S051_Infektionsgefahr_Titel:BG S018

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Hilfsmittel
für die Praxis
Infektionsgefährdung und Schutzmaßnahmen
in Orthopädieschuhtechnikbetrieben
Inhalt
1.
Einleitung
2
2.
Begriffbestimmungen
3
3.
Arbeitsbereiche
4
4.
Gefährdungsbeurteilung
5
5.
Infektionsgefahren
6
6.
Schutz- und Hygienemaßnahmen
7
7.
Arbeitsmedizinische Vorsorge und Schutzimpfungen
9
8.
Gleichzeitiger Schutz von Beschäftigten und Patienten
11
9.
Erste Hilfe – Schutz und Pflege der Haut
11
10.
Schwangerschaft
12
11.
Weiterführende Informationen
12
1. Einleitung
Orthopädieschuhtechnik (OST) -Betriebe sind als „Gesundheitsberufe“ auf das Wohl ihrer Kunden bzw. Patienten ausgerichtet.
Sie beachten die Anforderungen verschiedener Bestimmungen
wie Infektionsschutzgesetz, Hygienevorschriften und rechnen
mit den Kostenträgern im Gesundheitswesen ab. Hierzu müssen
Qualitätskriterien erfüllt werden, die neben sachgerechter Ausführung der Arbeit auch den Schutz der Kunden bzw. Patienten
und der Mitarbeiter vor Infektionen beinhalten.
In OST-Betrieben werden in den verschiedenen Arbeitsbereichen unterschiedliche Tätigkeiten durchgeführt. Eine beruflich
erhöhte Infektionsgefährdung liegt regelhaft nur dann vor, wenn
sich OST-Betriebe auf bestimmte Indikationsbereiche wie z. B.
die Versorgung von Diabetikern, chronisch Kranken oder frisch
operierten Patienten spezialisiert haben.
Beim Umgang mit solchen Patienten liegen nicht gezielte Tätigkeiten (unbeabsichtigte Exposition gegenüber Krankheitserregern) vor, die mit einer im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung
erhöhten Infektionsgefährdung einhergehen.
2
Häufig werden aus OST-Betrieben Fragen an die Berufsgenossenschaft gerichtet, die Infektionsgefahren im Betrieb thematisieren:
Welche Erreger können auftreten?
Welche Schutzmaßnahmen sind sinnvoll?
Welche Schutzimpfungen gibt es?
Wer übernimmt die Kosten für diese Impfungen?
Der hier vorliegende Text gibt deshalb Hinweise zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz im Betrieb und leistet den OSTBetrieben Hilfestellung bei
• der Gefährdungsbeurteilung
• der Ableitung der erforderlichen Schutzmaßnahmen
• der Hygiene
• der arbeitsmedizinischen Vorsorge.
2. Begriffsbestimmungen
• Infektion bedeutet das Eindringen von Mikroorganismen in
den menschlichen Organismus, wo sie sich nach der Anstekkung vermehren und eine Infektionskrankheit verursachen
können.
• Risikogruppe 2: Biologische Arbeitsstoffe, die eine Krankheit
beim Menschen hervorrufen und eine Gefahr für Beschäftigte
darstellen können; eine Verbreitung in der Bevölkerung ist
unwahrscheinlich, eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung normalerweise möglich.
• Biologische Arbeitsstoffe sind u. a. Mikroorganismen,
z. B. Bakterien, Schimmelpilze und Viren, die beim Menschen
Infektionen, sensibilisierende oder toxische Wirkungen,
also Infektionskrankheiten, Allergien oder Reizwirkungen bzw.
Vergiftungen hervorrufen können.
• Nicht gezielte Tätigkeiten im Sinne der BioStoffV kommen in
OST-Betrieben vor, weil dort biologische Arbeitsstoffe über
Patienten oder erkrankte Personen eingetragen werden
können. Die Arbeiten sind aber nicht auf den Umgang mit
biologischen Arbeitsstoffen ausgerichtet, d. h. dies ist nicht
der Zweck der Arbeiten, und nicht alle der möglicherweise
einwirkenden biologischen Arbeitsstoffe sind bekannt.
• Risikogruppe 3: Biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere
Krankheit beim Menschen hervorrufen und eine ernste Gefahr
für Beschäftigte darstellen können; die Gefahr einer Verbreitung in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung normalerweise möglich. Ist
ein biologischer Arbeitsstoff mit dem Zusatz (**) versehen, ist
eine Infizierung über den Luftweg normalerweise nicht möglich.
