4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme

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Nichtlineare elektrische Bauelemente,
Schaltungen und Systeme
Im Gegensatz zu den vereinfachenden Annahmen, daß die in den betrachteten elektrischen Netzwerken enthaltenen Bauelemente zeitinvariant, d.h. keine
Funktion der Zeit darstellen, und linear sind, d. h. keine Abhängigkeiten der
Widerstands-, Kapazitäts- und Induktivitätswerte von den angelegten Spannungen bzw. den durch sie fließenden Strömen vorhanden sind, wollen wir in
diesem Kapitel gerade diese Abhängigkeiten zulassen. Wir sprechen in diesem
Fall allgemein von zeitvarianten
R, L, C = f (t)
(4.1)
R, L, C = f (u, i)
(4.2)
bzw. nichtlinearen
Bauelementen und Netzwerken. Sie stellen eine Verallgemeinerung der linearen
Bauelemente und Netzwerke dar.
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
4.1.1 Vorbemerkungen
Nichtlineare Bauelemente werden im allgemeinen durch ihre Kennlinien beschrieben. Kennlinien können als geschlossene analytische Ausdrücke, in Form
von Tabellen oder als gemessene Kurven vorliegen. Bei einem Widerstand
spricht man von einer Strom-Spannungs-Kennlinie, bei einer Induktivität
von einer Fluß-Strom-Kennlinie und bei einer Kapazität von einer LadungsSpannungs-Kennlinie. Ist der Kennliniengraph punktsymmetrisch zum Ursprung, so bezeichnet man diesen als bilaterale Kennlinie. Kennlinien, die
bei sehr langsam veränderlichen oder zeitlich konstanten anregenden Größen
aufgenommen werden, heißen statische Kennlinien.
Bei linearen Elementen und sinusförmiger Anregung kann eine Kennlinie,
welche die Momentanwerte von Strom
und Spannung beschreibt, durch ein√
fache Skalierung mit dem Faktor 2 auf beiden Achsen gemäß
R. Lerch, Elektrische Messtechnik, Springer-Lehrbuch
DOI 10.1007/978-3-642-22609-0_4, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2012
74
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
Û
Ueff = √
2
und
Iˆ
Ieff = √
2
(4.3)
in eine Kennlinie zur Beschreibung der Effektivwerte umgewandelt werden,
wobei Û und Iˆ die Scheitelwerte von Spannung bzw. Strom bezeichnen.
Bei Bauelementen mit nichtlinearer Kennlinie besteht natürlich keine lineare Beziehung mehr zwischen Strom und Spannung. Bei Anlegen einer sinusförmigen Wechselspannung an ein nichtlineares Element ist der Strom nicht
mehr sinusförmig. Er enthält neben der Grundfrequenz noch höhere Harmonische. Der Effektivwert bestimmt sich dann zu
1 T 2
Ieff =
i (t) dt .
(4.4)
T 0
Aus diesem Grunde gehen Momentanwert- und Effektivwertkennlinie nicht
mehr einfach durch Maßstabsänderung auseinander hervor. Der Unterschied
zwischen beiden Kurven ist aber im allgemeinen gering, da sich bei der Bildung
des Effektivwertes die Oberwellen quadratisch zur Grundwelle addieren und
deren Amplituden (im Vergleich zur Grundwelle) mit der Ordnungszahl der
Harmonischen abnehmen.
4.1.2 Nichtlinearer Widerstand
Das Schaltsymbol für einen nichtlinearen Widerstand ist in Abb. 4.1 gezeigt.
Man unterscheidet zwischen stromgesteuerten Widerständen, die in
der Form
u = R(i) i
(4.5)
und spannungsgesteuerten Widerständen, die in der Form
i = G(u) u
(4.6)
dargestellt werden. Im zeitvarianten Fall tritt zu der jeweiligen Abhängigkeit
noch die der Zeit t hinzu.
i
u
Abb. 4.1. Schaltsymbol für nichtlinearen Widerstand
In Abb. 4.2 ist exemplarisch eine Strom-Spannungs-Kennlinie eines nichtlinearen (stromgesteuerten) Widerstandes gezeigt. An dieser Kennlinie sind nun
allgemein zwei verschiedene Größen zur Beschreibung des Bauteils definiert.
Betrachtet man einen speziellen Arbeitspunkt (u0 , i0 ), so wird die Steigung
der Ursprungsgeraden durch diesen Punkt als statischer Widerstand
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
R s (i 0)
75
R(i 0)
u
u0
a)
i0
i
R
R s (i)
R(i)
b)
i
Abb. 4.2. a) Strom-Spannungs-Kennlinie eines nichtlinearen ohmschen Widerstandes mit Ursprungsgerade und Tangente im Arbeitspunkt (u0 , i0 ), b) statischer RS
und differentieller Widerstand R
Rs (i0 ) =
u0
i0
(4.7)
bezeichnet (Abb. 4.2). Er ist eine Funktion des Arbeitspunktes. Die Steigung
der Tangente an die Kurve im Arbeitspunkt (i0 ) hingegen entspricht dem
differentiellen Widerstand
du R(i0 ) =
.
