Informatik II Halbleiter und Chips Rainer Schrader Zentrum für Angewandte Informatik Köln 3. Februar 2009 2 / 54 1 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips • der Inhalt dieses Kapitels ist aus Bauer/Wagener: Bauelemente und Grundschaltungen der Elektronik entnommen. • auf der äußeren Schale des Siliziumatoms kreisen vier Elektronen, • diese spielen als Valenzelektronen bei der Kristallbildung eine wichtige Gliederung Rolle • angestrebt wird der Edelgas-Zustand (8 Elektronen auf der • ein einfaches Halbleitermodell • Chips Außenschale) Si +14 3 / 54 4 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips • im „idealen” Siliziumkristall nutzen zwei benachbarte ein Elektronpaar • wir bringen jetzt Fremdatome mit 5 bzw. 3 freien Elektronen in die gemeinsam Gitterstruktur ein. • jedes Siliziumatom kann sich so mit 4 Nachbarn verbinden. • im idealen Gitter sind also alle Elektronen gebunden, • 5-wertige Atome bilden Donatoren: Zur Bildung der Gitterstruktur bringen sie ein Elektron zuviel mit, das leicht abgelöst werden kann. • der Kristall ist ein Nichtleiter Si Si Si Si Si Si Sb Si Si Si 6 / 54 5 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips • 3-wertige Atome bilden Akzeptoren: Die unabgesättigte Dotierung Gitterverbindung fängt ein freies Elektron ein. • wir bringen gezielt in einen Siliziumkristall rechts Donatoren und links • übliche Bezeichnung: die freien Elektronen mit n (negativ) Akzeptoren ein: Elektronenmangel als Defektelektronen oder Löcher (p) (positiv) Si Si In + + + + + - - - Si • danach sind beide Gebiete in sich elektrisch neutral, • da auch nach der Dotierung die Anzahl der Elektronen und Protonen Si gleich ist • zwischen den beiden Zonen besteht ein hohes Konzentrationsgefälle an Ladungsträgern • verwendete Donatoren: Phosphor, Arsen oder Antimon als Akzeptoren: Bor, Aluminium, Gallium oder Indium 7 / 54 8 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips • es erfolgt eine Ladungsträgerwanderung über die Grenzfläche hinweg: • Elektronen wandern in die p-Zone, Löcher in die n-Zone (Diffusion). + + + + + - • als Folge von Diffusion und Rekombination entsteht zu beiden Seiten der Grenzfläche eine Zone, die frei von beweglichen Ladungsträgern ist. (Sperrschicht) - - • in der Nähe der Grenzfläche: + + + + + - - - Sperrschicht • finden die Elektronen genügend Löcher vor und umgekehrt die Löcher genügend freie Elektronen • das Fehlen von freien Ladungsträgern in dieser Zone bedeutet, dass • kommt es zu Rekombinationen : eingewanderte Elektronen vereinigen sich mit Löchern und eingewanderte Löcher mit Elektronen. diese Zone sich wie ein Isolator verhält 9 / 54 Halbleiter und Chips 10 / 54 Halbleiter und Chips Potentialverhältnisse am Übergang • vor der Diffusion waren sowohl die n-Zone als auch die p-Zone • als Folge dieses Ladungsunterschieds entsteht eine Spannung, die von elektrisch neutral. der n-Zone zur p-Zone gerichtet ist, und der weiteren Diffusion entgegenwirkt • nach der Diffusion sind in der n-Zone Löcher und in der p-Zone Elektronen zugewandert. • damit hat sich zu beiden Seiten der Grenzfläche eine Ladung aufgebaut: • in der n-Zone eine positive Ladung (durch die zugewanderten Löcher) • Spannung und entgegengesetzte Diffusion erreichen schließlich einen Gleichgewichtszustand, in dem keine Wanderung mehr stattfindet • in der p-Zone eine negative Ladung (durch die eingewanderten • die Stärke der Dotierung beeinflusst die Dicke der Sperrschicht und die Elektronen). + + + Höhe der Gleichgewichtsspannung ( Diffusionsspannung) + + - + + + + + - • für