3. Mai 2016 Fachmedium für industrielle Anwender und Entwickler Vitrolam schützt vor elektromagnetischer Strahlung: Gute Figur beim induktiven Laden Eine Folie auf Basis von weichmagnetischem Vitroperm 800 R liefert den Ferriten vergleichbare Leistungen bei halber Dicke. (Bild: Samsung Electronics) 09 Am 20. März 1900 erhielt Nikola Tesla sein erstes Patent über die drahtlose Energieübertragung und legte damit die technische Grundlage für das induktive Laden. Das Prinzip der kabellosen Energieübertagung ist also seit mehr als 100 Jahren bekannt. Eine Vielzahl nicht kompatibler Ladegeräte von unterschiedlichen Herstellern und der damit einhergehende Verdruss bei den Handynutzern haben in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass das induktive Laden ein wahres Revival erlebt – und das nicht nur im Bereich der mobilen Telefonie. Auch die Notwendigkeit, das E-Auto bei möglichst jedem Parkvorgang einfach und unkompliziert aufladen zu können, hat das Thema auf der Prioritätenliste weiter nach oben gehievt. Doch zurück zum fast schon unverzichtbaren Alltagshelfer Mobiltelefon. Hier erobert die kabellose Energieübertragung alle möglichen Lebensbereiche: Ikea beispielsweise bietet Möbel mit integrierter Ladestation an. Zudem erobert das Prinzip die Fahrgasträume von Autos und wird an Flughäfen angeboten. Die höchst komfortable Art, seine elektronischen Geräte wieder aufzuladen, setzt sich in vielen Bereichen des Alltagslebens Stück für Stück durch. Dafür sprechen auch Schätzungen, die im Bereich der kabellosen Energieübertragung bis zum Jahr 2018 ein Marktvolumen von 8,5 Milliarden Dollar sehen. Der Löwenanteil dieser enormen Wachstumsraten wurde dabei für 2015 und 2016 prognostiziert. Das Prinzip des induktiven Ladens ist im Grunde bestechend einfach: Zur induktiven Energieübertragung wird im Transmitter (Sender, Generator) ein magnetisches Wechselfeld erzeugt, und zwar mit einer von Wechselstrom durchflossenen Spule (Bild 1). Auch auf der Empfängerseite ist eine Spule vorhanden, die von einem Teil des magneti- US Strom- Oszillator L1 versorgung B Last L2 Gleichrichter Bild 1. Prinzip der drahtlosen Energieübertragung zwischen Sender (links) und Verbraucher (rechts). Passive Bauelemente 25 Effizienz [r. E.] 20 15 10 5 0 „Composite type“, Dicke: 0,5 mm Vitrolam Dicke: 0,3 mm (6-lagig) Vitrolam Vitrolam „Composite type“ Dicke: 0,2 mm Dicke: 0,1 mm Dicke: 0,1 mm (4-lagig) (2-lagig) Bild 2. Relativer Vergleich verschiedener Ferritlösungen und Vitrolam-Folien hinsichtlich der Energie(Bild: Vacuumschmelze) übertragungseffizienz. Besser nicht ohne Schirm Das breit gestreute Magnetfeld der Transmitterspule beim induktiven Laden ist allerdings für viele moderne elektronische Geräte – Stichwort „elektromagnetische Verträglichkeit“ – nicht unproblematisch. Damit ist der üblicherweise erwünschte Zustand gemeint, dass technische Geräte einander nicht durch ungewollte elektrische oder elektromagnetische Effekte störend beeinflussen. Dazu gibt es auch eine für die Hersteller bindende Richtlinie der EU „ zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die elektromagnetische Verträglichkeit“ – kurz: EMV-Richtlinie (EMC) 2014/30/EU. Sie behandelt die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln und gibt vor, auf welche Weise die elektromagnetische Verträglichkeit von elektrisch betriebenen Geräten im europäischen Binnenmarkt beschaffen sein soll. Es ist also