Sind AD(H)S – Kinder eine Zumutung für die Schule oder ist die Schule eine Zumutung für AD(H)S – Kinder? Vortrag Dr. Helga Ulbricht Staatliche Schulberatung München 1. 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 Was ist AD(H)S? Historische Entwicklung und Definitionen Hyperkinetisches Syndrom, HKS Attention-deficit-disorder, ADD, ADS Attention-deficit/hyperactivity/disorder, ADHD, ADHS Minimale, cerebrale Dysfunktion, MCD Psychoorganisches Syndrom, POS S. S. S. S. S. S. 2. 2.1 2.2 Die Diagnosekriterien von AD(H)S Beschreibung der 3 Kernsymptome Schematische Darstellung der Diagnose von AD(H)S (Döpfner u.a.) S. 5 S. 5 S. 7 3. 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 Mögliche Ursachen von AD(H)S Neurobiologische Funktionsstörungen als Hauptursache Prä- peri- oder postnatale Ursachen und Störungen des Immunsystems Psychosoziale und familiensystemische Ursachen Erklärungsansätze nach PETERMANN Multifaktorieller, prozessorientierter Erklärungsansatz S. 8 S. 8 S. 9 S. 9 S. 10 S. 12 4. 4.1 4.2 Wie erleben wir AD(H)S-Kinder in der Schule? Sekundärsymptome und schulspezifische Probleme Probleme auf den verschiedenen Interaktionsebenen S. 15 S. 15 S. 16 5. 5.1 5.2 Hilfen für das AD(H)S-Kind Hilfe durch Therapien Hilfen im Schulalltag S. 18 S. 18 S. 24 6. 7. Literaturverzeichnis Beratung und Hilfe (Adressen) S. 29 S. 30 Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 2 3 3 4 4 4 4 1. Was ist AD(H)S – historische Entwicklung und Definitionen? Der weithin bekannteste Prototyp eines hyperaktiven Kindes findet sich bereits 1845 in Heinrich Hoffmanns „Struwwelpeter“. Hier zeigt der „Zappelphilipp“ viele Symptome, mit denen wir allgemein „Hyperaktivität“ assoziieren. Mit der Zunahme des Problembewusstseins in unserer Zeit wächst aber auch der Wunsch, die Betroffenen besser zu verstehen und ihnen dadurch vermehrt helfen zu können. Dazu gehört die differenzierte Betrachtungsweise des Problems auf der Grundlage verschiedener Sichtweisen und therapeutischer Ansätze bis hin zur begrifflichen Klärung der Termini. (F2) POS ADD HKS ADS Hyperkinetisches Syndrom ADHD ADHS MCD Hyperaktivität 1.1 Hyperkinetisches Syndrom, kurz HKS „Hyper“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „über, über ... hinaus, übermäßig“; „kinetisch“ bedeutet „bewegt, in Verbindung mit Bewegung“, „Syndrom“ (= Zusammenlauf) ist ein Bündel verschiedener Symptome, auf Grund derer auf bestimmte Störungen oder Krankheiten geschlossen wird. Das hyperkinetische Syndrom bezeichnet also ein Bündel von beobachtbaren Verhaltensweisen, vor allem in Verbindung mit übermäßiger Bewegung. Passolt (1997, S. 11) grenzt ein: Das hyperkinetische Syndrom des Kindesalters ist keine Krankheit im klassischen Sinn, bei der die Symptome Rückschlüsse auf eine bestimmte Ursache erlauben. Aus der Bezeichnung allein ist nicht eindeutig ableitbar, was darunter im einzelnen zu verstehen ist. ... Das Hyperkinetische Syndrom des Kindesalters ist die Beschreibung von Verhaltensprob- Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 3 lemen, Lernschwierigkeiten und Beziehungsstörungen, die gravierende Auswirkungen für die betroffenen Kinder, ihre Eltern, die Umgebung, insbesondere Lehrer und Klassenkameraden haben.“ 1.2 Attention-deficit-disorder, kurz ADD oder ADS (deutsch) Der Begriff stammt aus den USA, ins Deutsche übersetzt spricht man vom Aufmermerksamkeits-Defizit-Syndrom. Im Gegensatz zum Hyperkinetischen Syndrom stehen hier das Fehlen anhaltender Aufmerksamkeit und erhebliche Konzentrationsdefizite im Vordergrund. Hyperaktivität und Impulskontrolle können bei einem großen Teil der Kinder hinzukommen. Döpfner u.a. (1998, S.1 f) beschreiben die Symptome: „Störungen der Aufmerksamkeit zeigen sich darin, dass Aufgaben vorzeitig abgebrochen und Tätigkeiten nicht beendet werden. Dies wird vor allem bei Beschäftigungen beobachtet, die geistige Anstrengungen erfordern. Meist sind die Störungen bei Tätigkeiten, die fremdbestimmt sind (z.B. Hausaufgaben), stärker ausgeprägt als bei selbstgewählten Beschäftigungen. ... Diese Aspekte mangelnder Aufmerksamkeit sollten nur dann als Störung eingeschätzt werden, wenn sie im Verhältnis zum Alter und Intelligenzniveau des Kindes sehr stark ausgeprägt sind. ... Impulsivität manifestiert sich als Ungeduld, als Schwierigkeit, abzuwarten und Bedürfnisse aufzuschieben oder auch als plötzliches Handeln, ohne zu überlegen.“ 1.3 Attention-deficit/ hyperactivity/disorder, kurz ADHD (engl.) oder ADHS (deutsch) Hier kommt zu der unter (1.2) geschilderten Störung die Hyperaktivität (H) hinzu. Man spricht auch von einer Aufmerksamkeitsstörung mit Hyperaktivität. Döpfner u.a. (1998, S.2) zählt die Hyperaktivität neben der Unaufmerksamkeit und der Impulsivität zu den sog. Kernsymptomen: „Hyperaktivität bezeichnet eine desorganisierte, mangelhaft regulierte und überschießende motorische Aktivität, exzessive Ruhelosigkeit, die besonders in Situationen auftritt, die relative Ruhe verlangen. ... Als Beurteilungsmaßstab sollte gelten, dass die Aktivität im Verhältnis zu dem extrem ausgeprägt ist, was in der gleichen Situation von gleichaltrigen Kindern mit gleicher Intelligenz zu erwarten wäre.“ 1.4 Minimale, cerebrale Dysfunktion, kurz MCD MCD wird häufig im Zusammenhang mit dem hyperkinetischen Syndrom genannt. Es handelt sich um eine mehr oder weniger geringfügige, häufig durch Sauerstoffmangel bei der Geburt bedingte, Hirnfunktionsstörung. Sie wird als mögliche Ursache für Hyperaktivität, aber auch für andere Teilleistungsstörungen genannt. 1.5 Psychoorganisches Syndrom, kurz POS Diese Bezeichnung ist nur in der Schweiz üblich. Sie geht von der Annahme aus, dass für die Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsstörung sowohl psychische (P) als auch organische (O) Ursachen vorliegen. Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 4 2. Die Diagnosekriterien von AD(H)S In Deutschland wird in der neueren Literatur in der Regel der Begriff Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom mit und ohne Hyperaktivität, kurz AD(H)S benutzt. Während in den USA das Klassifikationssystem DSM-IV (American Psychiatric Association) von der Aufmerksamkeitsstörung-/Hyperaktivitätsstörung spricht, ordnet die ICD-10 (Internationale Klassifikation psychischer Störungen der Weltgesundheitsorganisation) AD(H)S den Verhaltens- und emotionalen Störungen, mit Beginn in der Kindheit und Jugend, zu. (F 90: hyperkinetische Störungen, ICD-10): „Diese Gruppe von Störungen ist charakterisiert durch einen frühen Beginn, die Kombination von überaktivem, wenig modulierten Verhalten mit deutlicher Unaufmerksamkeit und Mangel an Ausdauer bei Aufgabenstellungen; situationsunabhängige und zeitstabile Verhaltenscharakteristika. ... Ihre Hauptmerkmale sind ein Mangel an Ausdauer bei Beschäftigungen, die einen kognitiven Einsatz verlangen, und eine Tendenz, von einer Tätigkeit zu einer anderen zu wechseln, ohne etwas zu Ende zu bringen; hinzu kommt eine desorganisierte, mangelhaft regulierte und überschießende Aktivität. ... verschiedene andere Störungen können zusätzlich vorhanden sein: hyperkinetische Kinder sind oft achtlos und impulsiv, neigen zu Unfällen und ... zu Regelverletzungen ... . Ihre Beziehungen zu Erwachsenen sind oft von Distanzlosigkeit ... geprägt; bei anderen Kindern sind sie unbeliebt und können isoliert werden. Eine kognitive Beeinträchtigung ist üblich, spezifische Verzögerungen der motorischen und sprachlichen Entwicklung sind überproportional häufig.“(F3/F4) 2.1 Beschreibung der 3 Kernsymptome In der Beschreibung der einzelnen Symptome tauchen in beiden Klassifikationsschemata viele Gemeinsamkeiten auf. Döpfner u.a. (1998, S.5) stellen sie übersichtlich geordnet nach den 3 Kernsymptomen (Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität, Impulsivität) zusammen: „A) Unaufmerksamkeit (Aufmerksamkeitsstörung, A.d.V.) (F5) 1. Beachtet häufig Einzelheiten nicht oder macht Flüchtigkeitsfehler bei den Schularbeiten, bei der Arbeit oder bei anderen Tätigkeiten. 