Nachwachsende Rohstoffe sichern unsere Zukunft

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Agrarmanagement
Nachwachsende Rohstoffe
sichern unsere Zukunft
Das 2. Agrarwissenschaftliche Symposium des Hans Eisenmann-Zentrums hat sich mit Potenzialen, Perspektiven und
Konflikten nach der »Energiewende« befasst.
N
achwachsende Rohstoffe werden
dringend gebraucht. Sie gehen
nicht aus. Sie wachsen beständig nach.
Ähnlich sieht es aus bei Sonnen- und
Windenergie. Beide sind mehr oder
minder ständig nutzbar. Fossile Energierohstoffe dagegen sind endlich.
Vor allem bei Erdöl, Erdgas und Uran
sind die Reserven innerhalb eines Jahrhunderts aufgebraucht. Ressourcen
dieser Rohstoffe lagern noch in den
Tiefen des Erdreichs, sind aber auch
nach weiteren zwei Jahrhunderten verbraucht. Nur Steinkohle und Braunkohle können mit höheren Reserven
und Ressourcen aufwarten.
Für Prof. Dr.-Ing. Martin Faulstich,
Lehrstuhl für Rohstoff- und Energietechnologie, Straubing ist Öl zu wertvoll, dass es künftig weiter zu 90 %
energetisch genutzt wird. Allein 50 %
des Öls brauchen Menschen, weil sie
mobil sein wollen; 32 % des Öls wärmen die Menschen und mit 8 % wird
Strom erzeugt. Für die wichtige stoffliche Nutzung in chemischen Prozessen
wird nur 10 % verwendet.
Der Verbrauch fossiler Rohstoffe hat
sich seit den 50er-Jahren des letzten
Jahrhunderts versechsfacht, gleichzeitig ist die CO2-Konzentration in der Atmosphäre deutlich angestiegen, ebenso
die globale Erwärmung.
Noch gravierender sind die Verhältnisse, vergleicht man den Energie- und
Ressourcenverbrauch ausgewählter
Länder pro Person miteinander. Gegenüber Indien sind beide Verbräuche
in Deutschland rund viermal und in den
USA mehr als zehnmal so hoch. Dies
sind Herausforderung, die es zu meistern gilt.
Die Entwicklungsländer stellen hierzu
die Frage nach der globalen Gerechtig-
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keit. Sie wollen teilhaben am wachsenden Wohlstand. Wenn nicht intelligente Einsparungsmöglichkeiten in den
Industrieländern und entsprechende
Nutzungsmöglichkeiten in den aufstrebenden Staaten und in Entwicklungsländern gefunden werden, führt dies zu
weiterer CO2-Konzentration und weiterer globaler Erwärmung auf der Erde
mit durchaus vorhersehbaren katastrophalen Folgen für einen Teil der
Menschheit.
Die Nahrungsmittelerzeugung bleibt
auch künftig wichtigste Aufgabe der
Landwirtschaft. In Europa zeichnet sie
ein durchaus positives Bild, trotz
hohem Fleischverbrauch. Sie ist im Vergleich zu anderen Kontinenten hocheffektiv, wenn auch umgerechnet durch
den Nettoimport von Agrargütern in
die EU rund 35 Mio. ha virtuell von den
europäischen Landwirten weltweit
»bewirtschaftet« werden.
Erneuerbare Energien heute
In Deutschland lag im Jahr 2010 der
Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch von 9060 Petajoule
(PJ) bei 10,9 %. Davon entfielen
77 % auf Biomasse (feste und flüssige Biomasse, Biogas, Deponie- und
Kläranlagengas, biogener Anteil des
Abfalls und Biokraftstoffe);
15 % auf Windenergie;
8 % auf Wasserkraft und
9 % auf restliche erneuerbare Energien.
Bis zum Jahr 2050 soll, laut Faulstich,
im Zeichen der Energiewende Strom zu
100 Prozent aus Erneuerbarer Energie
stammen. Schrittweise werden dabei
im Laufe der Jahre fossile Energieträger
abgelöst. Dies vor allem durch Windkraft und Solarenergie. Der Anteil von
Biomasse und Wasserkraft wird sich in
diesem Zeitraum nicht erheblich ändern und ihr Anteil bei ungefähr 10 %
der Gesamtenergieerzeugung liegen.
