Kapitel 3 STROM und SPANNUNG Strom (Stromstärke) kennzeichnet den Ladungstransport pro Zeiteinheit. Dimension: 1 A = 1 Ampere = 1 C/s . Z dQ ~ = ~j · dS (3.1) I= dt Stromträger sind Elektronen bzw. positiv oder negativ geladene Ionen. In einem mikroskopischen Modell betrachten wir eine Anzahl von N Teilchen pro Volumseinheit, jeweils mit der Ladung q, die sich mit der Geschwindigkeit ~v bewegen. Damit definiert sich die Stromdichte als ~j = N q ~v . (3.2) Sind Ladungsträger beider Vorzeichen unterwegs, schreibt man ~j = N q ~v + N + q + ~v + . (3.3) Die technische Stromrichtung ist als Strom von + nach definiert. Driftgeschwindigkeit Folgende Überlegungen gelten für die Geschwindigkeit v von Ladungsträgern in Stromleitern: • Nach dem Drude-Modell bewegen sich die Elektronen des Leitungsbandes mit thermischer Geschwindigkeit (vth ⇡ 106 m/s) in einem Gitter positiver Ionen. Durch Stöße mit den positiven Ionen werden die Elektronen aus ihrer Bahn abgelenkt. • Ohne äußeres Feld haben die Elektronen keine gerichtete Driftgeschwindigkeit, also hvi = 0. • Die mittlere Zeit zwischen Stößen mit dem Ionengitter sei ⌧ . Liegt ein äußeres elektrisches Feld an, dann werden während dieser Zeit die Elek~ tronen mit ~a = F~ /m = q E/m beschleunigt und erhalten ~ • die mittlere Drift-Geschwindigkeit: h~v i = ⌧ q E/m, (typisch < 1 mm/s ). • Über diese Beziehung definiert man die Leitfähigkeit ~ ~. ~j = N qh~v i = N q 2 ⌧ E/m = E 25 des Materials, (3.4) 26 KAPITEL 3. STROM UND SPANNUNG • Aus (3.4) leitet sich das Ohmsche Gesetz ab. Mit I = j ·A und E = U/L gilt für einen homogenen Leiter I= A U U = . L R (3.5) ! # ! $ • Der Widerstand ist definiert als R= 1 · L L = ⇢s · . A A (3.6) ! " wobei ⇢s der spezifische Widerstand ist. Die Dimension von R ist [V/A] = [⌦]. Die Dimension von ⇢s ist [⌦ · m]. ~ 6= 0. • In einem stromdurchflossenen Leiter ist E ! % Potentialgefälle und Strom Fließt ein Strom durch einen homogenen Leiter, dann besteht entlang des Leiters ein lineares Potentialgefälle, U (x) = 1 x =R·I x . L $ () (! % (*(! ' Auf Grund des Potentialgefälles kann man am Spannungsteiler zwei Potentialdi↵erenzen abgreifen, & ! ! ! " % & # U1 = U0 x L und U2 = U0 L x L . ! $ % # $ & Joulesche Wärme entsteht auf Grund der Arbeit, W = Q U , die notwendig ist um Ladungen zu verschieben. Die Leistung ( [ Watt ]=[ V A ] ) ergibt sich als dW dQ U2 =U = U I = I2 R = . (3.7) dt dt R Grund der Ladungserhaltung gilt eine Kontinuitätsgleichung. ~ pro Zeiteinheit ist ~j · dS. ~ Ladungsträgerfluß durch ein Flächenelement dS Stromfluß durch eine geschlossene Oberfläche entspricht dem Ladungsveraus dem Volumen V innerhalb der Oberfläche, I Z ~= dQ= d ~j · dS ⇢ dV . (3.8) dt dt V S P = Auf Der Der lust Damit definiert sich über den Gauß’schen Satz, I Z ~= ~ · ~j) dV ~j · dS (r S V die Kontinuitätsgleichung, ~ · ~j = r d ⇢. dt ~ · ~j = 0. Wenn ein stationärer Strom vorliegt gilt r (3.9) 27 Netzwerke : ~ · ~j = 0) gelten die In stationären elektrischen Stromkreisen ( r Kirchho↵schen Regeln 1. bei Verzweigung mehrerer