Wie entstand unsere Landschaft Einführung Sicher haben die meisten schon den malerischen Ort Kleinsassen besucht. Dort ist man ringsum von einer eindrucksvollen Landschaft umgeben. Auf der einen Seite blickt man zum mächtigen Felsmassiv der Milseburg. Gegenüber liegt der nur wenig niedrigere, bewaldete Stellberg. Tief zwischen diesen Bergen fließt der Bach der Bieber in einem lieblichen Tal. Ein aufmerksamer Beobachter mag sich die Frage stellen: ”Wie hat sich diese Landschaft gebildet ?" Hierzu erfahren wir einige Grundlagen aus der Erdkunde. Diese dienen uns dazu, die Vorgänge zu verstehen, durch die das Rhöner Land geformt wurde. Grundlagen zum Verständnis Eine Landschaft wird in einer sehr langen Zeit gebildet. Dabei spielen viele Vorgänge eine Rolle. Die Erwärmung am Tage führt zu einer geringen Ausdehnung der Gesteine; die Abkühlung in der Nacht lässt sie wieder schrumpfen. Durch dauernde Wiederholung dieser Vorgänge bekommen die Gesteine Risse. Turmschnecke und Muscheln aus Muschelkalk 6 In diese Risse kann Wasser eindringen. Gefriert dann das Wasser an kalten Tagen, so können die Gesteine durch das Eis auseinandergesprengt werden. Auf diese Weise werden die Steine immer mehr zerkleinert. Das Regenwasser, Bäche und Flüsse schleppen die Steinstücke mit sich. Sie tun dies umso mehr, je feiner das Material ist. Die Flüsse lagern den Schutt in den Tälern ab. Man nennt diese Zerstörung und Zerkleinerung der Gesteine Verwitterung oder Erosion. Aber noch viele andere Vorgänge formen und prägen eine Landschaft. So können sich riesige Erdschollen (die viel größer als Deutschland sind) gegeneinander verschieben. Hierfür sind mächtige Kräfte aus dem Erdinnern verantwortlich. Beim Zusammenstoß solcher Schollen werden die Gesteine zusammengequetscht und langsam zu mächtigen Gebirgen aufgetürmt. Die Erdoberfläche wird also stets umgebildet. Allerdings erfolgt diese Umformung sehr, sehr langsam. Wir Menschen bemerken dies kaum. Nur Erdbeben machen uns von Zeit zu Zeit darauf aufmerksam. Wie sah unsere Landschaft in lange vergangenen Zeiten aus? Lange bevor Menschen die Erde bewohnten, gab es in unserer Gegend eine weite, flache Ebene. Am Rand säumten Gebirge dieses Flachland. Die Gesteine der umliegenden Gebirge verwitterten und wurden mit dem Regenwasser zu Tal gespült. Bei diesem Transport wurden die Gesteine mehr und mehr zerkleinert. Sie rundeten sich zu kleinen Sandkörnern. Diese Sande breiteten sich unter der Kraft des fließenden Wassers über die Ebene aus. Schicht auf Schicht lagerte sich ab. Mächtige Gesteinspakete entstanden. Das Klima war heiß und meist trocken. Wahrscheinlich war die Landschaft wüstenartig. In den feuchten Zeiten war etwas Eisen in den Hohlräumen zwischen den Körnern gelöst. Beim Austrocknen ergab das Eisen eine feste, gelbe bis rötliche Kruste von "Eisenoxid". Durch diese auffällige Färbung erhielten die damals gebildeten Gesteine den Namen "Buntsandstein". Buntsandsteine bilden heute den größten Teil des Fuldaer und Hünfelder Landes. Langsam senkte sich der Boden des "Germanischen Beckens". Durch das Einsinken ergab sich eine breite Wasserstraße zum Mittelmeer. Dadurch gelangte Meerwasser in das Becken. Das Wasser war nicht tief (vielleicht nur etwa zehn Meter), das Klima sehr warm. Es