Erklärung für die UN-Klimakonferenz in Posen Die Landwirtschaft bekämpft den Klimawandel Dezember 2008 2 Die Landwirtschaft bekämpft den Klimawandel Erklärung für die UN-Klimakonferenz in Posen, 1. – 12. Dezember 2008 Copa-Cogeca, die Vertretung der europäischen Landwirte und ihrer landwirtschaftlichen Genossenschaften, erkennt an, dass die UNKlimakonferenz (COP 14) in Poznan einen Meilenstein im Rahmen der Verhandlungen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen aus anthropogenen Aktivitäten für die Zeit nach Kyoto darstellt. Der Landwirtschaftssektor steht heute zahlreichen weltweiten Herausforderungen gegenüber – der Erzeugung von Lebensmitteln für eine wachsende Bevölkerung, zunehmenden Preisschwankungen und Marktturbulenzen, Schwankungen der Energiepreise, steigender Nachfrage nach Bioenergie, Spekulation mit Agrarrohstoffen und steigenden Anforderungen im Bereich Umweltschutz. Daher sollten Aktionen zur Bekämpfung des Klimawandels diese ergänzen und sich auf eine starke Landwirtschaft in ländlichen Gebieten stützen. Ertragseinbußen wieder. Die Mitglieder von Copa-Cogeca verpflichten sich, die Widerstandsfähigkeit ihrer Aktivitäten gegen den Klimawandel zu verbessern, um die Verbraucher weiterhin mit hochqualitativen Nahrungsmitteln zu versorgen, die unter Einhaltung hoher Umwelt- und Sicherheitsstandard produziert wurden. Der europäische Landwirtschaftssektor (EU-27) hat im Zeitraum 1990-2005 seine Emissionen um 20% reduziert und stand so für 9,2% der gesamten Treibhausgasemissionen der EU-27 im Jahr 2005. Die Landwirtschaft der EU emittiert einen Teil der drei Haupt-Treibhausgase: Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Distickstoffoxid (N2O). Das Emissionsprofil der Landwirtschaft unterscheidet sich jedoch grundlegend von den Profilen anderer Sektoren wie z.B. der Industrie, den Haushalten oder dem Verkehrssektor, da die landwirtschaftlichen Emissionen vor allem Methan und Distickstoffoxid enthalten. Methan entsteht aus enterischer Fermentation durch Wiederkäuer und aus Wirtschaftsdüngern, während das Ausbringen organischer und anorganischer Dünger zur Entstehung von Distickstoffoxid führen kann. Hierbei handelt es sich um inhärent variable, biologische Prozesse. Copa-Cogeca möchte darauf hinweisen, dass die Landwirtschaft ein Teil der Lösung für das Problem des Klimawandels sein kann. Die europäische Landwirtschaft kann Alternativen für fossile Brennstoffe und Erdölprodukte liefern. Eine Reihe von Rohstoffen für Bioenergie aus der Landund Forstwirtschaft sowie Energiekulturen und andere erneuerbare Energiequellen wie Wind- und Solarenergie können die Kohlendioxidemissionen stark reduzieren und gleichzeitig zur zukünftigen Sicherung der Energieversorgung in der EU beitragen. Durch Photosynthese nehmen Pflanzen CO2 aus der Atmosphäre auf und produzieren Biomasse, die zu Biogas, Biokraftstoffen und Industriegütern verarbeitet werden kann. Die verstärkte Nutzung von Agrarrohstoffen für die Herstellung von Industriematerialien wie Polymere, Schmierstoffe, oberflächenaktive Stoffe, Lösungsmittel und Fasern kann ebenfalls zur Senkung des Bedarfs an nicht-erneuerbaren Energieträgern beitragen. Diese Initiativen erhöhen die Diversifizierung der landwirtschaftlichen Produktion und der landwirtschaftlichen Ökosysteme. Landwirte müssen sich täglich dem Klimawandel anpassen. Sie sind sich der Notwendigkeit, den Klimawandel zu bekämpfen, ganz besonders bewusst, da sie unmittelbar die Folgen zu spüren bekommen: Naturkatastrophen wie Brände, Überflutungen und Dürren, verfrühten oder verspäteten Frost, zunehmende Variabilität der Jahreszeiten, Schwankungen der saisonalen und jährlichen Niederschlagsmengen mit Auswirkungen auf die Anbauzyklen sowie das Auftreten neuer Tier- und