ED IT OR IA L - Deutsche Gesellschaft für Onkologische Pharmazie

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Versorgungsstörungen in der
Onkologie gemeinsam beenden
14. Jahrgang · Nr. 4/2012
Inhalt
Leitlinien in der Onkologie
4
Molekularbiologische Grundlagen zur Diagnostik
beim Pankreaskarzinom
8
Proteintherapeutika in der Onkologie 16
Operative Strategien beim Pankreaskarzinom
18
ISOPP XIII: The Thirteenth International Symposium
on Oncology Pharmacy Practice
20
VZA-Symposium
„Fachapotheke für orale Chemotherapie“
24
Mammakarzinom: Update 2012
26
Entfernung der Achsellymphknoten beim frühen
Mammakarzinom: notwendig oder nicht? 30
Innovative Therapieoptionen bei Myeloproliferativen
Neoplasien
32
Hepatozelluläres Karzinom und Cholangio­zelluläres
Karzinom: Medikamentöse Therapie
35
Hepatozelluläres Karzinom: Chirurgische Therapie
39
Grundlagen der allogenen Stammzelltransplantation
41
Pharmakologie und Pharmakoökonomie
der LHRH-Analoga
44
Aktuelle Therapie des Pankreaskarzinoms
48
5. Sommerakademie der DGOP 56
Ständige Rubriken
Who is who 7
EDITORIAL
Inhalt/Editorial
Im Juli 2012 zeichnete die Berliner
Zeitung in ihrem Wirtschaftsteil
ein düsteres Bild für die Pharmaindustrie: Laut einer Umfrage von Booz & Co sagen 2 von
3 Managern, dass das bisherige Geschäftsmodell zu Ende
sei. 2012 sei ein Jahr des Schreckens. Denn die Konzerne
hätten Patente für Arzneimittel verloren, die allein 27 Milliarden Euro Umsatz einspielen. Bis 2018 sei fast ein Drittel
des gesamten derzeitigen Marktes betroffen. Innerhalb von
Wochen würden dadurch 90 Prozent des bisherigen Umsatzes durch den Einsatz von Nachahmerprodukten verloren
gehen.
Die Food and Drug Administration der USA (FDA) berichtet seit geraumer Zeit in einer Rubrik über Probleme von
Arzneimittel-Lieferengpässen. Diese sind seit 2010 auf
mehrere Gründe, u. a. auf Herstellungs- und Qualitätsprobleme, zurückzuführen.
In der Folgezeit versuchte die FDA deshalb besonders auf
Firmen einzuwirken, die ähnliche Produkte herstellen,
bestehende Versorgungsengpässe durch Anhebung ihrer
Produktionskapazitäten zu vermindern.
In den letzten Monaten dieses Jahres mehrten sich auch
in Deutschland die Hinweise darauf, dass neben Produkten, die durch Produktionsausfälle nicht zur Verfügung
standen, auch Arzneimittel für onkologische Patienten zu
den plötzlich nicht verfügbaren Arzneimitteln zählen. Immer häufiger müssen wir feststellen, dass im Rahmen von
Ausschreibungen nicht nur bestimmte Produkte, sondern
ganze Länder in Europa aus der Versorgung einzelner Firmen herausfallen.
Die Gründe liegen auf der Hand. Der für die Firmen notwendige Preis kann nicht erreicht werden. In anderen Ländern
oder Regionen dieser globalisierten Welt sind bessere
Gewinne zu erzielen und deshalb bewegen sich auch die
Arzneimittel dorthin.
Wie können wir Apotheker darauf Einfluss nehmen? Bundesweit richtet sich die DGOP an alle Zytostatika herstellenden Apotheken, Lieferengpässe anonymisiert zu melden
unter http://www.dgop.org. Daraus wird ein wöchentlicher
Überblick erstellt, der regelmäßig an die Bundesregierung
und das Ministerium für Gesundheit weiter geleitet wird.
Testiertes interaktives Selbststudium
13
Buchbesprechungen (Seiten 14, 53, 58)
14
Hierbei erwarten wir als DGOP, dass die Hersteller nicht
länger einem ausufernden Gewinnstreben überlassen bleiben dürfen, sondern die Verpflichtung haben, Medikamente zur Heilung oder Linderung von Krankheiten bezahlbar
zur Verfügung zu stellen.
Impressum
16
Ihr Klaus Meier
Die besten Websites
59
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 3
Lebender Kolumnentitel
Leitlinien weisen den Weg
in schwierigem Gelände.
Bild: Dr. Petra Jungmayr, Esslingen
Leitlinien in der Onkologie
Von Petra Jungmayr, Esslingen
ESMO-Leitlinie zum Pankreaskarzinom
P
atienten, die an einem Pankreaskarzinom erkrankt sind, haben nach wie vor eine
schlechte Prognose. Umso wichtiger ist es, neue Informationen, die zu einer Verbesserung beitragen können, rasch und für alle Beteiligten zugänglich zu machen. Diese
Möglichkeit nutzen Leitlinien, die von unterschiedlichen Fachgesellschaften erstellt
und aktualisiert werden. Die neueste Leitlinie zum Pankreaskarzinom wurde 2012 von
der European Society für Medical Oncology (ESMO) erstellt.
Die aktuelle ESMO-Leitlinie zum Pankreaskarzinom trägt die Bezeichnung „Pancreatic adenocarcinoma: ESMO-ESDO Clinical
Practice Guidelines for diagnosis, treatment
and follow-up“. Sie ist ein Update der 2008
erstellten Version und wurde im Juni 2012
in Kooperation mit der ESDO (ESDO =
European Society of Digestive Oncolo-
gy) veröffentlicht. Im Vergleich zu anderen
Leitlinien zum Pankreaskarzinom wie etwa
der derzeit überarbeiteten S3-Leitlinie (s.
KASTEN) oder der Leitlinie der Deutschen
Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) ist die ESMO-Leitlinie kurz
gefasst und legt ihren Schwerpunkt auf das
praktische klinische Vorgehen.
4 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
Die ESMO-Leitlinie ist in folgende Abschnitte gegliedert:
Epidemiologie und Risikofaktoren
Histologie und Genetik
Symptome und Diagnose
Staging und Risikoeinschätzung
Behandlungsmöglichkeiten (chirurgische, adjuvante, neoadjuvante, palliative
Therapie)
Darlegung der Interessenskonflikte
Literatur (Verweis auf 39 Literaturstellen)
Die für den onkologisch tätigen Pharmazeuten wichtigsten Informationen sind in
Leitlinien in der Onkologie
den Abschnitten über die Behandlungsmöglichkeiten zusammengefasst. Hier beschreibt
die Leitlinie das Vorgehen in der adjuvanten
und neoadjuvanten Situation, diskutiert die
Therapiemöglichkeiten im fortgeschrittenen
Tumorstadium und geht auf die Betreuung
in der Palliation ein.
Epidemiologie und Risikofaktoren
Pankreaskarzinome sind in Europa die siebthäufigste maligne Tumorentität und machen
2,8% aller Karzinome bei Männern und 3,2%
bei Frauen aus. Die jährliche Inzidenzrate
beträgt für Männer 11,6 Fälle auf 100.000
Einwohner (mit großen lokalen Schwankungen wie etwa 4,7 Fälle auf Zypern und 17,2
in Ungarn; jeweils auf 100.000 Menschen
bezogen), für Frauen 8,1 Fälle auf 100.000
Einwohner (2,1 auf Zypern und 11,4 in Finnland; jeweils auf 100.000 Fälle bezogen).
Die Häufigkeit der Erkrankung steigt mit
dem Alter, und zum Zeitpunkt der Diagnose
sind die meisten Betroffenen über 65 Jahre
alt. Mögliche Risikofaktoren sind Rauchen,
Übergewicht und diätetische Faktoren wie
der hohe Konsum von verarbeitetem Fleisch.
Die Prognose für die Patienten ist schlecht,
was sich in Ein-Jahres-Überlebensraten zwischen 11% auf Malta und 28,3% in Belgien
widerspiegelt. Mehr als 95% aller Betroffenen werden an ihrer Tumorerkrankung sterben. Die hohe Mortalitätsrate resultiert aus
einer späten Diagnose, einer frühen Tumormetastasierung und einem schlechten Ansprechen des Tumors auf eine Radio- oder
Chemotherapie.
ESMO-Leitlinien (ESMO CPG)
Die European Society für Medical Oncology (ESMO) erstellt Evidenz-basierte Leitlinien zu unterschiedlichen Tumorentitäten, die als ESMO Clinical Practice Guidelines
(ESMO CPG) bezeichnet werden. Diese kurz gefassten Leitlinien befassen sich mit
Inzidenz, Diagnostik, Staging, Risikobewertung, Behandlungsmaßnahmen sowie der
Nachbeobachtung ausgewählter Tumorerkrankungen und geben eine Übersicht zum
derzeitigen Wissensstand. Die Leitlinien werden in Arbeitsgruppen erstellt und in
Konsensuskonferenzen diskutiert und verabschiedet. Zwischen Oktober 2007 und
Januar 2012 wurde etwa zehn Leitlinien entwickelt. Sie sind in den Annals of Oncology veröffentlicht und online abrufbar.
Pankreaskarzinome liegen KRAS-Mutationen vor und bei knapp der Hälfte finden
sich Mutationen am Tumorsuppressorgen
p53 sowie am DPC4/Smad4-Gen.
Symptome, Diagnostik und Staging
Die späte Diagnose eines Pankreaskarzinoms liegt unter anderem an fehlenden
Screening-Methoden und an dem Ausblei-
ben charakteristischer Frühsymptome. Die
Beschwerden treten relativ spät auf und
sind abhängig vom Ort des Tumorwachstums. Beim Pankreaskopfkarzinom stehen
Schmerzen im Epigastrium, teilweise mit
Ausstrahlung in den Rücken, Gewichtsverlust sowie ein Verschlussikterus mit Zeichen
einer Gelbsucht im Vordergrund. Die Diagnostik umfasst die sonographische Untersuchung des Oberbauchs, ergänzend oder
alternativ können weitere Verfahren wie
Überarbeitung der deutschen S3-Leitlinie
zum Pankreaskarzinom
Die im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Krebsgesellschaft erstellte und 2007 publizierte
S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des exokrinen Pankreaskarzinoms (AWMFLeitlinien-Register 032/010) hat ihre Gültigkeit verloren und wird derzeit überarbeitet. Die neue Version wird voraussichtlich Ende des Jahres zur Verfügung stehen und
unter anderem folgende Neuerungen enthalten:
Neue Empfehlungen für die Pathologie
Es wird eine standardisierte Aufbereitung und Beurteilung des Tumorresektats
empfohlen, um eindeutige und reproduzierbare Zuordnungen zu R0- und R1-Resektionsraten zu ermöglichen.
Neue Empfehlungen für die adjuvante, neoadjuvante und palliative Therapie
Histologie
Duktale Adenokarzinome sind die häufigsten Erscheinungsarten maligner Pankreastumoren. Sie treten in 90% aller Fälle sporadisch auf, genetische Ursachen (wie etwa die
hereditäre Pankreatitis, das Peutz-Jeghers
Syndrom, familiäre maligne Melanome, hereditäte Brust- und Ovarialtumore und das
Lynch Syndrom) sind selten. Drei Viertel
aller duktalen Adenokarzinome wachsen am
Pankreaskopf oder Pankreasnacken, 15-20%
am Pankreaskorpus und 5-10% am Pankreasschwanz. Bei mehr als 80% aller duktalen
In der Adjuvans sind 5-FU und Gemcitabin gleichwertig, allerdings ist Gemcitabin
besser verträglich (Ergebnisse der ESPAC-3-Studie). Mit beiden Therapieschematas werden Fünf-Jahres-Überlebensraten von etwa 20% erzielt.
Radio- und Chemotherapie in der Neoadjuvans werden neu bewertet.
In der palliativen Situation werden mit FOLFIRINOX höhere mediane Überlebensraten erzielt als mit Gemcitabin. FOLFIRONOX wird daher als neuer Standard für
Patienten mit metastasiertem Pankreaskarzinom empfohlen. Der Patient sollte
aufgrund der Toxizität dieser Therapie einen guten Allgemeinzustand aufweisen.
Bestimmte Subgruppen (mit einer SPARC-Exprimierung im Stroma) profitieren von
einer Therapie mit nab-Paclitaxel plus Gemcitabin. Diese Empfehlung wird ebenfalls in die neue Leitlinie aufgenommen werden.
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 5
Leitlinien in der Onkologie
etwa die Computersonographie oder Magnetresonanztomographie eingesetzt werden.
Die Bestimmung von Tumormarkern wie
CA19-9 ist von begrenzter Aussagekraft.
Die Klassifikation erfolgt auf der Basis der
TNM Kriterien, die Stadieneinteilung nach
dem American Joint Committee on Cancer
(AJCC-UICC). Neu ist die Empfehlung zu
einer standardisierten Aufbereitung und Beurteilung des Tumorresektats, um eindeutige
und reproduzierbare Zuordnungen zu R0und R1-Resektionsraten zu ermöglichen.
Therapie
Chemo- und Radiotherapie erfolgen beim
Pankreaskarzinom nicht in kurativer Absicht – die einzige kurative Therapie ist die
radikale chirurgische Entfernung des Tumors – sondern adjuvant, neoadjuvant oder
palliativ. Für die adjuvante Therapie empfiehlt die Leitlinie die sechsmonatige Gabe
von Gemcitabin oder 5-Fluorouracil. Beide
Regime führen nach einer RO/R1-Resektion
zu Fünf-Jahres-Überlebensraten zwischen 9
und 20%, allerdings ist Gemcitabin weniger
toxisch und sollte daher bevorzugt gegeben
werden.
Bei resektablen Tumoren sollten neoadjuvante Chemotherapien, Radiotherapien oder
Chemoradiotherapien nur innerhalb von Studien erfolgen. Ist ein Tumor per se nicht resektabel, kann er unter Umständen mit Hilfe
einer neoadjuvanten Therapie so verkleinert
werden, dass seine chirurgische Entfernung
möglich wird. Das optimale Vorgehen hierbei
wird derzeit noch untersucht und es besteht
keine Standardempfehlung.
Für die Therapie des fortgeschrittenen metastasierten Pankraeskarzinoms (Stadium IV)
wurde bis vor kurzem die Gabe von Gemcitabin empfohlen. Das mediane Überleben
lag unter dieser Therapie bei 6,2 Monaten,
die Ein-Jahres-Überlebensrate bei 20%. Es
hat sich aber gezeigt, dass mit dem FOLFIRINOX-Regime bessere Ergebnisse erzielt
werden können (medianes Überleben 11,1
Monate, Ein-Jahres-Überlebensrate 48,4%).
Allerdings ist dieses Regime mit stärkeren
Nebenwirkungen behaftet als die Gabe von
Gemcitabin und sollte daher nur bei Patienten mit einem guten Allgemeinzustand (cave
Alter und Bilirubinwert) eingesetzt werden.
Von einer Kombination aus Gemcitabin und
Erlotinib profitieren nur Patienten, die innerhalb der ersten acht Therapiewochen ausgeprägte Hautrötungen entwickeln.
Die palliative Therapie ist symptomorientiert. Die häufig auftretende Cholestase wird
mit Hilfe endoskopischer Techniken (Implantation eines Metall- oder Plastikstents,
perkutane transhepatische Cholangiodrainage) oder der Anlage einer biliodigestiven
Anamastose behandelt. Zur Linderung der
Schmerzen werden Opioide, vornehmlich
Morphin eingesetzt. Prokinetika wie Metoclopramid können hilfreich sein. Ob zu
einer parenteralen Ernährung geraten wird,
hängt von mehreren Faktoren ab und sollte
individuell entschieden werden.
Quellen
Seufferlein T. et al. Pancreatic adenocarcinoma:
ESMO-ESDO clinical practice guidelines for diagnosis,
treatment and follow-up. Annals of Oncology 23(Supplement 7):vii33-vii40 (2012). doi:10.1093annonc/
mds224.
Prof. Thomas Seufferlein, Halle: “ State of the Art
Pankreaskarzinom”, Vortrag gehalten beim Deutschen Krebskongress am 24.2.2012 in Berlin.
http://annonc.oxfordjournals/org
http://www.dgho-onkopedia.de/de/onkopedia/
leitlinien/pankreaskarzinom
Zertifizierte
Pankreaskarzinomzentren
Mündliche Gruppen-Prüfung im
Rahmen der PTA-Weiterqualifizierung:
„PTA Onkologie (DGOP)“
Folgende PTAs haben diese Prüfung bestanden:
am 15. September 2012
Hermann, Inna /Balingen
Klumpp, Lara /Offenburg
Wehner, Karin /Hof
Korn, Martin /Leipzig
Lewinger, Daniela /Hamburg
Petraschk, Toni /Dresden
Voigt, Andrea /Berlin
Weiß, Ricarda /Wolfsburg
am 23. September 2012
Gardiner, Polina /Koblenz
Kamke, Nadine /Dortmund
6 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
Seit November 2010 besteht die
Möglichkeit, im Rahmen der Zertifizierung eines Darmkrebszentrums
oder eines Onkologischen Zentrums
die Zertifizierung als Pankreaskarzinomzentrum durch die Deutsche
Krebsgesellschaft (DKG) anzustreben.
Auf der Homepage der DKG sind bereits 41 DKG-zertifizierte Pankreas­
karzinomzentren (sortiert nach Postleitzahlen) gelistet:
http://www.krebsgesellschaft.de/
wub_zertifizierung_krebszentren_
pankreascazentren_liste,133257.html
Who is who
Who is who
Bearbeitet von Gisela Sproßmann-Günther, Berlin
Heute: Prof. Dr. Thomas Otto, Neuss
Im Alltag stehen für ihn das Machbare und
der ehrliche Umgang mit Patienten im Vordergrund. So sagte er in einer Gesprächsrunde zum Thema: Ich habe einen Traum - „Länger leben“ im Rheinischen Landestheater in
Neuss 2010: “Behauptungen, das Leben
nachhaltig durch medizinische Maßnahmen verlängert zu haben, sind im Einzelfall
schwer zu belegen. Zu gerne wird dies von
Ärzten behauptet. Gut zu belegen ist hingegen, dass es Patienten nach Behandlungen
besser geht, z.B. dass die Schmerzen weg
sind oder die Harninkontinenz beseitigt ist.
Prof. Otto ist gerne nach Neuss gegangen.
Nach seiner Kindheit und Jugend in Oberhausen war er nach dem Studium als Assistenzarzt in der Chirurgie des Evangelischen
reiche Patienten aus ganz Deutschland und
auch aus dem Ausland dort gerne behandeln
lassen. Dazu tragen auch vertragliche Partnerschaften mit führenden internationalen
Einrichtungen und Universitäten bei.
Foto: JOT photography
Seit 8 Jahren ist Professor Dr. Thomas Otto
Chefarzt der Urologischen Klinik am Städtischen Lukaskrankenhaus in Neuss und
bereits seit mehr als 25 Jahren operativ tätig – mit den Schwerpunkten Tumorchirurgie, plastische Chirurgie und rekonstruktive Urologie. Da ihm die Lebensqualität und
Verbesserung der Prognose von Tumorpatienten sehr am Herzen liegt, sind ihm Potenzund Sexualitätserhalt bei den Operationen
sehr wichtig. Aus dem gleichen Grund ist
Deutschlands erste Einrichtung für Gewebezüchtung (Institut für Tissue Engineering
und regenerative Medizin – ITERM) unter
seiner Leitung mit dem Ziel entstanden, den
Schließmuskel mit körpereigenen Zellen zu
reparieren.
Krankenhauses Mülheim tätig. Mit dem beruflichen Wechsel nach Essen spezialisierte
er sich auf die Fachrichtung Urologie und
baute dort die Uro-Onkologie und experimentelle Urologie mit auf.
Als Vater von acht Kindern verbringt er jede
freie Minute seiner knapp bemessenen Freizeit mit seiner Familie. Seine Frau Julia ist
ebenfalls Urologin und der ruhende Pol der
Familie.
2004 wechselte Prof. Otto nach Neuss und
übernahm die 49 Betten umfassende urologische Klinik, in der jährlich ca. 3.000 Patienten stationär betreut und etwa 3.900
operative Eingriffe vorgenommen werden.
Da der Ruf der Klinik weit über Neuss hinausgeht, ist es verständlich, dass sich zahl-
Prof. Otto engagiert sich in diversen Fachgesellschaften, z.B. im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie der
Deutschen Krebsgesellschaft (AUO) und im
erweiterten Vorstand des Westdeutschen
Tumorzentrums. Er leitet die Einrichtung für
Tissue Engineering und regenerative Medizin, hat die Funktion des ersten Vorsitzenden des Rheinisch Westfälischen Zentrums
für Beckenchirurgie sowie des Deutschen
Zentrums zur Prüfung innovativer Methoden
in der Medizin inne.
An den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Urologie für das Harnblasenkarzinom und das Prostatakarzinom hat er
führend mitgearbeitet, viele neue Behandlungspfade beim Harnblasen-, Nierenzell-,
Penis- und Prostatakarzinom eingeführt sowie bei Neuentwicklungen von Arzneimitteln
der Tumorbehandlung mitgewirkt. 24 GCPkonforme Studien wurden durch ihn abgeschlossen und er hat mehr als 300 Publikationen veröffentlicht. Seine großen wissenschaftlichen Leistungen auf dem Gebiet der
Onkologie wurden deshalb mit der höchsten
Auszeichnung der Deutschen Urologie, dem
Maximilian-Nitze-Preis, sowie dem C:E. Alken- Preis gewürdigt.
