RUPRECHT-KARLS-UNIVERSITÄT HEIDELBERG ALFRED-WEBER-INSTITUT FÜR WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFTEN LEHRSTUHL FÜR FINANZWISSENSCHAFT PROF. DR. LARS P. FELD* FINANZWISSENSCHAFT II Normative Besteuerungsansätze I Wintersemester 2008/2009 * RUPRECHT-KARLS-UNIVERSITÄT HEIDELBERG, ZEW MANNHEIM, UNIVERSITÄT ST. GALLEN (SIAW-HSG), CREMA BASEL, CESIFO MÜNCHEN PROF. DR. LARS P. FELD Normative Besteuerungsansätze I Aufbau der Vorlesung Juristische Kriterien Traditionelle Besteuerungsprinzipien » Das Äquivalenzprinzip » Das Leistungsfähigkeitsprinzip und Konzepte der Opfergleichheit Das Pareto-Optimum Theorie der optimalen Besteuerung » Die Zusatzlast der Besteuerung » Die Idee des ‚second best‘ » Optimale Verbrauchsteuern: Die Ramsey-Regel » Optimale Einkommensteuern » Einkommens- vs. Ausgabenbesteuerung Finanzwissenschaft II 2 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Juristische Kriterien Juristischer Forderungskatalog: (Tipke/Lang 2002) Gleichmäßigkeit der Besteuerung » Gleichheit vor dem Gesetz » Gleichbehandlung identischer Tatbestände » beinhaltet z.T. das Leistungsfähigkeitsprinzip Legalitätsprinzip Sozialstaatliche Normen » z.B. steuerfreies Existenzminimum Verfassungskonformität » z.B. Übermaßverbot Finanzwissenschaft II 3 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien I Im Unterschied zur bisherigen Betrachtung (positive Steuertheorie): » Wie soll besteuert werden? » Normative Steuertheorie Das Äquivalenzprinzip » Wicksell (1896): Institutionelle Kongruenz und Einstimmigkeit stellen sicher, dass kein Bürger für die Leistungen des Staates mehr bezahlen muss, als ihm diese wert sind. Grundüberlegung: » Äquivalenz der Zahlung des Bürgers und der Leistung des Staates auf der individuellen Ebene. Hobbes (1651, 30. Kapitel): » “Zur Gleichheit der Gerechtigkeit gehört auch die gleichmäßige Besteuerung. Ihre Gleichheit hängt nicht von der Gleichheit des Reichtums ab, sondern von der Gleichheit der Schuld, die jedermann gegen den Staat für seine Verteidigung hat.“ Finanzwissenschaft II 4 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien II Probleme des Hobbes‘schen Ansatzes: normativer Individualismus? Äquivalenzprinzip durch Unterwerfungsvertrag? Aufgeklärter Ansatz von Knut Wicksell (1896): institutionelle Kongruenz... ...und Einstimmigkeit bei der Entscheidung über das Budget... ...setzen das Äquivalenzprinzip stets durch. Das Äquivalenzprinzip » Gleichheit von Leistung des Bürgers und Gegenleistung des Staates. » Praxis: §3 AO. » Simultane Berücksichtigung der Ausgabenseite: Keine Umverteilung? » Problem der Bewertung der Gegenleistung durch den Staat. » Restriktive Besteuerungsregel » Diskretionäres steuerpolitisches Handeln ist nicht mehr möglich: Besteuerung ist konsensorientiert. Finanzwissenschaft II 5 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien III Das Äquivalenzprinzip beim Angebot privater Güter durch den Staat » Äquivalenzprinzip ist bei Grenzkostenpreisen erfüllt. Preis p N1 N2 ΣNi N3 GK=p x1 x2 x3 Σxi öff. Gut Abbildung 1: Das Äquivalenzprinzip bei privaten Gütern Finanzwissenschaft II 6 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien IV Das Äquivalenzprinzip beim Angebot privater Güter durch den Staat » privates Gut x mit xi als die von den Individuen i = 1, ..., n konsumierten Mengen » Ni als individuelle Nachfragen. » GK = p als Grenzkostenpreis: simulierter Marktpreis und daher konsensfähig. » Gleichgewicht nach horizontaler Addition der individuellen Nachfragen im Schnittpunkt der Marktnachfrage und dem Grenzkostenpreis. Finanzwissenschaft II 7 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien V Das Äquivalenzprinzip beim Angebot privater Güter durch den Staat » Grenzkostenpreisbildung: Finanzierung über eine Gebühr. » Genau individuell zurechenbare Gegenleistung des Staates. » Begründbar durch die Eigenschaften privater Güter: individuelle Mengenanpassung möglich. » Bei Allmendegütern: Durchschnittskostenpreis als konsensfähig. Finanzwissenschaft II 8 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien VI Äquivalenzprinzip beim Angebot öffentlicher Güter bei identischen Präferenzen » Keine individuelle Anpassung an die Menge möglich, da öffentliche Güter. » Konsens wird erreicht, wenn jedes Individuum mit seiner marginalen Zahlungsbereitschaft belastet wird. » Die gesamte Finanzierungslast wird in gleichen Pro-KopfBeträgen verteilt. » Steuerpreis als Lindahl-Steuer: T = tp x* = (GK x*)/n. Finanzwissenschaft II 9 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien VII Σ MZBi = n MZBi Preis p GK MZBi G GK/n=tp x* öff. Gut Abbildung 2: Das Äquivalenzprinzip bei öffentlichen Gütern und identischen Präferenzen Finanzwissenschaft II 10 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien VIII Äquivalenzprinzip beim Angebot öffentlicher Güter bei identischen Präferenzen » Bei einem individuellen Kostenanteil, der höher als tp liegt, wird das Projekt abgelehnt. » Das größte gerade noch angenommene Projekt beträgt x*. » Kostendeckungsbedingung erfüllt: n tp = GK. » Keine unbeteiligte Dritte betroffen. » Pareto-Effizienz: Σ MZBi = GK. Finanzwissenschaft II 11 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien IX Äquivalenzprinzip beim Angebot öffentlicher Güter bei unterschiedlichen Einkommen und gleichen Präferenzen » Bei unterschiedlichen Einkommen werden Individuen unterschiedliche Wertschätzungen äußern. » Bei einem Steuerpreis tp wird nur noch Individuum 2 die Menge x* befürworten. » Individuum 3 hat ein höheres Einkommen: xB » Individuum 1 hat ein niedrigeres Einkommen: xA Finanzwissenschaft II 12 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien X Preis p MZB1 MZB2 MZB3 tp’’ tp G tp’ xA x* xB öff. Gut A b b ild u n g 3 : D a s Ä q u iv a le n z p r in z ip b e i ö f fe n t lic h e n G ü te r n , u n te r s c h ie d lic h e n E i n k o m m e n u n d g le ic h e n P r ä fe r e n z e n Finanzwissenschaft II 13 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien XI Äquivalenzprinzip beim Angebot öffentlicher Güter bei unterschiedlichen Einkommen und gleichen Präferenzen » Konsens wird nur noch erreicht, wenn die Belastung von Individuum 3 auf tp‘‘ erhöht und diejenige von Individuum 1 auf tp‘ gesenkt wird. » Kostendeckung wird erreicht, wenn die beiden Veränderungen von tp sich gerade kompensieren. » Unterschiede in der bevorzugten Menge infolge unterschiedlicher Einkommen werden durch Veränderungen der Steuerpreise kompensiert. Finanzwissenschaft II 14 