2. Hat oft Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder Spielen aufrechtzuerhalten. 3. Scheint häufig nicht zuzuhören, wenn andere ihn ansprechen. 4. Führt häufig Anweisungen anderer nicht vollständig durch und kann Schularbeiten, andere Arbeiten oder Pflichten am Arbeitsplatz nicht zu Ende bringen (nicht aufgrund von oppositionellem Verhalten oder Verständnisschwierigkeiten). 5. Hat häufig Schwierigkeiten, Aufgaben und Aktivitäten zu organisieren. 6. Vermeidet häufig, hat eine Abneigung gegen oder beschäftigt sich häufig nur widerwillig mit Aufgaben, die längerandauernde, geistige Anstrengungen erfordern (wie Mitarbeit im Unterricht oder Hausaufgaben). 7. Verliert häufig Gegenstände, die er/sie für Aufgaben oder Aktivitäten benötigt ... . 8. Lässt sich oft durch äußere Reize leicht ablenken. 9. Ist bei Alltagstätigkeiten häufig vergesslich. B) Hyperaktivität (F6) 1. Zappelt häufig mit Händen oder Füßen oder rutscht auf dem Stuhl herum. 2. Steht (häufig) in der Klasse oder in anderen Situationen auf, in denen Sitzenbleiben erwartet wird. Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 5 3. Läuft häufig herum oder klettert exzessiv in Situationen, in denen es unpassend ist ... . 4. Hat häufig Schwierigkeiten, ruhig zu spielen oder sich mit Freizeitaktivitäten ruhig zu beschäftigen.. 5. Ist häufig „auf Achse“ oder handelt oftmals, als wäre er „getrieben“ ... . C) Impulsivität (F7) 1. Platzt häufig mit der Antwort heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt ist. 2. Kann häufig nur schwer warten, bis er/sie an der Reihe ist ... . 3. Unterbricht und stört andere häufig (platzt z.B. in Gespräche oder in Spiele anderer hinein). 4. Redet häufig übermäßig viel (ohne angemessen auf soziale Beschränkungen zu reagieren). ... Beide Diagnosesystem (ICD-10 und DSM IV) legen weitgehend übereinstimmend fest, dass (F8): 1. Die Symptome mindestens sechs Monate lang in einem dem Entwicklungsstand des Kindes nicht zu vereinbarenden und unangemessenem Ausmaß vorliegen; 2. Die Störungen (nach ICD-10) bzw. einige beeinträchtigende Symptome der Störung (nach DSM-IV) bereits vor dem Alter von sieben Jahren auftreten; 3. Die Beeinträchtigung durch diese Symptome sich in zwei oder mehr Lebensbereichen (z.B. in der Schule bzw. am Arbeitsplatz und zu Hause) oder (nach ICD-10) auch an einem anderen Ort zeigen, an dem die Kinder beobachtet werden können. ... 4. Deutliche Hinweise auf klinisch bedeutsame Beeinträchtigungen in sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsbereichen vorhanden sein müssen.“ Da die Diagnose grundsätzlich auf der Grundlage zweier verschiedener Klassifikationsschemata getroffen werden kann, ergeben sich daraus auch unterschiedliche Angaben zur Häufigkeit des Auftretens. Die enger gefasste Diagnose nach ICD-!0 spricht von 2,4 Prozent der 6 – 10jährigen Kinder, die von AD(H)S betroffen sind. Die DSM-IV-Diagnose (hier werden auch die Kinder hinzugezählt, die nur eine Aufmerksamkeitsstörung bzw. Aktivitäts-/Impulsivitätsstörungen zeigen) spricht von 6 Prozent bei den 6 – 10jährigen. Da die Datenerhebung insgesamt sehr schwierig ist, kann man wohl insgesamt von 2 – 6 Prozent ausgehen. Das Verhältnis zwischen Buben und Mädchen schwankt je nach Studie. Buben sollen zwischen 3 bis 9 mal so häufig betroffen sein wie Mädchen. Auch hier kommt es auf die Datenerhebung an. Mädchen sind in dieser Altersgruppe wohl seltener von dem Symptom Hyperaktivität betroffen, wohl aber von der Aufmerksamkeitsstörung in Verbindung mit Tagträumerei. Die jedoch ist weniger auffällig. Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 6 2.2 Schematische Darstellung der Diagnose von AD(H)S Döpfner u.a. (1998, S.6)(F3/F4) Diagnosen nach ICD-10 Aufmerksamkeitsstörung + Hyperaktivität Impulsivität + F 90.0 Einfache Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung situationsübergreifend + Störungen des Sozialverhaltens F 90.1 Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens Diagnosen nach DSM-IV Aufmerksamkeitsstörung + Hyperaktivität/ Impulsivität Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung: Mischtyp situationsübergreifend Aufmerksamkeitsstörung - Hyperaktivität/ Impulsivität situationsübergreifend Hyperaktivität/ Impulsivität - Aufmerksamkeitsstörung situationsübergreifend Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung: Vorwiegend unaufmerksamer Typ Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung: Vorwiegend impulsiver Typ Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 7 3. Mögliche Ursachen von AD(H)S In der Literatur finden sich drei grundsätzlich verschiedene Ursachenzuweisungen, die vor allem in Bezug auf die therapeutischen Folgen von großer Bedeutung sind: 3.1 Neurobiologische Funktionsstörungen als Hauptursache (F9) Hier wird als Ursache eine neurobiologische Funktionsstörung angenommen, die zu einer „Reizüberflutung“ führt. Wahrnehmungen können von der betroffenen Person nicht in „wichtig“ oder „unwichtig“ sortiert werden. Es kommt zu einer permanenten Reizüberflutung. Verantwortlich dafür wird eine angeborene, gestörte Regulation von Neurotransmittern (chemische Substanzen zur Weiterleitung von Nervenerregungen) auf der Zwischenhirnebene gemacht. Diese beeinflusst die Verarbeitung innerer und äußerer Reize. In aufmerksamkeitssteuernden Zentren im Zwischenhirn kommt es zu einem Ungleichgewicht einer Vielzahl von Neurotransmittern, insbesondere von Dopamin und Noradrenalin. Neuere Untersuchungen lassen vermuten, dass der Dopaminmangel im Zwischenhirn für die Entstehung des Syndroms eine besondere Bedeutung hat. So kann sich z.B. die Unterstimulation des Frontalhirns dahingehend auswirken, dass motorische Handlungen unzureichend abgestimmt, überschießend ausgeführt werden. Der gestörte Neurotransmitter-Stoffwechsel könnte verantwortlich sein für eine mangelhafte Hemmung von Verhaltensimpulsen und für eine schwache Selbstkontrolle. Hyperkinetisch auffällige Kinder können Verhaltensimpulse nicht unterdrücken, sie müssen alles, was „ihnen in den Kopf kommt“, sofort umsetzen. Außerdem fällt es ihnen schwer, einen Verhaltensablauf (z.B. eine Bewegung) im Voraus zu planen. Auch scheint eine Rückmeldung zu fehlen, wenn die Reaktion nicht angemessen war. Bei hyperkinetisch auffälligen Kindern scheint es, als seien insbesondere vier Verarbeitungsmechanismen beeinträchtigt (vgl. Barkley, in: Spektrum der Wissenschaft, 3/99): 1. Das nonverbale Arbeitsgedächtnis: Hier werden Informationen festgehalten, während eine Aufgabe durchgeführt wird – auch dann noch, wenn der ursprüngliche Reiz längst fort ist. 2. Das stumme (internalisierte) Selbstgespräch: Dieser Mechanismus erlaubt Selbstreflexion und das Befolgen von Regeln und Vorschriften, ohne das andere daran teilhaben. 3. Die Selbstregulierung von Stimmung, Motivation und Erregungsgrad. Dies betrifft die Selbstkontrolle über Gefühle, die auch mal aufgeschoben werden können oder die man für sich behält. 4. Das Zerlegen beobachteten Verhaltens in seine Einzelteile und das Zusammenstellen neuer - noch nicht erprobter - Verhaltensabläufe. Vertraute Handlungen werden also in Bruchstücke zerlegt und anders zu einer neuen Kette zusammengesetzt. Das heißt, dass sich die Kinder aufgrund der Hirnfunktionsstörung nicht von internen Anweisungen steuern lassen können, dass sie also unangemessenes Verhalten nicht zu unterdrücken vermögen. Bisher konnte der genetische Aspekt nicht endgültig nachgewiesen werden, jedoch bestätigen Langzeituntersuchungen in der Zwillings- und Familienforschung diese Annahme. Verwandtschaftsuntersuchungen ergaben, dass in Familien mit einem auffälligen Kind Geschwister das Syndrom 5-7mal häufiger entwickeln als in anderen Familien. Leidet einer der Eltern unter AD(H)D, beträgt das Erkrankungsrisiko für die Kinder bis zu 50 Prozent. Zwillingsstudien bestätigen den Genverdacht: Wurde bei einem Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 8 eineiigen Zwilling Hyperaktivität diagnostiziert, entwickelt es der andere Zwilling in 55 bis 92 Prozent der Fälle. Der eineiige Zwilling eines hyperaktiven Kindes ist 11-18mal häufiger ebenfalls betroffen als andere Geschwister. Eine große Zwillingsstudie ergab eine Erblichkeit des Verhaltensstörung von nahezu 80 Prozent (vgl. Barkley, 1999). Zur Zeit existiert jedoch in der klinischen Diagnostik noch kein allgemein eingeführtes Untersuchungsverfahren, welches die oben diskutierten biologischen Ursachen erfassen könnte. 