gab darin reiches Leben. Viele Meerestiere besiedelten das Wasser. So lebten dort viele Muscheln, die sich meist in den Schlick des Grundes eingegraben hatten. Würmer und Krebse durchwühlten den Boden, Seelilien fingen mit ihren Armen kleine Meerestierchen. Von diesen ernährten sie sich. Ammoniten schwebten im Wasser. Auf den Bildern sind einige Tiere zu sehen. Nach dem Tode blieben die Kalkschalen der Tiere erhalten. Die Schalenreste setzten sich am Boden ab. Wegen der vielen Muschelschalen, die heute noch in den damals gebildeten Gesteinen erhalten sind, heißt das Gestein "Muschelkalk". Oft sind Lebewesen der Vorzeit als "Fossilien" erhalten. Diese sind so entstanden: Nach dem Tod des Tieres haben sich seine Weichteile zersetzt, Schlamm ist in das leer werdende Kalkgehäuse eingedrungen und im Laufe der Zeit erhärtet. Dieser hart gewordene Teil blieb erhalten. Er überliefert uns ein Bild, wie die Tiere der Frühzeit aussahen. Heute sind die Muschelkalkgesteine des Fuldaer Landes durch Erosion größtenteils wieder verschwunden. Nur an wenigen Stellen blieben uns Schollen erhalten. Man findet solche Kalkrücken zum Beispiel an der Eube, bei Poppenhausen, am Giebelrain, bei Hofaschenbach und an anderen Orten. Da Kalk ein hartes Gestein ist, fallen die Kalkhänge oft steil ab. Für die Landwirtschaft sind diese Böden nicht günstig. Der Kalkstein ist rissig und trocknet schnell aus. Aber seltene Pflanzen wachsen auf diesen Böden. Neben Wacholderstauden gedeihen viele geschützte Pflanzen wie Orchideen, Küchenschelle und Silberdisteln. Die Zeit des Vulkanismus in der Rhön Sehr viel später, aber noch lange bevor Menschen auf der Erde lebten, geschah in der Rhön etwas sehr Aufregendes. Die Erdkruste riss, und an vielen Stellen bildeten sich Vulkane. Durch die Risse drang Lava nach oben. Lava ist eine glühend heiße Schmelze. Sie befindet sich normalerweise in mehr als 50 Kilometern Tiefe in der Erde. In der Schmelze sind viele Gase enthalten. Diese können manchmal explosionsartig an die Oberfläche gelangen. Dabei reißen sie viele Trümmer aus dem Untergrund mit sich. Geschmolzene Lava begleitet diesen Ausbruch und regnet als Asche oder Schlacke zu Boden. Die leichten, feinen und porösen Massen nennt man Tuff. Tuff ist bei fast allen ehemaligen Vulkanen in der Rhön zu finden. Nach dem Ascheregen floss flüssige Lava aus dem Vulkan. Sie erkaltete langsam und bildete eine Decke aus Lavagestein. Im Rhöner Land hat es ungefähr 2.000 ”Schlote” gegeben, aus denen Lava ausfloss. Langsam erlosch der Vulkanismus. Die Erosion nagte an den Vulkanen. Die lockeren Massen wurden durch die Erosion weggespült. Es blieben nur die harten Kerne der Vulkane erhalten. So sieht man in der Rhön einige steile Felsburgen, an denen das blanke Lavagestein hervortritt. Hierzu gehören die Milseburg, der Wachtküppel, der Haselstein, die Steinwand und der Pferdskopf. Oft hat sich an den Vulkanen auch genügend Boden gebildet. Dann konnte an den Hängen Wald, insbesondere Buchenwald, wachsen. Dieser Wald schützte den Berg vor weiterer Erosion und Abtragung. Deutlich erkennt man aber den alten Vulkanberg an seiner mächtigen, über das Gelände herausragenden Gestalt. Beispiele hierfür sind der Rauschenberg bei Fulda, der Kreuzberg, die Nalle bei Gersfeld sowie