Leiter gilt als Folge der Kontinuitätsgleichung X Ii = 0 . ! ! " ! ! i 2. Die Generatorspannung verteilt sich auf die Elemente eines Schaltkreises. X Ui = U0 . # ! ! $ % ! ! " $ ! % ! # i Für die Reihenschaltung von Widerständen führen diese Regeln zu X Rges = Ri , ! ! ! # " & $ & & " # $ ! i % ! durch alle Widerstände fließt gleicher Strom. Bei Parallelschaltung von Widerständen liegt an jedem Widerstand die gleiche Spannung an, also kommt es zur Stromverzweigung gemäß ! " Iges = X i X U Ii = . Ri i " ! ! # # ! Also gilt 1/Rges = ! $ X % 1/Ri . i ! ! " ' Bei der hier gezeigten Brückenschaltung wird der Strom am Amperemeter Null, wenn % ' % R1 R2 = Rx R3 da in diesem Fall U1 = U2 ist. # ! ! $ # % & 28 KAPITEL 3. STROM UND SPANNUNG Strommessung • Hitzedraht-Amperemeter • statisches Voltmeter als Strommeßgerät • Der Strom durch eine Spule eines Drehspul-Amperemeters (Galvanometer) erzeugt ein Magnetfeld. Durch Wechselwirkung mit einem permanentem Magnetfeld entsteht ein Drehmoment, das einen Zeiger bewegt. • Weicheiseninstrument: zwei magnetisierte Körper stoßen sich ab, unabhängig von Stromrichtung. ! % & ' ! ! ! " ! " # " $ # Schaltungsvarianten eines Amperemeters: Ri ⌧ R ⌧ Rv a) als Amperemeter # # # # % ! $ # b) als Voltmeter ! ! " ! $ # $ " " c) als ⌦-Meter. & ' ( ' ) ' Zweidimensionale Spannungsteiler: Als positionsempfindlicher Detektor wird manchmal eine Widerstandsanode verwendet. Die Anode wird durch eine homogene Widerstandsschicht gebildet. ! " ' Die Ortskoordinaten (x, y) für den Ladungsschwerpunkt der auftre↵enden ! $ Ladung sind über die Ladungsmengen, ) % ( * Qi , die an den vier Eckpunkten abfließen, & bestimmbar: ! % x y / / (Q1 + Q2 ) (Q3 + Q4 ) Q1 + Q2 + Q3 + Q4 (Q2 + Q3 ) (Q1 + Q4 ) Q1 + Q2 + Q3 + Q4 unerwünschter Spannungsteiler: Potentialgefälle nach Blitzschlag am Erdboden. Ein Blitz transportiert Ladungen von mehreren Coulomb. ! # 3.1. STROM IN FLÜSSIGKEITEN 3.1 29 Strom in Flüssigkeiten Ladungstransport in Elektrolyten ist immer mit Materialtransport verbunden. Die Ionenleitung in einem Elektrolyten ist über die Bewegung positiv und negativ geladener Ionen des gelösten Salzes möglich. Der Stromfluss führt zur Abscheidung (Elektrolyse) von festen oder gasförmigen Sto↵en an den Elektroden. Mit Elektrolyt bezeichnet man eine chemische Verbindung, die im flüssigen Zustand in Ionen dissoziiert ist, z.B. Kupfersulfat CuSO4 ! Cu++ + SO4 . (3.10) In einer Flüssigkeit verringert sich die Coulombkraft um 1/✏ (✏ = Dielektrizitätskonstante der Flüssigkeit), so lässt sich der Schritt nach rechts in (3.10) verstehen. 1 Ion trägt die Ladung Q = Z e, dabei ist Z die Ladungszahl des Ions, im obigen Beispiel Z=2. Ein Mol trägt die Ladung (F ist die Faraday Konstante) Q = Na Z e = Z F = Z 96500 [C/Mol] . Elektrolytische Leiter gehorchen dem Ohmschen Gesetz, wobei die Leitfähigkeit ~ Für einfach geladene durch die Ionenbeweglichkeit µ bestimmt ist (~v ± = µ± · E). Ionen ist die Leitfähigkeit = e · N µ+ µ . Makromoleküle in Lösung tragen fast immer dissoziierte Ionen mit. Diesen