nicht nur vorgeschrieben, sondern auch dringend notwendig, die empfindlichen elektronischen Geräte gegen das beim induktiven Laden entstehende Magnetfeld abzuschirmen. Hierzu eignet sich bei weitem nicht jedes Material. In Aluminiumhüllen, die aus Elektronik 9/2016 zur Trennung des Akkus von der Elektronik bei Handys dienen könnten, würde sich der Strom beispielsweise ebenfalls einkoppeln. Der so entstandene Stromfluss könnte zu einer Erwärmung und auf lange Sicht zu einer schädlichen Überhitzung der umgebenden Komponenten führen. Dünn und flexibel – nicht um jeden Preis Stand der Technik sind heute Ferrite für Ladestationen, in deren Sendern Ferritplatten von durchschnittlich etwa 2,5 mm Dicke verbaut werden. Der Vorteil dieses keramischen Werkstoffs liegt im Preis, denn in der beschriebenen Standardausführung sind diese Ferritplatten durchaus günstig. Allerdings hat dieses Material auch einen entscheidenden Nachteil: Je dünner es ist, desto empfindlicher reagiert es auf Gleiche Leistung bei halber Dicke Vitroperm ist nach der Rascherstarrung zunächst einmal amorph. Zum Ausbil- 0 Schirmwirkung [Differenz von 100 %] schen Wechselfelds durchdrungen wird. Dadurch wird in der Empfängerspule eine Spannung induziert. Wenn an der Spule nun eine elektrische Last angeschlossen wird, kommt es aufgrund der induzierten Spannung zum Stromfluss durch die Last und es wird Leistung übertragen. Das Wirkprinzip entspricht dem eines Transformators mit schwacher Kopplung der Spulen. Belastung und ist in der Folge zerbrechlicher. Andererseits geht der Trend ganz eindeutig zum immer schlankeren Design. Gadgets für den täglichen Gebrauch, beispielsweise Notebooks oder Mobiltelefone, zeichnen sich bereits seit Jahren dadurch aus, dass sie immer dünner werden. Auch lassen sich in Bezug auf das Design mit möglichst dünnen Ausgangsmaterialien viel mehr Möglichkeiten realisieren als mit vergleichsweise dicken Ferritplatten. Durch den Trend zum Dünn-Design jedoch wird der Kostenvorteil der Ferrite gegenüber anderen Materialien schnell obsolet. Denn um die werkstoffimmanente Zerbrechlichkeit auch bei der Herstellung extrem dünner Ferritplatten zu kompensieren, sind die Hersteller dazu übergegangen, Folien auf die Platten aufzulaminieren. Dieser zusätzliche Produktionsschritt bedeutet eine aufwändigere Herstellung und führt natürlich auch zu größeren Ausschussmengen bei der Produktion – und das manifestiert sich in höheren Kosten. Eine interessane Alternative zu den Ferriten kommt nun aus Hanau: Hier hat die Vacuumschmelze (VAC) mit Vitrolam eine flexible Folie entwickelt, die beim Handling in der Produktion oder durch das Herunterfallen beim Endkunden nicht kaputt zu kriegen ist. Diese neue Folie besteht aus mehreren Schichten des weichmagnetischen Werkstoffs Vitroperm 800 R. −2 −4 −6 −8 −10 −12 −14 −16 „Composite type“ Vitrolam Vitrolam Vitrolam „Composite type“ Dicke: 0,5 mm Dicke: 0,3 mm Dicke: 0,2 mm Dicke: 0,1 mm Dicke: 0,1 mm (6-lagig) (4-lagig) (2-lagig) Bild 3. Relativer Vergleich verschiedener Ferritlösungen und Vitrolam-Folien hinsichtlich der Schirm(Bild: Vacuumschmelze) wirkung – und zwar abweichend vom Idealfall. Passive Bauelemente Bild 4. Beispiel für eine Vitrolam-Folie mit mehreren Vitroperm-Werkstofflagen. den der nanokristallinen Zweiphasenstruktur werden die aus dem amorphen Band gewickelten Ringbandkerne bei etwa 550 °C getempert. Die Zweiphasenstruktur ist dadurch