Die pathologische Eifersucht und ihre Behandlung Prof. Dr. Willi Ecker Prof. Dr. W. Ecker Definitionen von Eifersucht als qualvoll erlebte emotionale Reaktion auf subjektiv drohenden oder tatsächlichen Verlust wichtiger Beziehung an reale/subjektiv empfundene Rival(inn)en bzw. auf antizipierte/tatsächliche Zurückweisung durch Partner zugunsten von Rival(inn)en Gefühlskomplex aus Wut, Angst vor Verlassenwerden, Sichverraten-/-verletzt fühlen, Unsicherheit, Misstrauen, Hass, Traurigkeit und Erniedrigung „Verdachtseifersucht“ vs. „fait accompli“-Eifersucht; für „Verdachtseifersucht“ typisch: plötzliches, schockartiges Gefühl „banger Ungewissheit“ sog. sekundäre kognitive Emotion mit hohem Komplexitätsgrad, die unter Mitwirkung sog. „Minitheorien“ über soziale Beziehungen zustande kommt, besonders abhängig von kultureller Einbettung De Steno et al., 2006; Zinck & Newen, 2008; Schützwohl, 2011 Prof. Dr. W. Ecker Othello und Desdemona Prof. Dr. W. Ecker Bedeutung des historischen und kulturellen Kontexts I Wahrnehmung und Wertung von Eifersucht variieren in Abhängigkeit vom historischen und kulturellen Kontext in griechischer Antike „ehrbare Leidenschaft“, z.B. Auslöser des Trojanischen Kriegs „Wer nicht eifersüchtig ist, liebt nicht“ (Hl. Augustinus) Abwesenheit, nicht Vorhandensein von Eifersucht ist pathologisch (Freud, 1922) Freud, 1922; Durbin, 1986; Mullen, 1991; Keenan & Farrell, 2000; Röttger-Rössler, 2006 Prof. Dr. W. Ecker Bedeutung des historische und kulturellen Kontexts II heute vielfach „politisch nicht mehr korrekt“, „die neue Sünde der befreiten Generation“ paradoxerweise Verurteilung von Eifersucht als „Charakterfehler“ in kapitalistisch organisierter Gesellschaft geringere Eifersucht in Kulturen, die wenig Wert auf individuelle Eigentumsrechte legen, in denen Ehe und Nachkommen nicht in direktem Zusammenhang mit dem Sozialstatus stehen, sexuelle Gratifikation leicht verfügbar ist und Sex als Vergnügen gesehen wird aber: es existieren auch Gesellschaften ohne Begriff und „kulturelles Skript“ für Eifersucht, die diesem Muster gerade nicht entsprechen! Mullen, 1991; Durbin, 1986; Bhugra, 1993; Keenan & Farrell, 2000; Röttger-Rössler, 2006 Prof. Dr. W. Ecker Blick über den Zaun: Das Beispiel der Makassar kein Begriff für Eifersucht, Ehen arrangiert, keine Flirtkultur, Alltag geschlechtersepariert, familiäres Kollektiv überwacht Sittsamkeit, drastische Bestrafung sexueller Übergriffe auf Frauen/Töchter anderer keine Kultivierung eifersuchtsbasierter Partnerkontrolle notwendig, um sexuelle Exklusivität weitgehend sicherzustellen Eifersucht zwar nicht als distinkte Emotion wahrgenommen, doch es kommen dennoch Gefühle von Angst/Verletzung etc. vor, wenn Partner sich abwendet/anderem Menschen zuwendet bei Angst vor Partnerverlust helfen Spezialisten für „Liebesmagie“ Erfolg/Scheitern von Paarbeziehungen externen, übernatürlichen Faktoren zugeschrieben (Liebe entsteht von selbst oder durch Magie), Schuldfragen/Eifersuchtszenen/Drohungen obsolet romantische Anziehung als tückische Krankheit, die bevorzugt junge Menschen betrifft und zu „unüberlegten Fluchthochzeiten“ gegen den Willen der Familien mit schlechter Prognose führen kann Röttger-Rössler, 2006; Röttger-Rössler & Markowitsch, 2009 Prof. Dr. W. Ecker Definition pathologischer Eifersucht Beschränkung auf pathologische Eifersucht im Rahmen der sog. „romantischen Triade“ (Paar + Rivale/Rivalin) exzessive Beschäftigung mit sexueller oder emotionaler Untreue des Partners auf der Basis unzureichender Evidenz; auch bei tatsächlicher Untreue pathologisch, sofern angeführte Indizien unrichtig oder Reaktion exzessiv oder irrational kann sich auch auf zukünftige Untreue, Vorbeziehungen oder frühere Außenbeziehungen des Partners richten überschreitet Ausmaß besitzergreifender Tendenzen, welches für eine bestimmte Gesellschaft oder Kultur als Norm betrachtet wird Komponente unterschiedlicher psychiatrischer Störungen Keenan & Farrell, 2000; Marazziti et al., 2003; Kingham & Gordon, 2004; De Steno et al., 2006;; Baumgart, 2006 Prof. Dr. W. Ecker Wahnhafte Eifersucht wenn Betroffene fälschlicherweise 100%ig und unkorrigierbar von der Untreue des Partners/der Partnerin überzeugt sind; diagnostisch einzuordnen als: a) Wahnhafte Störung – Typus mit Eifersuchtswahn: isolierte Wahnstörung ohne sonstige Psychopathologie b) AnfangsSchizophrenie oder neu hinzukommendes Symptom einer c) Teil einer affektiven Störung mit