3.2 Prä- peri- oder postnatale Ursachen und Störungen des Immunsystems (F10) Eine Einschränkung der Hirnfunktionen (Minimale cerebrale Dysfunktionen) kann in Einzelfällen auch durch Komplikationen in der Schwangerschaft, während der Geburt oder in der Säuglingszeit (z.B. vorzeitige Wehentätigkeit, verfrühte Geburt, Nabelschnurumschlingung bei der Geburt oder Sturz des Kindes vom Wickeltisch) verursacht oder verstärkt werden. Alkohol- und Tabakkonsum der Mutter, eine hohe Bleibelastung in der frühen Kindheit oder eine Hirnverletzung können ebenfalls eine Rolle spielen. Zusammen betrifft dies bei Jungen nur etwa 20-30 Prozent der Fälle, bei Mädchen noch weniger. Der Zusammenhang mit AD(H)S ist jedoch in den letzten Jahren sehr umstritten. Zum einen ist die MCD an sich schon schwer diagnostizierbar, zum anderen betonen DÖPFNER u.a.: „Lange Zeit wurde angenommen, dass alle Kinder mit hyperkinetischen Störungen eine strukturell bedingte Störung der Hirnfunktion aufweisen, selbst dann, wenn klare Hinweiszeichen dafür fehlen. ... Viele Studien lassen diese Hypothese jedoch als nicht haltbar erscheinen. ... Die Autoren schlussfolgern, dass die Diagnose einer MCD im bislang praktizierten Sinne klinisch unbedeutend und irreführend sei.“ (DÖPFNER u.a., 1998, S.10). Unabhängig von der noch ausstehenden, klinischen Beweisführung betont LÜPKE: „ Im Gegensatz zu klassischen Vorstellungen von Genetik geht man heute davon aus, dass Gene nicht nur am Anfang wirksam sind, sondern dass die kodierten Informationen während der gesamten Entwicklung kontinuierlich ... Einfluss auf die Entwicklung nehmen. ... Selbst bei abweichenden ... genetischen Informationen entscheiden Umwelteinflüsse, ob und in welchem Ausmaß sie wirksam werden. ... Nicht zuletzt kommen dabei auch Beziehungserfahrungen zum Tragen, also emotionale Einwirkungen im Zusammenspiel mit der Umwelt.“ (LÜPKE in PASSOLT, 2001, S.120). Diskutiert wird außerdem die These, dass auch Bestandteile der Nahrung (wie Zucker, Phosphate, Farbstoffe oder Milcheiweiß) zu hyperkinetischen Auffälligkeiten führen könnten. Unter Verdacht stehen viele Lebensmittel, von denen bekannt ist, dass sie Allergien auslösen können. Hier gibt es bisher keine wissenschaftlich gültigen Nachweise, auch wenn eine entsprechende Diät in wenigen Einzelfällen zur Linderung der Symptome beitragen kann. Auch DÖPFNER u.a. sehen Klärungsbedarf: „Durch spezifische, sogenannte oligoantigene Diäten konnten teilweise Verminderungen der hyperkinetischen Störungen erzielt werden, ... allerdings sind methodisch besser fundierte Studien notwendig, um die Beziehung von Nahrungsmittelallergien und hyperkinetische Störungen zu klären und die Wirksamkeit diätetischer Behandlungen zu überprüfen.“ (DÖPFNER u.a., 1998, S.10) 3.3 Psychosoziale und familiensystemische Ursachen (F11) Ohne sie bisher umfassend nachweisen zu können, nimmt man auch psychosoziale und familiensystemische Auslöser als mögliche Ursache für AD(H)S an. In jedem Fall können psychosoziale Bedingungen den Verlauf der Verhaltensauffälligkeit beeinflussen. GERSPACH (M. GERSPACH in Michael PASSOLT Hrsg., 2001, S.50 ff) betont in seinem Aufsatz die Sicht der psychoanalytischen Pädagogik. Er weist darauf hin, dass die BeGrundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 9 schreibung der Symptome meistens im Kontext stattfindet, z.B.: „Er unterbricht andere ohne böse Absicht; er ist ständig zappelig im Klassenverband; er ist unruhig, wenn der Vater zu Hause ist.“ Daraus schlussfolgert GERSPACH, dass „... das Problem nicht allein auf der Seite des hyperaktiven Kindes liegt ... Vielfach wird man auf die hyperaktiven Kinder nur aufmerksam, weil sich irgendwelche Erwachsene durch deren Symptome ... gestört fühlen. ... Wenn wir ... nach dem Bedeutungsaspekt auffälligen Verhaltens fragen, sehen wir uns aber unentrinnbar auf den Beziehungsrahmen einer individuellen Auffälligkeit zurückgeworfen.“ DÖPFNER nennt unter den ungünstigen, psychosozialen Bedingungen in der Familie: - Geringer sozioökonomischer Status (nur in einigen Studien wurde ein Zusammenhang nachgewiesen) - Ungünstige familiäre Bedingungen, z.B. unvollständige Familie, überbelegte Wohnung, psychische Störung der Mutter (spielen insgesamt nur eine begrenzte Rolle) - Ungünstige Eltern-Kind-Beziehung, z.B. hoher Anteil negativer Interaktionen (DÖPFNER u.a. 1998, S. 10) 3.4 Erklärungsansätze nach PETERMANN (Petermann, 1997, S.277 f) (F12) PETERMANN (PETERMANN, 1997, S.277 f) nennt folgende, unterschiedliche Erklärungsansätze für Aufmerksamkeitsstörungen: (Folie 4) 1. „Frühkindliche Hirnschädigung (Aufmerksamkeitsstörungen seien Folgen tatsächlicher neurologischer Schädigungen oder einer minimalen cerebralen Dysfunktion ...) 2. Spezifische Überaktivierung (Aufmerksamkeitsstörungen seien eine Folge von Reizüberflutung infolge der mangelnden Fähigkeit der Kinder, Störreize auszublenden und relevante Informationen verarbeiten zu können.) 3. Aktivierungsmangel (Eine corticale Unteraktivierung führe zu einer erhöhten Reizsuche und führe dadurch zum Erscheinungsbild der Aufmerksamkeitsstörung; ...) 4. Gestörte Immunregulation (Allergische Reaktionen führen zu Schwächen in der Modulation der corticalen Aktivierung und wirken im Sinne des soeben beschriebenen Aktivierungsmangels; ...) 5. Ungünstige Verstärkungsmechanismen im Elternhaus (Inkonsistente und überwiegend negative Verstärkung führen dazu, dass aufmerksames und sozial angemessenes Verhalten nur unzureichend erlernt wird). 6. Interaktionelle Theorien (Ungünstige Beziehungen zwischen Aufmerksamkeitsstörung, Kindern und den Eltern führen zum Erwerb von „aufmerksamkeitsgestörtem“ Verhalten). 7. Milieureaktive Verursachungshypothesen (Insgesamt ungünstige Sozialisationsbedingungen – u.a. Arbeitslosigkeit, niedriger Bildungsstand, geringe Lernförderung, Alkoholmissbrauch – führen zum Erwerb von „aufmerksamkeitsgestörtem“ Verhalten.“ Allen Erklärungsansätzen ist nach Ansicht von PETERMANN gemeinsam, dass sie allein eine Aufmerksamkeitsstörung nicht umfassend erklären können. In Fallstudien konnte beobachtet werden, dass in der Regel mehrere Ursachen zusammentreffen. Dies Erklärungen für AD(H)S sind multifaktoriell und verstehen sich als Ergebnis einer Entwicklung, sind also gleichzeitig prozessorientiert. Es wird angenommen, dass eine biologisch-somatische Disposition die Entstehung einer Aufmerksamkeitsstörung begünstigt, soziale Bedingungen und Erfahrungen des Kindes lösen sie aber erst aus. Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 10 BARKLEY entwickelte ein Interaktionsmodell, das die Verhaltensentwicklung bei AD(H)S-Kindern verdeutlicht. (BARKLEY in DÖPFNER, 1998, S.10) Aufforderung durch die Eltern Wiederholung der Aufforderung Nein Wird befolgt? Nein Ja Wird befolgt? Andere Tätigkeit Andere Tätigkeit Ja Nein Eltern geben nach Andere Tätigkeit Eltern drohen Nein Wird befolgt? Ja Andere Tätigkeit Nein Eltern ratlos Eltern geben nach Andere Tätigkeit Eltern reagieren aggressiv Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 11 Er schreibt: „Aufforderungen und Grenzsetzungen von Eltern werden von aufmerksamkeitsgestörten und impulsiven Kindern aufgrund dieser Störungen häufig nicht beachtet. Im Allgemeinen wiederholen Eltern ihre Aufforderungen dann mehrfach. Die Wahrscheinlichkeit, dass aufmerksamkeitsgestörte Kinder die Aufforderung wiederum nicht beachten, ist erhöht. Kommt es aber einmal dazu, dann beachten die Eltern dies nicht, entweder weil sie meinen, das folgsame Verhalten ihres Kindes sei schließlich mehr als selbstverständlich oder weil sie einfach endlich das tun wollen, was durch die Auseinandersetzungen mit dem Kind liegengeblieben ist. Auffälliges, nämlich nicht folgsames Verhalten des Kindes, hat jedenfalls vermehrte, wenn auch negativ getönte Aufmerksamkeit zur Folge, während angemessene Handlungen kaum beachtet werden. Die Spirale des familiären Konfliktes dreht sich noch weiter: Die Eltern beginnen zu drohen, das Kind reagiert wieder nicht, die Eltern werden schließlich ratlos und geben entweder nach oder werden ungezielt aggressiv. ... Das Kind wird durch das Nachgeben der Eltern für sein oppositionelles Verhalten belohnt ... oder durch das Vorbild der Eltern zu aggressivem Verhalten angeregt.