Versorgungsstörungen in der Onkologie gemeinsam beenden 14. Jahrgang · Nr. 4/2012 Inhalt Leitlinien in der Onkologie 4 Molekularbiologische Grundlagen zur Diagnostik beim Pankreaskarzinom 8 Proteintherapeutika in der Onkologie 16 Operative Strategien beim Pankreaskarzinom 18 ISOPP XIII: The Thirteenth International Symposium on Oncology Pharmacy Practice 20 VZA-Symposium „Fachapotheke für orale Chemotherapie“ 24 Mammakarzinom: Update 2012 26 Entfernung der Achsellymphknoten beim frühen Mammakarzinom: notwendig oder nicht? 30 Innovative Therapieoptionen bei Myeloproliferativen Neoplasien 32 Hepatozelluläres Karzinom und Cholangio­zelluläres Karzinom: Medikamentöse Therapie 35 Hepatozelluläres Karzinom: Chirurgische Therapie 39 Grundlagen der allogenen Stammzelltransplantation 41 Pharmakologie und Pharmakoökonomie der LHRH-Analoga 44 Aktuelle Therapie des Pankreaskarzinoms 48 5. Sommerakademie der DGOP 56 Ständige Rubriken Who is who 7 EDITORIAL Inhalt/Editorial Im Juli 2012 zeichnete die Berliner Zeitung in ihrem Wirtschaftsteil ein düsteres Bild für die Pharmaindustrie: Laut einer Umfrage von Booz & Co sagen 2 von 3 Managern, dass das bisherige Geschäftsmodell zu Ende sei. 2012 sei ein Jahr des Schreckens. Denn die Konzerne hätten Patente für Arzneimittel verloren, die allein 27 Milliarden Euro Umsatz einspielen. Bis 2018 sei fast ein Drittel des gesamten derzeitigen Marktes betroffen. Innerhalb von Wochen würden dadurch 90 Prozent des bisherigen Umsatzes durch den Einsatz von Nachahmerprodukten verloren gehen. Die Food and Drug Administration der USA (FDA) berichtet seit geraumer Zeit in einer Rubrik über Probleme von Arzneimittel-Lieferengpässen. Diese sind seit 2010 auf mehrere Gründe, u. a. auf Herstellungs- und Qualitätsprobleme, zurückzuführen. In der Folgezeit versuchte die FDA deshalb besonders auf Firmen einzuwirken, die ähnliche Produkte herstellen, bestehende Versorgungsengpässe durch Anhebung ihrer Produktionskapazitäten zu vermindern. In den letzten Monaten dieses Jahres mehrten sich auch in Deutschland die Hinweise darauf, dass neben Produkten, die durch Produktionsausfälle nicht zur Verfügung standen, auch Arzneimittel für onkologische Patienten zu den plötzlich nicht verfügbaren Arzneimitteln zählen. Immer häufiger müssen wir feststellen, dass im Rahmen von Ausschreibungen nicht nur bestimmte Produkte, sondern ganze Länder in Europa aus der Versorgung einzelner Firmen herausfallen. Die Gründe liegen auf der Hand. Der für die Firmen notwendige Preis kann nicht erreicht werden. In anderen Ländern oder Regionen dieser globalisierten Welt sind bessere Gewinne zu erzielen und deshalb bewegen sich auch die Arzneimittel dorthin. Wie können wir Apotheker darauf Einfluss nehmen? Bundesweit richtet sich die DGOP an alle Zytostatika herstellenden Apotheken, Lieferengpässe anonymisiert zu melden unter http://www.dgop.org. Daraus wird ein wöchentlicher Überblick erstellt, der regelmäßig an die Bundesregierung und das Ministerium für Gesundheit weiter geleitet wird. Testiertes interaktives Selbststudium 13 Buchbesprechungen (Seiten 14, 53, 58) 14 Hierbei erwarten wir als DGOP, dass die Hersteller nicht länger einem ausufernden Gewinnstreben überlassen bleiben dürfen, sondern die Verpflichtung haben, Medikamente zur Heilung oder Linderung von Krankheiten bezahlbar zur Verfügung zu stellen. Impressum 16 Ihr Klaus Meier Die besten Websites 59 Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 3 Lebender Kolumnentitel Leitlinien weisen den Weg in schwierigem Gelände. Bild: Dr. Petra Jungmayr, Esslingen Leitlinien in der Onkologie Von Petra Jungmayr, Esslingen ESMO-Leitlinie zum Pankreaskarzinom P atienten, die an einem Pankreaskarzinom erkrankt sind, haben nach wie vor eine schlechte Prognose. Umso wichtiger ist es, neue Informationen, die zu einer Verbesserung beitragen können, rasch und für alle Beteiligten zugänglich zu machen. Diese Möglichkeit nutzen Leitlinien, die von unterschiedlichen Fachgesellschaften erstellt und aktualisiert werden. Die neueste Leitlinie zum Pankreaskarzinom wurde 2012 von der European Society für Medical Oncology (ESMO) erstellt. Die aktuelle ESMO-Leitlinie zum Pankreaskarzinom trägt die Bezeichnung „Pancreatic adenocarcinoma: ESMO-ESDO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up“. Sie ist ein Update der 2008 erstellten Version und wurde im Juni 2012 in Kooperation mit der ESDO (ESDO = European Society of Digestive Oncolo- gy) veröffentlicht. Im Vergleich zu anderen Leitlinien zum Pankreaskarzinom wie etwa der derzeit überarbeiteten S3-Leitlinie (s. KASTEN) oder der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) ist die ESMO-Leitlinie kurz gefasst und legt ihren Schwerpunkt auf das praktische klinische Vorgehen. 4 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 Die ESMO-Leitlinie ist in folgende Abschnitte gegliedert: Epidemiologie und Risikofaktoren Histologie und Genetik Symptome und Diagnose Staging und Risikoeinschätzung Behandlungsmöglichkeiten (chirurgische, adjuvante, neoadjuvante, palliative Therapie) Darlegung der Interessenskonflikte Literatur (Verweis auf 39 Literaturstellen) Die für den onkologisch tätigen Pharmazeuten wichtigsten Informationen sind in Leitlinien in der Onkologie den Abschnitten über die Behandlungsmöglichkeiten zusammengefasst. Hier beschreibt die Leitlinie das Vorgehen in der adjuvanten und neoadjuvanten Situation, diskutiert die Therapiemöglichkeiten im fortgeschrittenen Tumorstadium und geht auf die Betreuung in der Palliation ein. Epidemiologie und Risikofaktoren Pankreaskarzinome sind in Europa die siebthäufigste maligne Tumorentität und machen 2,8% aller Karzinome bei Männern und 3,2% bei Frauen aus. Die jährliche Inzidenzrate beträgt für Männer 11,6 Fälle auf 100.000 Einwohner (mit großen lokalen Schwankungen wie etwa 4,7 Fälle auf Zypern und 17,2 in Ungarn; jeweils auf 100.000 Menschen bezogen), für Frauen 8,1 Fälle auf 100.000 Einwohner (2,1 auf Zypern und 11,4 in Finnland; jeweils auf 100.000 Fälle bezogen). Die Häufigkeit der Erkrankung steigt mit dem Alter, und zum Zeitpunkt der Diagnose sind die meisten Betroffenen über 65 Jahre alt. Mögliche Risikofaktoren sind Rauchen, Übergewicht und diätetische Faktoren wie der hohe Konsum von verarbeitetem Fleisch. Die Prognose für die Patienten ist schlecht, was sich in Ein-Jahres-Überlebensraten zwischen 11% auf Malta und 28,3% in Belgien widerspiegelt. Mehr als 95% aller Betroffenen werden an ihrer Tumorerkrankung sterben. Die hohe Mortalitätsrate resultiert aus einer späten Diagnose, einer frühen Tumormetastasierung und einem schlechten Ansprechen des Tumors auf eine Radio- oder Chemotherapie. ESMO-Leitlinien (ESMO CPG) Die European Society für Medical Oncology (ESMO) erstellt Evidenz-basierte Leitlinien zu unterschiedlichen Tumorentitäten, die als ESMO Clinical Practice Guidelines (ESMO CPG) bezeichnet werden. Diese kurz gefassten Leitlinien befassen sich mit Inzidenz, Diagnostik, Staging, Risikobewertung, Behandlungsmaßnahmen sowie der Nachbeobachtung ausgewählter Tumorerkrankungen und geben eine Übersicht zum derzeitigen Wissensstand. Die Leitlinien werden in Arbeitsgruppen erstellt und in Konsensuskonferenzen diskutiert und verabschiedet. Zwischen Oktober 2007 und Januar 2012 wurde etwa zehn Leitlinien entwickelt. Sie sind in den Annals of Oncology veröffentlicht und online abrufbar. Pankreaskarzinome liegen KRAS-Mutationen vor und bei knapp der Hälfte finden sich Mutationen am Tumorsuppressorgen p53 sowie am DPC4/Smad4-Gen. Symptome, Diagnostik und Staging Die späte Diagnose eines Pankreaskarzinoms liegt unter anderem an fehlenden Screening-Methoden und an dem Ausblei- ben charakteristischer Frühsymptome. Die Beschwerden treten relativ spät auf und sind abhängig vom Ort des Tumorwachstums. Beim Pankreaskopfkarzinom stehen Schmerzen im Epigastrium, teilweise mit Ausstrahlung in den Rücken, Gewichtsverlust sowie ein Verschlussikterus mit Zeichen einer Gelbsucht im Vordergrund. Die Diagnostik umfasst die sonographische Untersuchung des Oberbauchs, ergänzend oder alternativ können weitere Verfahren wie Überarbeitung der deutschen S3-Leitlinie zum Pankreaskarzinom Die im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Krebsgesellschaft erstellte und 2007 publizierte S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des exokrinen Pankreaskarzinoms (AWMFLeitlinien-Register 032/010) hat ihre Gültigkeit verloren und wird derzeit überarbeitet. Die neue Version wird voraussichtlich Ende des Jahres zur Verfügung stehen und unter anderem folgende Neuerungen enthalten: Neue Empfehlungen für die Pathologie Es wird eine standardisierte Aufbereitung und Beurteilung des Tumorresektats empfohlen, um eindeutige und reproduzierbare Zuordnungen zu R0- und R1-Resektionsraten zu ermöglichen. Neue Empfehlungen für die adjuvante, neoadjuvante und palliative Therapie Histologie Duktale Adenokarzinome sind die häufigsten Erscheinungsarten maligner Pankreastumoren. Sie treten in 90% aller Fälle sporadisch auf, genetische Ursachen (wie etwa die hereditäre Pankreatitis, das Peutz-Jeghers Syndrom, familiäre maligne Melanome, hereditäte Brust- und Ovarialtumore und das Lynch Syndrom) sind selten. Drei Viertel aller duktalen Adenokarzinome wachsen am Pankreaskopf oder Pankreasnacken, 15-20% am Pankreaskorpus und 5-10% am Pankreasschwanz. Bei mehr als 80% aller duktalen In der Adjuvans sind 5-FU und Gemcitabin gleichwertig, allerdings ist Gemcitabin besser verträglich (Ergebnisse der ESPAC-3-Studie). Mit beiden Therapieschematas werden Fünf-Jahres-Überlebensraten von etwa 20% erzielt. Radio- und Chemotherapie in der Neoadjuvans werden neu bewertet. In der palliativen Situation werden mit FOLFIRINOX höhere mediane Überlebensraten erzielt als mit Gemcitabin. FOLFIRONOX wird daher als neuer Standard für Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom empfohlen. Der Patient sollte aufgrund der Toxizität dieser Therapie einen guten Allgemeinzustand aufweisen. Bestimmte Subgruppen (mit einer SPARC-Exprimierung im Stroma) profitieren von einer Therapie mit nab-Paclitaxel plus Gemcitabin. Diese Empfehlung wird ebenfalls in die neue Leitlinie aufgenommen werden. Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 5 Leitlinien in der Onkologie etwa die Computersonographie oder Magnetresonanztomographie eingesetzt werden. Die Bestimmung von Tumormarkern wie CA19-9 ist von begrenzter Aussagekraft. Die Klassifikation erfolgt auf der Basis der TNM Kriterien, die Stadieneinteilung nach dem American Joint Committee on Cancer (AJCC-UICC). Neu ist die Empfehlung zu einer standardisierten Aufbereitung und Beurteilung des Tumorresektats, um eindeutige und reproduzierbare Zuordnungen zu R0und R1-Resektionsraten zu ermöglichen. Therapie Chemo- und Radiotherapie erfolgen beim Pankreaskarzinom nicht in kurativer Absicht – die einzige kurative Therapie ist die radikale chirurgische Entfernung des Tumors – sondern adjuvant, neoadjuvant oder palliativ. Für die adjuvante Therapie empfiehlt die Leitlinie die sechsmonatige Gabe von Gemcitabin oder 5-Fluorouracil. Beide Regime führen nach einer RO/R1-Resektion zu Fünf-Jahres-Überlebensraten zwischen 9 und 20%, allerdings ist Gemcitabin weniger toxisch und sollte daher bevorzugt gegeben werden. Bei resektablen Tumoren sollten neoadjuvante Chemotherapien, Radiotherapien oder Chemoradiotherapien nur innerhalb von Studien erfolgen. Ist ein Tumor per se nicht resektabel, kann er unter Umständen mit Hilfe einer neoadjuvanten Therapie so verkleinert werden, dass seine chirurgische Entfernung möglich wird. Das optimale Vorgehen hierbei wird derzeit noch untersucht und es besteht keine Standardempfehlung. Für die Therapie des fortgeschrittenen metastasierten Pankraeskarzinoms (Stadium IV) wurde bis vor kurzem die Gabe von Gemcitabin empfohlen. Das mediane Überleben lag unter dieser Therapie bei 6,2 Monaten, die Ein-Jahres-Überlebensrate bei 20%. Es hat sich aber gezeigt, dass mit dem FOLFIRINOX-Regime bessere Ergebnisse erzielt werden können (medianes Überleben 11,1 Monate, Ein-Jahres-Überlebensrate 48,4%). Allerdings ist dieses Regime mit stärkeren Nebenwirkungen behaftet als die Gabe von Gemcitabin und sollte daher nur bei Patienten mit einem guten Allgemeinzustand (cave Alter und Bilirubinwert) eingesetzt werden. Von einer Kombination aus Gemcitabin und Erlotinib profitieren nur Patienten, die innerhalb der ersten acht Therapiewochen ausgeprägte Hautrötungen entwickeln. Die palliative Therapie ist symptomorientiert. Die häufig auftretende Cholestase wird mit Hilfe endoskopischer Techniken (Implantation eines Metall- oder Plastikstents, perkutane transhepatische Cholangiodrainage) oder der Anlage einer biliodigestiven Anamastose behandelt. Zur Linderung der Schmerzen werden Opioide, vornehmlich Morphin eingesetzt. Prokinetika wie Metoclopramid können hilfreich sein. Ob zu einer parenteralen Ernährung geraten wird, hängt von mehreren Faktoren ab und sollte individuell entschieden werden. Quellen Seufferlein T. et al. Pancreatic adenocarcinoma: ESMO-ESDO clinical practice guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Annals of Oncology 23(Supplement 7):vii33-vii40 (2012). doi:10.1093annonc/ mds224. Prof. Thomas Seufferlein, Halle: “ State of the Art Pankreaskarzinom”, Vortrag gehalten beim Deutschen Krebskongress am 24.2.2012 in Berlin. http://annonc.oxfordjournals/org http://www.dgho-onkopedia.de/de/onkopedia/ leitlinien/pankreaskarzinom Zertifizierte Pankreaskarzinomzentren Mündliche Gruppen-Prüfung im Rahmen der PTA-Weiterqualifizierung: „PTA Onkologie (DGOP)“ Folgende PTAs haben diese Prüfung bestanden: am 15. September 2012 Hermann, Inna /Balingen Klumpp, Lara /Offenburg Wehner, Karin /Hof Korn, Martin /Leipzig Lewinger, Daniela /Hamburg Petraschk, Toni /Dresden Voigt, Andrea /Berlin Weiß, Ricarda /Wolfsburg am 23. September 2012 Gardiner, Polina /Koblenz Kamke, Nadine /Dortmund 6 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 Seit November 2010 besteht die Möglichkeit, im Rahmen der Zertifizierung eines Darmkrebszentrums oder eines Onkologischen Zentrums die Zertifizierung als Pankreaskarzinomzentrum durch die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) anzustreben. Auf der Homepage der DKG sind bereits 41 DKG-zertifizierte Pankreas­ karzinomzentren (sortiert nach Postleitzahlen) gelistet: http://www.krebsgesellschaft.de/ wub_zertifizierung_krebszentren_ pankreascazentren_liste,133257.html Who is who Who is who Bearbeitet von Gisela Sproßmann-Günther, Berlin Heute: Prof. Dr. Thomas Otto, Neuss Im Alltag stehen für ihn das Machbare und der ehrliche Umgang mit Patienten im Vordergrund. So sagte er in einer Gesprächsrunde zum Thema: Ich habe einen Traum - „Länger leben“ im Rheinischen Landestheater in Neuss 2010: “Behauptungen, das Leben nachhaltig durch medizinische Maßnahmen verlängert zu haben, sind im Einzelfall schwer zu belegen. Zu gerne wird dies von Ärzten behauptet. Gut zu belegen ist hingegen, dass es Patienten nach Behandlungen besser geht, z.B. dass die Schmerzen weg sind oder die Harninkontinenz beseitigt ist. Prof. Otto ist gerne nach Neuss gegangen. Nach seiner Kindheit und Jugend in Oberhausen war er nach dem Studium als Assistenzarzt in der Chirurgie des Evangelischen reiche Patienten aus ganz Deutschland und auch aus dem Ausland dort gerne behandeln lassen. Dazu tragen auch vertragliche Partnerschaften mit führenden internationalen Einrichtungen und Universitäten bei. Foto: JOT photography Seit 8 Jahren ist Professor Dr. Thomas Otto Chefarzt der Urologischen Klinik am Städtischen Lukaskrankenhaus in Neuss und bereits seit mehr als 25 Jahren operativ tätig – mit den Schwerpunkten Tumorchirurgie, plastische Chirurgie und rekonstruktive Urologie. Da ihm die Lebensqualität und Verbesserung der Prognose von Tumorpatienten sehr am Herzen liegt, sind ihm Potenzund Sexualitätserhalt bei den Operationen sehr wichtig. Aus dem gleichen Grund ist Deutschlands erste Einrichtung für Gewebezüchtung (Institut für Tissue Engineering und regenerative Medizin – ITERM) unter seiner Leitung mit dem Ziel entstanden, den Schließmuskel mit körpereigenen Zellen zu reparieren. Krankenhauses Mülheim tätig. Mit dem beruflichen Wechsel nach Essen spezialisierte er sich auf die Fachrichtung Urologie und baute dort die Uro-Onkologie und experimentelle Urologie mit auf. Als Vater von acht Kindern verbringt er jede freie Minute seiner knapp bemessenen Freizeit mit seiner Familie. Seine Frau Julia ist ebenfalls Urologin und der ruhende Pol der Familie. 2004 wechselte Prof. Otto nach Neuss und übernahm die 49 Betten umfassende urologische Klinik, in der jährlich ca. 3.000 Patienten stationär betreut und etwa 3.900 operative Eingriffe vorgenommen werden. Da der Ruf der Klinik weit über Neuss hinausgeht, ist es verständlich, dass sich zahl- Prof. Otto engagiert sich in diversen Fachgesellschaften, z.B. im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft (AUO) und im erweiterten Vorstand des Westdeutschen Tumorzentrums. Er leitet die Einrichtung für Tissue Engineering und regenerative Medizin, hat die Funktion des ersten Vorsitzenden des Rheinisch Westfälischen Zentrums für Beckenchirurgie sowie des Deutschen Zentrums zur Prüfung innovativer Methoden in der Medizin inne. An den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Urologie für das Harnblasenkarzinom und das Prostatakarzinom hat er führend mitgearbeitet, viele neue Behandlungspfade beim Harnblasen-, Nierenzell-, Penis- und Prostatakarzinom eingeführt sowie bei Neuentwicklungen von Arzneimitteln der Tumorbehandlung mitgewirkt. 24 GCPkonforme Studien wurden durch ihn abgeschlossen und er hat mehr als 300 Publikationen veröffentlicht. Seine großen wissenschaftlichen Leistungen auf dem Gebiet der Onkologie wurden deshalb mit der höchsten Auszeichnung der Deutschen Urologie, dem Maximilian-Nitze-Preis, sowie dem C:E. Alken- Preis gewürdigt. Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 7 Molekularbiologische Grundlagen zur Diagnostik beim Pankreaskarzinom Molekularbiologische Grundlagen zur Diagnostik beim Pankreaskarzinom Von Marius Distler, Robert Grützmann und Christian Pilarsky Einleitung Trotz einer mehr als 30-jährigen klinischen Forschung liegt die Heilungsrate für Pankreaskarzinome unter 5% und die jährliche Mortalitätsrate ist der Inzidenzrate von 8/100.000 Einwohner annähernd gleich. [1] Der häufigste histologische Typ ist das duktale Adenokarzinom (PDAC) mit etwa 75%, gleichzeitig besitzt dieser Typ die schlechteste Prognose. [2, 3] Das zurzeit einzige potentiell kurative Verfahren ist die komplette Resektion des Tumors. Unspezifische Symptome führen jedoch meistens zu einer verspäteten Diagnostik, so dass zum Diagnosezeitpunkt nur etwa 30% der Patienten überhaupt kurativ resektabel sind und fortgeschrittene Tumorstadien bei Diagnosestellung vorliegen. [4] Eine Vielzahl von potentiellen Tumormarkern im Serum, Pankreassekret, Pankreasgewebe oder aber auch im Stuhl der Patienten wurden bisher untersucht. Den meisten dieser Marker ist eine geringe Sensitivität und eine hohe Rate von falsch-positiven Ergebnissen gemein. Vielen publizierten Studien zu Markern beim PDAC fehlt eine ausreichende Validierung ihrer Ergebnisse, da sie nur wenige Proben umfassen und nicht alle differential-diagnostischen Fragestellungen untersuchen. Besonderes Interesse richtete sich in den letzten Jahren auf mögliche Tumormarker im Serum, da sie sich auch als Screeningmarker einsetzen lassen könnten. Die Hauptanforderung an einen „idealen“ Biomarker ist eine hohe Sensitivität und Spezifität, so dass die Diagnose gestellt werden kann, bevor der Patient Symptome zeigt. Ferner sollte ein Tumormarker sich als Verlaufsparameter im Rahmen der Therapie eignen und eine Aussage zur Prognose des Patienten erlauben. Im Folgenden wollen wir einen kurzen Überblick über den aktuellen Stand auf dem Feld der Biomarker beim Pankreaskarzinom geben (Tab. 1) Serummarker (CA 19-9, CA 125) Carbohydrate Antigene (CA) sind allgemein anerkannte tumorassoziierte Antigene. Beim Pankreaskarzinom wird vor allem das CA 19-9 eingesetzt. Die anderen verfügbaren Marker haben das Problem einer geringeren Sensitivität und falsche-positiver Befunde, da sie auch bei gutartigen, vor allem entzündlichen, Läsionen erhöht sein können. Das Carbohydrate Antigen 19-9 (CA 199) ist der am meisten untersuchte und am besten validierte Tumormarker beim PDAC und somit aktuell als Goldstandard anzusehen. Bereits 1979 wurde das CA 19-9 als tumorassoziiertes Antigen von Koprowski beschrieben. [5] Das Vorhandensein von CA 19-9 ist an die Trägerschaft der LewisBlutgruppe gebunden. Menschen, die die Blutgruppe Lewis negativ (a-/b-) besitzen, exprimieren kein CA 19-9; bei diesen Patienten liegt ein Mangel der Fucosyltransferase vor, welche essentiell für die Biosynthese des CA 19-9 ist. [6] Erhöhte Serumkonzentrationen des CA 19-9 konnten mehrfach und eindeutig bei gastrointestinalen Tumoren und hier insbesondere beim PDAC nachgewiesen werden. [6-10] Es ergibt sich eine Sensitivität von 81% und eine Spezifität von 90% für das PDAC, der Grenzwert wird mit 37 U/ml angegeben. [11] Mit dieser Sensitivität und Spezifität eignet sich das CA 19-9 allerdings nicht für ein Screening, da es zu viele falsch-positive und falsch-negative Werte geben würde. Eine Erhöhung des Tumormarkers CA 19-9 ist nicht nur ein nahezu eindeutiger Hinweis auf das Vorliegen einer Malignität, sondern 8 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 die Erhöhung des CA 19-9 korreliert auch mit dem Tumorstadium, erlaubt eine Aussage zur Resektabilität des Tumors und ist ein unabhängiger Prognosefaktor. [12-14] Des Weiteren eignet sich das CA 19-9 als postoperativer Verlaufsparameter. So ist ein Anstieg bzw. Abfall des CA 19-9 ein Hinweis auf eine Progression der Tumorerkrankung bzw. Regression [7]. Zu beachten bleibt, dass es bei einer Leberzirrhose, bei einer Cholestase und bei einer chronischen Pankreatitis zu falsch positiven CA 19-9 Werten kommen kann. [9, 11, 15] Insgesamt kommen die European Group of Tumor Markers (EGTMN) und die amerikanische National Academy of Clinical Biochemistry (NACB) zu dem Schluss, dass CA 19-9 nicht als alleiniger Screening Marker für das PDAC eingesetzt werden sollte. [16] Das Cancer Antigen 125 (CA 125) ist vor allem bei Ovarialkarzinomen bekannt. CA 125 steht für das Protein Mucin 16 (MUC16) und ist nicht nur bei Ovarialkarzinomen erhöht sondern auch bei anderen Tumoren des Gastrointestinaltraktes, der Lunge oder dem Mammakarzinom. Des Weiteren ist CA 125 aber auch bei einer Reihe von gutartigen Erkrankungen (z.B. Endometriose, entzündlichen Erkrankungen des Bauchraums, Schwangerschaft) erhöht. Die Verwendung von CA 125 als Tumormarker beim Pankreaskarzinom wurde in mehreren Studien untersucht. [17- 19] Insgesamt zeigte sich für CA 125 eine niedrigere Sensitivität als für CA 19-9. Die alleinige Sensitivität und Spezifität für das PDAC liegen bei 60,8% bzw. 83,3% [20]. Durch die Kombination der Tumormarker CA 19-9 und CEA kann eine Sensitivität und Spezifität von 87,8% und 77,8% erreicht werden. [20] Die Kombination ist jedoch der alleinigen Sensitivität und Spezifität von CA 19-9 nicht überlegen, so dass die Verwendung von CA 125 im Rahmen der Diagnostik eines PDAC in der Praxis keine Rolle spielt. Molekularbiologische Grundlagen zur Diagnostik beim Pankreaskarzinom (CEA) Das Carcinoembryonic Antigen (CEA) war der erste Tumormarker beim Pankreaskarzinom, der in den 70er und 80 er Jahren verwendet wurde. Heutzutage ist dieser Marker insbesondere durch das CA 19-9 nahezu gänzlich