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 7
Molekularbiologische Grundlagen zur Diagnostik beim Pankreaskarzinom
Molekularbiologische Grundlagen zur Diagnostik
beim Pankreaskarzinom
Von Marius Distler, Robert Grützmann und Christian Pilarsky
Einleitung
Trotz einer mehr als 30-jährigen klinischen Forschung liegt die Heilungsrate für Pankreaskarzinome unter 5% und die jährliche Mortalitätsrate ist der Inzidenzrate von
8/100.000 Einwohner annähernd gleich. [1] Der häufigste histologische Typ ist das
duktale Adenokarzinom (PDAC) mit etwa 75%, gleichzeitig besitzt dieser Typ die
schlechteste Prognose. [2, 3] Das zurzeit einzige potentiell kurative Verfahren ist die
komplette Resektion des Tumors. Unspezifische Symptome führen jedoch meistens zu
einer verspäteten Diagnostik, so dass zum Diagnosezeitpunkt nur etwa 30% der Patienten überhaupt kurativ resektabel sind und fortgeschrittene Tumorstadien bei Diagnosestellung vorliegen. [4]
Eine Vielzahl von potentiellen Tumormarkern im Serum, Pankreassekret, Pankreasgewebe oder aber auch im Stuhl der Patienten
wurden bisher untersucht. Den meisten dieser Marker ist eine geringe Sensitivität und
eine hohe Rate von falsch-positiven Ergebnissen gemein. Vielen publizierten Studien
zu Markern beim PDAC fehlt eine ausreichende Validierung ihrer Ergebnisse, da sie
nur wenige Proben umfassen und nicht alle
differential-diagnostischen Fragestellungen
untersuchen. Besonderes Interesse richtete
sich in den letzten Jahren auf mögliche Tumormarker im Serum, da sie sich auch als
Screeningmarker einsetzen lassen könnten.
Die Hauptanforderung an einen „idealen“ Biomarker ist eine hohe Sensitivität und Spezifität, so dass die Diagnose gestellt werden kann, bevor der
Patient Symptome zeigt. Ferner sollte
ein Tumormarker sich als Verlaufsparameter im Rahmen der Therapie eignen
und eine Aussage zur Prognose des
Patienten erlauben.
Im Folgenden wollen wir einen kurzen
Überblick über den aktuellen Stand auf dem
Feld der Biomarker beim Pankreaskarzinom
geben (Tab. 1)
Serummarker
(CA 19-9, CA 125)
Carbohydrate Antigene (CA) sind allgemein
anerkannte tumorassoziierte Antigene. Beim
Pankreaskarzinom wird vor allem das CA
19-9 eingesetzt. Die anderen verfügbaren
Marker haben das Problem einer geringeren
Sensitivität und falsche-positiver Befunde,
da sie auch bei gutartigen, vor allem entzündlichen, Läsionen erhöht sein können.
Das Carbohydrate Antigen 19-9 (CA 199) ist der am meisten untersuchte und am
besten validierte Tumormarker beim PDAC
und somit aktuell als Goldstandard anzusehen. Bereits 1979 wurde das CA 19-9 als
tumorassoziiertes Antigen von Koprowski beschrieben. [5] Das Vorhandensein von
CA 19-9 ist an die Trägerschaft der LewisBlutgruppe gebunden. Menschen, die die
Blutgruppe Lewis negativ (a-/b-) besitzen,
exprimieren kein CA 19-9; bei diesen Patienten liegt ein Mangel der Fucosyltransferase
vor, welche essentiell für die Biosynthese des
CA 19-9 ist. [6] Erhöhte Serumkonzentrationen des CA 19-9 konnten mehrfach und
eindeutig bei gastrointestinalen Tumoren
und hier insbesondere beim PDAC nachgewiesen werden. [6-10] Es ergibt sich eine
Sensitivität von 81% und eine Spezifität von
90% für das PDAC, der Grenzwert wird
mit 37 U/ml angegeben. [11] Mit dieser Sensitivität und Spezifität eignet sich das CA
19-9 allerdings nicht für ein Screening, da es
zu viele falsch-positive und falsch-negative
Werte geben würde.
Eine Erhöhung des Tumormarkers CA 19-9
ist nicht nur ein nahezu eindeutiger Hinweis
auf das Vorliegen einer Malignität, sondern
8 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
die Erhöhung des CA 19-9 korreliert auch
mit dem Tumorstadium, erlaubt eine Aussage zur Resektabilität des Tumors und ist
ein unabhängiger Prognosefaktor. [12-14]
Des Weiteren eignet sich das CA 19-9 als
postoperativer Verlaufsparameter. So ist ein
Anstieg bzw. Abfall des CA 19-9 ein Hinweis auf eine Progression der Tumorerkrankung bzw. Regression [7].
Zu beachten bleibt, dass es bei einer Leberzirrhose, bei einer Cholestase und bei einer
chronischen Pankreatitis zu falsch positiven
CA 19-9 Werten kommen kann. [9, 11, 15]
Insgesamt kommen die European Group of
Tumor Markers (EGTMN) und die amerikanische National Academy of Clinical Biochemistry (NACB) zu dem Schluss, dass CA
19-9 nicht als alleiniger Screening Marker
für das PDAC eingesetzt werden sollte. [16]
Das Cancer Antigen 125 (CA 125) ist vor
allem bei Ovarialkarzinomen bekannt. CA
125 steht für das Protein Mucin 16 (MUC16)
und ist nicht nur bei Ovarialkarzinomen erhöht sondern auch bei anderen Tumoren des
Gastrointestinaltraktes, der Lunge oder dem
Mammakarzinom. Des Weiteren ist CA 125
aber auch bei einer Reihe von gutartigen Erkrankungen (z.B. Endometriose, entzündlichen Erkrankungen des Bauchraums,
Schwangerschaft) erhöht. Die Verwendung
von CA 125 als Tumormarker beim Pankreaskarzinom wurde in mehreren Studien
untersucht. [17- 19] Insgesamt zeigte sich
für CA 125 eine niedrigere Sensitivität als
für CA 19-9. Die alleinige Sensitivität und
Spezifität für das PDAC liegen bei 60,8%
bzw. 83,3% [20]. Durch die Kombination
der Tumormarker CA 19-9 und CEA kann
eine Sensitivität und Spezifität von 87,8%
und 77,8% erreicht werden. [20] Die Kombination ist jedoch der alleinigen Sensitivität
und Spezifität von CA 19-9 nicht überlegen, so dass die Verwendung von CA 125
im Rahmen der Diagnostik eines PDAC
in der Praxis keine Rolle spielt.
Molekularbiologische Grundlagen zur Diagnostik beim Pankreaskarzinom
(CEA)
Das Carcinoembryonic Antigen (CEA) war
der erste Tumormarker beim Pankreaskarzinom, der in den 70er und 80 er Jahren verwendet wurde. Heutzutage ist dieser Marker insbesondere durch das CA 19-9 nahezu
gänzlich abgelöst worden. Es gibt zu CEA
ebenfalls zahlreiche Untersuchungen, insgesamt ergibt sich aber vor allem eine niedrige
Sensitivität (25-56%) bei einer Spezifität von
82-100%. [21-23] CEA wird aktuell vor allem bei der Untersuchung des Inhaltes von
zystischen Pankreasläsionen eingesetzt. Eine
Erhöhung des CEA im Zysteninhalt ist ein
unabhängiger Prädiktor auf Malignität. [24]
Tabelle 1: Überblick Tumor- und Biomarker beim PDAC
Marker
CA 19-9
•
•
•
•
CEA
• Sensitivität des CEA für PDAC 25-56% [21-23]
• Erhöhte CEA Werte sind bei zystischen Pankreastumoren Hinweis auf Malignität [24]
Fazit:
• Heutzutage als Ergänzungsmarker i.R. der Diagnostik anzusehen
CA 125
• Sensitivität des CA 125 für PDAC 60%-83% [17-20]
• Auch bei gutartigen Erkrankungen und anderen Tumoren erhöht [19]
Fazit:
• Für Diagnostik und Verlaufskontrolle des PDAC ungeeignet
Genetische Biomarker
Basierend auf dem gängigen Tumorprogressionsmodel sind eine Vielzahl genetischer Alterationen für die schrittweise Entwicklung
eines Pankreaskarzinoms verantwortlich. [25]
Der Nachweis der verschiedensten Mutation
könnten für die Krebsfrüherkennung nützlich
sein sowie auch für die Differenzierung zwischen gutartigen und bösartigen Läsionen.
K-ras
In den meisten Fällen wurden genetische Veränderungen in vier verschiedenen Genen beschrieben (K-ras, CDKN2A/p16, TP53 und
SMAD4/DPC4). [26-28] Von diesen genetischen Mutationen ist am häufigsten (77%)
eine Punktmutation im K-ras Gen beim
PDAC nachweisbar. [29] K-ras hat wichtige Funktionen im Rahmen der Zellproliferation und Differenzierung. K-ras Mutationen
lassen sich in Pankreasgewebe, Pankreassekret, Galle, Stuhl und Serum nachweisen. [30]
Untersuchungen konnten zeigen, dass K-ras
Mutationen insbesondere in den Pankreassekreten schon vor der klinischen Manifestation
eines PDAC nachweisbar sind. [31] Aufgrund
einer nur niedrigen Sensitivität von 38% ist
jedoch das K-ras Screening in Galle/Stuhl
in der Praxis von geringem Nutzen. [32] Des
Weiteren eignen sich die Untersuchungen
von K-ras Mutationen im Plasma und Pankreasgewebe nur bedingt zur Diagnosesicherung eines PDAC, da sich diese Mutationen
auch z.B. in hyperplastisch oder entzündlich
verändertem Gewebe (z.B. chronische Pankreatitis) nachweisen lassen. [33] Von größerem Nutzen ist der Nachweis von K-ras
Mutationen im Pankreasgewebe nach kurativer Resektion. So haben die K-ras mutierten
Zusammenfassung
Serummarker
Aktueller Goldstandard i.R. der Diagnostik [6-10]
Sensitivität des CA 19-9 für PDAC >80% [11]
Geringer positiv prädiktiver Wert [16]
Falsch positive Werte bei Cholestase, Leberzirrhose oder
Pankreatitis [9,11,15,21]
Fazit:
• Aktueller Goldstandard i.R. der Diagnostik [6-10]
• Als Screening Marker alleine nicht geeignet
• Nützlich i.R. der Diagnostik, Verlaufskontrolle und zur Prognosebestimmung
Genetische Marker
K-ras
• k-ras mit 77% häufigste Mutation beim PDAC [27]
• k-ras Mutationen auch in Galle, Pankreassaft, Stuhl nachweisbar (Sensitivität 38%) [30-32]
• k-ras Mutationen auch in entzündlichem Pankreasgewebe
nachweisbar [33]
Fazit:
• K-ras Mutation nur eingeschränkt zur Diagnosestellung einsetzbar
CDKN2A/p16
• Verlust von p16 in 98% der PDAC nachweisbar [36,37]
• TP53 Mutation in 50-75% der PDAC nachweisbar [38]
• Keine der Mutationen Spezifisch für PDAC [27, 39]
Fazit:
• Kein Nutzen für Screening und geringe diagnostische Aussagekraft
TP53
SMAD4/DPC4
BRCA2
Methylierungen
MDF1, hsa-miR-9-1,
ZNF415, CNTAP2,
ELOVL4, RASSF1A,
Cyclin D2, ppENK,
TFPI2, NPTX29,
CDH13, SARP2
• Zahlreiche Methylierungen (CpG Orte) in PDAC Gewebe nachweisbar [42,43]
• Cyclin D2, ppENK, TFPI2, NPTX29 in Pankreassaft mit Sensitivität von 82% für PDAC nachweisbar [47,48]
Fazit:
• Heterogenes Feld von Markern für Diagnostik, Verlaufskontrolle und Prognosebestimmung
• Bisher kein Einzug in klinische Praxis
Micro RNA
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 9
Molekularbiologische Grundlagen zur Diagnostik beim Pankreaskarzinom
Patienten eine signifikant schlechtere Prognose als die K-ras wild typ Patienten. [34]
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Tumorsuppressorgene
Die Inaktivierung von p16 scheint ein frühes
Ereignis in der Karzinogenese des PDAC zu
sein. So konnte in bis zu 98% der PDACs
ein Verlust von p16 nachgewiesen werden.
[35, 36] Patienten mit einer p16 Mutation
haben eine deutlich schlechtere Prognose als
Patienten mit intaktem p16. Somit liegt die
Vermutung nahe, dass p16 die Aggressivität
des Tumorwachstums beeinflusst. [37]
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Ein Verlust der Tumorsuppressorgene p53,
DPC4 und BRCA2 scheint zu einem späteren Zeitpunkt der Tumorentstehung eines
PDAC eine Rolle zu spielen. In 50-75% der
Fälle eines PDAC liegt eine p53 Mutation
vor. [38] Ein Verlust von p53 führt zu einem
unkontrollierten und erhöhten Tumorzellwachstum. [39] Die prognostische Bedeutung von p53 bleibt unklar und es ergeben
sich in der Literatur widersprüchliche Ergebnisse. [30, 40]
Des Weiteren ist eine Vielzahl weiterer genetischer Alterationen in niedrigeren Häufigkeiten beschrieben (z. B. für BRCA2,
TGFBR1, BAX, RB1, STK11, hMLH1,
hCDC4, MKK4, FancC, und AKT2).
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Insgesamt lässt sich für die genetischen Veränderungen feststellen, dass sie zwar eine diagnostische Aussagekraft haben mögen, jedoch keine der Mutationen spezifisch für das
Vorliegen eines PDAC ist, und sie somit auch
bei weitem nicht für die Früherkennung/Diagnostik einer so malignen Erkrankung alleine
in Frage kommen.
In den letzten Jahren konnten durch moderne
molekularbiologische Hochdurchsatz-Methoden eine Vielzahl an neuen potentiellen
Biomarkern identifiziert werden. Dabei hat
insbesondere die Genexpressionsprofiluntersuchung eine grundlegende Rolle gespielt. Bei
dieser Methode wird die RNS aus Gewebe
isoliert, markiert und auf DNS-Mikroarrays
hybridisiert. Nach Auswertung der Daten
kann so das Muster der Genexpression im
Gewebe bestimmt und dann mit anderen Geweben verglichen werden (Abb. 1). Die Technik der DNS-Mikroarrays kann einfach auf
andere Biomoleküle übertragen werden. Es ist
somit möglich, mittels Mikroarrays nicht nur
Genexpressionsmuster sondern auch epigene-
Abb. 1: Generalisiertes Schema zur Identifizierung von Biomarkern mittels des DNSMikroarraytechnologie. Je nach Art des Mikroarrays werden unterschiedliche
Datentypen erhalten und müssen dann entsprechend weiter behandelt werden.
tische Veränderungen und miRNA-Muster
zu bestimmen. Die so erhaltenen Kandidaten
müssen allerdings noch weiter untersucht und
auf ihre Wertigkeit als Biomarker überprüft
werden. [41]
10 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
Epigenetische Biomarker:
Epigenetische Faktoren wie Veränderungen in der DNA Methylierungen, der posttranslationalen Histon Modifikationen und
des Chromatin Remodelings können ebenfalls
Molekularbiologische Grundlagen zur Diagnostik beim Pankreaskarzinom
als tumorgenetische Biomarker in Erwägung
gezogen werden. Eine Methylierungsanalyse
von 807 Genen erbrachte an 289 untersuchten
CpG-Orten differentiell methylierte Gene
im Pankreaskarzinomgewebe im Vergleich
zum Normalgewebe. [42] Daraus könnten
sich diagnostische und therapeutische Möglichkeiten ergeben. Durch ein genomweites
Profiling von methylierten Promotorregionen in PDACs und Normalgeweben konnte die Methylierung zahlreicher Gene (z.B.
MDF1, hsa-miR-9-1, ZNF415, CNTAP2
und ELOVL4) in den Karzinomzelllinien
nachgewiesen werden. [43] Weitere epigenetische Veränderungen konnten in Apoptose
relevanten Proteinen nachgewiesen werden
(z.B. RASSF1A, cyclin D2, ppENK, TFPI2,
CDH13 und SARP2). [44-46] Des Weiteren
wurden Untersuchungen von Methylierungen direkt im Pankreassekret durchgeführt.
Mit einer diagnostischen Sensitivität von 82%
und Spezifität von 100% konnten hier mehrere
Gene (Cyclin D2, ppENK, TFP12, NPTX29)
als Marker für ein PDAC identifiziert werden. [47, 48] Zusätzliche epigenetische Marker
mit Hinweis auf eine schlechte Prognose bei
PDAC sind niedrige Level der Histonmodifikationen H3K4me2, H3K9me und H3K4me2.
[49] Insgesamt liegt bei den epigenetischen
Markern ein heterogenes Feld von Veränderungen vor, die eine Möglichkeit der Diagnostik, Prognoseabschätzung oder aber auch
Therapieüberwachung bieten. Einzug in die
klinische Praxis erhielten diese Biomarker bis
dato jedoch noch nicht.
Micro RNA Biomarker
Micro RNAs (miRNA) sind kurze nicht
kodierende RNA Abschnitte bestehend aus
etwa 22 Nukleotiden. Eine Regulation von
Onko- und Tumorsuppressorgenen im Rahmen des posttranskriptionalen Gen Silencings
(PTGS) konnte für die miRNAs nachgewiesen werden. [50, 51] So konnte z.B. eine
Down-Regulation der miR-216/-217 in und
eine erhöhte Expression der miR-196/-196a
in PDAC Tumorgewebe im Vergleich zum
Normalgewebe gezeigt werden. [52] Des Weiteren konnte miR-196a auch im Serum von
PDAC Patienten nachgewiesen und eine prognostische Relevanz korreliert werden. [53]
Andere miRNA die als potentielle Biomarker
beim PDAC untersucht wurden sind z.B.:
(miR196a, miR-190, miR-186, miR-221, miR222, miR-200b, miR-15b und miR-95). [54]
Zusammenfassung
Tumormarker/Biomarker beim Pankreaskarzinom sollten auf die Erkennung von Patienten mit frühen Tumorstadien abzielen. Die
aktuell bekannten Marker sind jedoch nicht
sensitiv genug, dies zu gewährleisten. Neue
molekulare Marker auf genetischer und epigenetischer Basis sind aktuell in der Evaluierung. Die geringe Spezifität der bisher bekannten Marker lässt zum jetzigen Zeitpunkt
keine sichere Diagnosestellung zu. Deswegen
sind diese Marker nur begrenzt als Screeningmarker einzusetzen. Somit ist aktuell das CA
19-9 aufgrund seiner Spezifität von um die
90% nach wie vor als Goldstandard im Rahmen der Diagnostik und des Therapieverlaufs
anzusehen. Jedoch ist auch das CA 19-9 nicht
als alleiniger Screeningmarker zu empfehlen,
sondern sollte vielmehr im Kontext mit der
klinischen Präsentation und den bildgebenden Verfahren interpretiert werden.
Viele der neueren untersuchten Marker sind
Komponenten in der Tumorentstehung des
PDAC. Ein subtileres Verständnis der molekularen Onkogenese könnte zur Entwicklung
neuer Tumormarker/Biomarker beitragen.
Die Entwicklung neuer Methoden zum
Nachweis von potentiellen Biomarkern mit
höherer Spezifität und Genauigkeit auch in
geringeren Konzentrationen im Blut könnten
einen weiteren Fortschritt in der Biomarker
Forschung darstellen.
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12 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
Dr. med. Marius Distler, Prof. Dr. Robert Grützmann
und Prof. Dr. Christian Pilarsky
Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und
Gefäßchirurgie
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Fetscherstraße 74, 01307 Dresden
Tel. (0351) 458 7020, E-Mail: christian.pilarsky@
uniklinikum-dresden.de
Richtige Antworten zum Beitrag:
„Sport und Bewegungstherapie in
der onkologischen Rehabilitation“
in Heft 2/2012
Frage 1: a, c, d
Frage 2: b
Frage 3: b, d
Frage 4: a, b, d
Frage 5: a, b, c
Testiertes interaktives Selbststudium
Fragen für das testierte interaktive Selbststudium DGOP IV/2012
a: Der Serummarker CA 19-9 ist ein tumorassoziiertes Antigen.
c: Schon vor der Manifestation weist eine Punktmutation im
K-ras Gen PDAC nach.
b: Bei Pankreaskarzinom kann der Serummarker CA 19-9 als
Tumormarker im Screening verwendet werden. d: Der Nachweis von K-ras Mutationen im Pankreasgewebe
nach kurativer Resektion ist von Nutzen.
1. Serummarker CA 19-9
c: Nur Patienten mit Blutgruppe Lewis negativ (a-/b-) profitieren vom Serummarker CA 19-9. 4. Tumorsupressorgene
d: Der Serummarker CA 19-9 eignet sich als postoperativer
Verlaufsparameter.
a: In 98 % der PDACs wurde ein Verlust von p16 nachgewiesen.
2. Cancer Antigen 125
c: Eine p53-Mutation antagonisiert ein unkontrolliertes und
erhöhtes Tumorzellwachstum. a: Ebenso wie CA 19-9 ist das cancer Antigen 125 als Verlaufsparameter beim Pankreaskarzinom geeignet. b: Das Cancer Antigen 125 ist bei gutartigen Erkrankungen
(z.B. Endometriose oder entzündliche Erkrankungen des
Bauchraums) nicht erhöht. c: Bei verschiedenen Tumoren wie Ovarial-CA, Mamma-CA
oder der Lunge ist das Cancer Antigen 125 erhöht.
d: Das Cancer Antigen 125 spielt im Rahmen der Diagnostik
einer PDAC keine Rolle.
3. Punktmutation im K-ras Gen
a: Eine Punktmutation im K-ras Gen ist beweisend für ein PDAC. b: Patienten mit K-ras Mutation haben eine schlechtere Prognose als K-ras Wildtyp Patienten.
b: Tumorsuppressorgene können alleine zur Früherkennung
und Diagnostik einer PDAC dienen. d: Die Ergebnisse zur Bedeutung von p53 sind in der Literatur
einheitlich beurteilt. 5. Epigenetische Biomarker
a: Eine Methylierung zahlreicher Gene in den Karzinomzell­
linien konnte mithilfe eines genomweiten Profiling nachgewiesen werden.
b: Epigenetische Biomarker sind in der klinischen Praxis fester Bestandteil der Diagnostik des PDAC. c: Mehrere Gene (Cyclin D2, ppENK, TFP12, NPTX29) konnten
mit einer Spezifität von 100 % als Marker im Pankreassekret für ein PDAC identifiziert werden.
d: Im PDAC konnten keine epignetischen Veränderungen in der
für die Apoptose relevanten Proteinen nachgewiesen werden. Testiertes interaktives Selbststudium – DGOP 2012
Nach der Beantwortung der Fragen zu vorangegangenem
Artikel in der „Onkologischen Pharmazie“ und der Ergänzung
der erforder­lichen Angaben können Sie den gekennzeichneten
Bereich der Zeitung ausschneiden oder kopieren und an
nachfolgende Fax-Nummer der DGOP faxen. Auch mehrere
Antworten können richtig sein. Beim Selbststudium wünschen
wir viel Erfolg!