“ (DÖPFNER u.a., 1998, S.11) BARKLEY ersetzt den Begriff „Aufmerksamkeitsstörung“ durch das Konzept der verminderten Reizkontrolle. Während unter günstigen zeitlichen, kontrollierten und positiv verstärkenden Bedingungen die Kinder durchaus in der Lage sind, Aufmerksamkeit zu entwickeln, ist unter ungünstigen Bedingungen, z.B. Zeitdruck, Leistungsdruck, starke Ablenkungen, für die betroffenen Kinder keine Reizkontrolle möglich. Betrachtet man das betroffene Kind im familiären Kontext, so findet sich in seiner Entwicklung häufig Phasen der Überstimulierung oder Unterstimulierung. Überstimulierung ist bei Kindern, die sehr im Mittelpunkt des Familiengeschehens stehen, zu beobachten. Sie werden mit Reizen überschüttet, gefördert und insgesamt ständig beschäftigt. Überstimulierte Kinder können nicht allein sein, sich selbst beschäftigen oder Bedürfnisse aufschieben. Das unterstimulierte Kind ist hingegen „Opfer“ krisenhafter Familiengeschehnisse. Niemand kümmert sich wirklich um seine Bedürfnisse, oft sind die Eltern zu sehr mit sich beschäftigt (Scheidung, Arbeitslosigkeit ...). 3.4 Multifaktorieller, prozessorientierter Erklärungsansatz (F13) Wie bereits oben erwähnt, geht PETERMANN von einem multifaktoriellen, prozessorientierten Erklärungsansatz aus. Bei vorhandener biologisch-somatischer Disposition wird die Aufmerksamkeitsstörung erst durch soziale Bedingungen und Erfahrungen des Kindes ausgelöst. Die Störung ist somit das Ergebnis einer Entwicklung und kein bloßes, angeborenes Schicksal. Er beschreibt den multifaktoriellen Ansatz in einem Modell (von PETERMANN modifiziert nach ROTH; SCHLOTTKE & KLEPEL, 1992 in PETERMANN (Hrsg.): Kinderverhaltentherapie, Hohengehren 1997, S. 280 ff) (Folie 6) Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 12 Modell zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Aufmerksamkeitsstörungen Erklärungsebenen Defizitäre zentralnervöse Aktivitätsregulation Psychophysiologische Grundlagen Autonome Prozesse, insbesondere Immunregulation Disponierende biologische Faktoren Einschränkung der Daueraufmerksamkeit Mangelnde inhibitorische Kontrolle Impulsivität Tendenz zu vermehrter Reizsuche Hyperaktivität Beeinträchtigung des strategischen Planungsverhaltens, beeinträchtigte metakognitive Prozesse Eingeschränkte Entwicklung von Schemata höherer Ordnung Negative Umweltreaktionen Einschränkung der Verhaltensregulation Verhaltensäußerung Einschränkung der Verhaltensorganisation Umweltreaktionen Disponierende soziale Faktoren Erleben von Misserfolg, affektive Reaktionen Expansives „Ersatz“-Verhalten als Kompensationsversuch Vermeidungsverhalten Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 13 Reaktive Verarbeitungen a) Psychophysiologische Grundlagen Betroffene Kinder sind aufgrund ihrer biologischen Disposition nicht in der Lage ihre Aktivität angemessen zu regulieren. Der vorhandene Erregungsgrad (Über- oder Untererregung) kann nicht der jeweiligen Situation angepasst werden. das führt zu: b) Einschränkung der Verhaltensregulation Als Folge treten Einschränkungen in der Verhaltensregulation auf, z.B. eine Einschränkung der Daueraufmerksamkeit und keine „inhibitorische Kontrolle“, das bedeutet, ungünstige Reaktionen können nicht oder nur sehr schwer unterdrückt werden. Außerdem versuchen die Kinder eine bestehende Unteraktivierung durch vermehrte Reizsuche auszugleichen. das führt zu: c) Verhaltensäußerungen Impulsivität äußert sich in nicht überlegten, vorschnellen, meist ineffektiven Reaktionsweisen. Hyperaktivität äußert sich in motorischer Unruhe. das führt zu: d) Einschränkung der Verhaltensorganisation Die Kinder können nicht mehr geordnet und planvoll vorgehen. Sie wenden keine „erfolgreichen“ Strategien an, überprüfen nicht ihre Handlungsabläufe auf ihre Effizienz hin, langfristig leidet ihr Instruktionsverständnis. das führt zu: e) Umweltreaktionen Das unangemessene Verhalten der Kinder führt zu häufigen Bestrafungen und internalen Attribuierungen (die Kinder sind schuld, sie wollen nicht ...). Sie werden von positiven sozialen Aktivitäten ausgeschlossen und können auf diesem Sektor nichts dazulernen. das führt zu: f) Reaktive Verarbeitungen Die Gesamtentwicklung und die Rückmeldung über die Umwelt führen beim Kind zu einer ungünstigen reaktiven Verarbeitung. Persönliche Misserfolge lassen das Selbstwertgefühl absinken, Trotzverhalten, Aggressivität, sozialer Rückzug oder Clownerie bieten sich als kompensierendes Verhalten an. Ungünstige familiäre und schulische Rahmenbedingungen verschärfen die Entwicklung. Sie sind an einer ungünstigen Entwicklung der reaktiven Verarbeitung beteiligt. Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 14 4. Wie erleben wir AD(H)S-Kinder in der Schule? Obwohl die Symptome einer hyperkinetischen Störung in der Regel schon im Säuglingsund Kleinkindalter zu beobachten sind, werden sie oft erst mit dem Schuleintritt zum wirklichen Problem. Die Säuglings- und Kleinkindzeit kann von den Eltern mit viel Geduld und Anstrengungsbereitschaft individuell auf das Kind zugeschnitten werden. Kennzeichnend sind in dieser Altersstufe häufig ein geringes Schlafbedürfnis, ein hohes Aktivitätsniveau und wenig Durchhaltevermögen beim Spielen. Im Kindergarten machen sich u.U. erste Entwicklungsdefizite bemerkbar, begleitet von hoher motorischer Unruhe und geringer Spielintensität und –ausdauer. Es wird aber auch von besonders gut entwickelten Kindern berichtet, die o.g. Symptome zeigen; ein signifikanter Zusammenhang zwischen Hochbegabung und AD(H)S konnte bisher aber nicht nachgewiesen werden. In der Gruppe und gegenüber der Gruppenleitung des Kindergartens kommt es oft zusätzlich zu oppositionellem und aggressivem Verhalten. 4.1 Sekundärsymptome und schulspezifische Probleme Mit dem Schuleintritt erleben die betroffenen Kinder ihre Problematik häufig sehr viel massiver. Grund dafür sind die veränderten Rahmenbedingungen, die Erwartungshaltung in Schule, Elternhaus und Gesellschaft, aber auch die inzwischen manifestierten, ungünstigen Verhaltensmuster des Kindes. Die Probleme der Kinder zeigen auf verschiedenen Ebenen in unterschiedlichen Situationen: (F14)) AD(H)S Die Schule erwartet u.a.: - Integration und Anpassung an die Normen - Aufmerksamkeit und Ausdauer - Grob- und feinmotorische Grundfertigkeiten - Altersgemäßes Arbeitsverhalten (Stillsitzen) - Angemessenes Sozialverhalten Die Kinder sind hingegen u.a.: - wenig einordnungsfähig - leicht ablenkbar - nur selten und kurz konzentriert - ungeschickt in ihren grobund feinmotorischen Bewegungen - wenig empathisch in ihrem Sozialverhalten Daraus ergeben sich für die Schule Probleme in den Bereichen: 1. Aufmerksamkeit 2. Konzentration 3. Durchhaltevermögen 4. Arbeitstempo 5. Arbeitsqualität 6. Grobmotorik 7. Feinmotorik/ Schrift 8. Selbstbild/-einschätzung 9. Leistungsangst 10.Sozialverhalten (gegenüber Kindern/ Erwachsenen Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 15 4.2 Probleme auf verschiedenen Interaktionsebenen a) Probleme auf der Lehrer-Schüler-Ebene (F15)) (vgl. ISB Handreichungen: Aufmerksamkeitsgestörte, hyperaktive Kinder und Jugendliche im Unterricht, Auer Verlag 1999; S.18 ff) Motorik: Lehrer stören sich häufig am unruhigen, zappeligen Verhalten der betroffenen Kinder. Diese können nicht am Platz bleiben, fallen