Umstand nützt man zur elektrophoretischen Trennung z.B. von DNS Bruchstücken. Auf Grund des permanenten Dipolmomentes der Wassermoleküle lagern sich H2 O-Moleküle an die Ionen an. Für kleine Ionenkonzentration steigt der Strom durch den Elektrolyten linear mit der Konzentration an. Bei hoher Konzentration zeigt sich Sättigung. ! " ! ! # " !" # $ # %& " # ' ( Debye’sche Abschirmlänge Wir betrachten eine positiv geladene Elektrode in einem Elektrolyten. In großer Entfernung von der Elektrode ist die Dichte der positiven und negativen Ionen (n+ = n = n1 ). Im Vakuum wäre das Feld in der Umgebung der geladenen Leiterfläche konstant, das potential ndert sich linear mit dem Abstand von der Elektrode. Die beweglichen Ionen im Elektrolyten verändern dieses Feld. Positive Ionen können auf Grund ihrer thermischen Energie bis zu einem Bereich zur Elektrode herankommen, in dem die potientielle Energie, q (z) gleich ihrer kinetischen Energie ist. Anders dagegen ist es für negative Ionen, sie werden zur Elektrode gezogen, allerdings kommt es dadurch zu einer Verdünnung der negativen Ladungsträger im Elektrolyten. Die damit verbundene e↵ektive positive Ladung im Elektrolyten wirkt dieser Bewegung entgegen. Die Ionendichte als 30 KAPITEL 3. STROM UND SPANNUNG Funktion des Abstandes von der Elektrode ist ✓ ◆ ±e (z) n± = n1 · exp kB T (3.11) wobei e den Betrag der Elementarladung angibt (der Einfachheit halber haben wir einfach geladene Ionen angenommen). Für kB T |e | ist ◆ ✓ e (z) e (z) exp ⌥ ⇡1⌥ (3.12) kB T kB T und die e↵ektive Ladungsdichte ergibt sich als ⇢ = (n+ n )·e= n1 2e2 (z) kB T (3.13) Diese Dichte setzen wir in die 1D (eindimensionale) Poisson-Gleichung 2.5 ein d2 = dz 2 ⇢ 2e2 n1 = (z) . ✏0 ✏ 0 kB T (3.14) Eine Lösung ist die Exponentialfunktion (z) = (0) e bye’sche Abschirmlänge ist, r ✏ 0 kB T D= . 2e2 n1 z/D , wobei D die De- (3.15) Diese Länge ist ein Maß für die Dicke der negative Raumladungsschicht in der Umgebung der geladenen Leiterfläche bzw. auch einer einzelnen Ladung. Die Abschirmlänge sinkt mit steigender Ionenkonzentration n1 . Kolloidale Teilchen bzw. Phosphatreste eines DNS-Moleküls in Lösung sind geladen, stoßen sich ab und bleiben so in Suspension. Setzt man Kochhalz hinzu und erhöht man damit die Ionenkonzentration, dann sinkt die Abschirmlänge, sie koagulieren und fallen aus. Wegen der hohen Ladungsträgerkonzentration in Metallen wird ein einzelnes geladenes Fremdatom bzw. Elektron in einem Metall schon über Strecken D von wenigen Å abgeschirmt, in schwach dotierten Halbleitern über D ⇡ 100 Å. 3.2 Gleichstromquellen Das Prinzip jeder Stromquelle ist die räumliche Trennung von positiven und negativen Ladungen. Bei dieser Trennung wird Coulomb-Arbeit geleistet. Der maximale Strom (Kurzschluss-Strom) ist durch Imax < EMK/Ri gegeben, wobei EMK die elektromotorische Kraft ist und Ri der Innenwiderstand der Stromquelle. Je nach Stromquelle entsteht die EMK aus der Lorentz-Kraft, einer chemischen oder einer thermischen Kraftwirkung. Die EMK entspricht der Potentialdi↵erenz