(4.8)
di i=i0
Neben der Betrachtung der (statischen) Kennlinie des nichtlinearen Bauelements ist auch dessen Zeitverhalten von grundlegender Wichtigkeit. So reagiert ein reales nichtlineares Bauelement, je nach zugrundeliegendem physikalischem Mechanismus, der für die Nichtlinearität verantwortlich ist, nicht sofort auf eine Änderung der äußeren elektrischen Größen. Innere physikalische
Vorgänge, die zur Nichtlinearität führen, können z. B. einem Exponentialgesetz mit einer bestimmten Zeitkonstante τ gehorchen. Ist die Nichtlinearität
des Bauteils temperaturbedingt, so kann die entsprechende Erwärmungszeitkonstante im Bereich von Sekunden oder Minuten liegen. Bauelemente mit
einer im Vergleich zur Periodendauer der anregenden Größe T großen Zeitkonstanten τ bezeichnet man als träge Bauelemente. Man hat drei Fälle
zu unterscheiden [126]:
76
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
1. Die Periodendauer der anregenden Größe ist sehr groß im Vergleich zur
Zeitkonstanten des nichtlinearen Bauelementes (T τ ):
Hier verhält sich das Bauelement trägheitslos. Ein nichtlinearer Widerstand verhält sich hier wie sein differentieller Widerstand im jeweiligen
Arbeitspunkt.
2. Die Periodendauer der anregenden Größe ist sehr klein im Vergleich zur
Zeitkonstanten des nichtlinearen Bauelementes (T τ ):
Das Bauelement ist träge, d. h. es ändert seinen Widerstandswert fast
nicht. Somit verhält es sich bei dieser Anregung wie ein lineares Bauelement mit konstantem Widerstandswert, der seinem statischen Widerstand
entspricht. Die Kennlinie geht über in eine Ursprungsgerade mit dem Anstieg des statischen Widerstandes.
3. Die Periodendauer der anregenden Größe liegt in der Größenordnung der
Zeitkonstanten des nichtlinearen Bauelementes (T ≈ τ ):
Der Widerstandswert ändert sich verzögert, d. h. die Kennlinie erhält die
Form einer geschlossenen Kurve, die den Arbeitspunkt umfaßt. Es tritt
also eine Hysterese auf und Strom sowie Spannung am Widerstand werden
gegeneinander in der Phase verschoben, so daß zusätzlich zum ohmschen
Widerstand kapazitive und induktive Anteile hinzutreten.
i
u
Abb. 4.3. Kennlinie eines bilateralen Widerstandes
Passive Widerstände sind Widerstände, die weder Quellen enthalten noch
Halbleitereigenschaften aufweisen. Sie zeigen eine bzgl. des Koordinatenursprunges im u − i−Kennlinienfeld punktsymmetrische Kennlinie (Abb. 4.3).
Man bezeichnet diese Widerstände bzw. ihre entsprechende Kennlinie auch
als bilateral. Die Klemmen dieses Widerstandes sind beliebig vertauschbar.
Diese Punktsymmetrie geht verloren, wenn die Bauelemente Halbleiter mit
pn−Übergängen enthalten, wie z. B. Dioden. Abbildung 4.4 zeigt die typische
i − u−Kennlinie einer Diode
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
77
i
i
u
IS
u
Abb. 4.4. Typische Diodenkennlinie mit Schaltzeichen
i = Is (eu/UT − 1),
(4.9)
wobei UT die Temperaturspannung bezeichnet
UT =
k·T
e
(4.10)
mit
k: Boltzmannkonstante k = 1, 38 · 10−23 Ws
K
e: Elektronenladung
e = 1, 6 · 10−19 As
T : absolute Temperatur.
Eine besondere Eigenschaft weisen die sog. Tunneldioden auf; sie zeigen
nämlich in ihrer i − u−Kennlinie Bereiche mit negativer Steigung (Abb. 4.5).
Dies bedeutet, daß sich die Tunneldiode dort wie ein negativer differentieller Widerstand verhält. Bezüglich eines vorgegebenen Stromwertes i kann es
i
i
di
<0
du
u
u
Abb. 4.5. Kennlinie und Schaltzeichen einer Tunneldiode
78
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
zu Mehrdeutigkeiten kommen. So weist die Kennlinie für gewisse Stromwerte
beispielsweise 3 Schnittpunkte mit dazugehörigen Spannungswerten auf. Die
Tunneldiode ist daher als spannungsgesteuerter, zeitinvarianter nichtlinearer
Widerstand zu betrachten.
Ein weiterer Typ von Widerständen wird in der Sensorik zur Temperaturmessung eingesetzt. Es handelt sich dabei um sog. Heißleiter (NTCWiderstände) oder um Kaltleiter (PTC-Widerstände) (NTC: Negative
Temperature Coefficient; PTC: Positive Temperature Coefficient). Ihr Widerstandswert ist temperaturabhängig (Abb. 4.6).
Heißleiter bestehen aus oxidischen Mischkristallen, deren Kristallgitteraufbau an den Korngrenzen durch Mischung verschiedener Oxide gestört wird.