vom Stuhl, stoßen Dinge oder andere Kinder um, lassen etwas fallen oder können einfach nur Hände und Füße nicht ruhig halten. Sie sind dazu meistens motorisch ungeschickt. Die ungünstige Grobmotorik wirkt sich auch negativ auf die Feinmotorik aus. Bastel- und Schneidefertigkeiten sowie die Handschrift sind meistens unter dem Durchschnitt. Konzentration und Aufmerksamkeit: Die Aufmerksamkeit reicht nur für sehr kurze Zeitspannen. In der Regel lässt sie im Laufe des Vormittags stark nach. Die Konzentration des Kindes reicht weder für Erklärungs- noch für Anwendungsphasen. Jede Störung ist willkommener Anlass zur Ablenkung. Manchmal werden Arbeiten durchaus motiviert angefangen, die Qualität lässt aber sehr schnell nach. Problemlösestrategien: Viele AD(H)S Kinder haben einen impulsiven Arbeitsstil. Sie gehen nicht planend vor, versuchen sich „vor“-schnell an Lösungen, erleiden Schiffbruch und geben auf. Häufig haben sie die Arbeitsanweisung weder genau gehört noch durchdacht. Schwierigkeiten im sprachlichen Bereich: Auch die Sprache „leidet“ häufig unter der mangelnden Impulskontrolle. Die Auffälligkeiten gehen vom überhasteten Sprechen bis hin zum wenig reflektierten, wenig differenzierten Ausdruck. Es wird allerdings auch von Kindern berichtet, die im mündlichen Ausdruck besonders gut sind. Beziehungsprobleme: Das permanente Gefordert- und Überfordertsein führt bei Lehrern oft zu einer negativen Kind-Lehrer-Beziehung. Sie erleben das betroffene Kind als ständige Herausforderung ohne Hoffnung auf Erfolg. Belastend sind hier: „Geringe Frustrationstoleranz, kaum vorhandener Bedürfnisaufschub, geringe Fähigkeit, Regeln einzuhalten, permanentes Störverhalten, emotionale Labilität, nicht vorhandenes „Arbeitsverhalten“, ständige Händel in der Klasse und Schule, Versuche der ständigen persönlichen und körperlichen Kontaktaufnahme zur Lehrkraft.“ (ISB, 1999, S.23) b) Probleme auf der Schüler-Schüler-Ebene Probleme in der Klassengemeinschaft: Die betroffenen Kinder sind durch die zahlreichen Reize in einer Gemeinschaft hoffnungslos überfordert. Sie können Mimik, Gestik und verbale Äußerungen nicht immer richtig deuten, reagieren körperlich und verbal impulsiv und geraten dadurch häufig in Streit mit anderen. Dabei durchschauen sie keine UrsachenWirkungs-Ketten, sondern fühlen sich meistens ungerecht behandelt. Bewunderung als Klassenclown: Häufig etablieren sich die Kinder durch ihr scheinbar respektloses Verhalten als Klassenclown. Diese Rolle sichert ihnen ein Mindestmaß an Zuwendung und Anerkennung, führt aber auch dazu, dass sie sich an ihre Rolle „gewöhnen“ und nicht mehr anders agieren können. Ablehnung durch Klassenkameraden: Selbst nach anfänglicher Bewunderung wird ein aufmerksamkeitsgestörtes Kind mit der Zeit von Klassenkameraden immer stärker abgelehnt. Es entstehen nur selten tragende Freundschaften, nehmen ihm will niemand sitzen, Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 16 keiner lädt ihn zum Geburtstag ein. Auch für Kinder ist es schwierig, mit dem Betroffenen umzugehen, weil er: „- will immer im Mittelpunkt stehen, - drängt sich immer vor, - hält Regeln nicht ein (Spielverderber), - verhält sich unangemessen und unvorhersehbar, - ist unzuverlässig, - wechselt ständig die Stimmung (man kennt sich nicht aus), - wirkt aggressiv, da es Handlungen in ihrer Stärke und Folge nicht abschätzen kann, - hat in der Klasse eine Sonderrolle (Lehrer ist mit ihm mehr beschäftigt als mit anderen), - zerstört Materialien sowohl unabsichtlich als auch absichtlich.“ (ISB Handreichungen, S.24) c) Probleme auf der Eltern-Schule-Ebene Der Konflikt zwischen Schule und Elternhaus: ist vorprogrammiert. Die anstrengende Betreuung und Erziehung des Kindes bis zum Schuleintritt hat die Eltern bereits besonders belastet, aber auch besonders sensibel gemacht. Sie fühlen sich in der Regel für das Verhalten verantwortlich. Die Mitteilungen der Schule erhöhen noch das Schuldgefühl. Darüber hinaus wollen sie eine möglichst erfolgreiche Schullaufbahn für ihr Kind erreichen. Sie erleben in ständigem Wechsel das Bedürfnis zu helfen, zu strafen, zu verteidigen und sich schuldig zu fühlen. Der Hausaufgabenkampf: In der Hausaufgabensituation zeigen sich massiv alle Forderungen, mit denen eine aufmerksamkeitsgestörtes Kind so schwer umgehen kann. Es muss sich auf eine bestimmte Arbeit konzentrieren, darf sich nicht ablenken lassen, muss anderweitige Bedürfnisse zurückstellen, die Autorität des Hausaufgaben gebenden Lehrers akzeptieren, feinmotorische Fertigkeiten unter Beweis stellen, usw. Daher gehören die Hausaufgaben zu den größten Herausforderungen innerhalb der betroffenen Familie. d) Probleme auf der Ebene des Selbsterlebens Aufmerksamkeitsgestörte Kinder merken sehr schnell, dass sie sich von anderen Kindern unterscheiden. Als Folge der negativen Rückmeldungen auf ihr Verhalten erleben sie sich minderwertiger als die übrigen Kinder. Obwohl sie sich – zumindest in Einstiegsphasen – immer wieder um angemessenes Verhalten bemühen, führen die häufigen Misserfolge zu einer massiven Misserfolgsorientierung und wenig Hoffnung auf Erfolg. Andrerseits neigen sie auch dazu, sich in vielen Situationen zu überschätzen. Sie kompensieren hier teilweise ihre Angst vor Misserfolg durch ein unrealistisches Selbstbild, häufig in Bezug auf körperliche Geschicklichkeit oder auch auf Leistungsziele. Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 17 5. Hilfen für das AD(H)S-Kind Von AD(H)S betroffene Kinder, ihre Familien, aber auch ihre Lehrer und Klassenkameraden sind über lange Zeit einer besonderen Belastung ausgesetzt. Es liegt auf der Hand, und die geschilderten Entstehungs- und Rahmenbedingungen lassen auch keine andere Schlussfolgerung zu, dass Hilfe auf mehreren Ebenen und unter verschiedenen Aspekten angeboten werden muss. Die Hilfe besteht zum einen in konkreten, auf den Alltag bezogene Maßnahmen, die das Miteinander erleichtern und das Selbstwertgefühl des Kindes stärken. Darüber hinaus bedarf es in den meisten Fällen einer gezielten, therapeutischen Intervention und Betreuung. Im Folgenden soll zuerst eine Übersicht über mögliche Therapien gegeben werden, um dann praktische Hinweise für den Schulalltag aufzuzeigen. 5.1 Hilfe durch Therapien DÖPFNER u.a. betonen, dass in der Regel eine unimodale Behandlung nicht ausreichen wird. Da es sich bei der AD(H)S-Problematik um eine multifaktorielle Störung handelt, sollte auch der therapeutische Ansatz multimodal sein. (DÖPFNER u.a., 1998, S.41) Sie sagen: „Die Situationsspezifität der Symptomatik und ihre vielfältigen Ausprägungsformen gebieten, dass die Therapie dort anzusetzen hat, wo die Probleme auftreten: beim Kind, in der Familie, in der Schule, bei den Aufmerksamkeitsschwächen, der Impulsivität, der Hyperaktivität oder der Aggressivität.“ (ebd., S.41) Die Therapien können also unter dem Aspekt der zu behandelnden Personen oder der eingesetzten Therapieform geordnet werden. Die nachfolgende Übersicht (Seite 19/20) setzt sich zusammen aus der Darstellung von DÖPFNER (ebd. S.41) und der Darstellung von PETERMANN (1997, S.284). Es werden einige populäre Therapien dargestellt. Die Therapien setzen an den verschiedenen, angenommenen Ursachen an. PETERMANN beschreibt sie wie folgt: „- die Veränderung psychophysiologischer Grundlagen ... durch medikamentöse Therapie, um insbesondere der defizitären, zentralnervösen Aktivitätsregulation entgegenzuwirken; - die Verbesserung der Verhaltensregulation eines Kindes, um ungeeignete und ineffiziente Reaktionen zu unterdrücken ... sowie Aufmerksamkeitsprozesse zu intensivieren ...; - die Verbesserung handlungsorientierter Möglichkeiten im Bereich von Strategieerwerb und Nutzung metakognitiver Prozesse ...; - die Verbesserung von verhaltensorganisierenden Wissensanteilen, die die eingeschränkte Entwicklung von Schemata höherer Ordnung ... korrigieren bzw. ihr präventiv begegnen ...; - die Zusammenarbeit mit Eltern und Lehrern, um negativen Umweltreaktionen vorzubeugen und geeignetere Umgangsformen mit der Beeinträchtigung zu fördern ... .