretern der Zulässigkeit bestimmter Arten des
Zinses gehören Mohamed Abdoh (Fatwa zu Postsparfonds), Mohamed Shaltout
(Produktionsdarlehen), beides ehemalige Großsheikhs von al-Azhar. Dazu zählen auch
Mohamed Al-Tantawi der Großsheikh von Al-Azhar und der damalige Großmufti Ägyptens.
Während seiner Amtszeit als Staatsmufti am 6. September 1989 hatte er ein Gutachten erstellt,
das die von Banken emittierten Investmentzertifikate shari’a-gemäß seien. Dieses Gutachten
wurde später von der überwiegenden Mehrheit der islamischen Rechtgelehrten kritisiert und
führte zu einer Konferenz der Gelehrten in Mekka im Juni 1991, löste die Veröffentlichung
mehrerer kritischer Schriften hierzu sowie weltweite Äußerungen von zahlreichen religiösen
Einrichtungen einschließlich des Vereins der islamischen Wirtschaft (Gam’eyet al-Iktesad alIslami) aus. Da die Verzugszinsen im Handelsverkehr nach der Shari’a nicht zulässig sind,
muss dem Gläubiger ein Anspruch auf Entschädigung bzw. ein Bereicherungsausgleich für
die vom säumigen Schuldner erlangte unberechtigte Kapitalnutzung des fälligen Geldbetrages
zustehen.
Hierdurch wird ersichtlich, wie wichtig Riba für islamische Vertragspartner im Wirtschaftsrecht
ist. Einer der umstrittensten Artikel des UN-Kaufrechts ist Art. 78 CISG, der für den Gläubiger
des Kaufpreises oder eines anderen geschuldeten Betrages einen Anspruch auf Zinsen
vorsieht; entsprechend sieht Art. 84 (1) eine Verzinsungspflicht für einen zurückzuerstattenden
Kaufpreis vor.
Ausdrücklich heißt es hier:
„Versäumt eine Partei, den Kaufpreis oder einen anderen fälligen Betrag zu zahlen, so hat die
andere Partei für diese Beträge Anspruch auf Zinsen, unbeschadet eines
Schadensersatzanspruchs nach Art. 74.“
Bekanntlich war auf der Wiener UN-Konferenz die Verzinsung außerordentlich streitig, und als
Kompromiss hat man zwar eine Verzinsungspflicht vorgesehen, die Zinshöhe aber ungeregelt
gelassen.
Von den arabischen Staaten haben bisher nur 4 das Übereinkommen unterzeichnet und
ratifiziert und es damit in die nationalen Rechtsordnungen integriert: Ägypten, Syrien, Irak und
Mauretanien.
Aus diesem Grunde kann man mit dem UN-Kaufvertrag in islamischen Ländern nichts
anfangen.
5. Kernelemente des islamischen Finanz- und Bankenwesens
Prägende Prinzipien des Islamic Finance and Banking sind:
Zinsverbot (Riba)
Spekulationsverbot (Gharar)
Verbot des Glückspiels (Maysir)
Verbot nicht scharia-konformer Investitionen, d.h. solcher Investitionen, die nicht in Einklang
mit dem islamischen Recht stehen
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Im Gegensatz zu dem vorstehend bereits behandelten Riba ist Gharar nicht exakt definiert.
Gharar bedeutet, dass jede Unsicherheit bzw. Unklarheit verboten ist. Verträge müssen frei
von jeder Unklarheit und Unsicherheit sein. Ein gewisses Maß an Unsicherheit ist im
Geschäftsleben jedoch unvermeidbar und wird daher auch akzeptiert. Nur extremes Gharar,
bei dem die Risiken und Unsicherheiten in einem Maße vorhanden sind, dass man sich schon
in die Nähe von Wetten oder Glücksspiel begibt, muss vermieden werden. Ebenfalls unter
Gharar fällt Betrug oder arglistige Täuschung.
Zwar ist der Kauf von Aktien mit Gharar verbunden, jedoch nur in besonderen Fällen auf eine
signifikante Weise, die zu einem Verbot führt. Kauft man eine Aktie, so beteiligt man sich an
einem Unternehmen (man wird zum Mit-Unternehmer) zu einem bestimmten Preis. Es gibt
dabei keine Unsicherheit und daher auch kein Gharar. Man teilt sich Risiko und Gewinn mit
anderen Aktionären / Mit-Unternehmern, wenngleich eine Unsicherheit über die Höhe besteht.
Ebenfalls kann man später seine Beteiligung wieder verkaufen, auch wenn nicht von Anfang
an klar ist, welcher Verkaufspreis erzielt wird. Insofern ist der Kauf der
Unternehmensbeteiligung auch mit dem Kauf eines Hauses zu vergleichen, das über die Jahre
an Wert gewinnen oder verlieren kann. Prinzipiell ist es erlaubt, Gewinn zu machen, jedoch
nur in dem Sinne, dass die gesamte Wirtschaft dadurch gewinnt. Signifikant ist daher die Art
und Weise, wie man handelt. Daytrading bewegt sich schon in der Nähe von Wetten und ist
ein Fall von extremen Gharar, denn nicht mehr die Investition in das Unternehmen mit
langfristigen Gewinnaussichten ist relevant, sondern das Ausnutzen kurzfristiger
Kursschwankungen. Das Gleiche gilt für den Leerverkauf, da man etwas verkauft, das man
nicht besitzt. Beim Leerverkauf gilt auch Riba, da mit Geld verdient wird. Zudem ist ein
Leerverkauf ungerecht, da weitere (Leer-)Verkäufe ausgelöst werden können, die den Wert
des Unternehmens stark mindern. In beiden Fällen gewinnt auch nur der Spekulant, nicht aber
die gesamte Wirtschaft.
Maysir umfasst Glücksspiel oder Wetten, z.B. an Spielautomaten oder auch
Währungsspekulationen durch Aufnahme eines Fremdwährungskredits. Jede Wette ist
unproduktiv in dem Sinne, dass nichts produziert wird. Eine generelle Definition ist, dass eine
Transaktion stattfindet, bei der einer gewinnt und einer verliert. Mit Maysir wird die Ablehnung
von Derivaten und konventionellen Versicherungen begründet. Dies bedeutet jedoch nicht,
dass Derivate, z.B. Optionen, prinzipiell verboten sind. Es kommt vielmehr auf den
Verwendungszweck an. Der Kauf einer Option, um z.B. auf einen Wechselkursgewinn im
Rahmen von Währungsspekulationen zu wetten, ist eindeutig verboten. Schließt jedoch ein
Händler, z.B. ein Importeur, ein Fremdwährungsgeschäft ab, um das Wechselkursrisiko
auszuschließen, darf er dafür eine Option verwenden.
Strukturelemente islamischer Finanzprodukte:
Die Struktur islamischer Finanzprodukte unterscheidet sich in grundlegender Form von den
Strukturmerkmalen westlicher Finanzprodukte. Vergegenwärtigen wir uns deshalb einmal die
Strukturelemente islamischer Finanzprodukte:
Das Wohl der Gemeinschaft steht immer im Vordergrund vor dem Wohl des Einzelnen
Teilung von Gewinn und Verlust
Die Risikoverteilung erfolgt tendenziell zu Lasten der Geldgeber
Geld dient lediglich als Tauschmittel und hat keinen eigenständigen Wert. Kapital wird nicht
als selbst erarbeitete Anlage angesehen.
Finanzierungstechniken setzen stets an konkreten Finanzierungsgegenständen an.
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Kommen wir abschließend in diesem Bereich noch zu den Aspekten Bankkonten und
Kreditkarten:
Wadiah – Konten:
Bei einem Wadiah-Konto verwahrt die Bank das Geld des Kunden, der das Geld jederzeit
zurückfordern kann. Ein Zins wird nicht bezahlt (Riba). Jedoch hat die Bank die Möglichkeit,
ein Geschenk (hibah) zu machen. Da es der Bank freigestellt ist, ein Geschenk zu machen,
kann es sein, dass das einbezahlte Geld ausschließlich verwahrt wird und dafür keinerlei
Honorierung stattfindet; in der Praxis ist dies jedoch niemals der Fall. Die Bank kann jedoch
niemals eine feste Zusage über solche Geschenke machen, da dies einer Zinszahlung ähneln
würde.
Man unterscheidet folgende Arten von Wadiah – Konten:
Bei Wadiah-Yad-Amanah-Konten findet ausschließlich eine Verwahrung des Geldes statt.
Weder darf die Bank den Betrag anderweitig anlegen oder investieren, noch darf sie für die
Verwahrung Gebühren erheben. Die Bank verspricht zwar, den einbezahlten Betrag sorgfältig
zu verwahren, kann die vollständige Rückzahlung jedoch nicht garantieren, wenn z.B. im Falle
eines Feuers oder eines Banküberfalls gerade die vom Anleger eingezahlten Geldscheine
verbrennen oder gestohlen würden.
Bei Wadiah-Yad-Dhamanah-Konten garantiert die Bank im Gegensatz zu Wadiah-YadAmanah-Konten die 100%ige Rückzahlung der Einlage. Dafür darf die Bank mit dem Geld
arbeiten und alle erwirtschafteten Profite behalten, muss jedoch auch entstehende Verluste
ausgleichen. Bei dieser Kontenvariante ist hibah (Geschenke) üblich, d.h., dass nicht
garantierbare Gewinne aus der Anlage des einbezahlten Geldes an den Kunden zumindest
anteilig weitergegeben werden. Die meisten Sparkonten, bei denen Sicherheit im Vordergrund
steht, werden in Form von Wadiah-Yad-Dhamanah-Konten geführt.
Mudaraba Konto:
Bei einem Mudaraba-Konto legt ein Investor (rabb al-mal) Geld an, die Bank in ihrer
Eigenschaft als Unternehmer (mudarib) stellt ihre Expertise für das Investment zur Verfügung.
Die Bank tritt als Vermögensverwalter für das angelegte Kapital auf und kann frei entscheiden,
wie es angelegt wird. Bank und Anleger vereinbaren eine Aufteilung des Gewinns. Für den
Fall, dass die Bank Gewinn erwirtschaftet, wird er auch geteilt. Für den Fall, dass die Bank
Verluste produziert, trägt jedoch der Anleger zu 100 % das Verlustrisiko. Im Gegenzug kann
die Bank keine Zahlungen vom Anleger verlangen, solange sie keinen Gewinn erwirtschaftet.
Gewinne und Verluste werden nicht täglich (wie bei Investmentfonds) sichtbar, sondern nur
zur vereinbarten Endfälligkeit der Anlage bzw. zu bestimmten Terminen, ähnlich Zinsterminen
bei Anleihen. Zwar können negative Ergebnisse entstehen, jedoch agieren islamische Banken
bei diesen Konten sehr vorsichtig und investieren so, dass sich das Ergebnis gut vorhersagen
lässt (z.B. in die Finanzierung von Wohnungen).
Bei Mudaraba-muqayyada-Konten sind der Bank Grenzen auferlegt, innerhalb derer sie
investieren darf, z.B. hinsichtlich Geschäftsfeldern oder Anlagedauer. Bei Mudaraba
muthalaqa sind diese Restriktionen nicht gegeben.
Quard Hassan:
Qard-Hassan-Einlagen erlauben der Bank, mit dem angelegten Geld zu wirtschaften, jedoch
erhält der Kunde keinerlei Gewinnbeteiligung. Dieser Anlagetyp ist nur wenig populär und wird
auch kaum angeboten. Er kann Basis für ein Girokonto sein, wobei die Bank durch die
erwirtschafteten Gewinne die Bearbeitungskosten für das Girokonto kompensiert.
73
Kreditkarten:
Kreditkarten entsprechen nicht islamischen Wirtschaftsprinzipien, weil sie dazu verleiten, sich
unmäßig zu Wucherpreisen zu verschulden. Ungeachtet dessen sind Kreditkarten erlaubt,
sofern einige Rahmenbedingungen beachtet werden: Cash advance ist verboten, da dies
einem Kredit entspricht. Zinszahlungen, egal ob auf Guthaben oder noch nicht oder zu spät
bezahlte Kreditkartenrechnungen, sind verboten. Der Kreditkarteninhaber darf die Karte nur
für erlaubte (halal) Ausgaben verwenden, z.B. darf ein Möbelstück bezahlt werden, nicht
jedoch Alkohol.
Debit-Karten, d.h. Bezahlkarten auf Guthabenbasis, gehen dagegen konform mit den Ideen
des islamischen Bankenwesens.
74
VII. Islamisches Brauchtum:
1. Islamischer Kalender und islamische Feiertage
Der islamische Kalender ist ein zwölfmonatiger reiner Mondkalender, daher je nach
Mondphase 10 oder 11 Tage kürzer als der gregorianische Sonnenkalender. So wandert er im
Zeitraum von 32,5 Jahren einmal rückwärts vollständig durch den gregorianischen Kalender.
Der einzelne Monat hat je nach den Mondphasen 29 oder 30 Tage. Schaltjahre werden nicht
angewandt, da jede Korrektur unmittelbar mit der neuen Sichtung des Neumondes erfolgt.
Die islamischen Monate heißen:
1. Muharram
2. Safar
3. Rabi-ul-Awwal
4. Rabi-ul-Achir
5. Dschumada al-Ula
6. Dschumada al-Uchra
7. Radschab
8. Scha'ban
9. Ramadan
10. Schawwal
11. Dhu-l-Qa'da
12. Dhu-l-Hiddscha
Die Wochentage werden beginnend mit Sonntag und mit Samstag endend gezählt. Der Freitag
ist also zwar der wöchentliche Feiertag, aber nicht der letzte Wochentag im islamischen
Kalender.
Sonntag: yaum al-ahad
Montag: yaum al-ithnayna
Dienstag: yaum ath-thalatha
Mittwoch: yaum al-arba`a
Donnerstag: yaum al-hamis
Freitag: yaum al-dschum`a
Samstag: yaum as-sabt
Kommen wir nun zu den islamischen Feiertagen:
Ramadan:
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Der Monat Ramadan ist die islamische Fastenzeit, in der Muslime von Morgendämmerung bis
zum Sonnenuntergang keine Speisen und Getränke zu sich nehmen. Das Fasten im Ramadan
gilt als eine der Fünf Säulen des Islam. Schwangere und Kranke, sowie Kinder, Reisende und
Soldaten sind von der Fastenpflicht ausgenommen. Das Fasten wird nach Sonnenuntergang
traditionell mit dem Essen einer, drei oder fünf Datteln und einem Glas Wasser gebrochen,
danach wird das rituelle Gemeinschaftsgebet verrichtet und gemeinschaftlich gegessen.
Lailat al-Qadr
Die Nacht der Bestimmung fällt in einen der letzten zehn ungeraden Tage des Monats
Ramadan und hat eine besondere Bedeutung in der islamischen Fastenzeit.
Fastenbrechen
Das ʿĪd al-fitr oder „Fest des Fastenbrechens“ ist ein Fest, das am Ende des Fastenmonats
Ramadan begangen wird. Das Fest beginnt mit dem Sonnenuntergang des letzten Fastentags.