die Berge des hessischen Kegelspiels zwischen Hünfeld und Rasdorf. In der Rhön unterscheidet man zwei Arten von Lavagestein: den Basalt und den Phonolith. Der Basalt zeigt eine dunkelblaue Farbe, Phonolith ist ein helles Gestein. Phonolith kommt aus dem Griechischen und heißt auf Deutsch „Klingstein“. Schlägt man Phonolith mit einem Hammer an, so hört man einen hellen Ton. Betrachtungen über die Entstehung der heutigen Landschaft Wenn man weiß, aus welchen Gesteinen sich der Untergrund aufbaut, kann man die heutige Form der Landschaft verstehen. So ist Buntsandstein ein mittelhartes Gestein. In langen Zeiten wurde es durch den Regen abgeschliffen. Es bildeten sich runde, mittelsteile Bergkuppen. Insgesamt ergab sich im Fuldaer Land eine wellige Hügelund Berglandschaft. Immer tiefer grub das Wasser der Bäche Furchen in den Untergrund und formte die Täler. Täler entstanden gerne dort, wo der Untergrund Risse zeigte. Entlang dieser Risse konnten sich die Flüsse tiefer und tiefer eingraben. So haben viele Bäche und Flüsse solche Rinnen für ihren Lauf genutzt (die Lüder, Lütter, Haune, Fulda, Nüst und viele andere). Über dieser Buntsandsteinlandschaft erheben sich an vielen Stellen die Kegel der alten Vulkane. Sie formen in der Rhön die steilsten Berggestalten. In der Zeit des Buntsandstein entstanden auch einige weiche Bodenschichten. Sie heißen Röttone. Die fast hügellose Landschaft zwischen Fulda und Dipperz wird von diesen Röttonen geprägt. Röt ist ein nährstoffreicher Boden, der das Wasser recht gut fest hält. Wegen dieser Fruchtbarkeit werden Rötböden gern als Ackerland genutzt. Sandsteinboden ist dagegen nicht so ertragreich. Deshalb werden die riesigen Sandsteinflächen des Michelsrombacher Waldes und des Gieseler Forstes als Wald genutzt. Kopf einer Seelilie Langsam und unmerklich verwitterten die höher gelegenen Gebiete des Fuldaer Landes. Das Material wurde beim Transport durch das Wasser zerkleinert. Es sammelte sich in den Niederungen der Bäche und Flüsse und bildet dort den Grund der Täler. Wie sieht es unter unserer Erde aus ? Jeder von uns kennt den hoch aufragenden Kaliberg bei Neuhof. Er ist ein Berg aus Salz, das aus etwa 500 Meter Tiefe zu Tage gefördert wurde. Weit zurück in der Geschichte der Erde (noch vor der Zeit des Buntsandsteins) strömte ein flaches Meer von Norden her ein. Es bedeckte Deutschland bis zur Mainlinie und hieß "Zechsteinmeer". Das Klima war warm, und das Wasser konnte verdunsten. Das im Meer gelöste Salz setzte sich am Boden ab. Dieser Vorgang wiederholte sich immer wieder. Die Salzschichten wuchsen. So lagern heute 250 Meter dicke Salzpakete tief in der Erde. Sie bestehen zum größten Teil aus Steinsalz (das ist unser gewöhnliches Suppensalz). In diese Salzschichten sind zwei dünne Bänder aus Kalisalz und Magnesiumsalz eingebettet. Kalisalz ist als Dünger sehr wertvoll für die Landwirtschaft. Es fördert das Pflanzenwachstum. Bei der Gewinnung dieser Düngesalze fallen riesige Mengen an Nebengestein ab. Dieser Abfall wird abtransportiert und auf den Kaliberg geschüttet. Tief in der Erde wurden für den Abtransport der Salze viele "Straßen" angelegt. Die gesamte Länge dieser Straßen ist etwa so groß wie die Gesamtlänge aller Straßen einer Grossstadt (wie z. B. Frankfurt). 7