“ (PETERMANN , 1997, S.284) Therapiefolien (F16, F17, F18, F19) Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 18 Interventionsform Therapieansatz Behandlungsziel Beispiel Wirkung/ Effekte Mögliche Probleme Kindzentrierte Therapie Medikamentöse Therapie/ Pharmakotherapie Veränderung der psychophysiologischen Grundlage Psychopharmaka Methylphenidat Ritalin Medikinet Kindzentrierte Therapie Diät-Behandlung Über eine umgestellte Ernährung soll die Störung beeinflusst werden Verzicht auf: Industriezucker Phosphate Farb- und Aromastoffe Konservierungsmittel Kindzentrierte Therapie Selbstinstruktionstraining Steigerung der Aufmerksamkeit, Erhöhung der Impulskontrolle Training von LAUTH und SCHLOTTKE (1997) Arbeit mit Signal- oder Stopkarten. 70 – 90% der Kinder über 4 Jahre sprechen auf die Behandlung an; Verhalten normalisiert sich; schafft oft Voraussetzung für andere Therapien In Langzeitbeobachtungen wurden positive Effekte festgestellt, allerdings keine wissenschaftlich nachgewiesene, eindeutige Zusammenhänge zwischen AD(H)S und Ernährung. Kind lernt am Vorbild des Therapeuten, Handlungsabläufe und Denkprozesse zu verbalisieren. Es werden Muster eingeschliffen, die zu Handlungsverzögerungen und reflexivem Antwortverhalten führen. Kindzentrierte Therapie Psychomotorische Therapie Das „Sich-Bewegen“ und die innere Befindlichkeit sollen in Einklang gebracht werden Kindzentrierte Therapie Soziales Kompetenztraining Aufbau sozialer Kompetenz bei sozial unsicheren, aggressiven oder impulsiven Kindern Förderung nach den Prinzipien der sensorischen Integration (Jean Ayres); Tanz- und Bewegungstherapie Mototherapie Trainingsprogramm von PETERMANN und PETERMANN 1997 Nur wirksam, so lange die Behandlung durchgeführt wird; Nebenwirkungen nicht endgültig geklärt; kontrollierte, optimale Dosierung von großer Bedeutung. Sehr aufwendige Umstellung der Ernährung; auf Langzeitveränderung angelegt; Diätbehandlung muss sorgfältig vom Arzt und einer Diätassistentin begleitet werden; Wirkung begrenzt. Funktioniert erst, wenn das Kind in der Lage ist mitzuarbeiten und zur Mitarbeit bereit ist; Erfolg hängt mit der Konsequenz der Anwendung zusammen; Schule und Elternhaus müssen den Trainingsprozess unterstützen; Wirkung begrenzt. Keine Nebenwirkungen, aber häufig nicht ausreichend, um den (bewegungsarmen) Schulalltag bewältigen zu können; Steigerung der Körperbewusstheit; Steigerung der Wahrnehmung; Steigerung der grob- und feinmotorischen Geschicklichkeit; Kinder empfinden die Therapie in der Regel als lustvoll; Bessere Wahrnehmung und Interpretation sozialer Situationen; Entwicklung alternativer Lösungen und Handlungswege; Einüben von Problemlöseschritten Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 19 Trainingsinhalte werden von Kindern, die schnell wütend werden, nicht immer auf die Realität übertragen; Therapie muss im Alltag unbedingt begleitet werden. Interventionsform Therapieansatz Behandlungsziel Beispiel Wirkung/ Effekte Mögliche Probleme Eltern sollen Wissen über die Störung erwerben; Eltern sollen Situationen anders interpretieren Interventionsbausteine bei PETERMANN oder DÖPFNER Eltern sind nicht bereit oder in der Lage, am Programm teilzunehmen; Familiensituation ist ungünstig (getrennte Eltern, konkurrierende Erziehung ...) Familienzentrierte Eltern-Kind-Training Es werden neue Interaktionsmuster aufIntervention Trainingsbausteine bei PETERMANN oder DÖPFNER Information führt zur Versachlichung und entlastet die Eltern von Schuldgefühlen, in der Erziehung versagt zu haben. Sie wissen, welche Reaktionen ihrerseits sinnvoll und angemessen sind. Eltern können die Rahmenbedingungen zu Hause angemessener gestalten, ungünstige Faktoren nach Möglichkeit ausschalten; Interaktionen wird kontrollierter; Erziehungsverhalten wird konsequenter Interventionsbausteine bei PETERMANN oder DÖPFNER Information führt zur Versachlichung und entlastet das Kind als „Schuldigen“. Lehrer ist nicht bereit, am Programm teilzunehmen; Häufiger Lehrerwechsel erschwert notwendige Kontinuität in der Verhaltenssteuerung. Trainingsbausteine bei PETERMANN oder DÖPFNER Mit Hilfe verhaltenstherapeutischer Bausteine kann in der Klasse oder Kindergartengruppe Entlastung erzielt werden. Gleichzeitig wird angemessenes Verhalten aufgebaut und das Selbstwertgefühl des Kindes gestärkt. Lehrer ist nicht bereit, am Programm teilzunehmen; Häufiger Lehrerwechsel erschwert notwendige Kontinuität in der Verhaltenssteuerung. Familienzentrierte Aufklärung und Beratung Intervention gebaut; das Erziehungsverhalten als Ganzes wird reflektiert und verändert; Aufklärung und Kindergartenund schulzentrier- Beratung te Intervention Intervention im KinKindergartenund schulzentrier- dergarten/ in der Schule te Intervention Verhaltensauffälligkeiten speziell in der Großgruppe sollen verringert werden; Information der Erzieher über stabilisierende bzw. modifizierende Bedingungen; Voraussetzung jeder Intervention. Es werden vor allem verhaltenstherapeutische Techniken eingeübt, um Verhalten zu steuern (Verstärkung, Löschung ...) Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 20 Eltern sind nicht bereit oder in der Lage, am Programm teilzunehmen; Familiensituation ist ungünstig (getrennte Eltern, konkurrierende Erziehung ...) Entscheidungsbaum: Multimodale Therapie von external auffälligen Schulkindern (DÖPFNER u.a., 1998, S.44) (F20) Aufklärung und Beratung der Eltern und des Kindes / Jugendlichen Stark ausgeprägte, situationsübergreifende, hyperkinetische Symptomatik mit krisenhafter Zuspitzung? JA Pharmakotherapie JA Eltern-Kind-Programm Selbstinstruktionstraining Nein Hyperkinetische Auffälligkeiten auch bei optimalen Arbeitsbedingungen mit Therapeuten? Nein Ja Externale Auffälligkeiten des Kindes in der Familie? Nein Ja JA Nein Eltern-Kind-Programm Intervention in der Familie Noch ausgeprägt hyperkinetisch? JA Kombination mit Pharmakotherapie Externale Auffälligkeiten des Kindes in der Schule? JA Nein Nein Aufklärung und Beratung der Lehrer Intervention in der Schule Noch ausgeprägt hyperkinetisch? JA Kombination mit Pharmakotherapie Komorbide Störungen? (Tics, Zwänge) JA Therapie komorbider Störungen u.a.: Soziales Kompetenztraining, Übungsbehandlung, Einzel-/Gruppenpsychotherapie Anmerkungen zu den vorgestellten Therapien: a) medikamentöse Therapie/ Pharmakotherapie Diese Form der Therapie ist am heftigsten umstritten. Zwischen den Befürwortern und Gegnern liegen oft „Welten“. Zwischen 70 und 90% der Kinder über 4 Jahren sprechen auf die Behandlung mit Methylphenidat (z.B. Ritalin) an. Eltern wie Lehrer empfinden häufig nach Zeiten der enormen Belastung zum ersten Mal so etwas wie Normalität. Auf der anderen Seite bleibt die Angst vor Nebenwirkungen und Spätfolgen. Während die beobachtbaren Nebenwirkungen (Schlafstörungen, Bauch- oder Kopfschmerzen, Tics) oft nach einiger Zeit verschwinden oder durch eine Dosierungsänderung beeinflussbar sind, liegen wissenschaftlich abgesicherte Erkenntnisse über Spätfolgen bisher nicht vor. Befürchtet werden Wachstumseinflüsse auf das junge Gehirn (geringere Verzweigung von Dopamin produzierenden Zellen), möglicherweise eine erhöhte Anfälligkeit für Parkinson. Ritalin ist ein Psychostimulans, das bewirkt, dass die chemischen Signalüberträger länger zwischen den Nervenzellen bleiben. Dadurch wird die Konzentrationsfähigkeit erhöht und die körperliche Unruhe vermindert, allerdings nur solange das Medikament eingenommen wird. Es ist also kein Heilmittel, sondern schafft oft nur die Voraussetzung, dem Kind helfen zu können. Es sollte ausschließlich von Kinder- und Jugendpsychiatern oder besonders geschulten Kinderärzten nach genauer Diagnose und bei strenger Verlaufskontrolle verabreicht werden. Langzeiterfolge erfordern eine begleitende Therapie. b) diätetische Behandlung DÖPFNER (DÖPFNER u.a., 1998, S.42) weist darauf hin, dass „diese Behandlungsform für umschriebene Gruppen möglicherweise hilfreich sein kann. Diese Therapieform ist allerdings noch nicht hinreichend gut untersucht worden.