Pflanzenkrankheiten. All dies spiegelt sich in dem aktuellen und vorausgesagten erhöhten Risiko landwirtschaftlicher Copa-Cogeca ist der Auffassung, dass Aspekte des Klimawandels in alle Felder der EU-Politik und nicht nur in die Agrarpolitik einbezogen werden sollten. CopaCogeca unterstreicht die Tatsache, dass Änderungen in den landwirtschaftlichen Praktiken, die jüngsten Strukturreformen der GAP (Cross-Compliance, Direktzahlungen, Maßnahmen für die ländliche Entwicklung) sowie die europäische Umweltgesetzgebung bereits zu einer weiteren Reduzierung der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft beitragen. Dennoch fordern wir einen Ansatz, der dem wirtschaftlichen 3 Fortbestand der Landwirtschaft Rechnung trägt und der die Erzeugung von Nahrungsmitteln als Hauptaufgabe der Landwirte anerkennt. Zusätzlich zur bestehenden EU-Gesetzgebung verpflichtete sich der Europäische Rat im Jahr 2007 dazu, die europäischen Treibhausgasemissionen weiter zu reduzieren und Ziele für das Jahr 2020 festzulegen. Ein verbindliches Ziel von 10% bis zum Jahr 2020 zur Förderung von erneuerbaren Energiequellen im Verkehrssektor ist ein effizientes Mittel zur Reduzierung der europäischen Energieabhängigkeit und zur Bekämpfung des Klimawandels. Die Überprüfung des EUEmissionshandelssystems („ETS“) und der Vorschlag zur „Belastungsverteilung“, der alle Sektoren, auch die Landwirtschaft, umfasst, zielen ebenfalls auf einen Beitrag zur Senkung der Treibhausgasemissionen ab. Dies würde den Anstrengungen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen einen Impuls verleihen. Es sollte eine wissenschaftsbasierte Bilanzierungsmethodik eingeführt werden, die alle vom Landwirtschaftssektor unternommenen Anstrengungen einbezieht. Die Landwirtschaft hat ein bedeutendes Potential zur Abmilderung des Klimawandels, sowohl beim Anbau von Ackerkulturen als auch in der Tierhaltung. Maßnahmen, welche auf die Verwendung landwirtschaftlicher Böden als Kohlenstoffsenken abzielen, müssen anerkannt werden, ebenso wie Verbesserungen der Energie-Effizienz und das Angebot erneuerbarer Energie aus Landwirtschaft, die andernfalls in den Bereichen Energie, Verkehr oder Bauwesen angerechnet würden. Es bestehen große Unterschiede in Europa bezüglich der Tauglichkeit und des Potentials der verschiedenen Abmilderungsmaßnahmen, und es gibt keine Patent-Lösung. Die regional unterschiedlichen agroklimatischen Bedingungen in Europa spielen eine wichtige Rolle für Abmilderungsmöglichkeiten. Daher ist es notwendig, Lösungen zu entwickeln, welche die spezifischen regionalen Auswirkungen und die Durchführbarkeit auf örtlicher und einzelbetrieblicher Ebene berücksichtigen, und die gleichzeitig die Chancen der unterschiedlichen Landwirtschaftssysteme nutzen. In diesem Zusammenhang ist es offensichtlich, dass Landwirte finanzielle Unterstützung benötigen, um zusätzliche Beiträge zu leisten, welche über die aktuellen hohen Umweltstandards in der europäischen Landwirtschaft hinausgehen. Die Landwirtschaft kann nur eine begrenzte Anzahl an Maßnahmen zur Abmilderung des Klimawandels umsetzen, ohne dass Kosten entstehen. Neben der Erzeugung erneuerbarer Energie umfassen Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen den Erhalt permanenter weidebasierter Systeme, Produktivitätsverbesserungen bei Nutztieren unter gleichzeitiger Achtung des Tierschutzes, Änderungen in der Fütterung, verbesserter Umgang mit Dung (Lagerung und Ausbringung), Anpassung der landwirtschaftlichen Gebäude, gutes Bodenmanagement, Wiederherstellung genutzter organischer Böden, verbesserte Verwendung von Nährstoffen und verbesserte Energieeffizienz. Landwirtschaft und Forstwirtschaft sind die einzigen Produktionssektoren, die Kohlenstoffdioxid binden können und somit das Potential