abgelöst worden. Es gibt zu CEA ebenfalls zahlreiche Untersuchungen, insgesamt ergibt sich aber vor allem eine niedrige Sensitivität (25-56%) bei einer Spezifität von 82-100%. [21-23] CEA wird aktuell vor allem bei der Untersuchung des Inhaltes von zystischen Pankreasläsionen eingesetzt. Eine Erhöhung des CEA im Zysteninhalt ist ein unabhängiger Prädiktor auf Malignität. [24] Tabelle 1: Überblick Tumor- und Biomarker beim PDAC Marker CA 19-9 • • • • CEA • Sensitivität des CEA für PDAC 25-56% [21-23] • Erhöhte CEA Werte sind bei zystischen Pankreastumoren Hinweis auf Malignität [24] Fazit: • Heutzutage als Ergänzungsmarker i.R. der Diagnostik anzusehen CA 125 • Sensitivität des CA 125 für PDAC 60%-83% [17-20] • Auch bei gutartigen Erkrankungen und anderen Tumoren erhöht [19] Fazit: • Für Diagnostik und Verlaufskontrolle des PDAC ungeeignet Genetische Biomarker Basierend auf dem gängigen Tumorprogressionsmodel sind eine Vielzahl genetischer Alterationen für die schrittweise Entwicklung eines Pankreaskarzinoms verantwortlich. [25] Der Nachweis der verschiedensten Mutation könnten für die Krebsfrüherkennung nützlich sein sowie auch für die Differenzierung zwischen gutartigen und bösartigen Läsionen. K-ras In den meisten Fällen wurden genetische Veränderungen in vier verschiedenen Genen beschrieben (K-ras, CDKN2A/p16, TP53 und SMAD4/DPC4). [26-28] Von diesen genetischen Mutationen ist am häufigsten (77%) eine Punktmutation im K-ras Gen beim PDAC nachweisbar. [29] K-ras hat wichtige Funktionen im Rahmen der Zellproliferation und Differenzierung. K-ras Mutationen lassen sich in Pankreasgewebe, Pankreassekret, Galle, Stuhl und Serum nachweisen. [30] Untersuchungen konnten zeigen, dass K-ras Mutationen insbesondere in den Pankreassekreten schon vor der klinischen Manifestation eines PDAC nachweisbar sind. [31] Aufgrund einer nur niedrigen Sensitivität von 38% ist jedoch das K-ras Screening in Galle/Stuhl in der Praxis von geringem Nutzen. [32] Des Weiteren eignen sich die Untersuchungen von K-ras Mutationen im Plasma und Pankreasgewebe nur bedingt zur Diagnosesicherung eines PDAC, da sich diese Mutationen auch z.B. in hyperplastisch oder entzündlich verändertem Gewebe (z.B. chronische Pankreatitis) nachweisen lassen. [33] Von größerem Nutzen ist der Nachweis von K-ras Mutationen im Pankreasgewebe nach kurativer Resektion. So haben die K-ras mutierten Zusammenfassung Serummarker Aktueller Goldstandard i.R. der Diagnostik [6-10] Sensitivität des CA 19-9 für PDAC >80% [11] Geringer positiv prädiktiver Wert [16] Falsch positive Werte bei Cholestase, Leberzirrhose oder Pankreatitis [9,11,15,21] Fazit: • Aktueller Goldstandard i.R. der Diagnostik [6-10] • Als Screening Marker alleine nicht geeignet • Nützlich i.R. der Diagnostik, Verlaufskontrolle und zur Prognosebestimmung Genetische Marker K-ras • k-ras mit 77% häufigste Mutation beim PDAC [27] • k-ras Mutationen auch in Galle, Pankreassaft, Stuhl nachweisbar (Sensitivität 38%) [30-32] • k-ras Mutationen auch in entzündlichem Pankreasgewebe nachweisbar [33] Fazit: • K-ras Mutation nur eingeschränkt zur Diagnosestellung einsetzbar CDKN2A/p16 • Verlust von p16 in 98% der PDAC nachweisbar [36,37] • TP53 Mutation in 50-75% der PDAC nachweisbar [38] • Keine der Mutationen Spezifisch für PDAC [27, 39] Fazit: • Kein Nutzen für Screening und geringe diagnostische Aussagekraft TP53 SMAD4/DPC4 BRCA2 Methylierungen MDF1, hsa-miR-9-1, ZNF415, CNTAP2, ELOVL4, RASSF1A, Cyclin D2, ppENK, TFPI2, NPTX29, CDH13, SARP2 • Zahlreiche Methylierungen (CpG Orte) in PDAC Gewebe nachweisbar [42,43] • Cyclin D2, ppENK, TFPI2, NPTX29 in Pankreassaft mit Sensitivität von 82% für PDAC nachweisbar [47,48] Fazit: • Heterogenes Feld von Markern für Diagnostik, Verlaufskontrolle und Prognosebestimmung • Bisher kein Einzug in klinische Praxis Micro RNA Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 9 Molekularbiologische Grundlagen zur Diagnostik beim Pankreaskarzinom Patienten eine signifikant schlechtere Prognose als die K-ras wild typ Patienten. [34] !"#$%&%'"#()*+,*-.$*"&-/'+ 0-.()+123*.$*/+ Tumorsuppressorgene Die Inaktivierung von p16 scheint ein frühes Ereignis in der Karzinogenese des PDAC zu sein. So konnte in bis zu 98% der PDACs ein Verlust von p16 nachgewiesen werden. [35, 36] Patienten mit einer p16 Mutation haben eine deutlich schlechtere Prognose als Patienten mit intaktem p16. Somit liegt die Vermutung nahe, dass p16 die Aggressivität des Tumorwachstums beeinflusst. [37] ?"@.%0"##*@A%/+ ?8/-*&&+B#()/*&&*.C+ D8#*.+-/$*.#$E$F$+B3.9F"#*.C+ 456+7-8&"$9$+:".0+0-.()+0"*+ ;*:*<*=-8&"$9$+<**"/>-##$+ Ein Verlust der Tumorsuppressorgene p53, DPC4 und BRCA2 scheint zu einem späteren Zeitpunkt der Tumorentstehung eines PDAC eine Rolle zu spielen. In 50-75% der Fälle eines PDAC liegt eine p53 Mutation vor. [38] Ein Verlust von p53 führt zu einem unkontrollierten und erhöhten Tumorzellwachstum. [39] Die prognostische Bedeutung von p53 bleibt unklar und es ergeben sich in der Literatur widersprüchliche Ergebnisse. [30, 40] Des Weiteren ist eine Vielzahl weiterer genetischer Alterationen in niedrigeren Häufigkeiten beschrieben (z. B. für BRCA2, TGFBR1, BAX, RB1, STK11, hMLH1, hCDC4, MKK4, FancC, und AKT2). 5%.G8&"#"*.-/'+0*.+123*."G*/$*++ + ,"%"/H%.G8A#()*+6-#:*.$-/'+0*.+ 0"I*.*/A*&&*/+;*/*23.*##"%/+ Insgesamt lässt sich für die genetischen Veränderungen feststellen, dass sie zwar eine diagnostische Aussagekraft haben mögen, jedoch keine der Mutationen spezifisch für das Vorliegen eines PDAC ist, und sie somit auch bei weitem nicht für die Früherkennung/Diagnostik einer so malignen Erkrankung alleine in Frage kommen. In den letzten Jahren konnten durch moderne molekularbiologische Hochdurchsatz-Methoden eine Vielzahl an neuen potentiellen Biomarkern identifiziert werden. Dabei hat insbesondere die Genexpressionsprofiluntersuchung eine grundlegende Rolle gespielt. Bei dieser Methode wird die RNS aus Gewebe isoliert, markiert und auf DNS-Mikroarrays hybridisiert. Nach Auswertung der Daten kann so das Muster der Genexpression im Gewebe bestimmt und dann mit anderen Geweben verglichen werden (Abb. 1). Die Technik der DNS-Mikroarrays kann einfach auf andere Biomoleküle übertragen werden. Es ist somit möglich, mittels Mikroarrays nicht nur Genexpressionsmuster sondern auch epigene- Abb. 1: Generalisiertes Schema zur Identifizierung von Biomarkern mittels des DNSMikroarraytechnologie. Je nach Art des Mikroarrays werden unterschiedliche Datentypen erhalten und müssen dann entsprechend weiter behandelt werden. tische Veränderungen und miRNA-Muster zu bestimmen. Die so erhaltenen Kandidaten müssen allerdings noch weiter untersucht und auf ihre Wertigkeit als Biomarker überprüft werden. [41] 10 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 Epigenetische Biomarker: Epigenetische Faktoren wie Veränderungen in der DNA Methylierungen, der posttranslationalen Histon Modifikationen und des Chromatin Remodelings können ebenfalls Molekularbiologische Grundlagen zur Diagnostik beim Pankreaskarzinom als tumorgenetische Biomarker in Erwägung gezogen werden. Eine Methylierungsanalyse von 807 Genen erbrachte an 289 untersuchten CpG-Orten differentiell methylierte Gene im Pankreaskarzinomgewebe im Vergleich zum Normalgewebe. [42] Daraus könnten sich diagnostische und therapeutische Möglichkeiten ergeben. Durch ein genomweites Profiling von methylierten Promotorregionen in PDACs und Normalgeweben konnte die Methylierung zahlreicher Gene (z.B. MDF1, hsa-miR-9-1, ZNF415, CNTAP2 und ELOVL4) in den Karzinomzelllinien nachgewiesen werden. [43] Weitere epigenetische Veränderungen konnten in Apoptose relevanten Proteinen nachgewiesen werden (z.B. RASSF1A, cyclin D2, ppENK, TFPI2, CDH13 und SARP2). [44-46] Des Weiteren wurden Untersuchungen von Methylierungen direkt im Pankreassekret durchgeführt. Mit einer diagnostischen Sensitivität von 82% und Spezifität von 100% konnten hier mehrere Gene (Cyclin D2, ppENK, TFP12, NPTX29) als Marker für ein PDAC identifiziert werden. [47, 48] Zusätzliche epigenetische Marker mit Hinweis auf eine schlechte Prognose bei PDAC sind niedrige Level der Histonmodifikationen H3K4me2, H3K9me und H3K4me2. [49] Insgesamt liegt bei den epigenetischen Markern ein heterogenes Feld von Veränderungen vor, die eine Möglichkeit der Diagnostik, Prognoseabschätzung oder aber auch Therapieüberwachung bieten. Einzug in die klinische Praxis erhielten diese Biomarker bis dato jedoch noch nicht. Micro RNA Biomarker Micro RNAs (miRNA) sind kurze nicht kodierende RNA Abschnitte bestehend aus etwa 22 Nukleotiden. Eine Regulation von Onko- und Tumorsuppressorgenen im Rahmen des posttranskriptionalen Gen Silencings (PTGS) konnte für die miRNAs nachgewiesen werden. [50, 51] So konnte z.B. eine Down-Regulation der miR-216/-217 in und eine erhöhte Expression der miR-196/-196a in PDAC Tumorgewebe im Vergleich zum Normalgewebe gezeigt werden. [52] Des Weiteren konnte miR-196a auch im Serum von PDAC Patienten nachgewiesen und eine prognostische Relevanz korreliert werden. [53] Andere miRNA die als potentielle Biomarker beim PDAC untersucht wurden sind z.B.: (miR196a, miR-190, miR-186, miR-221, miR222, miR-200b, miR-15b und miR-95). [54] Zusammenfassung Tumormarker/Biomarker beim Pankreaskarzinom sollten auf die Erkennung von Patienten mit frühen Tumorstadien abzielen. Die aktuell bekannten Marker sind jedoch nicht sensitiv genug, dies zu gewährleisten. Neue molekulare Marker auf genetischer und epigenetischer Basis sind aktuell in der Evaluierung. Die geringe Spezifität der bisher bekannten Marker lässt zum jetzigen Zeitpunkt keine sichere Diagnosestellung zu. Deswegen sind diese Marker nur begrenzt als Screeningmarker einzusetzen. Somit ist aktuell das CA 19-9 aufgrund seiner Spezifität von um die 90% nach wie vor als Goldstandard im Rahmen der Diagnostik und des Therapieverlaufs anzusehen. Jedoch ist auch das CA 19-9 nicht als alleiniger Screeningmarker zu empfehlen, sondern sollte vielmehr im Kontext mit der klinischen Präsentation und den bildgebenden Verfahren interpretiert werden. Viele der neueren untersuchten Marker sind Komponenten in der Tumorentstehung des PDAC. Ein subtileres Verständnis der molekularen Onkogenese könnte zur Entwicklung neuer Tumormarker/Biomarker beitragen. Die Entwicklung neuer Methoden zum Nachweis von potentiellen Biomarkern mit höherer Spezifität und Genauigkeit auch in geringeren Konzentrationen im Blut könnten einen weiteren Fortschritt in der Biomarker Forschung darstellen. Literatur 1. Li D, Xie K, Wolff R, Abbruzzese JL. Pancreatic cancer. Lancet. 2004;363(9414):1049-57. 2. Lüttges J, Klöppel G. Pancreatic ductal adenocarcinoma and its precursors Pathologe. 2005 Feb;26(1):12-7. 3. Warshaw AL, Fernández-del Castillo C. Pancreatic carcinoma.N Engl J Med.1992 13;326(7):45565 4. Lillemoe KD, Yeo CJ, Cameron JL. Pancreatic cancer: state-of-the-art care. CA Cancer J Clin. 2000 Jul-Aug;50(4):241-68. 5. Koprowski H, Herlyn M, Steplewski Z et al. Specific antigen in serum of patients with colon carcinoma. Science. 1981 Apr 3;212(4490):53-5. 6. Tempero MA, Uchida E, Takasaki H et al. Relationship of carbohydrate antigen 19-9 and Lewis antigens in pancreatic cancer. Cancer Res. 1987 Oct 15;47(20):5501-3 7. Goonetilleke KS, Siriwardena AK. Systematic review of carbohydrate antigen (CA 19-9) as a biochemical marker in the diagnosis of pancreatic cancer.. Eur J Surg Oncol. 2007 Apr;33(3):26670. 8. Safi F, Beger HG, Bittner R et al. CA 19-9 and pancreatic adenocarcinoma. Cancer. 1986 Feb 15;57(4):779-83. 9. Duffy MJ, Sturgeon C, Lamerz R et al. Tumor markers in pancreatic cancer: a European Group on Tumor Markers (EGTM) status report. Ann Oncol. 2010 Mar;21(3):441-7. 10. Rückert F, Pilarsky C, Grützmann R. Serum Tumormarkers in pancreatic cancer- recent discoveries. Cancers 2010; 2, 1107-1124. 11. Steinberg W. The clinical utility of the CA 19-9 tumor-associated antigen. Am J Gastroenterol. 1990 Apr;85(4):350-5. 12. Tian F, Appert HE, Myles J et al. Prognostic value of serum CA 19-9 levels in pancreatic adenocarcinoma. Ann Surg. 1992 Apr;215(4):350-5. 13. Forsmark CE, Lambiase L, Vogel SB. Diagnosis of pancreatic cancer and prediction of unresectability using the tumor-associated antigen CA19-9.Pancreas. 1994 Nov;9(6):731-4. 14. Lundin J, Roberts PJ, Kuusela P et al. The prognostic value of preoperative serum levels of CA 19-9 and CEA in patients with pancreatic cancer. Br J Cancer. 1994 Mar;69(3):515-9 15. Lamerz R. Role of tumour markers, cytogenetics. Ann Oncol. 1999;10 Suppl 4:145-9. Role of tumour markers, cytogenetics. 16. Kim JE, Lee KT, Lee JK et al. Clinical usefulness of carbohydrate antigen 19-9 as a screening test for pancreatic cancer in an asymptomatic population. J Gastroenterol Hepatol. 2004 Feb;19(2):182-6. 17. Sawabu N, Watanabe H, Yamaguchi Y et al. Serum tumor markers and molecular biological diagnosis in pancreatic cancer. Pancreas. 2004 Apr;28(3):263-7. 18. Bassi C, Salvia R, Gumbs AA, et al. The value of standard serum tumor markers in differentiating mucinous from serous cystic tumors of the pancreas: CEA, Ca 19-9, Ca 125, Ca 15-3 Langenbecks Arch Surg. 2002 Nov;387(7-8):281-5. 19. Talbot RW, Nagorney DM, Pemberton JH et al. Comparison of portal and peripheral blood levels of carcinoembryonic antigen, CA 19-9, and CA 125 tumor-associated antigens in patients with colorectal and pancreatic cancer. Cancer Res. 1989 Feb 1;49(3):542-3. 20. Cwik G, Wallner G, Skoczylas T et al. Cancer antigens 19-9 and 125 in the differential diagnosis of pancreatic mass lesions Arch Surg. 2006 Oct;141(10):968-73. 21. Duraker N, Hot S, Polat Y et al. CEA, CA 19-9, and CA 125 in the differential diagnosis of benign and malignant pancreatic diseases with or without jaundice. J Surg Oncol. 2007 Feb 1;95(2):142-7. Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 11 Molekularbiologische Grundlagen zur Diagnostik beim Pankreaskarzinom 22. Haglund C. Tumour marker antigen CA 125 in pancreatic cancer: a comparison with CA 19-9 and CEA. Br J Cancer 1986, 54, 897-901. 23. Pasanen PA, Eskelinen M, Partanen K et al. A prospective study of serum tumour markers carcinoembryonic antigen, carbohydrate antigens 50 and 242, tissue polypeptide antigen and tissue polypeptide specific antigen in the diagnosis of pancreatic cancer with special reference to multivariate diagnostic score. Br J Cancer. 1994 Mar;69(3):562-5. 24. Hirono S, Tani M, Kawai M et al. The carcinoembryonic antigen level in pancreatic juice and mural nodule size are predictors of malignancy for branch duct type intraductal papillary mucinous neoplasms of the pancreas. Ann Surg. 2012 Mar;255(3):517-22. 25. Maitra A, Adsay NV, Argani P et al. Multicomponent analysis of the pancreatic adenocarcinoma progression model using a pancreatic intraepithelial neoplasia tissue microarray. Mod.Pathol. 2003 Sep;16(9):902-12. 26. Biankin AV, Morey AL, Lee CS et al. DPC4/ Smad4 expression and outcome in pancreatic ductal adenocarcinoma. J Clin Oncol. 2002 Dec 1;20(23):4531-42. 27. Liu F. SMAD4/DPC4 and pancreatic cancer survival. Commentary re: M. Tascilar et al., The SMAD4 protein and prognosis of pancreatic ductal adenocarcinoma. Clin. Cancer Res., 7: 4115-4121, 2001. 28. Brody JR, Costantino CL, Potoczek M et al. Adenosquamous carcinoma of the pancreas harbors KRAS2, DPC4 and TP53 molecular alterations similar to pancreatic ductal adenocarcinoma Mod Pathol. 2009 May;22(5):651-9. 34. Kim J, Reber HA, Dry SM et al. Unfavourable prognosis associated with K-ras gene mutation in pancreatic cancer surgical margins. Gut. 2006 Nov;55(11):1598-605. 48. Park JK, Ryu JK, Lee KH et al. Quantitative analysis of NPTX2 hypermethylation is a promising molecular diagnostic marker for pancreatic cancer. Pancreas. 2007 Oct;35(3):e9-15. 35. Hruban RH, Goggins M, Parsons J et al. Progression model for pancreatic cancer. Clin Cancer Res. 2000 Aug;6(8):2969-72.. 49. Manuyakorn A, Paulus R, Farrell J et al. Cellular histone modification patterns predict prognosis and treatment response in resectable pancreatic adenocarcinoma: results from RTOG 9704. J Clin Oncol. 2010 Mar 10;28(8):1358-65. 36. Schutte M, Hruban RH, Geradts J et al. Abrogation of the Rb/p16 tumor-suppressive pathway in virtually all pancreatic carcinomas. Cancer Res. 1997 Aug 1;57(15):3126-30. 37. Ohtsubo K, Watanabe H, Yamaguchi Y et al. Abnormalities of tumor suppressor gene p16 in pancreatic carcinoma: immunohistochemical and genetic findings compared with clinicopathological parameters. J Gastroenterol. 2003;38(7):663-71. 38. Pellegata NS, Sessa F, Renault B et al. K-ras and p53 gene mutations in pancreatic cancer: ductal and nonductal tumors progress through different genetic lesions. Cancer Res. 1994 Mar 15;54(6):1556-60. 52. Szafranska AE, Davison TS, John J et al. MicroRNA expression alterations are linked to tumorigenesis and non-neoplastic processes in pancreatic ductal adenocarcinoma. Oncogene. 2007 Jun 28;26(30):4442-52. 39. Kirsch DG, Kastan MB. Tumor-suppressor p53: implications for tumor development and prognosis. J Clin Oncol. 1998 Sep;16(9):3158-68. 40. Yokoyama M, Yamanaka Y, Friess H et al. p53 expression in human pancreatic cancer correlates with enhanced biological aggressiveness. Anticancer Res. 1994 Nov-Dec;14(6B):2477-83. 54. Zhang Y, Li M, Wang H et al. Profiling of 95 microRNAs in pancreatic cancer cell lines and surgical specimens by real-time PCR analysis. World J Surg. 2009 Apr;33(4):698-709. 41. Broadhead ML, Clark JC, Dass CR et al. Microarray: an instrument for cancer surgeons of the future? ANZ J Surg. 2010 Jul-Aug;80(7-8):531-6. Autoren; 42. Tan AC, Jimeno A, Lin SH et al. Characterizing DNA methylation patterns in pancreatic cancer genome. Mol Oncol. 2009 Dec;3(5-6):425-38. 43. Walter K, Omura N, Hong SM et al. Pancreatic cancer associated fibroblasts display normal allelotypes. Cancer Biol Ther. 2008 Jun;7(6):882-8. 30. Talar-Wojnarowska R, Malecka-Panas E. Molecular pathogenesis of pancreatic adenocarcinoma: potential clinical implications. Med Sci Monit. 2006 Sep;12(9):RA186-93. 44. House MG, Herman JG, Guo MZ, et al. Aberrant hypermethylation of tumor suppressor genes in pancreatic endocrine neoplasms. Ann Surg. 2003 Sep;238(3):423-31. 31. Berthélemy P, Bouisson M, Escourrou J et al. Identification of K-ras mutations in pancreatic juice in the early diagnosis of pancreatic cancer. Ann Intern Med. 1995 Aug 1;123(3):188-91. 45. Watanabe H, Okada G, Ohtsubo K et al. Aberrant methylation of secreted apoptosis-related protein 2 (SARP2) in pure pancreatic juice in diagnosis of pancreatic neoplasms. Pancreas. 2006 May;32(4):382-9. 33. Bramhall SR. The use of molecular technology in the differentiation of pancreatic cancer and chronic pancreatitis. Int J Pancreatol. 1998 Apr;23(2):83-100. 51. Esquela-Kerscher A, Slack FJ. Oncomirs - microRNAs with a role in cancer. Nat Rev Cancer. 2006 Apr;6(4):259-69. 53. Kong X, Du Y, Wang G et al. Detection of differentially expressed microRNAs in serum of pancreatic ductal adenocarcinoma patients: miR-196a could be a potential marker for poor prognosis. Dig Dis Sci. 2011 Feb;56(2):602-9. 29. Klimstra DS, Longnecker DS. K-ras mutations in pancreatic ductal proliferative lesions. Am J Pathol. 1994 Dec;145(6):1547-50. 32. Trümper L, Menges M, Daus H et al. Low sensitivity of the ki-ras polymerase chain reaction for diagnosing pancreatic cancer from pancreatic juice and bile: a multicenter prospective trial. J Clin Oncol. 2002 Nov 1;20(21):4331-7 50. Croce CM. Causes and consequences of microRNA dysregulation in cancer. Nat Rev Genet. 2009 Oct;10(10):704-14. 46. Dammann R, Schagdarsurengin U, Liu L et al.Frequent RASSF1A promoter hypermethylation and K-ras mutations in pancreatic carcinoma. Oncogene. 2003 Jun 12;22(24):3806-12 47. Matsubayashi H, Canto M, Sato N et al. DNA methylation alterations in the pancreatic juice of patients with suspected pancreatic disease. Cancer Res. 2006 Jan 15;66(2):1208-17. 12 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 Dr. med. Marius Distler, Prof. Dr. Robert Grützmann und Prof. Dr. Christian Pilarsky Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden Fetscherstraße 74, 01307 Dresden Tel. (0351) 458 7020, E-Mail: christian.pilarsky@ uniklinikum-dresden.de Richtige Antworten zum Beitrag: „Sport und Bewegungstherapie in der onkologischen Rehabilitation“ in Heft 2/2012 Frage 1: a, c, d Frage 2: b Frage 3: b, d Frage 4: a, b, d Frage 5: a, b, c Testiertes interaktives Selbststudium Fragen für das testierte interaktive Selbststudium DGOP IV/2012 a: Der Serummarker CA 19-9 ist ein tumorassoziiertes Antigen. c: Schon vor der Manifestation weist eine Punktmutation im K-ras Gen PDAC nach. b: Bei Pankreaskarzinom kann der Serummarker CA 19-9 als Tumormarker im Screening verwendet werden. d: Der Nachweis von K-ras Mutationen im Pankreasgewebe nach kurativer Resektion ist von Nutzen. 1. Serummarker CA 19-9 c: Nur Patienten mit Blutgruppe Lewis negativ (a-/b-) profitieren vom Serummarker CA 19-9. 4. Tumorsupressorgene d: Der Serummarker CA 19-9 eignet sich als postoperativer Verlaufsparameter. a: In 98 % der PDACs wurde ein Verlust von p16 nachgewiesen. 2. Cancer Antigen 125 c: Eine p53-Mutation antagonisiert ein unkontrolliertes und erhöhtes Tumorzellwachstum. a: Ebenso wie CA 19-9 ist das cancer Antigen 125 als Verlaufsparameter beim Pankreaskarzinom geeignet. b: Das Cancer Antigen 125 ist bei gutartigen Erkrankungen (z.B. Endometriose oder entzündliche Erkrankungen des Bauchraums) nicht erhöht. c: Bei verschiedenen Tumoren wie Ovarial-CA, Mamma-CA oder der Lunge ist das Cancer Antigen 125 erhöht. d: Das Cancer Antigen 125 spielt im Rahmen der Diagnostik einer PDAC keine Rolle. 3. Punktmutation im K-ras Gen a: Eine Punktmutation im K-ras Gen ist beweisend für ein PDAC. b: Patienten mit K-ras Mutation haben eine schlechtere Prognose als K-ras Wildtyp Patienten. b: Tumorsuppressorgene können alleine zur Früherkennung und Diagnostik einer PDAC dienen. d: Die Ergebnisse zur Bedeutung von p53 sind in der Literatur einheitlich beurteilt. 