Interner Text des LST-LTS Projektes, bitte nicht weitergeben oder ohne Absprache zitieren! Definition: Profilorientierte Klassifikation & Ursachenorientierung In diesem Kapitel soll für die konzipierte Studie eine funktionable Klassifikation definiert werden. Fokussiert wird die Funktionsebene (Schädigung), die im Zuge der Diagnostik zunächst als isoliert betrachtet wird. Die Primärerkrankung wird dabei ebenso klassifizierend eingesetzt (vgl. Hartley et al. 2007: 434) wie die das Sprachprofil. Ein wichtiger Faktor dabei ist die Gruppengröße für eine bestimmte klinische Population, die Vergleichbarkeit muss über die ursachenorientierte Gruppierung hinaus gewährleistet sein, da sich die Klassifikation über verschiedene seltene Erkrankungen zieht. Die Profilerhebung geschieht grundsätzlich auf Einzelfallebene (Kauschke & Siegmüller 2002). Der Vergleich zu den Kontrollgruppen geschieht anhand von verschiedenen Vergleichsparametern (lexikalischer oder/und syntaktischer Sprachentwicklungsstand, chronologisches Alter, nichtsprachliches kognitives Entwicklungsalter). Die Fassung der Einzelfälle in Gruppen oder zu Vergleichen kann sowohl anhand von einzelnen Primärerkrankungen erfolgen oder anhand des Sprachprofils. Die Zusammenfassung in größeren Gruppen wird unten unter dem Punkt Grundlegende Klassifikation beschrieben. Profilorientierung Profilorientiert: Ursachenunabhängige Diagnostik ausgerichtet nach einer generellen rahmengebenden Diagnostikbatterie für die Erfassung des Sprachprofils. Innerhalb des Rahmens erfolgt eine Anpassung auf das einzelne Kind je nach Entwicklungsstand, Alter oder nicht-sprachliche Funktionsbeeinträchtigung. Die Erfassung der sprachlichen Fähigkeiten erfolgt einzeln auf jeder sprachlichen Ebene im rezeptiven und produktiven Bereich: Phonologie, Phonetik, Lexikon, Semantik, Syntax, Morphologie (dies ist methodisch lediglich produktiv möglich), zusätzlich dialogische & spielerische Interaktion, basale Kategorisierungsfähigkeiten. Die Erstellung des Profils erfolgt gleichermaßen über die Kompetenzen und die Defizite des Kindes. Kompetenzorientiert erfolgt die Beschreibung des Entwicklungsstandpunktes für jede Interner Text des LST-LTS Projektes, bitte nicht weitergeben oder ohne Absprache zitieren! einzelne sprachliche Ebene. Dabei orientiert sich die Aussage vor allem an den rezeptiven Leistungen des Kindes. Analog dem Prinzip der minimalen Struktur (Weissenborn, 2000) steht die rezeptive Spracherwerbsniveau Kompetenz des Kindes des als Kindes die unverfälschter Sprachproduktion. für das Insofern aktuelle wird die Profilbeschreibung als Grundlage die rezeptive Kompetenz beschreiben und in Abhängigkeit davon die Umsetzung in die Produktion aufführen. Die Defizitbeschreibung bezieht sich auf diagnostische Informationen über das Ausmaß der Verzögerung in quantitativen Bereichen, in denen längere Entwicklungsphasen zu beobachten sind (z.B. der Erwerb des Nomenwortschatzes). Analog zu altersrelatierten diagnostischen Verfahren wird das sprachentwicklungsgestörte Kind mit unauffälligen Kindern gleichen Alters verglichen. Hieraus ergibt sich in der Regel ein Defizit, welches als Entwicklungsabstand interpretiert wird. Orientierung an der Primärerkrankung Klassifikation: Zur Zusammenfassung der einzelnen Erkrankungen in größere Gruppen werden folgende grundlegende Faktoren festgelegt (vgl. Abbildung 1): 1 Pränatale Entwicklungsstörung mit bekannter Ursache 2 Entwicklungsstörung mit unbekanntem Einwirkungszeitpunkt und Ursache 3 Pränatale erworbene Störung 4 Postnatale erworbene Störung Schnittstelle von 3 & 4 (perinatal erworbene Störung) Die Klassifikation bezieht sich damit sowohl auf den Zeitpunkt der Einwirkung als auch auf die Art. Es entsteht ein Vierfelderbild mit der perinatalen Störung als Schnittstelle: Interner Text des LST-LTS Projektes, bitte nicht weitergeben oder ohne Absprache zitieren! Abbildung 1: Vierfeldermodell der Klassifikation des LST-LTS-Projektes 1 Pränatale Entwicklungsstörung mit bekannter Ursache • genetische Basierung (Siegmüller, 2006): genetische Syndrome aufgrund von • Chromosomenabberationen (numerisch oder strukturell) • Mutationen (Punktmutationen, Keimbahnmutationen, Mosaike) • multifaktorielle Faktoren, die zu Mutationen in mehreren Genen führen (i.d.R. verbunden mit äußeren Ursachen, z.B. Strahleneinwirkung) • Mitochondrale Störungen (Mutationen im Bereich der Mitochondrien im nichtchromosomalen Material der Eizelle) • pränatale toxische Einwirkungen auf den Fötus (alkohol- oder drogenbedingte Embryopathien, durch Nikotin oder Medikamente hervorgerufene Embryopathien (Heubrock and Petermann, 2000)) 2 Entwicklungsstörungen mit unbekanntem Einwirkungszeitpunkt und Ursache • Kommunikationsstörungen (Mutismus, Autismus) • primäre Aufmerksamkeitsdefizite • allgemeine übergreifen Entwicklungsstörungen 3 Pränatale erworbene neurologische Beeinträchtigungen • Schlaganfälle (spontan, durch Infektionen oder durch kardiologische Abnormalitäten hervorgerufen) 4 Postnatal erworbene Störung (Siegmüller and Heide, 2006) • fokale Hirnläsionen durch Schlaganfall oder vaskuläre Erkrankungen; • diffuse Hirnläsionen durch Schädel-Hirn-Trauma, vaskuläre Erkrankungen, Epilepsie, Tumore, neurologische Erkrankungen (Abszesse, Enzephalitis, degenerative Erkrankungen, Interner Text des LST-LTS Projektes, bitte nicht weitergeben oder ohne Absprache zitieren! Landau-Kleffner-Syndrom) • Ektomien Schnittstelle von 3 & 4: Perinatale erworbene Beeinträchtigung • perinatale Blutungen, Sauerstoffunterversorgung während der Geburt