Dadurch wird der ursprünglich hohe spezifische Widerstand der reinen Oxide
stark vermindert. Dieser Effekt ist, wie die Kennlinie aus Abb. 4.6 belegt, stark
temperaturabhängig. Im Bereich der Raumtemperatur betragen die Temperaturkoeffizienten ca. −3 bis −6%/K. Heißleiter werden bis zu Temperaturen
von mehreren Hundert Grad Celsius eingesetzt.
R
R0
3
Heißleiter
Kaltleiter
2
1
- 100
- 50
0
+50
°C
+100
ϑ
Abb. 4.6. Widerstandscharakteristiken von Heiß- und Kaltleitern
Kaltleiter hingegen weisen positive Temperaturkoeffizienten auf (Abb. 4.6).
Sie bestehen aus halbleitenden polykristallinen ferroelektrischen Keramiken,
z. B. Bariumtitanat (BaTiO3 ). Ihr ohmscher Widerstand steigt oberhalb der
sog. Curie-Temperatur sprunghaft an (Abb. 4.6), da sich an den Korngrenzen
Sperrschichten ausbilden. Sie werden aufgrund ihrer relativ hohen Kennlinienstreuung in aller Regel weniger für Meßaufgaben als für Regelungs- und
Überwachungsaufgaben herangezogen. Die Strom-Spannungs-Kennlinie eines
typischen Kaltleiters wird in Abb. 4.7 gezeigt. Sie hat zunächst den Charakter eines nahezu linearen ohmschen Widerstandes. Wird die Spannung weiter
gesteigert, so steigt mit der zunehmend verbrauchten Leistung infolge Eigenerwärmung die Temperatur des Bauelementes an, bis zur sog. Einsetztemperatur, bei der sich der Widerstand nahezu sprunghaft ändert, so daß der
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
79
i
iE
uE
u max
uD
u
Abb. 4.7. Strom-Spannungs-Kennlinie eines typischen Kaltleiters [168, 137]
Strom abnimmt (Werte uE , iE ). Der Kaltleiter könnte zwar prinzipiell bis zur
Durchbruchspannung uD (Abb. 4.7) betrieben werden; aus Sicherheitsgründen
beschränkt man sich aber auf Betriebsspannungen u ≤ umax . Außerdem muß
die Betriebsspannung auf umax begrenzt werden, um die ansonsten zu groß
werdende Eigenerwärmung zu vermeiden.
4.1.3 Nichtlineare Induktivität
Induktivitäten weisen häufig nichtlineare Eigenschaften auf, die auf die Magnetisierungseigenschaften der verwendeten permeablen Kernmaterialien zurückzuführen sind. Auch können sie, insbesondere in elektrischen Maschinen,
ein zeitabhängiges Verhalten zeigen. Das Schaltsymbol für eine nichtlineare Induktivität ist in Abb. 4.8 dargestellt. Eine allgemeine, zeitvariante,
nichtlineare Induktivität kann durch eine Funktion
Φ = fL (i(t), t)
(4.11)
beschrieben werden. Dabei bedeutet Φ den magnetischen Fluß durch die Induktivität, welcher bei Betrachtung einer realen Spule dem mit der Windungszahl verketteten Gesamtfluß entspricht. Die Induktivität heißt dann stromgesteuert. Es ist zu beachten, daß in Gl. (4.11) neben der direkten Zeitabhängigkeit außerdem der Strom i(t) eine Funktion der Zeit darstellt. Im weiteren
i
u
Abb. 4.8. Schaltsymbol für nichtlineare Induktivität
80
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
wird aus Gründen der Lesbarkeit nur noch i anstelle von i(t) geschrieben.
Die Zeitabhängigkeit des Stromes ist aber insbesondere bei der Bildung der
Differentialquotienten zu beachten.
Eine nichtlineare Induktivität wird durch eine Fluß-Strom-Kennlinie beschrieben, wie sie bespielhaft in Abb. 4.9 dargestellt ist. Die Kennlinie ist
wiederum punktsymmetrisch zum Koordinatenursprung und wird daher auch
als bilateral bezeichnet. Bei einer zusätzlichen Zeitabhängigkeit ergibt sich
eine Fluß-Strom-Kurvenschar mit dem Scharparameter t. Mögliche Hystereseerscheinungen werden hier nicht berücksichtigt.
Φ
Sättigungsfluß
i
Abb. 4.9. Fluß-Strom-Kennlinie einer nichtlinearen, sättigungsbehafteten Induktivität. Der Begriff Sättigungsfluß ist so zu verstehen, daß ab Erreichen dieses Wertes
der Fluß nur noch mit der Steigung der Vakkuumpermeabilität μ0 ansteigt.
Die allgemeine Strom-Spannungs-Beziehung lautet nach dem Induktionsgesetz
u(i, t) =
dΦ(i, t)
.
dt
(4.12)
Unter Berücksichtigung der Zeitabhängigkeit des Stromes ergibt sich
u(i, t) =
∂Φ(i, t) di ∂Φ(i, t)
+
.