Silizium liegt diese zwischen 0, 5 und 0, 8 Volt - - Raumladung 11 / 54 12 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips Anlegen eines Sperrstroms Anlegen eines Durchlassstroms • wir legen eine äußere Spannung so an, dass der Minuspol an der • wir legen den Minuspol an die n-Zone und den Pluspol an die p-Zone, p-Zone und der Pluspol an der n-Zone anliegt. + + + + + - - + + + + + - - - R R + - - • dann stößt das positive Potential des Pluspols die Löcher und der + Minuspol die Elektronen ab • dann werden die Löcher vom Minuspol angezogen und die Elektronen • Elektronen in der n-Zone und Löcher in der p-Zone werden also in die vom Pluspol Mitte gedrängt • durch diese Ladungsverschiebungen wird die Sperrschicht breiter • es kommt kein Stromfluss zustande, da die Sperrschicht frei von • die Sperrschicht wird dünner • bei genügend hoher äußerer Spannung (größer als die beweglichen Ladungsträgern ist und wie ein Isolator wirkt 13 / 54 Diffusionsspannung) wird die Sperrschicht ganz abgebaut und es kann ein Strom fließen Halbleiter und Chips 14 / 54 Halbleiter und Chips Bipolarer Transistor • er besteht aus zwei n-Zonen, die durch eine sehr dünne und wesentlich geringer dotierte p-Zone getrennt sind (npn-Transistor) • der pn-Übergang wird als Diode bezeichnet Emitter • in Abhängigkeit von der äußeren Polung erlaubt sie, Stromfluss zu ermöglichen oder zu unterbrechen 01 10 − − − − − + + + 111 000 − − − − − 01 10 Kollektor Basis • wir schalten jetzt zwei Dioden geeignet hintereinander, um einen • die linke n-Zone wird als Emitter bezeichnet: sie sendet Ladungsträger Transistor zu erzeugen aus • die rechte heißt Kollektor: sie sammelt Ladungsträger auf • die p-Zone wird als Basis bezeichnet: sie steuert den Transistor 15 / 54 16 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips • der Emitter-Basis-Übergang ist in Durchlassrichtung geschaltet, der 0110 − Basis-Kollektor-Übergang ist gesperrt − − − − − + − − + 111 000 − − − 0110 − + + − − + − − − 111 000 − − − − − + − − − 0110 − + + 0110 • durch den in Durchlassrichtung geschalteten Emitter-Basis-Teil fließt ein großer Emitterstrom IE von Elektronen aus dem Emitter zur Basis + − • wegen der geringen Dotierung der Basis finden die Elektronen dort + wenige Löcher zur Rekombination vor • dadurch wird die Basis mit einer großen Zahl von freien Elektronen überschwemmt 17 / 54 18 / 54 Halbleiter und Chips − 0110 − − − − − + + − − + 111 000 − − − − 0110 Halbleiter und Chips • die durch Rekombination in der Basis gebliebenen Elektronen würden − die Basis negativer machen, wenn sie nicht nach außen abgeführt würden • dieser Elektronenstrom, der aus der Basis herausfließen muss, damit − Basispotential und Emitterstrom konstant bleiben, heißt Basisstrom IB + − + Emitterstrom − 0110 • dadurch wird die Basis mit einer großen Zahl von freien Elektronen überschwemmt − − − − − • da die Basis sehr dünn ist, werden die Elektronen auf Grund ihrer − − − + 111 000 − Eigengeschwindigkeit zum Kollektor hin abgedrängt + + − − − − Kollektorstrom Basisstrom + − • wegen der geringen Anzahl von Rekombinationen in der Basis kommen 0110 + fast alle vom Emitter ausgesandten Elektronen im Kollektor an • es fließt somit ein Kollektorstrom IK , der etwas kleiner ist als der • es gilt: IE = IK + IB Emitterstrom 19 / 54 20 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips • wird der Basisstrom erhöht, d.h. werden mehr Elektronen aus der Basis • Basisstrom und Kollektorstrom verhalten sich wie die Dotierungsgrade: entfernt, so wird die