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien XII Äquivalenzprinzip beim Angebot öffentlicher Güter bei unterschiedlichen Einkommen und gleichen Präferenzen » Wie groß die kompensierende Veränderung der Steuerpreise ausfallen muss, hängt vom Verhältnis der Einkommenselastizität zur Steuerpreiselastizität ab. » Dieses Verhältnis sagt aus, um wieviel der Steuerpreis steigen muss, wenn das Einkommen steigt, um Einstimmigkeit herzustellen. Finanzwissenschaft II 15 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien XIII Einkommenselastizität: (∆x / x) β= (∆Y / Y ) Steuerpreiselastizität: (∆x / x) γ= (∆tp / tp) Elastizität des Steuersystems: (∆tp / tp ) ε= (∆Y / Y ) β ε =− γ Finanzwissenschaft II 16 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien XIV Dabei gilt: ε > 1: progressives Steuersystem ε = 1: proportionales Steuersystem ε < 1: regressives Steuersystem. Einstimmigkeit wird unter folgenden Bedingungen erreicht (Äquivalenzprinzip): Bei öffentlichen Leistungen, deren Einkommenselastizität betragsmäßig größer als die Preiselastizität ist: progressive Steuer. Finanzwissenschaft II 17 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien XV Einstimmigkeit wird unter folgenden Bedingungen erreicht (Äquivalenzprinzip): Bei öffentlichen Leistungen, deren Einkommenselastizität betragsmäßig gleich groß ist wie die Preiselastizität: proportionale Steuer. Bei öffentlichen Leistungen, deren Einkommenselastizität betragsmäßig kleiner als die Preiselastizität ist: regressive Steuer. Bei einer Einkommenselastizität von Null: Kopfsteuer. Empirische Studien: Für die meisten öffentlichen Leistungen ergeben sich Werte für ε > 1. Finanzwissenschaft II 18 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien XVI Kritik am Äquivalenzprinzip Wenn der Steuerzahlung eine Gegenleistung gegenüberstehen muss, ist Umverteilung nicht möglich. Dennoch ist eine progressive Besteuerung möglich. Dies können aber kaum Maßnahmen sein, für die ein Konsens erzielt werden muss. Aber: Umverteilung als Versicherung. In diesem Fall ist Umverteilung auch konsensfähig. Finanzwissenschaft II 19 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien XVII Das Leistungsfähigkeitsprinzip Gerechte Verteilung einer gegebenen Steuerlast auf die Bevölkerung. Problem der Messung der individuellen Leistungsfähigkeit. Horizontale und vertikale Steuergerechtigkeit. Horizontale Steuergerechtigkeit Gleichartige Sachverhalte sollten gleich besteuert werden. Forderung nach allgemeinen Steuern. Verbot willkürlicher Diskriminierung. Finanzwissenschaft II 20 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien XVIII Horizontale Steuergerechtigkeit ist erreichbar durch Nettoprinzip: Abzug aller Erwerbsaufwendungen von der Bemessungsgrundlage Bsp.: Zwei Unternehmer mit unterschiedlichem Umsatz und gleichem Gewinn. Prinzip der synthetischen Einkommensteuer: Unterschiedslose Belastung verschiedener Einkunftsarten Besteuerung verschiedener Einkunftsarten nach getrennten Tarifen (Schedulensteuer): Ungleichbehandlung des wirtschaftlich Gleichen. Finanzwissenschaft II 21 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien XIX Horizontale Steuergerechtigkeit ist erreichbar durch Reinvermögenszugangstheorie: Besteuerung aller realisierten Vermögenszunahmen, gleichgültig, ob regelmässig oder unregelmässig. Gegenspieler: Quellentheorie, bei der die eigentliche Quelle des Vermögenszugangs unbesteuert bleiben soll. Nur Einnahmen, die regelmässig aus einer Quelle fließen, werden besteuert. Wertveränderungen der Quelle sind steuerlich unbeachtlich. Finanzwissenschaft II 22 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien XX Horizontale Steuergerechtigkeit Gegen die Quellentheorie: Notleidende Familie mit 6 Euro Sozialhilfe pro Woche hat danach Einkommen. Bei einem einmaligen Geschenk von 200 Euro hätte sie keines. Erzielt ein Bettler jeden Tag im Jahr 1 Euro Einkommen, wird er besteuert. Erhält er von einem großmütigen Mann 365 Euro hat er nach der Quellentheorie keines. Nach der Reinvermögenszugangstheorie der Besteuerung werden jedoch die gleichen Sachverhalte gleich besteuert. SHS-Steuer Finanzwissenschaft II 23 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien XXI Horizontale Steuergerechtigkeit Verstöße: Luxussteuern Vertikale Steuergerechtigkeit Steuerpflichtige mit unterschiedlicher Leistungsfähigkeit sollen unterschiedlich besteuert werden. Höhere Besteuerung der Personen mit höherem Einkommen. Geringere Besteuerung der Personen mit geringeren Einkommen. Eine vorgegebene Steuerlast soll so verteilt werden, dass alle das gleiche Opfer erbringen. Finanzwissenschaft II 24 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien XXII Opfertheorien der Besteuerung Kardinale Nutzenvergleiche erforderlich: Interpersoneller Nutzenvergleich Gleiches absolutes Opfer: U(y) – U (y – T) = const. Der entzogene Gesamtnutzen muss gleich und gerade so groß sein, dass der Steuerbetrag T zusammenkommt. Der Steuerbetrag sollte dann bei steigendem Einkommen zunehmen. Aber nicht notwendigerweise progressive Steuer, da dies vom Verlauf des Grenznutzens des Einkommens abhängt. Konvexer Verlauf: progressiv; konkav: regressiv. Finanzwissenschaft II 25 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien XXIII Opfertheorien der Besteuerung Gleiches relatives Opfer: (U(y) – U (y – T))/U(y) = const. Der proportionale Nutzenentzug muss bei allen Individuen gleich und gerade so groß sein, dass der Steuerbetrag T zusammenkommt. Der Steuerbetrag sollte wiederum bei steigendem Einkommen zunehmen. Aber wiederum nicht notwendigerweise progressive Steuer, da abhängig vom Verlauf des Grenznutzens des Einkommens. Konkavität der Nutzenfunktion nicht hinreichend für Progression Proportionale Steuer, wenn der Grenznutzen des Einkommens mit wachsendem Einkommen konstant ist. Finanzwissenschaft II 26 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien XXIV Opfertheorien der Besteuerung Gleiches marginales Opfer: U‘ (y – T) = const. Der letzte Euro an Steuern soll bei allen Individuen den gleichen Nutzenentgang verursachen. Bei identischen Nutzenfunktionen und abnehmendem Grenznutzen des Einkommens impliziert dies eine progressive Steuer, die zur Gleichverteilung der Einkommen führt. Dies gilt aber nur unter der Annahme gegebener Bruttoeinkommen. Ungleichverteilung bleibt, wenn Auswirkungen auf Arbeitsanreize berücksichtigt werden. Finanzwissenschaft II 27 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Traditionelle Besteuerungsprinzipien XXV Kritik am