∂i
dt
∂t
Dabei wird der Term
L(i0 , t) :=
∂Φ(i, t) ∂i i=i0
(4.13)
(4.14)
als differentielle Induktivität (im Arbeitspunkt (i0 )) definiert. Sie entspricht der Steigung der in Abb. 4.9 gezeigten Kennlinie in einem jeweils betrachteten Arbeitspunkt (i0 , Φ0 ) zu einem fixen Zeitpunkt t0 und wird auch als
Kleinsignalinduktivität in der Umgebung dieses Arbeitspunktes bezeichnet. Ihr typischer Verlauf ist in Abb. 4.10 zu sehen.
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
81
L
i
Abb. 4.10. Typischer Verlauf einer Kleinsignalinduktivität (differentielle Induktivität)
Aus Gl. (4.14) ergibt sich
Φ(i, t) =
L(i, t) di .
(4.15)
Unter Verwendung von Gl. (4.13) bis Gl. (4.15) findet sich schließlich als
Linearisierung um den Arbeits (i0 )- bzw. Zeitpunkt t0
di dL(i, t) u(i, t) = L(i, t) +i
.
(4.16)
dt t=t0
dt i=i0
Es sind nun verschiedene Fälle zu unterscheiden, bei denen sich die allgemeinen Gleichungen vereinfachen:
1. zeitvariante, nichtlineare Induktivität:
Dies ist der allgemeine Fall und wird durch Gl. (4.14) und Gl. (4.16) beschrieben.
2. zeitinvariante, nichtlineare Induktivität:
u(i) = L(i)
di
dt
und
L(i) =
dΦ(i)
di
(4.17)
3. zeitvariante, lineare Induktivität:
u(t) = L(t)
di
dL(t)
+i
dt
dt
und
L(t) =
Φ(t)
i
(4.18)
4. zeitinvariante, lineare Induktivität:
Dies ist der einfachste Fall, die Induktivität ist konstant und es gilt
u=L
di
dt
und
L=
Φ
.
i
(4.19)
82
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
Im Fall der linearen Induktivität ergibt sich als Fluß-Strom-Kennlinie eine
Ursprungsgerade, deren Steigung der Induktivität L entspricht. Zeitvarianz
führt hier zu einer Schar von Ursprungsgeraden mit dem Scharparameter t.
Neben der differentiellen Induktivität läßt sich für ein nichtlineares Bauelement auch eine statische Induktivität definieren, und zwar als die Steigung der Ursprungsgeraden durch den Arbeitspunkt (i0 , Φ0 ) der Fluß-StromKennlinie
Φ0
.
(4.20)
Ls (i0 , t) =
i0
Im linearen Fall ist sie gleich der differentiellen Induktivität (vgl. Abb. 4.2).
Die in der nichtlinearen Kennlinie (Abb. 4.9) erkennbaren Sättigungseigenschaften sind auf magnetische Eigenschaften der meist verwendeten ferromagnetischen Spulenkernmaterialien zurückzuführen. Da die Magnetisierungsvorgänge in Ferromagnetika, wie z. B. Eisen, recht kompliziert sind, werden
sie in aller Regel nicht auf die physikalischen Vorgänge in der Mikrostruktur
zurückgeführt, sondern mit der experimentell bestimmten Abhängigkeit des
(= magnetimagnetischen Flusses bzw. der magnetischen Flußdichte B
sche Induktion) von der magnetischen Feldstärke H beschrieben. Die
= f (H)
(Abb. 4.12) wird auch als Magnetisierungskennlinie
Funktion B
oder Magnetisierungskurve bezeichnet.
Die Permeabilität des Materials ist im nichtlinearen Fall nicht mehr konstant, sondern eine Funktion der anregenden magnetischen Feldstärke
.
μr = f (H)
(4.21)
Man bezeichnet die Permeabilität (Kleinsignalpermeabilität) in einem bestimmten Arbeitspunkt H0 als sog. differentielle Permeabilität μd . Sie
entspricht der Steigung der Magnetisierungskurve im jeweiligen Arbeitspunkt.
Abbildung 4.11 zeigt die Permeabilitätskurve von sog. Elektroblech.
μr
5000
4000
3000
2000
1000
0
1
2
3
4
A 5
cm
H
Abb. 4.11. Relative Permeabilität von Elektroblech als Funktion der magnetischen
Feldstärke
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
83
Hysteresekurven
Wenn ein typisch ferromagnetisches Material, wie z. B. Eisen, aus einem völlig
unmagnetisierten Zustand heraus erregt wird, startet die Magnetisierungskurve im Ursprung, d. h. für i = 0 und damit H = 0 ist auch der Wert der
Induktion B = 0. Mit zunehmendem Strom und damit zunehmender magnetischer Feldstärke1 H steigt die magnetische Flußdichte entsprechend der in
Abb. 4.12 mit Neukurve bezeichneten Kurve an.