• Die Biostoffverordnung gliedert die Sicherheitsmaßnahmen
für gezielte Tätigkeiten in Schutzstufen, die entsprechend der
Gefährdung festgelegt sind.
• Die Biostoffverordnung teilt die biologischen Arbeitsstoffe in
vier Risikogruppen (siehe unten) nach der Höhe der Infektionsgefährdung ein. Für die Gefährdungsbeurteilung in
OST-Betrieben sind überwiegend die Risikogruppen 2 und 3
von Bedeutung.
Soweit möglich, sind auch nicht gezielte Tätigkeiten einer
Schutzstufe zuzuordnen.
• Technische Regeln für biologische Arbeitsstoffe (TRBA) konkretisieren die Anforderungen der Biostoffverordnung.
Risikogruppen für Infektionserreger (nach BioStoffV)
Risikogruppe
Krankheitseintreten/Schwere
Gefahr für
Beschäftigte
Verbreitungsgefahr
für Bevölkerung
wirksame Vorbeugung oder Therapie
1
Infektion unwahrscheinlich
––
––
nicht nötig
2
Erkrankung
möglich
3
(incl.
3**)
4
möglich
möglich
Erreger/Vorkommen
Beispiele
LebendImpfstoffe
möglich
Viele Bakterien,
diverse Viren,
„normale“ Hautflora
Eiter/Mykosen
diverse pathogene
Bakterien, Viren,
(Hepatitis, HIV)
Wundsekrete, Blut
schwere
Erkrankung
ernst
wahrscheinlich
möglich
sehr schwere
Erkrankung
sehr ernst
u. U. groß
nicht möglich
Seltene Viren
(Lassa, Ebola,
Eiter/Mykosen
(3**): Infektionen parenteral übertragbar
z. B. über Blut, nicht über die Luft
3
3. Arbeitsbereiche
Regelhaft liegt in OST-Betrieben folgende Funktionsgliederung
nach Arbeitsbereichen bzw. Räumlichkeiten vor:
• Verwaltungs- und Bürobereich,
• Verkaufsraum, Laden,
• Ausmess- und Anpassraum (direkter Kundenkontakt, u. a.
Inspizieren von evtl. Druckstellen, Verbandwechsel, Abdrücke
für Einlagen, Anpassen von Spezialfertigungen),
• Werkstattbereich (mit verschiedenen Arbeitsplätzen, z. B. Kleben, und Maschinen, z. B. Ausputzmaschine, Herstellung
neuer und Reparatur getragener Schuhe, Gipsraum usw.),
• Lagerbereiche, Vorratsräume,
• Fuhrpark,
• evtl. angeschlossene Fußpflege (möglicherweise podologische Praxis),
• evtl. Sanitätshaus mit unterschiedlichem Sortiment, evtl. Ausleihe und Rücknahme von Pflegehilfsmitteln incl. Reinigung,
Desinfektion nach Rücknahme, möglicherweise Einweisung
von Patienten in Stoma-Pflege,
• evtl. angeschlossene Orthopädietechnik-Abteilung.
Da jeder Betrieb anders organisiert ist, können nur folgende allgemeingültige Aussagen gemacht werden:
Die Tätigkeiten umfassen in o. a. Arbeitsbereichen
• reine Verwaltungs- bzw. Bürotätigkeiten,
• handwerkliche Tätigkeiten in der Werkstatt, Herstellung neuer
und Überarbeitung bzw. Reparatur getragener Schuhe oder
anderer Zurichtungen,
• Kundenbetreuung im Laden und extern.
Eine Person kann durchaus verschiedene Tätigkeiten in unterschiedlichen Arbeitsbereichen durchführen.
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In der Regel ist beim normalen Kundengespräch mit Beratung
und beim Umgang mit neuen Artikeln oder Anfertigungen, z. B.
beim Verkauf von Bandagen, Stützstrümpfen, Schuhen oder vorkonfektionierten Hilfsmitteln bzw. deren Herstellung, kein
erhöhtes Infektionsrisiko gegeben. Dies gilt im Ladengeschäft
und in der Werkstatt.