Per Fax: +49-40-79 14 03 02
Name:
Vorname:
Einrichtung:
Straße:
PLZ/Ort:
Molekularbiologische Grundlagen zur Diagnostik
beim Pankreaskarzinom
(Onkologische Pharmazie Nr. 4/2012)
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b
c
d
Frage 2:
a
b
c
d
Frage 3:
a
b
c
d
Frage 4:
a
b
c
d
Frage 5:
a
b
c
d
Ich versichere hiermit, dass ich den o.g. Artikel gelesen und die
Fragen persönlich beantwortet habe.
Zum Zweck der Erreichung von Fortbildungspunkten für „Testiertes
interaktives Selbststudium DGOP“ bitte ich um die Registrierung
meiner Zusendung bei der DGOP und die Übermittlung der
erreichten Punktzahl.
Datum:
Unterschrift:
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 13
Buchbesprechung
Buchbesprechung
Rezension von Gabi Gentschew, Frankfurt
Kochrezepte bei Krebs
Genießen und gezielt ernähren während der Therapie
Von Mandy Max und Volker Hoff
Govi Verlag, April 2012
112 Seiten, € 11,90
ISBN 978-3-7741-1185-1
Die Ernährung während einer Krebstherapie
stellt für viele Betroffene ein Problem dar.
Neben Appetitlosigkeit quälen oft Schleimhautentzündungen, Durchfall, Übelkeit die
Patienten und unter Umständen auch chronische Krankheiten. Oft geht es ihnen schlecht
und auch ihre Angehörigen und Freunde wissen nicht, wie sie helfen können. Den Patienten fällt es schwer, dem Körper zu geben, was er braucht. Dabei ist die Ernährung
während einer Krankheit besonders wichtig.
Worauf sollte während einer Krebstherapie
besonders geachtet werden? Gibt es eine
spezielle Ernährung während der Krebstherapie? In diesem Buch geben die Autoren
Mandy Max als Ernährungswissenschaftlerin und Volker Hoff als Pharmazeut auf
übersichtlich gestalteten 112 Seiten Antworten auf diese und viele weitere Fragen.
Beide betreuen in einer großen Apotheke
Tumorpatienten.
Bevor es los geht mit den Rezepten, gibt es
eine Einführung in den veränderten Stoffwechsel bei Krebs. Diabetes, Hyperurikämie
und die Laktoseintoleranz als chronische
Begleiterkrankungen werden beispielhaft
gestreift. „Das braucht der Körper jetzt“: in
diesem Kapitel berichten die Autoren, aus
welchen Bestandteilen ein sinnvoller Speiseplan bestehen sollte.
Die Sprache ist gut verständlich und
steigert die Neugier auf die Rezepte.
Jedes Rezept findet auf einer Doppelseite Platz, ein ansprechendes
Foto, eine übersichtliche Zutatenliste
und ganz wichtig: ein kleiner Kasten
mit Angaben zur Verträglichkeit. Hier
wählten die Autoren ein Ampelsystem: ist „Durchfall“ grün gedruckt,
eignet sich das Rezept (Kürbis-Bananensuppe), ist das Wort „Durchfall“
rot gedruckt, sollte man keinen Auberginen-Aufstrich wählen. Auch bei
welchen chronischen Begleit-Krankheiten sich das Gericht eignet, ist deutlich
verzeichnet.
Die Rezepte werden in Kategorien untergliedert: Suppen, Aufstriche, Hauptgerichte sowie Desserts und Shakes. Die
Zutaten sind genau beschrieben, hin und
wieder wird der Gang zum Reformhaus oder
einem gut sortierten Bio-Laden nötig sein.
Die Zubereitung wird kurz und einfach beschrieben. Die Nährwertangaben – jeweils
für eine Person – stehen am Rand in einem
Info-Kasten für jedes Rezept. Am Ende des
Rezepts finden sich kurze, lesenswerte Hinweise, die von Warenkunde (Dinkel oder Aroniabeeren) über den Austausch von Zutaten
bis hin zu Kochtipps reichen.
14 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
Die Autoren bieten in ihrem broschierten
Buch, dessen Papier auch einen Wasserspritzer verträgt, ein Stück allgemeine Ernährungsberatung und machen klar, warum
gesunde Ernährung während einer Krebstherapie so wichtig ist. Nicht nur für Tumorpatienten, sondern auch für ihre Familienangehörige sind die enthaltenen Rezepte gesund.
Zusätzlich bieten sie Tipps zur Förderung
des Appetits und zu Linderung der auftretenden Beschwerden.
Pressemitteilung/Impressum
PRESSEM I T T E I LU N G
Vorboten der Krebszellen am Beispiel
Bauchspeicheldrüsenkrebs untersucht
E
ine besondere Eigenschaft von
Krebszellen ist ihre Fähigkeit, sich
aus dem Zellverband eines Tumors zu
lösen. Sie gelangen in die Blut- oder
Lymphbahnen, werden durch den Körper transportiert und dringen in andere
Gewebe ein. Dort können sie sich ansiedeln und Metastasen bilden, wodurch
die Heilungschancen des Patienten drastisch sinken.
Auf welche Weise die bösartigen Zellen
die Blut- und Lymphbahnen verlassen,
in das Gewebe eindringen und neue Tumoren bilden, ist noch weitgehend unbekannt. Doch möglicherweise helfen
ihnen winzige Mikropartikel, die von der
Krebszellhülle abbrechen, bei ihrem Feldzug durch den Körper. Denn Tumorzellen
geben ständig solche kleinen ZellhüllBrocken in die Blutbahn ab. Diese Krebs-
Herausgeber:
Klaus Meier, Soltau
Verlag:
onkopress,
Theo-Mülders-Straße 92,
47918 Tönisvorst,
www.onkopress.de
ISSN-Nr.: 1437-8825
Chefredakteurin:
Dr. Karla Domagk, Cottbus
Fotos:
Seite 54 oben:
www.istockphoto.com/Knape,
Seiten 42, 56 oben:
www.istockphoto.com/Sasa
boten können leichter in das Gewebe eindringen als die um ein Vielfaches größeren Krebszellen und diesen den Weg
ebnen. Damit nicht genug: Die Tumorabschürfungen können einen molekularen
Schutzwall um sich herum errichten, der
verhindert, dass sie vom Abwehrsystem
des Körpers erkannt und entfernt werden.
Die gefährlichen Abschürfungen werden
nun von Professor Dr. Bernd Engelmann,
Institut für Klinische Chemie, und Professor Dr. Christiane Bruns, Chirurgische
Klinik und Poliklinik am Klinikum Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität
München, untersucht. Die Wissenschaftler vermuten, dass die Mikropartikel neben ihrer Fähigkeit zum Eindringen in das
Gewebe zudem gesunde Zellen in Krebszellen umwandeln können. Sie untersuchen das Phänomen an Bauchspeichel-
drüsenkrebs, einer Krebsart, die nach
wie vor sehr schlecht heilbar ist und an
der jährlich rund 14.000 Menschen in
Deutschland erkranken.
Langfristig erhoffen sich die Münchner
Forscher ein verbessertes Verständnis
der Metastasierung von Krebs sowie neue
Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten.
„Wenn wir unterbinden, dass Krebszellen
Mikropartikel abgeben, könnten wir damit auch die Ausbreitung von Tumoren
verhindern“, so Engelmann. „Ein weiterer
Ansatzpunkt für neue Therapien wäre das
Aufbrechen des Schutzwalls der Partikel,
um sie so für das Immunsystem angreifbar zu machen.“
Die Deutsche Krebshilfe fördert das Forschungsvorhaben mit 346.000 Euro.
Redaktion:
Priv. Doz. Dr. Jens Büntzel, Nordhausen; Dr. Gabriele
Gentschew, Frankfurt/M.; Dr. Doris Haider, Wien;
Anja Holsing, Köln; Dr. Brigitte Hübner, Quedlinburg;
Simone Widmer-Hungerbühler, Winterthur;
Dr. Petra Jungmayr, Stuttgart; Henrik Justus, Uslar; Michael
Marxen, Wesseling; Dr. Jochem Potenberg, Berlin; Dr.
Susanne Rau, Hannover; Thomas Schubert, Mönchen­
gladbach; Wioletta Sekular, Tönisvorst; Dr. Gisela
Sproßmann-Günther, Berlin; Dr. Robert Terkola, Wien;
Dr. Sabine Thor-Wiedemann, Ravensburg.
Alle Rechte, insbesondere die des Nachdrucks, der Übersetzung, der photomechanischen Wiedergabe und Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen sind vorbehalten
und bedürfen der schriftlichen Genehmigung. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen wird nicht gehaftet. Der Leser darf darauf vertrauen,
dass Autoren und Redak­t ion größte Mühe und Sorgfalt
bei der Erstellung der Zeitung verwandt haben. Für etwaige inhaltliche Unrichtigkeit von Artikeln übernehmen Herausgeber, Verlag und Chefredakteur keinerlei
Verantwortung und Haftung.
Wissenschaftlicher Beirat:
Prof. Dr. U. Jaehde, Pharmazeutisches Institut, Abt.
Klinische Pharmazie, Universität Bonn; Prof. Dr. Günter
Wiedemann, Klinik für Innere Medizin, Hämatologie,
Onkologie und Gastroenterologie, Oberschwabenklinik
Ravensburg; Univ. Prof. DI Dr. Robert Mader,
Universitäts­klinik für Innere Medizin I, Medizinische
Universität Wien; Sigrid Rosen-Marks, Hamburg;
Carola Freidank, Hannover.
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sein, auch wenn ein Hinweis auf etwa bestehende Schutzrechte fehlt.
16 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
Namentlich gekennzeichnete Artikel stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion dar.
Pressemitteilung
PRESSE M I T T E I LU N G
Rosi hat „Schwein“ gehabt –
das Hautkrebsrisiko bleibt
Deutsche Krebshilfe warnt mit
spektakulärer Kampagne vor Solarien
M
it einer außergewöhnlichen Kampagne will die Deutsche Krebshilfe
verhindern, dass sich insbesondere junge
Menschen den gefährlichen Strahlen im Solarium aussetzen.
Im Internet konnte im Sommer ein vermeintliches Experiment beobachtet werden, bei
dem ein Schwein im Labor mit UV-Strahlen
verbrannt wird. Viele Menschen waren so
empört, dass die Aktion im Netz vorzeitig
abgebrochen wurde.
Das vermeintliche Experiment: Über mehrere
Tage wird ein Schwein in einem Forschungslabor mit ultraviolettem Licht bestrahlt. Das
Schwein leidet zunehmend. Auf eine leichte
Rötung der Schweinehaut folgt im Verlauf
des „Experiments“ ein schwerer Sonnenbrand. Schließlich sind Brandblasen und
Entzündungen zu erkennen.
Die wissenschaftlich anmutende Webseite,
die angeblich von Forschern zur Dokumentation des streng geheimen Tierversuchs
erstellt wurde, sorgte für eine Welle der Empörung im Internet. Hundertausende Internetnutzer - insbesondere junge Menschen
- diskutierten das Experiment.
Doch dann kam die Entwarnung im Rahmen
der Sendung stern TV: Der Laborversuch war
nur gespielt, dem Schwein geht es gut. Hinter dieser provozierenden Kampagne steckt
die Deutsche Krebshilfe, die mit den drastischen Bildern vor allem junge Menschen
wachrütteln will.
Rosi heißt eigentlich Smarty und hat bereits in vielen Filmen und Werbespots mitgespielt. Sonnenbrand und Wunden sind das
Werk professioneller Maskenbildnerinnen,
die Forscher im wirklichen Leben Schauspieler, die UV-Strahlen blaues Licht und
das Forschungslabor ein Filmkrankenhaus
in Berlin. Innerhalb von knapp zwei Tagen
wurden Filme und Fotos erstellt, die auf der
Forscher-Webseite einen Versuchsverlauf
D
der Filmarbeiten der Gesundheitszustand
des Filmschweins am Set permanent überprüft.
Passend zur aktuellen Kampagne bietet
die Deutsche Krebshilfe eine Mobile Application zur Kampagne, die „App in den
Schatten“. Hier kann jeder seine Freunde
mit dem Smartphone im Zeitraffer altern
lassen und die sichtbaren Folgen übermä-
as Risiko, am malignen Melanom zu erkranken, verdoppelt sich, wenn Solarien
bis zu einem Alter von 35 Jahren regelmäßig genutzt werden.
Etwa 224.000 Menschen erkranken derzeit bundesweit jährlich neu an Hautkrebs,
26.000 davon am malignen Melanom. Etwa 3.000 Menschen sterben jedes Jahr an
Hautkrebs. Tendenz steigend.
Die Ergebnisse der SUN STUDY 2012 zeigen, wie groß der Handlungsbedarf ist: Solariennutzer sind jung. Vor allem Menschen bis zu einem Alter von einschließlich 35
Jahren setzen sich besonders häufig künstlichen UV-Strahlen aus. Derzeit sind dies
etwa 3,5 Millionen Bundesbürger.
Schockierend: „Etwa 167.000 der derzeitigen Solariennutzer sind minderjährig.
Nach geltendem Recht müssen Betreiber von Sonnenstudios Jugendlichen den Zugang zu Solariengeräten aber verweigern“, erklärt Professor Dr. Eckhard Breitbart,
medizinisches Fachausschussmitglied der Deutschen Krebshilfe und Vorsitzender
der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP).
von acht Tagen simulieren, auch die auf der
Webseite veröffentlichten Vitalparameter
scheinen einem realen Versuchsverlauf zu
entsprechen. In enger Zusammenarbeit mit
einem Veterinärmediziner wurde während
ßiger UV-Strahlen erleben. Den Download
der App sowie alle weiteren Informationen
gibt es auf der Aktionsseite www.rosi-hatschwein-gehabt.de.
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 17
Lebender Kolumnentitel
Abb. 1: Dissektion des
Ligamentum hepatoduodenale
(Ductus hepatocholedochus,
Vena portae, Arteria hepatica)
Abb. 2: Untertunnelung des
Pankreaskorpus über der
Pfortader
Abb. 3: Absetzen des distalen
Magens mit einem linearen
Klammernahtgerät
Abb. 4: Situs nach Entfernung des
Resektates (fadenmar­kierter Gallen­
gang, Pfortader mit Mündung der V.
lienalis, Pankreasrest mit Ductus
pancreaticus)
Operative Strategien beim Pankreaskarzinom
Von Rainer Kube, Cottbus
Einleitung
Malignome des Pankreas machen etwa 3 % aller Krebserkrankungen aus, mit geschätzt
14.000 neuen Fällen pro Jahr in Deutschland [3]. Die operative Entfernung ist unverändert der einzig kurative Ansatz zur Behandlung des resektablen Pankreaskarzinoms,
trotz einer im Vergleich zu anderen Malignomen niedrigen Chance auf ein 5-JahresÜberleben [1]. Bei fortgeschrittenen Tumoren dient sie als die beste symptomatische
Therapie der Steigerung der Lebensqualität. Eine erfolgreiche chirurgische Resektion
kann die 5-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit von ca. 5 % auf etwa 25 % steigern.
Operationen am Pankreas sind komplexe
Eingriffe, die mit einer möglichst geringen
Morbidität und einer Eingriffsletalität von
kleiner als 5 % einhergehen sollten. Um die
ungünstige Prognose verbessern zu können,
wird auch bei niedrigen Tumor-Stadien und
einer Resektion ohne makroskopisch oder
mikroskopisch vorhandene Residuen (sogenannte R0-Resektion), eine begleitende
(adjuvante) systemische Chemotherapie
empfohlen [4].
Trotz aller Fortschritte in der Diagnostik ist
auch heutzutage eine komplette Tumorentfernung bei etwa zwei Drittel der Patienten
nicht möglich. Das ist auf die oft nur gering
ausgeprägte uncharakteristische Symptomatik, den engen anatomischen Beziehungen
zu den Nachbarorganen bei einem meist aggressiven infiltrativen Tumorwachstum mit
Tendenz zur raschen Metastasierung zurückzuführen. In diesen Fällen sind operative, endoskopische, radiologisch-interventionelle
oder chemotherapeutische palliative Behandlungen indiziert.
Operationsverfahren
Prinzipiell lassen sich Pankreasresektionen
von Operationen mit dem alleinigen Ziel der
Verbesserung der Sekretableitung bzw. der
Verbesserung der gastrointestinalen Passage
unterscheiden. Die Resektionen erfolgen zumeist unter einer kurativen Intention, während ableitende Operationen einen palliativen
Charakter haben.
Resezierende Verfahren
In Abhängigkeit von der Lage des Tumors im
Pankreas sowie einer eventuell vorhandenen
Infiltration von Nachbarorganen kommen
verschiedene Operationen zur Anwendung.
Diese Eingriffe umfassen standardgemäß eine
systematische Lymphdissektion und können
bei Bedarf auf multiviszerale Resektionen
(Gefäße, Nachbarorgane) und in begründeten Ausnahmefällen auf Resektionen von
Metastasen erweitert werden. Die nachfolgend genannten Operationsverfahren haben
zahlreiche Modifikationen, auf die hier nicht
näher eingegangen werden soll.
Resezierende Verfahren beim Pankreas­
kopfkarzinom
Partielle Duodenopankreatektomie
(Kausch-Whipple)
Diese Operationsmethode, von Walther
Kausch erstmals 1912 beschrieben und von
Whipple weiterentwickelt, ist das ursprüngliche Standard-Operationsverfahren beim Pan-
18 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
kreaskopfkarzinom. Zur Resektion kommen
der Pankreaskopf, das Duodenum, der distale
Magen, die Gallenblase und der distale Gallengang. Der Eingriff ist darüber hinaus indiziert beim Papillenkarzinom, dem distalen
Gallengangskarzinom aber auch bei Formen
der chronischen Pankreatitis.
Pyloruserhaltende partielle Duodenopankreatektomie (Traverso-Longmire)
Bei dieser Eingriffsmodifikation wird auf
die Resektion des Magens, die nur selten
aus onkologischen Gründen notwendig ist,
verzichtet.
Ein Vorteil hinsichtlich der perioperativen
Komplikationen, des Überlebens oder der
Lebensqualität konnte jedoch bisher für keine der beiden Methoden nachgewiesen werden [2].
Totale Duodenopankreatektomie
Bei diesem Eingriff wird das Pankreas komplett reseziert, zusätzlich werden Pankreaskorpus und Pankreasschwanz und ggf. die
Milz entfernt. Die resultierenden Probleme
vor allem hinsichtlich des pankreopriven Diabetes sind erheblich, da nicht nur Insulin,
sondern auch das Hormon Glukagon fehlt.
Dieser Eingriff ist jedoch selten indiziert.
An die Resektion schließt sich die Rekonstruktion an. Sie macht Anastomosen des
Restpankreas (außer bei der totalen Duodenopankreatektomie), des Gallenganges
sowie des Restmagens (Kausch-Whipple)
oder der Duodenalmanschette am Pylorus
des Magens (Traverso-Longmire) mit dem
Jejunum erforderlich.
Lebender Kolumnentitel
Abb. 5: Skizze der
Pankreasanastomose mit
dem Jejunum und der
Schienung des
Pankreasganges
Die Anastomose des Restpankreas kann mit
dem Jejunum (Pankreato- bzw. Pankreatikojejunostomie) aber auch mit dem Magen
(Pankreatogastrostomie) erfolgen. Die Ableitung des Gallenganges wird durch eine Hepatikojejunostomie hergestellt. Schließlich
wird bei der „klassischen“ Whipple-OP der
Restmagens mit dem Jejunum (Gastrojejunostomie) verbunden bzw. bei der pyloruserhaltenden Resektion die Duodenalmanschette am Pylorus des Magens mit dem Jejunum
(Duodenojejunostomie).
Resezierende Verfahren beim Pankreaskorpus- und Pankreasschwanzkarzinom
Pankreaslinksresektion
Tumoren im Pankreaskorpus oder Pankreasschwanz werden in der Regel durch eine
Pankreaslinksresektion mit Splenektomie
versorgt. Sie werden oft spät diagnostiziert
und erfordern deshalb mitunter multiviszerale Resektionen unter Mitnahme betroffener
Nachbarorgane (Magen, linke Niere, linke
Nebenniere, Dickdarm). Eine Rekonstruktion
ist bei einer alleinigen Pankreaslinksresektion nicht erforderlich. Das Pankreas wird an
der Resektionslinie übernäht oder mit einer
Klammernaht versorgt.
Palliative Verfahren
Operativ kommen zur palliativen Ableitung
der gestauten Gallenwege oder bei einer
Magenausgangsstenose die Hepatikojejuno­
stomie und/oder die Gastroenterostomie in
Frage. In dieser Situation werden zunehmend
endoskopische und radiologisch-interventionelle Methoden eingesetzt.
Operatives Vorgehen
Im Folgenden soll die operative Strategie
exemplarisch an einer Whippleschen Operation bei einem Pankreaskopfkarzinom erläutert werden.
Abb.7: Anastomose des Magens
mit dem Jejunum mit der
Fußpunktanastomose
Abb. 6: Anlage der
Pankreatikojejunostomie
Nach einer queren Oberbauchlaparotomie
wird das Abdomen zum Metastasen-Ausschluss (Leber, Bauchfell) gründlich exploriert. Dann wird das Duodenum mobilisiert.