Leistungsfähigkeitsprinzip und den Opfertheorien Beliebige Form der Besteuerung ist möglich. Keine Angaben über die Steuerstruktur möglich. Umverteilung wird aber ermöglicht. Willkür von Mehrheitsbeschlüssen. Ausgabenseite bleibt unberücksichtigt. Keine Möglichkeit, Aussagen über die Höhe der Staatsausgaben zu machen. Finanzwissenschaft II 28 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum I Pareto-Kriterium als weit akzeptiertes Werturteil für die Beurteilung von Politikmaßnahmen Eine Allokation wird nicht geändert, wenn durch sie niemand besser gestellt wird, ohne dass jemand anderes schlechter gestellt wird. Kein interpersoneller Nutzenvergleich. Verteilung bleibt unberücksichtigt. Nutzen hängt nur vom eigenen Konsumniveau ab. Marginalbedingungen im Pareto-Optimum: Bewegt man sich an einem gegebenen ‚Berg‘ nach unten oder oben? Finanzwissenschaft II 29 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum II Die Marginalbedingungen » Bedeutung der Symbole: ―x Konsumgüter, Output-Güter ―y Produktionsfaktoren, Input-Güter ― I, II Indizes für versch. Haushalte bzw. Betriebe ― A, B Indizes für versch. Haushalte bzw. Betriebe ― px, py Preise ―U Nutzen ―K Kosten Finanzwissenschaft II 30 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum III Einfache Illustration: die Edgeworth-Box (aus: Fehl/Oberender 2002, S. 490) Finanzwissenschaft II 31 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum IV Optimaler Tausch » Das Verhältnis der Grenznutzen zweier Güter (x1, x2) muss bei allen Individuen gleich sein, die diese Güter konsumieren, und es muss gleich der Preisrelation dieser Güter sein. » Alternativ: Die Grenzrate der Substitution zweier Güter muss bei allen Individuen gleich sein, die diese Güter konsumieren, und sie muss gleich der umgekehrten Preisrelation sein. Finanzwissenschaft II 32 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum V Optimaler Tausch ∂U ∂U ∂x ∂x p x1 1 1 = = p x2 ∂U ∂U ∂x2 I ∂x2 II Finanzwissenschaft II 33 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum VI Optimaler Tausch Menge an Pepsi Optimum B A I3 I1 I2 Budgetrestriktion 0 Finanzwissenschaft II 34 Menge an Pizza Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum VII Optimaler Tausch » Freiwilliger Tausch stellt niemanden schlechter und mindestens einen besser, da ansonsten nicht freiwillig getauscht worden wäre. » Es gibt Verbesserungsmöglichkeiten für mindestens ein Individuum, wenn diese Marginalbedingung nicht erfüllt ist. Finanzwissenschaft II 35 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum VIII Optimaler Tausch » Ordnungsbedingungen: ― Privateigentum als eindeutige, verlässliche und dauerhafte Zuweisung von Verfügungsrechten. ― Tauschfreiheit: Konditionen des Tausches. » Marktwirtschaftlicher Prüfstein: ― Müssen sich die Wirtschaftssubjekte an denselben Preisrelationen orientieren? ― Soziale und private Kosten nicht verschieden: Keine Externalitäten z.B. » Beispiel für eine Störung: ― Umsatzsteuer (?), spezielle Gütersteuern. Finanzwissenschaft II 36 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum IX Optimale Spezialisierung » Theorem der komparativen Kosten ― Das Verhältnis der (sozialen) Grenzkosten zweier Güter (x1, x2) muss bei allen Produzenten gleich sein, die diese Güter produzieren, und es muss gleich dem Preisverhältnis dieser Güter sein. ― Alternativ: Die Grenzrate der Transformation zweier Güter muss bei allen Produzenten gleich sein, die diese Güter produzieren, und sie muss gleich der umgekehrten Preisrelation sein. Finanzwissenschaft II 37 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum X Optimale Spezialisierung ∂K ∂K ∂x ∂x p ∂x1 ∂x1 x2 2 2 = = ∂K = ∂K = p x1 ∂x2 I ∂x2 II ∂x1 I ∂x1 II Finanzwissenschaft II 38 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XI Optimale Spezialisierung Produzierte Menge an Computern D 3,000 C 2,200 2,000 A Transformationskurve 1,000 0 II Finanzwissenschaft B 300 Budgetgerade/ Kostenfunktion 600 39700 1,000 Produzierte Wintersemester 2008/2009 Menge an Autos PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XII Optimale Spezialisierung » Nicht erfüllt: Punkt unterhalb der Transformationskurve. » Es könnte von einem Gut mehr produziert werden, ohne von einem anderen Gut weniger zu produzieren. » Tangentialpunkt zweier Transformationskurven. Finanzwissenschaft II 40 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XIII Optimale Spezialisierung » Interpretation dieser Bedingung: » Konkavität der Transformationskurven... » ...lässt die realen Kosten eines Gutes (gemessen in Einheiten des anderen Gutes) mit zunehmender Menge überproportional ansteigen... » ...so dass nur ein Ausgleich der Grenzraten der Transformation die gesellschaftliche Produktionsmenge maximiert. Finanzwissenschaft II 41 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XIV Optimale Spezialisierung » Ordnungsbedingungen: ― Privateigentum an Produktionsmitteln ― Gewerbefreiheit ― Verkaufsrecht ― Verwendungsrecht bzgl. der Produktionsmittel » Marktwirtschaftlicher Prüfstein: ― Müssen sich alle produzierenden Wirtschaftseinheiten an denselben Erzeugerpreisen ausrichten? » Beispiel für eine Störung: ― Schutzzoll auf ein Gut: Im Land mit Zoll besteht ein anderes Gleichgewicht als im Land ohne Zoll. Finanzwissenschaft II 42 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XV Optimale Faktorverteilung » Branchenspezifische Marginalbedingung ― Produktionsfaktoren zum besten ‚Wirt‘ geschickt. ― Das physische Grenzprodukt eines Produktionsfaktors muss bei der Erzeugung eines Gutes in allen Betrieben gleich sein, die dieses Gut herstellen (und gleich dem umgekehrten Verhältnis von Produkt- und Faktorpreis). Finanzwissenschaft II 43 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XVI Optimale Faktorverteilung » Alternativ: Die Grenzrate der Transformation eines Produktionsfaktors in ein Produkt muss bei allen Betrieben gleich sein, die dieses Produkt herstellen, und sie muss gleich dem Faktorpreis sein. » Alternativ: Der Wert des Grenzprodukts eines Faktors muss in allen Betrieben, die dieses Gut herstellen, gleich dem Faktorpreis sein. Finanzwissenschaft II 44 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XVII Optimale Faktorverteilung py ∂x ∂x ∂y = ∂y = p I II x ∂x ⋅ p x py = ∂y Finanzwissenschaft II 45 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XVIII Optimale Faktorverteilung » Intuition: ― Grenzprodukte der Produktionsfaktoren sinken mit zunehmendem Faktoreinsatz... ― ...müssen also zur Maximierung der Produktionsmenge ausgeglichen sein. » und: ― Wertgrenzprodukte sinken mit zunehmendem Faktoreinsatz... ― ...so dass es eindeutige optimale Faktoreinsatzmengen für jedes Unternehmen gibt. Finanzwissenschaft II 46 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XIX Optimale Faktorverteilung » Ordnungsbedingungen: ― Privateigentum an Produktionsmitteln ― Gewerbefreiheit (auch hinsichtlich der Faktorkombination) ― Freie Preisbildung ― Verkaufsrecht ― Verwendungsrecht bzgl. der Produktionsmittel ― Freizügigkeitsrechte ― Handelbarkeit der Produktionsfaktoren » Marktwirtschaftlicher Prüfstein: ― Müssen sich alle Betriebe einer Branche an demselben Faktorpreis ausrichten (produzieren wir auf der Transformationskurve?)