Auf der anderen Seite liegt bei Tätigkeiten wie Ausmessen und
Abdruck von Körperteilen, Anpassen und Reparatur bereits
getragener Schuhe oder Orthesen, Unterweisungen in oder
Durchführen von Stoma-Pflege, Fußpflege, Hausbesuche bei
Patienten oder am Krankenbett in Hospitälern, Pflege- bzw.
Altenheimen, evtl. mit Verbandwechsel, ein direkter Kontakt mit
Kunden- bzw. Patienten vor. Hierbei kann eine erhöhte Infektionsgefährdung bestehen.
4. Gefährdungsbeurteilung
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und insbesondere die
Biostoffverordnung (BioStoffV) fordern beim Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen bzw. möglichen Krankheitserregern eine
Bewertung der Arbeitsbedingungen und der Ansteckungsgefahr
durch den Arbeitgeber. Er hat eine Gefährdungsbeurteilung
durchzuführen, um Art und Ausmaß der Infektionsgefährdung in
seinem Betrieb zu ermitteln.
Aufgrund der Vielfältigkeit im Dienstleistungsspektrum der verschiedenen OST-Betriebe und der vielen unterschiedlichen
Tätigkeiten der einzelnen Mitarbeiter ist eine generell zutreffende Gefährdungsbeurteilung nicht möglich.
Das Tätigkeitsprofil jedes Einzelnen bzw. an verschiedenen
Arbeitsplätzen ist zu prüfen.
Laut BioStoffV ist bei der Beurteilung der Infektionsgefährdung
der Betriebsarzt mit einzubeziehen, der mit seinem arbeitsmedizinischen Sachverstand einschätzen kann, welche Risiken vor
Ort vorliegen und welche konkreten Schutzmaßnahmen (technischer, organisatorischer oder persönlicher Art, auch z. B.
durch Impfungen) getroffen werden sollen.
Generell gilt, dass ein erhöhtes berufliches Infektionsrisiko
dann vorliegt, wenn eine im Vergleich zur Normalbevölkerung
erhöhte Exposition gegenüber infektiösen Patienten oder verunreinigten bzw. mit Keimen kontaminierten Materialien vorliegt.
Dies ist dann der Fall, wenn ein mehr oder weniger intensiver
Kontakt zu möglicherweise ansteckungsfähigen Körpersekreten
oder Ausscheidungen wie Blut oder Stuhl besteht. Art und Ausmaß der Tätigkeiten bestimmen die Gefährdung.
In der Fußpflege besteht zudem eine Verletzungsgefahr durch
den Umgang mit scharfen bzw. spitzen Instrumenten und den
daran anhaftenden Keimen.
Es bedarf im Einzelfall ausreichender Informationen über
Betriebsabläufe, Arbeitsverfahren, Identität, Einstufung und
Infektionspotential vorkommender biologischer Arbeitsstoffe
sowie möglicher Übertragungswege, um eine ausreichend
abgesicherte Abschätzung entsprechend § 5 BioStoffV „Informationen für die Gefährdungsbeurteilung“ abgeben zu können.
Im Zweifelsfall ist der Betriebsarzt beizuziehen.
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5. Infektionsgefahren
Bei Kontakt mit Patienten bzw. Kunden sind als mögliche
Erregerquellen die normale „Hautflora“ (Besiedelung mit
üblichen Keimen), infizierte Wunden (z. B. mit krankheitserregenden Bakterien), Blut und andere Sekrete (z. B. aus offenen
Wunden oder an Verband- u. a. Materialien) sowie Verschmutzungen durch Stuhl zu nennen.
Dabei kann eine Vielzahl von Keimen übertragen werden, u. a.
Bakterien, Pilze und Viren.
Die Art und Menge eventueller Erreger hängt auch von der jeweiligen Körperstelle, der Versorgungsindikation und der Vorerkrankung des Patienten ab. Aber nicht in jedem Fall sind Blutbzw. Körpersekrete auch infektiös.
Generell ist anzuraten, die behandelnden Ärzte nach besonderen Ansteckungsgefahren ihrer Patienten zu fragen, insbesondere zu evtl. multiresistenten Keimen.
Am risikoreichsten sind hinsichtlich drohender viraler Infektionen (z. B. durch Hepatitis-Viren) Kontakt mit Blut oder Wundsekreten, gerade bei chronisch vorerkrankten Personen oder bei
der Versorgung frisch Unfallverletzter noch im Krankenhaus.