Biomasse muss zuvorderst der Erzeugung von Nahrungsmitteln dienen,
dann als Rohstoff für die chemische Industrie und sollte erst zuletzt für
Strom, Wärme und Mobilität genutzt
werden, forderte Faulstich. Andere erneuerbare Energien, wie Wind- und
Sonnenenergie, sind vor allem für
Strom, Wärme und Mobilität direkt
nutzbar und durch Konversion zusätzlich in der Chemie und Metallurgie.
Ertrag von Energiemais
verdoppeln
Mais ist nach wie vor die ertragreichste
Pflanze, die in Biogasanlagen genutzt
wird. Durch Züchtung soll ihre Effizienz
optimiert werden. Vor allem Wasser
soll sie besser nutzen können, damit sie
auch in trockenen Lagen in denen zurzeit die meisten Biogasanlagen stehen,
die doppelten Methanerträge pro
Hektar bringt.
Energiemais muss hierzu rund 300
dt/ha Ertrag = 10 000 cbm Grünmasse
bringen, heutige Silomais-Sorten liegen
zwischen 150 bis 180 dt/ha = 5000
cbm Grünmasse. Sorten mit einer derartigen Leistung wird es in absehbarer
Zeit geben. »Sie vergrößern die eingesetzte Diversität und erhöhen die Energiegewinnung pro Flächeneinheit«,
weiß Dr. Peter Westermeier, Lehrstuhl
für Pflanzenzüchtung der TU München. Mehr Ökologie durch Mischanbau »Der Anbau von Energiepflanzen
zur Biogasproduktion ist eine Chance
zur weiteren Ökologisierung der Landnutzung«. Diesen auf den ersten Blick
widersprüchlichen Satz begründet Dr.
Walter Schmidt, KWS Saat AG, mit
Versuchen, in denen Mais in unterschiedlicher Mischung mit Wildpflanzen, Amarant, Sorghum, Roggen,
Buchweizen, Winterwicken, Acker-, Stan-
Allgäuer Bauernblatt 45/2011
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gen-, Feuer- und Schwefelbohnen angebaut wird. Dazu braucht es Sorten mit
»Unkrauttoleranz«. In Versuchen hat sich
gezeigt, dass beispielsweise die Aussaat
eines Mais-Bohnen-Gemisches noch
nicht die gleichen Gesamttrockenmasseerträge erbringt wie die Reinsaat von
Mais. Gegenüber dem Trockenmasseertrag bei Mais von 25,2 dt/ha schwankten die Erträge unterschiedlicher
Mais-Bohnen-Gemische zwischen 20,2
und 24,2 dt/ha. Das kann sich ändern.
Hofraffinerie, sie gibt es bald
Für dezentrale Hof-Bioraffinerien plädiert Prof. Dr. Volker Sieber, Lehrstuhl
für Chemie Biogener Rohstoffe an der
TU München: »Sie können durch Raffination landwirtschaftlicher Biomasse
nachhaltig chemische Grundstoffe für
die Industrie bereitstellen«. Die sogenannte »Delokalisierte Produktion«
mit einfacheren Prozessen für kleinere
Standorte sei technisch nicht anspruchsvoll und könne durchaus auf
jedem Bauernhof eingerichtet werden.
Die Umweltwirkung der Biogaserzeugung mit Maissilage und Rindergülle
hat Dr. Andreas Weber, Institut für
Landtechnik und Tierhaltung (LfL) beurteilt. Seine Feststellungen: Mais- und
Rindergülle haben positive Effekte bei
Energieeinsparung und Treibhauseffekt. Dabei schneidet die Rindergülle
besser ab. Die Umweltwirkungen der
Rindergülle bei Einsatz in Biogasanlagen hinsichtlich Nährstoffeintrag und
Versauerung der Böden sind ebenfalls
positiv. Negativ wirkt Maissilage.
Weber fasst aus seinen vielen Grafiken
und Zahlen die Vor- und Nachteile von
Biogas zusammen: »Biogas spart Ressourcen ein und verringert Treibhausgas-Emissionen in der Energieversorgung. Biogas ist auch ein wertvoller, steuer- und speicherbarer Energieträger mit vielfältigen Nutzungspfaden«.