Am frühen Morgen des nächsten Tages (der erste Tag des Monats Schauwal) versammeln
sich die Muslime zum rituellen Festgebet. Speisen und nichtalkoholische Getränke werden in
den Moscheen und in den Häusern gereicht. Kinder bekommen Süßigkeiten, weshalb das Fest
auch „Zuckerfest“ genannt wird. Das Fest dauert bis zu drei Tage.
Opferfest
Das ʿĪd al-Adhā ist das höchste islamische Fest und wird etwa 70 Tage nach dem ʿĪd al-fitr
begangen. Es wird in Erinnerung an den Propheten Abraham gefeiert, als er versuchte seinen
Sohn Isaak zu opfern als Beweis seiner Loyalität zu Allah. Muslime opfern wie Abraham ein
Tier, um Gott für die Rettung des Lebens von Ismail zu danken. Das Fleisch des
geschlachteten Tieres wird in drei gleichen Teilen an den Opfernden, an seine armen
Verwandten und an Bedürftige ohne Ansehen ihrer Religion, Rasse oder Nationalität verteilt.
Wie beim Īd al-fitr treffen sich die Muslime am Morgen des ersten Tages zum rituellen
Festgebet. Das Fest dauert vier Tage.
Aschura
ʿĀschūrāʾ wird der zehnte Tag des islamischen Monats Muharram genannt. Der Tag hat in
den islamischen Richtungen unterschiedliche Bedeutung.
 Die Schiiten gedenken während Aschura öffentlich der Schlacht von Kerbela im Jahr
680 im heutigen Irak.
 Für die Aleviten ist Aschura kein Gedenktag wie bei den Schiiten, sondern ein Feiertag,
der nach 12-tägigem Fasten (also am dreizehnten Tag) begangen wird.
 Für die Sunniten ist Aschura ein Fastentag – hier ist das Fasten allerdings freiwillig.
Dieser Tag steht im direkten Zusammenhang mit der Errettung Moses durch Gott
während seiner Flucht aus Ägypten. Somit ist Aschura ein Tag der Freude und
Dankbarkeit.
Geburtstag des Propheten
Mawlid an-Nabi ist ein Ehrentag anlässlich der Geburt Mohammeds, dem Gründer und
Propheten des Islam. Mawlid an-Nabi wird am 12. Tag des Monats Rabi' al-auwal gefeiert.
Der Tag wird oft als Lichterfest begangen bei dem viele Moscheen erleuchtet sind. Es finden
Zusammenkünfte statt, an denen Geschichten und Legenden aus dem Leben des Propheten
erzählt werden. Einige Muslime lehnen diese Feier als unzulässige Neuerung und als
verbotene Vergötterung Mohammeds ab.
Nachtreise des Propheten
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In der Nachtreise Sure 17, soll Mohammed nach islamischer Überlieferung vom Erzengel
Gabriel zur „Entfernten Moschee“ und in den Himmel geführt worden sein. Dieses Ereignisses
wird von vielen Muslimen am 27. des Monats Radschab gedacht.
2. Essen und Trinken für Muslime
1. Beginn des Essens:
Zu Beginn des Essens sollte
Aussprache: Bismillah.
der Namen Allahs erwähnt werden. Wichtig ist hier die
2. Benehmen beim Essen:
Die beste Art und Weise, wie man Speisen zu sich nimmt, besteht darin, die Finger der rechten
Hand zu gebrauchen. Auch isst ein Moslem von der Stelle des Tellers, die einem am nächsten
ist, nicht jedoch von der Mitte des Tellers. Der Segen des Essens kommt nämlich in die Mitte
herab, weshalb wir diesen Bereich zuletzt essen sollten.
3. Das Benehmen beim Sitzen:
Der Prophet aß nie zurückgelehnt. Wenn man auf diese Weise isst, zeigt man sich hochmütig.
4. Kritisiere das Essen nicht:
Abû Huraira überlieferte, dass der Prophet nie irgendwelche Mängel an der Speise sah.
Möchte er sie, aß er, möchte er sie nicht, ließ er das Essen stehen. Man soll Allâh gegenüber
für alles dankbar sein, mit dem er uns versorgte und uns nicht über den Geschmack beklagen.
Es sollte uns auch vor Augen gehalten werden, dass es viele Menschen gibt, die nicht wissen,
woher die nächste Mahlzeit kommen soll.
5. Isst nicht zu viel:
Der Prophet lehrte uns, dass wir alles gemäßigt tun sollen, sogar das Essen. Daher sollten wir
nicht solange essen, bis wir völlig satt sind. Vielmehr sollten wir nur so viel zu uns nehmen,
bis unser Hunger gestillt ist, ohne uns gänzlich zu sättigen.
6. Nach dem Essen:
Haben wir das Essen beendet, sollten wir stets Allâhs gedenken und Ihm gegenüber dankbar
sein, denn Er ist der Versorger und Unterhalter.
7. Die Trinkregeln:
Wasser sollte in drei Zügen getrunken werden, und zwar derart, dass man außerhalb des
Trinkgefäßes drei Mal ausatmet. Diese Gewohnheit hat einen heilsamen Einfluss auf
jemandes Charakter und sie hilft dabei, in unseren Handlungen Eile zu vermeiden. Der Prophet
verbat, in das Trinkgefäß auszuatmen.
Kommen wir nun zu den dezidierten Speisevorschriften:
Das Erlaubt sein der Dinge:
Das Erlaubt sein der Dinge ist ein weiterer Grundsatz, der seine Gültigkeit im Rahmen der
Speisevorschriften hat, aber insbesondere hier zur Geltung kommt. Demnach sind alle
Speisen und Getränke grundsätzlich erlaubt, sofern dafür kein Verbot ausgesprochen wurde.
Belegt wird dieser Grundsatz vor allem durch folgende Verse:
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“Er ist es, der alles, was auf der Erde ist, für euch geschaffen hat.” (Sure 2, Vers 29)
“O ihr Menschen, esst von dem, was es auf der Erde an Erlaubtem und Gutem gibt.” (Sure 2,
Vers 168)
Infolge dieser Verse ist der Rahmen für das Verbotene sehr eng. Solange es nicht ausdrücklich
verboten ist, ist quasi alles erlaubt. Bezüglich der Speisevorschriften wird sogar explizit vor
dem Verbot von erlaubten Speisen gewarnt:
Verbot des Schädlichen:
Während die Spannweite des Erlaubten sehr weit ist, so gibt es neben einzelnen Verboten ein
generelles Verbot und zwar des Unreinen und Schädlichen. Das Verbot des für den Körper
Schädlichen beruht hauptsächlich auf folgenden zwei Versen:
1. Tötet euch nicht (Sure 4, Vers 29)
2. Stürzt euch nicht mit eigenen Händen ins Verderben (Sure 2, Vers 195)
Somit ist grundsätzlich jede Speise, jedes Getränk, das aus medizinischer Sicht mit Gewissheit
schädlich für Körper und Geist ist, von vornherein verboten.
Erlaubte und verbotene Speisen:
Bei den Speisen ist erst einmal zwischen pflanzlichen und tierischen Speisen
unterscheiden:
zu
Pflanzliche Speisen:
Alle pflanzlichen Speisen sind grundsätzlich halal, d.h. erlaubt, solange sie keine schädliche
oder den Geist benebelnde Funktion haben. Pflanzen die mit Exkrementen in Berührung
gekommen sind, können auch nicht gegessen werden. In den klassischen Werken wird dieses
Verbot jedoch nicht nur auf Exkremente beschränkt. An sich erlaubte Speisen durch
Vermischung mit unhygienischem ihren erlaubten Charakter verlieren. Speisen die den Geist
benebeln und eine berauschende Wirkung haben, sind verboten:
O ihr, die ihr glaubt! Berauschendes, Glücksspiel, Opfersteine und Lospfeile sind ein Greuel,
das Werk Satans. So meidet sie, auf dass ihr erfolgreich seid. (Sure 5, Vers 90)
Tierische Speisen:
Bei den tierischen Speisen wird wiederum zwischen Wassertieren und Landtieren
unterschieden:
Wassertiere:
Von den Wassertieren ist der Verzehr aller Fische erlaubt. Nach den Hanafiten gehören jedoch
tote und auf der Oberfläche treibende Tiere nicht in den Rahmen der erlaubten Speisen. Die
anderen Rechtsschulen kennen solch eine Einschränkung nicht. Sie stützen ihren Standpunkt
auf folgende Verse:
Und Er ist es, Der euch das Meer dienstbar machte, damit ihr frisches Fleisch daraus esst und
Schmuck daraus hervorholt, um ihn anzulegen. (Sure 16, Vers 14)
Erlaubt ist euch, den Fisch im Meer zu fangen und zu essen, als eine Versorgung für euch und
für die Reisenden. (Sure 5, Vers 96)
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Landtiere:
Von den Landtieren (inklusive Vögel) sind folgende Tiere oder Teile von ihnen ohne Zweifel
verboten:
 Schweinefleisch
 Blut
 Erlaubte Tierarten, die nicht geschächtet wurden
 Tiere die im Namen eines anderen als Allah geschlachtet wurden
 Erwürgte oder durch andere Tiere gerissene Tiere
 Durch irgendeinen anderen Tod als durch Schächten oder der Jagd getötete Tiere
Durch andere Tiere gerissene Tiere dürften dennoch gegessen werden, wenn sie vor ihrem
Tod noch rechtzeitig geschächtet wurden (dies ist heutzutage eher als theoretisch anzusehen).
In allen Rechtsschulen, außer der malikitischen, sind Raubtiere und Fleisch fressende Tiere
wie Raubkatzen, aber auch Raubvögel, haram. Die Malikiten sehen den Verzehr von
Raubtieren wie den Raubkatzen zwar als verpönt (mekruh) an, gegen den Verzehr von
Raubvögeln haben sie jedoch nichts einzuwenden. Der Verzehr von Hunden (nach Malikiten
nur makruh) und von Nutztieren wie Pferden und Eseln ist nach allen Rechtsschulen verboten.
Nach den drei Rechtsschulen ist der Verzehr von Tieren wie Skorpionen, Schlangen, Mäusen
oder Bienen nicht erlaubt. Die malikitische Rechtsschule sieht diese jedoch als mubah
(erlaubt) an.
Das Essen von Nutztieren wie Kamelen, Rindern und Schafen ist ohne Zweifel erlaubt. Auch
Geflügel wie Enten, Hühner, Gänse, Puten und andere, die sich nicht von anderen Tieren
ernähren, gehören dazu. Eine Sorte von Tieren, über dessen Verzehr es jedoch verschiedene
Meinungen gibt, sind solche, die als Dschellale bezeichnet. Dschellale sind Tiere, die sich
hauptsächlich von Exkremente ernähren. Heutzutage würden unter diese Definition wohl auch
Tiere fallen, denen Kraftfutter aus Schlachtabfällen zum fressen gegeben wird.
3. Der Tod
Die Gläubigen, die das Sterbe- und Totenlager eines Muslim oder einer Muslima umstehen,
beten unentwegt in arabischer Sprache das Glaubensbekenntnis des Islam und die Sure 36.
Unaufhörlich wird dem Sterbenden, selbst dem Verstorbenen noch, die Shahada mit sanfter,
hörbarer Stimme als eine heilvolle Wegzehrung in das Ohr geraunt. Der Prophet soll diese
Sure selbst das Herz des Korans genannt haben. Für den frommen Muslim stellt der Tod nicht
nur das natürliche Ende, sondern auch bereits den Höhepunkt des Lebens dar. Der sterbende
Muslim ist ja im Begriff zu Allah zurückzukehren, um vor seinem Angesicht auch über sein
Leben Rechenschaft über seinen Glauben abzulegen.
Unmittelbar nach dem Eintreten des Todes werden dem Toten die Augen geschlossen. Bis
auf einen Mann bei einem Verstorbenen oder bis auf eine Frau bei einer Verstorbenen
verlassen die Anwesenden das Sterbezimmer, um allen Verwandten, Freunden, Nachbarn
und Bekannten unverzüglich den Tod mündlich oder schriftlich bekannt zu geben. Die
zurückbleibende Person legt den Leichnam auf den Rücken und streckt die Arme und Beine.
Das Gesicht des Verstorbenen muss in Richtung Mekka weisen. Auch die Füße sind der
heiligen Stadt so zugewandt, als wollte er sich gerade in der Richtung zum Gebet aufsetzen.
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Diese Gebetshaltung ist später auch für die Grablage wichtig. Der tote Muslim wird offenbar
als Betender vor Allah verstanden.
Die rituelle Reinigung ist ein verpflichtender Ritus bei allen Muslimen, der im Sterbezimmer
oder in einem dafür vorgesehen Raum in der Moschee geschieht. Bei Frauen soll es eine Frau,
bei Männern ein Mann sein. Die übliche Reihenfolge ist wie folgt:
1. die vom Verstorbenen gewünschte Person
2. danach die Eltern
3. danach die Großeltern
Den Ehepartnern ist es gestattet den Partner zu waschen. Die Reihenfolge der Waschung folgt
einem festen Ablauf, danach wird der Tote in Leintücher gehüllt: beim Mann in drei, bei einer
Frau in fünf, bei einem Kind in ein. Die mehrfache rituelle Reinigung des Leichnams erfolgt wie
vor dem täglichen Pflichtgebet:
Zunächst werden die Hände des Toten bis zum Handgelenk gewaschen, der Mund
ausgespült, die Nasenlöcher gereinigt, das Gesicht gewaschen, daraufhin weiter die Hände
bis zu den Ellbogen und der Kopf von den Haaren bis zum Hals, weiterhin der ganze Körper
mit der rechten Seite beginnend gewaschen. Der Schambereich wird von dem Bauchnabel bis
zu den Knien mit einem Tuch bedeckt und unterhalb des Tuches gewaschen. Das geschieht
mehrmals mit frischem Wasser ohne Seife. Nach der zweiten Waschung kann dem neuen
Wasser Moschus, Kampfer oder Rosenwasser beigefügt werden, so dass der ganze Leib gut
riecht. Die Tücher und Handtücher sind nur für einen Toten vorgesehen. Das Waschen sowie
die rituelle Reinigung des Leibes haben in ungerader Anzahl der Häufigkeit zu geschehen. Der
Tote soll flecken- und makellos vor Allahs Angesicht hintreten können. Eine alte Vorschrift
weist auf den geschichtlichen Ursprung des Glaubens hin. Gibt es für den Gläubigen, der bei
den Vorbereitungen zu seinem Pflichtgebet - etwa in der Wüste- kein Wasser, so nimmt er
stattdessen den Sand. Dieses gilt auch für die rituelle Reinigung des Verstorbenen.
Die Salbung des Toten kann mit Kampferöl an sieben ausgewählten Stellen des Leibes
geschehen, die bei der fünfmaligen Übung des täglichen Pflichtgebets immer den Boden
berühren: an der Stirn, an den beiden Handflächen, an den beiden Knien, an den beiden
großen Zehen. Schiiten nehmen noch die Nase dazu. Sunniten dagegen salben den ganzen
Körper des Toten.
