Freisetzung von Sexualhormonen durch unterschiedliche landwirtschaftliche Produktionsformen: Verbleib und mögliche Schadwirkungen in der Umwelt Sex hormones originating from different livestock production systems: Fate and potential disrupting activity in the environment Lange, I.G.; Daxenberger, A.; Schiffer, B.; Witters, H.; Ibarreta, D.: Meyer, H.H.D.: Analytica Chimica Acta 473 (2002) S. 27-37 Geschätzte jährliche Steroidhoromonausscheidung durch landwirtschaftliche Nutztiere in der EU und den USA (Stand: 2000) Spezies/Kategorie Tierzahl ____ __________ ( x 106) Rinder 82 Kälber 24 Kühe, zyklisch 29 Kühe, trächtig 21 Ochsen __Bullen 7,8 Schweine 122 Ferkel/Jungschweine 63 Sauen, zyklisch 27 Sauen, trächtig 8,6 Börgen 22 Eber 1,5 __Andere Schafe 112 Lämmer 40 Schafe, trächtig 68 __Böcke 2,8 Hühner 1 002 Weibl. Broiler 227 Männl. Broiler 227 __Legehühner 380 Gesamt 1 318 EU Östrogene [t] 26 0,38 3,2 21 Androgene Gestagene [t] [t] 4,5 185 1,4 (männl.) 93 92 1,6 3,0 3,0 1,0 1,2 0,60 1,2 79 46 34 1,0 1,3 58 1,3 0,025 2,8 0,077 0,016 2,7 33 58 1,6 0,16 0,16 1,3 7,1 322 USA Tierzahl Östrogene Androgene Gestagene ( x 106) [t] [t] [t]______ 98 45 1,9 253 17 0,27 1,0 (männl.) 20 2,2 64 43 43 189 17 2,3 0,46 0,9___________________ 59 0,83 0,35 22 51 5,7 0,52 2,6 7,7 2,5 4,6 0,58 1 816 691 691 332 1 981 0,40 22 0,43 0,35 ______________________________________ 0,092 3,9 0,087 3,9 0,005________________________________ 2,7 2,1 0,23 0,48 0,048 0,48 2,4 1,1____________________ 49 4,4 27 Endogene Hormone menschlichen oder tierischen Ursprungs gelangen seit Tausenden von Jahren in die Umwelt, wenn auch in zunehmendem Maße durch Bevölkerungswachstum und intensivere Tierhaltung. Während der letzten zehn Jahre gelangte die Schadwirkung verschiedener Substanzen natürlichen wie auch anthropogenen Ursprungs auf das Hormonsystem wildlebender Tiere und auch des Menschen immer mehr ins Blickfeld der Diskussion. Bis heute konnte kein Kausalzusammenhang zwischen einem „natürlichen Recycling“ und bekannten Schädigungen von Tier oder Mensch hergestellt werden. Dieser Aspekt sollte jedoch nicht außer Acht gelassen werden. Die Menge an Sexualhormonen, die von Menschen bzw. landwirtschaftlichen Nutztieren ausgeschieden wird, liegt in der gleichen Größenordnung. Durch landwirtschaftliche Nutztiere werden in der EU im Jahr (Stand 2000) etwa 33 t Östrogene, in den USA etwa 49 t ausgeschieden, wobei die überwiegende Menge von trächtigen Kühen stammt. Jährlich exkretierte Androgene kommen zum größten Teil von Bullen (EU: 7,1 t, USA: 4,4 t), Gestagene von zyklischen und trächtigen Kühen (EU: 320 t, USA: 280 t). Neben endogenen tragen auch exogene Hormone, die in einigen Ländern außerhalb der EU legal als Anabolika in der Tiermast zugelassen sind, zum Gesamteintrag in die Umwelt bei. Wenn man davon ausgeht, dass etwa 8 % der applizierten Wirkstoffdosis in die Umwelt gelangt, sind das allein in den USA im Jahr etwa 100 kg Östrogene und 1 000 kg Androgene und etwa 10 kg Melengestrolacetat. Im Vergleich zur natürlichen Ausscheidung sind das 0,2 % bei den Östrogenen oder 20 % bei den Androgenen. Der Verbleib von Steroiden aus Ausscheidungen landwirtschaftlicher Nutztiere in der Umwelt wird stark durch Lagerungsbedingungen der Exkremente wie auch durch den Bodentyp der Felder, auf denen der Dung ausgebracht wird, beeinflusst. Partikelgröße und Gehalt an organischer Substanz beeinflussen Adsorption und Migration im Boden. Unsere Studien zeigen, dass niedrige Konzentrationen Trenbolon und Melengestrolacetat in landwirtschaftlichen Böden sehr mobil sind. Beide Hormone haben jedoch eine hohe Neigung, an die organische Substanz der immobilen Phase zu binden, was zu einer hohen Retardation im Boden führt. © Lehrstuhl für Physiologie, Letzte Änderung: 06.10.2009, Renate Schöpf