5. Epigenetische Biomarker a: Eine Methylierung zahlreicher Gene in den Karzinomzell­ linien konnte mithilfe eines genomweiten Profiling nachgewiesen werden. b: Epigenetische Biomarker sind in der klinischen Praxis fester Bestandteil der Diagnostik des PDAC. c: Mehrere Gene (Cyclin D2, ppENK, TFP12, NPTX29) konnten mit einer Spezifität von 100 % als Marker im Pankreassekret für ein PDAC identifiziert werden. d: Im PDAC konnten keine epignetischen Veränderungen in der für die Apoptose relevanten Proteinen nachgewiesen werden. Testiertes interaktives Selbststudium – DGOP 2012 Nach der Beantwortung der Fragen zu vorangegangenem Artikel in der „Onkologischen Pharmazie“ und der Ergänzung der erforder­lichen Angaben können Sie den gekennzeichneten Bereich der Zeitung ausschneiden oder kopieren und an nachfolgende Fax-Nummer der DGOP faxen. Auch mehrere Antworten können richtig sein. Beim Selbststudium wünschen wir viel Erfolg! Per Fax: +49-40-79 14 03 02 Name: Vorname: Einrichtung: Straße: PLZ/Ort: Molekularbiologische Grundlagen zur Diagnostik beim Pankreaskarzinom (Onkologische Pharmazie Nr. 4/2012) Meine Antwort (X) lautet bei: Frage 1: a b c d Frage 2: a b c d Frage 3: a b c d Frage 4: a b c d Frage 5: a b c d Ich versichere hiermit, dass ich den o.g. Artikel gelesen und die Fragen persönlich beantwortet habe. Zum Zweck der Erreichung von Fortbildungspunkten für „Testiertes interaktives Selbststudium DGOP“ bitte ich um die Registrierung meiner Zusendung bei der DGOP und die Übermittlung der erreichten Punktzahl. Datum: Unterschrift: Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 13 Buchbesprechung Buchbesprechung Rezension von Gabi Gentschew, Frankfurt Kochrezepte bei Krebs Genießen und gezielt ernähren während der Therapie Von Mandy Max und Volker Hoff Govi Verlag, April 2012 112 Seiten, € 11,90 ISBN 978-3-7741-1185-1 Die Ernährung während einer Krebstherapie stellt für viele Betroffene ein Problem dar. Neben Appetitlosigkeit quälen oft Schleimhautentzündungen, Durchfall, Übelkeit die Patienten und unter Umständen auch chronische Krankheiten. Oft geht es ihnen schlecht und auch ihre Angehörigen und Freunde wissen nicht, wie sie helfen können. Den Patienten fällt es schwer, dem Körper zu geben, was er braucht. Dabei ist die Ernährung während einer Krankheit besonders wichtig. Worauf sollte während einer Krebstherapie besonders geachtet werden? Gibt es eine spezielle Ernährung während der Krebstherapie? In diesem Buch geben die Autoren Mandy Max als Ernährungswissenschaftlerin und Volker Hoff als Pharmazeut auf übersichtlich gestalteten 112 Seiten Antworten auf diese und viele weitere Fragen. Beide betreuen in einer großen Apotheke Tumorpatienten. Bevor es los geht mit den Rezepten, gibt es eine Einführung in den veränderten Stoffwechsel bei Krebs. Diabetes, Hyperurikämie und die Laktoseintoleranz als chronische Begleiterkrankungen werden beispielhaft gestreift. „Das braucht der Körper jetzt“: in diesem Kapitel berichten die Autoren, aus welchen Bestandteilen ein sinnvoller Speiseplan bestehen sollte. Die Sprache ist gut verständlich und steigert die Neugier auf die Rezepte. Jedes Rezept findet auf einer Doppelseite Platz, ein ansprechendes Foto, eine übersichtliche Zutatenliste und ganz wichtig: ein kleiner Kasten mit Angaben zur Verträglichkeit. Hier wählten die Autoren ein Ampelsystem: ist „Durchfall“ grün gedruckt, eignet sich das Rezept (Kürbis-Bananensuppe), ist das Wort „Durchfall“ rot gedruckt, sollte man keinen Auberginen-Aufstrich wählen. Auch bei welchen chronischen Begleit-Krankheiten sich das Gericht eignet, ist deutlich verzeichnet. Die Rezepte werden in Kategorien untergliedert: Suppen, Aufstriche, Hauptgerichte sowie Desserts und Shakes. Die Zutaten sind genau beschrieben, hin und wieder wird der Gang zum Reformhaus oder einem gut sortierten Bio-Laden nötig sein. Die Zubereitung wird kurz und einfach beschrieben. Die Nährwertangaben – jeweils für eine Person – stehen am Rand in einem Info-Kasten für jedes Rezept. Am Ende des Rezepts finden sich kurze, lesenswerte Hinweise, die von Warenkunde (Dinkel oder Aroniabeeren) über den Austausch von Zutaten bis hin zu Kochtipps reichen. 14 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 Die Autoren bieten in ihrem broschierten Buch, dessen Papier auch einen Wasserspritzer verträgt, ein Stück allgemeine Ernährungsberatung und machen klar, warum gesunde Ernährung während einer Krebstherapie so wichtig ist. Nicht nur für Tumorpatienten, sondern auch für ihre Familienangehörige sind die enthaltenen Rezepte gesund. Zusätzlich bieten sie Tipps zur Förderung des Appetits und zu Linderung der auftretenden Beschwerden. Pressemitteilung/Impressum PRESSEM I T T E I LU N G Vorboten der Krebszellen am Beispiel Bauchspeicheldrüsenkrebs untersucht E ine besondere Eigenschaft von Krebszellen ist ihre Fähigkeit, sich aus dem Zellverband eines Tumors zu lösen. Sie gelangen in die Blut- oder Lymphbahnen, werden durch den Körper transportiert und dringen in andere Gewebe ein. Dort können sie sich ansiedeln und Metastasen bilden, wodurch die Heilungschancen des Patienten drastisch sinken. Auf welche Weise die bösartigen Zellen die Blut- und Lymphbahnen verlassen, in das Gewebe eindringen und neue Tumoren bilden, ist noch weitgehend unbekannt. Doch möglicherweise helfen ihnen winzige Mikropartikel, die von der Krebszellhülle abbrechen, bei ihrem Feldzug durch den Körper. Denn Tumorzellen geben ständig solche kleinen ZellhüllBrocken in die Blutbahn ab. Diese Krebs- Herausgeber: Klaus Meier, Soltau Verlag: onkopress, Theo-Mülders-Straße 92, 47918 Tönisvorst, www.onkopress.de ISSN-Nr.: 1437-8825 Chefredakteurin: Dr. Karla Domagk, Cottbus Fotos: Seite 54 oben: www.istockphoto.com/Knape, Seiten 42, 56 oben: www.istockphoto.com/Sasa boten können leichter in das Gewebe eindringen als die um ein Vielfaches größeren Krebszellen und diesen den Weg ebnen. Damit nicht genug: Die Tumorabschürfungen können einen molekularen Schutzwall um sich herum errichten, der verhindert, dass sie vom Abwehrsystem des Körpers erkannt und entfernt werden. Die gefährlichen Abschürfungen werden nun von Professor Dr. Bernd Engelmann, Institut für Klinische Chemie, und Professor Dr. Christiane Bruns, Chirurgische Klinik und Poliklinik am Klinikum Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität München, untersucht. Die Wissenschaftler vermuten, dass die Mikropartikel neben ihrer Fähigkeit zum Eindringen in das Gewebe zudem gesunde Zellen in Krebszellen umwandeln können. Sie untersuchen das Phänomen an Bauchspeichel- drüsenkrebs, einer Krebsart, die nach wie vor sehr schlecht heilbar ist und an der jährlich rund 14.000 Menschen in Deutschland erkranken. Langfristig erhoffen sich die Münchner Forscher ein verbessertes Verständnis der Metastasierung von Krebs sowie neue Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten. „Wenn wir unterbinden, dass Krebszellen Mikropartikel abgeben, könnten wir damit auch die Ausbreitung von Tumoren verhindern“, so Engelmann. „Ein weiterer Ansatzpunkt für neue Therapien wäre das Aufbrechen des Schutzwalls der Partikel, um sie so für das Immunsystem angreifbar zu machen.“ Die Deutsche Krebshilfe fördert das Forschungsvorhaben mit 346.000 Euro. Redaktion: Priv. Doz. Dr. Jens Büntzel, Nordhausen; Dr. Gabriele Gentschew, Frankfurt/M.; Dr. Doris Haider, Wien; Anja Holsing, Köln; Dr. Brigitte Hübner, Quedlinburg; Simone Widmer-Hungerbühler, Winterthur; Dr. Petra Jungmayr, Stuttgart; Henrik Justus, Uslar; Michael Marxen, Wesseling; Dr. Jochem Potenberg, Berlin; Dr. Susanne Rau, Hannover; Thomas Schubert, Mönchen­ gladbach; Wioletta Sekular, Tönisvorst; Dr. Gisela Sproßmann-Günther, Berlin; Dr. Robert Terkola, Wien; Dr. Sabine Thor-Wiedemann, Ravensburg. Alle Rechte, insbesondere die des Nachdrucks, der Übersetzung, der photomechanischen Wiedergabe und Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen sind vorbehalten und bedürfen der schriftlichen Genehmigung. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen wird nicht gehaftet. Der Leser darf darauf vertrauen, dass Autoren und Redak­t ion größte Mühe und Sorgfalt bei der Erstellung der Zeitung verwandt haben. Für etwaige inhaltliche Unrichtigkeit von Artikeln übernehmen Herausgeber, Verlag und Chefredakteur keinerlei Verantwortung und Haftung. Wissenschaftlicher Beirat: Prof. Dr. U. Jaehde, Pharmazeutisches Institut, Abt. Klinische Pharmazie, Universität Bonn; Prof. Dr. Günter Wiedemann, Klinik für Innere Medizin, Hämatologie, Onkologie und Gastroenterologie, Oberschwabenklinik Ravensburg; Univ. Prof. DI Dr. Robert Mader, Universitäts­klinik für Innere Medizin I, Medizinische Universität Wien; Sigrid Rosen-Marks, Hamburg; Carola Freidank, Hannover. Ein Markenzeichen kann warenzeichenrechtlich geschützt sein, auch wenn ein Hinweis auf etwa bestehende Schutzrechte fehlt. 16 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 Namentlich gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar. Pressemitteilung PRESSE M I T T E I LU N G Rosi hat „Schwein“ gehabt – das Hautkrebsrisiko bleibt Deutsche Krebshilfe warnt mit spektakulärer Kampagne vor Solarien M it einer außergewöhnlichen Kampagne will die Deutsche Krebshilfe verhindern, dass sich insbesondere junge Menschen den gefährlichen Strahlen im Solarium aussetzen. Im Internet konnte im Sommer ein vermeintliches Experiment beobachtet werden, bei dem ein Schwein im Labor mit UV-Strahlen verbrannt wird. Viele Menschen waren so empört, dass die Aktion im Netz vorzeitig abgebrochen wurde. Das vermeintliche Experiment: Über mehrere Tage wird ein Schwein in einem Forschungslabor mit ultraviolettem Licht bestrahlt. Das Schwein leidet zunehmend. Auf eine leichte Rötung der Schweinehaut folgt im Verlauf des „Experiments“ ein schwerer Sonnenbrand. Schließlich sind Brandblasen und Entzündungen zu erkennen. Die wissenschaftlich anmutende Webseite, die angeblich von Forschern zur Dokumentation des streng geheimen Tierversuchs erstellt wurde, sorgte für eine Welle der Empörung im Internet. Hundertausende Internetnutzer - insbesondere junge Menschen - diskutierten das Experiment. Doch dann kam die Entwarnung im Rahmen der Sendung stern TV: Der Laborversuch war nur gespielt, dem Schwein geht es gut. Hinter dieser provozierenden Kampagne steckt die Deutsche Krebshilfe, die mit den drastischen Bildern vor allem junge Menschen wachrütteln will. Rosi heißt eigentlich Smarty und hat bereits in vielen Filmen und Werbespots mitgespielt. Sonnenbrand und Wunden sind das Werk professioneller Maskenbildnerinnen, die Forscher im wirklichen Leben Schauspieler, die UV-Strahlen blaues Licht und das Forschungslabor ein Filmkrankenhaus in Berlin. Innerhalb von knapp zwei Tagen wurden Filme und Fotos erstellt, die auf der Forscher-Webseite einen Versuchsverlauf D der Filmarbeiten der Gesundheitszustand des Filmschweins am Set permanent überprüft. Passend zur aktuellen Kampagne bietet die Deutsche Krebshilfe eine Mobile Application zur Kampagne, die „App in den Schatten“. Hier kann jeder seine Freunde mit dem Smartphone im Zeitraffer altern lassen und die sichtbaren Folgen übermä- as Risiko, am malignen Melanom zu erkranken, verdoppelt sich, wenn Solarien bis zu einem Alter von 35 Jahren regelmäßig genutzt werden. Etwa 224.000 Menschen erkranken derzeit bundesweit jährlich neu an Hautkrebs, 26.000 davon am malignen Melanom. Etwa 3.000 Menschen sterben jedes Jahr an Hautkrebs. Tendenz steigend. Die Ergebnisse der SUN STUDY 2012 zeigen, wie groß der Handlungsbedarf ist: Solariennutzer sind jung. Vor allem Menschen bis zu einem Alter von einschließlich 35 Jahren setzen sich besonders häufig künstlichen UV-Strahlen aus. Derzeit sind dies etwa 3,5 Millionen Bundesbürger. Schockierend: „Etwa 167.000 der derzeitigen Solariennutzer sind minderjährig. Nach geltendem Recht müssen Betreiber von Sonnenstudios Jugendlichen den Zugang zu Solariengeräten aber verweigern“, erklärt Professor Dr. Eckhard Breitbart, medizinisches Fachausschussmitglied der Deutschen Krebshilfe und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP). von acht Tagen simulieren, auch die auf der Webseite veröffentlichten Vitalparameter scheinen einem realen Versuchsverlauf zu entsprechen. In enger Zusammenarbeit mit einem Veterinärmediziner wurde während ßiger UV-Strahlen erleben. Den Download der App sowie alle weiteren Informationen gibt es auf der Aktionsseite www.rosi-hatschwein-gehabt.de. Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 17 Lebender Kolumnentitel Abb. 1: Dissektion des Ligamentum hepatoduodenale (Ductus hepatocholedochus, Vena portae, Arteria hepatica) Abb. 2: Untertunnelung des Pankreaskorpus über der Pfortader Abb. 3: Absetzen des distalen Magens mit einem linearen Klammernahtgerät Abb. 4: Situs nach Entfernung des Resektates (fadenmar­kierter Gallen­ gang, Pfortader mit Mündung der V. lienalis, Pankreasrest mit Ductus pancreaticus) Operative Strategien beim Pankreaskarzinom Von Rainer Kube, Cottbus Einleitung Malignome des Pankreas machen etwa 3 % aller Krebserkrankungen aus, mit geschätzt 14.000 neuen Fällen pro Jahr in Deutschland [3]. Die operative Entfernung ist unverändert der einzig kurative Ansatz zur Behandlung des resektablen Pankreaskarzinoms, trotz einer im Vergleich zu anderen Malignomen niedrigen Chance auf ein 5-JahresÜberleben [1]. Bei fortgeschrittenen Tumoren dient sie als die beste symptomatische Therapie der Steigerung der Lebensqualität. Eine erfolgreiche chirurgische Resektion kann die 5-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit von ca. 5 % auf etwa 25 % steigern. Operationen am Pankreas sind komplexe Eingriffe, die mit einer möglichst geringen Morbidität und einer Eingriffsletalität von kleiner als 5 % einhergehen sollten. Um die ungünstige Prognose verbessern zu können, wird auch bei niedrigen Tumor-Stadien und einer Resektion ohne makroskopisch oder mikroskopisch vorhandene Residuen (sogenannte R0-Resektion), eine begleitende (adjuvante) systemische Chemotherapie empfohlen [4]. Trotz aller Fortschritte in der Diagnostik ist auch heutzutage eine komplette Tumorentfernung bei etwa zwei Drittel der Patienten nicht möglich. Das ist auf die oft nur gering ausgeprägte uncharakteristische Symptomatik, den engen anatomischen Beziehungen zu den Nachbarorganen bei einem meist aggressiven infiltrativen Tumorwachstum mit Tendenz zur raschen Metastasierung zurückzuführen. In diesen Fällen sind operative, endoskopische, radiologisch-interventionelle oder chemotherapeutische palliative Behandlungen indiziert. Operationsverfahren Prinzipiell lassen sich Pankreasresektionen von Operationen mit dem alleinigen Ziel der Verbesserung der Sekretableitung bzw. der Verbesserung der gastrointestinalen Passage unterscheiden. Die Resektionen erfolgen zumeist unter einer kurativen Intention, während ableitende Operationen einen palliativen Charakter haben. Resezierende Verfahren In Abhängigkeit von der Lage des Tumors im Pankreas sowie einer eventuell vorhandenen Infiltration von Nachbarorganen kommen verschiedene Operationen zur Anwendung. Diese Eingriffe umfassen standardgemäß eine systematische Lymphdissektion und können bei Bedarf auf multiviszerale Resektionen (Gefäße, Nachbarorgane) und in begründeten Ausnahmefällen auf Resektionen von Metastasen erweitert werden. Die nachfolgend genannten Operationsverfahren haben zahlreiche Modifikationen, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. Resezierende Verfahren beim Pankreas­ kopfkarzinom Partielle Duodenopankreatektomie (Kausch-Whipple) Diese Operationsmethode, von Walther Kausch erstmals 1912 beschrieben und von Whipple weiterentwickelt, ist das ursprüngliche Standard-Operationsverfahren beim Pan- 18 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 kreaskopfkarzinom. Zur Resektion kommen der Pankreaskopf, das Duodenum, der distale Magen, die Gallenblase und der distale Gallengang. Der Eingriff ist darüber hinaus indiziert beim Papillenkarzinom, dem distalen Gallengangskarzinom aber auch bei Formen der chronischen Pankreatitis. Pyloruserhaltende partielle Duodenopankreatektomie (Traverso-Longmire) Bei dieser Eingriffsmodifikation wird auf die Resektion des Magens, die nur selten aus onkologischen Gründen notwendig ist, verzichtet. Ein Vorteil hinsichtlich der perioperativen Komplikationen, des Überlebens oder der Lebensqualität konnte jedoch bisher für keine der beiden Methoden nachgewiesen werden [2]. Totale Duodenopankreatektomie Bei diesem Eingriff wird das Pankreas komplett reseziert, zusätzlich werden Pankreaskorpus und Pankreasschwanz und ggf. die Milz entfernt. Die resultierenden Probleme vor allem hinsichtlich des pankreopriven Diabetes sind erheblich, da nicht nur Insulin, sondern auch das Hormon Glukagon fehlt. Dieser Eingriff ist jedoch selten indiziert. An die Resektion schließt sich die Rekonstruktion an. Sie macht Anastomosen des Restpankreas (außer bei der totalen Duodenopankreatektomie), des Gallenganges sowie des Restmagens (Kausch-Whipple) oder der Duodenalmanschette am Pylorus des Magens (Traverso-Longmire) mit dem Jejunum erforderlich. Lebender Kolumnentitel Abb. 5: Skizze der Pankreasanastomose mit dem Jejunum und der Schienung des Pankreasganges Die Anastomose des Restpankreas kann mit dem Jejunum (Pankreato- bzw. Pankreatikojejunostomie) aber auch mit dem Magen (Pankreatogastrostomie) erfolgen. Die Ableitung des Gallenganges wird durch eine Hepatikojejunostomie hergestellt. Schließlich wird bei der „klassischen“ Whipple-OP der Restmagens mit dem Jejunum (Gastrojejunostomie) verbunden bzw. bei der pyloruserhaltenden Resektion die Duodenalmanschette am Pylorus des Magens mit dem Jejunum (Duodenojejunostomie). Resezierende Verfahren beim Pankreaskorpus- und Pankreasschwanzkarzinom Pankreaslinksresektion Tumoren im Pankreaskorpus oder Pankreasschwanz werden in der Regel durch eine Pankreaslinksresektion mit Splenektomie versorgt. Sie werden oft spät diagnostiziert und erfordern deshalb mitunter multiviszerale Resektionen unter Mitnahme betroffener Nachbarorgane (Magen, linke Niere, linke Nebenniere, Dickdarm). Eine Rekonstruktion ist bei einer alleinigen Pankreaslinksresektion nicht erforderlich. Das Pankreas wird an der Resektionslinie übernäht oder mit einer Klammernaht versorgt. Palliative Verfahren Operativ kommen zur palliativen Ableitung der gestauten Gallenwege oder bei einer Magenausgangsstenose die Hepatikojejuno­ stomie und/oder die Gastroenterostomie in Frage. In dieser Situation werden zunehmend endoskopische und radiologisch-interventionelle Methoden eingesetzt. Operatives Vorgehen Im Folgenden soll die operative Strategie exemplarisch an einer Whippleschen Operation bei einem Pankreaskopfkarzinom erläutert werden. Abb.7: Anastomose des Magens mit dem Jejunum mit der Fußpunktanastomose Abb. 6: Anlage der Pankreatikojejunostomie Nach einer queren Oberbauchlaparotomie wird das Abdomen zum Metastasen-Ausschluss (Leber, Bauchfell) gründlich exploriert. Dann wird das Duodenum mobilisiert. Die Bursa omentalis wird mittels Durchtrennung des Ligamentum gastrocolicum eröffnet. Es folgt die Darstellung des Truncus coeliacus mit der Arteria hepatica, die Dissektion des Ligamentum hepatoduodenale mit Darstellung der Arteria hepatica communis und ihrer Aufzweigungen sowie des Ductus choledochus, der Vena portae (Abb. 1) und schließlich die Freilegung der Pfortaderunterquerung des Pankreas (Abb. 2). Bei Tumorinfiltrationen zum Truncus oder zur Vena mesenterica superior müsste von einem irresektablen Tumor ausgegangen werden oder es werden gefäßrekonstruktive Maßnahmen erforderlich. Anschließend wird das Pankreas zwischen Kopf und Korpus untertunnelt. Es folgen die partielle Magenresektion (im konkreten Fall wegen einer Tumorinfiltration des Duodenums) (Abb. 3) und die Cholezystektomie. Nach der Durchtrennung des Ductus choledochus wird das Pankreas über der Pfortader durchtrennt. Schließlich wird der Pankreaskopf schrittweise von der Vena portae abgelöst und das distale Duodenum vom Jejunum abgetrennt. Dann wird das Resektat, bestehend aus Pankreaskopf, Duodenum und distalem Magen entnommen und im histologischen Schnellschnitt auf Tumorfreiheit der Resektionsränder untersucht. Es folgt die Rekonstruktion mit Anschluss des Restpankreas, des Gallenganges und des Magenrestes (Abb. 4). Erster Schritt der Wiederherstellung der Nahrungspassage ist die Pankreatikojejunostomie. Sie ist eine der kritischen Anastomosen der Viszeralchirurgie, die auch bei korrekter Anlage häufig mit Insuffizienzen und Pankreasfistel einhergeht und dann Quelle sekundärer Komplikationen wird. In der Cottbusser Klinik wird sie in der Modifikation nach Cattell-Warren hergestellt, d.h. der Pankreasgang wird mit dem Jejunum anastomosiert. Er wird zusätzlich mit einer dünnen Sonde (verlorene Drainage) geschient (Abb.5 und 6). Schließlich folgen die terminolaterale biliodigestive Anastomose und die Gastrojejunostomie mit Braunscher Fußpunktanastomose (Abb. 7). Zusammenfassung Resektionen am Pankreas sind komplexe Eingriffe. Sie sind nach wie vor der einzig kurative Ansatz zur Behandlung des Pankreaskarzinoms. Typ und Ausdehnung der Resektion richten sich nach der Lage des Tumors im Pankreas sowie nach einer eventuell vorhandenen Infiltration von Nachbarorganen. Sie umfassen standardgemäß eine systematische Lymphdissektion. Zur Verbesserung des Ergebnisses dient die adjuvante Chemotherapie. Literatur 1. Adler G et al. S3-Leitlinie „Exokrines Pankreaskarzinom“. Z Gastroenterol 2007; 45: 1–37. 2. Fitzmaurice C, Seiler CM, Büchler MW, Diener MK. Überleben, Mortalität und Lebensqualität nach pylorus-erhaltender oder klassischer WhippleOperation. Systematische Übersichtsarbeit mit Metaanalyse. Chirurg. 2010; 81(5):454-71. 3. Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland / Robert - Koch Institut: Krebs in Deutschland 2005 - 2006, Häufigkeiten und Trends: Bauchspeicheldrüse, 7. Auflage 2010; 40 - 43. 4. Werner J, Büchler MW. Pankreaskarzinom: ein Schritt vorwärts in der Behandlung. Dtsch Med Wochenschr. 2011 136:1807-10. Epub 2011 Aug 31. Autor: PD Dr. med. habil. Rainer Kube Chirurgische Klinik Carl-Thiem-Klinikum Cottbus gGmbH Telefon: +49 355 46 2327 E-Mail: [email protected] Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 19 ISOPP XIII KONGRESSBERICHT ISOPP XIII: The Thirteenth International Symposium on Oncology Pharmacy Practice Von Gisela Sprossmann-Günther und Thomas Schubert I n der Zeit vom 9. bis 11. Mai 2012 fand der in einem 2-Jahres-Rhythmus veranstaltete ISOPP-Kongress in Melbourne, Australien statt. 