? » Beispiel für eine Störung: ― Betriebsspezifische Subventionen Finanzwissenschaft II 47 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XX Optimale Faktorkombination » Das Verhältnis der physischen Grenzprodukte zweier Produktionsfaktoren (auch Zwischenprodukte) muss in allen Betrieben gleich sein, die diese Faktoren einsetzen, und es muss gleich dem Faktorpreisverhältnis sein. » Alternativ: Die Grenzrate der technischen Substitution zweier Produktionsfaktoren muss in allen Betrieben gleich sein, die diese Faktoren einsetzen, und sie muss gleich der umgekehrten Faktorpreisrelation sein. Finanzwissenschaft II 48 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXI Optimale Faktorkombination ∂x ∂x ∂y ∂y p y1 ∂y2 ∂y2 1 1 = = ∂x = ∂x = p y2 ∂y1 I ∂y1 II ∂y2 I ∂y2 II Finanzwissenschaft II 49 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXII Optimale Faktorkombination » Intuition: ― falls diese Bedingung nicht erfüllt ist, kann durch eine Neukombination von Arbeit und Kapital die Produktion erhöht werden... ― ...da der relativ preiswerte Faktor in zu geringem Ausmaß eingesetzt wird » Illustration: ― Produktions-Edgeworth-Box Finanzwissenschaft II 50 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXIII Optimale Faktorkombination » Ordnungsbedingungen: ― Privateigentum an Produktionsmitteln ― Gewerbefreiheit (auch hinsichtlich der Faktorkombination) ― Freie Preisbildung ― Verkaufsrecht ― Verwendungsrecht bzgl. der Produktionsmittel ― Freizügigkeitsrechte ― Handelbarkeit der Produktionsfaktoren » Marktwirtschaftlicher Prüfstein: ― Müssen sich alle produzierenden Wirtschaftseinheiten an denselben Faktorpreisrelationen ausrichten (was ist der optimale Punkt auf der Transformationskurve?)? » Beispiel für eine Störung: ― Lohnsteuer oder Zinssteuer ― Unvollkommener Wettbewerb? Gleicher Monopolgrad! Finanzwissenschaft II 51 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXIV Optimale Produktionsstruktur » Das Verhältnis der sozialen Grenzkosten zweier Güter muss gleich dem Verhältnis ihrer sozialen Werte (Grenznutzen) und gleich der Preisrelation dieser Güter sein. » Alternativ: Die Grenzrate der Substitution – bei den Konsumenten – muss gleich der Grenzrate der Transformation – bei den Produzenten – und gleich der umgekehrten Preisrelation sein. » Wenn der soziale Wert der Verwendung eines Faktors in der Produktionssphäre höher ist als der marginale Vorteil der Verwendung ausserhalb der Produktionssphäre, dann ist diese Bedingung verletzt. » Freizeit ist weniger wert als Arbeit. Finanzwissenschaft II 52 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXV Optimale Produktionsstruktur ∂K ∂U ∂x ∂x ∂x p x 2 1 1 1 = = = ∂U ∂x1 ∂K p x2 ∂x2 ∂x2 Finanzwissenschaft II 53 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXVI Optimale Produktionsstruktur » Wichtige Implikationen dieser Bedingung: » gesellschaftliche Indifferenzkurven tangieren die Transformationskurve » (relative) Grenzkosten der produzierten Güter entsprechen ihren (relativen) Grenznutzen » Koordination individueller Entscheidungen hängt von der Eindeutigkeit und der Unverzerrtheit der relativen Preise ab... » ...die durch Steuern, Zölle, Subventionen usw. bedroht ist. Finanzwissenschaft II 54 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXVII Optimale Produktionsstruktur » Ordnungsbedingungen: ― Privateigentum an Konsum- und Produktionsgütern ― Gewerbefreiheit ― Freie Konsumwahl » Marktwirtschaftlicher Prüfstein: ― Müssen sich alle Konsumenten und Produzenten an denselben Preisrelationen ausrichten? » Beispiel für eine Störung: ― Spezifische Verbrauchsteuern, MWSt (?) Finanzwissenschaft II 55 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXVIII Optimales Faktorangebot » Der marginale Vorteil der Nichtverwendung (= Eigenverwendung) eines Produktionsfaktors muss gleich dem sozialen Wert seines Grenzprodukts sein. » Alternativ: Das Grenzleid der Arbeit (bzw. der Grenznutzen der Freizeit) muss gleich dem Grenznutzen des Gutes sein, das mit dieser Arbeit produziert wird. » y ist der Eigenverbrauch des Produktionsfaktors, z.B. Arbeitszeit » py ist dann der Lohn. Finanzwissenschaft II 56 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXIX Optimales Faktorangebot ∂U ∂y ∂U ∂x Finanzwissenschaft II ∂x p y = = ∂y p x 57 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXX Optimales Faktorangebot » Intuition: ― Die Anbieter von Produktionsfaktoren müssen die Opportunitätskosten des Faktoreinsatzes bei ihrer Entscheidung berücksichtigen. » Implikationen: ― Faktorangebot muss sich unter Berücksichtigung der relativen Grenznutzen frei an die Produktionsfunktion anpassen können. ― Entlohnung muss der Grenzproduktivität entsprechen, dann führen dezentrale Entscheidungen zu einem effizienten Faktorangebot. Finanzwissenschaft II 58 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXXI Optimales Faktorangebot » Ordnungsbedingungen: ― Freiheit im Produktionsbereich ― Freie Arbeitsentscheidung » Marktwirtschaftlicher Prüfstein: ― Wird ein Produktionsfaktor mit dem Wert seines Grenzprodukts entlohnt? ― Verletzung, wenn der soziale Wert der Verwen-dung eines Faktors in der Produktionssphäre hö-her ist als der marginale Vorteil der Verwendung ausserhalb. » Beispiel für eine Störung: ― Alle Steuern bis auf ‚lump-sum taxes‘ Finanzwissenschaft II 59 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXXII Optimale Güternutzung in der Zeit » Das Verhältnis der Grenznutzen zweier Güter zu verschiedenen Zeitpunkten muss bei allen Individuen gleich sein und es muss gleich der Preisrelation dieser Güter, d.h. gleich dem Zinsfaktor, sein. » Alternativ: Die Grenzrate der Substitution zweier Güter zu verschiedenen Zeitpunkten muss bei allen Individuen gleich sein und sie muss gleich der umgekehrten Preisrelation