über die ) * + ,,+ unbelastete Stromquelle. Die EMK gibt man in $ & ! " # Volt an. Bei Belastung durch einen Widerstand im äußeren Stromkreis fällt die verfügbare Spannung ' # ( auf die sogenannte Klemmenspannung ab, UKL = EMK Ra . R a + Ri (3.16) $ % 3.2. GLEICHSTROMQUELLEN 31 Galvanische Elemente Zwei Metallelektroden in einem Elektrolyten. Positive Metallionen der Elektroden gehen in Lösung. Damit läd sich die Elektrode negativ auf, bis keine weiteren Ionen mehr in Lösung gehen. Die Di↵erenzen der Potentiale können in der elektrochemischen (galvanischen) Spannungsreihe angeordnet werden. Zwei unterschiedliche Elektrodenmaterialien ergeben sich so ein galvanisches Element (z.B. Ni-Cd : 1.2 V, Cu-Zn: 1.1 V). Akkumulator Zwei Bleiplatten in einem Elektrolyten aus verdünnter Schwefelsäure H2 SO4 + H2 O. Im Elektrolyten liegen die Ionen OH , H + , SO4 und HSO4 vor. Im geladenenen Zustand ist die Oberfläche der Anode P bO2 , die der Kathode reines Blei. Die Spannung zwischen Anode und Kathode beträgt 2 Volt. Ladevorgang: ! P bSO4 + 2 OH P bSO4 + 2H + ! P bO2 + H2 SO4 + 2e Anode P b + H2 SO4 Kathode 2e Entladevorgang: P bO2 + 3H + + HSO4 + 2e ! ! P b + SO4 P bSO4 + 2H2 O P bSO4 + 2e Anode Kathode Brennsto↵zellen Dabei läuft dei Knallgasreaktion (2H2 + O2 ! 2H2 O) unter kontrollierten Bedingungen ab. Zwischen porösen Nickel und Silber Elektroden befindet sich Kalilauge als Elektrolyt (K + OH ). Leitet man Wassersto↵ durch die Nickelelektrode und Sauersto↵ durch die Silberelektrode, dann laufen an den Elektrodenoberflächen die Prozesse ! H2 + 2OH 2H2 O + 2e ! O2 + 2H2 O + 4e 4OH % ( & ab. Damit ist eine direkte Umwandlung von chemischer Energie in Strom möglich. ) * ' % ' & # $ ! " Kontaktpotential Mit der Austrittsarbeit bezeichnet man die Energie, die notwendig ist um ein Elektron von der Fermi-Fante ins Vakuum zu transportieren. Die Di↵erenz der Austrittsarbeit zweier Metalle führt bei elektrischem Kontakt zur Ausbildung einer Potentialdi↵erenz zwischen beiden Metalloberflächen, im Bild für T = 0 K. ! ! " " # ! ! " ! ) ! " ) $ ! ! % " ! " ! # $ %& ''(" # $ %& ''() * + , %& - % & '( Durch die ausgleichende Di↵usion von Ladungsträgern liegt die Fermienergie in beiden Metallen auf der gleichen Höhe. Die Energiedi↵erenz zum Vakuum ist aber für beide Metalle unterschiedlich, damit entsteht eine äussere Potentialdi↵erenz. So kommt es in einem metallischen Käfig der aus unterschiedlichen 32 KAPITEL 3. STROM UND SPANNUNG fHEL Metallen gebaut ist zu elektrischen Restfeldern (oft ein Problem in Experimenten mit langsamen Elektronen). In einem Kreis aus unterschiedlichen Metallen fließt kein Strom solange sich die Kontakte bei gleicher Temperatur befinden. Ein Thermostrom ensteht, wenn sich zwei Kon1.0 takte auf unterschiedlicher Temperatur befinden. In diesem Fall führt die unterschiedliche Auf0.8 kB Têm = 0. weichung der Fermi-Kante in beiden Metallen 0.6 0.03 über die Di↵usion von Elektronen zu unterschied0.1 lichen inneren Potentialsprüngen an den Kontak0.4 0.3 ten. Ohne Strom liegt