psychotischen Merkmalen d) Symptom bei toxischen oder organischen zerebralen Störungen (Alkohol- und anderen Substanzabhängigkeiten, z.B. Amphetamin/ Kokain, dementiellen Störungen, z.B. M. Alzheimer, M. Parkinson oder anderen neurodegenerativen Erkrankungen) Easton et al., 2008; Soyka, 2006 Prof. Dr. W. Ecker Wahnhafte Störung-Typus mit Eifersuchtswahn Prävalenzschätzung: <= 1% der Bevölkerung nur 4% von 398 zwischen 1940 und 2002 veröffentlichten Fällen pathologischer Eifersucht erfüllen diagnostische Kriterien der Wahnhaften Störung – Typus mit Eifersuchtswahn Empfehlung einer breiteren Definition von Eifersuchtsstörungen, da Fokussierung auf Wahnerleben zu restriktiv, d.h. zu viele Fälle von Krankheitswert ausgeschlossen daher im Folgenden pathologische Eifersucht Easton et al., 2008 Prof. Dr. W. Ecker Konzentration auf nicht-wahnhafte Psychopathologische Einordnung eifersuchtsbezogener Gedanken 1. ichsynton (zur Person gehörig erlebt), als wahr betrachtet, kein Widerstand: wahnhafte Eifersucht (diagnostische Zuordnung je nach sonstiger Symptomatik) 2. ichdyston (ichfremd erlebt), als unsinnig, irrational erkannt, z.T. schambesetzt, Widerstand, sich gegen den Willen aufdrängend: ähneln Zwangsgedanken (diagnostische Einordnung als Zwangsspektrumsstörung) 3. ichsynton, kein Widerstand, nur zeitweise gerade noch mit Mühe innere Distanzierung möglich: „überwertige Ideen“ (ähneln Zwangsgedanken „mit wenig Einsicht“) Fazit: Kontinuum von zwanghafter bis hin zu wahnhafter Eifersucht Insel & Akiskal, 1996; Kingham & Gordon, 2004 Prof. Dr. W. Ecker „überwertige Ideen“ als ichsynton, d.h. zur eigenen Person gehörig erlebte eigene Gedanken, denen kein Widerstand geleistet wird und von denen nur zeitweise gerade noch mit Mühe eine innere Distanzierung möglich ist an ihnen wird hartnäckig festgehalten, sie dominieren Denken und Handeln, lassen jedoch einen gewissen Raum für alternative Denkweisen, es sei denn, der sie begleitende Affekt hat eine kritische Schwelle überschritten ichsyntone Eifersucht im Sinne einer überwertigen Idee diagnostischer Hinweis auf a) Ähnlichkeit zu einer Zwangsstörung „mit wenig Einsicht“ (d.h. als Zwangsspektrumsstörung konzipierbar) oder auch b) - bei Vorliegen der übrigen Kriterien dieses Störungsbilds - paranoide Persönlichkeitsstörung Hoffmann & Hofmann, 2008 Prof. Dr. W. Ecker Häufigkeiten von Wahn, Ichsyntonie und –dystonie? klinische Einschätzung: wahnhafte versus „neurotische“ (nichtwahnhafte) Eifersucht in etwa gleich häufig keine Daten darüber, wie es um die Ichdystonie/-syntonie unterhalb des Wahns bestellt ist, d.h. in welchem Prozentsatz dieser Fälle z.B. überwertige Ideen vorliegen Cobb, 1979 Prof. Dr. W. Ecker Abgrenzung zwanghafter von normaler Eifersucht bei zwanghafter Eifersucht extremer: Zeitaufwand, Schwierigkeiten, sich gedanklich vom Eifersuchtsthema zu lösen, Beeinträchtigungen der Partnerschaft, Einschränkung der Freiheit des Partners, Kontroll- und Rückversicherungsverhalten bezogen auf den Partner (quantitative Kriterien) qualitatives Kriterium: irrational, unbegründet; aber: vorübergehende irrationale Verdachtsmomente auch bei normaler Eifersucht, jedoch leichter zu entkräften und „loszulassen“ normale Eifersucht: realitätsbasiert, partner-, ereignis- und „rivalen“spezifisch, vorübergehend und nur so lange persistierend, wie die Untreue andauert Marazziti et al., 2003; Tarrier et al., 1990 Prof. Dr. W. Ecker Spezialfall Eifersucht nach Affäre des Partners nach Entdeckung einer Affäre der PE ähnliche Reaktionen möglich (Intrusionen mit Visualisierung der sexuellen Beziehung, zwanghafte Befragung über Details der Affäre, Hypervigilanz im Hinblick auf Anzeichen für fortgesetzten „Verrat“, Wut, anklammerndes Verhalten) zusätzlich evt. Flashbacks, Hyperarousal, „Numbing“ – als Form interpersonellen Traumas, d.h. posttraumatisch zu konzeptualisieren da realitätsbasiert/nicht irrational, nicht unter PE fallend Ausnahme: wenn prä-existierende PE durch Entdeckung einer Affäre, die ein Partner vielleicht nach Jahren fälschlicher Anschuldigungen begann, nur exazerbiert wird diagnostisches Dilemma bleibt: Verleugnung einer Affäre kann unentdeckt bleiben Glass & Wright, 1997; Coop Gordon et al., 2008 Prof. Dr. W. Ecker Wie verbreitet ist pathologische Eifersucht? keine epidemiologischen Studien selbst bei vorsichtiger Interpretation aller „indirekten“ Datenquellen zu vermuten, dass es sich nicht um ein seltenes Problem handelt