sein. » Intuition: ― Konsum muss auf Gegenwart und Zukunft Nutzen maximierend aufgeteilt werden. Finanzwissenschaft II 60 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXXIII Optimale Güternutzung in der Zeit ∂U ∂U ∂x ∂x p xt = 0 t =0 t =0 = = = 1+ e p xt =1 ∂U ∂U ∂xt =1 ∂xt =1 I II Finanzwissenschaft II 61 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXXIV Optimale Güternutzung in der Zeit » Symbole ― xt=0 gegenwärtiges Konsumgut ― xt=1 zukünftiges Konsumgut ―e Eigenzinssatz des Gutes x; der mögliche Mehrerwerb von x im Zeitpunkt 1 bei Verzicht auf ein x im Zeitpunkt 0 ― px,t=0 Preis für das heute verfügbare Gut ― px,t=1 Preis, der heute gezahlt werden muss für das Gut, das erst in t=1 verfügbar sein wird (Barwert). ― Annahme: soziale = private Diskontrate. Finanzwissenschaft II 62 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXXV Optimale Güternutzung in der Zeit » Ordnungsbedingungen: ― Zuweisung von Verfügungsrechten ― Tauschfreiheit ― Recht, Geld zu verleihen und zu borgen » Marktwirtschaftlicher Prüfstein: ― Müssen sich alle Wirtschaftssubjekte an denselben intertemporalen Preisrelationen orientieren? » Beispiel für eine Störung: ― Einkommensteuer Finanzwissenschaft II 63 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXXVI Intertemporale Allokation » Investitionsentscheidung der Unternehmen » Annahme ― Präferenzen für Gegenwartsgüter gegenüber Zukunftsgütern. ― Eugen von Böhm-Bawerk » wenn man sein Geld heute verleiht, kann man in der Zukunft ein höheres Einkommen haben und sich mehr leisten. » Güter heute werden höher geschätzt, weil sie einen größeren Nutzen haben » unterschiedliche Zeitpräferenzraten, so dass ein Kapitalmarkt zustande kommt. Finanzwissenschaft II 64 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXXVII Intertemporale Allokation » Mehrergiebigkeit von Produktionsumwegen ― Für die optimale intertemporale Allokation über Märkte, auch für den optimalen Kapitaleinsatz in der Produktion (hier: Länge der Produktionsumwege), kommt es nur auf inter-temporale Preisrelationen – in erster Linie also die Zinsen – an (individuell dann zu vergleichen mit intertemporalen Nutzenschätzungen – Zeitpräferenz – oder mit der Mehrergiebigkeit von Produktionsumwegen). Die Lohn-Zins-Relation ist insoweit irrelevant. ― Kapital als auf Vorrat gelegte Arbeit Finanzwissenschaft II 65 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXXVIII Intertemporale Allokation Der auf einem perfekten Kapitalmarkt gebildete einheitliche Zins koordiniert den Konsumverzicht der Konsumenten und die Investitionsentscheidung der Unternehmen, so dass... ...die intertemporale Substitutionsrate dem Grenzertrag der Investition entspricht. Wiederum: dezentrale Entscheidungen führen zum effizienten Ergebnis. Finanzwissenschaft II 66 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Das Pareto-Optimum XXXIX Intertemporale Allokation » Kapitalnutzungspreis c ― was kostet die Nutzung einer Einheit Kapital? » Bestimmt vom Preis für das Kapitalgut q » der Abschreibungsrate δ » dem Zins i » erwarteten Veränderung des Kapitalgutpreises in der Zeit: ∆q. ― Die Leistung ist auf längere Zeit gespeichert. c = (∂ + i ) ⋅ q − ∆q Finanzwissenschaft II 67 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung I Kosten der Besteuerung Analyse der Belastung der Bürger mit Steuern. Steuern sollen so gewählt werden, dass die Belastung durch Steuern minimiert wird. Die Steuerzahlung an sich sind Kosten. Wohlfahrtsökonomik nimmt aber an, dass ein wohlwollender Staat dieser Besteuerung Leistungen gegenüberstellt. Auch die Erhebungskosten des Staates sind nicht gemeint. Finanzwissenschaft II 68 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung II Kosten der Besteuerung Im Vordergrund steht vielmehr die Zusatzlast der Besteuerung (Überschussbelastung, ‚excess burden‘, ‚deadweight loss of taxation‘). Definition: Jene über die Zahllast hinausgehende Wohlfahrtseinbuße, die selbst bei einer erhebungs- und entrichtungskostenfreien Steuer auftritt. Gemessen im Harberger-Dreieck bzw. Steuerkeil (‚tax wedge‘). Die Zusatzlast der Besteuerung wächst bei steigendem Steuerbetrag quadratisch. Finanzwissenschaft II 69 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung III Steuer reduziert Konsumentenrente um (B+C) und Produzentenrente (D+E) Steuereinnahmen = (B+D) Preis Brutto preis A = PB B Marktpreis = P1 Netto- = PN preis D Angebot C E Zusatzlast = (C+E) F Nachfrage Finanzwissenschaft II x2 x1 Abbildung 7: Die Zusatzlast der Besteuerung 70 Menge Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung IV Zusatzlast der Besteuerung Messung mit Hilfe einkommenskompensierter Konsumenten- und Produzentenrenten Rückwirkungen auf andere Märkte und Realeinkommensveränderungen werden vernachlässigt. In Geldeinheiten ausgedrückte Wertschätzung. Der Konsum geht als Folge der Steuervermeidung von x1 auf x2 zurück. Der Staat schiebt durch die Besteuerung einen Keil zwischen Angebot und Nachfrage. Finanzwissenschaft II 71 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung V Angebot Unelastisches Angebot Preis Wenn das Angebot unelastisch ist, ist die Zusatzlast der Steuer klein. Höhe der Steuer Nachfrage Menge Abbildung 8: Die Zusatzlast bei unelastischem Angebot Finanzwissenschaft II 72 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung VI Wenn das Angebot relativ elastisch ist, ist die Zusatzlast größer. Preis Elastisches Angebot Angebot Höhe der Steuer Nachfrage Menge Abbildung 9: Die Zusatzlast bei elastischem Angebot Finanzwissenschaft II 73 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung VII Zusatzlast der Besteuerung Analoge Darstellung für die Preiselastizität der Nachfrage. Je höher die Preiselastizitäten, desto höher ist die Zusatzlast der Besteuerung. Je höher das Ausgangsniveau des Umsatzes, um so höher ist die Zusatzlast der Besteuerung. Die Zusatzlast der Besteuerung steigt progressiv mit der Steuerbelastung. Harberger: Z = 1/2 γ p1x1 t2. Finanzwissenschaft II 74 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung VIII Abbildung 10: Die Zusatzlast bei einem geringen Steuersatz Preis Angebot Zusatzlast PB Steuereinnah. PN Nachfrage 0 Finanzwissenschaft II x2 x1 75 Menge Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung IX Abbildung 11: Die Zusatzlast bei mittlerem Steuersatz Preis Angebot Zusatzlast PB Steuereinnahmen PN Nachfrage 0 Finanzwissenschaft II x2 x1 76 Menge Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung X Abbildung 12: Die Zusatzlast bei hohem