Als Hilfestellung kann auch die im Kapitel 6. „Arbeitsmedizinische Vorsorge und Schutzimpfungen“ abgedruckte Auflistung
der Erreger, der betroffenen Arbeitsbereiche und Tätigkeiten
herangezogen werden. Hier sind chronisch schädigende
und/oder impfpräventable biologische Arbeitsstoffe genannt,
also Erreger, die schwere Erkrankungen hervorrufen können
und/oder gegen die Schutzimpfungen möglich sind.
Neben den dort genannten Erregern der virusbedingten Leberentzündung, den Hepatitis -A, -B und -C-Viren, können auch
andere Infektionserreger vorkommen, z. B. (ohne Anspruch auf
Vollständigkeit):
• Herpes simplex-Virus
• humanes Immundefizienz-Virus (HIV), und andere Viren,
• viele verschiedene Bakterien (z. B. Staphylokokken,
• Streptococcus pyogenes,
• evtl. auch solche, die multiresistent gegen Medikamente sind,
z. B. MRSA),
• und Fuß- bzw. Nagelpilzerreger (z. B. Trichophyton-Spezies).
Bei diesen Tätigkeiten kann die Infektionsgefährdung in OSTBetrieben ähnlich hoch sein wie im Gesundheitsdienst oder der
Wohlfahrtspflege.
Hepatitis-B-Virus
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Hämophilus influenzae Typ B-Bakterien
Herpes-Virus
6. Schutz- und Hygienemaßnahmen
Technische, organisatorische und persönliche Schutz- sowie
Hygiene-Maßnahmen
Bei vielen Aufgaben in OST-Betrieben ist kein wesentlich erhöhtes berufliches Infektionsrisiko gegeben (siehe folgende Tabelle
„Zuordnung von Risikogruppen und Schutzstufen“). In Laden
und Werkstatt mit Schutzstufe 1 sind die üblichen Reinigungsarbeiten und „allgemeinen Hygienemaßnahmen“ ausreichend.
Diese stellen einen Mindestschutz der Beschäftigten dar.
Aus TRBA 500 „Allgemeine Hygienemaßnahmen“:
Mindestanforderungen bei allen Tätigkeiten mit biologischen
Arbeitsstoffen
– Regelmäßiger Wechsel und Reinigung von:
– Arbeitskleidung
– Persönlicher Schutzausrüstung (PSA)
– Getrennte Aufbewahrung von Straßen-/Arbeitskleidung, PSA
– Arbeitsräume regelmäßig bzw. bei Bedarf mit geeigneten
Methoden reinigen
– Abfälle (insbesondere Verbände o. ä.) in geeigneten Behältern sammeln
– Erste Hilfe-Material für Wundversorgung bereithalten
• Zusätzlich Einsatz persönlicher Schutzausrüstung (je nach
Gefährdungsbeurteilung) wie Atem-, Haut-, Hand- oder AugenSchutz
• Technische und bauliche Maßnahmen (je nach betrieblicher
Situation anzupassen)
– Vermeidung von Bioaerosolen (luftgetragene Keime) oder
deren Reduzierung (Absaugung)
– leicht zu reinigende Oberflächen (Fußböden, Arbeitsmittel)
– vom Arbeitsplatz getrennte Umkleidemöglichkeiten
– Waschgelegenheiten in Nähe des Arbeitsbereichs
• Organisatorische Hygienemaßnahmen:
– Waschen der Hände
– vor Beginn der Pause
– nach Beendigung der Tätigkeit
– Verwendung von geeigneten Mitteln zum hygienischen Händereinigen, Hautschutz- und Hautpflegemittel
– Kein Essen und Trinken im Arbeitsbereich, getrennte Aufbewahrung der Verpflegung
– Kein Betreten der Pausen- oder Bereitschaftsräume mit stark
verschmutzter Kleidung
Zuordnung von Risikogruppen und Schutzstufen nach BioStoffV in OST-Betrieben
Tätigkeitsbereich/Aufgabenspektrum
Risikogruppe
Schutzstufe
—
—
evtl. 2
1
2, evtl. 3**
1, evtl. 2
Ausmess-/Anpassraum, Patienten
2, 3**
2
Fußpflege
2, 3**
2
ggf. Außendienst bei Patienten
2, 3**
2
Büro, Verwaltung
Laden, Verkauf, Beratung
Werkstatt, Reparatur
Risikogruppe 3**:
Infizierung z. B. über Blut, nicht über die Luft,
vornehmlich Hepatitis-Viren
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6. Schutzmaßnahmen
Spezialisierte Tätigkeitsausrichtungen in OST-Betrieben können
bei Kontakt mit Patienten (wie z. B. Diabetiker mit offenen Hautstellen) zu einer Exposition gegenüber Blut und anderen möglicherweise infektiösen Sekreten führen. Dies bedeutet eine
erhöhte Ansteckungsgefahr.