378 Teilnehmer aus 31 Ländern machten sich zum zweiten Mal in der ISOPP-Geschichte auf den Weg nach „Down Under“, um gemeinsam ihr pharmazeutisch-onkologisches Wissen auszutauschen. Was ist ISOPP? Bereits 1986 unternahm die aus Neuseeland stammende Apothekerin Helen McKinnon eine pharmazeutische Studienreise in die USA und nach England. Beeindruckt durch die Erlebnisse dieser Reise hatte sie eine Vision: Ein Treffen, ein Kongress, bei dem pharmazeutisch-onkologisch tätige Apotheker ihre persönlichen Erfahrungen auf internationaler Ebene austauschen, sollte Wirklichkeit werden. Ihre Vision ist – wie wir wissen auch mit Unterstützung von Klaus Meier und vielen anderen Mitstreitern in Deutschland - Wirklichkeit geworden. Die 1995 während des 4. Kongresses in Hamburg offiziell gegründete International Society of Oncology Pharmacy Pratitioners (ISOPP) hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Erfahrungsaustausch unter onkologisch tätigen Pharmazeuten auf der ganzen Welt zu fördern und zu ermöglichen. Der Tradition folgend, finden die ISOPP-Kongresse immer im Wechsel zwischen Australien, Asien, Europa und Amerika statt. Die Stärke der Gesellschaft zeigt sich darin, dass sich mehrere hundert registrierte Jahr Ort Land ISOPP 2012 Melbourne Australien XIII 2010 Prag Tschechische Republik XII 2008 Anaheim USA XI 2006 Turin Italien X 2004 Kuala Lumpur Malaysia IX 2002 Vancouver Kanada VIII 2000 Prag Tschechische Republik VII 1998 Washington DC USA VI 1997 Sidney Australien V 1995 Hamburg Deutschland IV 1993 Toronto Kanada III 1990 Exeter England II 1988 Rotorua Neuseeland I Teilnehmer aus den verschiedensten Ländern aller Kontinente an den ISOPP-Kongressen beteiligen. Durch Innovationen und insbesondere die aktive Beteiligung an der Umsetzung des gemeinsamen Zieles, krebskranken Menschen zu helfen, tragen ISOPP Mitglieder führend dazu bei, die Qualität in der Onkologie weltweit zu verbessern. In unserem Gespräch vor Ort mit der ISOPP-Gründerin Helen McKinnon ging es um bereits erreichte Ziele, um aktuelle Fragestellungen und um die Herausforderung, die Gesellschaft weiter wachsen zu lassen. Helen McKinnon fragte uns, ob uns die Gründe für die Stagnation der Teilnehmer- 20 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 zahl aus Deutschland bekannt sind. Leider wussten wir keine Antwort. Die Kongress-Highlights Lieferengpässe Johan Vandenbroucke, der scheidende ISOPPPräsident brachte es auf den Punkt [1]: Es scheint eine „never ending story” zu sein und zugleich auch ein weltweites Problem das alle Länder, alle Apotheken und somit alle Patienten betrifft: Lieferengpässe in alle Arzneimittelgruppen. Als aktuelle Beispiele der daraus resultierenden weltweiten Therapieengpässe seien hier Caelyx® und Alkeran® genannt. ISOPP XIII Diese Lieferengpässe haben vor allem zwei Effekte: Einerseits betrifft es die Patienten durch verspätete, unterbrochene oder nichtoptimale Behandlung, andererseits betrifft es Ärzte und Pharmazeuten durch logistische und finanzielle Schwierigkeiten sowie unter Umständen Fehler auslösende Momente. Apotheker in der Prävention von Krebserkrankungen leisten können. Dies betrifft in Deutschland vor allem die Kollegen im niedergelassenen Bereich. Hier besteht im Beratungsgespräch nicht nur die Gelegenheit, eine Hilfestellung bei der Rauchentwöhnung zu geben, sondern auch die Aufklärung über die Bedeutung von richtigem Sonnenschutz, die Beratung zur Impfprophylaxe gegen Cervixkarzinome und die Bedeutung der Aufklärung über Darmkrebsvorsorge. Laufen solche Beratungsgespräche gut ab, wird der Apotheker von den Patienten als spezieller Dienstleister im Bereich der Onkologie wahrgenommen und macht hierdurch einen großen Schritt in Richtung Patientenbindung. Die Gründe hierfür sind recht unterschiedlich und können nicht einer Firma in die Schuhe geschoben werden. Vielmehr ist es ein weltweites Problem mit politischen, finanziellen und strategischen Aspekten, u.a: zu viele Wettbewerber zu starke Konkurrenz zwischen den Wettbewerbern Globalisierung der Produkte Outsourcing von Teilschritten, die nicht aufgefangen werden höhere Nachfrage durch bessere Diagnosen finanzielle Krisen behördliche Entscheidungsverzögerungen nicht-ethisches Verhalten der Beteiligten Isolator vs. LAF-Werkbank Die Australierin Melvyn Davis berichtete über die (auch in Deutschland) aufkommende Frage, ob Isolatoren die Zukunft in der aseptischen Herstellung applikationsfertiger Zytostatikalösungen darstellen. Ihre Präsentation [3] zeigte erwartungsgemäß, dass alle Arbeitsschutzsysteme Vor- und Nachteile haben. Keines der vorhandenen Systeme ist perfekt, so dass jeder Anwender im Rahmen seines Aufgabenbereiches die individuelle Situation als ausschlaggebenden Faktor in seine Überlegungen einbeziehen muss. Zu wünschen wäre hier eine ideale Welt, gekennzeichnet von ethischem, verantwortungsbewusstem und kollegialem Verhalten jedes Einzelnen. Dazu müßten ausreichend Geld und ein vereinfachter Umgang mit den Behörden möglich sein. Realistisch erscheint es hingegen, wenn jeder mit kleinen Schritten bei sich selbst anfinge, um schließlich dem Patienten die bestmögliche Therapie zu ermöglichen. Roboterherstellung von Zytostatika – Pro und Contra Harbans Dillons aus Malaysia stellte die Arbeit mit Robotern vor [4]. Zytostatika zubereitende Apotheken haben heutzutage viele Herausforderungen zu meistern. Dazu gehören unter anderem: wenig Personal, zunehmende Patientenzahlen, komplexe- mas mann-Günther und Tho Abb. 1: Dr. Gisela Sproß Helen McKinnon Schubert im Gespräch mit Tumorvorsorge und Apotheker Jane Pruemer aus Cincinnati, USA [2], zeigte eindrücklich, welche Möglichkeiten re Therapieschemata sowie zahlreiche neue Substanzen. Gleichzeitig müssen Sicherheit und Effizienz der onkologischen Therapie gleichbleibend gewährleistet sein. Eine Herstellung durch Roboter kann hier Probleme lösen, allerdings auch neue schaffen. Einerseits kann mit wenig Personal „pausenlos“ eine qualitativ gute und sichere Herstellung von Zytostatikalösungen erfolgen. Andererseits können der Umgang und die Wartung der Software oder bspw. auch ein zerbrochenes Vial große Probleme für die kontinuierliche Zytostatika-Herstellung hervorrufen. Genau wie im voran gegangenen Vortrag ist hier eine individuelle Lösung gefragt. Aufgrund der hohen Investitionskosten sind solche Roboter sicherlich ausschließlich für große Hersteller geeignet. Denosumab Allein vier Vorträge des ISOPP XIII beschäftigten sich mit dem relativ neuen Arzneistoff Denosumab [5-8]. Die Autoren stellten Studienergebnisse von Denosumab in Abb. 2: „Marvellous Melbourne“ war eine der wichtigsten Städte der viktorianischen Ära Australiens. Das Gebiet, in dem heute mehr als 3,5 Millionen Menschen leben, wurd e 1802 entdeckt. Bereits 1834 kamen die ersten Siedler und spät estens nach ersten Goldfunden in der Mitte des 19. Jahrhunderts boom te Melbourne. Heute gilt die Stadt als Australiens erste Adresse für feinen Lebensstil, Intellekt und britisch-mondäne Lebensar t. Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 21 ISOPP XIII Zusammenhang mit Knochenmetastasenfreien Überleben bei Prostata- oder Brustkrebs vor [5,7], verglichen diese Therapie mit einer Zoledronattherapie [6] und zeigten Zusammenhänge mit der Hypercalcämie auf [8]. Die momentanen Studienergebnisse belegen hinsichtlich der Wirkung von Denosumab eine Verbesserung im Vergleich zur Zoledronsäure [7,8]. Zu beachten ist jedoch in diesem Zusammenhang, dass bisher zu Langzeitnebenwirkungen keine Erfahrungen vorliegen und der endgültige Nutzen für die Patienten abzuwarten bleibt. Therapieleitlinien In weiteren Vorträgen wurden Therapieleitlinien für das Prostatacarzinom [9], Besonderheiten in der Herstellung der verschiedenen Länder, wie z.B. Umgebungskontrollen [10] und pharmazeutisch-onkologische Fallbeispiele [12] vorgestellt. In der Poster- und Industrieausstellung war jederzeit ein kollegialer Austausch möglich. Diese Gelegenheiten wurden intensiv genutzt, da durch die lange Kongresstradition bereits viele persönliche Kontakte entstanden sind. ISOPP XIV Der nächste ISOPP-Kongress findet 2014 in Montreal, Kanada, statt. Wir möchten alle Leser der „Onkologischen Pharmazie“ zur persönlichen Teilnahme ermuntern. Literatur: 1 J. Vandenbroucke, Belgien. Strategies for managing Drug Shortages. ISOPP XIII, Melbourne, Australia May 2012. 2 J. Pruemer, USA. Pharmacists in outpatient supportive care teams in the USA. ISOPP XIII, Melbourne, Australia May 2012. 3 M. Davis, Australien. Isolators vs. Cytotoxic drug safety cabinets, ISOPP XIII, Melbourne, Australia May 2012. 4 H. Dhillon, Malaysia: Staffing, training and logistics required for running a centralised cancer drug preparation service. ISOPP XIII, Melbourne, Australia May 2012. 5 S. Wong et al; Australien und andere Länder. Denosumab and bone metastasi-free survival in men with castrate resistant prostate cancer: subgroup analyses from an international, doubleblind, randomised, phase 3 trial. ISOPP XIII, Melbourne, Australia May 2012. 6 A. Glennane, Australien und andere Länder. An integrated analysis of denosumab versus zoledronic acid (ZA) fort he prevention of sceletal-related events (SRes) in patients with bone metastastases (BMs) secondary to solid tumours. ISOPP XIII, Melbourne, Australia May 2012. 7 R. de Boer et al, Australien und andere Länder. A number needed to treat (NNT) analysis of the benefit of denosumab therapy among patients with breast cancer and bone metastases. ISOPP XIII, Melbourne, Australia May 2012. 8 A. Spencer et al, Australien und andere Länder. Effect of Denosumab treatment on prevention of hypercalcaemia of malignancy in cancer patients with metastatic bone disease. ISOPP XIII, Melbourne, Australia May 2012. 22 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 9. S. Stricker, USA. Metastatic Prostate cancer. ISOPP XIII, Melbourne, Australia May 2012. 10. W. Scripakdee. Evaluation of chemotherapy contamination in the workplace environment and health care workers in Thailand. A pilot study ISOPP XIII, Melbourne, Australia May 2012. 11. T. Bauters et al, Belgien: Eculizimab for treatment of paroxysmal nocturnal hemoglobinuria: A pediatric case. ISOPP XIII, Melbourne, Australia May 2012. 12. AS.Cuan et al. Acute promyelocytic leucemia during pregnancy - report of 2 cases. ISOPP XIII, Melbourne, Australia May 2012 Autoren: Dr. Gisela Sproßmann-Günther, Evangelisches Waldkrankenhaus Berlin Thomas Schubert, Mönchengladbach Der neue Zytostatika-Isolator Lebender Kolumnentitel Umbau überflüssig Sparen Sie den Umbau Ihres Zytostatika-Labors – mit dem neuen I-[MaxPro]³ arbeiten Sie sicher in der Reinraumklasse „D“ nach GMP. • Bewährte Basis: TÜV-geprüfte BERNER FlowSafe® Sicherheitswerkbank nach DIN 12980.* • Innovatives Handschuhwechselsystem mit geprüfter & zertifizierter PSA • Leichtes Reinigen dank fugenarmer Ausführung • Verlassen Sie sich auf innovative BFS® Technik: Perfekte Ergonomie, maximaler Personenschutz, kontaminationsarmer Filterwechsel dank patentiertem System u.v.m. Berner International – wir helfen Ihnen sicher wirtschaflich zu arbeiten. als Auch ür BFS® f stsatz rkbänke ü r h c Na we rheits Siche rhältlich e Vetta/quavondo/Getty Images * Zytostatika-Isolator zur TÜV-Prüfung angemeldet. Der Link für Ihr Smartphone Telefon + 49(0) 41 21/43 56-0 www.berner-international.de Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 23 Lebender Kolumnentitel Blick in den Vortragssaal VZA-Symposium „Fachapotheke für orale Chemotherapie“ A m 30. Juni 2012 fand in Münster ein Symposium zum Thema „Fachapotheke für orale Chemotherapie“ des Verbandes der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker e.V. (VZA) statt. Besonderheiten einer oralen Zytostatikatherapie in ihrem Referat „Wie beratungsintensiv sind orale Tumortherapien?“ Jürgen Barth, Apotheker in der StiLStudienzentrale im Universitätsklinikum, Giessen, eröffnete die Reihe der Referate mit dem Thema „Stellenwert der oralen Anti-Tumortherapie im Jahr 2012: alles im Griff oder ungeahnte Schwierigkeiten“. Etliche Zytostatika aus unterschiedlichen Klassen sind schon viele Jahre als orale Zytostatika im Handel. Neu hinzugekommen ist eine große Zahl an small molecular kinase inhibitors (smKI) und sie wächst ständig. Ca. 60 parenteral anzuwendenden Zytostatika steht zurzeit eine Zahl von ca. 40 ‚ZytOralia‘ gegenüber. Ihre Einsatzgebiete sind diverse Tumorentitäten wie Leukämien, das multiple Myelom, Mamma-, Prostata- und Lungenkarzinome oder das Melanom. Die Oralia verfügen über eine geringe therapeutische Breite. Die oft nötigen unregelmäßigen Einnahmen mit Therapiepausen und verschiedenen Dosierungen über den Tag verteilt (z.B. Xeloda®), das Interaktionspotential mit der Komedikation und Nahrungsmitteln kommen hinzu. Der Einnahmezeitpunkt ist wichtig, der Patient muss eine hohe Eigenverantwortung übernehmen. Die Beratung muss genaues Nachfragen (Wann? Wie oft? Wie stark?) sowie alle vorbeugenden Maßnahmen und notwendigen Konsequenzen umfassen. Etliche Oldtimer haben ihren Platz in der Palliation, während z.B. Capecitabin, Vinorelbin oral zur Behandlung beim Mamma-CA dienen. Die Aufgabe der smKI als NME (New Molecular Entity) ist der selektive Angriff auf molekulare Treiber (z.B. EGF-R- Mutanten, RAF). Der Stellenwert der ZytOralia ist somit groß, gleichwohl sind noch Fragen zu Einnahmezeitpunkt, Nebenwirkungen oder Interaktionen offen. Konsequenz: es sind die beratungsintensivsten Arzneimittel, die wir haben. Frau Apothekerin Kerstin Bornemann aus Göttingen berichtete über die vielfältigen 24 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 Um eine gute Betreuung des Patienten zu gewährleisten, benötigt man ein kompetentes Beratungsteam. Das Team muss den Patienten kennen. Welche Ressourcen und VZA-Symposium Erwartungen bringt der Patient mit? Was weiß er über seine Erkrankung, seine Therapie und die Prognose? Welche Erfahrungen hat er mit der Einnahme von Tabletten (Tablettengröße, Einnahmeverhalten)? Mit guter Beratungsleistung ist eine höhere Zufriedenheit des Patienten und damit eine bessere Krankheitsbewältigung möglich. „Auch das noch! Koordination von oraler Anti-Tumortherapie und (oralen) Begleittherapien“ Herr Klaus Meier, Präsident der DGOP, widmete sein Referat diesem schwierigen Thema. Zu den alterstypischen Komorbiditäten gehören kardiovasculäre Erkrankungen, Hypertonie, Diabetes mellitus, chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen, Gelenkerkrankungen und Rheuma. Die hier eingesetzten Herz-Kreislaufmittel, Lipidsenker, Phytopharmaka, Antidiabetika und Schilddrüsenhormonen können mit Zytostatika interagieren. 6-Mercaptopurin und das Immunsupressivum Azathioprin vertragen sich nicht mit Allopurinol und 5-Aminosalicylsäure-Derivaten. Eine Kombination von Azathioprin und Allopurinol kann zu einer lebensbedrohlichen Neutropenie führen! Die Abbauwege des Irinotecans werden durch die Inhaltsstoffe des Zigarettenrauches und/ oder und die Wirkstoffe des Johanniskrautes beeinflusst. Zu klinisch relevanten hypertensiven Krisen kommt es, wenn Procarbazin mit tyraminreichen Nahrungsmitteln, wie Käse, eingelegtem Hering, Hefeextrakten eingenommen wird. Fluoropyrimidine dürfen niemals mit Brivudin (Zostex®) kombiniert werden. Die Hautpflege unter Anti-EGRF- Therapie mit Cetuximab, Panitumumab, Erlotinib und Gefitinib ist wegen der akne-ähnlichen Ausschläge wichtig. Als prophylaktische Maßnahmen sind folgende Mittel in der Diskussion: Clindamycin 1% Gel, Benzoylperoxid 5% Gel, Minocyclin 2x 200mg/d und bei trockener Haut Eucerin c. aqua. Ein Stufenschema zur Hautpflege, das die Frühphase, Folge- und Spätphase berücksichtigt, wurde ebenso vorgestellt. Jürgen Barth erläuterte im nächsten Referat die „Bedeutung und Auswirkung von Compliance und Adhärenz“. Gibt es einen Unterschied zwischen Compliance und Adhärenz? Unter Compliance versteht man das Ausmaß in welchem ein Patient medizinische Instruktionen befolgt. Therapieerfolg ist nur bei genauer und kritikloser Einhaltung der Therapievorgaben gewährleistet unter Missachtung individueller Probleme und Möglichkeiten des Patienten. Fazit: die Verantwortung für einen Therapieerfolg oder Therapieversagen liegt einseitig beim Patienten. Adhärenz hingegen berücksichtigt die individuellen Bedürfnisse des Patienten. Der Behandlungsplan wird mit dem Therapeuten vereinbart. Adhärenz ist das Ausmaß, in dem das Verhalten einer Person, wie z.B. die auch durch High-Tech-Service. Ein Patentrezept gibt es nicht. Es wird immer Patienten geben, die trotz aller Bemühungen für eine orale Therapie ungeeignet sind. Dr. Henning Pelz, niedergelassener Onkologe aus Münster, stellte die „Multiprofessionelle Betreuung von Patienten mit oralen AntiTumortherapien“ aus Sicht des Arztes dar. Um den Patienten kümmern sich viele: die Familie und der Pflegedienst, der Hausarzt, der Facharzt und die Apotheke. Entscheidend an der gemeinsamen Betreuung ist die Kommunikation unter einander. Herr Dr. Pelz machte an einem Beispiel deutlich, wie eine konkrete Zusammenarbeit zwischen Arzt, Haus-und Facharzt, und Apotheke aussehen kann. Bei einer multimorbiden 83-jährige Patientin sollte die CML mit Hydroxycarbamid zur Zytoreduktion, Allopurinol zur Hyperurikämieprophylaxe bei zu Die Referenten Jürgen Barth und Kerstin Bornemann bei letzten Abstimmungen mit Max Eberwein. Medikamenteneinnahme mit den vereinbarten Empfehlungen übereinstimmt. Faktoren, die die Adhärenz beeinflussen, können sein Schluckbeschwerden – die Tablette ist zu groß und schmeckt schlecht!, die auftretende Übelkeit, ein ständiges Unwohlsein. Die Verminderung der Lebensqualität führt zur Inadhärenz oder zum Therapieabbruch, auch wenn es sich um eine schwerwiegende Grunderkrankung handelt. Die Zahlen belegen die Folgen einer Non-Adhärenz; die Wahrscheinlichkeit eines guten molekularen Ansprechens unter Imatinibtherapie bei einer CML betrug bei Patienten mit einer Adhärenzrate von>90% 93,7%, bei einer Adhärenzrate < 90% nur noch 13,9%. Wie kann die Adhärenz erhöht werden? Durch Patientenaufklärung, Kontrolle, Steuerung und Motivation, pharmazeutische Betreuung aus der Ferne oder zu Hause oder erwartendem Zellzerfall und Metoclopramid als Bedarfsmedikation behandelt werden. Zunächst mussten durch die Fachapotheke mögliche Interaktionen mit der aktuellen, sehr umfangreichen Medikationsliste ausgeschlossen werden. Es folgte in Zusammenarbeit mit Patient und Hausarzt die Therapieplanung. Auch die Frage, was wird tatsächlich noch eingenommen, muss im persönlichen Patientengespräch geklärt werden. Auch muss die Frage nach Rauchgewohnheiten, Alkoholgenuss, Nahrungsergängzungsmittel (NEM) beantwortet werden. Am Ende aller Maßnahmen steht die Information an den Pflegedienst. Es ist wichtig, zwischen sachlicher, professioneller Beratung und einer Patientenindividuellen Betreuung zu unterscheiden. Hoher Sachverstand und die Fähigkeit, sich mit großem Einfühlungsvermögen auf einen Patienten einzustellen, gehören zusammen. Nach dem Protokoll von Irmgard Winkelhaus, Hohenzollern-Apotheke, Münster, bearbeitet von Gabi Gentschew. Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 25 11. NZW-Süd in Ravensburg Mammakarzinom: Update 2012 Prof. Dr. Kurt Possinger, Berlin Mammakarzinome Epidemiologie Primäre Prävention Körperliche Aktivität und Mortalität Die Inzidenz des Mammakarzinoms ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen, u.a. aufgrund des mittlerweile etablierten MammografieScreenings und der steigenden Lebenserwartung. Es wird in diesem Jahr mit etwa 74.500 neuen Fällen von infiltrierenden Mammakarzinomen gerechnet. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 63 Jahren. Etwa 18.000 Frauen versterben pro Jahr am Brustkrebs. Die brustkrebsspezifische 5-Jahres-Überlebensrate liegt gegenwärtig bei etwa 86%. Prävention Körperliche Aktivität gilt mittlerweile als eine der wirksamsten Präventionsmaßnahmen. Die Gesamtmortalität kann abhängig von Intensität und Dauer der Bewegung in einer Größenordnung von 15-35% gesenkt werden (eine der ersten prospektiven Studien, Abb. 1). Die Brustkrebsmortalität wird durch ca. 2,5 Stunden Sport von mäßiger Intensität pro Woche (Radfahren, Walken) um 25-30% gesenkt (Abb.2). Enterolactone in Lebensmitteln haben möglicherweise ebenfalls einen sowohl primär als auch sekundär präventiven Effekt. Reich an Enterolactonen sind Leinsamen, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, aber auch Rotwein. Der Serum-Enterolactonspiegel korreliert positiv mit dem Gesamtüberleben postmenopausaler Mammakarzinompatientinnen (Abb. 3). Primärpräventive Effekte von ASS (Acetylsalicylsäure) sind plausibel, jedoch gibt es hier noch erhebliche Unklarheiten bezüglich Dosierung und Nutzen-Risiko-Bewertung (gastrointestinale Blutungen), sodass eine regelmäßige Einnahme von niedrig dosiertem ASS bislang nicht empfohlen werden kann. Früherkennung In Deutschland kommen etwa 10 Millionen Frauen für ein Mammografie-Screening Med. Programm in Taiwan: 199.265 Männer + 216.910 Frauen Wen Lancet 2011; 378: 1244–53 Abb. 1 3 MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN Mamma Ca Primäre Prävention Körperliche Aktivität und Mortalität United States Department of Health and Human Services 2008: Physical Activity Guidelines 2,5h mäßige körperliche Aktivität / Woche Reduktion der Brustkrebsmortalität: 27% ; Reduktion der Gesamtmortalität: 40% Abb. 2 Beasley Breast Cancer Res Treat (2012) 131:637–643 MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM in Frage. Bisher nehmen jedoch nur rund 55% der anspruchsberechtigten Frauen zwischen 50 und 69 Jahren das Screening wahr. Zwar werden durch Früherkennungsuntersuchungen mehr T1-Tumoren entdeckt als 26 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN bisher, die absolute Zahl größerer Tumoren hat jedoch nicht abgenommen, wie mehrere Studien weltweit zeigen (Abb. 4; die senkrechten gestrichelten Linien bezeichnen den Zeitpunkt der Einführung eines flächende- 11. NZW-Süd in Ravensburg Mamma Ca ckenden Screenings). Hinzu kommt, dass eine Mortalitätsabnahme an Brustkrebs um 20-30% auch in Ländern beobachtet wird, die keine Screening-Programme aufgelegt haben. Auffällig ist auch, dass per Screening entdeckte T1 Tumoren im Vergleich zu symptomatischen Intervalltumoren häufig eine prognostisch günstigere Tumorbiologie haben. Insgesamt ist noch nicht eindeutig zu beurteilen, ob ein Screening, auch angesichts der Problematik falsch-positiver Befunde, unter dem Aspekt einer hierdurch erreichten Mortalitätsminderung uneingeschränkt befürwortet werden kann. Neoadjuvante Therapie In Kürze wird für die (neo)adjuvante Therapie HER2-positiver Tumoren Trastuzumab für die subkutane Applikation zur Verfügung stehen. Die Zulassungsstudie zeigte eine mit der intravenösen Applikation vergleichbare Wirkung (Abb. 5), ein gewisses Problem sind allerdings lokale Infekte an der Injektionsstelle. Zu erwarten ist die europaweite Zulassung von Pertuzumab für die neoadjuante Therapie. Die Zugabe von Pertuzumab zu einer Kombination von Docetaxel und Trastuzumab konnte insbesondere bei homronrezeptornegativen HER2-positiven Tumoren das Ansprechen eklatant erhöhen (Abb. 6). Die Kardiotoxizität nimmt durch die Kombination von Trastuzumab und Pertuzumab nicht auffällig zu. Serum‐Enterolacton und Prognose bei postmenopauslen Patientinnen (n=1.140) mit Brustkrebs (follow‐up 6 Jahre) Abb. 3 Buck J Clin Oncol 29:3730-3738. © 2011 Mamma Ca Sekundäre Prävention MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM Brustkrebs‐Screening: Inzidenz von ≥ pT2+ und fortgeschrittenen Karzinomen Abb. 4 Autier Annals of Oncology 22:1726-1735 (2011) MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM Der neoadjuvante Einsatz von Bevacizumab ist nach wie vor umstritten. Zwar konnte in zwei großen Studien (GeparQuinto und NSABP B40) ein signifikanter Behandlungsvorteil hinsichtlich der pCR-Quoten gefunden werden, doch waren diese Behandlungserfolge in der deutschen Studie vorwiegend bei Patientinnen mit hormonrezeptornegativen und in der amerikanischen Studie bei Patientinnen mit hormonrezeptorpositiven Tumoren aufgetreten. 