gekennzeichnet, dass ein feinkristallines Korn (mittlerer Durchmesser 10 bis 20 nm) in eine amorphe Restphase eingebettet ist. Dieses strukturelle Merkmal ist für das Erreichen höchster Permeabilitäten und kleinster Koerzitivfeldstärken verantwortlich. Daneben sorgen geringe Banddicke (ca. 20 µm) sowie elektrischer Widerstand von 1,1 bis 1,2 µΩm für niedrigste Wirbelstromverluste und einen ausgezeichneten Frequenzgang der Permeabilität. Die Kombination dieser Eigenschaften verknüpft mit einer Sättigungsinduktion von 1,2 T sowie günstige thermische Eigenschaften sorgen dafür, dass dieser Werkstoff konkurrierenden Permalloys, Ferriten und amorphen Werkstoffen auf Kobalt-Basis mindestens ebenbürtig – wenn nicht sogar überlegen – ist (Bild 2). Dies zeigt sich unter anderem daran, dass man diesen Werkstoff – im Gegensatz zu den spröden keramischen Ferriten – im Verarbeitungsprozess stanzen kann. Vergleichsmessungen belegen zudem, dass Vitrolam-Folien bereits bei Schichtdicken jene Schirmwirkung erzielen, für die man bei Ferritplatten noch die doppelte Schichtdicke benötigt (Bild 3). Sehr temperaturstabil im Kfz Auch in Einsatzgebieten abseits der mobilen Telefonie erweist sich Vitrolam (Bild: Vacuumschmelze) als gut geeigneter Werkstoff: In industriellen Automobil-Anwendungen beispielsweise ist die Beständigkeit der magnetischen Eigenschaften bei sich ändernden Temperaturen von großer Bedeutung. Im Gegensatz zu Konsum- oder Telekommunikationsprodukten, wo die Spanne der Betriebstemperaturen allgemein bei 0 bis 50 °C liegt, geht es bei den zuvor genannten AutomobilAnwendungen um Temperaturbereiche von –40 bis zu +85 °C. In diesem Bereich variieren die magnetischen Eigenschaften von Ferriten sehr stark, während die Eigenschaften des – im Vitrolam enthaltenen – Vitroperm 800 R kaum schwanken. Seit Ende 2014 ist die Folie mit dem weichmagnetischen Werkstoff (Bild 4) entsprechend den Vorgaben des Qi-Standards des Wireless Power Consortium zertifiziert. Von den Überlegungen nach einer Zertifizierung der Schirmmaterialien für die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten seiner Entdeckung war Tesla noch weit entfernt. Er konnte sich vermutlich weder die schiere Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten noch die Probleme mit den Auswirkungen der magnetischen Strahlung – auch nicht ansatzweise – vorstellen. Zuviel ist seit seiner Entdeckung vor über hundert Jahren passiert. Und die prognostizierten Wachstumsraten für kabellose Energieübertragung lassen vermuten, dass hier noch lange nicht alle vorstellbaren Einsatzfelder ausgelotet sind. Matthias Schmidt (Vacuumschmelze) / go aus Elektronik 9/2016 vacuumschmelze gmbh & co. kg grüner weg 37 d 63450 hanau / germany telefon +49 6181 38 0 fax +49 6181 38 2645 [email protected] www.vacuumschmelze.com VAC Magnetics LLC 2935 dolphin drive suite 102 elizabethtown, ky 42701 telefon +1 270 769 1333 fax +1 270 769 3118 [email protected] VACUUMSCHMELZE Singapore Pte Ltd 1 Tampines Central 5, #06-09 CPF Tampines Building singapore 529508 telefon +65 6391 2600 fax +65 6391 2601 [email protected] VACUUMSCHMELZE China Magnetics Shanghai Sales Office Room 06, 19F Zhongrong Hengrui International Plaza 620 Zhangyang Road, Pudong District Shanghai, PRC 200122 telefon +86 21 58 31 98 37 Fax +86 21 58 31 99 37 [email protected] Mit freundlicher Genehmigung der WEKA Fachmedien GmbH. Der Fortschritt beginnt beim Werkstoff