Die Bursa omentalis wird mittels Durchtrennung des Ligamentum gastrocolicum eröffnet. Es folgt die Darstellung des Truncus
coeliacus mit der Arteria hepatica, die Dissektion des Ligamentum hepatoduodenale mit
Darstellung der Arteria hepatica communis
und ihrer Aufzweigungen sowie des Ductus
choledochus, der Vena portae (Abb. 1) und
schließlich die Freilegung der Pfortaderunterquerung des Pankreas (Abb. 2).
Bei Tumorinfiltrationen zum Truncus oder
zur Vena mesenterica superior müsste von
einem irresektablen Tumor ausgegangen
werden oder es werden gefäßrekonstruktive
Maßnahmen erforderlich.
Anschließend wird das Pankreas zwischen
Kopf und Korpus untertunnelt. Es folgen
die partielle Magenresektion (im konkreten
Fall wegen einer Tumorinfiltration des Duodenums) (Abb. 3) und die Cholezystektomie.
Nach der Durchtrennung des Ductus choledochus wird das Pankreas über der Pfortader durchtrennt. Schließlich wird der Pankreaskopf schrittweise von der Vena portae
abgelöst und das distale Duodenum vom Jejunum abgetrennt. Dann wird das Resektat,
bestehend aus Pankreaskopf, Duodenum und
distalem Magen entnommen und im histologischen Schnellschnitt auf Tumorfreiheit
der Resektionsränder untersucht.
Es folgt die Rekonstruktion mit Anschluss
des Restpankreas, des Gallenganges und des
Magenrestes (Abb. 4). Erster Schritt der
Wiederherstellung der Nahrungspassage ist
die Pankreatikojejunostomie. Sie ist eine der
kritischen Anastomosen der Viszeralchirurgie, die auch bei korrekter Anlage häufig mit
Insuffizienzen und Pankreasfistel einhergeht
und dann Quelle sekundärer Komplikationen wird. In der Cottbusser Klinik wird sie
in der Modifikation nach Cattell-Warren
hergestellt, d.h. der Pankreasgang wird mit
dem Jejunum anastomosiert. Er wird zusätzlich mit einer dünnen Sonde (verlorene
Drainage) geschient (Abb.5 und 6). Schließlich folgen die terminolaterale biliodigestive
Anastomose und die Gastrojejunostomie mit
Braunscher Fußpunktanastomose (Abb. 7).
Zusammenfassung
Resektionen am Pankreas sind komplexe Eingriffe. Sie sind nach wie vor der einzig kurative Ansatz zur Behandlung des Pankreaskarzinoms. Typ und Ausdehnung der Resektion
richten sich nach der Lage des Tumors im
Pankreas sowie nach einer eventuell vorhandenen Infiltration von Nachbarorganen. Sie
umfassen standardgemäß eine systematische
Lymphdissektion. Zur Verbesserung des Ergebnisses dient die adjuvante Chemotherapie.
Literatur
1. Adler G et al. S3-Leitlinie „Exokrines Pankreaskarzinom“. Z Gastroenterol 2007; 45: 1–37.
2. Fitzmaurice C, Seiler CM, Büchler MW, Diener MK.
Überleben, Mortalität und Lebensqualität nach
pylorus-erhaltender oder klassischer WhippleOperation. Systematische Übersichtsarbeit mit
Metaanalyse. Chirurg. 2010; 81(5):454-71.
3. Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister
in Deutschland / Robert - Koch Institut: Krebs in
Deutschland 2005 - 2006, Häufigkeiten und Trends:
Bauchspeicheldrüse, 7. Auflage 2010; 40 - 43.
4. Werner J, Büchler MW. Pankreaskarzinom: ein
Schritt vorwärts in der Behandlung. Dtsch Med
Wochenschr. 2011 136:1807-10. Epub 2011 Aug 31.
Autor:
PD Dr. med. habil. Rainer Kube
Chirurgische Klinik
Carl-Thiem-Klinikum Cottbus gGmbH
Telefon: +49 355 46 2327
E-Mail: [email protected]
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 19
ISOPP XIII
KONGRESSBERICHT
ISOPP XIII: The Thirteenth International
Symposium on Oncology Pharmacy Practice
Von Gisela Sprossmann-Günther und Thomas Schubert
I
n der Zeit vom 9. bis 11. Mai 2012 fand
der in einem 2-Jahres-Rhythmus veranstaltete ISOPP-Kongress in Melbourne,
Australien statt. 378 Teilnehmer aus 31
Ländern machten sich zum zweiten Mal
in der ISOPP-Geschichte auf den Weg
nach „Down Under“, um gemeinsam ihr
pharmazeutisch-onkologisches Wissen
auszutauschen.
Was ist ISOPP?
Bereits 1986 unternahm die aus Neuseeland
stammende Apothekerin Helen McKinnon eine pharmazeutische Studienreise in
die USA und nach England. Beeindruckt
durch die Erlebnisse dieser Reise hatte sie
eine Vision: Ein Treffen, ein Kongress, bei
dem pharmazeutisch-onkologisch tätige
Apotheker ihre persönlichen Erfahrungen
auf internationaler Ebene austauschen, sollte Wirklichkeit werden. Ihre Vision ist –
wie wir wissen auch mit Unterstützung von
Klaus Meier und vielen anderen Mitstreitern in Deutschland - Wirklichkeit geworden. Die 1995 während des 4. Kongresses in
Hamburg offiziell gegründete International
Society of Oncology Pharmacy Pratitioners
(ISOPP) hat es sich zur Aufgabe gemacht,
den Erfahrungsaustausch unter onkologisch
tätigen Pharmazeuten auf der ganzen Welt
zu fördern und zu ermöglichen. Der Tradition folgend, finden die ISOPP-Kongresse
immer im Wechsel zwischen Australien,
Asien, Europa und Amerika statt.
Die Stärke der Gesellschaft zeigt sich darin, dass sich mehrere hundert registrierte
Jahr
Ort
Land
ISOPP
2012
Melbourne
Australien
XIII
2010
Prag
Tschechische Republik
XII
2008
Anaheim
USA
XI
2006
Turin
Italien
X
2004
Kuala Lumpur
Malaysia
IX
2002
Vancouver
Kanada
VIII
2000
Prag
Tschechische Republik
VII
1998
Washington DC
USA
VI
1997
Sidney
Australien
V
1995
Hamburg
Deutschland
IV
1993
Toronto
Kanada
III
1990
Exeter
England
II
1988
Rotorua
Neuseeland
I
Teilnehmer aus den verschiedensten Ländern aller Kontinente an den ISOPP-Kongressen beteiligen. Durch Innovationen und
insbesondere die aktive Beteiligung an der
Umsetzung des gemeinsamen Zieles, krebskranken Menschen zu helfen, tragen ISOPP
Mitglieder führend dazu bei, die Qualität
in der Onkologie weltweit zu verbessern.
In unserem Gespräch vor Ort mit der ISOPP-Gründerin Helen McKinnon ging es
um bereits erreichte Ziele, um aktuelle Fragestellungen und um die Herausforderung,
die Gesellschaft weiter wachsen zu lassen.
Helen McKinnon fragte uns, ob uns die
Gründe für die Stagnation der Teilnehmer-
20 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
zahl aus Deutschland bekannt sind. Leider
wussten wir keine Antwort.
Die Kongress-Highlights
Lieferengpässe
Johan Vandenbroucke, der scheidende ISOPPPräsident brachte es auf den Punkt [1]: Es
scheint eine „never ending story” zu sein und
zugleich auch ein weltweites Problem das alle
Länder, alle Apotheken und somit alle Patienten betrifft: Lieferengpässe in alle Arzneimittelgruppen. Als aktuelle Beispiele der daraus
resultierenden weltweiten Therapieengpässe
seien hier Caelyx® und Alkeran® genannt.
ISOPP XIII
Diese Lieferengpässe haben vor allem zwei
Effekte: Einerseits betrifft es die Patienten
durch verspätete, unterbrochene oder nichtoptimale Behandlung, andererseits betrifft es
Ärzte und Pharmazeuten durch logistische
und finanzielle Schwierigkeiten sowie unter
Umständen Fehler auslösende Momente.
Apotheker in der Prävention von Krebserkrankungen leisten können. Dies betrifft
in Deutschland vor allem die Kollegen im
niedergelassenen Bereich. Hier besteht im
Beratungsgespräch nicht nur die Gelegenheit, eine Hilfestellung bei der Rauchentwöhnung zu geben, sondern auch die Aufklärung über die Bedeutung von richtigem
Sonnenschutz, die Beratung zur Impfprophylaxe gegen Cervixkarzinome und die Bedeutung der Aufklärung über Darmkrebsvorsorge. Laufen solche Beratungsgespräche
gut ab, wird der Apotheker von den Patienten als spezieller Dienstleister im Bereich
der Onkologie wahrgenommen und macht
hierdurch einen großen Schritt in Richtung
Patientenbindung.
Die Gründe hierfür sind recht unterschiedlich und können nicht einer Firma in die
Schuhe geschoben werden. Vielmehr ist es
ein weltweites Problem mit politischen, finanziellen und strategischen Aspekten, u.a:
zu viele Wettbewerber
zu starke Konkurrenz zwischen den Wettbewerbern
Globalisierung der Produkte
Outsourcing von Teilschritten, die nicht
aufgefangen werden
höhere Nachfrage durch bessere Diagnosen
finanzielle Krisen
behördliche Entscheidungsverzögerungen
nicht-ethisches Verhalten der Beteiligten
Isolator vs. LAF-Werkbank
Die Australierin Melvyn Davis berichtete
über die (auch in Deutschland) aufkommende Frage, ob Isolatoren die Zukunft in der
aseptischen Herstellung applikationsfertiger
Zytostatikalösungen darstellen. Ihre Präsentation [3] zeigte erwartungsgemäß, dass alle
Arbeitsschutzsysteme Vor- und Nachteile
haben. Keines der vorhandenen Systeme ist
perfekt, so dass jeder Anwender im Rahmen seines
Aufgabenbereiches die individuelle Situation als
ausschlaggebenden Faktor in seine Überlegungen
einbeziehen muss.
Zu wünschen wäre hier eine ideale Welt,
gekennzeichnet von ethischem, verantwortungsbewusstem und kollegialem Verhalten
jedes Einzelnen. Dazu müßten ausreichend
Geld und ein vereinfachter Umgang mit den
Behörden möglich sein. Realistisch erscheint
es hingegen, wenn jeder mit kleinen Schritten bei sich selbst anfinge, um schließlich
dem Patienten die bestmögliche Therapie
zu ermöglichen.
Roboterherstellung von
Zytostatika – Pro und
Contra
Harbans Dillons aus
Malaysia stellte die Arbeit mit Robotern vor [4].
Zytostatika zubereitende
Apotheken haben heutzutage viele Herausforderungen zu meistern.
Dazu gehören unter
anderem: wenig Personal, zunehmende Patientenzahlen, komplexe-
mas
mann-Günther und Tho
Abb. 1: Dr. Gisela Sproß
Helen McKinnon
Schubert im Gespräch mit
Tumorvorsorge und Apotheker
Jane Pruemer aus Cincinnati, USA [2],
zeigte eindrücklich, welche Möglichkeiten
re Therapieschemata sowie zahlreiche neue
Substanzen. Gleichzeitig müssen Sicherheit
und Effizienz der onkologischen Therapie
gleichbleibend gewährleistet sein.
Eine Herstellung durch Roboter kann hier
Probleme lösen, allerdings auch neue schaffen. Einerseits kann mit wenig Personal
„pausenlos“ eine qualitativ gute und sichere
Herstellung von Zytostatikalösungen erfolgen. Andererseits können der Umgang und
die Wartung der Software oder bspw. auch
ein zerbrochenes Vial große Probleme für
die kontinuierliche Zytostatika-Herstellung
hervorrufen.
Genau wie im voran gegangenen Vortrag
ist hier eine individuelle Lösung gefragt.
Aufgrund der hohen Investitionskosten sind
solche Roboter sicherlich ausschließlich für
große Hersteller geeignet.
Denosumab
Allein vier Vorträge des ISOPP XIII beschäftigten sich mit dem relativ neuen Arzneistoff Denosumab [5-8]. Die Autoren stellten Studienergebnisse von Denosumab in
Abb. 2: „Marvellous Melbourne“
war eine der wichtigsten Städte der
viktorianischen Ära Australiens. Das
Gebiet, in dem heute mehr als
3,5 Millionen Menschen leben, wurd
e 1802 entdeckt. Bereits 1834
kamen die ersten Siedler und spät
estens nach ersten Goldfunden in
der Mitte des 19. Jahrhunderts boom
te Melbourne. Heute gilt die
Stadt als Australiens erste Adresse
für feinen Lebensstil, Intellekt
und britisch-mondäne Lebensar t.
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 21
ISOPP XIII
Zusammenhang mit Knochenmetastasenfreien Überleben bei Prostata- oder Brustkrebs vor [5,7], verglichen diese Therapie mit
einer Zoledronattherapie [6] und zeigten
Zusammenhänge mit der Hypercalcämie
auf [8]. Die momentanen Studienergebnisse
belegen hinsichtlich der Wirkung von Denosumab eine Verbesserung im Vergleich zur
Zoledronsäure [7,8]. Zu beachten ist jedoch
in diesem Zusammenhang, dass bisher zu
Langzeitnebenwirkungen keine Erfahrungen vorliegen und der endgültige Nutzen für
die Patienten abzuwarten bleibt.
Therapieleitlinien
In weiteren Vorträgen wurden Therapieleitlinien für das Prostatacarzinom [9], Besonderheiten in der Herstellung der verschiedenen
Länder, wie z.B. Umgebungskontrollen [10]
und pharmazeutisch-onkologische Fallbeispiele [12] vorgestellt.
In der Poster- und Industrieausstellung war
jederzeit ein kollegialer Austausch möglich.
Diese Gelegenheiten wurden intensiv genutzt, da durch die lange Kongresstradition
bereits viele persönliche Kontakte entstanden sind.
ISOPP XIV
Der nächste ISOPP-Kongress findet 2014 in
Montreal, Kanada, statt. Wir möchten alle
Leser der „Onkologischen Pharmazie“ zur
persönlichen Teilnahme ermuntern.
Literatur:
1 J. Vandenbroucke, Belgien. Strategies for managing Drug Shortages.
ISOPP XIII, Melbourne, Australia May
2012.
2 J. Pruemer, USA. Pharmacists in outpatient supportive care teams in the
USA. ISOPP XIII, Melbourne, Australia
May 2012.
3 M. Davis, Australien. Isolators vs.
Cytotoxic drug safety cabinets, ISOPP
XIII, Melbourne, Australia May 2012.
4 H. Dhillon, Malaysia: Staffing, training and logistics required for running
a centralised cancer drug preparation
service. ISOPP XIII, Melbourne, Australia May 2012.
5 S. Wong et al; Australien und andere Länder. Denosumab and bone
metastasi-free survival in men with
castrate resistant prostate cancer:
subgroup analyses from an international, doubleblind, randomised, phase 3 trial. ISOPP XIII, Melbourne, Australia May 2012.
6 A. Glennane, Australien und andere Länder. An
integrated analysis of denosumab versus zoledronic acid (ZA) fort he prevention of sceletal-related
events (SRes) in patients with bone metastastases
(BMs) secondary to solid tumours. ISOPP XIII, Melbourne, Australia May 2012.
7 R. de Boer et al, Australien und andere Länder. A
number needed to treat (NNT) analysis of the benefit
of denosumab therapy among patients with breast
cancer and bone metastases. ISOPP XIII, Melbourne,
Australia May 2012.
8 A. Spencer et al, Australien und andere Länder.
Effect of Denosumab treatment on prevention of hypercalcaemia of malignancy in cancer patients with
metastatic bone disease. ISOPP XIII, Melbourne,
Australia May 2012.
22 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
9. S. Stricker, USA. Metastatic Prostate cancer. ISOPP
XIII, Melbourne, Australia May 2012.
10. W. Scripakdee. Evaluation of chemotherapy contamination in the workplace environment and health
care workers in Thailand. A pilot study ISOPP XIII,
Melbourne, Australia May 2012.
11. T. Bauters et al, Belgien: Eculizimab for treatment
of paroxysmal nocturnal hemoglobinuria: A pediatric
case. ISOPP XIII, Melbourne, Australia May 2012.
12. AS.Cuan et al. Acute promyelocytic leucemia
during pregnancy - report of 2 cases. ISOPP XIII,
Melbourne, Australia May 2012
Autoren:
Dr. Gisela Sproßmann-Günther,
Evangelisches Waldkrankenhaus Berlin
Thomas Schubert, Mönchengladbach
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Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 23
Lebender Kolumnentitel
Blick in den Vortragssaal
VZA-Symposium
„Fachapotheke für orale Chemotherapie“
A
m 30. Juni 2012 fand in Münster ein Symposium zum Thema „Fachapotheke für
orale Chemotherapie“ des Verbandes der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker e.V. (VZA) statt.
Besonderheiten einer oralen Zytostatikatherapie in ihrem Referat „Wie beratungsintensiv sind orale Tumortherapien?“
Jürgen Barth, Apotheker in der StiLStudienzentrale im Universitätsklinikum,
Giessen, eröffnete die Reihe der Referate
mit dem Thema „Stellenwert der oralen
Anti-Tumortherapie im Jahr 2012: alles
im Griff oder ungeahnte Schwierigkeiten“.
Etliche Zytostatika aus unterschiedlichen
Klassen sind schon viele Jahre als orale
Zytostatika im Handel. Neu hinzugekommen ist eine große Zahl an small molecular kinase inhibitors (smKI) und sie wächst
ständig. Ca. 60 parenteral anzuwendenden
Zytostatika steht zurzeit eine Zahl von ca.
40 ‚ZytOralia‘ gegenüber. Ihre Einsatzgebiete sind diverse Tumorentitäten wie
Leukämien, das multiple Myelom, Mamma-, Prostata- und Lungenkarzinome oder
das Melanom.
Die Oralia verfügen über eine geringe therapeutische Breite. Die oft nötigen unregelmäßigen Einnahmen mit Therapiepausen und
verschiedenen Dosierungen über den Tag
verteilt (z.B. Xeloda®), das Interaktionspotential mit der Komedikation und Nahrungsmitteln kommen hinzu. Der Einnahmezeitpunkt ist wichtig, der Patient muss
eine hohe Eigenverantwortung übernehmen. Die Beratung muss genaues Nachfragen (Wann? Wie oft? Wie stark?) sowie alle
vorbeugenden Maßnahmen und notwendigen Konsequenzen umfassen.
Etliche Oldtimer haben ihren Platz in der
Palliation, während z.B. Capecitabin, Vinorelbin oral zur Behandlung beim Mamma-CA dienen. Die Aufgabe der smKI
als NME (New Molecular Entity) ist der
selektive Angriff auf molekulare Treiber (z.B. EGF-R- Mutanten, RAF). Der
Stellenwert der ZytOralia ist somit groß,
gleichwohl sind noch Fragen zu Einnahmezeitpunkt, Nebenwirkungen oder Interaktionen offen.
Konsequenz:
es sind die beratungsintensivsten Arzneimittel, die wir haben.
Frau Apothekerin Kerstin Bornemann aus
Göttingen berichtete über die vielfältigen
24 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
Um eine gute Betreuung des Patienten zu
gewährleisten, benötigt man ein kompetentes Beratungsteam. Das Team muss den
Patienten kennen. Welche Ressourcen und
VZA-Symposium
Erwartungen bringt der Patient mit? Was
weiß er über seine Erkrankung, seine Therapie und die Prognose? Welche Erfahrungen
hat er mit der Einnahme von Tabletten (Tablettengröße, Einnahmeverhalten)? Mit guter
Beratungsleistung ist eine höhere Zufriedenheit des Patienten und damit eine bessere
Krankheitsbewältigung möglich.
„Auch das noch! Koordination von oraler
Anti-Tumortherapie und (oralen) Begleittherapien“ Herr Klaus Meier, Präsident
der DGOP, widmete sein Referat diesem
schwierigen Thema. Zu den alterstypischen
Komorbiditäten gehören kardiovasculäre Erkrankungen, Hypertonie, Diabetes mellitus,
chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen,
Gelenkerkrankungen und Rheuma. Die hier
eingesetzten Herz-Kreislaufmittel, Lipidsenker, Phytopharmaka, Antidiabetika und
Schilddrüsenhormonen können mit Zytostatika interagieren. 6-Mercaptopurin und das
Immunsupressivum Azathioprin vertragen
sich nicht mit Allopurinol und 5-Aminosalicylsäure-Derivaten. Eine Kombination
von Azathioprin und Allopurinol kann zu
einer lebensbedrohlichen Neutropenie führen!
Die Abbauwege des Irinotecans werden durch
die Inhaltsstoffe des Zigarettenrauches und/
oder und die Wirkstoffe des Johanniskrautes
beeinflusst. Zu klinisch relevanten hypertensiven Krisen kommt es, wenn Procarbazin
mit tyraminreichen Nahrungsmitteln, wie
Käse, eingelegtem Hering, Hefeextrakten
eingenommen wird. Fluoropyrimidine dürfen niemals mit Brivudin (Zostex®) kombiniert werden.
Die Hautpflege unter Anti-EGRF- Therapie mit Cetuximab, Panitumumab, Erlotinib
und Gefitinib ist wegen der akne-ähnlichen
Ausschläge wichtig. Als prophylaktische
Maßnahmen sind folgende Mittel in der
Diskussion: Clindamycin 1% Gel, Benzoylperoxid 5% Gel, Minocyclin 2x 200mg/d
und bei trockener Haut Eucerin c. aqua. Ein
Stufenschema zur Hautpflege, das die Frühphase, Folge- und Spätphase berücksichtigt,
wurde ebenso vorgestellt.
Jürgen Barth erläuterte im nächsten Referat
die „Bedeutung und Auswirkung von Compliance und Adhärenz“.
Gibt es einen Unterschied zwischen Compliance und Adhärenz?