Shresta et al., 1985; Mullen & Martin, 1994; Michael et al., 1995; Harris, 2003; Marazziti et al., 2003; Kingham & Gordon, 2004 Prof. Dr. W. Ecker „indirekte“ Datenquellen zur Verbreitung pathologischer Eifersucht pathologische Eifersucht bei 27 % bzw. 34 % der Männer und 15 % der Frauen mit Alkoholproblemen 1/3 aller Paare in Paartherapien geben Eifersucht als ein Hauptproblem an Vergleich von Zwangserkrankten mit eifersuchtsbezogener Hauptsymptomatik und Studenten: Patienten mit Zwangsstörung (n=14) geben an, 4-8 Stunden/die mit Eifersucht beschäftigt zu sein, eine Teilgruppe der Studenten (10% von n=245) gibt eine bis 4 Stunden/die an! in klinischen Studien überwiegen Männer (64:36 %) Shresta et al., 1985; White & Mullen, 1989; Michael et al., 1995; Dolan & Bishay, 1996; Marazziti et al., 2003; Harris, 2003 Prof. Dr. W. Ecker pathologische Eifersucht und Alkohol kontroverse Positionen: da Alkoholprobleme nur in 10-20 % der Fälle pathologischer Eifersucht assoziierter Faktor, sind sie kaum als genereller ursächlicher Faktor anzusehen aber: 65 von 71 pathologisch eifersüchtigen Alkoholabhängigen in der Studie von Michael et al. (1995) entwickelten pathologische Eifersucht sekundär zur Alkoholabhängigkeit psychiatrische Lehrmeinung: Alkoholabhängigkeit exazerbiert pathologische Eifersucht, ist aber selten primäre Ursache: „Bedeutung des Alkoholismus bei der Entstehung des Eifersuchtswahns stark überschätzt“ leider diagnostisch unklare Einordnung der Fälle in den o.g. Studien Cobb, 1979; Michael et al., 1995; Dolan & Bishay, 1996b; Möller & Deister, 2003; Soyka, 2006 Prof. Dr. W. Ecker Selbst- und Fremdgefährdung bei pathologischer Eifersucht bei 20 % Suizidversuche, Suizid nach Tötung des Partners möglich körperliche Gewalt bei über 50 %, in 14 % Tötungsversuche 17 % aller Tötungsdelikte in Großbritannien aus Eifersucht Gewalt manchmal direkt durch psychotische Prozesse gesteuert Gewaltrisiko unter Alkoholeinfluss erhöht Opfer von Tötungsdelikten/schwerer Körperverletzung fast ausschließlich Partner, nur selten Rivalen 2. Tötungsdelikt nach Verbüßen der Strafe und augenscheinlicher Normalität möglich! Jahren aber: Gewaltrisiko nicht diagnosebezogen aufgeschlüsselt, z.B. Anteil wahnhafter Eifersucht Mooney, 1965; Mowat, 1965; West, 1965; Scott, 1977; Dell, 1984; Mullen & Maack, 1985; Silva et al., 1998 Prof. Dr. W. Ecker Verhaltensanalytische Beschreibung pathologischer Eifersucht auslösende Bedingungen als Indiz für mögliche Untreue, mangelndes Interesse oder Vernachlässigung interpretierte Verhaltensweisen des Partners, z.B. kommt zu spät von Arbeit flirtet will keinen Sex redet mit Arbeitskolleg(inn)en oder geht mit ihnen aus erhält Anrufe, Briefe, Geschenke kocht Lieblingsgericht oder bringt Blumen! als Indiz für mögliche Rival(inn)en interpretierte Ereignisse, z.B.Geburt eines Kindes mit unterschiedlicher Augenfarbe oder auch nur Auto, das gegenüber dem Haus parkt Prof. Dr. W. Ecker Verhaltensanalytische Beschreibung pathologischer Eifersucht auslösende Bedingungen selbstwertbedrohliche Ereignisse/Kognitionen, z.B. eigene sexuelle Dysfunktion Verlust des Arbeitsplatzes sich aufgrund von Schwangerschaft sexuell weniger attraktiv fühlen Vergleich mit potentiellen Rival(inn)en bezüglich subjektiv relevanter Bereiche (soziale Kompetenz, Reichtum, Körpergröße, Figur, Größe des Penis, Potenz) Verletzungen der Exklusivität und Priorität, nicht selten bei inkompatiblen Konzepten der Exklusivität/Priorität, d.h. wenn die Partner unterschiedlich definieren, was als „nicht exklusiv“ auch außerhalb der Paarbeziehung erlaubt ist oder auch nicht (z.B. Umarmen gegengeschlechtlicher Person, Essen gehen, Austausch von Geschenken mit ihr, Komplimente für sie, „platonische“ Freundschaft mit ihr) Mullen & Martin, 1994; de Silva, 1997; Rustemeyer & Wilbert, 2001; DeSteno et al., 2006; Harmon-Jones et al., 2009 Prof. Dr. W. Ecker Verhaltensanalytische Beschreibung pathologischer Eifersucht Organismusvariablen (incl. situationsübergreifender psychol. Merkmale) niedriger Selbstwert, insbes. sexuelle Minderwertigkeitsgefühle Neigung zu Trennungsangst aufgrund früher Erfahrungen mit gravierenden Verlusten, Getäuschtund Verlassenwerden, außerehelichen Affären und Eifersuchtsdramen der Eltern bei „nicht sicher gebundenen“ Individuen akzentuierte Persönlichkeitsstile, z.B. Unerträglichkeit des befürchteten Verlusts aufgrund dependenter Angst vor Alleinsein oder massiver narzisstischer