In erster Linie sind deshalb bei diesen Tätigkeiten zum Schutz
der Patienten und der Beschäftigten Handschuhe zu tragen,
Hygienevorkehrungen zu treffen sowie Desinfektionsmaßnahmen durchzuführen.
Dabei sind Maßnahmen der Schutzstufe 2 entsprechend der
BioStoffV (siehe Tabelle) erforderlich, also ein ähnliches Vorgehen wie beim Umgang mit Patienten im Krankenhaus.
Die tätigkeits- bzw. personenbezogene betriebliche Gefährdungsbeurteilung ergibt üblicherweise eine erhöhte Infektionsgefährdung in den Arbeitsbereichen Ausmess- bzw. Anpassraum
und Außendienst bei der Versorgung von Patienten sowie bei
der Fußpflege. Hier muss der Arbeitgeber weitere geeignete
Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Mitarbeiter und
von Kunden bzw. Patienten treffen.
Die Beschäftigten müssen deshalb persönliche Schutzausrüstung, d. h. Handschuhe und Arbeits- bzw. Schutzkleidung,
tragen.
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Kunststofffolien unter Gipsabformungen oder bei Fußabdrücken
können das Verschleppen von Krankheitserregern auf Einrichtung, Arbeitsmaterialien und in die Werkstatt vermeiden. Außerdem sind verstärkte Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen
nötig. Darunter fallen sowohl Hände-Haut-Desinfektion als auch
die regelmäßige Reinigung und Wischdesinfektion von Flächen
(Mobiliar und Boden), insbesondere nach der Versorgung von
Kunden.
Zum Gesundheitsschutz für die Mitarbeiter zählt auch das Angebot einer Impfung – falls eine aktive Schutzimpfung bei dem in
Frage stehenden Erreger überhaupt möglich ist. Zum Schutz vor
einer infektiösen Leberentzündung durch Hepatitis- A- und BViren ist eine solche möglich (siehe Kapitel 7. „Arbeitsmedizinische Vorsorge und Schutzimpfungen).
Auch bei durchgeführter Immunisierung, d. h. erfolgreicher
Schutzimpfung, z. B. gegen Hepatitis-B-Viren, könnten sich
Beschäftigte durch andere Erreger, z. B. bei bakteriellen Hautinfektionen oder mit anderen Viren, infizieren. Insofern müssen
vorrangig die persönlichen Schutzmaßnahmen getroffen und die
allgemeinen Hygienemaßnahmen angewendet werden.
7. Arbeitsmedizinische Vorsorge und
Schutzimpfungen
Wenn in OST-Betrieben beim Umgang mit Patienten nicht gezielte Tätigkeiten (unbeabsichtigte Exposition gegenüber Krankheitserregern) vorliegen, die mit erhöhter Infektionsgefährdung
einhergehen, verpflichtet die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) den Arbeitgeber, arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen zu veranlassen.
Diese „Pflichtuntersuchungen“ sind im Anhang, Teil 2, ArbMedVV aufgelistet. Der Arbeitgeber muss prüfen, ob die dort
angeführten Voraussetzungen bzw. Expositionsbedingungen für
die von ihm zu beurteilenden Tätigkeiten zutreffen (siehe Tabelle).
Auf Grund der Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und
Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (BGV A2) müssen auch OSTBetriebe betriebsärztlich betreut werden. Wird zur Abschätzung
des Infektionsrisikos bei der Gefährdungsbeurteilung der
Betriebsarzt hinzugezogen, ist dessen Rat bei der Erstellung der
Betriebsanweisungen zu berücksichtigen.