Unter Compliance versteht man das Ausmaß
in welchem ein Patient medizinische Instruktionen befolgt. Therapieerfolg ist nur bei genauer und kritikloser Einhaltung der Therapievorgaben gewährleistet unter Missachtung
individueller Probleme und Möglichkeiten
des Patienten. Fazit: die Verantwortung für
einen Therapieerfolg oder Therapieversagen
liegt einseitig beim Patienten.
Adhärenz hingegen berücksichtigt die individuellen Bedürfnisse des Patienten. Der
Behandlungsplan wird mit dem Therapeuten vereinbart. Adhärenz ist das Ausmaß, in
dem das Verhalten einer Person, wie z.B. die
auch durch High-Tech-Service. Ein Patentrezept gibt es nicht. Es wird immer Patienten
geben, die trotz aller Bemühungen für eine
orale Therapie ungeeignet sind.
Dr. Henning Pelz, niedergelassener Onkologe
aus Münster, stellte die „Multiprofessionelle
Betreuung von Patienten mit oralen AntiTumortherapien“ aus Sicht des Arztes dar.
Um den Patienten kümmern sich viele: die
Familie und der Pflegedienst, der Hausarzt,
der Facharzt und die Apotheke.
Entscheidend an der gemeinsamen Betreuung ist die Kommunikation unter einander.
Herr Dr. Pelz machte an einem Beispiel deutlich, wie eine konkrete Zusammenarbeit zwischen Arzt, Haus-und Facharzt, und Apotheke aussehen kann. Bei einer multimorbiden
83-jährige Patientin sollte die CML mit Hydroxycarbamid zur Zytoreduktion, Allopurinol zur Hyperurikämieprophylaxe bei zu
Die Referenten Jürgen Barth und Kerstin
Bornemann bei letzten Abstimmungen
mit Max Eberwein.
Medikamenteneinnahme mit den vereinbarten Empfehlungen übereinstimmt. Faktoren,
die die Adhärenz beeinflussen, können sein
Schluckbeschwerden – die Tablette ist zu
groß
und schmeckt schlecht!,
die auftretende Übelkeit,
ein ständiges Unwohlsein.
Die Verminderung der Lebensqualität führt
zur Inadhärenz oder zum Therapieabbruch,
auch wenn es sich um eine schwerwiegende
Grunderkrankung handelt. Die Zahlen belegen die Folgen einer Non-Adhärenz; die
Wahrscheinlichkeit eines guten molekularen Ansprechens unter Imatinibtherapie bei
einer CML betrug bei Patienten mit einer
Adhärenzrate von>90% 93,7%, bei einer Adhärenzrate < 90% nur noch 13,9%.
Wie kann die Adhärenz erhöht werden?
Durch Patientenaufklärung, Kontrolle, Steuerung und Motivation, pharmazeutische Betreuung aus der Ferne oder zu Hause oder
erwartendem Zellzerfall und Metoclopramid als Bedarfsmedikation behandelt werden.
Zunächst mussten durch die Fachapotheke
mögliche Interaktionen mit der aktuellen,
sehr umfangreichen Medikationsliste ausgeschlossen werden. Es folgte in Zusammenarbeit mit Patient und Hausarzt die Therapieplanung. Auch die Frage, was wird tatsächlich
noch eingenommen, muss im persönlichen
Patientengespräch geklärt werden. Auch
muss die Frage nach Rauchgewohnheiten,
Alkoholgenuss, Nahrungsergängzungsmittel (NEM) beantwortet werden. Am Ende
aller Maßnahmen steht die Information an
den Pflegedienst.
Es ist wichtig, zwischen sachlicher, professioneller Beratung und einer Patientenindividuellen Betreuung zu unterscheiden.
Hoher Sachverstand und die Fähigkeit, sich
mit großem Einfühlungsvermögen auf einen
Patienten einzustellen, gehören zusammen.
Nach dem Protokoll von Irmgard Winkelhaus,
Hohenzollern-Apotheke, Münster, bearbeitet von
Gabi Gentschew.
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 25
11. NZW-Süd in Ravensburg
Mammakarzinom: Update 2012
Prof. Dr. Kurt Possinger, Berlin
Mammakarzinome
Epidemiologie
Primäre Prävention
Körperliche Aktivität und Mortalität
Die Inzidenz des Mammakarzinoms ist in den
letzten Jahren deutlich gestiegen, u.a. aufgrund
des mittlerweile etablierten MammografieScreenings und der steigenden Lebenserwartung. Es wird in diesem Jahr mit etwa 74.500
neuen Fällen von infiltrierenden Mammakarzinomen gerechnet. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 63 Jahren. Etwa 18.000
Frauen versterben pro Jahr am Brustkrebs. Die
brustkrebsspezifische 5-Jahres-Überlebensrate
liegt gegenwärtig bei etwa 86%.
Prävention
Körperliche Aktivität gilt mittlerweile als
eine der wirksamsten Präventionsmaßnahmen. Die Gesamtmortalität kann abhängig
von Intensität und Dauer der Bewegung in
einer Größenordnung von 15-35% gesenkt
werden (eine der ersten prospektiven Studien, Abb. 1). Die Brustkrebsmortalität wird
durch ca. 2,5 Stunden Sport von mäßiger
Intensität pro Woche (Radfahren, Walken)
um 25-30% gesenkt (Abb.2).
Enterolactone in Lebensmitteln haben möglicherweise ebenfalls einen sowohl primär
als auch sekundär präventiven Effekt. Reich
an Enterolactonen sind Leinsamen, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, aber auch
Rotwein. Der Serum-Enterolactonspiegel
korreliert positiv mit dem Gesamtüberleben postmenopausaler Mammakarzinompatientinnen (Abb. 3). Primärpräventive
Effekte von ASS (Acetylsalicylsäure) sind
plausibel, jedoch gibt es hier noch erhebliche Unklarheiten bezüglich Dosierung und
Nutzen-Risiko-Bewertung (gastrointestinale Blutungen), sodass eine regelmäßige Einnahme von niedrig dosiertem ASS bislang
nicht empfohlen werden kann.
Früherkennung
In Deutschland kommen etwa 10 Millionen Frauen für ein Mammografie-Screening
Med. Programm in Taiwan: 199.265 Männer + 216.910 Frauen
Wen Lancet 2011; 378: 1244–53
Abb. 1
3
MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM
UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN
Mamma Ca
Primäre Prävention
Körperliche Aktivität und Mortalität
United States Department of Health and Human Services 2008: Physical Activity Guidelines 2,5h mäßige körperliche Aktivität / Woche
Reduktion der Brustkrebsmortalität: 27% ; Reduktion der Gesamtmortalität: 40%
Abb. 2
Beasley Breast Cancer Res Treat (2012) 131:637–643
MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM
in Frage. Bisher nehmen jedoch nur rund
55% der anspruchsberechtigten Frauen zwischen 50 und 69 Jahren das Screening wahr.
Zwar werden durch Früherkennungsuntersuchungen mehr T1-Tumoren entdeckt als
26 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN
bisher, die absolute Zahl größerer Tumoren
hat jedoch nicht abgenommen, wie mehrere
Studien weltweit zeigen (Abb. 4; die senkrechten gestrichelten Linien bezeichnen den
Zeitpunkt der Einführung eines flächende-
11. NZW-Süd in Ravensburg
Mamma Ca ckenden Screenings). Hinzu kommt, dass
eine Mortalitätsabnahme an Brustkrebs um
20-30% auch in Ländern beobachtet wird,
die keine Screening-Programme aufgelegt
haben. Auffällig ist auch, dass per Screening entdeckte T1 Tumoren im Vergleich zu
symptomatischen Intervalltumoren häufig
eine prognostisch günstigere Tumorbiologie
haben. Insgesamt ist noch nicht eindeutig zu
beurteilen, ob ein Screening, auch angesichts
der Problematik falsch-positiver Befunde,
unter dem Aspekt einer hierdurch erreichten Mortalitätsminderung uneingeschränkt
befürwortet werden kann.
Neoadjuvante Therapie
In Kürze wird für die (neo)adjuvante Therapie HER2-positiver Tumoren Trastuzumab
für die subkutane Applikation zur Verfügung stehen. Die Zulassungsstudie zeigte
eine mit der intravenösen Applikation vergleichbare Wirkung (Abb. 5), ein gewisses
Problem sind allerdings lokale Infekte an
der Injektionsstelle.
Zu erwarten ist die europaweite Zulassung
von Pertuzumab für die neoadjuante Therapie. Die Zugabe von Pertuzumab zu einer
Kombination von Docetaxel und Trastuzumab konnte insbesondere bei homronrezeptornegativen HER2-positiven Tumoren
das Ansprechen eklatant erhöhen (Abb. 6).
Die Kardiotoxizität nimmt durch die Kombination von Trastuzumab und Pertuzumab
nicht auffällig zu.
Serum‐Enterolacton und Prognose bei postmenopauslen Patientinnen (n=1.140) mit Brustkrebs (follow‐up 6 Jahre)
Abb. 3
Buck J Clin Oncol 29:3730-3738. © 2011
Mamma Ca
Sekundäre Prävention
MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM
Brustkrebs‐Screening: Inzidenz von ≥ pT2+ und fortgeschrittenen Karzinomen
Abb. 4
Autier Annals of Oncology 22:1726-1735 (2011)
MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM
Der neoadjuvante Einsatz von Bevacizumab
ist nach wie vor umstritten. Zwar konnte
in zwei großen Studien (GeparQuinto und
NSABP B40) ein signifikanter Behandlungsvorteil hinsichtlich der pCR-Quoten
gefunden werden, doch waren diese Behandlungserfolge in der deutschen Studie
vorwiegend bei Patientinnen mit hormonrezeptornegativen und in der amerikanischen
Studie bei Patientinnen mit hormonrezeptorpositiven Tumoren aufgetreten.
7
UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN
UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN
Mamma Ca: (neo)adjuvante Situation, HER2+
Trastuzumab 600mg sc vs 8mg/kg  6mg/kg iv (HannaH‐Studie)
Subcutane vs intravenöse Herceptin‐Gabe: Effektivität
Adjuvante Therapie
Mit dem Vorliegen der 10-Jahresdaten der
EBCTCG-Studie kann von einer absoluten Mortalitätsminderung von etwa
12% durch eine adjuvante Chemotherapie
Abb. 5
Ismael Lancet Oncol 2012
MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM
25
UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 27
11. NZW-Süd in Ravensburg
Mamma Ca: Neoadjuvante Situation, HER2+
(Anthrazyklin+Taxan) ausgegangen werden.
Bei hormonsensitiven Tumoren beträgt die
absolute Reduktion der Mortalität durch
eine adjuvante Tamoxifentherapie nach 15
Jahren knapp 10% (Abb. 7).
Docetaxel + T oder P oder TP oder TP allein (Neosphere ‐ Studie)
pCR-Raten
pCR-Raten und Rezeptorstatus
Bezüglich des Vergleichs Aromatasehemmer
vs. Tamoxifen liegen jetzt erstmals signifikante Daten zum Gesamtüberleben vor (Regan Lancet Oncol 2011; 12: 1101–08). Hier
erweist sich Letrozol weiterhin als überlegen
gegenüber Tamoxifen.
Bisphosphonate sind nach wie vor nicht mit
der Indikation «adjuvante Therapie beim
Mammakarzinom» zugelassen. Ein Überlebensvorteil unter Bisphosphonattherapie
ergibt sich möglicherweise bei Frauen >60
Jahre und bei prämenopausalen Frauen mit
medikamentös bedingter postmenopausaler Situation.
Abb. 6
Gianni Lancet Oncol 2012; 13: 25–32
MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM
UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN
Mamma Ca: Adjuvante Situation
Antihormonelle Therapie: Tamoxifen Brustkrebsmortalität: 15 Jahre follow‐up
Metastasierte Situation
Ein neues Therapieprinzip stell Trastuzumab-DM1 dar (Abb. 8). Ein an das Trastuzumab angehängtes Vinca-Alkaloid wird
mit der Internalisierung des Rezeptors in die
Zelle eingeschleust. Hiermit kann bei intensiv vorbehandelten Patientinnen immer noch
ein Ansprechen von 34,5% erzielt werden
(Abb. 9). Das entspricht in etwa dem Effekt von Trastuzumab+Docetaxel, jedoch ist
T-DM1 deutlich weniger toxisch. Auch im
Vergleich zu Capecitabin+Lapatinib schnitt
T-DM1 deutlich besser ab (Emilia Studie,
Abb. 10). Die Zulassung in Europa wird für
2013 erwartet.
∆ 9,2%
Abb. 7
EBCTCG Lancet 2011; 378: 771–84
MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM
Mamma Ca: HER2+
12
UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN
Trastuzumab-DM-1 (T-DM1)
Gerade bei den prognostisch ungünstigen
HER2-positiven Tumoren lassen sich durch
Kombinationen von anti-HER2-Medikamenten signifikante Verbesserungen erreichen. In drei großen randomisierten Studien
(Neo-ALTTO, NSABP B41, CHERLOB)
konnte belegt werden, dass die Kombination
von Trastuzumab und Lapatinib zusätzlich
zur Chemotherapie signifikant bessere Ergebnisse erbringt als eine zusätzliche antiHER2-Monotherapie. Der hohen therapeutischen Wirksamkeit stehen allerdings
die insbesondere durch Lapatinib erhöhten
Nebenwirkungen (Diarrhoe, Hautrush etc.)
gegenüber.
Abb. 8
1519803/11
28 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
Krop J Clin Oncol 28 (2010)
MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM
UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN
11. NZW-Süd in Ravensburg
Mamma Ca
Hier könnte in naher Zukunft die neue anti-HER2-Substanz Pertuzumab Vorteile
erbringen. In der metastasierten Erkrankungssituation konnte die Kombination von
Trastuzumab und Pertuzumab überzeugen
(Abb. 11). Nachdem die FDA die kombinierte Gabe von Trastuzumab und Pertuzumab
(Perjeta®) bereits im Juni dieses Jahres zugelassen hat, ist mit der Zulassung in der
EU in den nächsten Monaten zu rechnen.
FAZIT: Dank der frühen Entdeckung
der meisten Mammakarzinome liegt
das 5-Jahresüberleben mittlerweile
bei 86%. Besonders viel Entwicklung
gibt es zurzeit bei neuen Kombinationstherapien zur Lebensverlängerung in der metastasierten Situation.
Der steigenden Inzidenz von Brustkrebserkrankungen könnte durch
Propagierung präventiv wirksamer
Verhaltensweisen, insbesondere
körperlicher Bewegung, begegnet
werden.
T‐DM1 nach Anthrazyklinen, Taxanen, Capecitabin, Trastuzumab und Lapatinib
T-DM1: 3,6mg alle 3 Wo. n=110 Pat; Effektivität:
Abb. 9
Krob JCO 30 (2012)
Mamma Ca: Metastasierte Situation, HER2+
MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM
UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN
T‐DM1 vs. Capecitabin + Lapatinib
Effektivität T‐DM1
ORR
Blackwell ASCO 2012 LBA1
MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM
Abb. 10
UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN
Mamma Ca: Metastasierte Situation, Her2+
Docetaxel
+ Trastuzumab
± Pertuzumab
(Cleopatra‐Studie)
Mamma
Ca: Metastasierte
Situation, Her2+
Docetaxel + Trastuzumab ± Pertuzumab (Cleopatra‐Studie)
"Perjeta"
"Perjeta"
Abb. 11
Baselga N Eng J Med 2012; 366:109-19
34
MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM
UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN
MEDIZINISCHE KLINIK FÜR ONKOLOGIE / HÄMATOLOGIE CHARITÉ CCM
UNIVERSITÄTSMEDIZIN BERLIN
Baselga N Eng J Med 2012; 366:109-19
34
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 29
11. NZW-Süd in Ravensburg
Entfernung der Achsellymphknoten beim frühen
Mammakarzinom: notwendig oder nicht?
Prof. Dr. Wolfgang Janni, Düsseldorf
In der chirurgischen Therapie des Mammakarzinoms ist seit Jahren ein Trend zu einem
weniger radikalen, schonenderen Vorgehen
zu beobachten. Dies gilt nicht nur für die
Entfernung des Primärtumors, die heute
bei kleinen Tumoren überwiegend brusterhaltend erfolgt. Auch die Entfernung der
Achsellymphknoten wird heute zurückhaltend gehandhabt, da das in ca. 10-15% der
Fälle entstehende Lymphödem des Armes
eine große Belastung für die Patientinnen
darstellt.
Universitätsklinikum
Düsseldorf
Während unstrittig ist, dass bei nicht befallenem Sentinellymphknoten (oder Mikrometastasierung <0,2 mm) die Entfernung
weiterer Lymphknoten aus der Achsel unnötig ist, gibt es aufgrund neuer Studienergebnisse Diskussionsbedarf über das Vorgehen
bei positivem Befund im Sentinellymphknoten. Bisher galt, dass bei positivem Sentinellymphknoten eine Ausräumung der
Axilla
Abb. 1
Universitätsklinikum
erfolgte, da dann in 40% der Fälle
weitere
Düsseldorf
positive Lymphknotenbefunde zu erwarten
sind. Doch eine im Jahr 2011 von Giuliani et
al. veröffentlichte Studie zeigte (nicht zum
ersten Mal), dass die Entfernung der Achsellymphknoten bei positivem Sentinellymphknoten keinen Vorteil bezüglich des Überlebens bringt (Tab.; ALND=Entfernung der
axillären Lymphknoten; SLND=lediglich
Entfernung des Sentinellymphknotens).
Auch lokoregionäre Rezidive in der Axilla
waren nicht häufiger, wenn auf die Ausräumung der Axilla verzichtet wurde.
Universitätsklinikum
Düsseldorf
Z 011 Guliano et al.: Jama 2011 & Ann Oncol 2010:
Outcome
Outcome %
ALND
(n = 420)
SLND
(n = 436)
DFS
82.2
83.9
OS
91.8
92.5
Tab.: Outcome [nach Guliano et al. Jama
2011 Vol 305, No.6, 569]
Abb. 2
30 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
11. NZW-Süd in Ravensburg
Die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische
Onkologie (AGO)/Mamma empfiehlt aufgrund der aktuellen Datenlage zurzeit das
folgende Vorgehen bei positivem Sentinellymphknoten (Abb. 1): Bei kleinem Primärtumor, brusterhaltender Operation, keinem
klinischen Anhalt für befallene Lymphknoten (bzw. lediglich Mikrometastasierung
oder weniger als drei befallenen Lymphknoten in der Sentinelbiopsie) und bei adäquater adjuvanter Systemtherapie kann auf
die Axilladissektion verzichtet werden. Eine
alternative Strahlenbehandlung der Axilla
ist nicht evidenzbasiert.
Im Sinne einer individualisierten Therapie
gibt es dennoch Situationen, in denen die
Axilladissektion Sinn macht – nicht zuletzt,
weil die Giuliani-Studie einige methodische Schwächen aufweist. Ohne Gewinnung
weiterer Lymphknoten ist es schwieriger,
die Prognose einer Patientin (und damit
die Notwendigkeit einer adjuvanten Systemtherapie) abzuschätzen, denn die Prognose korreliert mit der Zahl der befallenen
Lymphknoten (Abb. 2). Daraus ergibt sich,
dass der Benefit einer adjuvanten Therapie
unmittelbar mit der Zahl der befallenen
Lymphknoten zusammenhängt (Abb. 3-5;
basierend auf dem interaktiven Prognosetool
www.adjuvantonline.com).
FAZIT: Unter Berücksichtigung bestimmter Kriterien kann heute auch
bei positivem Befund im Sentinellymphknoten auf eine Entfernung
der Lymphknoten in der Achselhöhle
verzichtet werden, da sie keine Vorteile hinsichtlich des Überlebens oder
der Lokalrezidivrate bietet. Allerdings
erschwert die Unkenntnis des Lymphknotenstatus in der Achselhöhle das
Staging und damit eine fundierte
Entscheidung für oder gegen eine
adjuvante Systemtherapie.
Universitätsklinikum
Düsseldorf
Zusätzlicher
Chemotherapiebenefit: 4,9%
Abb. 3
Universitätsklinikum
Düsseldorf
Zusätzlicher
Chemotherapiebenefit: 9,5%
Abb. 4
Universitätsklinikum
Düsseldorf
Zusätzlicher
Chemotherapiebenefit:
15,5%
Abb. 5
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 31
11. NZW-Süd in Ravensburg
Innovative Therapieoptionen
bei Myeloproliferativen Neoplasien
Prof. Dr. Konstanze Döhner, Ulm
Zu den Myeloproliferativen Erkrankungen
gehören die Polyzythämia vera (PV), die
Essentielle Thrombozythämie (ET) und die
Primäre Myelofibrose (PMF). Essentielle
Thrombozythämie und Polyzythämia vera
können in eine Myelofibrose übergehen; diese birgt das größte Risiko einer Entartung
zur Akuten Myeloischen Leukämie (AML).
Eine Gegenüberstellung der drei Krankheitsbilder hinsichtlich Symptomatik, Verlauf und Prognose zeigt Abb. 1.
Bisher „etablierte“ Therapien (ASS, Hydroxyurea, Anagrelid, Interferon-α) sind für
diese Indikationen eigentlich nicht zugelassen. Mit der Identifizierung der JAK2 V617F
Mutation bei der Essentiellen Thrombozythämie, der Polyzythämia Vera und der Myelofibrose konnten jedoch neue und wichtige
Einblicke in die Pathogenese myeloproliferativer Neoplasien (MPN) gewonnen werden. Basierend auf diesen Erkenntnissen
wurden eine Reihe neuer Substanzen entwickelt oder bereits bekannte Substanzen
weiter modifiziert, die derzeit in klinischen
Studien bei Patienten mit MPN evaluiert
werden. Es handelt sich um Immunmodulatorische Substanzen (IMiDe), JAK-Inhibitoren, mTOR- und HiDAC-Inhibitoren
(Histon-Deacetylase-Inhibitoren). Jedoch
liegen auch für Interferon-α mittlerweile
Langzeitdaten vor, die mit einer kompletten
molekularen Remissionsrate von 28% sehr
gute Ergebnisse zeigen (Abb. 2), allerdings
um den Preis beträchtlicher unerwünschter
Wirkungen.