zur weiteren Reduzierung von CO2-Emissionen aufweisen. Copa-Cogeca unterstreicht den dringenden Bedarf an Investitionen in der landwirtschaftlichen Forschung zur Behebung des bestehenden Wissensmangels bezüglich des Emissionsreduzierungspotentials spezifischer Optionen, ihrer Akzeptanz und ihrer Kosten auf Betriebsebene. Zudem ist es von größter Bedeutung, dass dem Agrarsektor genügend Flexibilität eingeräumt und gleichzeitig ein stabiles politisches Rahmenwerk gegeben wird, mit dem „No-regret“Optionen gewählt werden können. Außerdem sollten Maßnahmen stärker betont werden, die gleichzeitig eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen und zusätzlichen umweltbezogenen Nutzen bringen, z.B. Verbesserungen beim Schutz der Artenvielfalt, im Wassermanagement und der Bodenqualität. Die europäischen Landwirte und ihre Genossenschaften möchten mit der gesamten Nahrungsmittelkette und anderen Beteiligten zusammenarbeiten, um den Klimawandel zu bekämpfen. Copa-Cogeca ist der Ansicht, dass eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft, welche die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität der europäischen Landwirte und somit auch die Versorgung mit Nahrungsmitteln gefährden würde, keine nachhaltige Lösung sein kann. Die Möglichkeit der Verlagerung von CO2-Emissionsquellen („carbon leakage“) ist ebenfalls eine Gefahr für die europäische Agrarproduktion und die Verarbeitung. Es ist daher notwendig, die wirtschaftlichen Zwänge und die Marktentwicklungen mit den Anstrengungen zur Abmilderung des Klimawandels zu vereinbaren. Um die europäische Nahrungsmittelproduktion auch in Zukunft sicherzustellen, sollten Landwirte insbesondere durch Forschung und technologische Innovation bei der Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels und seiner Abmilderung unterstützt werden. Die Landwirtschaft ist der am stärksten durch den Klimawandel bedrohte Sektor. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Agrarrohstoffen im Einklang mit der wachsenden Weltbevölkerung an, und der Klimawandel hat Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit. Daher ruft Copa-Cogeca die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten zur verstärkten Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die mit dem Klimawandel verbundenen Probleme auf. Die gemeinsame Agrarpolitik der EU muss adäquate Maßnahmen und einen angemessenen Haushalt zur Verfügung stellen, um die landwirtschaftliche Produktion überall in der EU zu erhalten. Die europäischen Landwirte und ihre Genossenschaften sind sich ihrer Verantwortung und ihrer jeweiligen Möglichkeiten bewusst, und sind der Überzeugung, dass die große Herausforderung, der globalen Erwärmung Einhalt zu gebieten, nur im Rahmen eines neuen weltweiten Abkommens gelingen kann. COPA UND COGECA: d i e S t i m m e de r eu r op ä i sc h en L and w i r t e und i h r e r G enossensc h a f t en Copa (Ausschuss der berufsständischen landwirtschaftlichen Organisationen der ­Europäischen Union) und Cogeca (Allgemeiner Verband der landwirtschaftlichen ­Genossenschaften der EU) sind die Organisationen, welche die große Mehrheit der ­Landwirte der Europäischen Union und ihrer Genossenschaften vertreten. Sie stehen für 15 Millionen Menschen, die einer Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung in einem landwirtschaftlichen Betrieb der Europäischen Union nachgehen, sowie für ­ mehr als 40 000 Genossenschaften. Sie zählen 76 Mitgliedsorganisationen aus den ­Mitgliedstaaten der EU. Ihre Aufgabe besteht darin, die allgemeinen Interessen der ­Land­wirtschaft zu verteidigen. Copa-Cogeca European Farmers European Agri-Cooperatives 61, Rue de Trèves B - 1040 Bruselas Tel Fax 00 32 (0) 2 287 27 11 00 32 (0) 2 287 27 00 www.Copa-Cogeca.eu EN(08)6959