Der Betriebsarzt kann zudem die auf Grund beruflicher Gefährdung notwendigen Vorsorgeuntersuchungen durchführen oder
anbieten und Schutzimpfungen vornehmen, bei direkter Impfstoffbeschaffung für mehrere Mitarbeiter evtl. kostengünstiger
als bei Einzelimpfungen durch externe, z. B. Hausärzte.
Den Beschäftigten, die auf Grund der Gefährdungsbeurteilung
ein erhöhtes berufliches Infektionsrisiko haben, ist im Rahmen
der arbeitsmedizinischen Vorsorge eine Schutzimpfung anzubieten. Die Erreger, gegen die Impfungen möglich sind, sind in der
folgenden Liste als „impfpräventabel“ bezeichnet.
In der Regel fallen in OST-Betrieben allenfalls Hepatitis-B- (und
bei Stuhlkontakten evtl. auch Hepatitis-A-) Schutzimpfungen an.
Immunisierungen gegen Kinderkrankheiten sind nur erforderlich, wenn wirklich regelmäßig direkter Kontakt in Einrichtungen
zu Kindern besteht, bei denen die angeführten Erreger vorkommen können.
Die Kosten für beruflich indizierte Impfungen hat entsprechend
den Bestimmungen des Arbeitsschutzgesetzes in Verbindung
mit der ArbMedVV der Arbeitsgeber zu tragen. Die Berufsgenossenschaft kann hierfür keine Kosten übernehmen.
Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen „Pflichtuntersuchungen“ nach Anhang zur ArbMedVV, Auszug aus Teil 2 mit
zusätzlichen Angaben von branchentypischen Bereichen* und Tätigkeiten
Biologischer Arbeitsstoff
Hepatitis-B-Virus (HBV)
(impfpräventabel)
Hepatitis-C-Virus (HCV)
Hepatitis-A-Virus (HAV)
(impfpräventabel)
Bordetella Pertussis
Masernvirus
Mumpsvirus
Rubivirus
Varizella-zoster-Virus
(alle impfpräventabel)
Bereiche nicht gezielter Tätigkeiten
Expositionsbedingungen
Einrichtungen zur medizinischen Untersuchung, Behandlung und Pflege von Menschen
und Betreuung von Behinderten, einschließlich der Bereiche*, die der Versorgung bzw.
der Aufrechterhaltung dieser Einrichtungen
dienen
Tätigkeiten, bei denen es regelmäßig und in
größerem Umfang zu Kontakt mit Körperflüssigkeiten, -ausscheidungen oder -gewebe
kommen kann; insbesondere Tätigkeiten mit
erhöhter Verletzungsgefahr oder Gefahr von
Verspritzen und Aerosolbildung
* In OST-Betrieben nur bei Patientenkontakt
z. B. im Anpassraum oder am Krankenbett
Spezielle Tätigkeiten wie z. B. Verbandwechsel, Blutkontakt beim Anpassen oder evtl. bei
der Fußpflege
Einrichtungen* für behinderte Menschen
Kinderstationen*
Tätigkeiten mit regelmäßigem Kontakt mit
Stuhl im Rahmen
– der Pflege von Kleinkindern
– der Betreuung von behinderten Personen
* Für OST-Betriebe nur bei Besuch/Kontakt zu
Patienten in diesen Einrichtungen z. B. am
Krankenbett oder im Anpassraum
Spezielle Tätigkeiten am Patienten wie z. B.
Versorgen mit Windeln, insbes. bei Inkontinenz
Stoma-Pflege
Einrichtungen* zur medizinischen Untersuchung, Behandlung und Pflege von Kindern
sowie zur vorschulischen Kinderbetreuung
Regelmäßiger, direkter Kontakt zu Kindern
* Für OST-Betriebe nur bei regelmäßigem Kontakt zu Patienten, z. B. im Anpassraum oder
am Krankenbett in o. a. Einrichtungen
Spezialisierte Tätigkeiten wie z. B. Versorgung
von Kindern mit orthopädischen Schuhen
oder anderen Hilfsmitteln
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7. Arbeitsmedizinische Vorsorge und Schutzimpfungen
Bei der Einstellung von Lehrlingen (unter 18 Jahren) ist auf die
Durchführung einer Hepatitis-B-Immunisierung (entsprechend
den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission auf Kosten
der Krankenkasse) zu drängen.
Generell ist den Beschäftigten die Durchsicht des Impfpasses
und die Auffrischung allgemein empfohlener Impfungen zu empfehlen.