Kränkung De Silva, 1997; Parker & Barrett, 1997; DeSteno et al., 2006; Damm, 2006 Prof. Dr. W. Ecker Verhaltensanalytische Beschreibung pathologischer Eifersucht Kognitionen sich aufdrängende Gedanken/Bilder bezogen auf frühere sexuelle Beziehungen des Partners, gegenwärtige/zukünftige außereheliche Affären, phantasierte diesbezüglich Wünsche des Partners „alle Frauen/Männer sind untreu“ „wenn sie/er jemandem zulächelt, begehrt sie ihn/sie“ „die Leute denken, sie ist leicht zu haben“ „sie wird mich verlassen“ “ich kann sie nicht befriedigen“/“ich bin nicht gut genug“ „jetzt treibt sie es gerade mit jemand anderem“ „hat sie Geschlechtsverkehr mit jemandem, während ich schlafe?“ „hat er sich woanders mit Geschlechtskrankheit/Aids angesteckt?“ im Extremfall Stimmen, die eine Bestrafung (z.B. Verletzung/Tötung) des Partners befehlen Silva et al., 1998 Prof. Dr. W. Ecker Verhaltensanalytische Beschreibung pathologischer Eifersucht Emotionen und Körperreaktionen Eifersucht als Konglomerat von Angst, Wut, Traurigkeit, Hass, Sichverraten-, getäuscht- oder –erniedrigt-fühlen, Misstrauen etc. Muskelanspannung, vegetative Symptome wie Herzrasen, Engegefühl im Brustbereich etc. Prof. Dr. W. Ecker Verhaltensanalytische Beschreibung pathologischer Eifersucht Verhalten wütende Beschuldigung des Partners mit Wutausbrüchen bis hin zu körperlicher Gewalt (z.B. um Geständnis zu erzwingen oder auf „erschöpftes“, falsches Geständnis hin) verhörartige Befragung zu Alltagsverhalten, früheren Beziehungen kontrollierendes Verhalten (Anrufe/Überraschungsbesuche am Arbeitsplatz, Durchsuchen von Kleidung, Briefen, Kontrolle von Terminkalendern, Bett- und Unterwäsche, Genitalien, Anbringen von Wanzen, geheimen Kameras, Privatdetektiv anheuern, Lügendetektortest fordern, Sex verlangen, um Zuneigung zu testen) Einfordern häufiger Rückversicherung, dass keine Untreue erfolgt Vermeidung eifersuchtsprovozierender Situationen (Einschränkung der Freiheit des Partners bis hin zu Einsperren, Vermeiden erotischer Stimuli in Medien, Verbot des Anschauens oder der Erwähnung gegengeschlechtlicher Personen) exzessive Liebesbezeugungen Prof. Dr. W. Ecker Verhaltensanalytische Beschreibung pathologischer Eifersucht aufrechterhaltende positive Konsequenzen Vermeiden von Eifersucht durch Vermeiden eifersuchtsprovozierender Situationen (z.B. über Einengung des Partners) Erleichterung nach Rückversicherung durch Partner Spannungsreduktion nach Kontrolle ohne Verdachtsbestätigung Abflauen der Wut nach Wutausbrüchen Gefühl von Beziehungskontrolle/Aufrechterhaltung einer Kontrollillusion/Gefühl aktiver Abwehr der Beziehungsbedrohung Partner fühlt sich wichtig/beachtet bringt positive „Aufregung“ in langweilig gewordene Beziehung Prof. Dr. W. Ecker Verhaltensanalytische Beschreibung pathologischer Eifersucht negative Konsequenzen Intensivierung von Misstrauen/Zweifeln an Treue bei Entdeckung vermeintlich eifersuchtsbestätigender Indizien intensive Scham-/Schuldgefühle, die zur Aufrechterhaltung des negativen Selbstbilds und depressiven Verstimmungen bis hin zu Suizidgedanken führen implizite Entwertung vom Partner erhaltener Zuwendung, da diese als durch Kontrollverhalten erzwungen und nicht als freiwillig geschenkt erlebt wird Trennung seitens Partner Rückzug Anderer/Vereinsamung des Paares Straffälligwerden durch Körperverletzung/Tötungsdelikte, Gefängnisstrafe oder forensisch-psychiatrische Unterbringung, manchmal Suizid nach Tötung des Partners Prof. Dr. W. Ecker Erklärungsansätze unterscheiden sich darin, inwieweit sie sich auf normale und/oder pathologische Eifersucht erstrecken: psychodynamische Ansätze: beide Aspekte; evolutionstheoretischer Ansatz: schwerpunktmäßig normale Eifersucht; kognitiver Ansatz: vor allem auf pathologische Eifersucht fokussiert; neurobiologische Ansätze: erst rudimentär ausformuliert, auf beide Aspekte bezogen; systemische Ansätze: vor allem auf pathologische Eifersucht fokussiert sämtliche Erklärungsansätze empirisch nur unzureichend untermauert; am stärksten empirisch überprüft evolutionstheoretischer Ansatz im Folgenden Beschränkung auf kognitiven Ansatz Prof. Dr. W. Ecker kognitiver Erklärungsansatz I Eifersucht ohne objektive Evidenz von Untreue Resultat irrationaler Bewertungsprozesse im Sinne verzerrter Wahrnehmung und Interpretation von Ereignissen/Informationen Kernproblem irrationale, sich aufdrängende Gedanken (und bildhafte Vorstellungen), auf welche die Person häufig