Dann wird der Tote in sein Totengewand gekleidet, wenn es bereits vorbereitet im Schrank
liegt. Oder er wird unbekleidet in ein weißes baumwollenes Tuch gehüllt, das über dem Kopf
und unterhalb der Füße mit gleichfarbigen Stoffstreifen zusammengebunden wird. Das
Leichentuch darf weder aus Seide bestehen noch Goldstickerei aufweisen. Von dem Toten
sind nur noch die Körperumrisse unter dem Tuch zu erkennen. Im Tode vor Allah sind alle
gleich. Das Totengewand selbst besteht aus einer Kopfbedeckung, die den Kopf bis zum Hals
völlig verhüllt, aus einer hemdartigen Oberbekleidung und einem shortartigen Unterteil bzw.
bei einer Frau aus einer röhrenförmigen Hose (Pantalon). Hat der Muslim an einer Pilgerreise
nach Mekka teilgenommen, wird ihm sein Wallfahrtsgewand angelegt. Märtyrer, die im Kampf
gegen Ungläubige als Verfolgte des Glaubens getötet worden sind, sind durch das eigene Blut
gereinigt. Sie werden grundsätzlich in den Kleidern, die sie im Augenblick ihres Todes trugen,
begraben.
Das Totengebet kann zu jeder Zeit, nur nicht beim Aufgang oder beim Untergang der Sonne
gesprochen werden. Dieses geschieht nach der abgeschlossenen Herrichtung des
Verstorbenen für Allah. Für die Schiiten ist dazu der Erbberechtigte oder ein von ihm
Beauftragter verpflichtet. Nach der sunnitischen Tradition kann dieses von der verstorbenen
Person schon zu Lebzeiten bestimmt worden sein. Wer das Totengebet verrichtet, steht an
80
der rechten Seite am Kopfende der Bahre und gibt zunächst seine Absicht bekannt. Die
verschiedenen Glaubensrichtungen des Islam kennen unterschiedliche Wortlaute. Die Männer
des Trauergefolges stellen sich in Richtung Mekka auf und vollziehen diese Gebete gegenüber
dem fünfmaligen täglichen Pflichtgebet stehend mit.
Der Tote auf der Bahre in seinem Leichentuch kann noch mit einem feinen Teppich bedeckt
werden. Die Bahre wird auf den Schultern oder bloß mit den Händen in der Kniehöhe getragen.
Es ist im Islam für den Mann Pflicht, sich dem Leichenzug anzuschließen und den Toten sogar
ein paar Schritte mitzutragen. Der Leichenzug mit dem Imam geht voran, ihm folgt der Tote.
Fortwährend wird die Shahada laut wiederholt. Heute wird bei den weiten Entfernungen
zwischen den Wohnungen und den Friedhöfen die Bahre auf ein dafür bestimmtes Auto
gesetzt. Die Teilnehmer folgen dann.
Der Tote soll innerhalb eines Tages begraben werden. Heute werden dafür meistens
hygienische Gründe genannt. Der Sinn für diese Eile liegt darin, dass der Todesengel die
Seele nach dem Tode zum Himmel geleitet, damit sie dort eine Art Zwischengericht erfahren
und anschließend wieder zum Körper ins Grab zurückzukehren kann. Tritt der Tod am Abend
oder in der Nacht ein, soll das Begräbnis am kommenden Morgen erfolgen. In muslimischen
Ländern wird der Verstorbene nach dem Anlegen des Totengewandes sogar in die Moschee
gebracht oder vor der Moschee aufgebahrt. In den Moschusduft oder in den von Kampfer oder
Rosenöl mischt sich der Weihrauch durch das Abbrennen von Räucherstäbchen. Mitunter wird
über den Toten noch eine kostbare Decke gelegt, die allerdings nicht ins Grab gegeben wird.
Dann spricht der Imam, der islamische Geistliche, viermal aus der Sure 17, den Vers 111. Das
ist der Beginn des täglichen Pflichtgebetes. Die üblichen Verbeugungen unterbleiben, die
Anwesenden bleiben stehen. Diese Sure erinnert an die Nachtreise Mohammeds von der
Kaaba nach Jerusalem, an seine Himmelsreise. Die Rezitation wird durch das persönliche
Gebet „O Gott vergib ihm, sei ihm gnädig bzw. O Gott vergib ihr und sei ihr gnädig“
unterbrochen. Nach einem kurzen Trauergottesdienst begleitet der Imam die vier Männer, die
den Verstorbenen auf einer Bahre gewöhnlich mit der Schulter tragen und diejenigen, die ihm
das Geleit geben, zum Grab. Wird eine Frau zu Grabe getragen, nehmen an ihrem Begräbnis
nur Männer teil. Eine öffentliche Totenklage der Frauen ist nach der Sharia, dem islamischen
Recht, nicht zulässig.
Durch den Verzicht auf einen ausgeprägten Totenkult sind die islamischen Friedhöfe
ausgesprochen schlicht. Sie liegen oft außerhalb der bewohnten Orte im sonst nicht nutzbaren
Ödland. Dadurch, dass die Reihengräber oft sechs Wochen nach der Beisetzung des Toten
nicht mehr besucht werden, bleiben die Gräber unbepflanzt. Oft wirken die Gräber direkt
ungepflegt. Der Tod hat alle Bande zwischen den Eheleuten zerrissen. Männer und Frauen
können durchaus nebeneinander liegen. Für Kinder sind kleinere Reihengräber vorgesehen.
Für die Schiiten darf sich das Grab nicht höher als der umgebende Erdboden erheben. Die
Sunniten behaupten die Grabwölbung, um sich von den Gräbern der Ungläubigen zu
unterscheiden. Für sie darf das Grab sogar mit einem Marmorstein, auf dem der Namen des
Toten, sein Todestag und ein Koranvers stehen, geschmückt sein
Am Grab angekommen wird der Toten von den Männern die Bahre abgestellt und ins Grab
gehoben und dort rechtsseitig in der Gebetsrichtung nach Mekka niedergelegt. Derjenige, der
in das Grab hinabsteigt, um den Verstorbenen zu betten, muss barfüßig und barhäuptig sein.
Er muss seine Kleider aufknöpfen und hat zu sprechen: "Im Namen Allahs. Nach der Religion
des Propheten Allahs, Gott, sein Grab möge ihm weit sein. Gib, dass dieser Tote mit seinem
Propheten vereinigt wird, Gott, wenn er ein Wohltäter war, vermehre seine Wohltätigkeit; wenn
er schlecht gehandelt hat, vergib ihm, hab Erbarmen mit ihm und lass ihm seine Sünden nach."
Das Grab ist etwa eineinhalb Meter tief mit einer Nische am Kopfende versehen. Es kann
Brauch sein, dem Toten die Bänder über dem Kopf zu lösen und ihm noch einmal die
Schahada ins Ohr zu raunen. Zur Überführung wird er auch gebraucht, doch nicht für die
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Beerdigung. Das nur kurze Grabzeremoniell besteht aus unablässigen Koranrezitationen: 41mal wird die 112. Sure gesprochen: "Er ist Allah, ein Einziger, der ewige Gott, er zeugt nicht
und wird nicht gezeugt, und keiner ist ihm gleich." Der Imam steht während der Trauerfeier bei
einem Mann am Kopfende, bei einer Frau am Fußende des Leichnams. Es werden die
Shahada, die Sure 1 und ein Friedensgruß gesprochen. Über den ins Grab gelegten werden
mitunter auch ungebrannte Tonplatten gelegt, die Lücken dazwischen verschlossen. Dabei
wird im Grab eine Nische an der auf Mekka gerichteten Seite angelegt. Während die
Trauernden die Erde in das Grab werfen, sprechen sie die Sure 20,57: "Aus ihr (Erde) haben
wir euch erschaffen und in sie lassen wir euch zurückkehren und aus ihr lassen wir euch
erstehen ein andermal." Über dem zugeschütteten Grab markieren später nur ein Stein das
Kopfende und Fußende auf der Erdanhäufung die Lage des Toten.
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IX. Geschichte des Islam:
Vergegenwärtigen wir uns erst einmal, wie die arabische Halbinsel und die angrenzenden
Gebieten zu Beginn des Wirkens des Propheten aus religiöser Sicht und aus Großmachtsicht
aufgestellt war:
Die beiden Mächte „Byzantisches Reich“ und „Sassaniden-Reich“ lagen seit Jahrhunderten im
ewigen Widerstreit und keiner der beiden Mächte konnte einen entscheidenden Sieg über den
anderen erringen. Die arabische Halbinsel konnte sich den beiden Reichen weitgehend
entziehen. Dabei fällt aus religiöser Sicht auf, dass christliche Glaubensgemeinschaften sowie
jüdische Stämme durchaus einen nicht unbedeutenden Platz auf der arabischen Halbinsel
hatten. Nach Mohammed und der kurzen Regierungszeit Abu Bakr´s sollte dies anders sein.
Die Ära der rechtgeleiteten Kalifen:
Nachfolger Mohammed´s – der im Übrigen keinen Nachfolger bestimmt hatte – wurde Abu
Bakr. Er wird auch als erster der vier rechtgeleiteten Kalifen bezeichnet. Obgleich seine
Regierungszeit von 632 – 634 nur sehr kurz war, war zum Ende seiner Regierungszeit die
gesamte arabische Halbinsel unter islamischen Einfluss.
Die nächsten drei Kalifen:
-
Umar ibn al-Chattab (634 – 644)
Utman ibn Affam (644 – 656)
Ali ibn Abi Talib (656 – 661)
schafften es dann in dem historisch gesehen wirklich sehr kleinen Zeitraum von 634 bis 661,
d.h. in 27 Jahren, den Einfluss gewaltig zu erweitern. Das Großreich der Sassaniden wurde
innerhalb dieser kurzen Zeit vollständig integriert und Teile Nordafrikas inklusive der
wichtigsten Bereiche Ägyptens wurden ebenfalls assimiliert.
Man mag sich natürlich fragen, worin dieser schnelle Erfolg begründet war. Eine nicht
unerhebliche Ursache mag sicherlich darin liegen, dass man bereits im Jahr 637 auf dem
Reichstag von Dschabiya eine Verfassung verabschiedete. Von großer Relevanz ist aber auch
die Tatsache, dass man mit den einheimischen Eliten der eroberten Gebiete kooperierte und
diese Gebiete nicht einfach okkupierte. Hierbei fallen selbstverständlich die Parallelen zur
Erfolgsgeschichte des „Römischen Reiches“ auf, das ebenfalls nach diesem Schema schnell
und nachhaltig ein Weltreich aufbaute. Interessanter Weise könnte man hier ausführen:
„Erfolgreiche Geschichte wiederholt sich“.
Es herrschte jedoch nicht immer nur Freundschaft und Einigkeit und es ging schnell um die
Machtfrage. Die Ernennung von Ali, der im Übrigen Schwiegersohn des Propheten war, führte
vor allem bei der Aristokratie der Heiligen Städte, der Sippe der Umayyaden aber auch
Mohammed´s Frau Aischa zu vielfältigen Vorbehalten. Zu einem Problem sollte für Ali dann
Muawija, der Gouverneur von Syrien, werden, der sich 660 zum Gegenkalifen ausrief und
Ägypten unter seine Kontrolle brachte. Durch die Ermordung Ali´s im Jahr 661 vor der
Moschee in Kufa endete das Zeitalter der vier rechtgeleiteten Kalifen und die Spaltung der
Muslime in Sunniten und Schiiten war besiegelt.
83
Die Umayyaden:
Mit Kalif Muawija begann die Herrschaft der Umayyaden. Er verlegte die Hauptstadt des
Reiches von Medina nach Damaskus, d.h. eine auch von vielen Christen bewohnte Stadt. Ab
diesem Zeitpunkt verlagerte sich das Zentrum der Macht immer stärker von der arabischen
Halbinsel zuerst in den irakisch-syrischen und hiernach in den ägyptischen Raum. Gelangen
Muawija noch einige wichtige Eroberungen, so traten nach seinem Tod erst einmal (wieder)
innenpolitische Probleme in den Mittelpunkt, da es zu einem Machtkampf zwischen Ali´s Sohn
Hussein und Muawija´s Sohn Yazid kam, bei der Hussein und seine Getreuen 680 in der
Schlacht von Kerbala im heutigen Irak unterlagen und Hussein auch starb. Als nächstes kam
es zu einem Aufstand der Mekkaner, bei dessen Bekämpfung sogar die Kaaba in Brand geriet.
Ein Gegenkalifat wurde ausgerufen und erst 691 kam es zu einer Wiedervereinigung. Die
Umayyaden lernten hieraus, etablierten El Quds (=Jerusalem) zum einem immer
bedeutenderen religiösen Zentrum und an die Stelle diverser jüdischer Tempel wurde von 687
bis 691 die Umar-Moschee [der Welt heute eher als „Felsendom“ bekannt] errichtet.
Diese Wiedervereinigung fiel in die Herrschaftszeit von Kalif Abd al Malik (685-705), der das
Reich tiefgreifend reformierte. Der Verwaltungsapparat wurde arabisiert und christliche sowie
persische Beamte mussten weichen. Arabisch wurde alleinige Verwaltungssprache und das
Währungssystem wurde vereinheitlicht. Aus heutiger Sicht seltsam mutet vielleicht auch an,
dass Kalif Abd al Malik ein regelrechtes Übertrittsverbot zum Islam aussprach, da durch dieses
Verbot dringend benötige Finanzmitteln in den Staatshaushalt flossen.
711 und 732 wurden dann wichtige Jahre für den Islam. 711 überquerten die muslimischen
Heere die Meeresenge zwischen Spanien und Marokko durch einen Feldherrn namens Tarik.
Dieser Name ist bis heute allen bekannt, denn die Felsstelle, an der Tarik und sein Heer in
Südspanien in Europa Fuß fassten, wurde als Gibraltar [Deschebel al Tarik = Fels von Tarik
bekannt]. Innerhalb kürzester Zeit wurde die gesamte iberische Halbinsel erobert, die
Pyrenäen überquert und es fand 732 bei Paris eine Entscheidungsschlacht [Schlacht bei
Poitiers] mit dem Frankenreich statt. Hätten die Vorfahren des späteren Kaisers Karl der Große
(786 – 814) unter dem fränkischen Hausmeier Karl Matell diese Schlacht nicht gewonnen,
wären heute wahrscheinlich viele wichtige Länder Europas und Kernländer des europäischen
Christentums wie Spanien oder Frankreich muslimisch geprägt.
Ab 747 besiegelte ein Aufstand unter der Leitung von Abu Muslim das Ende der Umayyaden.
749 ließ Abu Muslim dann Abu’l Abbas, den Herrn der Abassiden Sippe zum Kalifen ausrufen
und der Stamm der Umayyaden wurde in einem Blutbad bis auf den Umayyaden – Prinzen
Abd al Rahman I. vollständig ausgelöscht. Die Nachfolger Abd al Rahman´s konnten sich im
Emirat von Cordoba bis 1031 halten.