Wie bei der Beschaffung von Arbeitsschutzmitteln (persönliche
Schutzausrüstung) ist es auch bei Impfungen sinnvoll, dass sich
die Beschäftigten vor Schutzimpfungen mit dem Arbeitgeber
hinsichtlich Gefährdungsbeurteilung und Kostenübernahme
absprechen.
Die Bestimmung serologischer Parameter der in Frage kommenden Erreger bzw. Viren durch den Betriebsarzt bei der ersten
Untersuchung gibt Auskunft über evtl. früher durchgemachte
Infektionen und möglicherweise schon bestehenden Schutz
durch Antikörper.
Für eine effektive Hepatitis-B-Schutzimpfung ist die Verabreichung einer Impfstoffdosis nicht ausreichend, sondern sind
regelhaft drei Injektionen mit anschließender Antikörper-Titerkontrolle (zur Feststellung des Impferfolges) notwendig.
Es darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Hepatitis-B-Impfung keinen Schutz gegenüber anderen parenteral,
d. h. blutübertragenen Erregern wie z. B. Hepatitis-C- oder
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HI-Virus bietet. Außerdem schützt sie auch nicht vor bakteriellen
Infektionen oder Hautpilzerkrankungen.
Bei Beschwerden oder Erkrankungen unter den Beschäftigten,
die auf die berufliche Infektionsgefährdung zurückgeführt werden, haben die Beschäftigten das Recht, sich arbeitsmedizinisch oder betriebsärztlich beraten und betreuen zu lassen.
Hierfür kann der Betriebsarzt – ebenso wie bei den Pflichtuntersuchungen – auf den berufsgenossenschaftlichen Grundsatz für
arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen „Tätigkeiten mit
Infektionsgefährdung“ (G 42) zurückgreifen, in dem sich Informationen zu vielen weiteren Erregern finden, gegen die möglicherweise auch in OST-Betrieben Kontakt bestehen kann (siehe
Kapitel 5. „Infektionsgefahren“).
8. Gleichzeitiger Schutz von Beschäftigten und
Patienten
Allein die Abnahme von Fußabdrücken zur Einlagenversorgung
kann bei Personen mit einer Fußpilzerkrankung zu einer Verschleppung dieser Hautpilzerreger führen. Dies wäre für erkrankte Personen, z. B. mit Durchblutungsstörungen auf Grund von
Gefäßverschlusskrankheiten oder Diabetes mellitus („Blutzucker“) gefährlich. Solche Patienten könnten sich leichter
infizieren, evtl. mit schwerwiegenden Folgeschäden. Insofern ist
nicht nur an den Schutz der Mitarbeiter, sondern auch an den
Schutz der Kunden bzw. Patienten im Sinne des Infektionsschutzgesetzes zu denken.
Für die betroffenen Betriebe, die auf das gesundheitliche Wohl
ihrer Kunden ausgerichtet sind, ist es notwendig, sich intensiv
um den Schutz der Patienten vor Infektionen zu kümmern und
diese Anstrengungen auch zu dokumentieren, auch im Rahmen
von Zertifizierungen bzw. für Abrechnungen von Kassenleistungen. Persönliche Schutzausrüstung und Hygiene- bzw. Desinfektionsmaßnahmen schlagen dann „zwei Fliegen mit einer
Klappe“.
9. Erste Hilfe – Schutz und Pflege der Haut
Viele Krankheitserreger können durch kleine, häufig nicht
bemerkte Hautverletzungen (kleine Schnitte, Einrisse oder
Abschürfungen) leichter in der Körper gelangen als durch die
intakte Haut. Deshalb ist durch sicherheitstechnische Schutzmaßnahmen an Maschinen und Werkzeugen sowie durch organisatorische und persönliche Verhaltensweisen alles zu tun,
Verletzungen als Eintrittspforten möglichst gar nicht erst entstehen zu lassen.
Nötigenfalls sind Wunden oder offene Hautstellen der Beschäftigten vor dem Kontakt mit Patienten oder kontaminierten Materialien zu desinfizieren und keimfrei abzudecken.
Hautreinigung, -schutz und -pflege gewährleisten darüber hinaus, dass die Haut durch die Arbeit nicht trocken, spröde, rauh
oder rissig wird.