Basis positiver IK = c · IB , mit einem großen c • dadurch wird die Spannung zwischen Emitter und Basis größer und • d.h. wir können mit einem kleinem Steuerstrom einen großen Emitter- damit auch der Emitterstrom bzw. Kollektorstrom steuern • werden umgekehrt weniger Elektronen aus der Basis entnommen, wird • dadurch wirkt der Transistor als Schalter der Emitterstrom kleiner Emitterstrom − 0110 • ist der Basisstrom Null, so ist der Kollektorstrom ebenfalls Null − − − + + − − + 111 000 − − 0110 − − − − − − • danach genügt eine kleine Erhöhung des Basisstroms, um einen hohen Kollektorstrom anzuschalten Kollektorstrom • gebräuchliches Schaltzeichen für den Transistor: Basisstrom + − + K B E 21 / 54 22 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips Beispiel • die einfachste logische Schaltung: der Inverter • eine positive Spannung am Eingang lässt den Strom vom Emitter zum Durch geeignetes Hintereinanderschalten von Transistoren erhalten wir einfache logische Schaltungen wie die folgende 3-Wege-NOR-Schaltung: Kollektor fließen • bei negativer Spannung sperrt der E-K Übergang, U und die Spannung U + liegt am Ausgang an + R a T 1 U+ e 1 T 2 e 2 T e 1 3 3 R IN K OUT Nur wenn alle Schalter sperren, liegt bei a1 ein Signal an. B E 23 / 54 24 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips Beispiel Ebenso: die 3-Wege-NAND-Schaltung: U Feldeffekt-Transistoren • Feldeffekt-Transistoren sind etwas anders aufgebaut • sie ermöglichen Schaltungen mit deutlich niedrigeren Schaltströmen + R a e 1 e2 e3 und geringerer Leistungsaufnahme (und daher weniger Wärmeabstrahlung) 1 T 1 • sie schalten dagegen u. U. etwas langsamer • MOSFET (Metall-Oxid-Halbleiter FET) ist die am weitesten verbreitete T 2 Art T3 • für Details sei auf die angegebene Literatur verwiesen Nur wenn alle Schalter auf Durchlass stehen, liegt bei a1 kein Signal an. 25 / 54 26 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips CMOS-Technik • CMOS nutzt gleichzeitig sowohl p-Kanal- als auch n-Kanal-MOSFETs • wir haben also die doppelte Anzahl von Transistoren, aber keinen U+ Widerstand • die jeweils komplementären Transistoren werden gleich angesteuert, p−Kanal einer leitet, der andere sperrt IN • Strom wird nur im Augenblick des Umschaltens verbraucht, der OUT n−Kanal Stromverbrauch ist also abhängig von der Taktfrequenz 27 / 54 28 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips • die Transistoren werden üblicherweise in Silizium hergestellt • daneben wird in Hochleistungsprozessoren auch Galliumarsenid Gliederung verwendet • ein einfaches Halbleitermodell • Chips • Galliumarsenid ermöglicht kürzere Schaltzeiten, ist aber teurer • zur Herstellung wird Silizium (Quarzsand) geschmolzen und zu einem Einkristall gezogen • der Einkristall (bis 2m langer Kolben, Durchmesser ∼ 20 cm) wird in Scheiben geschnitten 30 / 54 29 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips • dadurch entsteht eine Scheibe, die matrizenförmig in kleine Quadrate oder Rechtecke unterteilt wird • in diese waffelförmige Scheibe (wafer) wird in jeder Wabe eine Kopie der Schaltung untergebracht • jede Fläche umfasst ∼ 0.1 − 1cm 2 31 / 54 32 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips 33 / 54 Halbleiter und Chips 34 / 54 Halbleiter und Chips • ein einzelner Chip besteht aus mehreren Ebenen • die Ebenen sind voneinander isoliert und enthalten u.a.: • die Stromversorgung • die Transistoren • mehrere Verdrahtungsebenen • der Chip ist über feine Goldfäden und Beinchen mit der Außenwelt verbunden 35 / 54 36 