Die Abasiden:
Durch den Wechsel von den Umayyaden zu den Abbasiden vollzog sich aber auch ein sehr
wichtiger struktureller Wandel. Während die Umayyaden eher eine rein arabische Stammesund Militärakademie gegründet hatten und letztlich an dieser Reduktion scheiterten, stützte
sich die Staatsphilosophie der Abbasiden auf die verschiedensten Ethnien aller muslimisch
gewordenen Völker.
Innenpolitisch kam es aber gleichwohl zu vielen strukturellen Problemen:
-
Verselbständigung der Peripherie:
Die Gebiete in der Peripherie verselbständigten sich immer mehr. So waren die die
iberische Halbinsel beherrschenden Umayyaden zwar dem Kalifat unterstellt, legten
sich aber zum Beispiel den Titel Emir zu und verselbständigten sich zusehends.
84
-
-
-
Änderung des Regierungsstils:
Mit der Verlagerung der Hauptstadt von Damaskus in die Nähe von Bagdad erfolgte
auch ein Wechsel des Regierungsstils von den von den Umayyaden praktizierten Ratsund Stammesversammlungen zu den von den Abbasiden praktizierten Absolutismus.
Zusammenbruch des Steuersystems:
Im Zeitalter der Abbasiden kam es zu einer Konzentration des Landbesitzes in die
Hände weniger Grundbesitzer mit der Folge, dass immer weniger Steuern gezahlt
wurden und immer mehr Sklaven eingesetzt wurden.
Struktur der Armee:
In der Armee gab es immer mehr freigekaufte Sklaven, die so genannten Mameluken.
Diesen zumeist turkestanischen Söldnern vertrauten die abassidischen Kalifen mehr
als den traditionellen arabischen und persischen Stammes- und Adelsaufgeboten, was
sich später noch als fataler Fehler herausstellen sollte.
Bei all diesen Problemen darf jedoch niemals vergessen werden, dass gerade Kalif Harun alRaschid (786 – 809) und sein Sohn Kalif Al-Mamum Philosophie und Naturwissenschaft
dergestalt förderten, dass die für die Menschheitsgeschichte so wichtigen griechischen Werke
durch die Übersetzung ins Arabische für die Menschheit gerettet wurden. Islamische
Mathematiker und Astronomen erschlossen den Europäern die Lehren und Erkenntnisse der
indischen Wissenschaft und die Mathematik wurde mit den „arabischen Zahlen“ und der
Einführung der Zahl 0 revolutioniert.
Kennzeichnend für das Kalifikat der Abbasiden von 749 bis 1258 war jedoch, dass die
Zentralmacht immer schwächer wurde und die Peripheriebereiche immer autarker wurden
durch:
-
die arabischen Aghlabiden 800 – 909 in Tunesien und Tripolitanien
die türkischen Tuluniden 868 – 906 und hiernach die Ichschididen im ägyptischen Niltal
die persischen Tahiriden 821 – 873 und Samaniden in Nordostpersien und
Transoxanien
Zumindest bis Ende des 10. Jahrhunderts blieben die Grenzen des Reiches stabil, obgleich
es zu mehreren Kriegen mit Byzanz kam. Hiernach wurde es dann zum Teil mehr als
unübersichtlich, da die Zersplitterung immer stärker wurde:
Die Fatimiden:
Die Kalifen aus der Dynastien der Fatimiden (nach Mohammeds Tochter Fatima) gehörten
zum konfessionellen Zweig der Ismailiten und standen in Konkurrenz zu den Abbasiden. Sie
setzten sich 909 gegen die Aghlabiden in Ifriqiya durch und eroberten 969 Ägypten von den
Ichschididen. 973 wurde Kairo die neue Hauptstadt des Fatimidenreichs; hier gründeten sie
die al-Azhar-Universität.
Der erste Fatimiden-Herrscher in Ägyptens war al-Muizz (953–975); unter ihm und seinem
Sohn Al-Aziz (975–996) erlebte das Land eine Blüte. Al-Hakim (996–1021) ging zeitweise
gegen Christen und Juden vor, was zu inneren Unruhen führte; die neu entstandene
Glaubensrichtung der Drusen verehrte ihn als Inkarnation Gottes. Unter al-Mustansir (1036–
1094) rangen die Seldschuken den Fatimiden 1076 Syrien und Palästina ab. Nach Al-Mustalis
(1095–1101) Tod spalteten sich die Ismailiten aufgrund der Nachfolgefrage; es entstanden
schließlich die Assassinen.
Schon Anfang des 11. Jahrhunderts spalteten sich in Ifriqiya die Ziriden ab, die zum
sunnitischen Islam zurückkehrten und den abbasidischen Kalifen in Bagdad anerkannten. Die
Fatimiden setzten gegen sie die Beduinen der Banu Hilal und Sulaim ein, die den Maghreb
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verwüsteten. Die Ziriden konnten sich nur noch an der Küste halten (bis 1152). 1171
schließlich stürzte der große kurdische Feldherr Saladin die Fatimidenherrschaft.
Almoraviden und Almohaden:
Die Almoraviden vertraten einen puristischen orthodoxen Islam und lösten die Ziriden
endgültig in Nordafrika ab. 1086 greifen sie in Spanien ein und helfen mit, die islamische
Herrschaft dort zu sichern. Doch bald wurden sie bedeutungslos und 1147 von den noch
orthodoxeren Almohaden abgelöst, die sich in Spanien bis 1235 und im Maghreb bis 1269
halten konnten.
Ayyubiden:
Die Ayyubiden waren eine islamisch-kurdische Dynastie, welche unter Saladin gegen die
christlichen Kreuzfahrer kämpfte. Die Ayyubiden beherrschten Ägypten bis ca. 1250. Sie
konnten Tripolis (1172), Damaskus (1174), Aleppo (1183), Mosul (1185/86) und Jerusalem
(1187) von den Kreuzrittern zurückerobern.
Das Ende der Abbasiden wurde letztlich durch die Mongolen besiegelt.
1220 starb der Choresm-Schah Ala ad-Din Muhammad auf der Flucht vor den
nichtmuslimischen Mongolen, gegen die er zuvor zu Felde gezogen war. Choresmien wurde
dadurch mongolisch. Das Kalifat blieb vorläufig noch verschont. 1255–1258 eroberte
Dschingis Khans Enkel Hülegü endgültig Persien. Dabei vernichtete er die Assassinen,
während andere lokale Herrscher an der Macht blieben. Das Abbasiden-Kalifat endete im
Februar 1258 mit der Eroberung Bagdads und der Hinrichtung des Kalifen Al-Mustasim.
Die Osmanen:
Die Türken, eine weit verzweigte zentralasiatische Nomadengemeinschaft, geriet in das
Umfeld des Islam, als die Karluken (einer der zahlreichen türkischen Stämme) sich in der
Schlacht von Talas 751 auf die siegreiche arabische Seite schlugen, wohingegen sie früher
zumeist der chinesischen Herrschaft unterstanden. Die türkischen Völker drängten nunmehr
immer mehr nach Westen und nahmen dabei auch den Islam als Religion an.
Die erste welthistorische Relevanz erlangten die Turkvölker durch die Seldschuken. Die
Seldschuken waren ein türkisches Herrschergeschlecht und stammten aus den Gebieten
nördlich des Oxus in Transoxanien. Im Gegensatz zu den ismailitischen Herrschern in Ägypten
oder der schiitischen Buyiden-Dynastie im Irak waren sie Sunniten. Um 1025 bis 1030 stießen
sie in das Kalifenreich vor. 1055 eroberten sie die Hauptstadt Bagdad von den Buyiden, 1071
Jerusalem und 1076 Damaskus. In Kleinasien (heutige Türkei) etablierte sich 1097/98 das
Sultanat der Rum-Seldschuken. 1194 wurde der letzte Seldschuken-Sultan in Persien von den
sunnitischen Choresm-Schahs abgesetzt.
Die vorrückenden Il-Khane sollten für die Türken dann zum historischen Glücksfall werden.
Der Il-Khan Ghazan belieh den Clanchef Osman I. (1288 – 1326) mit der Mark Sögüt.
Zielstrebig unterwarfen die Osmanen nun die umliegenden turkmenischen Herrschaftsgebiete
(Bylik) und nutzen den Abwehrkampf des byzantinischen Reiches gegen Serben und
Bulgaren, um ebenfalls in Richtung Südosteuropa zu expandieren. 1349 kam es durch die
Hochzeit von Emir Orhan, des Sohn von Osman I. mit einer Tochter des byzantinischen
Kaisers zu einer temporären Bündnispartnerschaft, die durch den unmenschlichen Tribut des
Knabenzehnten an den osmanischen Hof traurige historische Bedeutung erlangte. Aus diesem
Knabenzehnten wurde die Truppe der Janitscharen gebildet.
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Nachdem das Byzantnische Reich immer schwächer wurde, machte sich Sultan Murad das
Byzantinische Reich zum Vasallen, besiegte die Bulgaren und schlug auch die Serben in der
für das serbische Nationalbewusstsein so wichtigen Schlacht auf dem Amselfeld im Jahr 1389.
Der nächste Höhepunkt der osmanischen Expansion sollte das Jahr 1453 werden. Mehmed
II. erstürmte nach 54 tägiger Belagerung am 29. Mai 1453 Konstantinopel (das heutige
Istanbul) und besiegelte damit das Ende der tausendjährigen Geschichte des oströmischen
byzantinischen Reiches. Mehmed II. eroberte bis 1460 die Peloponnes und den Rest Serbiens.
1470 kam Albanien, 1475 die Krim dazu.
Sultan Selim setzte vor allem im Osten die Eroberungsfeldzüge fort. 1514 gelang ein Sieg
gegen die Safawiden in Persien, 1516 gegen Syrien. Schließlich wurde 1516/17 das
Mamelucken-Reich in Ägypten zerschlagen. Damit übernahm das Osmanische Reich das
Protektorat über die heiligen Städte Mekka und Medina und der osmanische Sultan erhielt mit
dem Titel Kalif die eindeutige Vormachtstellung im islamischen Kulturkreis.
Sultan Süleyman I. (1520 – 1566) erweiterte das Reich der Osmanen um ein Vielfaches und
begründete den Großmachtstatus. 1521 eroberte er innerhalb von nur 3 Wochen Belgrad.
1522 landete er mit seinen Truppen auf Rhodos und nahm die Festung im Dezember 1522
ein. Süleyman I. belagerte 1529 erstmals Wien, musste aber nach nur 19 Tagen aufgrund
eines sehr frühen Wintereinbruchs die Belagerung abbrechen. Im Osten war Süleymann mit
seinen Annexionen erfolgreicher: 1534 wurde Mesopotamien annektiert, 1534 Aserbaidschan,
1540 Teile Dalmatiens und 1547 große Teile des Jemen. Süleyman I. förderte Kultur, Kunst
und Gesetzgebung und es setzte ebenfalls eine Intensivierung der Beziehungen zu Europa
ein.
Vor allem verschiedenste wirtschaftliche Gründe führten dann zu einem schleichenden Zerfall
des osmanischen Reiches.
Es zeigten sich bald Anzeichen einer Inflation und eine chronische Finanznot des Reiches.
Letztere versuchte man durch Einführung einer Steuerpacht beheben. Das Recht, eine
bestimmte Steuer einzuführen, wurde versteigert, so dass der Staat die Summe sofort erhielt.
Die Steuerpächter wiederum versuchten nun, ein deutliches mehr an Steuern aus den
Steuerpflichtigen herauszupressen, was zum einen zu starken Vorbehalten in der
Landbevölkerung aber auch zur Ausbildung einer noch nie dagewesenen Korruption und
Käuflichkeit von Ämtern führte. Auch die Expansion der christlichen Staaten nach Übersee und
die Entdeckung des Seewegs nach Indien um das Kap der guten Hoffnung in Südafrika führte
zu fehlenden Einnahmen. Die fehlende Innovationsfreudigkeit der Sultane besiegelte dann den
wirtschaftlichen Niedergang endgültig. Der für den Wissenstransfer bedeutende Buchdruck mit
beweglichen Lettern wurde durch Sultan Bayezid II. bei Todesstrafe verboten und die in
Europa entstandenen Manufakturen führten dazu, dass das Osmanische Reich mit billigen
und zugleich qualitativ sehr hochwertigen Waren aus Europa überschwemmt wurde. Dies
führte zu einer immer stärker werdenden Arbeitslosigkeit und einer extremen Landflucht. In
der Seeschlacht von Lepanto am 7. Oktober 1571 vernichteten Spanier und Venedig
gemeinsam die Flotte des Osmanischen Reiches.
Ende des 17. Jahrhunderts besiegelte das Osmanische Reich seinen Niedergang endgültig:
1683 unternahm die Pforte nochmals einen Versuch, nach Mitteleuropa vorzustoßen und Wien
zu erobern. Was aber schon in der Blütezeit des Osmanischen Reiches rund 150 Jahre vorher
nicht gelang, wurde nun im Feldzug Kara Mustafas gegen Jan III. Sobieski von Polen-Litauen
zum Desaster und zum Wendepunkt der Auseinandersetzung mit den europäischen Staaten.
Nachdem in dieser Niederlage die militärischen Schwächen der Osmanen offenkundig
geworden waren, begann im folgenden Jahr eine vom Papst initiierte „Heilige Liga“ aus
Österreich, der Republik Venedig und Polen-Litauen einen Angriff auf das Osmanische Reich
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an mehreren Fronten. Nach mehreren schweren Niederlagen bei Mohács 1687, Slankamen
1691 und Senta 1694, während des Großen Türkenkrieges, musste im Frieden von Karlowitz
1699 der Verlust von Zentralungarn mit Siebenbürgen an Österreich, Podolien und der
rechtsufrigen Ukraine an Polen-Litauen und der Peloponnes mit Dalmatien an Venedig
hingenommen werden. Als neuer Gegner an der Nordgrenze kam Russland ins Spiel. Ein
wichtiges Ziel Zar Peters I. war ein Zugang zum Schwarzen Meer, den er 1695 mit Asow
bekam.
Im Russisch-Türkischen Krieg 1768–1774 musste das Osmanische Reich endgültig erkennen,
dass es seine imperiale Macht verloren hatte. 1770 verlegte Russland seine Flotte aus der
Ostsee ins Mittelmeer und vernichtete in der Seeschlacht bei Çeşme die vor Anker liegende
osmanische Flotte. Im Frieden von Küçük Kaynarca mussten die Osmanen das Krim-Khanat
in die „Unabhängigkeit“ entlassen (es wurde aber schon nach wenigen Jahren eine russische
Provinz); Teile des Nordkaukasus gingen an Russland, die Bukowina an Österreich.
In Ägypten riss der Statthalter Muhammad Ali Pascha allmählich die Macht an sich und ließ
die einflussreichen Mamelucken-Emire liquidieren. Durch eine Reihe von Reformen war
Ägypten bald in vielerlei Hinsicht der Zentrale in Istanbul überlegen. Muhammad Ali
begründete die Chediven-Dynastie, die erst Mitte des 20. Jahrhunderts ein Ende fand.