B
2,0
T
1,5
Br
: weichmagnetisch
1,0
: hartmagnetisch
0,5
: Neukurve
0
-0,5
-Hc
Hc
Hc : Koerzitivfeldstärke
-1,0
-2,0
Br : Remanenzinduktion
-Br
-1,5
-100
-60
-20 0 20
60 A 100
cm
H
Abb. 4.12. Hystereseschleifen einer magnetisch harten und einer magnetisch weichen Eisensorte
Wenn dann ab einem bestimmten erreichten Wert für H bzw. B die magnetische Erregung wieder verringert wird, nimmt die magnetische Flußdichte weniger ab, d. h. sie bleibt auf höheren Werten, als dies der Neukurve entspricht.
Insbesondere nimmt sie noch einen positiven Wert Brem (Remanenzinduktion) an, wenn die magnetische Feldstärke bereits auf H = 0 reduziert wurde.
Der weitere Verlauf führt bis zu einem negativen Sättigungswert. Für danach
wieder ansteigende H-Werte wird bei H = 0 die negative Remanenzinduktion
−Brem erreicht und schließlich mündet die Kurve wieder in den o.g. positiven
Umkehrpunkt. Dazwischen erreicht bei der sog. Koerzitivfeldstärke Hc die
magnetische Induktion den Wert B = 0. Die negative Koerzitivfeldstärke −Hc
ergibt sich entsprechend im linken Kurvenast.
Man bezeichnet die so gewonnene Magnetisierungskennlinie auch als Hysteresekurve. Abbildung 4.13 zeigt solche Hysteresekurven für verschiedene
Umkehrpunkte. Die von einer Hysteresekurve umschlossene Fläche entspricht
1
Bei den in diesem Kapitel folgenden Betrachtungen können wir uns auf die Be und der magnetischen Feldstärke H
beträge der magnetischen Flußdichte B
schränken, die vereinfacht mit B bzw. H bezeichnet werden.
84
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
B
H
Abb. 4.13. Hysteresekurven eines magnetischen Materials für verschiedene Umkehrpunkte
der dem ferromagnetischen Material bei einem Ummagnetisierungszyklus zugeführten Wärmeenergie. Diese auch als Hystereseverlustenergie bezeichnete
Energie wird bei der Drehung (Umorientierung) der Elementardipole dem
Magnetfeld entzogen und in Wärme umgewandelt.
Zur näherungsweisen Berücksichtigung des Hysterese-Verhaltens bei der
Beschreibung der nichtlinearen Induktivität kann das Bauelement um einen
nichtlinearen Wirkwiderstand erweitert werden. Dieser beschreibt nun die auftretenden Hystereseverluste. Beide Elemente können dann wieder durch eine
jeweils eindeutige Kennlinie beschrieben werden. Somit wird die Mehrdeutigkeit der Hysterese-Kennlinie eliminiert. Eine detaillierte Beschreibung der
Vorgehensweise findet sich in [126].
Messung von Hysteresekurven
Die Hysteresekurven von magnetischen Materialien (Abb. 4.14a)
B(H) = μH
(4.22)
können mittels der in Abb. 4.14b gezeigten Anordnung gemessen werden.
Dazu wird ein Oszilloskop (Kap. 8) benötigt, dessen Horizontalkanal (xAblenkung) von außen angesteuert werden kann, d. h. es wird nicht die standardmäßige Zeitablenkung (Sägezahnspannung) auf das x-Plattenpaar gegeben. Stattdessen nimmt man eine Spannung uR , die proportional zum Erregerstrom I der Primärwicklung ist. Nach dem Durchflutungsgesetz ist dieser
Strom nämlich proportional der magnetischen Feldstärke
I∼H.
(4.23)
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
85
B
Br
H
Hc
a)
Magnetische Probe
R
Oszilloskop
u
u0
I
uc
C
R shunt
uR
b)
Abb. 4.14. a) Hystereskurve von ferromagnetischem Material, b) Anordnung zur
Messung der Hysteresekurve
Nach dem Induktionsgesetz ist andererseits die an der Sekundärwicklung abgreifbare Spannung
dB
,
(4.24)
u∼
dt
so daß nach zeitlicher Integration dieser Spannung ein der magnetischen Induktion B proportionales Signal vorliegt
B ∼ udt .
(4.25)
Diese Integration wird von dem an die Sekundärwicklung angeschlossenen
RC-Tiefpaß vorgenommen. Die integrierte Spannung kann am Kondensator
in Form von uc abgegriffen werden, d. h.
uc ∼ B .
(4.26)
Sie wird zur Darstellung der Hysteresekurve auf den Vertikalkanal gelegt.