Konkrete Hinweise hierzu geben die „Tipps zum richtigen Hautschutz in der Schuhherstellung“ (Faltblatt S 026 / TA 2055 der
BG ETEM).
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10. Schwangerschaft
Für eine schwangere Mitarbeiterin und insbesondere das werdende Leben würde eine Infektion mit Krankheitserregern ein
großes Risiko darstellen.
Werdende und stillende Mütter dürfen mit Stoffen, Zubereitungen oder Erzeugnissen, die ihrer Art nach erfahrungsgemäß
Krankheitserreger übertragen können, nicht beschäftigt werden,
wenn diese Mitarbeiterinnen den Erregern ausgesetzt sind.
Insofern sind auch in OST-Betrieben für schwangere Mitarbeiterinnen alle Tätigkeiten mit erhöhter Infektionsgefahr zu unterlassen bzw. Arbeitsbereiche ohne besondere Risiken für Mutter
oder Kind anzubieten.
Der Unternehmer muss eine Schwangerschaft seiner
Beschäftigten an die zuständige Behörde (in der Regel das Amt
für Arbeitsschutz, Gewerbeaufsichtsamt o. a.) melden.
Um der Meldepflicht nachzukommen bedarf es eines Vertrauensverhältnisses zwischen Mitarbeiterin und Vorgesetztem
oder Unternehmer.
Im Falle von Komplikationen oder Fehlgeburten würde im Nachhinein die Ursache nur schwer zu klären sein. Aus diesem
Grunde empfiehlt es sich, die gesetzlichen Pflichten ernst zu
nehmen und vorbeugend eher mehr zu tun, als gefordert ist.
Verbindliche Auskünfte und arbeitsrechtliche Entscheidungen
z. B. darüber, ob die Mitarbeiterin während ihrer Schwangerschaft am Arbeitsplatz verbleiben und welche Tätigkeiten sie
noch ausüben kann, sind allein von der zuständigen Behörde zu
treffen.
Schwangere Mitarbeiterinnen dürfen auch nicht anderen
gefährdenden Arbeiten, z. B. Tätigkeiten mit Gefahrstoffen wie
Lösungsmitteln oder mit physikalischen Einwirkungen wie Lärm
oder Schwingungen, ausgesetzt werden. Die Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz muss deshalb sämtliche in Mutterschutzgesetz und Mutterschutzrichtlinienverordnung angeführten Beschäftigungsverbote berücksichtigen.
11. Weiterführende Informationen
• Infektionsschutzgesetz,
• Biostoffverordnung,
• Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)
• Technische Regeln für biologische Arbeitsstoffe:
– „Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung und für
die Unterrichtung der Beschäftigten bei Tätigkeit mit biologischen Arbeitsstoffen“ (TRBA 400),
– „Allgemeine Hygienemaßnahmen: Mindestanforderungen“
(TRBA 500), obige Regelungen elektronisch abrufbar unter:
www.baua.de
• Regeln der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung DGUV
– BGR 189: „Benutzung von Schutzkleidung“
– BGR 195: „Benutzung von Schutzhandschuhen“
– BGR 197: „Benutzung von Hautschutz“
(herausgegeben von der DGUV, zu beziehen über den
Carl Heymanns Verlag, Köln)
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• Berufsgenossenschaftlicher Grundsatz „G 42“ für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen: „Tätigkeiten mit Infektionsgefährdung“ (BBG 904-42),
(herausgegeben von der DGUV, zu beziehen über den Gentner
Verlag, Stuttgart, ISBN 3-87247-635-1)
• Literatur:
Wallhäußer, K. H.: „Praxis der Sterilisation, Desinfektion, Konservierung: Keimidentifizierung – Betriebshygiene“. Thieme
Verlag, Stuttgart, 1995. ISBN 3-13-416305-5
• Hygienepläne von Desinfektionsmittelherstellern
Berufsgenossenschaft
Energie Textil Elektro
Medienerzeugnisse
Gustav-Heinemann-Ufer 130
50968 Köln
Telefon 0221 3778-0
Telefax 0221 3778-1199
E-Mail [email protected]
www.bgetem.de
Bestell-Nr. S 051
Fotos von Arbeitsplätzen: BG
Abbildungen von Erregern: sanofi pasteur MSD
1 · 1 · 04 · 10 · 5 – Alle Rechte beim Herausgeber
Gedruckt auf Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft
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