Klinik der chronisch Myeloproliferativen
Neoplasien (MPN)
Essentielle
Thrombozythämie
Polyzythämia Vera
50.-60. LJ
50.-60 LJ
50.-70. LJ
m=f
f>m
• Thrombembolien
• Thrombembolien
• Perfusionsstörungen
• Blutungen
• Mikrozirkulationsstörungen
10-Jahres-Risiko für
Post-ET-MF < 4%
10-Jahres-Risiko für
Post-PV-MF 10%
(selten) AML
AML
Lebenserwartung: fast normal
Median 12 Jahre
m>f
• Thrombembolien
• Schwäche
• Infektanfälligkeit
Hepatosplenomegalie
Portale Hypertension
10-Jahres-Risiko für
Transformation in AML 4-24%
Median 5 Jahre
Abb. 1
Polyzythämia Vera: Interferon (IFN-)Therapie
PEG-IFN-2a (Pegasys): Langzeitdaten der Phase II-Studie
Abbruch wegen UAW (23%)
PV
(n=34)
Pegasys
90 µg/Woche
6,4 Jahre
(medianes FU)
JAK-Inhibitoren
Die meisten klinischen Daten liegen derzeit
zu den JAK Inhibitoren, sog. „ATP mimetics” vor, zu denen erste sehr viel verspre-
Primäre Myelofibrose
 CHR 82%
 CMR 28%
Abb. 2
Turlure et al., ASH 2011, Abstract #280
32 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
Therapiepause in CHR (29%)
Therapiefortführung
11. NZW-Süd in Ravensburg
chende Ergebnisse aus Phase-III Studien
publiziert wurden (Abb. 3). Ruxolitinib
wurde im August 2012 in Europa zugelassen; es zeigt bezüglich des Parameters „Reduzierung des Milzvolumens um >35% im
Vergleich zu „best available treatment“ eine
gute Wirkung (Abb. 4), die auch bei JAK2negativen Erkrankungen zu beobachten ist.
Relativ problematisch ist das häufige Auftreten einer Grad 3/4 Anämie, die jedoch
durch Dosisreduktion/Dosisanpassung
gut steuerbar ist. Unter Ruxolitinib kam es
zu einer Verbesserung der Lebensqualität
durch die Abnahme subjektiver Symptome
wie Schlaf- und Appetitlosigkeit, Schmerzen oder Fatigue.
Immunmodulatorische Substanzen
(IMiDs)
Die Imide haben mehrere verschiedene
Wirkmechanismen (Abb. 5). Pomalidomid
ist weniger neuro- und hämatotoxisch als
Thalidomid und Lenalidomid und hat sich
als sehr aktive Substanz in Phase-II Studien erwiesen (Abb. 6), hier insbesondere in
der Verbesserung der Anämie. Es kann bis
zum Ansprechen bis zu 6 Monate dauern;
im Rahmen der MPNSG01-09 Studie der
deutschen MPN Studiengruppe musste die
initiale Dosis von 2mg/Tag relativ häufig
wegen unerwünschter Wirkungen reduziert
werden. Laufende Studien sollen zeigen, ob
Immunmodulatorische Substanzen (IMiDs)
Thalidomid
Lenalidomid
Pomalidomid
• T-cell / NK-cell activation
 IL-2, IFN-
• Anti-angiogenetic
 VEGF, bFGF
• Anti-proliferative / pro-apoptotic
 TNF, IL-1, IL-6
• Anti-adhesive
 ICAM-1, VCAM-1, E-Selectin
Sedation, Neuropathie
Myelosuppression
???
Abb. 3
MPNSG 01-09: Kumulatives Ansprechen
Kohorte 1, n=38 %
Complete / partial response (IWG-MRT)
0
Clinical improvement (CI) according IWG-MRT
9/38
- CI-anemia (minimum of 2 g/dl increase in hemoglobin)
- Platelet-transfusion independence (platelet-TI)
- CI-platelets (minimum 100% increase in platelet count)
Clinical improvement including erythrocyte-TI
Zeit bis zum Ansprechen
Pomalidomid Dosisreduktion
24%
3
1
6
12/38
32%
4.82 Monate (range 0.69-8.74)
5/12 (42%)
Abb. 4
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 33
11. NZW-Süd in Ravensburg
JAK-Inhibitoren bei Myelofibrose:
Phase I-III Studien
ein vergleichbares Ansprechen auch mit einer reduzierten Dosis von 0.5mg/Tag zu erzielen ist.
Weitere Kinaseinhibitoren
Histon Deacetylase (HiDAC) Inhibitoren und Inhibitoren des mTOR Signalweges kommen im Rahmen klinischer
Studien zum Einsatz. Aufgrund ihrer unterschiedlichen, teils synergistischen Wirkmechanismen sind auch erste Kombinationstherapien in Planung, durch die man
sich eine weitere Verbesserung des Ansprechens erhofft (z.B. POMINC Studie,
Pomalidomid+Ruxolitinib).
CEP-701
TG101348
SAR302503
Ruxolitinib
CYT387
TG101348
INC424
Target(s)
JAK1/JAK2
JAK1, JAK2, JAK3,
FLT3
JAK1, JAK2
Study phase
I
II-III
III
...weitere JAK Inhibitoren in Prüfung/ Entwicklung: CEP-701, SB1518, XL019,
AZD1480, LY278544 etc.
Abb. 5
Milzvolumen (MRT oder CT)1
Ruxolitinib
BL, Baseline; SEM, mittlerer Standardfehler.
Abb. 6
34 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
Mittlere (SEM) Änderung gegenüber Baseline
(%)
COMFORT-II Studie: Dauerhafte Reduktion
des Milzvolumens und der Milzlänge
Mittlere (SEM) Änderung gegenüber Baseline
(%)
FAZIT: Durch die Identifizierung der
JAK2V617F Mutation gelangen essentielle Einblicke in die Pathogenese der
Myeloproliferativen Erkrankungen.
Derzeit sind zwei Substanzgruppen in
klinischer Prüfung/Anwendung: IMiDe
(Anämie) und JAK-Inhibitoren (Splenomegalie, konstitutionelle Symptome).
Weitere zielgerichtete Substanzen
sind in Entwicklung (mTOR- und
HiDAC-Inhibitoren). Therapiebedarf
besteht vor allem für Patienten mit
Myelofibrose.
INCB018424
Tastbare Milzlänge
BAT
Harrison C, et al. NEJM, 2012;366:787-798.
11. NZW-Süd in Ravensburg
Hepatozelluläres Karzinom und Cholangio­
zelluläres Karzinom: Medikamentöse Therapie
Prof. Dr. Günther J. Wiedemann, Ravensburg
Hepatozelluläres Karzinom (HCC)
Die Inzidenz Hepatozellulärer Karzinome
nimmt zu, gleichzeitig steigt die 5-JahresÜberlebensrate, die allerdings mit rund
12% (über alle Stadien) nach wie vor gering ist (Abb. 1). Ein kurativer Therapieansatz kann beim Hepatozellulären Karzinom nur mithilfe der Chirurgie verfolgt
werden. Nachgeordnete Therapieverfahren
sind Radiofrequenz-Ablation, Strahlentherapie, transarterielle Chemoembolisation
und zytotoxische Therapien. Seit kurzem
steht mit Sorafenib auch eine gezielte medikamentöse Behandlung in der palliativen
Situation zur Verfügung. Die medikamentöse Therapie der vorwiegend älteren Patienten ist wegen der häufig beeinträchtigten
Leberfunktion (die meisten Patienten mit einem hepatozellulären Karzinom haben eine
Leberzirrhose) eine pharmakologische und
internistische Herausforderung. Der Einsatz zahlreicher Chemotherapeutika ist bei
eingeschränkter Leberfunktion kritisch zu
sehen oder kontraindiziert (Abb. 2). Nicht
selten nehmen die Patienten auch zusätzlich „alternative“ bzw. Phytotherapeutika
ein (Abb. 3), die zu unerwarteten Wechselwirkungen und weiterer Belastung der Leber
führen. Hinzu kommt die Limitation der
Lebenserwartung durch die Leberzirrhose
selbst (1-Jahresüberleben bei fortgeschrittener Leberzirrhose -Stadium CHILD C45%), was den Einsatz belastender Therapien
gegen das HCC auch zu einem ethischen
Dilemma macht – zumal hiermit lediglich
Lebensverlängerungen von Wochen bis Monaten zu erzielen sind (Abb. 4).
Beim HCC im fortgeschrittenen Stadium
ist die Sorafenib-Therapie zugelassen (Abb.
5, Tab. 1). Patienten, die diese Therapie erhalten sollen, müssen sorgfältig internistisch
ausgewählt werden. Eine klinisch-pharmakologisch vernünftige Dosis wird zunächst
eingeschätzt/errechnet (Orientierung: Qo;
es gibt keine „normale“ Dosis bei Leberzir-
Age-Adjusted Incidence and 5-Year Survival Rates for Patients with Hepatocellular Carcinoma in
the United States, 1973–2007.
El-Serag HB. N Engl J Med 2011;365:1118-1127.
Abb. 1
Abb. 2
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 35
11. NZW-Süd in Ravensburg
rhose) und dann an die Wirkung adaptiert.
Nicht-essentielle Arzneimittel/Substanzen
werden abgesetzt. Die bei Vorliegen einer
Leberzirrhose häufig notwendige Antibiose, mit den Beeinträchtigungen der Leberfunktion, führt oft zu unkalkulierbaren
unerwünschten Wirkungen des Sorafenibs.
Screening identifiziert über 100 Nahrungsmittel und
Phytotherapeutika mit Einfluss auf CYP-Enzyme
•
Fokussierung auf
Johanniskraut und
Grapefruitsaft ist
einseitig
Top Dietary Supplements Reported by Users of
Herbal Therapy in 2002
Dietary Supplement
Use







Supportive Therapien


Während medikamentöse Chemo- und
Targeted Therapien in vielen Situationen
kritisch zu sehen sind und wegen zahlreicher unerwünschter Wirkungen (Abb. 6) in
einigen Fällen als Übertherapie betrachtet
werden können, ist es zweifellos sinnvoll,
belastende Symptome supportiv zu behandeln. Die Bilirubinerhöhung bei Cholestase
führt häufig zu quälendem Juckreiz, der beispielsweise auf Ondansetron gut anspricht:
8mg iv Infusion mit 80% - 90% Erfolg nach
30-60 min. (RadererM et al.: NEJM 1994;
330: 1540).
In diesem Zusammenhang sei auf wichtige
Informationen für Fachkreise zu Ondansetron (Zofran® und Generika) und dosisabhängiger Verlängerung des QTc-Intervalls
mit neuen Einschränkungen für die intravenöse Dosierung verwiesen (GlaxoSmithKline, München, 14.08.2012).
Eine minimale hepatische Enzephalopathie
kann mit Laktulose und Rifaximin behan-






Abb. 3
% of Herbal Users Reporting Product
Echinacea
Ginseng (unspecified species)
Ginkgo biloba
Garlic
Glucosamine with or with chondroitin
St. John’s wort
Peppermint
Fish oils, omega fatty acids
Ginger
Soy
Chamomile
Bee pollen or royal jelly
Kava kava
Valerian
Saw palmetto
40.3
24.1
21.1
19.9
14.9
12.0
11.8
11.7
10.5
9.4
8.6
7.0
6.6
5.9
5.8
CHEMOTHERAPIEN
Barnes P, Powell-Griner E, McFann K, Nahin R. CDC Advance Data Reports #343.
Complementary and Alternative Medicine Use Among Adults: United States, 2002. May
27, 2004
Chemotherapien
Autoren,
Jahr
n
PR
(%)
CR
(%)
Überleben
Doxorubicin
109
9
1
13% 1 Jahr
Phase II
Epirubicin
13
23
0
11 Wochen
Hochster
et al., 1985
Phase II
Epirubicin
18
17
0
nicht
beschrieben
Pohl et al.,
2001
Retrospektiv
Epirubicin
44
7
2
16,2 Monate
Yin et al.,
2005
Phase II
PIAF
26
15
0
6 Monate
Okada
et al., 1993
Phase II
Cisplatin
28
15
0
nicht
beschrieben
Studienart
Substanz
Sciarrino
et al., 1985
Retrospektiv
Tan et al.,
1986
PR = Partial Response; CR = Complete Response
PIAF = Cisplatin, Doxorubicin, 5-Fluorouracil (5-FU) und Interferon-α (IFN-α)
Abb. 4
Wichtige Informationen für Fachkreise zu Ondansetron – Zusammenfassung
• Eine Einzeldosis von intravenös verabreichtem Ondansetron zur Prävention von Chemotherapie-induzierter
Übelkeit und Erbrechen (CINV) bei
Erwachsenen darf 16 mg (infundiert
über mindestens 15 Minuten) nicht
überschreiten.
• Ondansetron verlängert dosisanhängig das frequenzkorrigierte QT-Intervall (QTC) im Elektrokardiogramm,
was zu Torsade de Pointes führen
kann, einer potentiell lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörung. Aufgrund
dieses möglichen Sicherheitsrisikos
wird die maximale Einzeldosis von
Ondansetron eingeschränkt.
• Patienten mit angeborenem Long-QTSyndrom sollten nicht mit Ondansetron behandelt werden.
• Bei Patienten, bei denen sich ein verlängertes QT-Intervall oder Herzrhythmusstörungen entwickeln können,
sollte Ondansetron mit Vorsicht
angewendet werden. Zu dieser Gruppe
gehören Patienten mit Elektrolytstörungen, kongestiver Herzinsuffizienz,
Bradyarrhythmien oder Patienten, die
andere Arzneimittel einnehmen, die
Elektrolytstörungen hervorrufen. Eine
Hypokaliämie oder Hypomagnesiämie
sollte vor Anwendung von Ondansetron korrigiert werden.
36 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
• Ondansetron sollte mit Vorsicht angewendet werden, wenn es zusammen
mit Zytostatika oder anderen medizinischen Produkten verabreicht wird,
die das QT-Intervall verlängern.
• Die Dosierungsempfehlungen für oral
verabreichtes Ondansetron bei CINV
bei Erwachsenen bleiben unverändert (GlaxoSmithKline, München,
14.08.2012).
11. NZW-Süd in Ravensburg
Barcelona
Clinic
Barcelona Clinic
LiverLiver
CancerCancer
Staging
Stagingund
und
Behandlungsstrategie
Behandlungsstrategie
delt werden (Tab. 1). Noch unklar ist der
Stellenwert einer Therapie mit Deferoxamin
(Tab. 1); hier gibt es bisher nur Einzelfallbeobachtungen.
HCC
ECOG PS 0
Child-Pugh A
Cholangiozelluläres Karzinom (CCC)
Die klassische Chemotherapie beim fortgeschrittenen Gallengangskarzinom, 5-FU und/
oder Gemcitabin, ist selten erfolgreich, führt
aber häufig zu schweren unerwünschten Wirkungen. Eine Kombination von Gemcitabin
und Cisplatin ist der Gemcitabin-Monotherapie überlegen (Abb. 7). Häufig ist jedoch
best supportive care indiziert, die spezifisch auf
diese Schwerkranken ausgerichtet sein muss.
Sehr frühes
Stadium (0)
ECOG PS 0-2
Child-Pugh A-B
Frühes
Stadium (A)
Begleiterkrankungen
Resektion
Nein
Ja
Nein
Lebertransplantation
RFA
Kurative Behandlungen
EndStadium (D)
Extrahepatische
Ausdehnung
PVI
3 Herde ≤3cm
Portal-Druck / Bilirubin
Normal
Fortgeschrittenes
Stadium (C)
multinodulär
singulärer Herd
erhöht
Intermediäres
Stadium (B)
ECOG PS >2
Child-Pugh C
Chemoembolisation
Ja
Sorafenib
Palliative Behandlung
Symptomatische
Behandlung
FAZIT: Beim Hepatozellulären und
Cholangiozellulären Karzinom gibt es
bislang keinen kurativen medikamentösen Therapieansatz. Der Einsatz
von zytotoxischen Substanzen und
Sorafenib in der Palliativsituation
muss im Einzelfall kritisch hinterfragt
werden, um eine Übertherapie mit inakzeptablen unerwünschten Wirkungen zu vermeiden.
Modifiziert nach Bruix J et al., Hepatology 2011;53:1020-1022
Abb. 5
SORAFENIB
UNERWÜNSCHTE WIRKUNGEN
Alle Grade
Grad 3
Child A
(n=98)
(%)
Child B
(n=38)
(%)
Child A
(n=98)
(%)
Child B
(n=38)
(%)
Hand-Fuß Hautreaktion
30
13
5
5
Rash/Desquamation
12
8
1
0
AEs
Outcomes in Patients with Biliary Tract Cancer Who Received Gemcitabine Alo
11
3
0
0
plus Gemcitabine.
Alopezie
Fatigue
22
16
4
8
Diarrhoe
47
34
8
8
Nausea
16
16
0
0
Anorexie
14
8
2
0
Stomatits
12
18
0
0
Emesis
11
8
0
0
Abb. 6
Abou-Alfa GK et al. Gastrointest Cancer Res 2011; 4:40-44
Outcomes in Patients with Biliary Tract Cancer Who Received Gemcitabine Alone versus Cisplatin
Outcomes
in Patients with Biliary Tract Cancer Who Received
plus Gemcitabine.
Gemcitabine Alone versus Cisplatin plus Gemcitabine.
Abb. 7
Valle J et al. N Engl J Med 2010;362:1273-1281.
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 37
11. NZW-Süd in Ravensburg
Tab. 1: Kurzcharakteristika von beim HCC eingesetzten Therapeutika
Was
Wirkt wie
Einnahme wie
Elimination
Unerwünschte
Wirkungen
Nutzen
Literatur
Sorafenib (Bayer, D: Nexavar ® 200mg Tablette SORAFENIB (Bayer, D)
Dualer Mechanismus
2 x 400 mg
über
die
Durchfall HaarNEXAVAR® primär
200 mg
Tablette
Leber
ausfall
unerwünschte
wie?
Einnahme
Elimination?
Nutzen
= 2 xWirkt
2 T./d
OS: 2-3 Mon.
1.inhibiert RafKinase
Dualer
über über
Durchfall
OS:
2-3 M.
Nüchtern
oral 2 x 400mg primär
oxidativ
Hand-Fuß-SynMechanismus = 2x2 T/Tag
die Leber
Haarausfall
CYP3A4
drom
Blutungen
1. Inhibiert
Nüchtern
oxidativ
über Hand&Fuß-S PR:
7(2%) vs
PR: 7 (2%) vs.
2 (1%)
2.blockiert
VEGF-Weg
2. Blockiert
mit 50ml
mit 50
ml Wasser
Wirkungen
wie?
Raf-Kinase
oral
CYP3A4
VEGF-Weg
Wasser
über
UGT1A9
fortgeschritten
metastasiert
Hochdruck
über UGT1A9
Blutungen
2 (1%)
Juckreiz
doppelblind
S. vs Placebo
Doppelblind
Child-Pugh A
NEJM 2008
S. vs. Placebo
Hochdruck und
Juckreiz
Child-Pugh A
fortgeschritten
metastasiert
NEJM 2008
ORPHAN DRUG
RIFAXIMIN (Norgine, Marburg)
®
Rifaximin (Norgine, D: XifaxanXIFAXAN®
200 mg Tablette) 200mg Tabletten
Bakterizid
Wirkt wie?
600mg/Tag
Dosis
Elimination?
Orales AntbioDiarrhoe:
Bakterizid
600 mg/Tag
Orales
Diarrhoe:
Antibiotikum
tikum
x 400 mg/T
22 x400mg/Tag
nur im Darm
wirksam
breites
Nur im Darm
Spektrum
wirksam
unerwünschte
Nutzen
keine
systemischen
weniger
hepatische
Encephalop.
Wirkungen
wird nicht
resorbiert
keine
Wechselwirk.
Child-Pugh
A,B,C
Ausnahme:
Minipille
Keine systemischen
zugelassen
Wird nicht
re(auch FDA)
sorbiert
Zhan T &
Keine Wechselwirkungen
Dtsch Arztebl
Child-Pugh
A,
2012
B, C
Ausnahme: Minipille
Stremmel W
Breites Spektrum
Weniger
hepatische
Encephalo­
patien
Zugelassen
(auch FDA)
Zhan T & Stremmel
W, Dtsch Aerztebl
2012
DEFEROXAMIN (Novartis, CH)
DESFERAL®
500 mg/Vial
®
Deferoxamin (Novartis, CH: Desferal 500mg /Vial Wirkt wie?
Dualer Mechanismus
unerwünschte
Arterielle Infusion
Elimination?Renal
NutzenSchmerz: Kopf,
Arterielle
Wirkungen
Infusion
(Port)
Muskeln
(Port)
Plasma Enzyme
Dualer
1.blockiert
ZellMechanismus
10-80 mg/kg
zyklus
1. Blockiert
Zellzyklus
2. induziert
2. Induziert
Apoptose
Apoptose
Renal
10-80mg/kg
KörKörpergewicht Plasma
pergewicht Enzyme
Über 24
Cave: NI!
Ø 27 x
Child-Pugh
A,B,C
Stunden
über
24h
Ø27 x
fortgeschritten
Fortgeschritten
metastasiert
metastasiert
HCC
HCC
38 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
PR: 2/10
SD: 3/10
Schmerz:
PR: 2/10
Cave:
Nausea
Kopf, Nieren­ SD: 3/10
Muskeln
insuffizienz!