»Eiweißlücke« stopfen
Nachwachsende Rohstoffe sind die
Quelle aller Futtermittel. Deren Wert
wird durch die Verdaulichkeit definiert.
Die Verdaulichkeit wiederum hängt ab
von den Inhaltsstoffen, die unterschiedlich von Mensch, Tier und technischen Anlagen energetisch verwertet
Allgäuer Bauernblatt45/2011
Die Effizienz
von Biogasanlagen
kann noch
gesteigert
werden.
Foto: R. Bonfig
werden können. Prof. Dr. Wilhelm Windisch, Lehrstuhl für Tierernährung an
der TU München, macht in diesem Zusammenhang deutlich, dass es in
Europa eine »Eiweißlücke« gibt: Der
Verbrauch an Futterprotein in Europa
ist etwa viermal so hoch wie die Erzeugung. Diese Lücke sollte geschlossen
oder zumindest verengt werden.
Trockenschlempe (DDGS) als Abfallprodukt der Biosprit-Herstellung aus
Getreide und Mais könne so beispielsweise als wertvolles Eiweißfutter genutzt werden. Mit einer sogenannten
»Grünen Bioraffinerie« lasse sich aus
Dauergrünland ebenfalls ein wertvolles
Proteinextrakt gewinnen, das idealerweise rund 7 % wertvollem Lysins im
Protein enthält, weit mehr als in Rapsoder Sojaextraktionsschrot.
Teller und Tank konkurrieren
In einen globaleren Zusammenhang
stellte Prof. Dr. Dr. h.c. Alois Heißenhuber, Lehrstuhl für Wirtschaftslehre des
Landbaus der TU München die ökonomische Bewertung nachwachsender
Rohstoffe. Neben Einsparung fossiler
Rohstoffe und Klimaschutz geht es ihm
vor allem auch um die Stärkung des
ländlichen Raums. In diesem Zusammenhang wies er eingangs seines Vortrags hin auf die Dynamik der
Energiewirtschaft, die sich spiegelt in
steigenden Rohölpreisen und seit 2005
annähernd eine sogenannte »bushelbarrel-correlation« abbildet. Das heißt,
die Preise von Getreide und Rohöl pro
Einheit Energie gleichen sich an und
verlaufen nahezu parallel nach oben.
In der Landwirtschaft handelt aufgrund
fallender Getreidepreise so mancher
nach dem Motto: Nicht pennen – Weizen verbrennen. Diese Einstellung ist zu
hinterfragen, aber... Anhand bestimmter Paritäten bei Benzin, Rohöl und Biokraftstoffen zeigt Heißenhuber, wie viel
Rohrzucker in Brasilien, Cassava in
Thailand, Beimischung von Ethanol
sowie europäisches BtL (Biomass to Liquid, zu Deutsch: Biomasseverflüssigung) in Europa im Vergleich kosten
und ab welchem Rohölpreis sie rentieren. Rohrzucker in Brasilien kommt am
besten weg. Schon unter 30 US-Dollar
(USD) pro Barrel und einem Benzinpreis von 0,20 USD ist Rohrzucker vorzüglich.
Des Weiteren vergleicht Heißenhuber
die unterschiedlichen Vergütungen für
erneuerbare Energien nach EEG 2004,
EEG 2009 und EEG 2012. Weniger
Geld erhalten demnach ab dem Jahr
2012 Besitzer von Fotovoltaikanlagen
auf Dächern. Deutlich aufgestockt
wurde die Vergütung für Biogasanlagen
und Geothermie. Bei Windenergie auf
dem Festland und auf See (Offshore)
sowie bei Wasserkraft sind die Vergütungen des EEG 2009 im Vergleich zu
EEG 2012 gleich geblieben.
Heißenhuber macht unmissverständlich aufmerksam auf den »Nettoflächenimport« der EU durch Import von
Agrargütern. Zurzeit werden virtuell 35
Mio. ha importiert. Sollte es zu den errechneten Ertragssteigerungen kommen, sinke die betreffende Fläche zwar
auf rund 30 Mio. ha, bei einer Ausweitung der Bioenergie steige der Nettoflächenimport jedoch auf rund 38 Mio.
ha.
Reinhold Bonfig
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