7 UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN Mamma Ca: (neo)adjuvante Situation, HER2+ Trastuzumab 600mg sc vs 8mg/kg 6mg/kg iv (HannaH‐Studie) Subcutane vs intravenöse Herceptin‐Gabe: Effektivität Adjuvante Therapie Mit dem Vorliegen der 10-Jahresdaten der EBCTCG-Studie kann von einer absoluten Mortalitätsminderung von etwa 12% durch eine adjuvante Chemotherapie Abb. 5 Ismael Lancet Oncol 2012 MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM 25 UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 27 11. NZW-Süd in Ravensburg Mamma Ca: Neoadjuvante Situation, HER2+ (Anthrazyklin+Taxan) ausgegangen werden. Bei hormonsensitiven Tumoren beträgt die absolute Reduktion der Mortalität durch eine adjuvante Tamoxifentherapie nach 15 Jahren knapp 10% (Abb. 7). Docetaxel + T oder P oder TP oder TP allein (Neosphere ‐ Studie) pCR-Raten pCR-Raten und Rezeptorstatus Bezüglich des Vergleichs Aromatasehemmer vs. Tamoxifen liegen jetzt erstmals signifikante Daten zum Gesamtüberleben vor (Regan Lancet Oncol 2011; 12: 1101–08). Hier erweist sich Letrozol weiterhin als überlegen gegenüber Tamoxifen. Bisphosphonate sind nach wie vor nicht mit der Indikation «adjuvante Therapie beim Mammakarzinom» zugelassen. Ein Überlebensvorteil unter Bisphosphonattherapie ergibt sich möglicherweise bei Frauen >60 Jahre und bei prämenopausalen Frauen mit medikamentös bedingter postmenopausaler Situation. Abb. 6 Gianni Lancet Oncol 2012; 13: 25–32 MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN Mamma Ca: Adjuvante Situation Antihormonelle Therapie: Tamoxifen Brustkrebsmortalität: 15 Jahre follow‐up Metastasierte Situation Ein neues Therapieprinzip stell Trastuzumab-DM1 dar (Abb. 8). Ein an das Trastuzumab angehängtes Vinca-Alkaloid wird mit der Internalisierung des Rezeptors in die Zelle eingeschleust. Hiermit kann bei intensiv vorbehandelten Patientinnen immer noch ein Ansprechen von 34,5% erzielt werden (Abb. 9). Das entspricht in etwa dem Effekt von Trastuzumab+Docetaxel, jedoch ist T-DM1 deutlich weniger toxisch. Auch im Vergleich zu Capecitabin+Lapatinib schnitt T-DM1 deutlich besser ab (Emilia Studie, Abb. 10). Die Zulassung in Europa wird für 2013 erwartet. ∆ 9,2% Abb. 7 EBCTCG Lancet 2011; 378: 771–84 MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM Mamma Ca: HER2+ 12 UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN Trastuzumab-DM-1 (T-DM1) Gerade bei den prognostisch ungünstigen HER2-positiven Tumoren lassen sich durch Kombinationen von anti-HER2-Medikamenten signifikante Verbesserungen erreichen. In drei großen randomisierten Studien (Neo-ALTTO, NSABP B41, CHERLOB) konnte belegt werden, dass die Kombination von Trastuzumab und Lapatinib zusätzlich zur Chemotherapie signifikant bessere Ergebnisse erbringt als eine zusätzliche antiHER2-Monotherapie. Der hohen therapeutischen Wirksamkeit stehen allerdings die insbesondere durch Lapatinib erhöhten Nebenwirkungen (Diarrhoe, Hautrush etc.) gegenüber. Abb. 8 1519803/11 28 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 Krop J Clin Oncol 28 (2010) MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN 11. NZW-Süd in Ravensburg Mamma Ca Hier könnte in naher Zukunft die neue anti-HER2-Substanz Pertuzumab Vorteile erbringen. In der metastasierten Erkrankungssituation konnte die Kombination von Trastuzumab und Pertuzumab überzeugen (Abb. 11). Nachdem die FDA die kombinierte Gabe von Trastuzumab und Pertuzumab (Perjeta®) bereits im Juni dieses Jahres zugelassen hat, ist mit der Zulassung in der EU in den nächsten Monaten zu rechnen. FAZIT: Dank der frühen Entdeckung der meisten Mammakarzinome liegt das 5-Jahresüberleben mittlerweile bei 86%. Besonders viel Entwicklung gibt es zurzeit bei neuen Kombinationstherapien zur Lebensverlängerung in der metastasierten Situation. Der steigenden Inzidenz von Brustkrebserkrankungen könnte durch Propagierung präventiv wirksamer Verhaltensweisen, insbesondere körperlicher Bewegung, begegnet werden. T‐DM1 nach Anthrazyklinen, Taxanen, Capecitabin, Trastuzumab und Lapatinib T-DM1: 3,6mg alle 3 Wo. n=110 Pat; Effektivität: Abb. 9 Krob JCO 30 (2012) Mamma Ca: Metastasierte Situation, HER2+ MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN T‐DM1 vs. Capecitabin + Lapatinib Effektivität T‐DM1 ORR Blackwell ASCO 2012 LBA1 MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM Abb. 10 UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN Mamma Ca: Metastasierte Situation, Her2+ Docetaxel + Trastuzumab ± Pertuzumab (Cleopatra‐Studie) Mamma Ca: Metastasierte Situation, Her2+ Docetaxel + Trastuzumab ± Pertuzumab (Cleopatra‐Studie) "Perjeta" "Perjeta" Abb. 11 Baselga N Eng J Med 2012; 366:109-19 34 MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN Baselga N Eng J Med 2012; 366:109-19 34 Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 29 11. NZW-Süd in Ravensburg Entfernung der Achsellymphknoten beim frühen Mammakarzinom: notwendig oder nicht? Prof. Dr. Wolfgang Janni, Düsseldorf In der chirurgischen Therapie des Mammakarzinoms ist seit Jahren ein Trend zu einem weniger radikalen, schonenderen Vorgehen zu beobachten. Dies gilt nicht nur für die Entfernung des Primärtumors, die heute bei kleinen Tumoren überwiegend brusterhaltend erfolgt. Auch die Entfernung der Achsellymphknoten wird heute zurückhaltend gehandhabt, da das in ca. 10-15% der Fälle entstehende Lymphödem des Armes eine große Belastung für die Patientinnen darstellt. Universitätsklinikum Düsseldorf Während unstrittig ist, dass bei nicht befallenem Sentinellymphknoten (oder Mikrometastasierung <0,2 mm) die Entfernung weiterer Lymphknoten aus der Achsel unnötig ist, gibt es aufgrund neuer Studienergebnisse Diskussionsbedarf über das Vorgehen bei positivem Befund im Sentinellymphknoten. Bisher galt, dass bei positivem Sentinellymphknoten eine Ausräumung der Axilla Abb. 1 Universitätsklinikum erfolgte, da dann in 40% der Fälle weitere Düsseldorf positive Lymphknotenbefunde zu erwarten sind. Doch eine im Jahr 2011 von Giuliani et al. veröffentlichte Studie zeigte (nicht zum ersten Mal), dass die Entfernung der Achsellymphknoten bei positivem Sentinellymphknoten keinen Vorteil bezüglich des Überlebens bringt (Tab.; ALND=Entfernung der axillären Lymphknoten; SLND=lediglich Entfernung des Sentinellymphknotens). Auch lokoregionäre Rezidive in der Axilla waren nicht häufiger, wenn auf die Ausräumung der Axilla verzichtet wurde. Universitätsklinikum Düsseldorf Z 011 Guliano et al.: Jama 2011 & Ann Oncol 2010: Outcome Outcome % ALND (n = 420) SLND (n = 436) DFS 82.2 83.9 OS 91.8 92.5 Tab.: Outcome [nach Guliano et al. Jama 2011 Vol 305, No.6, 569] Abb. 2 30 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 11. NZW-Süd in Ravensburg Die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO)/Mamma empfiehlt aufgrund der aktuellen Datenlage zurzeit das folgende Vorgehen bei positivem Sentinellymphknoten (Abb. 1): Bei kleinem Primärtumor, brusterhaltender Operation, keinem klinischen Anhalt für befallene Lymphknoten (bzw. lediglich Mikrometastasierung oder weniger als drei befallenen Lymphknoten in der Sentinelbiopsie) und bei adäquater adjuvanter Systemtherapie kann auf die Axilladissektion verzichtet werden. Eine alternative Strahlenbehandlung der Axilla ist nicht evidenzbasiert. Im Sinne einer individualisierten Therapie gibt es dennoch Situationen, in denen die Axilladissektion Sinn macht – nicht zuletzt, weil die Giuliani-Studie einige methodische Schwächen aufweist. Ohne Gewinnung weiterer Lymphknoten ist es schwieriger, die Prognose einer Patientin (und damit die Notwendigkeit einer adjuvanten Systemtherapie) abzuschätzen, denn die Prognose korreliert mit der Zahl der befallenen Lymphknoten (Abb. 2). Daraus ergibt sich, dass der Benefit einer adjuvanten Therapie unmittelbar mit der Zahl der befallenen Lymphknoten zusammenhängt (Abb. 3-5; basierend auf dem interaktiven Prognosetool www.adjuvantonline.com). FAZIT: Unter Berücksichtigung bestimmter Kriterien kann heute auch bei positivem Befund im Sentinellymphknoten auf eine Entfernung der Lymphknoten in der Achselhöhle verzichtet werden, da sie keine Vorteile hinsichtlich des Überlebens oder der Lokalrezidivrate bietet. Allerdings erschwert die Unkenntnis des Lymphknotenstatus in der Achselhöhle das Staging und damit eine fundierte Entscheidung für oder gegen eine adjuvante Systemtherapie. Universitätsklinikum Düsseldorf Zusätzlicher Chemotherapiebenefit: 4,9% Abb. 3 Universitätsklinikum Düsseldorf Zusätzlicher Chemotherapiebenefit: 9,5% Abb. 4 Universitätsklinikum Düsseldorf Zusätzlicher Chemotherapiebenefit: 15,5% Abb. 5 Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 31 11. NZW-Süd in Ravensburg Innovative Therapieoptionen bei Myeloproliferativen Neoplasien Prof. Dr. Konstanze Döhner, Ulm Zu den Myeloproliferativen Erkrankungen gehören die Polyzythämia vera (PV), die Essentielle Thrombozythämie (ET) und die Primäre Myelofibrose (PMF). Essentielle Thrombozythämie und Polyzythämia vera können in eine Myelofibrose übergehen; diese birgt das größte Risiko einer Entartung zur Akuten Myeloischen Leukämie (AML). Eine Gegenüberstellung der drei Krankheitsbilder hinsichtlich Symptomatik, Verlauf und Prognose zeigt Abb. 1. Bisher „etablierte“ Therapien (ASS, Hydroxyurea, Anagrelid, Interferon-α) sind für diese Indikationen eigentlich nicht zugelassen. Mit der Identifizierung der JAK2 V617F Mutation bei der Essentiellen Thrombozythämie, der Polyzythämia Vera und der Myelofibrose konnten jedoch neue und wichtige Einblicke in die Pathogenese myeloproliferativer Neoplasien (MPN) gewonnen werden. Basierend auf diesen Erkenntnissen wurden eine Reihe neuer Substanzen entwickelt oder bereits bekannte Substanzen weiter modifiziert, die derzeit in klinischen Studien bei Patienten mit MPN evaluiert werden. Es handelt sich um Immunmodulatorische Substanzen (IMiDe), JAK-Inhibitoren, mTOR- und HiDAC-Inhibitoren (Histon-Deacetylase-Inhibitoren). Jedoch liegen auch für Interferon-α mittlerweile Langzeitdaten vor, die mit einer kompletten molekularen Remissionsrate von 28% sehr gute Ergebnisse zeigen (Abb. 2), allerdings um den Preis beträchtlicher unerwünschter Wirkungen. Klinik der chronisch Myeloproliferativen Neoplasien (MPN) Essentielle Thrombozythämie Polyzythämia Vera 50.-60. LJ 50.-60 LJ 50.-70. LJ m=f f>m • Thrombembolien • Thrombembolien • Perfusionsstörungen • Blutungen • Mikrozirkulationsstörungen 10-Jahres-Risiko für Post-ET-MF < 4% 10-Jahres-Risiko für Post-PV-MF 10% (selten) AML AML Lebenserwartung: fast normal Median 12 Jahre m>f • Thrombembolien • Schwäche • Infektanfälligkeit Hepatosplenomegalie Portale Hypertension 10-Jahres-Risiko für Transformation in AML 4-24% Median 5 Jahre Abb. 1 Polyzythämia Vera: Interferon (IFN-)Therapie PEG-IFN-2a (Pegasys): Langzeitdaten der Phase II-Studie Abbruch wegen UAW (23%) PV (n=34) Pegasys 90 µg/Woche 6,4 Jahre (medianes FU) JAK-Inhibitoren Die meisten klinischen Daten liegen derzeit zu den JAK Inhibitoren, sog. „ATP mimetics” vor, zu denen erste sehr viel verspre- Primäre Myelofibrose CHR 82% CMR 28% Abb. 2 Turlure et al., ASH 2011, Abstract #280 32 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 Therapiepause in CHR (29%) Therapiefortführung 11. NZW-Süd in Ravensburg chende Ergebnisse aus Phase-III Studien publiziert wurden (Abb. 3). Ruxolitinib wurde im August 2012 in Europa zugelassen; es zeigt bezüglich des Parameters „Reduzierung des Milzvolumens um >35% im Vergleich zu „best available treatment“ eine gute Wirkung (Abb. 4), die auch bei JAK2negativen Erkrankungen zu beobachten ist. Relativ problematisch ist das häufige Auftreten einer Grad 3/4 Anämie, die jedoch durch Dosisreduktion/Dosisanpassung gut steuerbar ist. Unter Ruxolitinib kam es zu einer Verbesserung der Lebensqualität durch die Abnahme subjektiver Symptome wie Schlaf- und Appetitlosigkeit, Schmerzen oder Fatigue. Immunmodulatorische Substanzen (IMiDs) Die Imide haben mehrere verschiedene Wirkmechanismen (Abb. 5). Pomalidomid ist weniger neuro- und hämatotoxisch als Thalidomid und Lenalidomid und hat sich als sehr aktive Substanz in Phase-II Studien erwiesen (Abb. 6), hier insbesondere in der Verbesserung der Anämie. Es kann bis zum Ansprechen bis zu 6 Monate dauern; im Rahmen der MPNSG01-09 Studie der deutschen MPN Studiengruppe musste die initiale Dosis von 2mg/Tag relativ häufig wegen unerwünschter Wirkungen reduziert werden. Laufende Studien sollen zeigen, ob Immunmodulatorische Substanzen (IMiDs) Thalidomid Lenalidomid Pomalidomid • T-cell / NK-cell activation IL-2, IFN- • Anti-angiogenetic VEGF, bFGF • Anti-proliferative / pro-apoptotic TNF, IL-1, IL-6 • Anti-adhesive ICAM-1, VCAM-1, E-Selectin Sedation, Neuropathie Myelosuppression ??? Abb. 3 MPNSG 01-09: Kumulatives Ansprechen Kohorte 1, n=38 % Complete / partial response (IWG-MRT) 0 Clinical improvement (CI) according IWG-MRT 9/38 - CI-anemia (minimum of 2 g/dl increase in hemoglobin) - Platelet-transfusion independence (platelet-TI) - CI-platelets (minimum 100% increase in platelet count) Clinical improvement including erythrocyte-TI Zeit bis zum Ansprechen Pomalidomid Dosisreduktion 24% 3 1 6 12/38 32% 4.82 Monate (range 0.69-8.74) 5/12 (42%) Abb. 4 Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 33 11. NZW-Süd in Ravensburg JAK-Inhibitoren bei Myelofibrose: Phase I-III Studien ein vergleichbares Ansprechen auch mit einer reduzierten Dosis von 0.5mg/Tag zu erzielen ist. Weitere Kinaseinhibitoren Histon Deacetylase (HiDAC) Inhibitoren und Inhibitoren des mTOR Signalweges kommen im Rahmen klinischer Studien zum Einsatz. Aufgrund ihrer unterschiedlichen, teils synergistischen Wirkmechanismen sind auch erste Kombinationstherapien in Planung, durch die man sich eine weitere Verbesserung des Ansprechens erhofft (z.B. POMINC Studie, Pomalidomid+Ruxolitinib). CEP-701 TG101348 SAR302503 Ruxolitinib CYT387 TG101348 INC424 Target(s) JAK1/JAK2 JAK1, JAK2, JAK3, FLT3 JAK1, JAK2 Study phase I II-III III ...weitere JAK Inhibitoren in Prüfung/ Entwicklung: CEP-701, SB1518, XL019, AZD1480, LY278544 etc. Abb. 5 Milzvolumen (MRT oder CT)1 Ruxolitinib BL, Baseline; SEM, mittlerer Standardfehler. Abb. 6 34 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 Mittlere (SEM) Änderung gegenüber Baseline (%) COMFORT-II Studie: Dauerhafte Reduktion des Milzvolumens und der Milzlänge Mittlere (SEM) Änderung gegenüber Baseline (%) FAZIT: Durch die Identifizierung der JAK2V617F Mutation gelangen essentielle Einblicke in die Pathogenese der Myeloproliferativen Erkrankungen. Derzeit sind zwei Substanzgruppen in klinischer Prüfung/Anwendung: IMiDe (Anämie) und JAK-Inhibitoren (Splenomegalie, konstitutionelle Symptome). Weitere zielgerichtete Substanzen sind in Entwicklung (mTOR- und HiDAC-Inhibitoren). Therapiebedarf besteht vor allem für Patienten mit Myelofibrose. INCB018424 Tastbare Milzlänge BAT Harrison C, et al. NEJM, 2012;366:787-798. 11. NZW-Süd in Ravensburg Hepatozelluläres Karzinom und Cholangio­ zelluläres Karzinom: Medikamentöse Therapie Prof. Dr. Günther J. Wiedemann, Ravensburg Hepatozelluläres Karzinom (HCC) Die Inzidenz Hepatozellulärer Karzinome nimmt zu, gleichzeitig steigt die 5-JahresÜberlebensrate, die allerdings mit rund 12% (über alle Stadien) nach wie vor gering ist (Abb. 1). Ein kurativer Therapieansatz kann beim Hepatozellulären Karzinom nur mithilfe der Chirurgie verfolgt werden. Nachgeordnete Therapieverfahren sind Radiofrequenz-Ablation, Strahlentherapie, transarterielle Chemoembolisation und zytotoxische Therapien. Seit kurzem steht mit Sorafenib auch eine gezielte medikamentöse Behandlung in der palliativen Situation zur Verfügung. Die medikamentöse Therapie der vorwiegend älteren Patienten ist wegen der häufig beeinträchtigten Leberfunktion (die meisten Patienten mit einem hepatozellulären Karzinom haben eine Leberzirrhose) eine pharmakologische und internistische Herausforderung. Der Einsatz zahlreicher Chemotherapeutika ist bei eingeschränkter Leberfunktion kritisch zu sehen oder kontraindiziert (Abb. 2). Nicht selten nehmen die Patienten auch zusätzlich „alternative“ bzw. Phytotherapeutika ein (Abb. 3), die zu unerwarteten Wechselwirkungen und weiterer Belastung der Leber führen. Hinzu kommt die Limitation der Lebenserwartung durch die Leberzirrhose selbst (1-Jahresüberleben bei fortgeschrittener Leberzirrhose -Stadium CHILD C45%), was den Einsatz belastender Therapien gegen das HCC auch zu einem ethischen Dilemma macht – zumal hiermit lediglich Lebensverlängerungen von Wochen bis Monaten zu erzielen sind (Abb. 4). Beim HCC im fortgeschrittenen Stadium ist die Sorafenib-Therapie zugelassen (Abb. 5, Tab. 1). Patienten, die diese Therapie erhalten sollen, müssen sorgfältig internistisch ausgewählt werden. Eine klinisch-pharmakologisch vernünftige Dosis wird zunächst eingeschätzt/errechnet (Orientierung: Qo; es gibt keine „normale“ Dosis bei Leberzir- Age-Adjusted Incidence and 5-Year Survival Rates for Patients with Hepatocellular Carcinoma in the United States, 1973–2007. El-Serag HB. N Engl J Med 2011;365:1118-1127. Abb. 1 Abb. 2 Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 35 11. NZW-Süd in Ravensburg rhose) und dann an die Wirkung adaptiert. Nicht-essentielle Arzneimittel/Substanzen werden abgesetzt. Die bei Vorliegen einer Leberzirrhose häufig notwendige Antibiose, mit den Beeinträchtigungen der Leberfunktion, führt oft zu unkalkulierbaren unerwünschten Wirkungen des Sorafenibs. Screening identifiziert über 100 Nahrungsmittel und Phytotherapeutika mit Einfluss auf CYP-Enzyme • Fokussierung auf Johanniskraut und Grapefruitsaft ist einseitig Top Dietary Supplements Reported by Users of Herbal Therapy in 2002 Dietary Supplement Use Supportive Therapien Während medikamentöse Chemo- und Targeted Therapien in vielen Situationen kritisch zu sehen sind und wegen zahlreicher unerwünschter Wirkungen (Abb. 6) in einigen Fällen als Übertherapie betrachtet werden können, ist es zweifellos sinnvoll, belastende Symptome supportiv zu behandeln. Die Bilirubinerhöhung bei Cholestase führt häufig zu quälendem Juckreiz, der beispielsweise auf Ondansetron gut anspricht: 8mg iv Infusion mit 80% - 90% Erfolg nach 30-60 min. (RadererM et al.: NEJM 1994; 330: 1540). In diesem Zusammenhang sei auf wichtige Informationen für Fachkreise zu Ondansetron (Zofran® und Generika) und dosisabhängiger Verlängerung des QTc-Intervalls mit neuen Einschränkungen für die intravenöse Dosierung verwiesen (GlaxoSmithKline, München, 14.08.2012). Eine minimale hepatische Enzephalopathie kann mit Laktulose und Rifaximin behan- Abb. 3 % of Herbal Users Reporting Product Echinacea Ginseng (unspecified species) Ginkgo biloba Garlic Glucosamine with or with chondroitin St. John’s wort Peppermint Fish oils, omega fatty acids Ginger Soy Chamomile Bee pollen or royal jelly Kava kava Valerian Saw palmetto 40.3 24.1 21.1 19.9 14.9 12.0 11.8 11.7 10.5 9.4 8.6 7.0 6.6 5.9 5.8 CHEMOTHERAPIEN Barnes P, Powell-Griner E, McFann K, Nahin R. CDC Advance Data Reports #343. Complementary and Alternative Medicine Use Among Adults: United States, 2002. May 27, 2004 Chemotherapien Autoren, Jahr n PR (%) CR (%) Überleben Doxorubicin 109 9 1 13% 1 Jahr Phase II Epirubicin 13 23 0 11 Wochen Hochster et al., 1985 Phase II Epirubicin 18 17 0 nicht beschrieben Pohl et al., 2001 Retrospektiv Epirubicin 44 7 2 16,2 Monate Yin et al., 2005 Phase II PIAF 26 15 0 6 Monate Okada et al., 1993 Phase II Cisplatin 28 15 0 nicht beschrieben Studienart Substanz Sciarrino et al., 1985 Retrospektiv Tan et al., 1986 PR = Partial Response; CR = Complete Response PIAF = Cisplatin, Doxorubicin, 5-Fluorouracil (5-FU) und Interferon-α (IFN-α) Abb. 4 Wichtige Informationen für Fachkreise zu Ondansetron – Zusammenfassung • Eine Einzeldosis von intravenös verabreichtem Ondansetron zur Prävention von Chemotherapie-induzierter Übelkeit und Erbrechen (CINV) bei Erwachsenen darf 16 mg (infundiert über mindestens 15 Minuten) nicht überschreiten. • Ondansetron verlängert dosisanhängig das frequenzkorrigierte QT-Intervall (QTC) im Elektrokardiogramm, was zu Torsade de Pointes führen kann, einer potentiell lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörung. Aufgrund dieses möglichen Sicherheitsrisikos wird die maximale Einzeldosis von Ondansetron eingeschränkt. • Patienten mit angeborenem Long-QTSyndrom sollten nicht mit Ondansetron behandelt werden. • Bei Patienten, bei denen sich ein verlängertes QT-Intervall oder Herzrhythmusstörungen entwickeln können, sollte Ondansetron mit Vorsicht angewendet werden. Zu dieser Gruppe gehören Patienten mit Elektrolytstörungen, kongestiver Herzinsuffizienz, Bradyarrhythmien oder Patienten, die andere Arzneimittel einnehmen, die Elektrolytstörungen hervorrufen. Eine Hypokaliämie oder Hypomagnesiämie sollte vor Anwendung von Ondansetron korrigiert werden. 36 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 • Ondansetron sollte mit Vorsicht angewendet werden, wenn es zusammen mit Zytostatika oder anderen medizinischen Produkten verabreicht wird, die das QT-Intervall verlängern. • Die Dosierungsempfehlungen für oral verabreichtes Ondansetron bei CINV bei Erwachsenen bleiben unverändert (GlaxoSmithKline, München, 14.08.2012). 11. NZW-Süd in Ravensburg Barcelona Clinic Barcelona Clinic LiverLiver CancerCancer Staging Stagingund und Behandlungsstrategie Behandlungsstrategie delt werden (Tab. 1). Noch unklar ist der Stellenwert einer Therapie mit Deferoxamin (Tab. 1); hier gibt es bisher nur Einzelfallbeobachtungen. HCC ECOG PS 0 Child-Pugh A Cholangiozelluläres Karzinom (CCC) Die klassische Chemotherapie beim fortgeschrittenen Gallengangskarzinom, 5-FU und/ oder Gemcitabin, ist selten erfolgreich, führt aber häufig zu schweren unerwünschten Wirkungen. Eine Kombination von Gemcitabin und Cisplatin ist der Gemcitabin-Monotherapie überlegen (Abb. 7). Häufig ist jedoch best supportive care indiziert, die spezifisch auf diese Schwerkranken ausgerichtet sein muss. Sehr frühes Stadium (0) ECOG PS 0-2 Child-Pugh A-B Frühes Stadium (A) Begleiterkrankungen Resektion Nein Ja Nein Lebertransplantation RFA Kurative Behandlungen EndStadium (D) Extrahepatische Ausdehnung PVI 3 Herde ≤3cm Portal-Druck / Bilirubin Normal Fortgeschrittenes Stadium (C) multinodulär singulärer Herd erhöht Intermediäres Stadium (B) ECOG PS >2 Child-Pugh C Chemoembolisation Ja Sorafenib Palliative Behandlung Symptomatische Behandlung FAZIT: Beim Hepatozellulären und Cholangiozellulären Karzinom gibt es bislang keinen kurativen medikamentösen Therapieansatz. Der Einsatz von zytotoxischen Substanzen und Sorafenib in der Palliativsituation muss im Einzelfall kritisch hinterfragt werden, um eine Übertherapie mit inakzeptablen unerwünschten Wirkungen zu vermeiden. Modifiziert nach Bruix J et al., Hepatology 2011;53:1020-1022 Abb. 5 SORAFENIB UNERWÜNSCHTE WIRKUNGEN Alle Grade Grad 3 Child A (n=98) (%) Child B (n=38) (%) Child A (n=98) (%) Child B (n=38) (%) Hand-Fuß Hautreaktion 30 13 5 5 Rash/Desquamation 12 8 1 0 AEs Outcomes in Patients with Biliary Tract Cancer Who Received Gemcitabine Alo 11 3 0 0 plus Gemcitabine. Alopezie Fatigue 22 16 4 8 Diarrhoe 47 34 8 8 Nausea 16 16 0 0 Anorexie 14 8 2 0 Stomatits 12 18 0 0 Emesis 11 8 0 0 Abb. 6 Abou-Alfa GK et al. Gastrointest Cancer Res 2011; 4:40-44 Outcomes in Patients with Biliary Tract Cancer Who Received Gemcitabine Alone versus Cisplatin Outcomes in Patients with Biliary Tract Cancer Who Received plus Gemcitabine. Gemcitabine Alone versus Cisplatin plus Gemcitabine. Abb. 7 Valle J et al. N Engl J Med 2010;362:1273-1281. Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 37 11. NZW-Süd in Ravensburg Tab. 1: Kurzcharakteristika von beim HCC eingesetzten Therapeutika Was Wirkt wie Einnahme wie Elimination Unerwünschte Wirkungen Nutzen Literatur Sorafenib (Bayer, D: Nexavar ® 200mg Tablette SORAFENIB (Bayer, D) Dualer Mechanismus 2 x 400 mg über die Durchfall HaarNEXAVAR® primär 200 mg Tablette Leber ausfall unerwünschte wie? Einnahme Elimination? Nutzen = 2 xWirkt 2 T./d OS: 2-3 Mon. 1.inhibiert RafKinase Dualer über über Durchfall OS: 2-3 M. Nüchtern oral 2 x 400mg primär oxidativ Hand-Fuß-SynMechanismus = 2x2 T/Tag die Leber Haarausfall CYP3A4 drom Blutungen 1. Inhibiert Nüchtern oxidativ über Hand&Fuß-S PR: 7(2%) vs PR: 7 (2%) vs. 2 (1%) 2.blockiert VEGF-Weg 2. Blockiert mit 50ml mit 50 ml Wasser Wirkungen wie? Raf-Kinase oral CYP3A4 VEGF-Weg Wasser über UGT1A9 fortgeschritten metastasiert Hochdruck über UGT1A9 Blutungen 2 (1%) Juckreiz doppelblind S. vs Placebo Doppelblind Child-Pugh A NEJM 2008 S. vs. Placebo Hochdruck und Juckreiz Child-Pugh A fortgeschritten metastasiert NEJM 2008 ORPHAN DRUG RIFAXIMIN (Norgine, Marburg) ® Rifaximin (Norgine, D: XifaxanXIFAXAN® 200 mg Tablette) 200mg Tabletten Bakterizid Wirkt wie? 600mg/Tag Dosis Elimination? Orales AntbioDiarrhoe: Bakterizid 600 mg/Tag Orales Diarrhoe: Antibiotikum tikum x 400 mg/T 22 x400mg/Tag nur im Darm wirksam breites Nur im Darm Spektrum wirksam unerwünschte Nutzen keine systemischen weniger hepatische Encephalop. Wirkungen wird nicht resorbiert keine Wechselwirk. Child-Pugh A,B,C Ausnahme: Minipille Keine systemischen zugelassen Wird nicht re(auch FDA) sorbiert Zhan T & Keine Wechselwirkungen Dtsch Arztebl Child-Pugh A, 2012 B, C Ausnahme: Minipille Stremmel W Breites Spektrum Weniger hepatische Encephalo­ patien Zugelassen (auch FDA) Zhan T & Stremmel W, Dtsch Aerztebl 2012 DEFEROXAMIN (Novartis, CH) DESFERAL® 500 mg/Vial ® Deferoxamin (Novartis, CH: Desferal 500mg /Vial Wirkt wie? Dualer Mechanismus unerwünschte Arterielle Infusion Elimination?Renal NutzenSchmerz: Kopf, Arterielle Wirkungen Infusion (Port) Muskeln (Port) Plasma Enzyme Dualer 1.blockiert ZellMechanismus 10-80 mg/kg zyklus 1. Blockiert Zellzyklus 2. induziert 2. Induziert Apoptose Apoptose Renal 10-80mg/kg KörKörpergewicht Plasma pergewicht Enzyme Über 24 Cave: NI! Ø 27 x Child-Pugh A,B,C Stunden über 24h Ø27 x fortgeschritten Fortgeschritten metastasiert metastasiert HCC HCC 38 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 PR: 2/10 SD: 3/10 Schmerz: PR: 2/10 Cave: Nausea Kopf, Nieren­ SD: 3/10 Muskeln insuffizienz! Nausea Emesis Emesis Child-Pugh A, Allergien Phase-II B,Allergien C Phase-II Pneumonien NI 2.