Nachdem sich Sultan Mahmud II. geweigert hatte, Muhammad Ali Pascha auch als Statthalter
in Syrien einzusetzen, besetzten ägyptische Truppen unter Ibrahim Pascha 1831 Palästina
und Syrien und stießen nach einigen Siegen über die Osmanen bei Homs und Konya 1832
nach Anatolien vor. 1838 fühlte sich das Osmanische Reich stark genug, den Kampf gegen
die ägyptischen Truppen unter Ibrahim Pascha in Syrien wieder aufzunehmen. Die
ägyptischen Truppen besiegten aber die osmanische Armee unter Hafiz Pasha in der Schlacht
von Nisibis am 24. Juni 1839. An dieser Schlacht nahm der spätere deutsche
Generalfeldmarschall Helmuth von Moltke als Militärberater bei der türkischen Armee teil. Erst
durch die Intervention Großbritanniens, Russlands, Preußens und Österreichs (1840) wurde
Muhammad Ali Pascha 1841 gezwungen, Syrien und Palästina wieder zu räumen.
Eine erneute Reformphase (1838–1876) begann, die eng mit dem Namen der Großwesire
Mustafa Reşid Pascha und später Ali Pascha und Fuad Pascha verknüpft ist. Die Maßnahmen
wurden unter dem Namen „Tanzimat-ı Hayriye“ (Heilsame Neuordnung) bekannt und fallen
mit der Regierungszeit von Abdülmecid und Abdülaziz zusammen. Sie stellten die
Nichtmuslime im Reich auf die gleiche Stufe wie die Muslime und führten ein neues
Justizsystem ein, organisierten das Steuersystem neu und legten eine allgemeine Dienstpflicht
in der Armee fest. Im Laufe der folgenden Jahrzehnte wurden auch die Steuerpachten
abgeschafft. Die zerrütteten Staatsfinanzen führten am 13. April 1876 jedoch zur Erklärung
des Staatsbankrotts.
Die wichtigsten Reformedikte waren in diesem Zusammenhang das „Hatt-i Scherif (imperialer
Erlass) von Gülhane“ (1839), das „Hatt-i Hümayun“ (1856), sowie die Osmanische Verfassung,
in denen schrittweise und mit Einschränkungen (1839 lauten diese „im Rahmen der
Scheriatgesetze“) die Gleichheit und Gleichbehandlung aller Untertanen unabhängig von ihrer
Religion eingeführt wurde.
Am Anfang des 20. Jahrhunderts erstarkten wieder die inneren Oppositionskräfte,
insbesondere die Bewegung der Jungtürken, die ihren Ausgangspunkt vor allem in Saloniki
hatte.
Die Jungtürken verfolgten einen Reformkurs, der allerdings durch die angespannte
außenpolitische Lage gehemmt war. Ein folgenschweres Element ihrer Politik war der
türkische Nationalismus. So wurde etwa in den arabischen Provinzen die türkische Sprache
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als Amtssprache eingesetzt. In den nachfolgenden Kriegen verlor die Regierung so den
Rückhalt der Bevölkerung in den nichttürkischen Gebieten.
Das Jahrzehnt der Jungtürken-Regierung war durch eine Reihe von schweren Kriegen
geprägt. Zunächst ging 1911 Tripolitanien (Libyen) an Italien verloren. Im Ersten Balkankrieg
schlossen Bulgarien, Serbien, Griechenland und Montenegro 1912 den Balkanbund gegen
das Osmanische Reich, das dadurch fast alle europäischen Besitzungen einschließlich der
Stadt Edirne verlor. Nur knapp einen Monat später griff Bulgarien seine ehemaligen
Verbündeten an (Zweiter Balkankrieg), die von den Osmanen unterstützt wurden. Nach der
Niederlage Bulgariens wurde der Grenzverlauf in den Verträgen von Bukarest und von
Konstantinopel so festgelegt, wie er noch heute zwischen Bulgarien und der Türkei verläuft.
Im Ersten Weltkrieg versuchte man zunächst, sich in einer „bewaffneten Neutralität“ aus den
Kampfhandlungen herauszuhalten. Auf Betreiben Enver Paschas kam es schließlich zu einem
Kriegsbündnis mit Deutschland und Österreich-Ungarn, das allerdings im Kabinett umstritten
war. Des Weiteren kam es zur Arabischen Revolte.
Die Folgen des Krieges waren katastrophal. In Arabien hatte man den britischen Kräften nichts
entgegenzusetzen. Schon 1916 schüttelte der Emir von Mekka, Husain Ibn Ali, die osmanische
Oberhoheit ab und rief sich zum König von Arabien aus. Er wurde schließlich als König des
Hedschas anerkannt, während der übrige Teil des Reichs gemäß dem Sykes-PicotAbkommen in Interessensphären aufgeteilt wurde. In der Balfour-Deklaration von 1917 wurde
den Juden eine „nationale Heimstätte“ in Palästina versprochen. Wegen der Oktoberrevolution
schied Russland zwar mit dem Friedensvertrag von Brest-Litowsk aus dem Krieg aus, aber die
Siegermächte besetzten im November 1918 einen Großteil des Osmanischen Reiches. Das
„Jungtürkische Triumvirat“ aus Cemal Pascha, Talât Pascha und Enver Pascha wurde
entlassen und flüchtete. Nachdem im selben Jahr Mehmed V. gestorben war, rückte sein
Bruder Mehmed VI. (Mehmed Vahideddin) nach, der aber den Siegermächten politisch völlig
ausgeliefert war, und der nach Abschaffung des Sultanats am 4. November 1922
Konstantinopel verließ.
An dieser Stelle sei auch die Geschichte für uns beendet, da die darauffolgende Zeit eher als
Zeit der entsprechenden Nationalstaaten zu erachten ist.
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X. Islamische Philosophie:
Leider viel zu wenig bekannt -auch bei Muslimen selbst- ist die islamische Philosophie.
Interessant ist erst einmal die Feststellung, dass sowohl Christen als auch Muslime auf der
Philosophie von Aristoteles aufbauen. Nachstehend die vier bekanntesten islamischen
Philosophen, wobei innerhalb des Islam die Rolle von Ibn Rushd sehr divergierend betrachtet
wird.
Ibn Sina:
Abū Alī al-Husain ibn Abdullāh ibn Sīnā (geboren 980 bei Buchara, gestorben 1037 in
Hamadan), latisiniert Avicenna, war ein persischer Arzt, Physiker, Philosoph, Jurist,
Mathematiker, Astronom, Alchemist und Musiktheoretiker aus Chorasan in Zentralasien. Er
zählt zu den berühmtesten Persönlichkeiten seiner Zeit und hat insbesondere die Geschichte
und Entwicklung der modernen Medizin maßgeblich geprägt. Einige seiner philosophischen
Ausarbeitungen wurden von späteren Mystikern des Sufismus rezipiert.
Ibn Sina beschäftigte sich ausgiebig mit philosophischen Fragen, sowohl mit Metaphysik als
auch mit Logik und Ethik. Seine Kommentare zu Werken des Aristoteles enthielten
konstruktive Kritik an dessen Auffassungen und schufen Voraussetzungen für eine neue
Aristoteles-Diskussion. Ibn Sinas philosophische Lehren werden sowohl von westlichen als
auch von muslimischen Forschern als weiterhin aktuell eingeschätzt. Während westliche
Wissenschaftler ihn oft als Rationalisten in der Nachfolge von Aristoteles sehen, neigen
muslimische Forscher eher dazu, ihn als Mystiker zu betrachten.
Ibn Sina schrieb seine frühesten Arbeiten in Buchara unter dem Einfluss von al-Farabi. Das
erste, ein "Kompendium über die Seele" (Maqāla fī ’n-nafs), ist eine kurze Abhandlung, die er
den samanidischen Herrschern widmete und in der er sich mit neuplatonischem Gedankengut
beschäftigte. Das zweite ist die „Philosophie für den Prosodisten“ (al-Ḥikma al-´Arūḍīya), in
der er sich mit der Metaphysik des Aristoteles auseinandersetzt.
Nach seinem Aufbruch aus Buchara verfasste Ibn Sina weitere philosophische Werke,
darunter das "Buch der Heilung" (arabisch: Kitāb ash-Shifā), eine wissenschaftliche
Enzyklopädie. Trotz des irreführenden deutschen Titels handelt es nicht hauptsächlich von
Medizin. Die Bedeutung des arabischen Titels ist etwa „Angemessenheit“. Das Buch behandelt
Arithmetik, Astronomie, Geometrie, Logik, Musik, Naturwissenschaften, Philosophie und
Psychologie. Es wurde sowohl von hellenistischen Denkern wie Aristoteles und Claudius
Ptolemäus als auch von muslimischen Wissenschaftlern wie al-Farabi und al-Biruni
beeinflusst. Das zweite war das „Buch des Wissens für ´Alā ad-Daula“ auf Persisch (pers.:
"Dānishnāma-yi ´Alāī"), in dem er seinem Gönner eine Zusammenfassung seiner Philosophie
auf der Grundlage des „Buchs der Heilung“ bietet. Ein Teil dieses Werks erschien 1490 in
Pavia.
Avicenna verfasste außerdem das „Buch der Ratschläge und Erinnerungen“ (Kitāb al-Ishārāt
wa-t-tanibihāt), ein Werk, das sein Denken über eine Vielzahl von logischen und
metaphysischen Themen vorstellt. Ein anderes Werk ist „Das Urteil“ (al-Inṣāf), das sich von
den anderen Arbeiten durch seine Radikalität und seine Vermischung von aristotelischem
Gedankengut und Neuplatonismus unterscheidet. Sein letztes Werk ist „Die östliche
Philosophie“ (al-Ḥikma al-mashriqīya), das er in den späten 1020ern schrieb; es ist weitgehend
verloren.
Die frühe islamische Philosophie, die sich noch eng am Koran orientierte, unterschied klarer
als Aristoteles zwischen Wesen und Existenz. Ibn Sina entwickelte eine umfassende
90
metaphysische Weltbeschreibung, indem er neuplatonisches Gedankengut mit aristotelischen
Lehren verband. Das Verhältnis von Stoff und Form verstand er so, dass im Stoff (materia) die
Möglichkeiten der Formen (essentiae) bereits enthalten sind. Gott sei notwendig an sich, alles
andere Sein notwendig durch anderes. «Gott ist das einzige Sein, bei dem Essenz (Wesen)
und Existenz (Dasein) nicht zu trennen sind und das daher notwendig an sich ist.» Alles andere
Sein sei bedingt notwendig und lasse sich in Ewiges und Vergängliches unterteilen. Gott schuf
durch seine geistige Tätigkeit die Weltschöpfung. Der Intellekt des Menschen habe die
Aufgabe, den Menschen zu erleuchten. In der Frage der Ideen oder Allgemeinbegriffe vertrat
Ibn Sina auf Platon aufbauend die These, dass diese ante rem (also vor der Erschaffung der
Welt) bereits im Verstand Gottes sind, in re effektiv in der Natur zu finden sind und post rem
auch in der menschlichen Erkenntnis. Mit dieser Unterscheidung zwischen ante rem, in re und
post rem wurde Ibn Sina für den abendländischen Universalienstreit von großer Bedeutung.
Ibn Sina bestritt die Unsterblichkeit der menschlichen Seele, Gottes Interesse an
Einzelereignissen sowie eine Erschaffung der Welt in der Zeit. Drei lateinische Fassungen der
Metaphysik wurden 1493, 1495 und 1546 in Venedig gedruckt.
Ibn Sina widmete sich der Logik sowohl in islamischer Philosophie als auch in Medizin mit
großer Hingabe und entwickelte sogar ein eigenes logisches System, das auch als
„Avicennische Logik“ bezeichnet wird. So war Ibn Sina wohl einer der ersten, die es wagten,
Aristoteles zu kritisieren und von ihm unabhängige Abhandlungen zu verfassen. Besondere
Kritik erhielt die Schule von Bagdad von ihm, da sie sich zu sehr auf Aristoteles begründete.
Er untersuchte die Theorien von Definition und Klassifikation, sowie die Quantifikation von
Prädikaten und kategorische logische Aussagen. Den Syllogismen, insbesondere den
logischen Schlüssen bestehend aus zwei Prämissen und einer Konklusion (Beispiel: Alle
Menschen sind sterblich. Sokrates ist ein Mensch. Daher ist Sokrates sterblich) gab er
Veränderungsformen wie „immer“, „meistens“ oder „manchmal“ bei. – Er entwickelte eine neue
Theorie im Hypothetischen Syllogismus, ebenso bestehend aus drei Sätzen, bei denen der
erste verbunden mit dem zweiten (beide bedingt) die im dritten Satz genannte (ebenfalls
bedingte) Konsequenz haben. (Beispiel: Wenn ich nicht aufstehe, verliere ich meine Arbeit.
Wenn ich nicht arbeite, habe ich kein Geld. Daher habe ich kein Geld, wenn ich nicht aufstehe.)
Diese Theorie bildete die Basis zur Risikofaktoranalyse. – In der Frage der Induktion bzw.
Deduktion war Ibn Sina gewissermaßen gespalten. Während er in der Philosophie sich auf die
Deduktion verließ, d. h. von einem allgemein gültigen Satz auf Spezialformen schloss (z. B.
Alle Menschen sind sterblich – Daher ist auch Sokrates sterblich), wendete er in der Medizin
als einer der ersten die Methode der Induktion an. Er schloss von der Diagnose eines
spezifischen Syndroms auf viele andere Syndrome. Damit begründete er eine neuartige
wissenschaftliche Methode.
Ibn Sina hatte in Buchara einen Großteil seiner Ausbildung für den Koran und die islamische
Religion verwendet. Es heißt er habe bereits mit 10 Jahren den Koran auswendig gekannt.
Zeitlebens war er ein frommer Muslim, der sich streng an die Scharia hielt. Er verfasste fünf
Abhandlungen über verschiedene Suren, die generell voll Respekt sind. Nur seine
philosophischen Tätigkeiten brachten ihn manchmal in Konflikt mit der islamischen Orthodoxie:
Ausgehend von der Seelenlehre des Aristoteles differenzierte er die drei Seelenvermögen
weiter aus und ordnete sie der Weltseele unter. Damit widersprach er zentralen
Glaubensinhalten, was ihm die Feindschaft sunnitischer Theologen einbrachte. Wie die
christlichen Scholastiker nach ihm versuchte Ibn Sina die griechische Philosophie mit seiner
Religion, die Vernunft mit dem Glauben zu verbinden. So benutzte er philosophische Lehren
um die islamischen Glaubenssätze wissenschaftlich zu unterlegen. Obwohl er sowohl Religion
als auch Philosophie als zwei notwendige Teile der ganzen Wahrheit auffasste, argumentierte
er, dass die islamischen Propheten mehr Bedeutung als die antiken Philosophen haben
sollten.