4.1.4 Nichtlineare Kapazität
Das Schaltungssymbol für eine nichtlineare Kapazität wird in Abb. 4.15
gezeigt. Eine allgemeine, zeitvariante, nichtlineare Kapazität kann durch
eine Funktion
86
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
i
u
Abb. 4.15. Schaltsymbol für eine nichtlineare Kapazität
q = fC (u(t), t)
(4.27)
beschrieben werden. Dann heißt die Kapazität spannungsgesteuer t. Durch q
wird die im Kondensator gespeicherte elektrische Ladung beschrieben. Im weiteren wird für die Spannung u(t) aus Gründen der Übersicht nur u geschrieben. Die Kennlinie beschreibt die von der Kapazität gespeicherte Ladung
q als Funktion der angelegten Spannung (Abb. 4.16). Man spricht von einer
Ladungs-Spannungs-Kennlinie. Auch hier kann eine zusätzliche Zeitabhängigkeit durch eine Kennlinienschar mit dem Scharparameter t ausgedrückt werden.
q
u
Abb. 4.16. Bilaterale Ladungs-Spannungs-Kennlinie einer nichtlinearen Kapazität
Für den allgemeinen Fall einer nichtlinearen und zeitvarianten Kapazität gilt
folgende Strom-Spannungs-Beziehung
i(u, t) =
Dabei wird der Term
∂q(u, t) du ∂q(u, t)
dq(u, t)
=
+
.
dt
∂u
dt
∂t
(4.28)
∂q(u, t) C(u0 , t) :=
∂u u=u0
(4.29)
als differentielle Kapazität oder Kleinsignalkapazität definiert. Sie entspricht der Steigung der Kennlinie aus Abb. 4.16 im jeweiligen Arbeitspunkt
(u0 , q0 ) sowie zu einem Zeitpunkt t0 und hat typischerweise den in Abb. 4.17
gezeigten Verlauf.
Für die Ladung ergibt sich aus Gl. (4.29)
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
87
C
u
Abb. 4.17. Typischer Verlauf einer Kleinsignalkapazität
q(u, t) =
C(u, t) du
(4.30)
und unter Verwendung von Gl. (4.28) bis Gl. (4.30) folgt als Linearisierung
um den Arbeits- (i0 ) bzw. Zeitpunkt (t0 )
dC(u, t) du +u
.
(4.31)
i(u, t) = C(u, t)
dt t=t0
dt u=u0
Auch hier vereinfacht sich Gl. (4.31) in vielen praktischen Fällen:
• zeitvariante, nichtlineare Kapazität:
Dies ist der allgemeine Fall, beschrieben durch Gl. (4.29) und Gl. (4.31).
• zeitinvariante, nichtlineare Kapazität:
i(u) = C(u)
du
dt
und
C(u) =
dq(u)
du
(4.32)
• zeitvariante, lineare Kapazität:
i(t) = C(t)
du
dC(t)
+u
dt
dt
und
C(t) =
q(t)
u
(4.33)
• zeitinvariante, lineare Kapazität:
In diesem Fall ist die Kapazität konstant und es gilt
i=C
du
dt
und
C=
q
.
u
(4.34)
Als Ladungs-Spannungs-Kennlinie der linearen Kapazität ergibt sich wieder
eine Ursprungsgerade deren Steigung der Kapazität C entspricht.
Für die statische Kapazität, definiert als die Steigung der Ursprungsgeraden durch den Arbeitspunkt der Ladungs-Spannungs-Kennlinie, ergibt sich
Cs (u0 , t) =
q0
.
u0
Im linearen Fall ist sie gleich der differentiellen Kapazität.
(4.35)
88
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
Kapazitäten können nichtlineare Eigenschaften aufweisen, wenn als Dielektrikum ein ferroelektrischer Stoff verwendet wird. Die im Dielektrikum stattfindenden Polarisationsvorgänge führen zur gezeigten Krümmung der Kennlinie
und zu den ersichtlichen Sättigungserscheinungen. Wie bereits betrachtet zeigen die ferromagnetischen Materialien Hysterese-Verhalten in Bezug auf die
magnetischen Feldgrößen. Ähnlich zeigen auch die ferroelektrischen Materialien eine Hystereseerscheinung in Bezug auf die elektrischen Feldgrößen D
(dielektrische Verschiebung) und E (elektrisches Feld). Auch hier kann das
Hysterese-Verhalten, analog zur hysteresebehafteten Induktivität, näherungsweise durch eine Erweiterung um einen nichtlinearen Wirkwiderstand erfasst
werden. Eine mögliches zeitabhängiges Verhalten einer Kapazität zeigt sich
beispielsweise durch Verstellen eines Drehkondensators oder durch das Ändern
des Plattenabstandes eines Plattenkondensators.
Varaktordiode
Das klassische Beispiel für eine nichtlineare Kapazität ist die sog. Varaktordiode. Diese stellt eine im Sperrbereich betriebene Halbleiterdiode dar, welche
die Spannungsabhängigkeit der Kapazität von Halbleiterdioden nutzt. Die
klassischen Sperrschicht-Varaktoren mit ihrer veränderlichen Sperrschichtkapazität werden oft zur Abstimmung von Schwingkreisen eingesetzt. Mit der
folgenden Gleichung kann in vielen Fällen die Abhängigkeit der Kapazität C
von der Spannung u über dem pn-Übergang beschrieben werden
C = γ(UD + u)− k ,
1
(4.36)
wobei UD die sog. Diffusionsspannung darstellt. Für den abrupten pn-Übergang mit beidseitig konstanter Dotierung wird
εe NA ND
(4.37)
γ=A
2 (NA + ND )
C
60
pF
40
20
-6
a)
V
-4
-2
0
u
b)
Abb. 4.18. Varaktordiode: a) Kennlinie, b) Schaltzeichen
4.2 Gesteuerte Quellen
89
und k = 2. Dabei bedeuten A die Kapazitätsfläche, ε die Permittivität des
Halbleitermaterials, e die Elementarladung, NA die Akzeptor-Konzentration
und ND die Donator-Konzentration. Für diesen Fall zeigt Abb. 4.18 einen
Funktionsverlauf.