° Yamasaki T Pneumonien NEJM 2011; 365:576-578 Yamasaki T NRJM 2011; 365:576-8 11. NZW-Süd in Ravensburg Hepatozelluläres Karzinom: Chirurgische Therapie Prof. Dr. Helmut Friess, München Die chirurgische Therapie stellt beim Hepatozellulären Karzinom die einzige kurative Therapieoption dar. In Abhängigkeit von der Leberfunktion und der Tumorlast kommen dabei begrenzte oder erweiterte segmentale Leberresektionen bis hin zur Hemihepatektomie und Trisektorektomie zur Anwendung. Solch ausgedehnte Resektionen sind nur möglich dank der guten Regenerationsfähigkeit der Leber, die über eine doppelte Blutversorgung verfügt (Leberarterie und Pfortader). Selbst ein Verlust von 70% des Leberparenchyms kann von einer gesunden Leber kompensiert werden. Die 5-Jahresüberlebensraten von Patienten nach Resektion eines HCC aus nicht zirrhotischer Leber liegen bei ungefähr 50%. Eine Tumorgröße > 2 cm, multifokaler Befall und die Invasion großer Gefäße verschlechtern die Prognose deutlich. In 85% der Fälle entsteht ein HCC jedoch auf dem Boden einer Zirrhose. Hier ist eine Regeneration nicht mehr möglich. Postoperativ besteht die Gefahr des Organversagens. Hinzu kommt, dass die zirrhotische Restleber weiterhin eine Präkanzerose für weitere Malignome darstellt. Dennoch ist es in den letzten Jahren an spezialisierten Zentren gelungen, die Prognose resezierter Patienten auch bei Vorliegen einer Zirrhose zu verbessern (Abb. 1, 2). Bei Patienten mit einem multifokalen HCC auf dem Boden einer Leberzirrhose stellt die Lebertransplantation (LTX) nicht selten die einzig sinnvolle Therapieoption dar. Sie ist der Resektion deutlich überlegen. Bei adäquater und rechtzeitiger Indikationsstellung zur LTX können 5-Jahres-Überlebensraten von über 70% erreicht werden (Abb. 3, 4). Essentiell für den Therapieerfolg ist die Auswahl geeigneter Empfänger nach den so genannten Mailand Kriterien (solitärer Tu- Prognoseverbesserung bei Resektionen in Leberzirrhose 1. Präoperative Planung • bessere Patientenselektion • Radiologische OP-Planung • Tu-Reduktion vor Resektion • Wachstumsinduktion der Restleber 2. Intraoperative Verringerung des Lebertraumas • Intraoperativer Ultraschall • Narkoseführung (ZVD) • Selten Pringle Manöver • Schonende Dissektionstechniken (CUSA) 3. Postoperative Therapie / Monitoring • ICU (ZVD, Katecholamin) Chirurgische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München Abb. 1 S.T. Fan et al., Ann Surg 2011 Continuous improvement of survival after resection of HCC in cirrhosis - a 20-year experience; 1198 patients Gesamt-Überleben Abb. 2 Krankheitsfreies Überleben Chirurgische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 39 11. NZW-Süd in Ravensburg mor ≤ 5cm, max. 3 Herde ≤ 3cm, keine Makrogefäßinvasion). Werden diese Kriterien eingehalten, können sehr gute Ergebnisse erzielt werden (4-Jahres-Überlebensraten 85% Milan In und 50 % Milan Out; Mazzeferro et al., NEJM 1996). Jedoch kann auch eine Transplantation außerhalb der MailandKriterien erfolgreich sein, beispielsweise wenn der Tumor im PET-CT nur geringe Anreicherung erkennen lässt. An einer Verfeinerung der Einschlusskriterien für eine Transplantation (z.B. hinsichtlich Tumorbiologie und Tumordifferenzierung) wird kontinuierlich gearbeitet. Das therapeutische Vorgehen bei einem HCC bei Leberzirrhose zeigt schematisch die Abb. 5. Ein generelles Problem bei der Transplantation ist das Rezidivrisiko durch die Immunsuppression, hinzu kommt der Mangel an Spenderorganen. Resection or Transplantation for Hepatocellular Carcinoma in Cirrhotic Patients: Outcomes Based on Indicated Treatment Strategy Juan Figueras, MD, Eduardo Jaurrieta, MD, Carlos Valls, MD, Emilio Ramos, MD, Teresa Serrano, MD, Antonio Rafecas, MD, Juan Fabregat, MD, Jaime Torras, MD Abb. 3 J Am Coll Surg 2000, Vol 190, 5: 580-587 Lebertransplantation beim HCC Lebertransplantation beim HCC Prognoseverbesserung in den letztenin Jahren Prognoseverbesserung den letzten Jahren Chirurgische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München FAZIT: Patienten mit einem HCC, die keine oder eine geringgradige Leberzirrhose haben, können durch Resektion in vielen Fällen kurativ behandelt werden. Bei Vorliegen einer Leberzirrhose erzielt man mit einer Lebertransplantation mittlerweile exzellente Langzeitergebnisse in der Größenordnung 70-80% 5-Jahreüberleben. n= 985 LTX bei HCC 61,1% 25,3% Yoo H Y et al. JCO 2003;21:4329-4335. Abb. 4 Chirurgische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München Differenzierte Therapie HCC mit Zirrhose Differenzierte Therapie HCC mit Zirrhose Solitär < 5cm Solitär < 5cm < 3 Knoten je < 3 cm Solitär > 5cm > 3 Knoten Gefäßinfiltration Fernmetastasierung eingeschränkte Leberfunktion portale Hypertension Grunderkrankung der Leber ?? Resektion Bei niedrigem chir. Risiko Abb. 5 40 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 Lebertransplantation Zentrales Problem: Wartezeit Therapieoption bei Wartezeit: Thermoablation, PEI, TACE, Chemotherapie Best Supportive Care Lokale/ Systemische Tumorbehandlung TACE, PEI, Thermoablation, Chemotherapie (Sorafenib) Chirurgische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München 11. NZW-Süd in Ravensburg Grundlagen der allogenen Stammzelltransplantation Prof. Dr. Donald Bunjes, Ulm Faktor • Kranheitsstadium • Früh 0, interm. 1, fortg. 2 • Alter • < 20J 0, 20 – 40J 1, >40j 2 • Zeitabstand Diagnose – Tx • <1 Jahr 0, > 1Jahr 1 • Spender • MRD 0, anderer 1 • Spendergeschlecht • Weiblicher Spender bei männlichem Patienten 1, sonst 0 Abb. 1 Score 1 0.6 TRM 0.6 0.4 Score 0 Survival 0.8 0.8 1.0 1.0 EBMT- Score II: Überleben und TRM nach allogener SZT Eine Stammzelltransplantation beinhaltet 3 grundlegende Schritte: Score 3 Score 4 0.2 Score 2 Score 5 Score 6-7 0.0 Beseitigung der Grunderkrankung (Konditionierung): Elimination der defekten, malignen oder residuellen normalen hämopoetischen Stammzellen aus den Stammzellnischen des Knochenmarks durch Chemo-, Strahlen- oder Immuntherapie Punkte 0.4 Chemo- und / oder strahlungssensitive Grunderkrankung Verfügbarkeit eines wirksamen Zytostatikums mit einer steilen Dosis - Wirkungsbeziehung Eine Dosiseskalation dieser Substanz um das 5 – 10 fache bzw. eine Steigerung der Dosis under the curve um das 2 – 3 fache ist möglich, da die Hämatotoxizität dosislimitierend und die extramedulläre Toxizität tolerabel ist. Bestes Instrument zur Abschätzung von Mortalitiät und Überleben. Unabhängig von Stammzellquelle, Intensität der Konditionierung und GvHD - Prophylaxe 0.2 Voraussetzungen für eine kurative Hochdosis Chemo- / Strahlentherapie sind: Der EBMT- Score I 0.0 Eine Stammzelltransplantation ist bei vielen aggressiven hämatologischen Systemerkrankungen (akute Leukämien, maligne Lymphome) die einzige kurative Option bzw. die Option mit dem höchsten kurativen Potenzial. Heute wird eine solche Transplantation bis zu einem biologischen Alter von ca. 70 Jahren durchgeführt, als Spender kommen HLA-kompatible Familien- und Fremdspender sowie haploidentische Familienspender in Frage. Stammzellen werden aus Knochenmark, peripherem Blut (nach Stimulation der Hämatopoese) und in seltenen Fällen auch aus Nabelschnurblut gewonnen. 50-70% der Patienten mit einer Indikation können heute transplantiert werden. 0 1 2 3 Years post Tx 4 5 0 1 2 3 4 5 Years post Tx Abb. 2 Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 41 11. NZW-Süd in Ravensburg One-year survival after myeloablative conditioning for acute leukemias in any remission phase, CML or MDS, age 50 years, by year of transplant and graft source, 1988-2009 100 HLA-matched sibling Unrelated Donor One-Year Survival, % 80 60 40 20 0 1988- '91 90 '92 '93 '94 '95 '96 '97 '98 '99 '00 '01 '02 '03 '04 '05 '06 '07 '08 '09 Slide 14 SUM11_40.ppt Immunosuppression: Ablation des Immunsystems des Empfängers durch Chemotherapie zur Verhinderung von Abstoßungsreaktionen gegen die Spenderzellen Engraftment: Besiedlung der Stammzellnischen durch gesunde hämopoetische Stammzellen des Spenders Die therapeutische Wirkung der allogenen (von einem Fremdspender stammenden) Stammzelltransplantation beruht auf zwei Grundprinzipien: auf der einen Seite der zytoreduktiven Wirkung der Hochdosischemotherapie, auf der anderen Seite dem immuntherapeutischen Effekt der Spender T-Zellen im Transplantat. Der relative Beitrag der beiden Therapieprinzipien zum kurativen Potential der Transplantation hängt vor allem von der Grunderkrankung und dem Krankheitsstadium ab. Je nach Intensität der Konditionierung unterscheidet man myeloablative, nicht myeloablative und dosisreduzierte Regime. Die so genannte dosisreduzierte sowie die nichtmyeloablative Konditionierung arbeiten mit einer weniger intensiven Chemo- therapie und setzen teilweise oder ganz auf den therapeutischen Effekt der Spender TZellen. Grundsätzlich gilt: je aggressiver die Konditionierungstherapie, desto höher ist die therapieassoziierte Letalität, aber auch die Chance einer dauerhaften Heilung. Schonendere Konditionierungsregime sind zwar mit einer geringeren Mortalität belastet, führen aber auch seltener zu kompletter und anhaltender Tumorfreiheit. Der Erfolg der Knochenmarkstransplantation hängt von zahlreichen Faktoren ab, darunter Alter des Empfängers, Schwere und Dauer der Erkrankung, Komorbiditäten und Grad der Übereinstimmung der HLA-Merkmale. Aus diesen Faktoren lassen sich Scores, z.B. der EBMT (European Group for Blood and Marrow Transplantation)-Score errechnen, der eine Abschätzung der Überlebenswahrscheinlichkeit des Empfängers erlaubt (Abb. 1 und 2; TRM=Transplantations-assoziierte Mortalität; MRD=matched related donor, also HLA-kompatibler verwandter Spender). Nach wie vor sind die Erfolgsaussichten einer Transplantation besser, wenn es einen geeigneten verwandten Spender gibt, jedoch 42 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 Abb. 3 hat auch die Erfolgsrate von Transplantationen mit Fremdspenden in den letzten Jahren deutlich zugenommen (Abb. 3). In den Spenderdateien stehen weltweit 18 Millionen freiwillige Spender zur Verfügung, so dass derzeit für 90 - 95% aller deutschen Patienten ein Spender gefunden werden kann. 60% der Transplantate stammen heute von Fremdspendern. FAZIT: Für die Mehrzahl aller Patienten, die für eine allogene Knochenmarkstransplantation geeignet sind, kann heute ein Spender gefunden werden. Damit rücken die Senkung des Transplantationsrisikos und der Umgang mit multimorbiden Patienten in den Fokus der Transplantationsmedizin. Pharmakologie und Pharmakoökonomie der LHRH-Analoga Pharmakologie und Pharmakoökonomie der LHRH-Analoga Von Niels Eckstein, Thomas Bolle und Bodo Haas, Bonn D iverse Vertreter aus der Klasse der LHRH Analoga sind seit etwa zweieinhalb Jahrzehnten auf dem Markt. Sie sind ein wertvoller Bestandteil der onkologischen Therapie, wenn Hormon-ablative Maßnahmen erforderlich sind. Doch auch außerhalb der onkologischen Indikationen haben die Substanzen Eingang in die Pharmakotherapie gefunden, beispielsweise in der Gynäkologie bei der Behandlung der Endometriose. Besonders erwähnenswert ist die gute Compliance bzw. Adherence durch die Injektion von Depot-Formulierungen mit einer Wirkung von einem, drei oder sogar sechs Monaten. Der vorübergehende Anstieg der Testosteron-Inkretion bei der Therapie des Prostatakarzinoms (Flare-up) kann durch Gabe von Anti-Androgenen entschärft oder durch die Gabe von LHRH-Antagonisten umgangen werden. Umsatz- und Verordnungszahlen unterstreichen die wirtschaftliche Bedeutung dieser Substanzklasse. Molekularer Wirkmechanismus und Pharmakodynamik Das Gonadorelin Releasing Hormone (GnRH, auch luteinisierendes HormonReleasing-Hormon oder LHRH) wird im Hypothalamus des Gehirns unter dem Einfluss von Noradrenalin, Dopamin, Histamin und anderen Neurotransmittern gebildet. GnRH wird pulsatil freigesetzt, wobei die Impulse mit einem Intervall von 60 bis 90 Minuten auftreten. LHRH tritt in die Hypothalamus-Hypophysen Gefäßsystem ins Blut über, gelangt in den Hypophysenvorderlappen und bindet an spezifische Rezeptoren auf Plasmamembran von gonadotropen Hypophysen-Zellen. Diese Bindung stimuliert die Sekretion von Gonadotropinen: Luteinisierendes Hormon (LH) und Follikel stimulierendes Hormon (FSH). LHRH stimuliert die Freisetzung sowohl von LH als auch von FSH. Nachdem LH systemisch im Blutkreislauf verfügbar ist, bewirkt es die Produktion von Androgenen (insbesondere Testosteron und Dihydrotestosteron, DHT) bei Männern sowie die Bildung von Östrogenen bei Frauen. Allerdings verursacht die ununterbrochene Stimulation der LH-Sekretion entweder durch wiederholte Verabreichung von LHRH oder einmalige Gabe von langwirksamen LHRH-Analoga (Synonyme: LHRH Agonisten, Gonadorelinanaloga, Gonadorelinsuperagonisten oder Gonadorelinagonisten) eine Runterregulierung der hypophysären LHRH-Rezeptoren. In der Folge wird die Gonadotropin-Inkretion drastisch reduziert, was zur gonadalen Unterdrückung mit einem massiven Rückgang der Produktion von Testosteron bei Männern und Östradiol bei Frauen führt. Indikationen LHRH-Analoga sind für die folgenden Indikationen in Deutschland zugelassen: bei Männern Diagnostik: Prüfung der Hormonempfindlichkeit eines Prostatakarzinoms zur Beurteilung der Notwendigkeit von hormonsupprimierenden/hormonablativen Maßnahmen. Therapie: Zur symptomatischen Behandlung des fortgeschrittenen hormonabhängigen Prostatakarzinoms sowie zur Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom, bei denen eine endokrine Behandlung angezeigt ist. Ein Sonderfall ist die Substanz Triptorelin im Fertigarzneimittel Salvacyl®. Es wird zur reversiblen Reduzierung des Testosterons bis auf das Kastrationsniveau angewendet, um den Sexualtrieb bei erwachsenen Männern mit schwerer sexueller Abnormität zu verringern. Die Behandlung mit Salvacyl® muss von einem Psychiater initiiert und kontrolliert werden. In Kombination mit der Behandlung sollte 44 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 eine Psychotherapie erfolgen, um das abnorme Sexualverhalten zu vermindern. bei Frauen Symptomatische, laparoskopisch gesicherte Endometriose, wenn eine Unterdrückung der ovariellen Hormonbildung angezeigt ist, sofern die Erkrankung nicht primär einer chirurgischen Therapie bedarf. Symptomatischer Uterus myomatosus, wenn eine Unterdrückung der ovariellen Hormonbildung angezeigt ist, als präoperative Maßnahme zur Volumenreduktion einzelner Myome bei vorgesehener Myomenukleation oder Hysterektomie. Präoperative Endometriumabflachung vor geplanten operativen, hysteroskopischen Eingriffen, z.B. Endometriumablation oder Resektion. Abkürzungen: FSH Follikel stimulierendes Hormon; GnRH Gonadotropin-releasing Hormone; LH Luteinisierendes Hormon; LHRH Luteinisierendes Hormonreleasing Hormon; PSA Prostata spezifisches Antigen Mammakarzinom prä- und perimenopausaler Frauen, sofern eine endokrine Behandlung angezeigt ist. Triptorelin besitzt zusätzlich eine Indikation zur Runterregulierung und Vermeidung eines vorzeitigen LH-Anstiegs bei Frauen, die sich einer kontrollierten ovariellen Hyperstimulation im Rahmen der assistierten Reproduktions-Therapie (ART) unterziehen. bei Kindern Behandlung von nachgewiesener zentraler Pubertas praecox (Mädchen unter 9 Jahren, Jungen unter 10 Jahren) mit bspw. Triptorelin. Pharmakologie und Pharmakoökonomie der LHRH-Analoga Das Prostatakarzinom Das Prostatakarzinom ist eine der häufigsten malignen Erkrankungen weltweit und eine führende Todesursache für Morbidität und Mortalität bei älteren Männern. In vielen Ländern der westlichen Welt stellt es mittlerweile die am häufigsten neu diagnostizierte Krebserkrankung bei älteren Männern (über 65 Lebensjahre) dar. Nach Angaben der American Cancer Society werden jährlich etwa 200.000 Neudiagnosen erwartet. Prostatakrebs ist damit die zweithäufigste Ursache für Krebs assoziierte Todesfälle in den Vereinigten Staaten. In Europa treten jährlich etwa 240.000 Prostatakarzinom-Neuerkrankungen auf, was ca. 18% der Krebserkrankungen bei Männern entspricht. Prostatakrebs ist somit häufiger als Lungenkrebs bei Männern und damit die zweitwichtigste Ursache für Krebs assoziierte Todesfälle bei Männern. Mehr als 90% der Männer, die an Prostatakrebs sterben, sind 65 Jahre oder älter. Zwei Drittel sind 75 Jahre oder älter. Im Allgemeinen ist das Prostatakarzinom eine Erkrankung des älteren Mannes. Da das durchschnittliche Alter der männlichen Population insgesamt ansteigt, wird eine steigende Anzahl an Patienten mit Prostatakarzinom erwartet. Obwohl die Ätiologie des Prostatakarzinoms unbekannt ist, erscheint es in den meisten Fällen Androgen-abhängig zu sein. Eine Androgen-ablative Therapie verursacht eine Tumor-Regression in einem hohen Anteil an lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Prostatakrebs. Etwa 75% der Patienten mit metastasierendem Prostatakrebs zeigen ein Ansprechen des Tumors auf eine Hormonablative Therapie. Die endokrinologische Therapie ist daher ein wichtiges Mittel zur systemischen Behandlung von Patienten mit metastasiertem Prostatakrebs. Die Wirksamkeit von LHRH-Analoga bei der Behandlung von fortgeschrittenem Prostatakrebs ist ebenso hoch wie eine Orchi- ektomie oder eine Therapie mit Diethylstilbestrol. Allerdings ist die LHRH-Analoga Therapie mit reduzierter Morbidität und deutlich verbesserter Compliance der Patienten verbunden. Zudem ist die Therapie mit LHRH-Analoga im Falle des Nichtansprechens der Therapie reversibel. Darüber hinaus haben Studien gezeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Patienten die Behandlung mit LHRH-Analoga gegenüber einer Orchiektomie bevorzugt und dass Patienten unter einer Therapie mit LHRH-Analoga einen besseren psychologischen Zustand haben. derstellung ein. Auf lange Sicht wirken sie hinsichtlich der Testosteron-Inkretion nicht anders als die LHRH-Analoga. Allerdings blockieren sie den GnRH-Rezeptor direkt und vermindern somit die Gefahr von Nebenwirkungen durch das sogenannte Flareup Phänomen. Das Mamakarzinom Auch etwa 60% der Brusttumoren während des Klimakteriums sind Hormonrezeptorpositiv und wachsen Östrogen abhängig. Daher ist eine endokrine Therapie auch in diesen Fällen eine wertvolle Behandlungsoption. Es gibt zahlreiche Faktoren, die die Wahl der Therapie bei Brustkrebs bestimmen, z. B. die Menopause, Status des Patienten, das Stadium der Erkrankung, die Zahl der befallenen Lymphknoten, der HormonrezeptorStatus des Tumors und die Verträglichkeit der Behandlung. Eine Anti-Östrogen-Therapie kann durch Blockieren von Östrogenrezeptoren mit Medikamenten wie z.B. Tamoxifen durchgeführt werden. Ebenso kann eine Hemmung der Östrogensynthese durch LHRH-Analoga oder durch das Entfernen der Eierstöcke (chirurgisch oder durch Bestrahlung) erreicht werden. LHRH-Analoga verursachen eine wirksame ovarielle Suppression bei Frauen vor der Menopause. Der menopausale Status der Patientin ist allerdings reversibel nach dem Absetzen der Therapie. Eine neue Substanzklasse: LHRHAntagonisten und das Flare-up Phänomen LHRH-Antagonisten (Synonym: Gonadorelin-Antagonisten) nehmen eine Son- Abb. 1: Gonadorelin (LHRH)-Analoga verursachen als Agonisten einen vorübergehenden Anstieg der Testosteron-Plasmaspiegel, das Flare-up. Die neuere Substanzklasse der Gonadorelin (LHRH)-Antagonisten senken die Testosteronplasmaspiegel direkt. Flare-up bezeichnet die vorübergehende Steigerung der Testosteron-Inkretion durch Rezeptorstimulation, bevor die unphysiologisch lange Rezeptorstimulierung durch die LHRH-Analoga zu einem kompletten Versiegen der Produktion und Inkretion von Steroidsexualhormonen führt. Aufgrund dieser unphysiologisch langen Stimulation nennt man die LHRH-Analoga auch „Gonadorelin-Superagonisten“. Einen Vergleich Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 45 Pharmakologie und Pharmakoökonomie der LHRH-Analoga der beiden Substanzklassen auf die Testosteroninkretion zeigt Abbildung 1. Die Substanzen Abarelix (H Plenaxis®) und Degarelix (Firmagon®) sind synthetische Oligopeptide. Sie entfalten eine rein antagonistische Wirkung gegenüber dem GnRH. Abarelix und Degarelix bewirken eine rasche Senkung der Serumspiegel von LH und FSH und infolgedessen des Testosteronspiegels bei Männern und des Östradiolspiegels bei Frauen. Derzeit ist Abarelix allerdings nur in der Indikation einer Hormon-ablativen Therapie des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms zugelassen. Während man bei LHRH-Analoga ein Absinken der Testosteronspiegel auf Kastrationsniveau nach spätestens 3-4 Wochen erwartet, senken Abarelix und Degarelix die Testosteronblutspiegel innerhalb einer Woche auf Kastrationsniveau (also auf einen Wert von weniger als 0,5 ng/ml). Flare-up Prophylaxe Die Testosteronrezeptor-Antagonisten Flutamid und Bicalutamid sind in der Lage, die Flare-up Reaktion mit der ersten Injektion der LHRH-Analoga bei der Behandlung des Prostatakarzinoms zu unterdrücken. Um das Risiko von Schmerzen oder einer drohenden Metastasierung zu verringern, kann ein Anti-Androgen verabreicht werden. Die Therapie mit Anti-Androgenen beginnt typischerweise drei Tage vor der Applikation des LHRH-Analogons und wird für die ersten zwei bis drei (maximal vier) Wochen der Behandlung fortgeführt. Der Einsatz der anti-androgenen Therapie wird auch als unterstützende Therapieoption in der Fachinformation ausdrücklich empfohlen. Medizinische Bedeutung Derzeit rangieren Herz-Kreislauf-Erkran­ kungen noch auf dem ersten Platz der krankheitsbedingten Todesursachen in Deutschland. Etwa um das Jahr 2020 herum erwarten Experten eine Umkehr der Todesursachenreihenfolge in der industrialisierten Welt. Dann werden Tumorerkrankungen die Haupttodesursache sein und die Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf Platz zwei verdrängt Tab. 1: Todesursachenstatistik für Deutschland (laut Statistischem Bundesamt) Anzahl Gestorbene Prozent der Gesamtheit Todesursache Nummer: Herz-Kreislauf 1.453.470 44,1 1 Krebs 866.175 26,3 2 Lunge 223.086 6,8 3 Diabetes 92.174 2,8 4 Infektion 50.704 1,5 5 Psychische Störungen 50.477 1,5 6 Muskuloskelettale Erkrankungen 8.476 0,3 7 Tab. 2: Ökonomische Bedeutung onkologischer Präparatgruppen (Quelle: „Arzneiverordnungsreport”, Schwabe/Paffrath 2010) Präparategruppe Verordnungen in Tsd. Änd. in % zum Vorjahr Umsatz in Mio. € Änd. in % zum Vorjahr Zytostatika 753,1 + 6,2 873,0 24,8 LHRH-Analoga 447,6 - 2,3 238,5 -3,3 Gestagene Estramustin 18,8 - 17,5 6,9 -14,1 Antiöstrogene 385,6 - 0,2 30,6 13,6 Antiandrogene 185,2 - 3,1 63,4 6,1 Aromatasehemmer 466,7 + 8,8 248,8 + 11,8 Weitere Hormon-Antagonisten 29,2 + 2,4 79,9 + 7,8 Calciumfolinat 95,3 + 13,4 25,9 + 4,7 Bisphosphonate 503,6 + 19,1 210,9 + 14,6 Spezielle Antiemetika 663,9 + 10,2 64,4 + 6,1 LHRH-Antagonisten 1,0 (neu) 0,6 (neu) Gesamt 3.549,9 + 6,5% 1.842,8 + 14,6% haben. Die Zahlen für Deutschland der Jahre 2004-2007 (kumulativ) zeigt Tabelle 1. Wirtschaftliche Bedeutung onkologischer Medikamente Das Prostatakarzinom ist die mit Abstand häufigste Krebserkrankung beim Mann, während bei der Frau das Mammakarzinom die höchste Inzidenz hat. Beide Tumorentitäten lassen sich abgesehen von Therapieregimes mit klassischen Zytostatika endokrinologisch unter anderem auch mit LHRH-Analoga behandeln. Hierdurch erklärt sich die große wirtschaftliche Bedeu- 46 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 tung dieser Klasse von Medikamenten, die in Tabelle 2 dargestellt ist. Regulatorischer Status und Pharma­ koökonomie der LHRH-Analoga In Deutschland und den EU-Ländern sind über nationale Zulassungen des BfArM bzw. dezentrale Zulassungen auf europäischer Ebene (unter anderem) folgende Substanzen im Handel (in alphabetischer Reihenfolge): 1. Buserelin 2. Goserelin 3. Histrelin Originator: Profact® Originator: Zoladex® Originator: Vantas® Pharmakologie und Pharmakoökonomie der LHRH-Analoga Tab. 3: Umsatz der prominentesten LHRH Analoga in 2010 (Quelle: „Arzneiver­ord­ nungs­report”, Schwabe/Paffrath 2010) Umsatz 2010 39,8 Goserelin 27,9 Leuprorelin 7,1 Triptorelin 1,1 Akaza, L: Future Prospects for Luteinizing HormoneReleasing Hormone Analogues. in: Prostate Cancer Treatment. Pharmacology 85 (2010): 110-20 Cockshott, Ian D: Clinical Pharmacokinetics of Goserelin, 2000, in: Clin. Pharmacokin. 