91
Ibn Rushd:
Abū l-Walīd Muḥammad b. Aḥmad b. Muḥammad b. Rušd (geboren 1126 in Cordoba,
gestorben 1198 in Marrakesch), latinisiert Averroës, war ein arabischer Philosoph und Arzt. Er
war Hofarzt der berberischen Dynastie der Almohaden von Marokko. Averroës verfasste eine
medizinische Enzyklopädie und fast zu jedem Werk des Aristoteles einen Kommentar. In der
christlichen Scholastik des Mittelalters, auf die er großen Einfluss ausübte, wurde er deshalb
schlicht als „der Kommentator“ bezeichnet, so wie Aristoteles nur „der Philosoph“ genannt
wurde.
Averroës sah in der Logik die einzige Möglichkeit des Menschen, glücklich zu werden. Die
Logik (nach Aristoteles) lieferte für ihn die Möglichkeit, aus den Daten der Sinne zur Erkenntnis
der Wahrheit zu kommen. Die Logik war für ihn das Gesetz des Denkens und der Wahrheit.
Averroës war ein offener und kritischer Geist seiner Zeit. In seiner Beschäftigung mit
Aristoteles ging er so systematisch wie nur möglich voran und interpretierte ihn wie niemand
zuvor. Er schrieb Kommentare in mehreren Abstufungen, kürzere, mittlere und größere und
machte sich als Kommentator des Aristoteles einen Namen. Sogar Dante erwähnt ihn in dieser
Funktion in seiner „göttlichen Komödie“. Aristoteles ist dabei für Ibn Ruschd der vollkommenste
Mensch, der im Besitze der unfehlbaren Wahrheit gewesen sei und sich den Menschen aber
nur einmalig gezeigt habe. Er sei die inkarnierte Vernunft gewesen. Diese maßlose
Bewunderung führte natürlich auch zu allzu großer Subjektivität und Fehlern in der
Interpretation. Besonders seine Kritik an Avicenna und Fârâbî war nicht berechtigt, da er sich
nicht ausreichend mit ihnen beschäftigt hatte. Seine eigene Philosophie baut sehr auf Logik
auf, wie es von einem großen Aristoteliker auch nicht anders zu erwarten wäre. Sie beginnt
zunächst mit der Frage, ob man überhaupt philosophieren dürfe, ob es vom religiösen Gesetz
her erlaubt, verboten, empfohlen oder notwendig sei. In Koran-Versen wie »Denkt nach, die
ihr Einsicht habt!« findet Ibn Ruschd nicht nur die Aufforderung an die Muslime, über ihren
Glauben nachzudenken, sondern auch, die bestmögliche Beweislage für ihr Denken zu finden,
und diese sieht er eindeutig in der Philosophie und zumal in der aristotelischen Beweisführung
gegeben. Aber auch Ibn Ruschd schränkt ein, dass nicht alle Menschen sich mit Philosophie
beschäftigen können, sondern nur jene, die einen starken Intellekt besitzen. In Reaktion auf
al-Ghazali teilt er den Koran und dessen Exegese in seinem Werk »Die entscheidende
Abhandlung« in drei Gruppen ein:
1. Klare und evidente Verse, die direkt und für jedermann verständlich sind (etwa „Es gibt
keinen Gott außer Gott“)
2. In ihrer Aussage klare Verse, die aber darüber hinaus auch von Personen mit starkem
Intellekt interpretiert und reflektiert werden können (etwa „Der Barmherzige hat sich auf
dem Thron zurechtgesetzt“, für „Einfache“ so zu verstehen, dass Gott wie ein König
auf dem Thron sitze, während „Personen mit starkem Intellekt“ hier schon einen
Machtanspruch Gottes erkennen)
3. Verse, bei denen nicht klar ist, ob sie wörtlich oder im übertragenen Sinne zu verstehen
sind und bei denen folglich auch die Meinung der Gelehrten abweichen kann (etwa
Verse über die Auferstehung oder Ähnliches)
Noch viel direkter greift er al-Ghazali dann aber in seiner Schrift „Die Inkohärenz der
Inkohärenz“ an, der Titel ist in Anlehnung an al-Ghazali „Die Inkohärenz der Philosophen“
gewählt. Dort hatte al-Ghazali die Philosophen vor allem deswegen angegriffen, da sie
Unglauben auf Grund von drei Dingen lehrten:
1. Die Urewigkeit der Welt
92
2. Das Wissen Gottes um die Einzeldinge nur auf allgemeine Weise
3. Die mögliche Auferstehung des Menschen nur mit der Seele, nicht aber dem Leibe
Ibn Ruschd antwortete auf diese drei Punkte folgendermaßen:
1. Der Koran sagt nirgends, dass die Welt aus dem Nichts geschaffen und in der Zeit
entstanden sein soll. In den sechs Tagen der Schöpfung schwebte Gottes Thron dem
Koran nach sogar „über dem Wasser“, woher davon auszugehen ist, dass die Welt
schon existiert haben könnte. Solche Verse ordnet Ibn Ruschd der dritten Gruppe der
Koran-Verse zu, wegen deren Interpretation niemand des Unglaubens bezichtigt
werden dürfe.
2. Die Philosophen behaupten gar nicht, dass Gott kein Wissen um die Einzeldinge hätte.
Sie betonen aber, dass es anders sei als das Wissen der Menschen und dass die
Menschen also gar nicht wissen könnten, was Gott alles weiß. Ihr Wissen entstehe
Schritt für Schritt, während Gottes Wissen von Ewigkeit her alle Dinge umfasse und
daher eine Voraussetzung dafür sei, dass die Einzeldinge nacheinander entstehen.
3. Auch leugnen die Philosophen die Auferstehung nicht und lehren nichts, was im
Widerspruch zum Koran stünde. Auch jene Verse ordnet er der dritten Gruppe der
Koran-Verse zu. Also dürfe niemand aufgrund einer „anderen“ Interpretation des
Unglaubens bezichtigt werden.
Hier setzt sodann sein eigenes philosophisches System an. Allerdings gibt es hier keine
eigenständigen Werke mehr, sondern seine Lehre erstreckt sich auf seine zahlreichen
Kommentare und Kompendien zu griechischen Autoren, wiewohl er nicht des Griechischen
mächtig war. Die Wahrheit sei nach Aristoteles verloren gegangen. Avicenna und anderen wirft
er vor, Philosophie mit Theologie verbunden zu haben und somit die Philosophie für Leute wie
al-Ghazali überhaupt erst angreifbar gemacht zu haben. Auch Ibn Ruschd beschäftigte sich –
wie fast alle islamischen Philosophen – mit dem Intellekt bzw. der Vernunft. So habe nicht
jeder Mensch seinen eigenen individuellen potenziellen Intellekt, der ihm die Glückseligkeit
ermögliche. Denn es gebe nur einen universalen potenziellen Intellekt. Das Individuum verfüge
aber nur über jene Tätigkeiten, die mit der körperlichen Existenz zusammenhängen, die von
einer Seele koordiniert würden, einer Seele, die mit dem Körper verbunden sei und mit ihm
vergehe. Die geistige Erkenntnis gehöre also nicht in den Bereich des Individuellen.
Al Ghazali:
Abū Hāmid Muhammad ibn Muhammad al-Ghazālī (geboren 1058 bei Maschad, gestorben
1111) war ein persischer islamischer Theologe, Philosoph und Mystiker.
Ghazali gilt bis heute als einer der bedeutendsten religiösen Denker des Islams. Ihm ist die
Einführung der aristotelischen Logik und Syllogistik in die islamische Jurisprudenz und
Theologie zu verdanken. In seiner Philosophie vertrat er gleichwohl einen religiös motivierten
Skeptizismus, der die Wahrheiten des Glaubens und der Offenbarung mit den Mitteln des
philosophischen Zweifels gegen den Wahrheitsanspruch der Philosophie verteidigt. Während
er einerseits für den Untergang der Philosophie im islamischen Osten (im Gegensatz zum
islamischen Spanien, wo sie aufblühte) verantwortlich gemacht wird, bewirkte er auf der
anderen Seite eine Wiederbelebung der Theologie.
Ghazalis Haltung zur Philosophie ist zwiespältig: Einerseits zeugen seine Werke von einer
gründlichen Kenntnis der griechischen und islamischen Philosophie, andererseits lehnte er die
Philosophie als eigenen Weg zur Wahrheit ab und warf Vorgängern wie Avicenna und al93
Farabi vor, durch ihre unkritische Adaption der heidnischen aristotelischen und platonischen
Philosophie (dort speziell die Metaphysik) den islamischen Glauben zu verderben. Besonders
gegen den Emanationismus, der das notwendige Hervorgehen der Welt aus Gott auf dem Weg
über den Intellekt und in Verbindung damit auch die Ewigkeit der Welt lehrte, verteidigte er die
durch die koranische Offenbarung verbürgte göttliche Erschaffung und Zeitlichkeit der Welt,
indem er den Philosophen das Recht absprach, ihr Prinzip der Kausalität auch auf den
jenseitigen Gott anzuwenden.
Ghazali versuchte in seinem Weltbild eine Synthese vom göttlichen Determinismus mit dem
menschlichen freien Willen:

Auf der obersten Stufe befindet sich der stets selbsterhaltende Gott.

Auf unterster Ebene ist die materielle Welt, die von Gott vorherbestimmt ist.

Dazwischen liegt die Welt der Menschen, deren Seele und Selbst durch den freien
Willen geprägt ist. Gott gibt dem Menschen Ideen und Neigungen, aber die folgenden
Taten obliegen einzig dem Menschen. (In der Stanford-Enzyklopädie wird aber alGhazali eher als Determinist beschrieben. Siehe die Diskussion hier.)
Wenngleich er aschʿaritische Positionen in der Dogmatik vertrat, so gab er sich doch mit der
bloßen Vernunft als Erkenntnisquelle nicht zufrieden und lehrte den Weg zu einem
Gottesbewusstsein, das aus dem Herzen entspringt, um "sich von den unislamischen
Einflüssen des Verstandes zu lösen". Mit dieser Haltung ebnete er antirationalen Tendenzen
in den geistigen Auseinandersetzungen seiner Epoche den Weg.
In seiner intellektuellen Autobiographie al-Munqiḏ min aḍ-ḍalāl ("Der Erretter aus dem Irrtum"),
die er zwischen 1106 und 1109 abfasste, machte al-Ghazālī deutlich, dass er nach seiner
jahrzehntelangen Auseinandersetzung mit den verschiedenen religiösen Wissenschaften die
Sufik als das religiöse System betrachtete, das den größten Heilsnutzen verspricht. So schrieb
er hier:
„Ich wusste mit Gewissheit, dass die Ṣūfī diejenigen sind, die auf dem Wege des erhabenen
Gottes voranschreiten, besonders weil ihre Lebensweise die beste aller Lebensweisen, ihr
Weg der richtigste aller Wege und ihre Gesinnung die reinste aller Gesinnungen ist. Ja sogar,
wenn man die Vernunft aller Vernünftigen, die Weisheit aller Weisen und das Wissen der
Gelehrten, denen sich die Geheimnisse der Offenbarung erschlossen haben, in sich
vereinigte, um auch nur etwas von der Lebensweise und der Gesinnung der Ṣūfī zu verändern
und durch etwas Besseres zu ersetzen, so würde ihnen dieses nicht gelingen. Denn alle ihre
Bewegungen und Ruhehaltungen, in ihrem Äußeren wie auch im Inneren, sind der Lichtnische
der Prophetie entnommen. Hinter diesem Lichte der Prophetie gibt es kein anderes Licht auf
Erden, von dem Erleuchtung erlangt werden kann.“
– al-Ghazālī: Der Erretter aus dem Irrtum. Übers. ʿA. ʿA. Elschazlī. S. 46.
Durch Aussagen wie diese trug Ghazali maßgeblich zur allgemeinen Anerkennung des
Sufismus im Islam bei. Ghazali gab auch dem Dschihad durch die Neuinterpretation eines
Koranverses (4, 95) eine neue, zusätzliche Bedeutung: Nicht nur der Kampf auf dem
Schlachtfeld sei Dschihad, sondern auch der Kampf gegen das eigene niedere Ich (an-nafs
al-ammara).
Al Farabi:
94
Abu Nasr Muhammad al-Farabi (geboren 872 in Otrar, Kasachstan, gestorben 950 in
Damaskus), latinisiert Alpharabius, war ein muslimischer Philosoph und Gelehrter aus
Zentralasien.
Er beschäftigte sich mit Logik, Ethik, Politik, Mathematik, Philosophie und Musik. Er kannte
unter anderen philosophische Werke von Aristoteles (nebst einigen wichtigen Kommentaren)
und Platon, die ihm bereits in persischer oder arabischer Übersetzung vorlagen, und trieb auch
die Übersetzung weiterer Texte voran.
Er war der Ansicht, dass die Philosophie nunmehr in der islamischen Welt ihre neue Heimat
gefunden habe. Philosophische Wahrheiten hielt er für universell gültig und betrachtete die
Philosophen als Propheten, die zu ihren Erkenntnissen mittels göttlicher Inspiration (arab.
waḥy) gelangt seien.
Sein Kitāb al-Mūsīqā al-kabīr (Großes Buch der Musik) gilt als umfassendste Schrift der
islamischen Musiktheorie und Musiksystematik. In seinen Schriften zur Musik verband er seine
detaillierten Kenntnisse als ausübender Musiker und seine sachliche Präzision als
Naturwissenschaftler mit der Logik der Philosophie. Zu von ihm beschriebenen
Musikinstrumenten gehören unter anderem das zitherähnliche Saiteninstrument šāh-rūd und
die Langhalslaute ṭunbūr al-baghdādī.
In der Wissenschaftsgeschichte des Islams wird al-Fārābī als „Zweiter Lehrer“ nach Aristoteles
gesehen. Neben al-Kindi, ar-Rāzi, Avicenna und al-Ghazali ist al-Fārābī einer der wichtigsten
Vertreter der islamischen Philosophie. Er gehört mit zu den herausragenden und umfassenden
Denkern des 10. Jahrhunderts und gilt als größter Theoretiker der islamischen
Musikgeschichte. Es war auch sein Verdienst, dass die griechische Philosophie ihren Weg in
das Morgenland fand. Seine Werke wurden über Jahrhunderte immer wieder herangezogen
und intensiv diskutiert. Besondere Wirkung, auch in hebräischen und lateinischen
Übersetzungen des 11. und 12. Jahrhunderts, entfaltete sein wissenschaftstheoretisches
Grundlagenwerk Kitāb Iḥṣāʾ al-ʿulūm (Buch über die Einteilung der Wissenschaften).
95
XI. Islamische Literaturkunde:
Sprachwissenschaften:
Hinsichtlich der Sprachwissenschaft führt kein Weg an „Lisan al-Arab“ (=“Die Zunge der
Araber“) von Ibn Mandhur al-Afriqi (630 – 711 n.H.) vorbei. Es handelt sich hierbei um ein Dar
Sader Verlag erschienenes 12 bändiges enzyklopädisches Werk, wo die einzelnen Wörter der
arabischen Sprache erläutert werden, indem die Benutzung des betreffenden Wortes in den
verschiedenen Zusammenhängen aufgeführt wird. Dabei sind die Wörter nicht wie heute
üblich nach Anfangsbuchstaben geordnet, sondern nach dem Endbuchstaben. Es wird
vermutet, dass der Autor die Anordnung deshalb so gewählt hat, um es den Dichtern einfacher
zu machen, Wörter für ihre Gedichte zu finden.