reagiert, ohne sie zu hinterfragen „harmlose“ Ereignisse (Mann spricht mit Arbeitskollegin) aktivieren sich aufdrängende Gedanken („er will mich mit ihr betrügen“), die als Reaktion auf die Aktivierung biografisch verständlicher, irrationaler Annahmen bezogen auf die eigene Attraktivität („ich bin unattraktiv/ nicht gut genug für ihn“) und sexuelles Verhalten allgemein („jeder Mann nutzt die Gelegenheit zu Affären, wenn er kann“) generiert werden Tarrier et al., 1990; Dolan & Bishay, 1996a,b; Keenan & Farrell, 2000 Prof. Dr. W. Ecker kognitiver Erklärungsansatz II Verstärkung irrationaler Annahmen durch aktuelle selbstwertbedrohliche Ereignisse (eigene sexuelle Dysfunktion, Verlust Arbeitsplatz, subjektiv verminderte Attraktivität während Schwangerschaft), die eifersuchtsbezogene Gedanken zur Unterlegenheit gegenüber potentiellen Rival(inn)en bezüglich subjektiv relevanter Merkmale auslösen (soziale Kompetenz, Reichtum, Körpergröße, Figur, Größe des Penis, Potenz) misstrauische Fehldeutungen bei auch „gutartig“ erklärbaren Auslösern (Partner kommt zu spät von der Arbeit, will keinen Sex, erhält Anruf von gegengeschlechtlicher Person, bringt Blumen mit) werden auf biografische Wurzeln zurückgeführt Rustemeyer & Wilbert, 2001; De Steno et al., 2006; Harmon-Jones et al., 2009 Prof. Dr. W. Ecker biografische Wurzeln pathologischer Eifersucht Neigung zu Trennungsangst aufgrund früher Erfahrungen mit gravierenden Verlusten, Getäuscht- und Verlassenwerden, außerehelichen Affären/Eifersuchtsdramen der Eltern bei insgesamt unsicherer Bindung Entwicklungsbedingungen, die zu niedrigem Selbstwert/sexuellen Minderwertigkeitsgefühlen oder akzentuierten Persönlichkeitsstilen geführt haben, z.B: befürchteter Partnerverlust führt zu als subjektiv unerträglich erlebter dependenter Angst vor Alleinsein oder narzisstischer Kränkung De Silva, 1997; Parker & Barrett, 1997; de Steno et al., 2006; Damm, 2006 Prof. Dr. W. Ecker Behandlungskontexte bei pathologischer Eifersucht eigentlicher Überweisungsgrund für Einzelperson (häufig nach Trennungsentscheidung des Partners) oder Paar wird erst im Verlauf einer Paartherapie als Hauptursache für Eheprobleme deutlich taucht als Problem bei der Therapie sexueller Dysfunktionen auf Teilproblem bei der Behandlung anderer Störungen (Schizophrenie, Alkoholabhängigkeit, hirnorganische Beeinträchtigungen) de Silva, 1997 Prof. Dr. W. Ecker Diagnostik bei pathologischer Eifersucht vollständige psychiatrische Abklärung incl. Stärke der Überzeugung Abklärung aktueller Gewalt(androhungen), Schutz potentieller Opfer von Gewalt (z.B. bei Übergang zu Stalking) und Abklärung von Suizidalität vorrangig! Anamnese: Sexualität, häusliche Gewalt, Alkohol, Drogen? aktuelle Belastungen (Trennungsdrohungen, sexuelle Probleme)? Reaktionen des Partners/der Partnerin? transparent machen, dass Informationen über die Gefährdung von Personen prinzipiell weiter gegeben werden beide Partner als gleichermaßen hilfsbedürftig definieren Fragebogendiagnostik de Silva & Marks, 1994 Prof. Dr. W. Ecker Behandlungsoptionen bei pathologischer Eifersucht geringer empirischer Bewährungsgrad sämtlicher Behandlungsoptionen; Einzelfallberichte, bei kognitiver Therapie unkontrollierte Gruppenstudien; therapeutischer Pessimismus vorherrschend 3 Kategorien von Interventionen: Kriseninterventionen (stationäre Aufnahme, ggf. Zwangseinweisung, geografische Trennung der Partner, Schutz der Kinder) pharmakotherapeutische Interventionen (klinische Erfahrungsberichte: Erfolge mit SSRIs + Clomipramin) psychotherapeutische Behandlungsvorschläge kognitiv-verhaltenstherapeutischer, systemischer und psychodynamischer Provenienz für nicht-psychotische und nicht-wahnhafte pathologische Eifersucht; einzel- oder paartherapeutische Strategien Lane, 1990; Gross, 1991; Stein et al., 1994; Wing et al., 1994; Wright, 1994; de Silva & Marks, 1994; Dolan & Bishay, 1996a, b; Ridley, 1996; de Silva, 1997; Soyka, 2003; Kingham & Gordon, 2004; Baumgart, 2006; Damm, 2006 Prof. Dr. W. Ecker einzeltherapeutischer Zugang: kognitive Umstrukturierung Infragestellen/Korrektur irrationaler Interpretationen (z.B. im sokratischen Dialog) + Generieren/ Austesten gutartigerer Alternativerklärungen für verfügbare Evidenz Beispiele: Partner will keinen Sex, weil müde; Partner umarmt gegengeschlechtliche Person, weil er abweichendes Konzept der „Exklusivität“ hat, d.h. anders definiert, was als „nicht exklusiv“ auch außerhalb