die Di↵erenz der beiden 0.2 Sprünge als Thermospannung vor. Das Bild zeigt die Aufweichung der Kante mit steigender 0.0 0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 Temperatur, gezeigt ist die Fermi-Verteilung ⇡ als Eêm Funktion der reduzierten Energie (mehr Seite 35). Thermospannungen liegen typisch bei 10-100 µV/Grad, bei dotierten Halbleitern höher. Umkehrung der Thermoelektrizität: Peltier E↵ekt. Solarzellen In einer Grenzschicht zwischen unterschiedlich dotierten Halbleitern werden durch den inneren Photoe↵ekt Ladungsträgerpaare erzeugt und durch die über die Grenzschicht liegende Potentialdi↵erenz getrennt. Häufig ist die Grenzschicht der Übergang von einem n- zu einem p-Halbleiter. Baut man in einem Kristall aus vierwertigen Atomen (Si) fünfwertige Fremdatome (z.B. Phosphor) ein, werden vier Valenzelektronen des Phosphors zur Bindung mit dem Silizium verwendet, das fünfte ist nur noch schwach gebunden und wird zu einem freien Leitungselektron. Dotierung mit dem Donator Phosphor macht Silizium zu einem n-Halbleiter. Umgekehrt entstehen bei Dotierung mir dreiwertigen Fremdatomen (z.B. Bor) freie positive Plätze an denen Elektronen eingefangen werden können (pHalbleiter). Wenn räumlich getrennt, sind n- und p-Halbleiter elektrisch neutral. Bei Berührung kommt es zur Di↵usion von Elektronen aus dem n-Halbleiter in den Grenzschichtbereich und umgekehrt zur Di↵usion von Löchern aus dem p-Halbleiter, solange bis sich ein Raumladungsbereich mit elektrischem Feld aufbaut der weitere Di↵usion verhindert. Dieses Feld ist der Ursprung der Potentialdi↵erenz über die Grenzschicht. Beim Photoe↵ekt im Grenzschichtbereich werden Elektronen aus dem Valenzband in das Leitungsband gehoben und das Potentialgefälle führt zu einem Stromfluss. 3.3 Gasentladungen Unter geeigneten Bedingungen gelingt es Strom durch gasförmige Materie zu leiten. Ein Beispiel dafür ist die Neonröhre (eine sogenannte Niederdruck-Gasentladung) oder eine Bogenlampe (Hochdruck-Gasentladung). Je nach Geometrie und Druck bilden sich dabei charakteristische Gebiete zwischen den Elektroden aus, die durch unterschiedliche Leuchterscheinungen erkennbar sind. Ionisationsmechanismen die beim Zünden der Entladung wesentlich sind: thermisch, durch Höhenstrahlung oder Photoionisation. Je nach Eigenschaften der Kathode unterscheidet man zwischen einer selbstständigen bzw. unselbstständigen Entladung. 3.3. GASENTLADUNGEN 33 Eine Vielzahl atomarer Elementarprozesse spielt dabei eine Rolle. Diese beschreiben wir am Beispiel von Argon. Ar sei ein Argonatom im elektronischen Grundzustand bei thermischer Energie, Ar+ das einfach geladene Argonatom, Ars ein Atom im Grundzustand bei hoher kinetischer Energie (keV) und Arm ein Atom in einem elektronisch angeregten, metastabilen Zustand. -) * 5! # $ %%& $ ' ( ) * + , - ./0 1 ' %2 ( ) * + ! " , -.' ' ' " " ! ! " ! " / ) 0) ! 1 ! ! ! " ! " ! 2) ! .3 1 4.) ! 