Nausea
Emesis
Emesis
Child-Pugh
A,
Allergien
Phase-II
B,Allergien
C
Phase-II
Pneumonien
NI 2.°
Yamasaki
T
Pneumonien
NEJM 2011;
365:576-578
Yamasaki T NRJM
2011; 365:576-8
11. NZW-Süd in Ravensburg
Hepatozelluläres Karzinom:
Chirurgische Therapie
Prof. Dr. Helmut Friess, München
Die chirurgische Therapie stellt beim Hepatozellulären Karzinom die einzige kurative Therapieoption dar. In Abhängigkeit
von der Leberfunktion und der Tumorlast
kommen dabei begrenzte oder erweiterte
segmentale Leberresektionen bis hin zur
Hemihepatektomie und Trisektorektomie
zur Anwendung. Solch ausgedehnte Resektionen sind nur möglich dank der guten
Regenerationsfähigkeit der Leber, die über
eine doppelte Blutversorgung verfügt (Leberarterie und Pfortader). Selbst ein Verlust
von 70% des Leberparenchyms kann von
einer gesunden Leber kompensiert werden.
Die 5-Jahresüberlebensraten von Patienten
nach Resektion eines HCC aus nicht zirrhotischer Leber liegen bei ungefähr 50%. Eine
Tumorgröße > 2 cm, multifokaler Befall und
die Invasion großer Gefäße verschlechtern
die Prognose deutlich.
In 85% der Fälle entsteht ein HCC jedoch
auf dem Boden einer Zirrhose. Hier ist eine
Regeneration nicht mehr möglich. Postoperativ besteht die Gefahr des Organversagens. Hinzu kommt, dass die zirrhotische
Restleber weiterhin eine Präkanzerose für
weitere Malignome darstellt. Dennoch ist
es in den letzten Jahren an spezialisierten
Zentren gelungen, die Prognose resezierter
Patienten auch bei Vorliegen einer Zirrhose
zu verbessern (Abb. 1, 2).
Bei Patienten mit einem multifokalen HCC
auf dem Boden einer Leberzirrhose stellt die
Lebertransplantation (LTX) nicht selten die
einzig sinnvolle Therapieoption dar. Sie ist
der Resektion deutlich überlegen. Bei adäquater und rechtzeitiger Indikationsstellung
zur LTX können 5-Jahres-Überlebensraten von über 70% erreicht werden (Abb. 3,
4). Essentiell für den Therapieerfolg ist die
Auswahl geeigneter Empfänger nach den so
genannten Mailand Kriterien (solitärer Tu-
Prognoseverbesserung bei Resektionen in
Leberzirrhose
1. Präoperative Planung
• bessere Patientenselektion
• Radiologische OP-Planung
• Tu-Reduktion vor Resektion
• Wachstumsinduktion der Restleber
2. Intraoperative Verringerung des Lebertraumas
• Intraoperativer Ultraschall
• Narkoseführung (ZVD)
• Selten Pringle Manöver
• Schonende Dissektionstechniken (CUSA)
3. Postoperative Therapie / Monitoring
• ICU (ZVD, Katecholamin)
Chirurgische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
Abb. 1
S.T. Fan et al., Ann Surg 2011
Continuous improvement of survival after resection of HCC in cirrhosis
- a 20-year experience; 1198 patients Gesamt-Überleben
Abb. 2
Krankheitsfreies Überleben
Chirurgische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 39
11. NZW-Süd in Ravensburg
mor ≤ 5cm, max. 3 Herde ≤ 3cm, keine Makrogefäßinvasion). Werden diese Kriterien
eingehalten, können sehr gute Ergebnisse erzielt werden (4-Jahres-Überlebensraten 85%
Milan In und 50 % Milan Out; Mazzeferro
et al., NEJM 1996). Jedoch kann auch eine
Transplantation außerhalb der MailandKriterien erfolgreich sein, beispielsweise
wenn der Tumor im PET-CT nur geringe
Anreicherung erkennen lässt. An einer Verfeinerung der Einschlusskriterien für eine
Transplantation (z.B. hinsichtlich Tumorbiologie und Tumordifferenzierung) wird
kontinuierlich gearbeitet. Das therapeutische
Vorgehen bei einem HCC bei Leberzirrhose
zeigt schematisch die Abb. 5.
Ein generelles Problem bei der Transplantation ist das Rezidivrisiko durch die Immunsuppression, hinzu kommt der Mangel
an Spenderorganen.
Resection or Transplantation for Hepatocellular Carcinoma in
Cirrhotic Patients: Outcomes Based on Indicated Treatment Strategy
Juan Figueras, MD, Eduardo Jaurrieta, MD, Carlos Valls, MD, Emilio Ramos, MD, Teresa
Serrano, MD, Antonio Rafecas, MD, Juan Fabregat, MD, Jaime Torras, MD
Abb. 3
J Am Coll Surg 2000, Vol 190, 5: 580-587
Lebertransplantation
beim HCC
Lebertransplantation
beim HCC
Prognoseverbesserung
in den letztenin
Jahren
Prognoseverbesserung
den letzten Jahren
Chirurgische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
FAZIT: Patienten mit einem HCC,
die keine oder eine geringgradige
Leberzirrhose haben, können durch
Resektion in vielen Fällen kurativ behandelt werden. Bei Vorliegen einer
Leberzirrhose erzielt man mit einer
Lebertransplantation mittlerweile
exzellente Langzeitergebnisse in der
Größenordnung 70-80% 5-Jahreüberleben.
n= 985 LTX bei HCC
61,1%
25,3%
Yoo H Y et al. JCO 2003;21:4329-4335.
Abb. 4
Chirurgische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
Differenzierte Therapie HCC mit Zirrhose
Differenzierte Therapie HCC mit Zirrhose
Solitär < 5cm
Solitär < 5cm
< 3 Knoten je < 3 cm
Solitär > 5cm
> 3 Knoten
Gefäßinfiltration
Fernmetastasierung
eingeschränkte Leberfunktion
portale Hypertension
Grunderkrankung der Leber
??
Resektion
Bei niedrigem
chir. Risiko
Abb. 5
40 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
Lebertransplantation
Zentrales Problem: Wartezeit
Therapieoption bei Wartezeit:
Thermoablation, PEI, TACE,
Chemotherapie
Best
Supportive
Care
Lokale/ Systemische
Tumorbehandlung
TACE, PEI, Thermoablation,
Chemotherapie (Sorafenib)
Chirurgische Klinik und Poliklinik, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München
11. NZW-Süd in Ravensburg
Grundlagen der allogenen
Stammzelltransplantation
Prof. Dr. Donald Bunjes, Ulm
Faktor
•
Kranheitsstadium
•
Früh 0, interm. 1, fortg. 2
•
Alter
•
< 20J 0, 20 – 40J 1, >40j 2
•
Zeitabstand Diagnose – Tx
•
<1 Jahr 0, > 1Jahr 1
•
Spender
•
MRD 0, anderer 1
•
Spendergeschlecht
•
Weiblicher Spender bei
männlichem Patienten 1, sonst
0
Abb. 1
Score 1
0.6
TRM
0.6
0.4
Score 0
Survival
0.8
0.8
1.0
1.0
EBMT- Score II: Überleben
und TRM nach allogener SZT
Eine Stammzelltransplantation beinhaltet
3 grundlegende Schritte:
Score 3
Score 4
0.2
Score 2
Score 5
Score 6-7
0.0
Beseitigung der Grunderkrankung (Konditionierung): Elimination der defekten,
malignen oder residuellen normalen hämopoetischen Stammzellen aus den
Stammzellnischen des Knochenmarks
durch Chemo-, Strahlen- oder Immuntherapie
Punkte
0.4
Chemo- und / oder strahlungssensitive
Grunderkrankung
Verfügbarkeit eines wirksamen Zytostatikums mit einer steilen Dosis - Wirkungsbeziehung
Eine Dosiseskalation dieser Substanz um
das 5 – 10 fache bzw. eine Steigerung der
Dosis under the curve um das 2 – 3 fache ist möglich, da die Hämatotoxizität
dosislimitierend und die extramedulläre
Toxizität tolerabel ist.
Bestes Instrument zur Abschätzung von Mortalitiät und
Überleben. Unabhängig von Stammzellquelle, Intensität der
Konditionierung und GvHD - Prophylaxe
0.2
Voraussetzungen für eine kurative Hochdosis Chemo- / Strahlentherapie sind:
Der EBMT- Score I
0.0
Eine Stammzelltransplantation ist bei vielen
aggressiven hämatologischen Systemerkrankungen (akute Leukämien, maligne Lymphome) die einzige kurative Option bzw.
die Option mit dem höchsten kurativen
Potenzial. Heute wird eine solche Transplantation bis zu einem biologischen Alter
von ca. 70 Jahren durchgeführt, als Spender
kommen HLA-kompatible Familien- und
Fremdspender sowie haploidentische Familienspender in Frage. Stammzellen werden aus
Knochenmark, peripherem Blut (nach Stimulation der Hämatopoese) und in seltenen
Fällen auch aus Nabelschnurblut gewonnen.
50-70% der Patienten mit einer Indikation
können heute transplantiert werden.
0
1
2
3
Years post Tx
4
5
0
1
2
3
4
5
Years post Tx
Abb. 2
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 41
11. NZW-Süd in Ravensburg
One-year survival after myeloablative conditioning
for acute leukemias in any remission phase,
CML or MDS, age 50 years, by year of transplant
and graft source, 1988-2009
100
HLA-matched sibling
Unrelated Donor
One-Year Survival, %
80
60
40
20
0
1988- '91
90
'92
'93
'94
'95
'96
'97
'98
'99
'00
'01
'02
'03
'04
'05
'06
'07
'08
'09
Slide 14
SUM11_40.ppt
Immunosuppression: Ablation des Immunsystems des Empfängers durch Chemotherapie zur Verhinderung von Abstoßungsreaktionen gegen die Spenderzellen
Engraftment: Besiedlung der Stammzellnischen durch gesunde hämopoetische
Stammzellen des Spenders
Die therapeutische Wirkung der allogenen (von einem Fremdspender stammenden) Stammzelltransplantation beruht auf
zwei Grundprinzipien: auf der einen Seite
der zytoreduktiven Wirkung der Hochdosischemotherapie, auf der anderen Seite dem
immuntherapeutischen Effekt der Spender
T-Zellen im Transplantat. Der relative Beitrag der beiden Therapieprinzipien zum kurativen Potential der Transplantation hängt
vor allem von der Grunderkrankung und
dem Krankheitsstadium ab.
Je nach Intensität der Konditionierung unterscheidet man myeloablative, nicht myeloablative und dosisreduzierte Regime.
Die so genannte dosisreduzierte sowie die
nichtmyeloablative Konditionierung arbeiten mit einer weniger intensiven Chemo-
therapie und setzen teilweise oder ganz auf
den therapeutischen Effekt der Spender TZellen. Grundsätzlich gilt: je aggressiver die
Konditionierungstherapie, desto höher ist
die therapieassoziierte Letalität, aber auch
die Chance einer dauerhaften Heilung.
Schonendere Konditionierungsregime sind
zwar mit einer geringeren Mortalität belastet, führen aber auch seltener zu kompletter
und anhaltender Tumorfreiheit.
Der Erfolg der Knochenmarkstransplantation hängt von zahlreichen Faktoren ab,
darunter Alter des Empfängers, Schwere und Dauer der Erkrankung, Komorbiditäten und Grad der Übereinstimmung
der HLA-Merkmale. Aus diesen Faktoren lassen sich Scores, z.B. der EBMT
(European Group for Blood and Marrow
Transplantation)-Score errechnen, der eine
Abschätzung der Überlebenswahrscheinlichkeit des Empfängers erlaubt (Abb. 1
und 2; TRM=Transplantations-assoziierte
Mortalität; MRD=matched related donor,
also HLA-kompatibler verwandter Spender).
Nach wie vor sind die Erfolgsaussichten einer Transplantation besser, wenn es einen
geeigneten verwandten Spender gibt, jedoch
42 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
Abb. 3
hat auch die Erfolgsrate von Transplantationen mit Fremdspenden in den letzten Jahren
deutlich zugenommen (Abb. 3).
In den Spenderdateien stehen weltweit 18
Millionen freiwillige Spender zur Verfügung, so dass derzeit für 90 - 95% aller deutschen Patienten ein Spender gefunden werden kann. 60% der Transplantate stammen
heute von Fremdspendern.
FAZIT: Für die Mehrzahl aller Patienten, die für eine allogene Knochenmarkstransplantation geeignet sind,
kann heute ein Spender gefunden
werden. Damit rücken die Senkung
des Transplantationsrisikos und der
Umgang mit multimorbiden Patienten
in den Fokus der Transplantationsmedizin.
Pharmakologie und Pharmakoökonomie der LHRH-Analoga
Pharmakologie und Pharmakoökonomie
der LHRH-Analoga
Von Niels Eckstein, Thomas Bolle und Bodo Haas, Bonn
D
iverse Vertreter aus der Klasse der LHRH Analoga sind seit etwa zweieinhalb
Jahrzehnten auf dem Markt. Sie sind ein wertvoller Bestandteil der onkologischen
Therapie, wenn Hormon-ablative Maßnahmen erforderlich sind. Doch auch außerhalb
der onkologischen Indikationen haben die Substanzen Eingang in die Pharmakotherapie
gefunden, beispielsweise in der Gynäkologie bei der Behandlung der Endometriose. Besonders erwähnenswert ist die gute Compliance bzw. Adherence durch die Injektion von
Depot-Formulierungen mit einer Wirkung von einem, drei oder sogar sechs Monaten.
Der vorübergehende Anstieg der Testosteron-Inkretion bei der Therapie des Prostatakarzinoms (Flare-up) kann durch Gabe von Anti-Androgenen entschärft oder durch die
Gabe von LHRH-Antagonisten umgangen werden. Umsatz- und Verordnungszahlen
unterstreichen die wirtschaftliche Bedeutung dieser Substanzklasse.
Molekularer Wirkmechanismus und
Pharmakodynamik
Das Gonadorelin Releasing Hormone
(GnRH, auch luteinisierendes HormonReleasing-Hormon oder LHRH) wird im
Hypothalamus des Gehirns unter dem Einfluss von Noradrenalin, Dopamin, Histamin und anderen Neurotransmittern gebildet. GnRH wird pulsatil freigesetzt, wobei
die Impulse mit einem Intervall von 60 bis
90 Minuten auftreten. LHRH tritt in die
Hypothalamus-Hypophysen Gefäßsystem
ins Blut über, gelangt in den Hypophysenvorderlappen und bindet an spezifische Rezeptoren auf Plasmamembran von gonadotropen Hypophysen-Zellen. Diese Bindung
stimuliert die Sekretion von Gonadotropinen: Luteinisierendes Hormon (LH) und
Follikel stimulierendes Hormon (FSH).
LHRH stimuliert die Freisetzung sowohl
von LH als auch von FSH. Nachdem LH
systemisch im Blutkreislauf verfügbar ist,
bewirkt es die Produktion von Androgenen (insbesondere Testosteron und Dihydrotestosteron, DHT) bei Männern sowie
die Bildung von Östrogenen bei Frauen.
Allerdings verursacht die ununterbrochene Stimulation der LH-Sekretion entweder durch wiederholte Verabreichung von
LHRH oder einmalige Gabe von langwirksamen LHRH-Analoga (Synonyme:
LHRH Agonisten, Gonadorelinanaloga,
Gonadorelinsuperagonisten oder Gonadorelinagonisten) eine Runterregulierung
der hypophysären LHRH-Rezeptoren. In
der Folge wird die Gonadotropin-Inkretion
drastisch reduziert, was zur gonadalen Unterdrückung mit einem massiven Rückgang
der Produktion von Testosteron bei Männern und Östradiol bei Frauen führt.
Indikationen
LHRH-Analoga sind für die folgenden Indikationen in Deutschland zugelassen:
bei Männern
Diagnostik: Prüfung der Hormonempfindlichkeit eines Prostatakarzinoms zur
Beurteilung der Notwendigkeit von hormonsupprimierenden/hormonablativen
Maßnahmen.
Therapie: Zur symptomatischen Behandlung des fortgeschrittenen hormonabhängigen Prostatakarzinoms sowie zur
Behandlung von Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom, bei denen
eine endokrine Behandlung angezeigt ist.
Ein Sonderfall ist die Substanz Triptorelin
im Fertigarzneimittel Salvacyl®. Es wird
zur reversiblen Reduzierung des Testosterons bis auf das Kastrationsniveau angewendet, um den Sexualtrieb bei erwachsenen Männern mit schwerer sexueller
Abnormität zu verringern. Die Behandlung mit Salvacyl® muss von einem Psychiater initiiert und kontrolliert werden.
In Kombination mit der Behandlung sollte
44 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
eine Psychotherapie erfolgen, um das abnorme Sexualverhalten zu vermindern.
bei Frauen
Symptomatische, laparoskopisch gesicherte Endometriose, wenn eine Unterdrückung der ovariellen Hormonbildung
angezeigt ist, sofern die Erkrankung nicht
primär einer chirurgischen Therapie bedarf.
Symptomatischer Uterus myomatosus,
wenn eine Unterdrückung der ovariellen
Hormonbildung angezeigt ist, als präoperative Maßnahme zur Volumenreduktion
einzelner Myome bei vorgesehener Myomenukleation oder Hysterektomie.
Präoperative Endometriumabflachung vor
geplanten operativen, hysteroskopischen
Eingriffen, z.B. Endometriumablation
oder Resektion.
Abkürzungen:
FSH
Follikel stimulierendes Hormon;
GnRH Gonadotropin-releasing Hormone;
LH
Luteinisierendes Hormon;
LHRH Luteinisierendes Hormonreleasing Hormon;
PSA
Prostata spezifisches Antigen
Mammakarzinom prä- und perimenopausaler Frauen, sofern eine endokrine Behandlung angezeigt ist.
Triptorelin besitzt zusätzlich eine Indikation zur Runterregulierung und Vermeidung eines vorzeitigen LH-Anstiegs
bei Frauen, die sich einer kontrollierten
ovariellen Hyperstimulation im Rahmen
der assistierten Reproduktions-Therapie
(ART) unterziehen.
bei Kindern
Behandlung von nachgewiesener zentraler Pubertas praecox (Mädchen unter 9
Jahren, Jungen unter 10 Jahren) mit bspw.
Triptorelin.
Pharmakologie und Pharmakoökonomie der LHRH-Analoga
Das Prostatakarzinom
Das Prostatakarzinom ist eine der häufigsten
malignen Erkrankungen weltweit und eine
führende Todesursache für Morbidität und
Mortalität bei älteren Männern. In vielen
Ländern der westlichen Welt stellt es mittlerweile die am häufigsten neu diagnostizierte Krebserkrankung bei älteren Männern
(über 65 Lebensjahre) dar. Nach Angaben
der American Cancer Society werden jährlich etwa 200.000 Neudiagnosen erwartet.
Prostatakrebs ist damit die zweithäufigste Ursache für Krebs assoziierte Todesfälle
in den Vereinigten Staaten. In Europa treten jährlich etwa 240.000 Prostatakarzinom-Neuerkrankungen auf, was ca. 18%
der Krebserkrankungen bei Männern entspricht. Prostatakrebs ist somit häufiger als
Lungenkrebs bei Männern und damit die
zweitwichtigste Ursache für Krebs assoziierte Todesfälle bei Männern. Mehr als 90%
der Männer, die an Prostatakrebs sterben,
sind 65 Jahre oder älter. Zwei Drittel sind 75
Jahre oder älter. Im Allgemeinen ist das Prostatakarzinom eine Erkrankung des älteren
Mannes. Da das durchschnittliche Alter der
männlichen Population insgesamt ansteigt,
wird eine steigende Anzahl an Patienten mit
Prostatakarzinom erwartet.
Obwohl die Ätiologie des Prostatakarzinoms
unbekannt ist, erscheint es in den meisten
Fällen Androgen-abhängig zu sein. Eine
Androgen-ablative Therapie verursacht eine
Tumor-Regression in einem hohen Anteil an
lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem
Prostatakrebs. Etwa 75% der Patienten mit
metastasierendem Prostatakrebs zeigen ein
Ansprechen des Tumors auf eine Hormonablative Therapie. Die endokrinologische
Therapie ist daher ein wichtiges Mittel zur
systemischen Behandlung von Patienten mit
metastasiertem Prostatakrebs.
Die Wirksamkeit von LHRH-Analoga bei
der Behandlung von fortgeschrittenem Prostatakrebs ist ebenso hoch wie eine Orchi-
ektomie oder eine Therapie mit Diethylstilbestrol. Allerdings ist die LHRH-Analoga
Therapie mit reduzierter Morbidität und
deutlich verbesserter Compliance der Patienten verbunden. Zudem ist die Therapie mit
LHRH-Analoga im Falle des Nichtansprechens der Therapie reversibel. Darüber hinaus
haben Studien gezeigt, dass die überwiegende
Mehrheit der Patienten die Behandlung mit
LHRH-Analoga gegenüber einer Orchiektomie bevorzugt und dass Patienten unter einer
Therapie mit LHRH-Analoga einen besseren
psychologischen Zustand haben.
derstellung ein. Auf lange Sicht wirken sie
hinsichtlich der Testosteron-Inkretion nicht
anders als die LHRH-Analoga. Allerdings
blockieren sie den GnRH-Rezeptor direkt
und vermindern somit die Gefahr von Nebenwirkungen durch das sogenannte Flareup Phänomen.
Das Mamakarzinom
Auch etwa 60% der Brusttumoren während
des Klimakteriums sind Hormonrezeptorpositiv und wachsen Östrogen abhängig. Daher ist eine endokrine Therapie auch in diesen
Fällen eine wertvolle Behandlungsoption.
Es gibt zahlreiche Faktoren, die die Wahl
der Therapie bei Brustkrebs bestimmen, z.
B. die Menopause, Status des Patienten, das
Stadium der Erkrankung, die Zahl der befallenen Lymphknoten, der HormonrezeptorStatus des Tumors und die Verträglichkeit
der Behandlung. Eine Anti-Östrogen-Therapie kann durch Blockieren von Östrogenrezeptoren mit Medikamenten wie z.B. Tamoxifen durchgeführt werden. Ebenso kann
eine Hemmung der Östrogensynthese durch
LHRH-Analoga oder durch das Entfernen
der Eierstöcke (chirurgisch oder durch Bestrahlung) erreicht werden. LHRH-Analoga
verursachen eine wirksame ovarielle Suppression bei Frauen vor der Menopause. Der menopausale Status der Patientin ist allerdings
reversibel nach dem Absetzen der Therapie.