Beim pn-Übergang mit linear ortsveränderlicher Dotierung wird k = 3,
wobei sich der Wert von γ gegenüber dem vorgenannten Fall entsprechend
ändert. Durch spezielle Dotierungsverläufe können auch andere k- und γWerte eingestellt werden.
4.2 Gesteuerte Quellen
uA
uE
Stg. V
uE . V
uA
uE
Abb. 4.19. Spannungsgesteuerte Spannungsquelle als Ersatzschaltung für einen
idealen Verstärker
Insbesondere zur vereinfachten Beschreibung aktiver Bauelemente, wie z. B.
Transistoren, oder ganzer Schaltungen, wie z. B. Operationsverstärker, verwendet man sog. gesteuerte Quellen. Gesteuerte Quellen sind Spannungs- oder
Stromquellen, deren Quellspannung bzw. deren Quellstrom von einer Steuergröße abhängt. Diese Steuergröße ist in aller Regel eine Spannung oder ein
Strom. So wird beispielsweise ein, abgesehen vom nicht unendlich hohen Verstärkungsgrad, idealer Operationsverstärker durch die in Abb. 4.19 gezeigte
gesteuerte Quelle beschrieben. Wird zusätzlich die Begrenzung der Ausgangsspannung infolge Sättigung berücksichtigt, so ändert sich die approximierte
Kennlinie gemäß Abbildung 4.20.
uA
+UB
-UB/V
+UB/V
uE
-UB
Abb. 4.20. Kennlinie eines Verstärkers (Verstärkungsgrad V), bei dem die Sättigungserscheinungen berücksichtigt sind (approximierter Verlauf)
90
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
Die Spannung der Quelle läßt sich nun
⎧
für
⎨ uE V
uA = +UB für
⎩
−UB für
wie folgt angeben:
− UVB ≤ uE ≤
uE > UVB
uE < − UVB
UB
V
.
(4.38)
UB entspricht in der Praxis der um ca. 1 Volt reduzierten Versorgungsspannung des Operationsverstärkers.
Kollektor
Basis
iB
uBE
iC
u CE
Emitter
Abb. 4.21. Schaltzeichen eines Bipolartransistors
Auch Transistoren lassen sich in Form von gesteuerten Quellen darstellen. Bei
Bipolartransistoren (Abb. 4.21) ist der Basisstrom iB die steuernde Größe und
der Kollektorstrom die gesteuerte Größe (Abb. 4.22).
iB
iC
u CE
iB
u BE
a)
u CE
b)
Abb. 4.22. Transistorkennlinien: a) Eingangskennlinienfeld eines Bipolartransistors
und b) Ausgangskennlinienfeld
4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke
Die Analyse von elektrischen Netzwerken, die nichtlineare Bauelemente enthalten, ist in aller Regel bedeutend aufwendiger als die Analyse vergleichbarer linearer Netzwerke. Dies beginnt damit, daß das Superpositionsprinzip
nicht mehr anwendbar ist. Selbst einfache Netzwerke mit nur einem oder zwei
nichtlinearen Elementen erfordern oft numerische Lösungen. Bei einfacheren
Netzwerken ist die graphische Bestimmung der (des) Arbeitspunkte(s) oft eine
4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke
91
i
Ri
Uo
u
RL
Abb. 4.23. Zu analysierendes Netzwerk
Alternative mit Anschauungscharakter. Wir beginnen daher mit der graphischen Bestimmung des Arbeitspunktes des in Abb. 4.23 gezeigten linearen
Widerstandsnetzwerkes, das von einer Quelle gespeist wird.
Bei der graphischen Lösung werden die beiden Geraden, welche einerseits
den ohmschen Lastwiderstand RL und andererseits die Quelle mit dem Innenwiderstand Ri beschreiben, in das i−u-Kennlinienfeld eingetragen (Abb. 4.24).
Der Schnittpunkt, der auch als Arbeitspunkt bezeichnet wird, liefert die Lösung
für den Strom iAP , der durch den Zweig des Netzwerkes fließt, sowie die Spannung uAP am eingezeichneten Klemmenpaar
U0
,
Ri + RL
RL
= U0
.
Ri + RL
iAP =
(4.39)
uAP
(4.40)
Im Falle eines nichtlinearen Lastwiderstandes kann es keine, eine, mehrere
oder sogar unendlich viele Lösungen, sprich Arbeitspunkte, geben (Abb. 4.25
und 4.26).
Formelmäßig läßt sich die Situation der mit einem nichtlinearen Widerstand belasteten Quelle folgendermaßen beschreiben. Die unabhängige Quelle
mit Innenwiderstand Ri wird durch
u
Arbeitspunkt
u = RL i
U0
u
u = U0 - R i i
AP
i
AP
U0
Ri
i
Abb. 4.24. Graphische Arbeitspunktbestimmung der Schaltung aus Abb. 4.23
92
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
u = U0 − Ri i
(4.41)
charakterisiert.