Koranwissenschaften:
Hinsichtlich der Koranwissenschaften ist auf folgende Werke zu verweisen:
1. Tafsir von Tabari (gestorben 310 n.H.)
Dieses Werk wurde von Ibn Dscharir al-Tabari unter dem Titel „dschami‘ al-bajan fi tafsir al
qur’an“ geschrieben. Es gehört zu den berühmtesten Werken auf dem Gebiet des tafsir, und
es ist vielleicht das umfangreichste zu diesem Thema. Es gehört zur Kategorie des tafsir bi-rriwaja, und es basiert auf Berichten vom Propheten, den Prophetengefährten und den tabi´un,
wobei die verschiedenen Überlieferungsketten aufgeführt und bewertet werden. Es enthält
jedoch auch Berichte, die nicht zuverlässig sind, ohne dass dies angemerkt ist. Tabari sagt
auch an einigen Stellen, dass man über bestimmte Dinge kein Wissen haben könne, und dass
es keineswegs schade, kein Wissen darüber zu haben.
2. Tafsir von Ibn Kathir (gestorben 774 n.H.)
Es handelt sich hier um eines der bekannteren Bücher über tafsir, wobei mehr Gewicht auf die
Zuverlässigkeit der Berichte gelegt wird, insbesondere Verwerfen aller fremden Einflüsse. Eine
englische Übersetzung zu diesem Werk liegt vor.
3. Tafsir von Imam al-Qurtubi (gestorben 671 n.H.)
Es handelt sich hierbei um eine umfassende Interpretation und berücksichtigt alle relevanten
Aspekte, d.h. spirituelle, rechtliche, sprachliche, soziale und andere Aspekte. Sein Werk ist
besonders für diejenigen interessant, die etwas über das tägliche Leben des Muslims auf der
individuellen und der gemeinschaftlichen Ebene erfahren möchte. Der Autor erklärt auch die
Unterschiede der verschiedenen Lesarten und untersucht die alternativen Interpretationen, die
man daraus ableiten kann.
Hadithwissenschaften:
Bzgl. der Hadithwissenschaften wird zwischen den „Überliefererbiographiewerken“ und den
„allgemeinen, umfassenden Hadithsammlungen“ unterschieden. In Kapitel IV dieses Werkes
wurde bereits auf die sechs „allgemeinen, umfassenden Hadithsammlungen“ verwiesen. Wer
sich mit der Hadithwissenschaft beschäftigen möchte, muss deshalb die nachfolgenden Werke
kennen:
1. Sahih Buchari von Imam Muhammad ibn Ismail al-Buchari (194-256 n.H.)
2. Sahih Muslim von Imam Muslim ibn Hadschadsch (206-261 n.H.)
Kommen wir nun zu diesen beiden Werken:
96
Sahih Buchari von Imam Muhammad ibn Ismail al-Buchari (194-256 n.H.):
Leider existiert zu diesem Werk (immer noch) keine vollständige, authorisierte deutsche
Übersetzung, lediglich Auszüge, welche mehr oder weniger vollständig sind. Es wird oftmals
als das nach dem Koran authentischste Buch definiert. Der Beweggrund Bucharis dieses Werk
zu schreiben lag darin, dass viele Bücher gesunde und schwache Hadithe vermischen. Er
benötigte 16 Jahre (!), um die gesunden Hadithe aus 600.000 Hadithen herauszufiltern. Das
Werk Sahih Buchari enthält insgesamt 9082 Hadithe. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass
sich Hadithe mit gleichem Inhalt, aber verschiedener Überlieferungskette im Werk befinden.
Ohne die Wiederholungen finden sich 2602 Hadithe.
Sahih Muslim von Imam Muslim ibn Hadschadsch (206-261 n.H.)
Muslim hat sein Buch in Kapitel aufgeteilt, jedoch die Namen von Kapiteln weggelassen, damit
das Buch nicht zu „dick“ wird. Er sammelte 300.000 Überlieferungen und behielt nur 4.000,
deren Authentizität er als vollkommen nachgewiesen ansah. In seiner Hadithsammlung
beginnt er mit einer Einleitung, in welcher einige Grundsätze erläutert, denen er bei der
Auswahl seines Materials gefolgt war. Hinsichtlich seiner wissenschaftlichen Arbeit legte Imam
Muslim peinlich genau Wert auf die Übereinstimmung der exakten Worte der Überlieferer und
wies selbst auf den kleinsten Unterschied im Wortlaut ihrer Berichte hin. Er hat dabei auch
stets den Untschied zwischen den zwei Arten der Erzählung im Auge behalten, haddathana
(er erzählte uns) und akhbarana (er setzte uns in Kenntnis). Imam Muslim ist der Meinung,
dass die erste Art nur verwendet wird, wenn der Lehrer einen Hadith erzählt und der Schüler
zuhört, während die zweite Art des Ausdrucks beinhaltet, dass der Schüler den Hadith vor dem
Lehrer liest (und der Lehrer ihn somit korrigieren kann, wenn er einen Fehler macht). Es
wurden in diesem Werk nur jene Hadithe verzeichnet, welche von mindestens zwei
zuverlässigen tabi´un von zwei Propehetengefährten gehört wurden. Dieses Prinzip wurde in
der gesamten Überlieferungskette befolgt.
Aqida:
Aqida, auch Usud ad-Din (Grundlagen der Religion) genannt, ist die Gesamtheit der zu
innerlichenden Inhalte des Islam und stellt somit die Grundlage für die islamische Lebensweise
dar. In den Werken zu Aqida wird (natürlich) Bezug genommen auf die fünf Säulen des Islam
sowie die sechs Glaubensgrundsätze im Islam. Wichtige Werke sind hier:
1. Usul as-Sunna von Ahmad ibn Hanbal (164-241 n.H.)
In diesem Werk sind dogmenhaft die Lehrsätze der Aqida wiedergegeben, wie Ahmad ibn
Hanbal sie verstand.
2. Al-Aqida at-Tahawijja von Imam Abu Dscha’far at-Tahawi (239-321 n.H.)
Hierin findet sich eine Auflistung von circa 100 Glaubensdogmen, die dem Verständnis des
Islam entsprechen, wie es die ersten Generationen von Muslimen hatten. Imam Tahawis Aqida
ist eine repräsentative Darstellung der sunnitischen Aqida.
3. Kitab al-fisal fil-milal wa-l-ahwa wa-n-nihal von Ibn Hazm (gest. 465 n.H.)
Es handelt sich hierbei interessanter Weise um das erste Werk der Menschheit bzgl. der
vergleichenden Religionswissenschaften. Bereits zu einer Entstehungszeit erlangte das Werk
„Die Trennung zwischen den Religionsgemeinschaften“ große Bedeutung. Das Werk
unterzieht das Judentum, das Christentum, asiatische Religionen sowie die wichtigsten aus
dem Islam hervorgegangenen Sekten einer kritischen Untersuchung aus islamischer Sicht.
Im Übrigen ist es im Falle der Aqida (ebenso wie beim Fiqh) von grundlegender Bedeutung,
sich selbst Gedanken zu machen und nicht nur einer Aqidaschule blind und fanatisch zu
97
folgen. Bekanntlich ist es verboten, bzgl. der absoluten Grundlagen der Religion, d.h. den
Grundlagen der Aqida, taqlid zu machen. D.h. es genügt vor Allah z.B. nicht, dass man sagt:
"Ich bin deshalb Muslim, weil mein Vater, dem ich vertraue, dass er schon das Richtige
macht, Muslim ist".
Fiqh:
Usul al-Fiqh ist die Wissenschaft, die sich mit der Methodik beschäftigt, wie aus den beiden
Grundquellen des Islam –dem Koran und der Sunna- Rechtsbestimmungen abgeleitet werden.
Imam Schafi’i war der erste, der die Prinzipien des Usul al-Fiqh niederschrieb. Imam Schafi’i
schrieb Ar-Risala, Akham al-quran (eine rechtswissenschaftliche Interpretation des Korans),
Ikhtilaf al-Hadith (Wissenschaft über sich scheinbar widersprechende Hadithe), Ibtal alIstihsan (die Ungültigkeit von istihsan), Jima‘ al-Ilm (Das Zustandekommen des Wissens) und
al-Qiyas (juristischer Analogieschluss).
Bzgl. der Quellenlehre der islamischen Rechtswissenschaften wird auf die folgenden Werke
verwiesen:
1. Ar-Risala („Die Botschaft“ – Abhandlung über die Fundamente des islamischen Rechts) von
Imam Schafi’i (gestorben 204 n.H.)
2. Muwafaqat von Schatibi (gestorben 790 n.H.):
Auf dieses Werk muss kurz eingegangen werden:
Er sprach von Idschtihad als einem verstandesmäßigen Vorgang basierend auf zwei Säulen
sprach. Die erste Säule war vollständiges Wissen über Grammatik und Syntax der arabischen
Sprache. Er überließ dieses Thema den Gelehrten der arabischen Sprache und anderen
Usul-Gelehrten. Die zweite Säule von Idschtihad war, nach Schatibi’s Meinung, das Wissen
über den Zweck der Gesetzgebung Allahs, dem allweisen Gesetzgeber.
Schatibis Vorgänger im Bereich von Usul hatten diesen Zwecken nie viel Aufmerksamkeit
geschenkt. Vielmehr war das Äußerste, was sie in dieser Richtung unternahmen, die Suche
nach der Ursache einer Bestimmung. Schatibi jedoch schrieb sein Buch, um sich diesem
wichtigen Thema anzunehmen. In der Tat ist das Wissen über den Zweck (arab. maqasid)
der Scharia unentbehrlich, um die Gesetzgebung des Gesetzgebers zu verstehen. Jedoch
haben die Usul-Gelehrten diesem Buch nie die Aufmerksamkeit geschenkt, die es verdient.
Das mag vielleicht durch die Auffassung vieler Gelehrter erklärt werden, dass es nicht erlaubt
ist, nach Gründen der Gesetzgebung vom Allmächtigen zu suchen, weil solche Spekulationen
nicht fehlerfrei geregelt oder wiedergegeben werden können.
Kommen wir nun zu den Werken der eigentlichen Rechtswissenschaft, die man kennen sollte,
wobei hier zwischen sunnitischen und schiitischen Fiqh-Quellen unterschieden wird:
Sunnitische Fiqh-Quellen:
-
Kompendium des hanafitischen Fiqh („Das Ausgebreitete“) von Abu Bakr Muhammad
ibn Ahmad ibn Sahl as-Sarakhsi (gestorben 483 n.H.)
Al-Muwatta‘ („Der wohlbeschrittene Pfad“) von Iman Mail (93 – 179 n.H.)
Kompendium der Schafi’itischen Rechtsschule: Al-Umm („Die Mutter“) von Iman
Schafi’i (150-204 n.H.)
Kompendium der Hanbalitichen Rechtsschule: Al-Mughni („Der Genügende“) von
Muwaffaq al-Din Ibn Qudama al-Maqdisi (gest. 620 n.H.)
98
Schiitische Fiqh-Quellen:
-
Al-Madschmu’ al-fiqhi (“Die Fiqhsammlung”) von Imam Zaid ibn Ali ibn Zainulabidin
(gestorben 122 n.H.)
“Al-Kafi” (der Genügende) von Muhammad ibn Jacub ibn Ishaq al-Kalini (gestorben
329 n.H.)
Geschichtswissenschaften:
Bezüglich der Geschichtswissenschaften wird als Quellen auf die nachfolgenden Werke
verwiesen:
-
Das Geschichtswerk von Imam Ibn Dscharir at-Tabari (224-310 n.H.)
Qasas al-anbija' (Prophetengeschichten) von Ibn Kathir (ca. 700 – 774 n.H.)
Sifat as-Safwa (Biographien von Muslimen der ersten Generationen) von Ibn al-Dschauzi (510
-597 n.H.)
Geschichtswerk von Ibn al-Athir (555-630 n.H.)
Al-Muqaddima: Allgemeine analytische Einführung in die Geschichte von Ibn Khaldun (ca. 7..
n.H.)
Al-Bidaja wa-n-nihaja ("Der Anfang und das Ende")von Ibn Kathir (ca. 700 -774 n.H.)
"Sijar a'lam an-nubala'" (Biographien hervorragender Persönlichkeiten) von Imam AdhDhahabi (673-748 n.H.)
99
XII. Länder mit prozentual hohem Anteil an Muslimen:
Nun ist hoffentlich interessant gewesen zu sehen, welche Grundkomponenten den Islam
prägen. Genauso interessant es aber auch zu wissen, in welchen Ländern der Islam als
Religion von besonderer Relevanz ist.