3 & 1 ' ' + 0 ! " ! # $ % # $ $ % # & % -) * 56 # Dominante Prozesse im Fallraum: e + Ar Ars+ + Ar Ar+ + 2e ! ! Ars + Ar allgemeine Strom-SpannungsKennlinie Elektronenstoßionisation + Ladungstausch Im negativen Glimmlicht und in der positiven Säule (Plasma): e + Ar e + Ar e + Ar Ar⇤ + Ar + 2Ar Ar2+ +e Ar+ , Ar2+ , e ! Ar+ + 2e ! Ar⇤ + e ! Ar2+ + Ar Ar + Ar dissoziative Rekombination ! Wände ambipolare Di↵usion m ! Ar ! Ar + h ⌫ +e ⇤ ! Elektronenstoßionisation Anregung metastabiler Atome Anregung Photoemission Molekülbildung Oberflächene↵ekte an der Kathode: Elektronenemission zum Unterhalt der Entladung iniziiert über kinetische Energie (schnelles Atom/Ion tri↵t auf die Kathode), über potentielle Energie (metastabiles Atom oder Photon tri↵t auf) oder durch thermische Emission. Ar+ + Metall Ar m + Metall Ars + Metall h ⌫ + Metall heisse Kathode ! Ar + e ! Ar + e ! e ! ! Ar + e e für h ⌫ > 34 3.4 KAPITEL 3. STROM UND SPANNUNG Temperaturabhängigkeit des Widerstandes Schwingungen der Gitteratome in einem Kristall beschreibt man als Phononen (stehende Wellen mit 2L 2a, wobei a der Abstand der Gitterebenen ist und L die makroskopische Abmessung des Kristalls). Elektronen regen bei Stößen mit Gitteratomen Phononen an, nicht ein einzelnes Gitteratom. Hingegen sind Fremdatome (Verunreinigungen des Kristalls) vom Gitter abgekoppelt und können beliebige Energie- und Impulsbeträge aufnehmen. In Metallen ist die freie Weglänge der Elektronen kleiner, wenn Fremdatome vorhanden sind oder wenn die Energie der Elektronen größer ist (Phononen höherer Energie sind anregbar). Der Widerstand von Metallen nimmt mit steigender Temperatur zu. Die Legierung Konstantan ist eine Ausnahme, die spezifische Leitfähigkeit ist über einen weiten Bereich praktisch unabhängig von der Temperatur. " ! ! # $%&' ( ) # * + %, # ) ! ( ) $- " Bei sehr tiefen Temperaturen beobachtet man Supraleitung. Supraleitung wurde 1911 von Kammerlingh Onnes am Hg entdeckt (R ! 0 bei T = 4.2 K). Gute Leiter (Al, Cu, Au) zeigen keine Supraleitung. Im Supraleiter ist E = 0 und B = 0. Erklärung durch Bardeen, Cooper und Schriefer (1950). Cooper-Paare bilden sich durch Gitterpolarisation. Ursprung ist die Korrelation zwischen Elektronen durch Polarisation der Umgebung. Korrelation bedeutet hier, dass durch die Anwesen! ! heit zweier Elektronen, die potentielle Energie jedes einzelnen Elektrons tiefer liegt, als in Abwesenheit des anderen. Dieser Korrelationsenergie ent( ) ! ! # $ spricht eine Bindungsenergie des Paares. Reicht * + ,- . die Gitterenergie nicht aus, um die Paare aufzu% & $ brechen, ist kein Impuls und Energieaustausch zwi' & & $ / 0) / 1" 2 schen Elektronen und Gitter möglich und damit Widerstandsfreiheit der Elektronenbewegung gege" ben. Die Temperatur, unterhalb der Supraleitung auftritt, heißt Sprungtemperatur, Tc . Seit 1986 (Müller, Brednorz, IBM Zürich) sind bestimmte Oxidkeramiken mit erheblich höheren Sprungtemperaturen bekannt (Hochtemperatur-Supraleiter ). Seit 2001 auch ein Metall-Oxid (BeO) mit Tc = 100K. Halbleiter haben typischerweise bei Zimmertemperatur nur eine geringe Anzahl von freien Ladungsträgern. Freie Ladungsträger entstehen bei