39(1) 27-48 Mio. € Buserelin Weiterführende Literatur Klotz, L., Boccon-Gibod, L., Shore, N. D., Andreou, C., Persson, B.-E., Cantor, P., Jensen, J.-K., Olesen, T. K., Schröder, F. H.: The efficacy and safety of degarelix: a 12-month, comparative, randomized, open-label, parallel-group phase III study in patients with prostate cancer. British Journal of Urology 102 (2008): 1531–38 4. Leuprorelin Originator: Enantone® 5. Nafarelin Originator: Synarela® 6. Triptorelin Originator: Decapeptyl® Laut dem wissenschaftlichen Institut des AOK-Bundesverbandes (WIdO) werden mit LHRH Analoga jährlich ca. 240 Mio. Euro umgesetzt. Dies entspricht ca. 0,9 % der Arzneimittelausgaben. Betrachtet man die aktuellen Jahrestherapiekosten für einen Patienten selektiv bezogen auf die aufgeführten Substanzen, so belaufen sich diese bspw. für eine Jahrestherapie mit Buserelin, Goserelin oder Leuprorelin auf ca. 2.400 Euro. Gemäß dem IGES Institut in Berlin ist zukünftig auf Basis der ausgelaufenen Patente (2006) für Buserelin und Goserelin mit einem stark reduzierten/rückläufigen Verbrauch dieser Wirkstoffe zu rechnen. Aktiencheck.de beschreibt auf seiner Stock World Finanzexperten-Seite die Entwicklung für Goserelin nicht übermäßig positiv. Da aufgrund technischer Unzulänglichkeiten des Applikationssystems Vertriebspartner Acinos zum Rückruf des Goserelin 1-Monats-Implantats vom deutschen und britischen Markt aufgerufen hat und im Weiteren mit einer Verzögerung des Zulassungsverfahrens für seine Goserelin 3-Monats- und Leuporelin 1- und 3-Monats-Implantate in Deutschland (Vontobel Research-Schätzung: 2012) zu rechnen ist, kalkulieren die Analysten immerhin zwar noch mit einem konsolidierten GoserelinUmsatz von 4,3 Mio. € für das Jahr 2011, währenddessen aber die Umsatzprognosen für 2012 bis 2015 ganzheitlich reduziert werden. Schwabe, U.; Paffrath, D. (Hrsg.). Arzneiverordnungsreport 2011. Heidelberg/ Berlin: Springer Verlag. Summary of Product Characteristics (SmPC) in den jeweils aktuellen Versionen von Goserelin, Leuprorelin, Triptorelin, Nafarelin, Histrelin und Buserelin. Stand Mai 2012, Quelle: www.pharmnet-bund.de Autoren: Niels Eckstein1*, Thomas Bolle2, Bodo Haas1 1 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, 53175 Bonn Forschungszentrum Jülich, Wilhelm-Johnen-Straße, 52428 Jülich 2 *Korrespondenz Autor: Dr. Niels Eckstein, Tel.: 0049-228-207-4584, E-mail: [email protected] Für die Reinraumtechnik in der Pharmaindustrie und Biotechnologie sowie für Apotheken und Labore GRM – Ganzheitliches Reinraum Monitoring Messtechnik und Messdatenerfassung nach GMP Folgende Parameter werden erfasst: Raumdruck Raumtemperatur Raumfeuchte Partikelkonzentration Luftgeschwindigkeit Gerätetemperaturen www.grm-monitoring.de Lauterstraße 23 D-72622 Nürtingen Tel. +49 (0)70 22-60 92-0 Fax +49 (0)70 22-60 92-60 [email protected] www.briem.de GRM – Ganzheitliches Reinraum Monitoring made by BRIEM Steuerungstechnik anz_Pharma & Food_1-4s_4c_2012.indd 1 16.01.12 18:27 Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 47 Aktuelle Therapie des Pankreaskarzinoms Aktuelle Therapie des Pankreaskarzinoms Von Jochem Potenberg und Gisela Sproßmann-Günther, Berlin D as Evangelische Waldkrankenhaus in Berlin-Spandau (EWK) hat ein nach den Peutz-Jeghers Syndrom (36 bis 42%iges LeKriterien der Deutschen Krebsgesell­schaft zertifiziertes Onkologisches Zentrum benszeitrisiko) inkl. Modul Pankreaskarzinomzentrum. Das bewährte Behandlungskonzept umfasst neben den Beratungen in interdisziplinären Tumorkonferenzen leitlinienkonforme Ein familiäres Pankreaskarzinom (FPC = faTherapiepfade und -protokolle zu allen onkologischen Krankheitsbildern auch die milial pancreatic cancer kindred) ist anzunehTeilnahme an aktuellen Studien. men, wenn mindestens zwei erstgradig Verwandte an einem Pankreaskarzinom erkrankt Der vorliegende Therapiepfad Pankreaskarsind, ohne dass Kriterien eines anderen herezinom wird regelmäßig durch den InterIn 5-10% sind genetische Faktoren vorhan- ditären Syndroms erfüllt sind. den: nistischen Onkologen und die Onkologi Erkrankung eines Verwandten 1°: 2fach Die S3-Leitlinie „Exokrines Pankreaskarzische Pharmazeutin auf die Einhaltung der S3-Leitlinie überprüft. Auf internationalen erhöhtes Risiko (19) nom“ 2007 ist gültig (1). Eine weitere aktuelle Hereditäres Pankreatitis-Syndrom (ku- Leitlinie ist der NCCN 2012 (23). Kongressen vorgestellte Innovationen werden bewertet und integriert (z.B. Chemomulatives Risiko 40 – 44% bis 70 Jahre) therapie FOLFIRINOX). Einführung Bei Männern hat das Pankreaskarzinom einen Anteil von 2,8 % aller Krebserkrankungen, bei Frauen 3,5 % (31). Das Robert Koch Institut rechnete 2010 mit 13.360 Neuerkrankung pro Jahr. Mehr als 95% der Betroffenen versterben nach Diagnose eines exokrinen Pankreaskarzinoms (35). Abb. 1 zeigt den alterspezifischen Anstieg am Bauchspeicheldrüsenkarzinom und die Konstanz der Inzidenz für das letzte Vierteljahrhundert (31). Da sich neuroendokrine Tumore (NET) des Pankreas (PNET) biologisch anders verhalten, haben diese eine günstigere Prognose, werden anders therapiert und gesondert besprochen. Das 80-120 g schwere und ca. 20 cm lange Pankreas liegt retroperitoneal zwischen Duodenum und dem Milzhilus. Die Vena mesenterica superior verläuft am Unterrand des Organs und teilt dieses in Kopf und Körper. Der Schwanz des Pankreas liegt zwischen Milzhilus und Aorta (Tab. 1). Risikofaktoren sind Rauchen, Übergewicht und Alkohol (10, 14). Die Korrelation zwischen langjährigem Diabetes mellitus und dem Auftreten eines Pankreaskarzinoms ist eher locker (16). Abb. 1: Inzidenz des Pankreaskarzinoms (31) Tab. 1: Die verschiedenen Ursprungsorte des Pankreaskarzinoms. C 25.0 Pankreaskopf (liegt rechts von der V. mesenterica superior) C 25.1 Pankreaskörper (liegt links der V. mesenterica superior und links der Aorta) C 25.2 Pankreasschwanz (Zwischen Aorta und Milzhilus) C 25.3 Ductus Pankreaticus C 25.4 Langerhans’sche Insel (endokrines Pankreas) Hereditärer nicht-polypöser Kolorektalkrebs (Lynch-Syndrom) Hereditäres Pankreas-Karzinom-Melanoma Syndrom Hereditärer Brust- und Eierstockkrebs (BRCA1-, BRCA2-Träger) 48 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 Diagnostik Die Diagnostik besteht aus dem CT des Abdomens und der Bestimmung des Tumormarkers CA19-9 (gem. EWK-Checkliste Pankreas­ karzinom). Die Höhe des CA19-9 korreliert häufig mit der Tumormasse und dem Stadium Aktuelle Therapie des Pankreaskarzinoms (7). Zur Beurteilung des therapeutischen Ansprechens lässt sich der Tumormarker im Verlauf nutzen (20). Bei lokal begrenzten Tumoren werden im CT Veränderungen des Pankreas- oder des Gallenganges (double duct sign) als Hinweis auf eine Neoplasie gewertet (17). Die endoskopische Sonographie (EUS) ermöglicht bei inoperablem Befund die Biopsie zur Einleitung einer Chemotherapie. Ferner ermöglicht die EUS ein präzises Staging (8). Bei neuaufgetretenen Ikterus liegt in 20% der Fälle ein Karzinom des Pankreas oder der Gallenwege vor. Entbehrlich sind Bürstenzytologie bei der endoskopisch retrograde Cholangiographie (ERC) bei niedriger Sensitivität sowie die endoskopische Ultraschalldiagnostik bei re- Abb. 1: Zytologie eines Pankreaskarzinoms mit azinären Strukturen und unterschiedlich großen, bisweilen exzentrischen Zellkernen. sektablem Befund (1). Bei geplanter palliativer Therapie sollte dagegen die histologische Sicherung erfolgen. Azinäres Zell Karzinom (Fettnekrose, Eosinophilie und Polyarthralgie) Pankreatoblastom Histologisch finden sich Infiltrierendes duktales Adenokarzinom Häufig besteht eine Überexpression des K-Ras Onkogens. Bei Vorliegen eines Pankreas­kopfkarzinoms kommt es häufig zu einem Verschlussikterus. Gelegentlich findet sich die Erstmanifestation eines Diabetes mellitus oder einer Pankreatitis. Tab: 2: TNM-Stadium (UICC 2010) T N M Kriterium 1 Tumor auf das Pankreas begrenzt, bis 2 cm Größe 2 Tumor auf das Pankreas begrenzt, mehr als 2 cm Größe 3 Tumor überschreitet das Pankreas ohne Infiltration des Truncus coeliacus oder der A. mesenterica superior 4 Tumor infiltriert den Truncus coeliacus oder die A. mesenterica superior 0 Kein Befall regionaler Lymphknoten 1 Befall regionärer Lymphknoten 0 Keine Fernmetastasen 1 Fernmetastasen Die Stadieneinteilung erfolgt klinisch (Tab. 3). Im Einzelfall kann das Staging allerdings erst intraoperativ komplettiert werden. Das Grading erfolgt von G1 bis G4. Eine mögliche Verbesserung der Prognose kann durch radikale Resektion erfolgen. Die klinische Stadieneinteilung erlaubt eine prog­nostische Abschätzung (Tab. 4). In der Studie von Boeck (2) wurden Gewebsproben auf das Vorliegen einer KRAS Mutation untersucht, die mit 70% ermittelt wurde. Patienten mit einem KRAS Wildtyp hatten ein verbessertes Gesamtüberleben (8 Monate vs. 6,5 Monate; HR 1.62, p 0.011). Tab. 3: Stadieneinteilung Stadium TNM Kriterium IA T1 N0 M0 Tumor auf das Pankreas begrenzt, bis 2 cm Größe IB T2 N0 M0 Tumor auf das Pankreas begrenzt, mehr als 2 cm Größe IIA T3 N0 M0 Tumor überschreitet das Pankreas, es liegt keine Infiltration des Truncus coeliacus oder der A. mesenterica superior vor IIB T1-3 N1 M0 Befall regionärer Lymphknoten III T4 N0-1 M0 Befall des Truncus coeliacus oder A. mesenterica superior Tab. 4: Prognosen auf der Grundlage klinischer Stadieneinteilung (nach 18) Ausbreitung Anteil in % 5-Jahres Überleben Lokal begrenzt/resektabel 7% 22% Lokal fortgeschritten/nicht resektabel 26% 9% Fernmetastasen 53% 2% Therapie Als therapeutische Optionen stehen zur Verfügung Operation im Stadium I und II Chemotherapie Palliative Maßnahmen: Stent Best supportive care Das Pankreaskarzinom ist mit einer Letalität von 95% verbunden. Die einzige kurative Option ist die operative Entfernung des Tumors. Die Indikation zur Resektion orientiert sich nicht am biologischen Alter, sondern an bestehenden Komorbiditäten. Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 49 Aktuelle Therapie des Pankreaskarzinoms Die 5-Jahres Überlebensrate liegt nach erfolgreicher Operation bei ca. 20% (18). Die Mehrheit der Patienten erleidet innerhalb von 24 Monaten lokale oder Fernmetastasen (33). Bei Infiltration des Tumors in den Truncus coeliacus oder die A. mesenterica superior ist eine kurative Resektion kaum möglich. Die Infiltration der V. portae oder der V. mesenterica superior spielt operations­taktisch eine geringere Rolle. Ziel ist stets die R0-Resektion, am günstigsten als en-bloc Resektion. Bei Ikterus ist die Anlage eines Stents nicht unbedingt erforderlich, jedoch bei Nachweis einer Cholangitis. Bei hepatobiliären Eingriffen wird eine perioperative AntibiotikaGabe empfohlen (Leitlinie EWK). Operation Pankreaskopftumore werden durch partielle Duodenopankreatektomie mit oder ohne Pyloruserhalt versorgt. Die klassische Whipple Operation hat denselben Stellenwert (Mortalität, Langzeit-Überleben) wie das pyloruserhaltenden Vorgehen. Pankreasschwanzkarzinome werden durch Linksresektionen therapiert. Die Irresektabilität des Pankreaskarzinoms wird durch die Lage des Tumors zur Aorta, A. und V. mesenterica superior und Truncus coeliacus bestimmt (23). Eine Resektion von Metastasen verbessert die Prognose nach Resektion des Primärtumors nicht. Für die Feststellung einer pN0 Situation ist die Entnahme von mindestens 10 Lymphknoten erforderlich. Stadium I: Bei Pankreaskopftumoren werden gegenwärtig die Pyloruserhaltene Pankreaticoduodenektomie oder eine modifizierte Whipple Operation empfohlen. Bei Pankreasschwanztumoren erfolgt die distale Pankreatektomie zumeist mit Splenektomie. Adjuvante Therapie 1987 präsentierte die GITSG eine Studie mit 43 Patienten, die eine kombinierte Radiochemotherapie (kumulativ 40 Gy mit Bolus 5-FU d1-3, danach 5-FU Bolus auf 2 Jahre komplettiert) erhielten. Der experimentelle Arm zeigte eine Verbesserung des Gesamtüberlebens im Median von 11 auf 21 Monate und eine Verbesserung des 2-Jah- Tab.5: Ergebnisse des ESPAC-1-Studie (25) Studie Behandlung Medianes Gesamtüberleben ESPAC-1 A: 5-FU/LV über 6 Monate Chemo (A+C) vs. No-Chemo (B+D): B: 5-FU plus 40 Gy Rt 20,1 vs. 15,5 Monate (p<0.009) C: 5-FU plus 40 Gy Rt plus ChemoRt (B+C) vs. No-ChemoRt (A+D): 15,9 vs. 17,9 Monate (p<0.05) 5-FU/LV D: Beobachtung res Überlebens von 18 auf 43%. Ein Viertel der randomisierten Patienten erhielt wegen perioperativer Komplikationen keine adjuvante Therapie (9). In einer vierarmigen Studie wurde der Effekt von Radiatio und Chemotherapie untersucht. Dabei konnte der größte Effekt der Chemotherapie zugeordnet werden (Tab. 5). Da die Radiochemotherapie als Behandlung mit erkennbaren Nebenwirkungen gilt, hat sie sich in Europa nicht als Standard durchsetzen können. Bei der Untersuchung der medikamentösen Therapien gilt Gemcitabin zwischenzeitlich als Standard der Behandlung. Die Monotherapie mit Gemcitabin verlängert in der Adjuvanz das progressionsfreie Überleben von 7 auf 13 Monate (27). In einer vergleichenden Studie erwiesen sich Gemcitabin und die Kombination 5-FU/ Folinsäure als gleich wirksam (26). In der adjuvanten Therapie des PankreasKarzinoms hat sich 6 x Gemcitabin mono durchgesetzt. Als Kontraindikationen sprechen gegen eine adjuvante Chemotherapie (1): ECOG 3 / 4 Unkontrollierte Infektion Leberzirrhose Child B oder C Schwere KHK, Myocardinsuffizienz NYHA III und IV Präterminale oder terminale Niereninsuffizienz Eingeschränkte Knochenmarkfunktion Stadium II A In diesem Stadium sind viele Patienten technisch nicht resektabel. Die Entfernung des Pankreas kann erwogen werden und gilt in einigen Kliniken als Standard. Als weitere 50 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 Optionen sind palliativ chirurgische Ansätze zur Wiederherstellung der Passage und neoadjuvante Therapiekonzepte zu nennen. Die Monotherapie mit Gemcitabin verlängert in der Adjuvanz das progressionsfreie Überleben von 7 auf 13 Monate (27), weshalb sich 6 Zyklen etabliert haben. Stadium IIB und III Bei der Mehrheit der Patienten greift der Tumor auf die großen Gefäße über und ist technisch nicht resektabel. In den USA wird in diesem Setting die Radiochemotherapie durchgeführt. Der Kombinations­partner zur Radiatio ist 5-FU per infusionem. Die Anwendung von 6 Zyklen Gemcitabin sind in Europa Standard. Bei einem lokal begrenzten Tumor von jüngeren Patienten, die nach 6 Zyklen Gemcitabin eine stabile Erkrankung zeigen, kann eine Chemoradiotherapie ein verbessertes Überleben bieten, wie die GERCOR-Studie mit 181 Patienten zeigen konnte (15). Stadium IV First line Nach der Cochrane-Analyse und seit der Publikation von Burris (3) gilt Gemcitabin als Standard bei der Behandlung des Pankreaskarzinoms, da das Überleben von 4 auf 6 Monate im Vergleich zu 5-FU verlängert wurde. Die Kombinationen von Gemcitabin mit zahlreichen Partnern führten nicht zu einer Verlängerung des Gesamtüberlebens. Kombinationen von Gemcitabin mit Platin oder mit Fluoropyrimidinen führten zu verbessertem Ansprechen ohne klare Überlebensvorteile. Die Kombination mit 5-FU, Irinotecan, Cisplatin und Oxaliplatin zeigt keine Überlebensvorteile. Die Kombination von Cisplatin und Gemcitabin wird durch eine Metaana- Aktuelle Therapie des Pankreaskarzinoms lyse gestützt, die bei jüngeren Patienten durchgeführt wurde (5, 11-13). Capecitabin 2000 mg/m 2/d, d1-14 q3w plus Erlotinib 150 mg/d kontinuierlich Die palliative Chemotherapie mit Gemcitabin führt zur Verlängerung des Gesamtüberlebens, der Verbesserung der Lebensqualität und einem klinischen Benefit (z.B. verringerter Schmerzmittel-Bedarf). Die Therapie wird beim Nachweis von Metastasen begonnen. Gemcitabin ermöglicht ein 1-Jahres-Überleben von 18-20% (21). Gemcitabin 1000 mg/m 2 über 30 min wöchentlich x 7, dann d1, 8, 15 q4w plus Erlotinib 150 mg/d kontinuierlich Gemcitabin und Erlotinib führt zu einem statistisch signifikanten Überlebensvorteil von zwei Wochen. Dieser Vorteil im 1-Jahres Überleben 24% vs. 19% ist jedoch mit Hauttoxizität verbunden (2). Nach einem Progress wurde ein Crossover ohne den Tyrosinkinaseinhibitor angeboten. Im EWK gilt für die palliative Situation des Pankreas-Karzinoms: 6 x Gemcitabin mono, im begründeten Einzelfall mit Er- FOLFIRINOX: Oxaliplatin 85 mg/m 2 d1, Irinotecan 180 mg/m 2 d1, LV 400 mg/ m 2 d1, dann 5FU 400 mg/m 2 als Bolus d1 und 2400 mg/m 2 als Dauerinfusion über 46h alle zwei Wochen. Die Ergebnisse (Tab. 6) zeigen einen Überlebensvorteil. Zur Etablierung einer second line-Therapie wurden Capecitabin/Erlotinib vs. Gemcita- In 70–80% findet sich beim Pankreaskopfkarzinom ein Verschlussikterus, der den Einsatz von Gefäßendoprothesen (Stents) erforderlich macht, wobei Metall-Stents bessere Langzeitergebnisse als Plastik Röhrchen haben. Maligne Duodenalstenosen können RR TTF 1 TTF 2 OS Capecitabin/Erlotinib 5% 3,4 Monate 4,4 Monate 6,9 Monate Gemcitabin/Erlotinib 13 % 2,4 Monate HR 0.69 4,2 Monate 6,6 Monate HR 0.96 lotinib (z.B. Patient mit ECOG 0) bzw. 6 x FOLFIRINOX (Patient mit ECOG 0-1). Auch 5-FU/Folinsäure oder die Kombination mit Oxaliplatin (OFF) kann bei gutem AZ gewählt werden (29). Second line Als Zweitlinientherapie kommen Capecitabin, 5-FU als Monotherapie oder in Kombination mit Oxaliplatin, Docetaxel und Irinotecan infrage. Ein Standard ist die Kombination Oxaliplatin mit Fluoropyrimi- Tab. 6: Ergebnisse der Studie Gemcitabin gegen FOLFIRINOX (nach 4). Studienarm Toxizitäten RR PFS OS Gemcitabin Diarrhoe 1,6 % Nausea 6,3 % Fatique 14,3 % Febrile Neutropenie 0 % 10,9 % 3,4 Monate 6,9 Monate bin/Erlotinib bei 279 Patienten (medianes Alter 64 Jahre) untersucht, wobei 51 % eine second line-Therapie erhielten (2): Das Auftreten einer venösen Thrombose ist beim Pankreaskarzinom häufig. Niedermolekulare Heparine wie Enoxaparin werden therapeutisch verwendet und können zur Prophylaxe eingesetzt werden (30). Tab. 7: Ergebnisse der Studie Capecitabin/Erlotinib vs. Gemcitabin/Erlotinib (2). Gemcitabin wurde in einer vergleichenden Studie gegen FOLFIRINOX bei 342 Patienten (medianes Alter 60 Jahre, medianer ECOG: 0-1) mit einem Follow-up nach19,5 Monaten untersucht (4). Gemcitabin: 1g/m 2 iv wöchentlich x 7, 1 Woche Pause, dann wöchentlich x 3q4w Komplikationen durch geeignete Stents behandelt werden. Die Gastroduodenostomie ist eine Option mit nicht gesicherter Wertigkeit. Bei Schmerzen werden geeignete Analgetika (u.a. Morphin) eingesetzt. Die perkutane Blockade des zöliakalen Plexus kann eine Schmerztherapeutische Option sein. Weitere Therapieoptionen sind Ernährungstherapie, Megestrolacetat und Dronabinol. Therapie-Ansprechen Die Wirkung einer Chemotherapie sollte alle 2 Monate evaluiert werden. Als Methoden sind im EWK die Bestimmung des CA 19-9 sowie Sonographie oder CT-Abdomen (im Wechsel) festgelegt. Nachsorge dinen (OFF). Hier konnte das Gesamtüberleben von 13 auf 26 Monate verlängert werden. (28). EWK-Standard: 6 Zyklen OFF bei ECOG 0-1. Bei fortgeschrittenen Tumoren sind die Aussichten auf Heilung gering, weshalb eine symptombezogene Nachsorge im Vordergrund steht. Hier wird nach einer endokrinen oder exokrinen Insuffizient gefahndet. Wird eine schematische Nachsorge seitens des Patienten gewünscht, so erfolgt alle 3 Monate eine körperliche Untersuchung mit Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 51 Aktuelle Therapie des Pankreaskarzinoms Bestimmung des CA 19-9. Alle 6 Monate kann ein CT durchgeführt werden. Literatur 1. Adler G, Seufferlein T, Bischoff SC et al.: S3 Leitlinie “Exokrines Pankreaskarzinom” 2007. Z Gastroenterol (2007) 45: 487-523. 2. Boeck SH, Vehling-Kaiser U, Waldschmidt D et al.: Gemcitabine plus erlotinib (GE) followed by capecitabine (C) versus capecitabine plus erlotinib (CE) followed by gemcitabine (G) in advanced pancreatic cancer (APC): A randomized, cross-over phase III trial of the Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO). J Clin Oncol 28:18s, 2010 Suppl. LBA4011 3. Burris HA, Moore MJ, Andersen J et al. Improvements in survival and clinical benefit with gemcitabine as first-line therapy for patients with advanced pancreas cancer: a randomized trial. J Clin Oncol (1997) 15: 2403–2413. 4. Conroy T, Desseigne F, Ychou M et al.: Randomized phase III trial comparing FOLFIRINOX (F: 5FU/leucovorin [LV], irinotecan [I], and oxaliplatin [O]) versus gemcitabine (G) as first-line treatment for metastatic pancreatic adenocarcinoma (MPA): Preplanned interim analysis results of the PRODIGE 4/ACCORD 11 trial. J Clin Oncol 28:15s, 2010 Suppl. #4010) 5. Cunningham D, Chau I, Stocken C et al.: Phase III randomised comparison of gemcitabine versus gemcitabine plus capecitabine in patients with advanced pancreatic cancer. Eur J Cancer (2005) 3(4 Suppl):3. 12. 6. Ferlay J, Autier P, Boniol M et al.: Estimates of the cancer incidence and mortality in Europe in 2006. Ann Oncol (2007) 18:581–592. 7. Ferrone CR, Finkelstein DM, Thayer SP et al.: Perioperative CA19-9 levels can predict stage and survival in patients with resectable pancreatic adenocarcinoma. J Clin Oncol. 2006. 24:28972902. 8. DeWitt J, Devereaux B, Chriswell M et al. Comparison of endoscopic ultrasonography and multidetector computed tomography for detecting and staging pancreatic cancer. Ann Intern Med. 2004. 141:753-763. 9. GITSG. Gastrointestinal Tumor Study Group. Further evidence of effective adjuvant combined radiation and chemotherapy following curative resection of pancreatic cancer. Cancer. 1987. 59:2006-2010. 10.Gold EB, Goldin SB: Epidemiology of and risk factors for pancreatic cancer. Surg Oncol Clin N Am (1998) 7:67–91. 11. Heinemann V, Qiietsch D, Gieseler F et al.: Randomizes phase III trial of gemcitabine plus Cisplatin compared with gemcitabine alone in advanced pancreatic cancer. J Clin Oncol (2006) 24: 39463952. 12. Heinemann V, Boeck S, Hinke A et al.: Meta-analysis of randomized trials: evaluation of benefit from gemcitabine-based combination chemotherapy applied in advanced pancreatic cancer. BMC Cancer (2008) 28:8–82. 13. Hermann R, Bodoky G, Ruhstaller T et al.: Gemcitabine plus capecitabine versus gemcitabine alone in advanced pancreatic cancer. A randomized phase III study of the Swiss Group for Clinical Cancer Research and the Central European Cooperative Oncology Group. J Clin Oncol (2007) 25:2212–2217. 14. Howe GR, Jain M, Burch JD et al.: Cigarette smoking and cancer of the pancreas: evidence from a population-based case-control study in Toronto, Canada. Int J Cancer. 1991. 47:323-328. 