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Afghanistan
Kabul
Islamische Republik
Präsidialsystem
652.864 km2
30.552.000
47 Einwohner pro km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Ägypten
Kairo
Republik
Militärregierung
1.001.449 km2
82.056.000
82 Einwohner pro km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Albanien
Tirana
Parlamentarische Republik
Parlamentarisches System
28.748 km2
2.774.000
96 Einwohner pro km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Algerien
Algier
Republik
Semipräsidentielles System
2.381.741 km2
39.208.000
16 Einwohner pro km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Aserbaidschan
Baku
Republik
20,7 Milliarden US-Dollar
700 US Dollar
Dari (Persisch) und Paschtu
99,9 % Muslime,
davon circa 80% sunnitische Muslime und 20 % schiitische Muslime
271 Milliarden US-Dollar
3.160 US Dollar
Arabisch
90 % sunnitische Muslime; circa 5-10 % Kopten sowie circa 1 % Juden
12,8 Milliarden US-Dollar
4.700 US-Dollar
Albanisch
58,79 % sunnitische Muslime (davon 2,09% Bektaschi), 10,03 römischkatholische Christen, 6,75 % albanisch-orthodoxe Christen
206 Milliarden US-Dollar
5.290 US-Dollar
Arabisch
99 % sunnitische Muslime, circa 1% Christen
100
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Präsidialsystem
86.600 km2
9.417.100
109 Einwohner pro km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Bahrain
Manama
Monarchie
konstitutionelle Monarchie
750 km2
1.322.000
1.861 Einwohner pro km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Bangladesch
Dhaka
parlamentarische Republik
parlamentarisches System
147.570 km2
156.000.000
1.061 Einwohner pro km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Benin
Porto Novo
Republik
Präsidentielle Demokratie
112.622 km2
10.323.000
92 Einwohner pro km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Brunei
Bandar Seri Begawan
Erbmonarchie
absolute Monarchie
5.765 km2
408.786
70,91 Einwohner pro km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Burkina Faso
Ouagadougou
Republik
Semipräsidentielles Regierungssystem
274.200 km2
73,500 Milliarden US-Dollar
7.350 US-Dollar
Aserbaidschanisch
85% schiitische Muslime, 15% sunnitische Muslime
32,2 Milliarden US-Dollar
24.357 US-Dollar
Arabisch
70,2 % Muslime [vor allem schiitische Muslime], circa 9% Christen,
circa 10 % Hindus
141,0 Milliarden US-Dollar
903 US-Dollar
Bengalisch
90 % Muslime, 10 % Hindus, 1% Buddhisten
8.200 Millionen US-Dollar
914 US-Dollar
Französisch
27,8% Muslime, 42,3% Christen [davon die Hälfte römisch-katholisch],
23,4 % Naturreligion, Rest: Voodoo-Religion
15.533 Millionen US-Dollar
36.584 US-Dollar
Malaisch
67% Muslime [v.a. Sunniten], 15 % Buddhisten, 10% Christen
101
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
16.935.000
62 Einwohner pro km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Dschibuti
Dschibuti
Republik
Präsidialsystem
23.200 km2
873.000
38 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Elfenbeinküste
Yamoussoukro
Republik
Präsidialrepublik
322.462 km2
20.316.000
63 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Gambia
Banjul
Republik
Präsidialsystem
11.295 km2
1.849.000
164 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Guinea
Conakry
Republik
Präsidialsystem
250.158 km2
11.745.000
48 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
Guinea-Bissau
Bissau
Republik
Präsidialsystem
36.125 km2
1.704.000
47 Einwohner je km2
11,583 Milliarden US-Dollar
670 US-Dollar
Französisch
50% Muslime, 35% Naturreligion, 15% Katholiken
1,456 Milliarden US-Dollar
1.667 US-Dollar
Französisch und Arabisch
99% sunnitische Muslime
28,3 Milliarden US-Dollar
1.380 US-Dollar
Französisch
40% sunnitische Muslime, 30 % Christen (v.a. katholisch), 30 % Naturreligion
914 Millionen US-Dollar
510 US-Dollar
Englisch
90% sunnitische Muslime, 9% Christen, 1% Naturreligion
6,193 Milliarden US-Dollar
460 US-Dollar
Französisch
85% sunnitische Muslime, 10% Christen, 5% Naturreligion
859 Millionen US-Dollar
102
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
520 US-Dollar
Portugiesisch
50% sunnitische Muslime, 10% Christen (v.a. Katholiken), 40% Naturreligion
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Indien
Neu-Delhi
Parlamentarische Bundesrepublik
parlamentarische Demokratie
3.287.469 km2
1.252.140.000
381 Einwohner pro km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Indonesien
Jakarta
Republik
präsidentielle Demokratie
1.904.569 km2
249.866.000
131 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Iran
Teheran
Islamische Republik
präsidentielle Theokratie
1.648.195 km2
77.447.000
47 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Irak
Bagdad
föderale Republik
parlamentarisches System
434.128 km2
33.147.000
76 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Jemen
Sanaa
Republik
Präsidialsystem
528.076 km2
24.407.000
45 Einwohner je km2
1.871 Milliarden US-Dollar
1.570 US-Dollar
Hindi und Englisch
81 % Hindus, 13% Muslime, 2% Sikhs, 2% Christen, 1% Buddhisten
868 Milliarden US-Dollar
3.580 US-Dollar
indonesisch
87 % sunnitische Muslime, 7% Protestanten, 3% Katholiken, 2% Hindus
439 Milliarden US-Dollar
5.780 US-Dollar
Persisch (Farsi)
99,6 % Muslime (davon 90% Schiiten, 10% Sunniten)
229 Milliarden US-Dollar
6.710 US-Dollar
Arabisch und kurdisch
95% Muslime (davon 2/3 Schiiten, 1/3 Sunniten), Rest: Christen, Jessiden
35,955 Milliarden US-Dollar
1.330 US-Dollar
Arabisch
99% Muslime (zumeist Sunniten und Zaiditen)
103
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Jordanien
Amman
Erbmonarchie
konstitutionelle Monarchie
89.342 km2
6.495.000
72 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Kamerun
Jaundé
Republik
Präsidialsystem
475.445 km2
22.254.000
47 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Kasachstan
Astana
Republik
Präsidialsystem
2.724.900 km2
17.038.000
6 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Katar
Doha
Erbmonarchie
absolute Monarchie
11.606 km2
2.169.000
190 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Kirgisistan
Bischkek
parlamentarische Republik
parlamentarisches System
199.900 km2
5.720.000
29 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Komoren
Moroni
Islamische Bundesrepublik
Präsidialsystem
33,9 Milliarden US-Dollar
4.950 US-Dollar
Arabisch
94% Muslime (92% Sunniten, 2% Schiiten), 6% Christen
28 Milliarden US-Dollar
1.270 US-Dollar
Französisch, Englisch
50% Christen, 20% Muslime, 30% Naturreligion
220 Milliarden US-Dollar
11.380 US-Dollar
Kasachisch, Russisch
65% Muslime (v.a. Sunniten), 35% Christen (v.a. Orthodoxe)
203 Milliarden US-Dollar
85.500 US-Dollar
Arabisch
keine exakten Zahlen, jedoch mehr als 90% Muslime
7,2 Milliarden US-Dollar
1.200 US-Dollar
Kirgisisch, Russisch
80% Muslime (v.a. Sunniten), 10% Christen (v.a. Orthodoxe); sonstige
104
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
1.862 km2
752.300
404 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Kuwait
Kuwait
Erbmonarchie
absolute Monarchie
17.818 km2
3.369.000
189 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Libanon
Beirut
parlamentarische Republik
parlamentarisches Regierungssystem
10.452 km2
4.467.000
427 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Libyen
Tripolis
Republik
Übergangsregierung
1.775.500 km2
6.202.000
3 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Malaysia
Kuala Lumpur
föderale, parlamentarische Wahlmonarchie
parlamentarische Demokratie
330.290 km2
29.717.000
90 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Malediven
Malé
Republik
Präsidialsystem
298 km2
345.000
657 Millionen US-Dollar
880 US-Dollar
Komorisch, Französisch, Arabisch
99% sunnitische Muslime
185 Milliarden US-Dollar
54.912 US-Dollar
Arabisch
keine exakten Zahlen, jedoch mehr als 90% Muslime (davon 70% Sunniten
und 30% Schiiten)
44,3 Milliarden US-Dollar
9.870 US-Dollar
Arabisch, teilweise Französisch
60% Muslime, 40% Christen
67,6 Milliarden US-Dollar
10.899 US-Dollar
Arabisch
97% Muslime, 3% Christen
312 Milliarden US-Dollar
10.400 US-Dollar
Malaysisch
61% Muslime (v.a. Sunniten), 19% Buddhisten, 9% Christen, 6% Hindus,
3% Konfuzianer
105
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
1.158 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Mali
Bomako
Republik
Semipräsidentielles System
1.240.192 km2
15.302.000
12 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Marokko
Rabat
Erbmonarchie
konstitutionelle Monarchie
710.850 km2
33.575.000
47 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Mauretanien
Nouakchott
Islamische Republik
Präsidialsystem
1.030.700 km2
3.890.000
4 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Mosambik
Maputo
Republik
Präsidialsystem
801.590 km2
25.834.000
32 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Niger
Niamey
Republik
Semipräsidentielles System
1.267.000 km2
17.831.000
14 Einwohner je km2
2,3 Milliarden US-Dollar
5.600 US-Dollar
Dhivehi
99,9% sunnitische Muslime
10,943 Milliarden US-Dollar
670 US-Dollar
Französisch
85-90% Muslime, 5% Christen, diverse sonstige
105 Milliarden US-Dollar
3.030 US-Dollar
Arabisch
99% Muslime (90% Sunniten)
4,163 Milliarden US-Dollar
1.060 US-Dollar
Arabisch
15,3 Milliarden US-Dollar
590 US-Dollar
35% Christen, 23% religionslos, 18% Muslime, diverse sonstige
7,356 Milliarden US-Dollar
410 US-Dollar
106
Amtssprache:
Religion:
Französisch
94% Muslime, circa 10-15% Naturreligion
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Nigeria
Abuja
Bundesrepublik
Präsidialsystem
923.768 km2
173.615.000
188 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Oman
Maskat
Erbmonarchie
absolute Monarchie
309.500 km2
3.632.000
12 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Pakistan
Islamabad
islamische, parlamentarische Bundesrepublik
parlamentarisches System
796.095 km2
182.143.000
229 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Palästinensische Autonomiegebiete
Gaza und Ramallah
Präsidentialrepublik
parlamentarisches System
6.242 km2
4.332.881
694 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Saudi-Arabien
Riad
Erbmonarchie
absolute Monarchie
2.149.690 km2
28.829.000
13 Einwohner je km2
287 Milliarden US-Dollar
2.760 US-Dollar
Englisch
50% Muslime, 40% Christen
80,6 Milliarden US-Dollar
22.191 US-Dollar
Arabisch
97,5 Muslime, 2,5% Christen
239 Milliarden US-Dollar
1.380 US-Dollar
Urdu und Englisch
95% Muslime (75% Sunniten, 25% Schiiten), diverse sonstige Religionen
derzeit nicht bekannt
derzeit nicht bekannt
Arabisch
Gaza Streifen: 99,3% Muslime, 0,7% Christen
Westjordanland: 75% Muslime, 17% Juden, 8% Christen
745 Milliarden US-Dollar
26.200 US-Dollar
Arabisch
98% Muslime (v.a. Sunniten, im Osten: Schiiten)
107
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Senegal
Dakar
Republik
Präsidentielle Demokratie
196.722 km2
14.133.000
72 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Sierra Leone
Freetown
Republik
Präsidialsystem
71.740 km2
6.092.000
85 Einwohner km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Somalia
Mogadischu
föderale Republik
(theoretisch) parlamentarisches System
637.657 km2
10.469.000
16 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Sudan
Arabisch
islamische Bundesrepublik
Präsidialsystem
1.886.068 km2
37.964.000
21 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Syrien
Damaskus
Republik
Semipräsidentielles Regierungssystem
185.180 km2
22.846.000
123 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Tadschikistan
Duschanbe
Republik
Präsidialsystem
15,2 Milliarden US-Dollar
1.070 US-Dollar
Französisch
94% Muslime (v.a. Sunniten), 4% Christen, 2% Naturreligion
4,929 Milliarden US-Dollar
680 US-Dollar
Englisch
77% Muslime (v.a. Sunniten), 21% Christen, diverse sonstige
keine Angaben möglich
Somali
99,8 % sunnitische Muslime
66,55 Milliarden US-Dollar
1.130 US-Dollar
keine exakten Zahlen, derzeit jedoch wahrscheinlich 80-90% Muslime
nicht bekannt
nicht bekannt
arabisch
87% Muslime (circa 13% Alawiten)
108
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
143.100 km2
8.208.000
57 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Tschad
N´Dschamena
Republik
Präsidialsystem
1.284.000 km2
12.825.000
10 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Tunesien
Tunis
Republik
Übergangsregierung
163.610 km2
10.887.000
67 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Türkei
Ankara
parlamentarische Republik
parlamentarische Demokratie
783.562 km2
74.993.000
96 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Turkmenistan
Asgabat
Republik
Präsidialsystem
488.100 km2
5.240.000
11 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
Usbekistan
Taschkent
Republik
Präsidialsystem
447.400 km2
30.241.000
68 Einwohner je km2
8,5 Milliarden US-Dollar
990 US-Dollar
Tadschikisch
97% Muslime (v.a. Sunniten)
13,414 Milliarden US-Dollar
1.020 US-Dollar
Französisch, Arabisch
54% Muslime, 30% Christen, diverse sonstige Religionen
47,4 Milliarden US-Dollar
4.360 US-Dollar
Arabisch
99% Muslime (v.a. Sunniten)
616,3 Milliarden US-Dollar
10.950 US-Dollar
türkisch
99% Muslime
40,6 Milliarden US-Dollar
6.880 US-Dollar
Turkmenisch
90% Muslime (v.a. Sunniten), 9% Christen (v.a. Orthodoxe)
109
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
57 Milliarden US-Dollar
1.900 US-Dollar
Usbekisch
90% Muslime
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Vereinigte Arabische Emirate
Abu Dhabi
föderale Erbmonarchie
konstitutionelle Monarchie
83.600 km2
9.346.000
120 Einwohner je km2
Name:
Hauptstadt:
Staatsform:
Regierungssystem:
Fläche:
Einwohnerzahl:
Bevölkerungsdichte:
Bruttoinlandsprodukt:
total/nominal:
nominal/Einwohner:
Amtssprache:
Religion:
Bosnien und Herzegowina
Sarajevo
parlamentarische Bundesrepublik
parlamentarisches System
51.129 km2
2.829.000
75 Einwohner je km2
396 Milliarden US-Dollar
42.371 US-Dollar
Arabisch
96% Muslime (v.a. Sunniten)
17,8 Milliarden US-Dollar
4.740 US-Dollar
Bosnisch, Serbisch, Kroatisch
45% Muslime, 51% Christen, diverse sonstige
110
NACHWORT
Natürlich fehlen in dieser Einführung für den ein oder anderen wichtige Aspekte des Islam.
Dies tut dem Autor natürlich leid, aber geht es in dieser Einführung nicht darum ein
vollumfängliches Kompendium über den Islam zu liefern. Ziel dieses Werkes ist vielmehr, den
interessierten Leser mit den Grundzügen des Islam vertraut zu machen und zwar in den
Aspekten, die in der aktuellen gesellschaftlichen Diskussion in Deutschland von Relevanz
sind.
Dieses Werk ist nicht für Theologen oder Religionswissenschaftler geschrieben, welche nur
einen kleinen Teil unserer Bevölkerung ausmachen sondern für die Mehrheit unserer
Bevölkerung, die sich im Einwanderungsland Deutschland mit der Religion Islam
auseinandersetzen möchten, um die zahlenmäßig immer bedeutender werdende
Bevölkerungsgruppe der Muslime in Deutschland besser verstehen zu können.
Nur dann war dieses Werk im Übrigen erfolgreich, wenn Nichtmuslime durch dieses Buch die
Angst vor einer für die Mehrheit der Deutschen unbekannten Religion genommen wurde. In
einer liberalen, multikulturellen Gesellschaft ist es für einen friedliche Koexistenz von
Bedeutung, den anderen zu kennen. Wenn die Mehrheit der Leser, die den Islam vor Lektüre
dieses Werkes nicht kannten, nach der Lektüre zu dem Schluss kommt: „Der Islam hat ja viele
Gemeinsamkeiten mit Christentum und / oder Judentum und man muss vor diesem Islam gar
keine Angst haben.“ so war dieses Werk für den Autor ein Erfolg.
Lassen Sie mich bitte zum Schluss noch einmal aus aktuellem, traurigem Anlass folgendes
festhalten:
Genauso wie man aus dem Alten Testament die Aussage „Auge um Auge, Zahn um Zahn“
aus dem historischen Kontext fehlinterpretieren kann und konnte, so sind einige Muslime leider
Fehlinterpretationen des Islam anheimgefallen und haben nicht begriffen, dass der Islam
nichts mit Mord an unschuldigen Menschen zu tun hat. Krieg war und ist noch nie eine Lösung
der Menschen gewesen, die glauben, egal welchen Glaubens diese angehören. Konflikte
können nur mit Worten, aber nie mit Waffen nachhaltig gelöst werden.
111
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