höherer Temperatur, nach Photoabsorption oder im Fall von Dotierung. R sinkt mit steigender Temperatur (NTC). !" # ! $ ./ 01 ' ( ' ) * + &, ' ( ' - * + &, % &' 3.5. ZUR THERMOSPANNUNG 3.5 35 Zur Thermospannung Ihre vielen interessierten Fragen zu Thermospannung und Thermoelement verleiten mich zu einer erweiterten, wenn auch phänomenologischen Erklärung. Dazu verwenden wir vier Befunde aus der Quantenmechanik bzw Semiklassik, H 1. eine Änderung des Wirkungsintegrals W = p dx kann nur in Vielfachen des Planckschen Wirkungsquantums, h = 6.6 ⇥ 10 34 Js erfolgen, 2. Einschluss von Teilchen führt zu diskreten Energiezuständen, 3. Elektronen sind Fermionen (halbzahliger Spin), sie gehorchen dem Pauli Prinzip und folgen der Fermi-Dirac Statistik, 4. der Elektronenspin und das zugehörige magnetische Moment können nur in zwei Stellungen beobachtet werden, Spin up und Spin down. energy Dazu folgende Beispiele: Wenn ich (100 kg) im Hörsaal (20 mHbreit) mit konstanter Geschwindigkeit (1 m/s) hin und her laufe ist W = p dx = 100 ⇥ 1 ⇥ 20 ⇥ 2 = 4000 Js also etwa 6 ⇥ 1036 Einheiten von h. Wenn ich mich ein bisschen schneller oder langsamer bewegen wollte spür ich nichts von der Bedingung 1), so genau kann ich meine Bewegung weder kontrollieren noch vermessen. Ich bin klassisch, die Quantenbedingung 1) spielt auf meiner Skala keine Rolle. Für ein Elektron das in einem 2 nm breiten Potentialtopf (unendlich hohe Wände) eingeschlossen ist sieht die Sache anders aus. Bewegungszustände bei diskreten Energien folgen aus der Bedingung 1), benachbarte Energiezustände En unterscheiden sich im Wirkungsintegral um h. Der Wechsel von n=4 einem zum nächsten Zustand En bedeutet eine Änderung des Wirkungsintegrals um ein h. Nach dem Pauli Prinzip darf ein erlaubter Zustand von nur einem Elektron besetzt werden. Da ein Elektron in zwei möglichen Spinstellungen auftritt, können in jeden Energiezustand maximal zwei Elektronen eingefüllt werden, jeweils eins mit Spin up und eins mit Spin down.1 n=3 n=2 n=1 0.0 0.5 1.0 x HnmL 1.5 2.0 In erster Näherung stellen wir uns das Leitungsband eines Metalls als ein Elektronengas vor, das wechselwirkungsfrei in einem Potentialtopf eingeschlossen ist. Die Leitungselektronen sind ja frei beweglich, haben keinen festen Bezug zu einem einzelnen Ionenrumpf, werden aber durch den Potentialtopf daran gehindert aus dem Metall herauszufließen. Die Ausdehnung des Potentialtopfes ist jetzt makroskopisch. Sagen wir unser Metallstück ist 1 cm lang, jetzt rücken die Zustände, die Bild oben wohl getrennt sind, immer näher zusammen, sind aber streng genommen immer noch diskret und können abgezählt werden. Zum Abzählen führen wir eine Größe ein die Zustandsdichte D(E) heisst. D(E) gibt uns die Anzahl der erlaubten Energiezuände (pro Energieintervall) als Funktion der Energie. Genau genommen ist D(E) von der Form des einschließenden Potentials abhängig und damit materialspezifisch und abhängig 1 Der quantenmechanische Zustand ist das Produkt aus Orts- und Spinfunktion. 