Wenn sich der Lastwiderstand RL durch eine analytische Funktion der
Form
(4.42)
FRL (i, u) = 0
darstellen läßt, so führt die Tatsache, daß der Strom durch die Quelle mit
dem durch den Lastwiderstand in Betrag und Richtung identisch ist, zu der
Gleichung
(4.43)
FRL (i, U0 − Ri i) = 0 .
u
U0
Kennlinie der Quelle
Kennlinie des
nichtlinearen
Lastwiderstandes
i
Abb. 4.25. Graphische Bestimmung des Arbeitspunktes – Beispiel für nichtexistente Lösung
Dies ist im allgemeinen Fall eine nichtlineare transzendente Gleichung, die mit
Hilfe eines geeigneten numerischen Verfahrens, z.B. mit der Newton-RaphsonMethode, gelöst werden kann.
Prinzipiell ist also eine Gleichung der Form
f (x) = 0
(4.44)
iterativ zu lösen, bis ein gewünschtes Abbruchkriterium unterschritten wird.
Dabei muß die Lösung, wie Abb. 4.26 zeigt, nicht eindeutig sein, sondern sie
kann vom Startpunkt x(0) abhängen. Die Lösung erhält man durch fortlaufende Iterationen über n
x(n+1) = x(n) −
f (x(n) )
.
f (x(n) )
(4.45)
Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Verfahrens ist die stetige Differenzierbarkeit der Funktion f (x).
4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke
93
u
Kennlinie der Quelle
U0
uAP
Kennlinien zweier beispielhafter
nichtlinearer Lastwiderstände
i
iAP
Abb. 4.26. Graphische Bestimmung des Arbeitspunktes der Schaltung aus
Abb. 4.23. Die durchgezogene Kennlinie liefert einen Arbeitspunkt, auf der gestrichelten sind zwei Arbeitspunkte möglich.
Beispiel — Lineare Spannungsquelle mit Diode
Es soll die in Abb. 4.27 gezeigte Schaltung analysiert werden. Die Diode läßt
sich durch
u
i = Is (e UT − 1)
(4.46)
beschreiben. Im konkreten Fall betragen die Werte für den Sättigungssperrstrom der verwendeten Siliziumdiode
IS = 10 pA
(4.47)
und für die Temperaturspannung bei Raumtemperatur
UT = 26 mV .
(4.48)
Für die Leerlaufspannung der Quelle gilt U0 = 3 V und für ihren Innenwiderstand Ri = 1 kΩ. Da in diesem Fall zu erwarten ist, daß i IS ist, vereinfacht
sich die Diodengleichung zu
u
(4.49)
i = IS e U T .
Ri
Uo
i
u
Abb. 4.27. Zu analysierende Schaltung
94
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
Wenn man jetzt die Quelle mit der Gleichung
u = U0 − Ri i
(4.50)
berücksichtigt, erhält man folgende transzendente Gleichung zur Beschreibung
der Schaltung
u
(4.51)
f (u) = u − U0 + Ri IS e UT = 0 .
Die Ableitung nach u ergibt
f =
Ri IS Uu
df
=1+
e T.
du
UT
(4.52)
Da wir wissen, daß die Durchlaßspannung von Siliziumdioden bei etwa 0, 6 V
liegt, nehmen wir diesen Wert als Startwert u(0) für das Iterationsverfahren.
Es ergeben sich die Iterationen von Spalte 1 der Tab. 4.1. Auch für kleinere
Startwerte konvergiert der Algorithmus (Spalte 2). Je schlechter der Startwert
gewählt wird, umso mehr Iterationen werden benötigt (Spalte 3).
Weitere Verfahren zur Analyse von nichtlinearen Netzwerken finden sich
in [172].
Tabelle 4.1. Iterative Lösung von Gl. (4.51) für verschiedene Startwerte u(0)
Spalte 1
u
(0)
u
(1)
u
(2)
u
(3)
u(4)
u(5)
u
(6)
u
(7)
u
(8)
Spalte 2
Spalte 3
0.6000 V u
(0)
0.5746 V u
(1)
0.5503 V u
(2)
=
0.5284 V u
(3)
=
0.5621 V u
=
0.5121 V u(4)
=
0.5388 V u(4)
=
0.5042 V u(5)
=
0.5193 V
=
0.5028 V u
(6)
=
0.5070 V u(58)
=
0.5110 V
0.5027 V u
(7)
=
0.5031 V u
(59)
=
0.5039 V
0.5027 V u
(8)
0.5027 V u
(60)
=
0.5028 V
u
(61)
=
0.5027 V
=
=
=
=
=
=
=
=
=
0.4500 V u
(0)
=
2.0000 V
0.6127 V u
(1)
=
1.9740 V
0.5871 V u
(2)
=
1.9481 V
(3)
=
1.9221 V
=
..
.
1.8961 V
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