der Partnerschaft erlaubt Korrektur irrationaler selbstabwertender Annahmen Beispiele: Evozieren von selbstwertförderlichen Gedanken oder Evidenz dafür, dass Patientin in Vorbeziehungen für etliche Männer sexuell attraktiv war Instruktion, sich zwischen den Sitzungen täglich die erarbeiteten rationalen Interpretationen zu vergegenwärtigen Tarrier et al., 1990; Dolan & Bishay, 1996a, b; de Silva, 1997 Prof. Dr. W. Ecker Beispiel für sokratischen Dialog P Das hätte sie ihm nicht erlauben dürfen. Th Was war schlecht daran, was sie taten? P Er nimmt sie von hinten. Th Was regt Sie daran besonders auf? P Sie benimmt sich wie eine Nutte. Th Ich bin verwirrt. War Sie damals nicht in einer Paarbeziehung mit diesem Mann? P Doch. Th Ist das nicht normal für junge Leute, unterschiedliche Positionen auszuprobieren? P Ist es. Th Haben Sie nicht dasselbe getan? P Doch. Th Haben Sie ihre damaligen Partnerinnen als Nutten betrachtet? P Nein, habe ich nicht. Keenan & Farrell, 2000 Prof. Dr. W. Ecker Gibt es gute Argumente dafür, nicht-wahnhafte pathologische Eifersucht unter der Perspektive einer sog. Zwangsspektrumsstörung zu betrachten? Cobb & Marks, 1979; Parker & Barrett, 1997; Harris, 2003 Prof. Dr. W. Ecker Zwangsspektrumsstörungen (ZSS) Zwangsstörungen phänomenologisch ähnliche Krankheitsbilder, insbesondere was die Impuls- und Dranghaftigkeit angeht, z.B. Trichotillomanie, Hypochondrie, Körperdysmorphe Störung Kernmerkmal = Verhaltensweisen Vorhandensein repetitiver Gedanken und Gemeinsamkeiten in der pathogenetischen Bedeutsamkeit des Serotoninsystems wie auch der therapeutischen Beeinflussbarkeit durch serotonerg wirksame Antidepressiva wie Clomipramin oder selektive Serotoninwiederaufnahmehemmer? kontrovers diskutiertes Konzept; pathologische Eifersucht bislang nicht regelmäßig inkludiert und im DSM-5 nicht enthalten, jedoch von einigen Autoren als Variante der Zwangsstörung diskutiert Hollander & Wong, 1995; Rothenberger, 2002; Durdle & Stewart, 2008; Reinecker, 2009; Harris & Darby, 2010 Prof. Dr. W. Ecker Pathologische Eifersucht als ZSS: Voraussetzungen wenn eifersüchtige Gedanken Charakteristika von Zwangsgedanken aufweisen (ichdyston bis ichsynton im Sinne überwertiger Ideen, aber nicht wahnhaft; sich unwillentlich aufdrängend, zumindest zeitweise als unbegründet/irrational erkannt) wenn das Verhalten von Kontroll-, Frage- und Rückversicherungszwängen sowie Vermeidungsverhalten (incl. Einschränkung der Freiheit des Partners) geprägt ist wenn andere Grunderkrankungen ausgeschlossen sind (Alkoholabhängigkeit, Psychosen, Demenz, Parkinson etc.) Prof. Dr. W. Ecker phänomenologische Ähnlichkeiten mit der Zwangsstörung I repetitive, quälende, sich aufdrängende Gedanken oder bildhafte Vorstellungen, die sich von Zwangsgedanken in der Art der befürchteten Katastrophe (Untreue/Partnerverlust versus z.B. Abbrennen des Hauses, wenn Herd nicht kontrolliert), kaum aber in der Erlebnisqualität unterscheiden (in beiden Fällen z.B. hohe Ungewissheitsintoleranz) Drang zu exzessivem und repetitivem Kontrollverhalten (Durchsuchen von Kleidung, verhörartige Befragung zu Alltagsverhalten) und zum Einfordern von Rückversicherung, dass keine Untreue erfolgt ist; wie Kontroll- und Rückversicherungszwänge durch quälende Zweifel (z.B. „ist mein Partner treu?“, „habe ich den Herd ausgeschaltet?“) motiviert Prof. Dr. W. Ecker phänomenologische Ähnlichkeiten mit der Zwangsstörung II Eifersuchts- wie Zwangsverhalten durch kurzfristige positive Konsequenzen aufrechterhalten: Kontrollen ohne Verdachtsbestätigung und Rückversicherungen durch den Partner führen zu kurzfristiger Angstreduktion und Erleichterung Vermeiden Eifersucht provozierender Situationen (Einschränkung der Freiheit des Partners) gleicht „passivem Vermeidungsverhalten“ bei Zwängen (z.B. aus Verseuchungsangst keine Besucher bei territorialen Waschzwängen) und erlaubt wie dieses kurzfristig vollständige Vermeidung des quälenden Gefühls PE entspricht sogar einem engeren Konzept von ZSS, welches einen spezifischen Zusammenhang zwischen negative Emotionen hervorrufenden Kognitionen + sie reduzierenden Verhaltensweisen fordert, der bei Impulskontrollstörungen und neurologischen Störungen und vielen körperfokussierten Störungen (außer der körperdysmorphen Störung) fehlt McKay et al., 2008 Prof. Dr. W. Ecker phänomenologische Unterschiede zwischen PE und Zwangsstörung interpersoneller Fokus eifersüchtiger Gedanken versus meist