36 KAPITEL 3. STROM UND SPANNUNG von der kristallinen Form des Materials. In diese Zustände füllen wir jetzt für jeden Ionenrumpf ein Elektron ein. Sagen wir es gibt N Ionenrüpfe, dann hätten wir N Elektronen zum Einfüllen. Dazu brauchen wir eine Verteilungsfunktion f (E). Sie kontrolliert wie die Verteilung auf die möglichen Zustände von der Temperatur abhängt. Für Fermionen ist die Fermi-Dirac Statistik zuständig, f (E) = 1 e(E µ)/kB T +1 . (3.17) f (E) gibt die Wahrscheinlichkeit, dass bei gegebener Temperatur T ein Zustand bei der Energie E besetzt wird. Wenn T ! 0 geht ist die Funktion sehr einfach, f (E) = 1 für E µ und f (E) = 0 für E > µ. Die Größe µ läuft unter dem Namen chemisches Potential und markiert für T ! 0 die scharfe Kante bis zu der wir unsere N Elektronen einfüllen müssen. Die Anzahl der Elektronen pro Energieintervall, n(E), ist durch das Produkt n(E) = D(E) f (E) gegeben. Im Bild (Mitte) gezeichnet ist D(E) für einen dreidimensionalen Potentialkasten. Allgemein nimmt D(E) abenteuerliche Formen an die material- und kristallstrukturspezifisch sind. Bei steigender Temperatur weicht die scharfe Fermi-Kante gemäß (3.17) auf, siehe Bild unten links, jetzt gibt es in f (E) einen freien Bereich unterhalb dem Wert von µ und einen ebenso großen besetzten Bereich oberhalb. Die Breite der Aufweichungszone ist etwa 2kB T , in dieser Zone von n(E) liegen die frei beweglichen Elektronen die zum Ladungs- und Wärmetransport beitragen können.2 0.6 0.4 1.0 0.8 0.4 0.2 0.0 0.0 0.0 0.0 1.0 Eêm 1.5 2.0 free space for electrons 0.8 kB Têm = 0. 0.03 0.1 0.6 0.2 0.5 DHEL fHEL DHEL kB Têm = 0. 0.03 0.1 fHEL DHEL 0.8 fHEL 1.0 1.2 1.0 0.6 kB Têm = 0. 0.1 0.4 0.2 0.5 1.0 Eêm 1.5 2.0 0.0 0.0 0.5 1.0 Eêm 1.5 2.0 Wenn wir ohne tiefere Erklärung akzeptieren, dass D(E) materialspezifisch ist, dann können wir jetzt die Thermospannung wie folgt erklären. Beim Kontakt zweier unterschiedlicher Metalle, A und B, bei T > 0 werden Elektronen aus der aufgeweichten Zone des einen Metalls in freie Plätze des anderen Metalls hinüber di↵undieren und umgekehrt. Da D(E) für die beiden Metalle unterschiedlich ist, gibt es auf einer Seite, sagen wir bei A, mehr freie Plätze als auf der Seite B. Dann werden mehr Elektronen von B nach A als von A nach B di↵undieren. Damit baut sich eine Raumladungsschicht auf (negative Ladungen auf der Seite A und positive Ladungen (fehlende Elektronen) auf der Seite B) die eine innere Kontaktpotentialdi↵erenz U bilden.3 Mit der Raumladungsschicht verbunden ist ein elektrisches Feld, das der thermischen Kraft die in der Di↵usionsbewegung steckt, die Waage hält. Damit erkärt sich auch, dass U mit der Temperatur ansteigt. Die am Thermoelement beobachtete Thermospannung ist die Di↵erenz der beiden U Werte an den beiden Kontakten des Thermoelements, Uth = U (T1 ) U (T2 ). 2 Tiefer liegende Elektronen sind unbeweglich, bei ihrer Energie gibt es keine freien Plätze auf die sie wandern könnten. 3 Dies ist nicht der Di↵erenz der Austrittsarbeiten, die zu äußeren Kontaktpotentialen führen, siehe Seite 31.