Steuersatz Preis Angebot Steuereinnahmen PB Zusatzlast Nachfrage PN 0 Finanzwissenschaft II x2 x1 77 Menge Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XI Zusatzlast der Besteuerung Bei einem geringen Steuersatz hat man eine geringe Zusatzlast der Besteuerung. Wenn der Steuersatz steigt, steigt das Steueraufkommen zunächst. Bei weiteren Steuersatzerhöhungen sinken die Steuereinnahmen jedoch, da die höhere Steuer die Marktgröße reduziert. Finanzwissenschaft II 78 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XII Abbildung 13: Zusatzlast und Höhe des Steuersatzes Zusatzlast 0 Finanzwissenschaft II 79 Steuerbetrag Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XIII Abbildung 14: Die Laffer-Kurve Steuereinnahmen Finanzwissenschaft II 0 80 Wintersemester 2008/2009 Steuerbetrag PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XIV Zusatzlast der Besteuerung Sie wächst bei steigendem Steuerbetrag annähernd quadratisch. Das Steueraufkommen wächst hingegen unterlinear. Ein gegebenes Aufkommen sollte durch gleichmäßige Besteuerung erzielt werden. ‚Tax Cut cum Base Broadening‘. Laffer-Kurve und Supply-Side Economics. Finanzwissenschaft II 81 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XV Gut z B B’ E’’’ E’ E’’ I3 0 A’ F I2 A I1 Gut x Abbildung 15: Allgemeine vs. spezielle Gütersteuer FiWi II Finanzwissenschaft II 82 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XVI Zusatzlast der Besteuerung Entstehung durch Substitutionsprozesse. Abbildung 12: Zwei-Gütermodell. Konsumgüter x und z konstantes Preisverhältnis px/pz. Konstante Grenzkosten und Wettbewerb. Budgetgerade AB für den einzelnen Konsumenten. Steigung entspricht dem Preisverhältnis. Andere Güter werden ausgeklammert. Konsumwahl zwischen OA von Gut x und OB on Gut z. Gegebene Indifferenzkurven I1 bis I3. Ausgangssituation: Wahl der Mengenkombination an E‘. Bestmögliche Aufteilung des Budgets zwischen x und z. Finanzwissenschaft II 83 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XVII Zusatzlast der Besteuerung Einführung einer Pauschalsteuer (lump-sum tax): Steuerbetrag, der unabhängig vom Verhalten bezahlt werden muss. Verschiebung der Budgetgeraden parallel zum Nullpunkt. Neue Budgetgerade A‘B‘. Das Individuum maximiert seinen Nutzen in E‘‘. Es erreicht ein niedrigeres Wohlfahrtsniveau I2. Reiner Einkommenseffekt. » Pauschalsteuer entspricht einer allgemeinen Konsumsteuer im einfachen Zwei-Güter-Fall. Finanzwissenschaft II 84 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XVIII Zusatzlast der Besteuerung » Allgemeine Konsumsteuer wird auf alle Güter mit dem gleichen Satz erhoben. » Verschiebung der Budgetgeraden nach innen wie bei der Pauschalsteuer. » Gleiches Preisverhältnis. » Konsument passt sich an die gleichen relativen Knappheiten an. » Das Nettopreisverhältnis px/pz entspricht dem Bruttopreisverhältnis inklusive der Steuer px(1+t)/pz(1+t). Finanzwissenschaft II 85 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XIX Zusatzlast der Besteuerung » Optimale individuelle Konsumwahl wird nicht verzerrt: ― MRTx,z= px/pz = px(1+t)/pz(1+t) = GRSx,z. » Einführung einer selektiven Konsumsteuer auf das Gut x. ― Nettopreisverhältnis px/pz und Bruttopreisverhältnis px(1+t)/pz fallen auseinander. ― Der Staat treibt einen Keil zwischen Angebot und Nachfrage. ― Es herrscht Ineffizienz, da die Grenzrate der Substitution nicht mehr der Grenzrate der Transformation entspricht. FiWi II Finanzwissenschaft II 86 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XX Zusatzlast der Besteuerung » Einführung einer selektiven Konsumsteuer auf das Gut x. ― Abbildung 12: Die selektive Steuer auf x soll den gleichen Steuerertrag wir die allgemeine Konsumsteuer erbringen. ― Das neue Konsumgleichgewicht muss daher auf der gleichen Budgetgeraden A‘B‘ liegen wie bei der allgemeinen Konsumsteuer. ― Sukzessive Erhöhung des Steuersatzes auf x, d.h. Drehung der Budgetgeraden in B nach innen, bis ein Tangentialpunkt mit einer Indifferenzkurve erreicht ist, der auf der alten Budgetgeraden A‘B‘ liegt. Finanzwissenschaft II 87 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXI Zusatzlast der Besteuerung » Einführung einer selektiven Konsumsteuer auf das Gut x. ― Punkt E‘‘‘ auf der Budgetgeraden BF. ― Niedrigeres Nutzenniveau I3. ― Gleicher Steuerertrag wird bei selektiver Konsumsteuer im Vergleich zur allgemeinen Konsumsteuer mit höheren Nutzeneinbussen bezahlt. ― Es entsteht eine Überschussbelastung durch die Möglichkeit, der Besteuerung von x durch eine Substitution von x und z auszuweichen. ― Neben dem Einkommenseffekt entsteht ein Substitutionseffekt. Finanzwissenschaft II 88 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Gut z B B’ E’’’ E’ E’’ I3 0 A’ F I2 A I1 Gut x Abbildung 15: Allgemeine vs. spezielle Gütersteuer Finanzwissenschaft II 89 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXIII Zusatzlast der Besteuerung » Allgemeine Konsumsteuer vs. Einkommensteuer. » Entscheidung zwischen Gegenwarts- und Zukunftskonsum. » Eine allgemeine Konsumsteuer verzerrt die Entscheidung zwischen Gegenwarts- und Zukunftskonsum nicht. ― Relation zwischen Konsum heute, C, und Konsum morgen vor der Besteuerung: C/(1+r)C, mit Zinssatz r. ― Wenn das Individuum heute alles konsumieren will, reduziert eine Konsumsteuer sein Einkommen auf (1t)C. Finanzwissenschaft II 90 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXIV Zusatzlast der Besteuerung » Allgemeine Einkommensteuer vs. Einkommensteuer. ― Wenn das Individuum spart und erst morgen konsumiert, so realisiert es den Zins und wird dann mit seinem gesamten in zwei Perioden erwirtschafteten Einkommen besteuert. ― Es bleibt: (1-t)(1+r)C. ― Die Relation (1-t)c/(1-t)(1+r)C bleibt die gleiche für das Individuum, das am Anfang alles konsumiert, und dasjenige, das alles spart. ― Bei der allgemeinen Konsumsteuer entsteht keine Verzerrung zwischen Gegenwarts- und Zukunftskonsum. Finanzwissenschaft II 91 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXV Zusatzlast der Besteuerung » Allgemeine Einkommensteuer vs. Einkommensteuer. ― Die Einkommensteuer belastet den Zukunftskonsum selektiv. ― Maximaler Konsum heute nach Einkommensteuer: (1-t)C ― Zur Ersparnis steht aber nur noch das Einkommen nach Einkommensteuer zur Verfügung. ― Der Ertrag dieses Einkommens wird in der zweiten Periode ebenfalls als Einkommen besteuert. ― Konsum in Periode 2: (1-t)C+(1-t)(1-t)rC ― Verhältnis von Konsum heute und morgen im Falle der Einkommensteuer: (1-t)C/[(1-t)C+(1-t)(1-t)rC]=C/[1+(1t)r]C. Finanzwissenschaft