15. Huguet F, Andre T, Hammel P et al.: Impact of chemoradiotherapy after disease control with chemotherapy in locally advanced pancreatic adenocarcinoma in GERCOR phase II and III studies. J Clin Oncol (2007) 25:326–331. 16. Huxley R, Ansary-Moghaddam A, Berrington de Gonzalez A, et al.: Type-II diabetes and pancreatic cancer: a meta-analysis of 36 studies. Br J Cancer. 2005. 92:2076-2083. 17. IchiKawa T, Haradome H. Hachiya et al.: Pancreatic ductal adenocarcinoma: preoperative assessment with helical CT versus dynamic MR imaging. Radiology (1997) 202:655–662. 18. Jemal A et al.: Cancer Statistics, 2008. CA Cancer J Clin 2008;58:71–96 19. Klein AP, Brune KA, Petersen GM et al.: Prospective risk of pancreatic cancer in familial pancreatic cancer kindreds. Cancer Res. 2004. 64:26342638. 20.Ko AH, Hwang J, Venook AP et al.: Serum CA19-9 response as a surrogate for clinical outcome in patients receiving fixed-dose rate gemcitabine for advanced pancreatic cancer. Br J Cancer. 2005. 93:195-199. 21. Louvet C, Labianca R, Hammel P et al.: Gemcitabine in combination with Oxaliplatin compared with gemcitabine alone in locally advanced or metastatic cancer: Results of a GERCOR and GISCAD phase III trial. J Clin Oncol (2005) 23: 3509-3516. 22.Moore MJ, Goldstein D, Hamm J et al.: Erlotinib plus gemcitabine compared with gemcitabine alone in patients with advanced pancreatic cancer: a phase III trial of the National Cancer Institute of Canada Clinical Trials Group. J Clin Oncol (2007) 25:1960–1966. 23.NCCN 2012. Pancreatic Adenocarcinoma. 24.Neoptolemos JP, Dunn JA, Stocken DD et al.: Adjuvant chemoradiotherapy and chemotherapy in resectable pancreatic cancer: a randomised controlled trial. Lancet. 2001. 358:1576-1585. 52 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 25.Neoptolemos JP, Stocken DD, Friess H et al.: A randomized trial of chemoradiotherapy and chemotherapy after resection of pancreatic cancer. N Engl J Med (2004) 350:1200–1210. 26.Neoptolemos JP, Stocken DD, Bassi C et al.: Adjuvant chemotherapy with fluorouracil plus folinic acid vs gemcitabine following pancreatic cancer resection: a randomized controlled trial. JAMA. 2010. 304:1124-1125. 27. Oettle H, Post S, Neuhaus P et al.: Adjuvant chemotherapy with gemcitabine vs observation in patients undergoing curative-intent resection of pancreatic cancer: a randomized controlled trial. JAMA (2007) 297:267–277. 28.Pelzer U, Kubica K, Stieler J et al.: A randomized trial in patients with gemcitabine refractory pancreatic cancer: final results of the CONKO 003 study. Program and abstracts of the 44th American Society of Clinical Oncology Annual Meeting; May 30 - June 3, 2008; Chicago, Illinois. Abstract 4508. 29.Poplin E, Feng Y, Berlin J et al.: Phase III, randomized study of gemcitabine and oxaliplatin versus gemcitabine (fixed-dose rate infusion) compared with gemcitabine (30-minute infusion) in patients with pancreatic carcinoma E6201: a trial of the Eastern Cooperative Oncology Group. J Clin Oncol. 2009;27: 3778-3785. 30.Riess H, Pelzer U, Deutschinoff G et al.: A prospective, randomized trial of chemotherapy with or without the low molecular weight heparin enoxaparin in patients with advanced pancreatic cancer: results of the CONKO 004 trial. Program and abstracts of the 2009 Annual Meeting of the American Society of Clinical Oncology; May 29 - June 2, 2009; Orlando, Florida. Abstract LBA4506. 31. Robert Koch Institut: Krebs in Deutschland 2005 - 2006. Häufigkeiten und Trends. 7.Auflage 2010. 32.Rykowski JJ, Hilgier M: Efficacy of neurolytic celiac plexus block in varying locations of pancreatic cancer: influence on pain relief. Anesthesiology (2000) 92: 347–354. 33.Sperti C, Pasquali C, Pedrazzoli S: Ductal adenocarcinoma of the body and tail of the pancreas. J Am Coll Surg 1997; 185: 255-9 34.Stocken DD, Buchler MW, Dervenis C et al.: Metaanalysis of randomised adjuvant therapy trials for pancreatic cancer. Br J Cancer (2005) 92: 1372–1381. 35.Zhou J, Enewold L, Stojadinovic A et al.: Incidence rates of exocrine and endocrine pancreatic cancers in the United States. Cancer Causes Control. 2010. 21: 853-861. Buchbesprechung Buchbesprechung Rezension von Sigrid Rosen-Marks, Hamburg Auf brüchigem Boden Land gewinnen Biografische Antworten auf Krankheit und Krisen Annelie Keil Kösel-Verlag, München 2011 Seiten 253, gebunden € 17,99 ISBN 978-3-466-30907-8 Hier geht es um Krisenbewältigung. Der ausgesprochen lebens- und krankheitserfahrenen emeritierten Professorin für Sozialund Gesundheitswissenschaften Annelie Keil ist ein gut lesbarer Krisenratgeber auf anspruchsvollem Niveau gepaart mit viel Tiefsinn und Gelassenheit gelungen. Wie finde ich die Liebe zum eigenen Leben, zum eigenen Glück wieder? Den eigenen Lebenswert erkennen und vor allem aus der Ressource überstandener Krisen zehren; hier kann man es wieder erlernen. Es ist wie so oft im Leben: Eigentlich wissen wir alle viel von diesen Dingen - aber das Wissen zum richtigen Zeitpunkt hervorholen können, alles verknüpfen, neu zusammenbauen UND tatsächlich sinnvoll anwenden - genau dafür wird man hier an die Hand genommen und erinnert die eigenen Kräfte und Möglichkeiten. Trotzdem und sehr nachvollziehbar bleibt die Frage nach dem Warum? Warum ich, wa- rum zu diesem Zeitpunkt, warum ausgerechnet Krebs oder ein anderer besonders schlimmer Schicksalsschlag. Und gerade bei dieser sehr verständlichen Frage ist das Buch eine handfeste, tröstende und begleitende Hilfe. Frau Prof. Dr. Keil nimmt den Leser an die Hand und bringt ihm in behutsamen Schritten bei, wie er die Stürme des Lebens akzeptieren kann. Und sie stellt klar, dass biografische Arbeit zum Leben dazugehört: „Neue Gegenwart ist nicht einfach da, sondern entsteht“. (S. 241). Schicksalsschläge wollen, ja müssen, verarbeitet werden. Ohne Fleiß kein Preis. Wer im ersten Schock eines Schicksalsschlages stecken bleibt, hat die Arbeit des Lebens nicht verstanden. Das Leben besteht in jeder Hinsicht aus sehr konträren Polen und es gilt laut Prof. Dr. Keil durch Umdenken und Lernprozesse zwischen diesen Kontrasten das Leben zu meistern. Besonders einer ihrer spannenden Gedanken, nämlich dass keine Krise stärker ist als die nächste Krise, berührt mich: „So wird das Problem einer quälenden Kinderlosigkeit vom Auftauchen einer MS-Erkrankung abgelöst und verliert seine Bedeutung“ (S. 115). Das heißt letztendlich, dass die Bewertung einer Krise auch immer sehr vom einzelnen Individuum abhängt. Sie lässt ihre Leser mit diesen Erkenntnissen nicht alleine. Hilfreich und spannend zeigt sie auf, wie der Mensch auch in tiefen Krisen wieder zu sich finden kann. Wir können mit gestalten und sind in aktiver Arbeit an unserer Erfahrungs- und Lebenswelt beteiligt. Und wer auf brüchigem Boden Land gewinnen möchte, ist gut beraten, wenn er seinen Gestaltungsspielraum im Leben nutzt. Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 53 Der Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V. (AdP) Der Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V. (AdP) Bauchspeicheldrüsenoperierte-Bauchspeicheldrüsenerkrankte D er Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V. (AdP) ist eine Vereinigung von Menschen, die an der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) operiert wurden, operiert werden sollen oder an einer Erkrankung (in der Mehrzahl Krebserkrankungen) der Bauchspeicheldrüse leiden. Besonders intensiv bemühen wir uns um Patienten, bei denen die Bauchspeicheldrüse wegen einer dieser Erkrankungen teilweise oder vollständig entfernt werden musste. Jährlich erkranken etwa 14.500 Menschen in Deutschland an einem Tumor der Bauchspeicheldrüse. Darüber hinaus leben 45.000 bis 50.000 Menschen mit einer chronischen Entzündung der Drüse. Betroffene Menschen hatten sich 1976 im AdP gemeinsam mit Ärzten und Diätassistenten in Heidelberg zur SH-Organisation „Arbeitskreis der Pankreatektomierten“ zusammengeschlossen, weil sie nach einer Operation an der Bauchspeicheldrüse vor Problemen standen, die sie nicht allein bewältigen konnten. Die Gründung des AdP fiel in die Zeit, in der sich die Idee der „Hilfe durch Selbsthilfe“ in Deutschland erst verbreitete. Ärzte und deren Standesorganisationen sowie die Versicherungsträger begannen damals nur sehr zögerlich, die entstehenden Selbsthilfegruppen zu akzeptieren. Im Gegensatz zu andern Gruppen konnten wir als AdP in Heidelberg von Anfang an auf die Hilfe und Unterstützung von Ärzten bauen! Nach nunmehr 36 Jahren sind wir in ganz Deutschland ein anerkannter Partner für Kliniken, Ärzte, REHA-Einrichtungen, Krankenkassen, staatliche Dienststellen und andere Gesundheitseinrichtungen. Wir besitzen eine Betroffenenkompetenz, die für die Lösung vieler Probleme unersetzbar ist. Häufig auftretende Probleme von Pankreatektomierten Der bei ca. 70 % der Erkrankten auftretende Diabetes mellitus (= Dia­betes mellitus Typ 3 C) ist nach einer Pan­ kreas­operation weit schwieriger zu bewältigen als der „normale“ Typ 1 Diabetes. Außer dem Hormon INSULIN fehlt auch das Hormon GLUKAGON, das dem starken Abfall der Blutzuckerwerte entgegenwirkt und somit die Gefahr der lebensgefährlichen Unterzuckerungen mindert. Somit ist dieser Diabetes-Typ sehr schwer einstellbar und führt häufig zu Unterzuckerungen. Die Behandlung dieses pankreopriven Diabetes erfolgt überwiegend mit mehreren Insulininjektionen am Tag oder mit einer Insulinpumpe. Das Messen des Blutzuckers mehrmals am Tag ist daher unumgänglich. Da in der Regel nach einer totalen Bauchspeicheldrüsenentfernung oder nach der Entfernung des Kopfes der Bauchspeicheldrüse die Verdauungsenzyme nicht mehr vorhanden sind oder nicht mehr ausreichen, wirkt sich dies auf die gesamte Verdauung, insbesondere jedoch auf die Fettverdauung, aus. Patienten müssen die Pankreas­enzympräparate korrekt zum richtigen Zeitpunkt einnehmen und sich darüber hinaus vernünftig ernähren, sonst können starke Verdauungsbeschwerden und ein starker Gewichtsverlust auftreten. Die Beeinträchtigungen des körperlichen Leistungsvermögens sowie psycho-soziale Probleme machen darüber hinaus vielen betroffenen Menschen stark zu schaffen. Angebote des Arbeitskreises der Pankreatektomierten (AdP) e.V. für seine 1.150 Mitglieder und alle Interessierten: AdP-Bundestreffen: alle zwei Jahre mit Vorträgen, Diskussionsgruppen und der Möglichkeit von Einzelkonsultationen mit den Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beirates des AdP. Regelmäßige Regionaltreffen mit Spezialkliniken und REHA-Einrichtungen in allen Regionen Deutschlands. Ein kostenloses Handbuch des AdP für jedes Mitglied als Loseblattsammlung mit jährlich zweimaliger Aktualisierung. Bundesgeschäftsstelle des AdP in Bonn als erste Ansprech- und Beratungsstelle. 54 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 Regionalgruppen in allen Bundesländern Deutschlands als Kontakt- und Ansprechpartner. AdP-Homepage mit aktuellen Informationen sowie ein umfangreiches Diskussionsforum. Die Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirates des AdP stehen für individuelle Konsultationen zur Verfügung. Experten für sozial-rechtliche Fragen erteilen Auskünfte. Der Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V. (AdP) Meistens geraten die betroffenen Menschen und deren Angehörige nach einer Operation oder mit einer Pankreas-Erkrankung von heute auf morgen in völlig neue Lebenssituationen. Sie werden mit Fragen und Problemen konfrontiert, mit denen sie vorher nie zu tun hatten und fühlen sich oft hilflos. Durch Bundes- oder Regionaltreffen bietet der AdP Betroffenen regelmäßig neueste Informationen zur Bewältigung ihrer lebenswichtigen Probleme an. Erfahrungsaustausch und das persönliche Gespräch mit Ärzten, Ernährungsberatern und Psycholo- gen sowie Sozialarbeitern stehen dabei im Mittelpunkt. Einen nicht wegzudenkenden Beitrag leistet der Wissenschaftliche Beirat des AdP, in dem Ärzte der verschiedenen Disziplinen sowie Psychologen, Diätassistenten und Ernährungsberater, Sozialexperten und Apotheker vertreten sind. Hier werden die aktuellen medizinischen Erkenntnisse diskutiert und die entsprechenden Aktivitäten des AdP koordiniert. Die Mitglieder des Beirates stehen den AdPMigliedern auch für persönliche Konsultationen zur Verfügung. basan weiß, wo es lang geht. Der AdP nimmt an wissenschaftlichen Tagungen und Kongressen zur Thematik der Bauchspeicheldrüsenerkrankungen mit Vorträgen und Informationsständen teil und bietet häufig in diesem Rahmen Arzt-Patienten-Treffen an. Anschrift: Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V. Haus der Krebs-Selbsthilfe Thomas-Mann-Str. 40, 53111 Bonn Telefon: 0228/338 89-251/252 Telefax: 0228/338 89-253 E-Mail: [email protected] Internet: www.adp-bonn.de http://www.bauchspeicheldruese-pankreasselbsthilfe.de 30 Jahre basan: Unsere Erfahrung ist Ihr Vorteil basan Portfolio: Ihr Vollversorger für den Reinraum und kontrollierte Umgebungen basan Service: Maßgeschneidert für Ihre Anforderungen basan Beratung: Mitarbeiter, die Sie kennen, verstehen und Lösungsfinder sind basan Logistik: Zuverlässige Lieferleistung, SAP-Bestellabwicklung, 4100 m² Hochregallager mit topmoderner Lagertechnologie basan Kooperationen: Starke und stabile Lieferanten- und Kundenbeziehungen basan GmbH the cleanroom division of VWR Versorgungssicherheit aus einer Hand Neue Adress e! Mönchhof-Gelände Donaustraße 1 65451 Kelsterbach Tel. +49 6107 9008-500 [email protected] www.basan.de Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 55 Lebender Kolumnentitel Die Interviewrunde nach der 5. Sommerakademie für Studierende der Pharmazie 2012 mit Veronika Hagelstein/Bonn (1.v.l.), Dr. Karla Domagk/Cottbus (3.v.l.), Julia Deyssenroth/Uni Bonn (2.v.r.) und Sabrina Burmeister/Uni Hamburg (1.v.r.) INTERVIEW 5. Sommerakademie der DGOP Ein Intensivseminar für StudentInnen der Pharmazie im Hauptstudium F ür die Deutsche Gesellschaft für Onkologische Pharmazie (DGOP) ist eine patientennahe enge Kooperation zwischen onkologisch tätigen Ärzten und Apothekern im Sinne des Patienten unverzichtbar. Die Unterstützung der Universitäten bei der Ausbildung im Fach „Klinische Pharmazie” zählt zu ihren erklärten Zielen, um frühzeitig das Interesse und Verständnis für die Fragen der onkologischen Praxis zu wecken [1]. In Kooperation mit dem Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) organisierte die DGOP bereits zum 5. Mal die Sommerakademie unter dem Motto: „Ars pharmaceutica – Kunst und Können in der Pharmazie“. 30 Studierende aus der ganzen Republik waren vom 02.- 04. August 2012 nach Hamburg gereist. Im Interview mit den jungen Kolleginnen Julia Deyssenroth, Sabrina Burmeister und Veronika Hagelstein erfuhr Dr. Karla Domagk, warum sich Nachwuchsförderung für die DGOP lohnt. Sommerakademie erfahren habe. Ich glaube, ich bin darauf während meines PJs an der MHH (Medizinischen Hochschule Hannover) gestoßen, als ich Mitglied der DGOP wurde, weil mich das Fach Onkologie schon immer interessierte. Angemeldet hatte ich mich schon zur 4. Sommerakademie, aber aufgrund der hohen Nachfrage keinen Platz mehr bekommen. Dieses Jahr hat es geklappt! 1. Sie haben das Angebot der DGOP zur 5. Sommerakademie angenommen. Wie haben Sie von der 5. Sommerakademie erfahren? Deyssenroth: Um ganz ehrlich zu sein, weiß ich nicht mehr ganz genau, wie ich von der Hagelstein: Bereits im letzten Jahr habe ich durch Aushänge in der Universität von der Sommerakademie erfahren. Zeitlich war mir eine Teilnahme aber leider nicht möglich. Endgültig für eine Teilnahme in diesem Jahr habe ich mich entschieden, nachdem ich Burmeister: Durch mein Praktikum in der Heidekreis-Klinikum GmbH. 56 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 von Herrn Prof. Dr. Jaehde vom diesjährigen Termin erfahren habe und sich gleichzeitig die Möglichkeit ergab, durch die persönliche Teilnahme vor Ort mit Herrn Meier zu sprechen, um die DGOP als Kooperationspartner für das Projekt meiner Masterarbeit zu gewinnen. 2. Was haben Sie fachlich von der Sommerakademie mitgenommen? Deyssenroth: Das Themengebiet der Onkologischen Pharmazie besteht aus weit mehr als dem Roten Buch und der Herstellung von Zytostatika. Der Patient muss der zentrale Punkt sein, in all seinen Facetten. Das beginnt beim Fachwissen über seine Erkrankung, geht über die fachgerechte Bereitstellung der Therapie gleich welche Art bis hin zu seiner psychosozialen Betreuung. Die Zusammenarbeit zwischen Apothekern, Ärzten, Pflegepersonal, Familienangehörigen und vielen weiteren Parteien ist ausnahmslos für den onkologischen Patienten wichtig. Diese Veranstaltung hat mir die Vielfalt dieses Faches noch einmal besonders vor Augen geführt, jeden Tag! 5. Sommerakademie der DGOP Burmeister: Sehr viel. Es wurden viele Aspekte der Onkologie behandelt, die in der Uni nie thematisiert wurden, wie z.B. die Psychoonkologie. Auch Grundlagen der Zytostatikatherapie sowie Supportivmaßnahmen wurden sehr ausführlich und verständlich dargestellt. Es wurde klar, wie viele unterschiedliche Aspekte beachtet werden müssen, um den Patienten pharmazeutisch gut zu betreuen und ihm die schwere Zeit der onkologischen Therapie zu erleichtern. Hagelstein: In fachlicher Hinsicht habe ich durch die Sommerakademie die verschiedenen inhaltlichen Aspekte aus dem Studium weiter vertiefen können. Das im Rahmen der Pharmazeutischen Betreuung verwendete SOAP-Schema wird bei uns in Bonn im Studium sehr ausführlich behandelt, sodass diese Methode für mich nicht neu war. Inhaltlich habe ich aber auch aus den Fallbeispielen dazugelernt und Übung schadet ja bekanntlich nie. Meinen Horizont erweitert haben aber besonders Themen wie beispielsweise Qualitätssicherungsmaßnahmen, psychoonkologische oder künstlerische Aspekte, die überhaupt nicht oder nicht in diesem Umfang im Studium angesprochen werden können. 3. Welches der angebotenen Themen wollen/werden Sie inhaltlich vertiefen? Deyssenroth: Mein Lieblingsthema war und ist nach wie vor die medikamentöse bzw. nichtmedikamentöse Therapie von Tumorerkrankungen. Ich könnte mich stundenlang mit dem Roten Buch und entsprechender Fachliteratur in der Bibliothek verkriechen und mich darüber informieren. Insofern werde ich auch in Zukunft versuchen, mich auf diesem Gebiet auf dem Laufenden zu halten. Erste Einblicke konnte ich glücklicherweise während meines PJs schon sammeln, ob es nun eine Chemoembolisation bei hepatozellulären Karzinomen war oder die scheinbar „banale“ Herstellung von applikationsfertigen Zytostatikalösungen. Burmeister: Das Themenangebot war sehr interessant und tiefgehend, daher müsste für mich nichts vertieft werden. Hagelstein: Durch die Sommerakademie habe ich viel Neues gelernt und angefan- gen, mich für Themen zu interessieren, die für mich vorher nicht besonders spannend klangen. Im Rahmen meiner Masterarbeit werde ich mich hauptsächlich mit den The- men Pharmazeutische Betreuung von Tumorpatienten und Supportivmaßnahmen beschäftigen. Darüber hinaus würde ich gerne das Thema Psychoonkologie weiter verfolgen. 4. Welche Aspekte waren für Sie persönlich besonders wichtig? Deyssenroth: Wie oben schon angedeutet, es ist die Vielfältigkeit dieses Gebiets. Selten wird einem diese so deutlich vor Augen geführt wie an diesem Intensivseminar! Dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken. So sind z.B. ein Qualitätsmanagement oder Supportivmaßnahmen aus der heutigen Herangehensweise bei der Behandlung von Patienten mit Krebs nicht mehr wegzudenken – und das ist auch gut so! Burmeister: Der Kontakt mit unterschiedlichen Persönlichkeiten, die im Bereich der onkologischen Pharmazie tätig sind. Hagelstein: Auch wenn es zunächst eigenartig klingen mag, waren für mich die kleineren und größeren Pausen sowie die gemeinsamen abendlichen Aktivitäten besonders wichtig. Denn gerade dann bestand die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Studenten, Pharmaziepraktikanten und bereits Approbierten, wodurch ich viele Anregungen und neue Kontakte mitnehmen konnte. Wichtig war für mich außerdem der Bezug der angebotenen Seminare und Workshops zur Praxis. Die entspannte Atmosphäre, die perfekte Organisation und die tollen Räumlichkeiten haben die Sommerakademie dann insgesamt abgerundet. 5. Was wünschen Sie sich für die künftige Kooperation zwischen BPhD und DGOP bzw. nachfolgenden Studierenden? Deyssenroth: Ich wünsche mir, dass noch offensiver auf diese Veranstaltung aufmerksam gemacht wird, denn ich glaube, viele wussten von dieser tollen Gelegenheit nicht einmal etwas! Von Studierenden wünsche ich mir Offenheit, auf dieses spannende Thema zuzugehen, denn wenn man sich erst einmal einfindet, stehen jedem zahlreiche Möglichkeiten offen, hier sein Plätzchen zu finden und Spaß an der Onkologischen Pharmazie zu haben! Burmeister: Dass die Kooperation weiterhin so wunderbar funktioniert. Hagelstein: Ich würde mir wünschen, dass die Sommerakademie in dieser oder ähnlicher Form in Zukunft weiter angeboten wird, um Studierenden und frisch Examinierten die Möglichkeit zu geben, sich über die Inhalte des Studiums hinaus mit dem Thema Onkologische Pharmazie frühzeitig und in geeigneter Form auseinanderzusetzen. (1)Leitbild: http://dgop.org/leitbild.php vom 10.10.12 Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 57 Buchbesprechung Buchbesprechung Rezension von Doris Haider, Wien Solide Tumoren im Kindesalter: Grundlagen - Diagnostik - Therapie Jörg Fuchs (Hrsg.) Verlag: Schattauer, 1. Auflage (März 2012) 406 Seiten, gebunden, 418 Abb., 72 Tab., inkl. DVD mit mehr als 15 Tumoroperationen € 199,ISBN: 978-3794527861 Langjährige Erfahrung von Kinderärzten jeglicher Subdisziplinen des Fachgebietes spiegelt sich in diesem interdisziplinären Buch wieder. Solide Tumoren sind im Kindes- und Jugendalter eher seltene Erkrankungen. Neben den Hirntumoren sind im Besonderen Neuroblastome, Nephroblastome, Weichteilsarkome sowie Knochentumoren zu nennen. Um allen Bedürfnisse des Patienten bestmöglich zu begegnen, ist in der Onkologie immer eine multidisziplinäre Zusammenarbeit notwendig. Zu Beginn findet sich eine sehr klar formulierte Übersicht über Grundlagen, Diagnostik und Therapie solider Tumoren im Kindesalter. Im speziellen Teil werden in 12 Kapiteln, die in einheitlicher Struktur aufgebaut sind, jeweils Tumorarten wie medistinale Tumoren bis Nasopharynxkarzinomen besprochen. Neben Klinik/ Diagnostik, Stadieneinteilung/ Risikostratifizierung wird vor allem die chirurgische Therapie mit markantem Bildmaterial beschrieben. Am Ende jedes Kapitels findet sich der Literaturteil, der rezente Quellen bietet. Dem Buch ist eine DVD beigelegt, die Operationstechniken zeigt: Schritt für Schritt über 15 konventionelle und minimal-invasive Operationen. Allen, die wir mit Kindern arbeiten, ist bewusst, welchen Wert dieses Buch hat. In der Pädiatrie wünschen wir uns mehr medikamentöse Optionen, die aber oft auf Grund zu geringer Studiendaten, wegen der Studienpopulation schwer zugänglich sind. Aber auch die Basisdaten aufgrund der Seltenheit der Tumoren werden kaum in solch gebündelter Form dargestellt: Somit stellt dieses Buch eine einzigartige „Expedition“ im Bereich der soliden Tumoren in der Pädiatrie dar. Nichts desto trotz wird jeder Apotheker für sich die Entscheidung treffen, ob er in ein Buch in gehobenem Preissegment, das den supportiven Teil nicht anspricht und Chemotherapien so bespricht, dass auf jeden Fall 58 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 eine zusätzliche Literaturrecherche notwendig ist, investieren möchte. Resümee: Hut ab vor dem Team an Spezialisten, das sich hier gefunden und mit Leidenschaft ein oft vernachlässigtes Thema so strukturiert und tiefgehend bearbeitet hat!