“ Subjektive Schilderungen von Eltern in der Beratung bestätigen, dass die Reduzierung von Zucker (v.a. in Süßigkeiten) zu einer sichtbaren motorischen Beruhigung führt. Die Konzentrationsfähigkeit sei allerdings nicht gestiegen. In München wird am Hauner’schen Kinderspital diätetisch beraten. Eltern, die sich auf diese Behandlungsform einlassen, müssen bereit sein, Zeit, Mühe und Geld aufzubringen. c) Selbstinstruktionstraining, soziales Kompetenztraining (Verhaltenstherapie, Spieltherapie, kognitive Verhaltensmodifikation) Diese, im weitesten Sinn verhaltenstherapeutische Verfahren, sind gut geeignet, Kindern, die bereits einen sog. Leidensdruck entwickelt haben und etwas in ihrem Leben verändern wollen, die richtigen Werkzeuge an die Hand zu geben. Sie erfordern große Übungsbereitschaft, möglichst viel Unterstützung durch die betreuenden Personen und konsequente Anwendung des Erlernten. Sie greifen nicht oder nur verzögert, wenn Kinder bereits schwere Persönlichkeitsstörungen entwickelt haben oder der Ausprägungsgrad von Hyperaktivität, Impulsivität und oppositionellem Verhalten besonders hoch ist. d) psychomotorische Therapie (Visuo-Motor-Training nach FROSTIG; sensorisches Integrationstraining nach AYRES; Psychomotorik nach PASSOLT/München; Ergotherapie; Hippotherapie) Nach DÖPFNER ist die Wirksamkeit dieser Verfahren nicht wissenschaftlich nachweisbar. Sie können allerdings sehr hilfreich sein, wenn motorische oder sensomotorische Defizite vorliegen. PASSOLT (PASSOLT, 1997, S.8) geht als Vertreter der psychomotorischen Therapie weit über das o.g. Anwendungsgebiet hinaus: „Vielmehr liegt die Einsicht zugrunde, dass die Bewegung ein elementarer Grundstein des Menschen ist. Menschliche Bewegung wird mehr als ein rein physischer Vorgang betrachtet. Es ist ein Lebensausdruck des ganzen Menschen und dessen, was ihn bewegt. Was kann dann naheliegender sein, als in der Arbeit mit hyperaktiven Kindern an dem Punkt zu beginnen, was an ihnen auffällt: Das, was auf ihren Körper geschrieben ist. Was ihnen ihr Liebstes ist.“ Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 22 e) Eltern-Kind-Training / Intervention im Kindergarten / in der Schule (Trainingsbausteine von PETERMANN; Trainingsbausteine von DÖPFNER) Da das betroffene Kind Teil einer sozialen Gruppe, also Familie, Freundeskreis, Schulklasse, ist, sollte es auch in dem genannten Kontext Hilfe erfahren. MATTNER (in PASSOLT, 2001, S.23) schreibt: „... wenn wir etwas als störend beschreiben, dann machen wir im Grunde keine Aussage über den Gegenstand, den wir beschreiben, sondern wir machen eine Aussage über unsere Art und Weise zu beobachten. ... Eine Störung bezeichnet demnach zunächst lediglich eine Differenz zwischen einer Erwartungshaltung einer ... Person und einem Menschen, der dieser Erwartungshaltung aus den unterschiedlichsten Gründen nicht zu entsprechen vermag. FREED (FREED / PARSONS, 1997, S.99) schlägt vor, einfach mal umzudenken: „ Sehen Sie Ihr Kind nicht als ... Sehen Sie es als ... Hyperaktiv Impulsiv Zerstreut Tagträumer Unaufmerksam Unberechenbar Streitsüchtig Energisch Spontan Kreativ Phantasievoll Offen für neue Eindrücke Flexibel Unabhängig ...“ Darüber hinaus gilt es auch, den betreuenden Erwachsenen Wissen zu vermitteln, um Schuldgefühle abzubauen, sowie Strategien anzubieten, die das Miteinander erleichtern. f) Multimodale Therapie (F20) In der multimodalen Therapie wird versucht, einen besonderen Personen- und Situationsbezug zu schaffen. Der Entscheidungsbaum von DÖPFNER gibt einen möglichen Verlauf wieder. Da die Ursachen für AD(H)S in der Regel multikausal und im Einzelfall verschieden sein können, bietet die multimodale Therapie die Möglichkeit, adäquat zu reagieren. Das Problem ist hier, dass sich außerhalb von klinischen Einrichtungen kaum Kinderärzte oder Therapeuten finden, die eine derart aufwendig angelegte Therapie begleiten. In der Regel müssen sich die Eltern für das eine oder andere Therapieangebot entscheiden. Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 23 5.2 Hilfen im Schulalltag Obwohl die Schule mit ihren institutionellen und personellen Rahmenbedingungen keine Therapie anbieten oder gar ersetzen kann, ist sie doch Teil der Lebenswelt des betroffenen Kindes. Hier muss sich das Kind zurecht finden, hier lernt es, findet Freunde, erwirbt Strategien zur Daseinsbewältigung. Es ist sowohl für die Entlastung der beteiligten Personen (Lehrer und Mitschüler) als auch für das Kind selbst von großer Bedeutung, wie der Schulalltag abläuft. Ungünstige Rahmenbedingungen können – wie bereits erläutert – die Symptomatik verstärken und ggf. eine Sekundärsymptomatik auslösen, z.B. Schulangst, Leistungsverweigerung. Im Wesentlichen geht es um zwei Ziele: 1. Die Auftretenswahrscheinlichkeit von Störungen soll insgesamt verringert werden. 2. Das betroffene Kind soll gestützt und in seinen Verhaltens- und Lernbemühungen positiv verstärkt werden. 1. Verringerung von Störungen (F21) a) AD(H)S-Kinder brauchen klare Regeln Eindeutige, kurze, klare Regeln festlegen und konsequent anwenden; Diskussionen vermeiden, die zu Ausnahmen von der Regel führen. Konsequenzen sollten vorher mit der Klasse abgesprochen sein. Regeln sollten stets positiv formuliert sein (nicht: Ich darf nicht dazwischenreden, sondern: Ich melde mich, wenn ich etwas sagen möchte.) b) AD(H)S-Kinder brauchen konstante Rahmenbedingungen Die Tisch- und Sitzordnung sollte keine Unruhe erzeugen, nicht zu stark ablenken; frontale Sitzordnung mit Blick auf den Unterrichtsgegenstand kann förderlich sein; keine häufiges Umsetzen; Platz so wählen, dass häufiger Blickkontakt für nonverbale Kommunikation möglich ist; Rituale im Unterricht (Morgenkreis, feste Interaktionsformen, feste Handlungsabläufe in der Malstunde, usw.) fördern die individuelle Sicherheit, Überraschungen verunsichern. c) AD(H)S-Kinder brauchen Freiräume Störungen sind meistens unvermeidbar. Sie werden jedoch häufig erst durch die Reaktion des Lehrers zur wirklichen Störung. Es sollte daher abgesprochen werden, was ggf. erlaubt ist, z.B. im Stehen arbeiten, ans Pult kommen, um Arbeitsmaterial auszuleihen, den Bleistift statt den Füller benutzen usw.. Der gezielte Einbau von Bewegungsmöglichkeiten schafft Entspannung für das Kind (Botengänge, Hefte austeilen ...); die Benutzung von „Handschmeichlern“ (Jonglierbälle, Schaumstofftiere ...) mindert den motorischen Drang. Forderungen sollten nur dann gestellt werden, wenn auch sicher gestellt ist, dass diese Forderungen durchsetzbar sind. d) Mit Störungen durch AD(H)S-Kindern rechnen Im Vorfeld bereits überlegen, wie man auf welche Handlung reagiert, ohne sich zu sehr zu ärgern und emotional zu belasten. Plätze zur Separation schaffen, Steuerungsmöglichkeiten im Unterricht vorsehen, Arbeitszeiten und Anforderungen individuell anpassen. Kleinere Störungen ignorieren, um sie nicht aufzuwerten, auf größere Störungen in stets gleicher Weise reagieren. Besonders wirkungsvoll sind schnelle, emotionsfreie Rückmeldungen oder vereinbarte Zeichen, da die betroffenen Kinder oft eine eingeschränkte Selbstwahrnehmung haben. Das Verlassen des Klassenzimmers, sog. timeout, kann wirksam sein, darf jedoch nicht herabwürdigen. Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 24 2. Stützen und verstärken (F22) a) AD(H)S-Kinder wollen geliebt und anerkannt werden Auch wenn sie oft wie kleine „Schachtelteufel“ auftreten, wollen die betroffenen Kinder geliebt und anerkannt werden. Sie tun sich oft schwer mit sozialen Kontakten und setzten ggf. auch kontraproduktives Verhalten ein, um erst einmal Aufmerksamkeit zu erzielen. Daher ist es nicht leicht, eine positive Beziehung zu diesen Kindern aufzubauen. Kinder spüren sehr schnell diese intuitive Ablehnung und entwickeln Versagens- und Isolationsängste. Es ist wichtig, sich die positiven Seiten des Kindes bewusst zu machen, sie dahingehend zu beobachten und zu verstärken. DÖPFNER schlägt in seinem Programm vor (DÖPFNER, 1998, S.196): „Können Sie regelmäßig mit dem Kind Zeiten vereinbaren, in denen Sie ihm seine positiven Verhaltensansätze in ansonsten kritischen Situationen rückmelden? Dafür genügen kurze Zeiten von ein bis zwei Minuten, am besten am Ende des Unterrichts. In diesen kurzen Rückmeldezeiten sollten Sie höchstens einen Satz über das problematische Verhalten sagen und die restliche Zeit für die Rückmeldung positiver Ansätze widmen, z.B.: - das Kind hat sich angestrengt, sitzen zu bleiben; - das Kind hat weniger in die Klasse gerufen; - das Kind hat sich aktiv am Unterricht beteiligt; - das Kind hat sich nicht mit anderen gestritten.