II 92 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXVI Zusatzlast der Besteuerung » Die Einkommensteuer verzerrt die individuelle Entscheidung zwischen Gegenwarts- und Zukunftskonsum. » Sie wirkt wie eine selektive Konsumsteuer auf den Zukunftskonsum. » Dadurch wird Sparen steuerlich benachteiligt. » Die Einkommensteuer erhöht den Bruttozins, an dem sich der Investor ausrichtet, und senkt den Nettozins, an dem sich der Sparer ausrichtet. » Sie treibt einen Keil zwischen Kapitalangebot und -nachfrage und reduziert dadurch das Wirtschaftswachstum. Finanzwissenschaft II 93 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXVII Die Idee des Second-Best » Grundproblem der Besteuerung ist die Inexistenz oder Unerwünschtheit einer Pauschalsteuer. » Alle anderen Steuern führen aber zu Verzerrungen. » Auch bei einer allgemeinen Konsumsteuer wird die Arbeitszeit-Freizeit-Entscheidung verzerrt. » Abbildung 12 lässt sich analog anwenden, wenn an der y-Achse statt Gut z Freizeit steht und an der x-Achse statt Gut x Arbeitszeit. Finanzwissenschaft II 94 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXVIII Die Idee des Second-Best » Da die Einkommensteuer wie eine selektive Gütersteuer wirkt, gelten alle Ergebnisse analog. » Da Güterkonsum nicht durch Freizeit ermöglicht wird, gilt dies auch für die allgemeine Konsumsteuer, falls es nicht möglich wird, Freizeit als Konsumgut zu besteuern. » Die alleinige Erhebung von Pauschalsteuern ist ein erstbestes Steuersystem. » Alle Marginalbedingungen sind erfüllt. Finanzwissenschaft II 95 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXIX Die Idee des Second-Best » Wenn die Marginalbedingungen an einer Stelle verletzt sind, führt dies zu unerwünschten Ausweichreaktionen. » Freizeit ist notwendigerweise nicht besteuerbar. » Jedes Individuum hat einen Anreiz, seine wahre Zahlungsbereitschaft für eine Stunde Freizeit vor dem Staat zu verheimlichen. » Informationsproblem: Suche nach einem Steuersystem, das nur auf Nachfragen zugreift. » Zweitbestes Steuersystem. Finanzwissenschaft II 96 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXX Verzerrungen Zwischen Konsumgütern heute Allgemeine nein Konsumsteuer Zwischen Einkommen und Freizeit Zwischen Gegenwartsund Zukunftskonsum nein ja Einkommensteuer nein ja ja Pauschalsteuer nein nein nein Finanzwissenschaft II 97 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXXI Optimale Verbrauchsteuern » Fall 1: Der Staat hat Zugriff auf alle Steuern (kein Freizeitproblem). ― Zeitausstattung E mit Freizeit F und Arbeitszeit E-F. ― Fixer Lohnsatz w ― Keine Kapitaleinkommen ― Einkommen wir auf Konsum von x zu px und z zu pz aufgeteilt. ― Keine Ersparnisse. ― Budgetbeschränkung: w(E-F) = pxx+pzz. ― wF nach rechts: wE = pxx+pzz+wF. Finanzwissenschaft II 98 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXXII Optimale Verbrauchsteuern » Fall 1: Der Staat hat Zugriff auf alle Steuern (kein Freizeitproblem). ― Belastung aller drei Güter mit Steuern: wE = (1+t)pxx+ (1+t)pzz+ (1+t)wF. ― Oder: (1/(1+t))wE = pxx+pzz+wF. ― Eine Besteuerung der Güter zum gleichen Prozentsatz entspricht einer Reduktion des Wertes der Zeitausstattung um 1/(1+t). ― Wenn der Staat Freizeit besteuern könnte, so wäre eine erstbeste Besteuerung möglich. ― Sie ist erreicht, wenn alle Güter mit dem gleichen Satz besteuert werden. Finanzwissenschaft II 99 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXXIII Optimale Verbrauchsteuern » Fall 2: Der Staat kann nicht alle Güter besteuern (Freizeitproblem). ― Um bei gegebenem Steueraufkommen den individuellen Nutzen zu maximieren, bzw. die Überschussbelastung zu minimieren, müssen die Steuersätze der zu besteuernden zwei Güter umgekehrt proportional zu den Preiselastizitäten der Nachfrage gesetzt werden. ― Regel der inversen Elastizitäten (Ramsey-Regel): Im Optimum werden die Steuersätze gerade so gewählt, dass eine Erhöhung der Steuern um den gleichen Prozentsatz zu einem proportional einheitlichen Rückgang der nachgefragten Menge führt. Finanzwissenschaft II 100 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXXIV Optimale Verbrauchsteuern » Fall 2: Der Staat kann nicht alle Güter besteuern (Freizeitproblem). ― Die Logik der Ramsey-Regel ergibt sich aus dem Substitutionseffekt. ― Wenn die Preiselastizität der Nachfrage relativ klein ist, ergeben sich infolgedessen nur geringe Substitutionseffekte. ― In der Praxis: Insbesondere die Güter des Grundbedarfs sollten einer höheren Steuerlast unterliegen. ― Dies widerspricht den üblichen verteilungspolitischen Vorstellungen. Finanzwissenschaft II 101 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXXV Optimale Verbrauchsteuern » Fall 2: Der Staat kann nicht alle Güter besteuern (Freizeitproblem). ― Alternativ: Ansatz an der Nicht-Besteuerbarkeit der Freizeit. ― Stärkere Besteuerung freizeitkomplementärer Güter: Fussbälle, Skiausrüstung, Reitpferde, Golfschläger, Freizeitliteratur, Fernsehgeräte usw. ― Corlett-Hague-Regel. ― Das Ausweichen auf die nicht-besteuerbare Freizeit soll steuerlich unattraktiv werden. Finanzwissenschaft II 102 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXXVI Optimale Verbrauchsteuern » Fall 2: Der Staat kann nicht alle Güter besteuern (Freizeitproblem). ― Möglichst breite Besteuerung, d.h. möglichst alle Güter besteuern. ― Denn ein nicht besteuertes Gut kann unerwünschte zusätzliche Ausweichmöglichkeiten eröffnen. ― Es ist so gesehen besser, eine breite als eine schmale Bemessungsgrundlage zu haben. ― Aber Achtung: Gilt nur unter der Annahme, dass die Regierung das tut, was sie soll. Finanzwissenschaft II 103 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXXVII Optimale Einkommensteuern » Das höchste und das niedrigste Einkommen in einer Volkswirtschaft sollte mit einem Grenzsteuersatz von Null belastet werden. » Arbeitet der Bezieher des höchsten Einkommens gerade so viel, dass er bei positivem Einkommensteuersatz Y Euro verdient, so soll der marginale Steuersatz für Einkommen über Y Euro gleich Null sein. » Diese Person würde mehr arbeiten, da die Entlohnung einer zusätzlichen Arbeitsstunde steigt. Finanzwissenschaft II 104 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXXVIII Optimale Einkommensteuern » Eine analoge Überlegung ergibt sich für das Individuum mit dem niedrigsten Einkommen. » Es können mehr Individuen zur Arbeit bewegt werden, ohne dass der Staat einen Verlust an Steuerertrag erleidet. » Dies impliziert eine nicht-lineare Besteuerung: » Zwischen