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips Chipherstellung • die Produktion von Chips erfordern mehrere Hundert Einzelschritte • die Hauptschritte sind photolithographische Prozesse: • eine neue Materialschicht wird aufgetragen • diese wird mit Photolack beschichtet • mit einer Maske belichtet bzw. einem feinen Lichtstrahl abgefahren • die unbelichteten Teile werden weggeätzt, dotiert, mit Metall bedampft, etc. • abschließend wird der restliche Photolack entfernt 37 / 54 38 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips Schwierigkeiten bei der Chipherstellung • Schwierigkeiten resultieren im wesentlichen aus zwei Ursachen: • die Beherrschung des technischen Prozesses • die Beherrschung des Entwurfs und Designs der Schaltungen • wir unterscheiden nach nach der Funktionalität des Chips: • Speicherchips • Logikchips 39 / 54 40 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips Technische Schwierigkeiten bei der Chipherstellung • Speicherchips • enthalten lediglich Speicherbausteine • diese sind matrizenförmig und sehr regelmäßig angeordnet • die Schwierigkeiten resultieren hauptsächlich aus der geringen Größe • werden durch den technischen Prozess limitiert • die zur Zeit kleinsten verwendeten Strukturen haben eine Größe von 1 - der Objekte 0.1µ = 10−7 m • Logikchips • die Probleme resultieren aus: • enthalten überwiegend Logikbausteine • diese sind untereinander komplex und unregelmäßig zu verdrahten • der Justierung der Masken • Beugungs- und Brechungseffekte bei der Belichtung • werden sowohl durch die Technik als auch durch das Design limitiert • Unsauberkeiten beim Ätzen, Aufdampfen, Beschichten 41 / 54 42 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips • die Entwicklung von Speicherchips und Strukturgröße: µm Schritte bei der Entwicklung von Logikchips 16 kb 3,5 • Logikdesign 3 • Logiktests • Abschätzung des Laufzeitverhaltens 2,5 • Plazierung der Module (Placement) 64 kb 2 • Verdrahtung (Routing) 1,5 256 kb • Berechnung des Laufzeitverhaltens 1Mb 1 4 Mb • nur mit Rechnerunterstützung möglich 16 Mb 64 Mb 0,5 256 Mb 1 Gb 4 Gb 0 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 43 / 54 44 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips • Entwicklung der Transistoranzahl in Prozessorchips: 10 8 Pentium IV 7 10 Pentium III Pentium Pro Pentium Pentium II 10 486 6 386 10 286 5 8086 4 10 4004 10 3 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 Quelle: http://www.eecg.toronto.edu/˜vaughn/vpr 46 / 54 45 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips • Speicherchips • mehrere Chips werden zusammen mit konventionellen Bauteilen • gegenwärtig ∼ 100 mm 2 Fläche • Auflösung 0, 17µ (Kondensatoren, Widerstände, etc.) auf einer Leiterplatine untergebracht • 500 Millionen Transistoren • die Verdrahtung der Bauteile auf der Leiterplatine erfolgt wiederum auf • PowerPC 7457 IBM/Motorola mehreren Ebenen • ∼ 98 mm 2 Fläche • mehrere Leiterplatinen werden in die Leitungsschlitze der • 58 Millionen Transistoren Systemplatine (motherboard) gesteckt • Pentium IVE • Platinen können u.U. mehrere Dutzend von Chips enthalten • ∼ 125 mm 2 Fläche • 125 Millionen Transistoren • Interchip-Verbindungen sind deutlich langsamer als Intrachip-Verbindungen • Opteron K10 • • • • 2 ∼ 285 mm Fläche Fertigungstechnik: 65 nm (SOI) 463 Millionen Transistoren max. Leistungsaufnahme (TDP): 95 W • man versucht daher, durch höhere Integration mehr und mehr Funktionalität auf einem Chip unterzubringen 47 / 54 48 / 54 Halbleiter und Chips Halbleiter und Chips 49 / 54 50 / 54