intrapersoneller Fokus von Zwangsgedanken: Zwangsgedanken beziehen sich häufig auf die „befürchtete Identität“ des Zwangskranken (z.B. Mörder, Gotteslästerer, Pädophiler, Vergewaltiger), eifersüchtige Gedanken auf die befürchtete Identität des Partners (als untreu, verräterisch etc.) „ego dystony“ versus „other dystony“, d.h. bei PE wird (auch) der Andere in einer „dystonen Weise“ (als unakzeptabel für den Eifersüchtigen) gesehen–daher sollte man eifersüchtige Intrusionen nicht einfach „sexuellen Zwangsgedanken“ subsumieren Wutausbrüche zumindest häufiger Teil des klinischen Bildes als bei Zwangsstörungen, obwohl auch bei diesen möglich, wenn keine Compliance für die „Zwangsregeln“ bei den Angehörigen Parker & Barrett, 1997 Prof. Dr. W. Ecker Ähnlichkeit mit „relationship OCD“ (ROCD)? ebenfalls interpersoneller Fokus: Zweifel, ob man den Partner „wirklich“ liebt, ob einen der Partner „wirklich“ liebt, ob es die „richtige“ Beziehung ist“, mit kognitiven Kontrollen und Rückversicherungen, dass es das „richtige“ Gefühl ist („relationship-centered obsessive-compulsive symptoms“) ebenfalls „other dystony“: Zwangsgedanken, Kontrollen und Rückversicherungen bezogen auf einen wahrgenommenen Makel des Partners, der übertrieben wird und als Zeichen dafür interpretiert wird, dass die Beziehung fundamental schlecht ist (partner-focused obsessive-compulsive symptoms) Doron et al., 2012, 2013, 2014; Ecker, 2006 Prof. Dr. W. Ecker Behandlungsimplikationen einer Zuordnung zum Zwangsspektrum aus verhaltenstherapeutischer Perspektive Erprobung des bei Zwängen bewährten Verfahrens der Exposition und Reaktionsverhinderung nahe liegend bei Zwängen z.B.: Anfassen „bazillenverseuchter“ Türklinke = Exposition oder Reizkonfrontation, Verzicht auf Händewaschen = Reaktionsverhinderung; dennoch allmähliche Angstabnahme = Habituation bei pathologischer Eifersucht z.B.: Ehefrau redet auf Fest mit anderem Mann = Exposition, Verzicht auf Rückversicherungsfragen = Reaktionsverhinderung; dennoch allmähliche Reduktion quälender Eifersuchtsgefühle = Habituation Parker & Barrett, 1997 Prof. Dr. W. Ecker Beispiele für die Exposition und Reaktionsverhinderung bei PE Generierung von Expositionsübungen durch Fragen an den Partner, wie er sich anders verhalten würde, gäbe es die PE nicht (z.B.: Einkaufen oder überhaupt Haus verlassen allein, Schwätzchen mit Nachbar über Gartenzaun, zusammen Party besuchen, gemeinsam Film mit erotischen Szenen sehen, alleine Sport zusammen mit Männern und Frauen treiben) Einbau in Expositionshierarchie nur, wenn beide Partner zustimmen immer Exposition (Schwätzchen über Gartenzaun) mit Reaktionsverhinderung (Eifersüchtiger darf dies nicht beobachten, danach nicht darüber sprechen) kombinieren, sonst Verlagerung von passiver Vermeidung (Schwätzchen nicht erlaubt) zu Kontroll- und Rückversicherungszwängen (Beobachten, ob Anzeichen von Flirtverhalten, „Verhör“ über Schwätzchen hinterher) Exposition und Reaktionsverhinderung läuft häufig auf bedeutsame Veränderungen im Lebensstil des Paares hinaus! Prof. Dr. W. Ecker eigene Vorschläge zur Verhaltenstherapie pathologischer Eifersucht zusätzliche Bearbeitung funktional relevanter Problembereiche, wie sie sich aus der Verhaltensanalyse ergeben Exposition nicht nur zu externen Auslösesituationen, sondern auch zu eifersüchtigen Gedanken vorbereitend Eifersuchtsgedanken „zu Ende denken“, um mit der Anfangsintrusion assoziierte Katastrophenbefürchtungen zu eruieren: Was wäre so schlimm daran, wenn Ihre Partnerin Sie verlassen würde?/wenn Sie sie nicht so gut befriedigen könnten wir Ihr Rivale? Ziel: a) Entfaltung zugrunde liegender Probleme (z.B. dependente Persönlichkeitsakzentuierung/sexuelle Minderwertigkeitsgefühle), b) deren Integration in „Expositionsskript“, c) wiederholtes Abhören dieses auf Speichermedium gesprochenen Katastrophenszenarios bis zur Habituation Salkovskis & Wahl, 2002; Reinecker, 2009 Prof. Dr. W. Ecker Vorbereitung der Exposition und Reaktionsverhinderung Erarbeiten der biografischen Hintergründe der eruierten Katastrophenbefürchtungen und des erhöhten Kontrollbedürfnisses bezüglich der Partnerschaft Verdeutlichen, dass durch Eifersuchtsverhalten erzieltes kurzfristiges Gefühl der Beziehungskontrolle auf Kontrollillusion beruht Prof. Dr. W. Ecker Verdeutlichung der Unmöglichkeit interpersoneller Kontrolle entscheidendes Element bei der Eifersucht ist der freie Wille des Partners; Selbsttäuschung, einen Partner „besitzen“ zu können; Partner ist ein „frei Handelnder“, zumindest was seine emotionale Haltung angeht Folterbeispiel; „Niemand kann jemals einen Anderen dazu veranlassen, etwas zu tun“; Tritt gegen Stein versus Tritt gegen Hund) trotz gegenteiliger Texte von Popsongs („what can I do to make you love me?) kann man niemanden veranlassen, einen zu lieben Dell, 1986; Hoffman, 1981; Ben Ze‘ev, 2010; The Corrs Prof. Dr. W. Ecker Magisches Denken und abergläubisches Verhalten bei Eifersucht Eifersuchtsverhalten zur Beziehungssicherung als Analogon zu abergläubischem Verhalten und magischem Denken bei Zwängen: Zwangshandlungen dienen dazu, gefürchteten Ereignissen oder Situationen vorzubeugen, stehen jedoch in keinem realistischen Bezug zu dem, was sie zu verhindern versuchen – Eifersuchtsverhalten auch? magisches Denken = irrationaler Glaube daran, dass Gedanken, Worte oder Handlungen ein bestimmtes Ereignis hervorrufen oder verhindern können, einhergehend mit subjektiven Zugewinn an Sicherheit (Kontrollmöglichkeit) gegenüber einer übermächtig erlebten Gefährdung abergläubisches Verhalten: Person sieht kausale Beziehungen zwischen bestimmten Verhaltensweisen und bestimmten Verhaltensfolgen, die „in Wirklichkeit“ nicht vorhanden sind Saß et al., 2003; Taubert, 2003; Gomolinsky, 2009 Prof. Dr. W. Ecker Psychoedukation zur „Illusion der Kontrolle“ Analogie zwischen Eifersuchtsverhalten und abergläubischem Zwangsverhalten verdeutlichen Eifersuchtsverhalten schwerer als durch magisches motiviert erkennbar als Makassar-Liebesmagie! Denken bei starker Überzeugung, dass Eifersuchtsverhalten beziehungssichernd, tragfähige Entscheidung zur Exposition und Habituation im Rahmen der Exposition unwahrscheinlich Röttger-Rössler, 2006 Prof. Dr. W. Ecker Vorgehen zum Infragestellen der „Illusion der Kontrolle“ I Betonung der Negativeffekte scheinbar gelingender Kontrolle: Scham über eigene Kontrolltendenzen, Wutausbrüche und Gewalt selbstwertschädliche Bewertung: Partner bleibt nur, weil ich ihn kontrolliere, aber nicht „freiwillig“ stabile, unglückliche Beziehung mit Partner, der nicht aus Liebe bleibt, sondern sich aus anderen Motiven heraus Kontrolliertwerden gefallen lässt, z.B. weil er auf dauernde Bestätigung der eigenen Wichtigkeit angewiesen oder selbst krank ist (z.B. stabile Verbindungen zwischen pathologisch eifersüchtigen Männern und agoraphobischen Frauen) Betonung der Negativeffekte scheiternder Kontrolle (Partner trennt sich, eventuell wegen der Kontrollexzesse) Hafner, 1979 Prof. Dr. W. Ecker Vorgehen zum Infragestellen der „Illusion der Kontrolle“ II „gutartiges“ Alternativmodell: Liebe als Geschenk. Ich kann nicht, brauche aber auch nicht zu kontrollieren. biografische Exploration zu „Liebe als Geschenk“ (auch im Beisein des Partners) löst häufig mit intensiven Emotionen verbundene Erinnerungen aus, die Mangel an Selbstwert stärkender unkonditionaler Zuwendung in sicherer Bindung in der Lebensgeschichte verdeutlichen so wird verständlich, warum interpersonelle Unkontrollierbarkeit so schwer aushaltbar, dass Patient sich lieber über sie hinwegtäuscht Verständnis biografischer Vulnerabilität erleichtert Kooperation des Partners bei „vertrauensbildenden Maßnahmen“: Partner als „sichere Basis“, z.B. bei Expositionsübungen (Partybesuch) in vereinbarten Zeitintervallen immer wieder Blick- und Körperkontakt herstellen, um Rückhalt des Partners zu erleben, ohne an ihm zu „kleben“ Erk, 2006 Prof. Dr. W. Ecker Fazit vielfältige Behandlungsoptionen in Abhängigkeit von diagnostischer Zuordnung der pathologischen Eifersucht und theoretischer Orientierung der TherapeutInnen noch geringer empirischer Bewährungsgrad der vorgeschlagenen Interventionen nicht-wahnhaft pathologisch Eifersüchtige weisen Ähnlichkeiten mit Zwangserkrankten auf empirische Überprüfung der Brauchbarkeit einer auf die Eifersuchtsproblematik zugeschnittenen Übertragung bei Zwangserkrankten bewährter Konzepte und Interventionen sinnvoll Prof. Dr. W. Ecker Literatur Ecker, W (2011) Kognitive Verhaltenstherapie pathologischer Eifersucht: Störungskonzept und Behandlungsvorschläge. Verhaltenstherapie und Verhaltensmedizin, 32 (2), 115-132. Ecker, W (2012) Non-delusional pathological jealousy as an obsessive-compulsive spectrum disorder: cognitive-behavioural conceptualization and some treatment suggestions. Journal of Obsessive-Compulsive and Related Disorders, 1, 203-210. Prof. Dr. W. Ecker Prof. Dr. W. Ecker