dem niedrigsten und höchsten Einkommen ist der Grenzsteuersatz > 0. » Zuerst steigt er Einkommensteuersatz an und fällt dann. Finanzwissenschaft II 105 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XXXIX Optimale Einkommensteuern » Vorgabe einer linearen Einkommensteuer. » Der optimale Grenzsteuersatz sollte um so höher sein, je » ausgeprägter die Gleichheitspräferenzen in der Politik sind, » höher das zu erzielende Steueraufkommen ist, » geringer die Substitutionselastizität zwischen Konsum und Freizeit (niedriger die Verzerrung durch Freizeitproblem), » stärker die Fähigkeiten der Arbeitskräfte gestreut sind. » Simulationsrechungen: Steuersätze zwischen 20 und 50% Finanzwissenschaft II 106 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XL Einkommen- vs. Ausgabensteuer » Die Einkommensteuer ist leistungsfeindlich, weil sie das Arbeitsangebot vermindert, und sparfeindlich, weil sie die Kapitalbildung vermindert. » Die Ausgabensteuer als direkte allgemeine Konsumsteuer belastet Kapitaleinkommen nicht und verzerrt die Sparentscheidung daher nicht. » Aus Erstbest-Überlegungen ist die Ausgabensteuer vorteilhafter als die Einkommensteuer. » Aber: Das Freizeitproblem führt in die Welt der zweitbesten Besteuerung. Finanzwissenschaft II 107 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XLI Ausgabensteuer » Konsum + Ersparnis = Einkommen bei der Einkommensteuer = Kapitaleinkommen + sonstige Einkommen. » Die überperiodische Budgetbeschränkung erhält man durch Addition der Budgetbeschränkungen und durch Multiplikation mit (1 – τ). ― p c = (1 – τ) (k0 – pn kn + p a) Finanzwissenschaft II Erbschaftssaldo 108 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XLII Ausgabensteuer » Kapitaleinkommen ist keine eigenständige Einkommensquelle mehr. » Der Gegenwartswert des Konsums entspricht der Summe aus dem Gegenwartswert der sonstigen Einkommen und dem Erbschaftssaldo. » Das Kapitaleinkommen tritt nicht mehr auf, da der abgezinste Wert der zukünftigen Zinsen in einem vollkommenen Kapitalmarkt gleich null ist. » Dies gilt gesamtwirtschaftlich, wenn der Gegenwartswert des Nachlasses verzehrt wird. » Die Ausgabensteuer ist eine Einkommensteuer, bei der das Kapitaleinkommen steuerfrei bleibt. Finanzwissenschaft II 109 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XLIII Ausgabensteuer » Ausgabensteuer als Steuer auf Arbeitseinkommen, Bodeneinkommen und Reingewinne sowie den Erbschaftssaldo. » Die Ausgabensteuer belastet nur den Anfangskapitalbestand, während die Einkommensteuer auch auf gegenwärtige und zukünftige Kapitaleinkommen erhoben wird. » In einer wachsenden Volkswirtschaft mit zunehmenden Kapitalbeständen ist die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer breiter, weil der Barwert der Kapitaleinkommen grösser ist als der Wert des Anfangsbestandes. Finanzwissenschaft II 110 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XLIV Ausgabensteuer » Die Einkommensteuer hat ein höheres Aufkommen. » Der Übergang von der Einkommen- zur Ausgabensteuer erfordert die Anhebung der Steuersätze auf andere Einkommen. » Dies gilt insbesondere, wenn der Anfangskapitalbestand nicht besteuert werden kann, da er aus bereits versteuertem Einkommen gebildet wurde (Teilenteignung der Älteren). » Andere Einkommensarten, insbesondere Arbeitseinkommen, müssen noch schärfer besteuert werden. Finanzwissenschaft II 111 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XLV Einkommen- vs. Ausgabensteuer » Eine Verzerrung weniger bedeutet nicht notwendigerweise ein effizienteres Steuersystem. » Bitte kein Abzählen von Verzerrungen. » Bei Aufkommensneutralität müssen aufgrund des Wegfalls der Kapitaleinkommensbesteuerung andere Einkunftsarten stärker besteuert werden. » Damit ist eine grössere Verzerrung verbunden. » Suche nach dem optimalen Mix von Arbeits- und Kapitaleinkommenbesteuerung. Finanzwissenschaft II 112 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XLVI Einkommen- vs. Ausgabensteuer » Sind Gegenwarts- und Zukunftskonsum gleich substitutiv zur Freizeit, so ist ein Verzicht auf die Kapitaleinkommensteuer zweitbest und nur Arbeitseinkommen (und Bodeneinkommen usw.) sollte besteuert werden. » Ist der Gegenwartskonsum stärker substitutiv zur Freizeit als der Zukunftskonsum, sollte eine Kapitaleinkommensteuer erhoben werden, » im umgekehrten Fall sollte Kapitaleinkommen subventioniert werden. Finanzwissenschaft II 113 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Theorie der optimalen Besteuerung XLVII Einkommen- vs. Ausgabensteuer » Grundsätzlich ist es theoretisch und empirisch offen, was eine Reform hin zur Ausgabensteuer bringt. » Dasselbe gilt für den Wachstumseffekt. » Empirischer Vergleich von Elastizitäten. » Arbeitsangebotselastizität bei Männern und bei Frauen. » Arbeitsnachfrageelastizität. » Zinselastizität des Kapitalangebots und der Kapitalnachfrage. Finanzwissenschaft II 114 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Zusammenfassung I Traditionelle Besteuerungsprinzipien Leistungsfähigkeitsprinzip dominiert in der juristischen Literatur, ist aber nicht in der Lage, Aussagen über eine Steuerstruktur zu ermöglichen. Keine Verbindung mit der Ausgabenseite und dem politischen Entscheidungsprozess. Äquivalenzprinzip: Keine Umverteilung. Eingeschränkt brauchbar für die Steuerpraxis. Finanzwissenschaft II 115 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Zusammenfassung II Theorie der optimalen Besteuerung fokussiert die Zusatzlast der Besteuerung. Sie ist um so höher, je höher die Preiselastizitäten von Angebot und Nachfrage in einem Markt und je höher der Steuerbetrag. Nutzenmaximierung impliziert eine Minimierung der Zusatzlast der Besteuerung. Pauschalsteuern als erstbest in diesem Sinn. Realistische Steuern können damit nicht erstbest sein. Finanzwissenschaft II 116 Wintersemester 2008/2009 PROF. DR. LARS P. FELD Zusammenfassung III Zweitbestes Steuersystem: Ramseys Inverse Elastizitätsregel. Kein Abzählen von Verzerrungen, sondern relative Elastizitäten berücksichtigen. Dies gilt auch für den Vergleich von Einkommen- und Ausgabensteuer. Die Ausgabensteuer ist dann vorteilhaft, wenn Zinselastizitäten und Lohnelastizitäten gleich groß sind. Schwierige Ermittlung, da Arbeitsangebotselastizitäten zwischen Männern und Frauen sehr verschieden. Kapitalangebot ist stark differenziert und entsprechend differenziert elastisch. Arbeits- und Kapitalnachfrageelastizitäten sind beide relativ hoch. Finanzwissenschaft II 117 Wintersemester 2008/2009