“ b) AD(H)S-Kinder wollen lernen und Erfolge haben In der Regel brauchen AD(H)S-Kinder wesentlich mehr Kraft, um die gleichen Erfolge zu erzielen wie nicht betroffene Kinder. Folgende Hilfen können ihnen das Lernen erleichtern: - die aktiven Arbeitszeiten möglichst kurz halten - komplexe Aufgaben in Einzelschritte zerlegen, überschaubar machen, z.B. durch Abknicken oder Abdecken des Blattes oder vorbereitetes Portionieren. - Zwischenlob geben, um Versagensängste abzubauen - Ruhiges Arbeiten mit Bewegung, z.B. durch Kontrollmaterial in einer Klassenzimmerecke, kombinieren - Musik kann, muss aber nicht, die Konzentration der betroffenen Kinder fördern. - Strategien für den Umgang mit Fehlern anbieten, z.B. mit dem Bleistift schreiben, sauberes Durchstreichen, Überkleben usw. - Arbeitsposition wählen lassen (sitzen, stehen, knien) - Signalkarten mit ausgewählten Arbeitsschritten helfen beim Ablauf - Hausaufgaben ggf. portionieren. c) Als Co-Therapeut tätig werden Die Trainingsprogramme von PETERMANN oder DÖPFNER enthalten Methodenbausteine, die auch in der Schule eingesetzt werden können. Dazu gehören vor allem das Selbstinstruktionstraining und das Tokensystem. Während beim Selbstinstruktionstraining die Lehrerin eher darauf achtet, dass das Kind die Arbeits- oder Verhaltensregeln zur Verfügung hat oder leise vor sich hinspricht, muss sie beim Tokensystem aktiv Punkte o.ä. für erwünschtes Verhalten vergeben, damit also stärker kontrollieren. Die folgenden Beispiele sind dem Therapieprogramm von DÖPFNER entnommen: Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 25 Stop! Was soll ich tun? Wie ist mein Plan? Sorgfältig, Schritt für Schritt zum Ziel! Nochmals alles überprüfen! Selbstinstruktionstraining; Signalkarten; in DÖPFNER u.a., 1998, S.331 Hurra, ich hab’s geschafft! Damit mache ich mir eine Freude! Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 26 Meine Arbeitsregeln Auf dem Tisch liegt nur das Arbeitsmaterial, das ich für die Aufgabe brauche. Ich lese die Aufgabe genau durch und überlege dann, was ich tun muss. (Stop! Was muss ich tun?) Ich zerlege die Aufgabe in kleine Schritte. Stop! Was ist mein Plan? Ich gehe Schritt für Schritt vor. Sorgfältig, Schritt für Schritt zum Ziel. Ich schreibe ordentlich und lasse mir Zeit. Ich unterbreche mich nicht bei der Arbeit. Ich habe Geduld mit mir bei der Lösung der Aufgaben. Ich kontrolliere am Ende, ob ich alles richtig gemacht habe. Stop! Überprüfen! Ich räume mein Arbeitsmaterial wieder ein. Selbstinstruktionstraining; Signalkarten; in DÖPFNER u.a., 1998, S.332 Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 27 Selbstinstruktionstraining; Punktekonto; in DÖPFNER u.a., 1998, S.306 Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München Mai 2003 Seite 28 Literaturverzeichnis § Aust-Claus, P.: Das A.D.S.-Buch; Neue Konzentrationshilfen für Zappelphilippe und Träumer; Oberstebrink Verlag 1999; (gut verständlich für Eltern, Lehrer, Therapeuten und Ärzte). § Bergsson, Marita: Umgang mit schwierigen Kindern – auffälliges Verhalten, Förderpläne, Handlungskonzepte, Berlin 1998 § Bundesverband Elterninitiativen (Hrsg.): Unser Kind ist hyperaktiv! Was nun?, BVdE Verlag, 1996, (für Betroffene) § Bundesverband Elterninitiativen (Hrsg.): Das Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom aus medizinischer Sicht, BVdE Verlag, 1997; (Sammlung medizinischer Beiträge, Information für Betroffene). § Calatin, A.: Das hyperaktive Kind, Heyne-Verlag, 1992; (Behandlung auf der Grundlage von Nahrungsmittelallergien, für Betroffene). § Döpfner, Schürmann, Fröhlich: THOP – Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten, Beltz- Verlag, 1998; (umfassendes Werk mit theoretischem Teil und Möglichkeiten der Behandlung; (für Therapeuten oder Interessierte). § Döpfner, Schürmann, Lehmkuhl: Wackelpeter und Trotzkopf: Hilfen bei hyperkinetischem und oppositionellem Verhalten, Beltz Verlag, 1999; (Hilfen für den erfolgreichen Umgang mit betroffenen Kindern, für Lehrer und Eltern). § Eichlseder, Walter: Unkonzentriert, Beltz-Quadriga, 1992; (Erfahrungsberichte, v.a. für Eltern) § Freed, J. Parsons, L.: Zappelphilipp und Störenfrieda lernen anders, § Hafer, H.: Die heimliche Droge Nahrungsphosphat, Decker & Müller, 1990; (Behandlung auf der Grundlage von Phosphatallergien). § Hallowell, E.: Zwanghaft zerstreut, Rowohlt, 1998; (Kinderpsychiater, beschreibt v.a. die Geschichte der Betroffenen, für alle). § Hartmann, Thom: Eine andere Art, die Welt zu sehen, Schmidt Römhild, 1997 (zeigt Wege der Selbsthilfe für Jugendliche und Erwachsene mit ADS). § Imhof, M. u.a.: Aufmerksamkeitsgestörte, hyperaktive Kinder und Jugendliche im Unterricht, § ISB Handreichungen: Aufmerksamkeitsgestörte, hyperaktive Kinder und Jugendliche im Unterricht, Auer Verlag 1999; (hohe Praxisrelevanz für Lehrer, mit Begleitvideo). § Krowatschek, D.: Überaktive Kinder im Unterricht, 2000, 3. Aufl., Kopiervorlagen für die Schule § Lauth, G., Schlottke, P. und Naumann, K.: Rastlose Kinder, ratlose Eltern, dtv, 1998; (übersichtliche Darstellung des Problems für Eltern, Lehrer, Therapeuten und Ärzte). § Neuhaus, Cordula: Das hyperaktive Kind und seine Probleme, Ravensburger Buchverlag, 1996; (Therapeutin; für Eltern, Lehrer, Therapeuten und Ärzte). § Neuhaus, Cordula: Hyperaktive Jugendliche und ihre Probleme, Ravensburger Buchverlag, 2000; ( Fortsetzung des o.g. Buches; für Eltern, Lehrer, Therapeuten und Ärzte). § Passolt, M. (Hrsg.): Hyperaktive Kinder: Psychomotorische Therapie, Ernst Reinhardt Verlag, 1993, (Einzelbeiträge zu verschiedenen Therapieansätzen mit Schwerpunkt auf die psychomotorische Therapie, für Therapeuten, Interessierte). § Passolt, M. (Hrsg.): Hyperaktivität zwischen Psychoanalyse, Neurobiologie und Systemtheorie, München, Basel 2001; (verschiedene Aufsätze geben eine gute Übersicht für Interessierte). § Petermann, Franz (Hrsg.): Kinderverhaltenstherapie, Grundlagen und Anwendungen, Hohengehren, 1997; (umfassendes Werk, führt fachlich interessierte in die Möglichkeiten der Verhaltensmodifikation ein). § Solden, Sari: Die Chaos-Prinzessin, BVdE Verlag, 1999, (Psychotherapeutin, besonderer Schwerpunkt: Frauen und Mädchen, für Betroffene). Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München September 2002 Seite 29 § Steinhausen, H.-Ch. (Hrsg.): Hyperkinetische Störungen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen; Kohlhammer Verlag, 2000; (umfassendes Werk, stellt die multimodale Therapie ausführlich dar, für Therapeuten, Lehrer, Ärzte). Wo gibt es Beratung und Hilfe? § Bundesverband Arbeitskreis überaktives Kind (http://www.auek.de) § Bundesverband Aufmerksamkeitsstörung/ Hyperaktivität (http://www.osn.de/user/hunter/badd.htm) § ADS/ADD, Hyperaktivität (http://www.sonderpaed.org/portal/cgi/page.cgi) § ADD-InfoLIne/AIL (http://www.add-infoline.de/) § Elterngruppen und Gesprächskreise zum Thema ADS-Hyperaktivität (http://www.ads-hyperaktivitaet.de/Elter/eltern.html) § AG ADHS der Kinder- und Jugendärzte, Postfach 228, 91292 Forchheim (http://www.ag-adhs.de) § Institut für Bewegungsbildung und Psychomotorik in Gröbenzell/München Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München September 2002 Seite 30 Grundsatzreferat AD(H)S –Dr. Helga Ulbricht –Staatliche Schulberatung München September 2002 Seite 31