Eine neue Substanzklasse: LHRHAntagonisten und das Flare-up
Phänomen
LHRH-Antagonisten (Synonym: Gonadorelin-Antagonisten) nehmen eine Son-
Abb. 1: Gonadorelin (LHRH)-Analoga
verursachen als Agonisten einen
vorübergehenden Anstieg der
Testosteron-Plasmaspiegel, das Flare-up.
Die neuere Substanzklasse der
Gonadorelin (LHRH)-Antagonisten senken
die Testosteronplasmaspiegel direkt.
Flare-up bezeichnet die vorübergehende
Steigerung der Testosteron-Inkretion durch
Rezeptorstimulation, bevor die unphysiologisch lange Rezeptorstimulierung durch
die LHRH-Analoga zu einem kompletten
Versiegen der Produktion und Inkretion von
Steroidsexualhormonen führt. Aufgrund
dieser unphysiologisch langen Stimulation
nennt man die LHRH-Analoga auch „Gonadorelin-Superagonisten“. Einen Vergleich
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 45
Pharmakologie und Pharmakoökonomie der LHRH-Analoga
der beiden Substanzklassen auf die Testosteroninkretion zeigt Abbildung 1.
Die Substanzen Abarelix (H Plenaxis®) und
Degarelix (Firmagon®) sind synthetische
Oligopeptide. Sie entfalten eine rein antagonistische Wirkung gegenüber dem GnRH.
Abarelix und Degarelix bewirken eine rasche Senkung der Serumspiegel von LH und
FSH und infolgedessen des Testosteronspiegels bei Männern und des Östradiolspiegels
bei Frauen. Derzeit ist Abarelix allerdings
nur in der Indikation einer Hormon-ablativen Therapie des fortgeschrittenen Prostatakarzinoms zugelassen.
Während man bei LHRH-Analoga ein
Absinken der Testosteronspiegel auf Kastrationsniveau nach spätestens 3-4 Wochen
erwartet, senken Abarelix und Degarelix
die Testosteronblutspiegel innerhalb einer
Woche auf Kastrationsniveau (also auf einen
Wert von weniger als 0,5 ng/ml).
Flare-up Prophylaxe
Die Testosteronrezeptor-Antagonisten Flutamid und Bicalutamid sind in der Lage, die
Flare-up Reaktion mit der ersten Injektion
der LHRH-Analoga bei der Behandlung
des Prostatakarzinoms zu unterdrücken. Um
das Risiko von Schmerzen oder einer drohenden Metastasierung zu verringern, kann
ein Anti-Androgen verabreicht werden. Die
Therapie mit Anti-Androgenen beginnt typischerweise drei Tage vor der Applikation
des LHRH-Analogons und wird für die
ersten zwei bis drei (maximal vier) Wochen
der Behandlung fortgeführt. Der Einsatz
der anti-androgenen Therapie wird auch als
unterstützende Therapieoption in der Fachinformation ausdrücklich empfohlen.
Medizinische Bedeutung
Derzeit rangieren Herz-Kreislauf-Erkran­
kungen noch auf dem ersten Platz der
krankheitsbedingten Todesursachen in
Deutschland. Etwa um das Jahr 2020 herum
erwarten Experten eine Umkehr der Todesursachenreihenfolge in der industrialisierten
Welt. Dann werden Tumorerkrankungen die
Haupttodesursache sein und die Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf Platz zwei verdrängt
Tab. 1: Todesursachenstatistik für Deutschland (laut Statistischem Bundesamt)
Anzahl
Gestorbene
Prozent der
Gesamtheit
Todesursache
Nummer:
Herz-Kreislauf
1.453.470
44,1
1
Krebs
866.175
26,3
2
Lunge
223.086
6,8
3
Diabetes
92.174
2,8
4
Infektion
50.704
1,5
5
Psychische Störungen
50.477
1,5
6
Muskuloskelettale
Erkrankungen
8.476
0,3
7
Tab. 2: Ökonomische Bedeutung onkologischer Präparatgruppen
(Quelle: „Arzneiverordnungsreport”, Schwabe/Paffrath 2010)
Präparategruppe
Verordnungen
in Tsd.
Änd. in %
zum Vorjahr
Umsatz
in Mio. €
Änd. in %
zum Vorjahr
Zytostatika
753,1
+ 6,2
873,0
24,8
LHRH-Analoga
447,6
- 2,3
238,5
-3,3
Gestagene Estramustin
18,8
- 17,5
6,9
-14,1
Antiöstrogene
385,6
- 0,2
30,6
13,6
Antiandrogene
185,2
- 3,1
63,4
6,1
Aromatasehemmer
466,7
+ 8,8
248,8
+ 11,8
Weitere Hormon-Antagonisten
29,2
+ 2,4
79,9
+ 7,8
Calciumfolinat
95,3
+ 13,4
25,9
+ 4,7
Bisphosphonate
503,6
+ 19,1
210,9
+ 14,6
Spezielle Antiemetika
663,9
+ 10,2
64,4
+ 6,1
LHRH-Antagonisten
1,0
(neu)
0,6
(neu)
Gesamt
3.549,9
+ 6,5%
1.842,8
+ 14,6%
haben. Die Zahlen für Deutschland der Jahre 2004-2007 (kumulativ) zeigt Tabelle 1.
Wirtschaftliche Bedeutung
onkologischer Medikamente
Das Prostatakarzinom ist die mit Abstand
häufigste Krebserkrankung beim Mann,
während bei der Frau das Mammakarzinom die höchste Inzidenz hat. Beide Tumorentitäten lassen sich abgesehen von Therapieregimes mit klassischen Zytostatika
endokrinologisch unter anderem auch mit
LHRH-Analoga behandeln. Hierdurch erklärt sich die große wirtschaftliche Bedeu-
46 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
tung dieser Klasse von Medikamenten, die
in Tabelle 2 dargestellt ist.
Regulatorischer Status und Pharma­
koökonomie der LHRH-Analoga
In Deutschland und den EU-Ländern sind
über nationale Zulassungen des BfArM bzw.
dezentrale Zulassungen auf europäischer
Ebene (unter anderem) folgende Substanzen
im Handel (in alphabetischer Reihenfolge):
1. Buserelin
2. Goserelin
3. Histrelin
Originator: Profact®
Originator: Zoladex®
Originator: Vantas®
Pharmakologie und Pharmakoökonomie der LHRH-Analoga
Tab. 3: Umsatz der prominentesten LHRH
Analoga in 2010 (Quelle: „Arzneiver­ord­
nungs­report”, Schwabe/Paffrath 2010)
Umsatz 2010
39,8
Goserelin
27,9
Leuprorelin
7,1
Triptorelin
1,1
Akaza, L: Future Prospects for Luteinizing HormoneReleasing Hormone Analogues. in: Prostate Cancer
Treatment. Pharmacology 85 (2010): 110-20
Cockshott, Ian D: Clinical Pharmacokinetics of Goserelin, 2000, in: Clin. Pharmacokin. 39(1) 27-48
Mio. €
Buserelin
Weiterführende Literatur
Klotz, L., Boccon-Gibod, L., Shore, N. D., Andreou, C.,
Persson, B.-E., Cantor, P., Jensen, J.-K., Olesen, T. K.,
Schröder, F. H.: The efficacy and safety of degarelix:
a 12-month, comparative, randomized, open-label,
parallel-group phase III study in patients with prostate cancer. British Journal of Urology 102 (2008):
1531–38
4. Leuprorelin Originator: Enantone®
5. Nafarelin Originator: Synarela®
6. Triptorelin Originator: Decapeptyl®
Laut dem wissenschaftlichen Institut des
AOK-Bundesverbandes (WIdO) werden
mit LHRH Analoga jährlich ca. 240 Mio.
Euro umgesetzt. Dies entspricht ca. 0,9 %
der Arzneimittelausgaben. Betrachtet man
die aktuellen Jahrestherapiekosten für einen
Patienten selektiv bezogen auf die aufgeführten Substanzen, so belaufen sich diese
bspw. für eine Jahrestherapie mit Buserelin,
Goserelin oder Leuprorelin auf ca. 2.400
Euro.
Gemäß dem IGES Institut in Berlin ist
zukünftig auf Basis der ausgelaufenen Patente (2006) für Buserelin und Goserelin
mit einem stark reduzierten/rückläufigen Verbrauch dieser Wirkstoffe zu rechnen. Aktiencheck.de beschreibt auf seiner Stock World Finanzexperten-Seite die
Entwicklung für Goserelin nicht übermäßig positiv. Da aufgrund technischer Unzulänglichkeiten des Applikationssystems
Vertriebspartner Acinos zum Rückruf des
Goserelin 1-Monats-Implantats vom deutschen und britischen Markt aufgerufen hat
und im Weiteren mit einer Verzögerung des
Zulassungsverfahrens für seine Goserelin
3-Monats- und Leuporelin 1- und 3-Monats-Implantate in Deutschland (Vontobel
Research-Schätzung: 2012) zu rechnen ist,
kalkulieren die Analysten immerhin zwar
noch mit einem konsolidierten GoserelinUmsatz von 4,3 Mio. € für das Jahr 2011,
währenddessen aber die Umsatzprognosen
für 2012 bis 2015 ganzheitlich reduziert
werden.
Schwabe, U.; Paffrath, D. (Hrsg.). Arzneiverordnungsreport 2011. Heidelberg/ Berlin: Springer Verlag.
Summary of Product Characteristics (SmPC) in den
jeweils aktuellen Versionen von Goserelin, Leuprorelin, Triptorelin, Nafarelin, Histrelin und Buserelin.
Stand Mai 2012, Quelle: www.pharmnet-bund.de
Autoren:
Niels Eckstein1*, Thomas Bolle2, Bodo Haas1
1
Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM),
Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, 53175 Bonn
Forschungszentrum Jülich,
Wilhelm-Johnen-Straße, 52428 Jülich
2
*Korrespondenz Autor:
Dr. Niels Eckstein, Tel.: 0049-228-207-4584,
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Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 47
Aktuelle Therapie des Pankreaskarzinoms
Aktuelle Therapie des Pankreaskarzinoms
Von Jochem Potenberg und Gisela Sproßmann-Günther, Berlin
D
as Evangelische Waldkrankenhaus in Berlin-Spandau (EWK) hat ein nach den Peutz-Jeghers Syndrom (36 bis 42%iges LeKriterien der Deutschen Krebsgesell­schaft zertifiziertes Onkologisches Zentrum
benszeitrisiko)
inkl. Modul Pankreaskarzinomzentrum. Das bewährte Behandlungskonzept umfasst
neben den Beratungen in interdisziplinären Tumorkonferenzen leitlinienkonforme Ein familiäres Pankreaskarzinom (FPC = faTherapiepfade und -protokolle zu allen onkologischen Krankheitsbildern auch die milial pancreatic cancer kindred) ist anzunehTeilnahme an aktuellen Studien.
men, wenn mindestens zwei erstgradig Verwandte an einem Pankreaskarzinom erkrankt
Der vorliegende Therapiepfad Pankreaskarsind, ohne dass Kriterien eines anderen herezinom wird regelmäßig durch den InterIn 5-10% sind genetische Faktoren vorhan- ditären Syndroms erfüllt sind.
den:
nistischen Onkologen und die Onkologi Erkrankung eines Verwandten 1°: 2fach Die S3-Leitlinie „Exokrines Pankreaskarzische Pharmazeutin auf die Einhaltung der
S3-Leitlinie überprüft. Auf internationalen
erhöhtes Risiko (19)
nom“ 2007 ist gültig (1). Eine weitere aktuelle
Hereditäres Pankreatitis-Syndrom (ku- Leitlinie ist der NCCN 2012 (23).
Kongressen vorgestellte Innovationen werden bewertet und integriert (z.B. Chemomulatives Risiko 40 – 44% bis 70 Jahre)
therapie FOLFIRINOX).
Einführung
Bei Männern hat das Pankreaskarzinom
einen Anteil von 2,8 % aller Krebserkrankungen, bei Frauen 3,5 % (31). Das Robert
Koch Institut rechnete 2010 mit 13.360
Neuerkrankung pro Jahr. Mehr als 95%
der Betroffenen versterben nach Diagnose
eines exokrinen Pankreaskarzinoms (35).
Abb. 1 zeigt den alterspezifischen Anstieg
am Bauchspeicheldrüsenkarzinom und die
Konstanz der Inzidenz für das letzte Vierteljahrhundert (31).
Da sich neuroendokrine Tumore (NET) des
Pankreas (PNET) biologisch anders verhalten, haben diese eine günstigere Prognose,
werden anders therapiert und gesondert besprochen.
Das 80-120 g schwere und ca. 20 cm lange Pankreas liegt retroperitoneal zwischen
Duodenum und dem Milzhilus. Die Vena
mesenterica superior verläuft am Unterrand
des Organs und teilt dieses in Kopf und Körper. Der Schwanz des Pankreas liegt zwischen Milzhilus und Aorta (Tab. 1).
Risikofaktoren sind Rauchen, Übergewicht
und Alkohol (10, 14). Die Korrelation zwischen langjährigem Diabetes mellitus und
dem Auftreten eines Pankreaskarzinoms ist
eher locker (16).
Abb. 1: Inzidenz des Pankreaskarzinoms (31)
Tab. 1: Die verschiedenen Ursprungsorte des Pankreaskarzinoms.
C 25.0
Pankreaskopf (liegt rechts von der V. mesenterica superior)
C 25.1
Pankreaskörper (liegt links der V. mesenterica superior und links der Aorta)
C 25.2
Pankreasschwanz (Zwischen Aorta und Milzhilus)
C 25.3
Ductus Pankreaticus
C 25.4
Langerhans’sche Insel (endokrines Pankreas)
Hereditärer nicht-polypöser Kolorektalkrebs (Lynch-Syndrom)
Hereditäres Pankreas-Karzinom-Melanoma Syndrom
Hereditärer Brust- und Eierstockkrebs
(BRCA1-, BRCA2-Träger)
48 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
Diagnostik
Die Diagnostik besteht aus dem CT des Abdomens und der Bestimmung des Tumormarkers
CA19-9 (gem. EWK-Checkliste Pankreas­
karzinom). Die Höhe des CA19-9 korreliert
häufig mit der Tumormasse und dem Stadium
Aktuelle Therapie des Pankreaskarzinoms
(7). Zur Beurteilung des therapeutischen
Ansprechens lässt sich der Tumormarker
im Verlauf nutzen (20).
Bei lokal begrenzten Tumoren werden im
CT Veränderungen des Pankreas- oder des
Gallenganges (double duct sign) als Hinweis auf eine Neoplasie gewertet (17). Die
endoskopische Sonographie (EUS) ermöglicht bei inoperablem Befund die Biopsie
zur Einleitung einer Chemotherapie. Ferner
ermöglicht die EUS ein präzises Staging (8).
Bei neuaufgetretenen Ikterus liegt in 20%
der Fälle ein Karzinom des Pankreas oder
der Gallenwege vor.
Entbehrlich sind Bürstenzytologie bei der
endoskopisch retrograde Cholangiographie
(ERC) bei niedriger Sensitivität sowie die
endoskopische Ultraschalldiagnostik bei re-
Abb. 1:
Zytologie eines
Pankreaskarzinoms mit
azinären Strukturen und
unterschiedlich großen,
bisweilen exzentrischen
Zellkernen.
sektablem Befund (1). Bei geplanter palliativer Therapie sollte dagegen die histologische
Sicherung erfolgen.
Azinäres Zell Karzinom (Fettnekrose, Eosinophilie und Polyarthralgie)
Pankreatoblastom
Histologisch finden sich
Infiltrierendes duktales Adenokarzinom
Häufig besteht eine Überexpression des
K-Ras Onkogens. Bei Vorliegen eines
Pankreas­kopfkarzinoms kommt es häufig
zu einem Verschlussikterus. Gelegentlich
findet sich die Erstmanifestation eines Diabetes mellitus oder einer Pankreatitis.
Tab: 2: TNM-Stadium (UICC 2010)
T
N
M
Kriterium
1
Tumor auf das Pankreas begrenzt, bis 2 cm Größe
2
Tumor auf das Pankreas begrenzt, mehr als 2 cm Größe
3
Tumor überschreitet das Pankreas ohne Infiltration des Truncus coeliacus oder der A. mesenterica superior
4
Tumor infiltriert den Truncus coeliacus oder die A. mesenterica superior
0
Kein Befall regionaler Lymphknoten
1
Befall regionärer Lymphknoten
0
Keine Fernmetastasen
1
Fernmetastasen
Die Stadieneinteilung erfolgt klinisch
(Tab. 3). Im Einzelfall kann das Staging
allerdings erst intraoperativ komplettiert
werden. Das Grading erfolgt von G1 bis
G4. Eine mögliche Verbesserung der Prognose kann durch radikale Resektion erfolgen. Die klinische Stadieneinteilung erlaubt
eine prog­nostische Abschätzung (Tab. 4).
In der Studie von Boeck (2) wurden Gewebsproben auf das Vorliegen einer KRAS
Mutation untersucht, die mit 70% ermittelt
wurde. Patienten mit einem KRAS Wildtyp
hatten ein verbessertes Gesamtüberleben (8
Monate vs. 6,5 Monate; HR 1.62, p 0.011).
Tab. 3: Stadieneinteilung
Stadium
TNM
Kriterium
IA
T1 N0 M0
Tumor auf das Pankreas begrenzt, bis 2 cm Größe
IB
T2 N0 M0
Tumor auf das Pankreas begrenzt, mehr als 2 cm Größe
IIA
T3 N0 M0
Tumor überschreitet das Pankreas, es liegt keine Infiltration des Truncus coeliacus oder der A. mesenterica superior
vor
IIB
T1-3 N1 M0
Befall regionärer Lymphknoten
III
T4 N0-1 M0
Befall des Truncus coeliacus oder A. mesenterica superior
Tab. 4: Prognosen auf der Grundlage klinischer Stadieneinteilung (nach 18)
Ausbreitung
Anteil in %
5-Jahres Überleben
Lokal begrenzt/resektabel
7%
22%
Lokal fortgeschritten/nicht resektabel
26%
9%
Fernmetastasen
53%
2%
Therapie
Als therapeutische Optionen stehen zur
Verfügung
Operation im Stadium I und II
Chemotherapie
Palliative Maßnahmen: Stent
Best supportive care
Das Pankreaskarzinom ist mit einer Letalität von 95% verbunden. Die einzige kurative Option ist die operative Entfernung
des Tumors. Die Indikation zur Resektion
orientiert sich nicht am biologischen Alter,
sondern an bestehenden Komorbiditäten.
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 49
Aktuelle Therapie des Pankreaskarzinoms
Die 5-Jahres Überlebensrate liegt nach erfolgreicher Operation bei ca. 20% (18). Die
Mehrheit der Patienten erleidet innerhalb
von 24 Monaten lokale oder Fernmetastasen (33).
Bei Infiltration des Tumors in den Truncus
coeliacus oder die A. mesenterica superior ist
eine kurative Resektion kaum möglich. Die
Infiltration der V. portae oder der V. mesenterica superior spielt operations­taktisch eine
geringere Rolle. Ziel ist stets die R0-Resektion, am günstigsten als en-bloc Resektion.
Bei Ikterus ist die Anlage eines Stents nicht
unbedingt erforderlich, jedoch bei Nachweis
einer Cholangitis. Bei hepatobiliären Eingriffen wird eine perioperative AntibiotikaGabe empfohlen (Leitlinie EWK).
Operation
Pankreaskopftumore werden durch partielle Duodenopankreatektomie mit oder
ohne Pyloruserhalt versorgt. Die klassische
Whipple Operation hat denselben Stellenwert (Mortalität, Langzeit-Überleben) wie
das pyloruserhaltenden Vorgehen.
Pankreasschwanzkarzinome werden durch
Linksresektionen therapiert.
Die Irresektabilität des Pankreaskarzinoms
wird durch die Lage des Tumors zur Aorta,
A. und V. mesenterica superior und Truncus coeliacus bestimmt (23). Eine Resektion von Metastasen verbessert die Prognose
nach Resektion des Primärtumors nicht. Für
die Feststellung einer pN0 Situation ist die
Entnahme von mindestens 10 Lymphknoten erforderlich.
Stadium I: Bei Pankreaskopftumoren werden gegenwärtig die Pyloruserhaltene Pankreaticoduodenektomie oder eine modifizierte Whipple Operation empfohlen. Bei
Pankreasschwanztumoren erfolgt die distale
Pankreatektomie zumeist mit Splenektomie.
Adjuvante Therapie
1987 präsentierte die GITSG eine Studie
mit 43 Patienten, die eine kombinierte Radiochemotherapie (kumulativ 40 Gy mit
Bolus 5-FU d1-3, danach 5-FU Bolus auf
2 Jahre komplettiert) erhielten. Der experimentelle Arm zeigte eine Verbesserung des
Gesamtüberlebens im Median von 11 auf 21
Monate und eine Verbesserung des 2-Jah-
Tab.5: Ergebnisse des ESPAC-1-Studie (25)
Studie
Behandlung
Medianes Gesamtüberleben
ESPAC-1
A: 5-FU/LV über 6 Monate
Chemo (A+C) vs. No-Chemo (B+D):
B: 5-FU plus 40 Gy Rt
20,1 vs. 15,5 Monate (p<0.009)
C: 5-FU plus 40 Gy Rt plus
ChemoRt (B+C) vs. No-ChemoRt (A+D): 15,9
vs. 17,9 Monate (p<0.05)
5-FU/LV
D: Beobachtung
res Überlebens von 18 auf 43%. Ein Viertel
der randomisierten Patienten erhielt wegen
perioperativer Komplikationen keine adjuvante Therapie (9).
In einer vierarmigen Studie wurde der Effekt von Radiatio und Chemotherapie untersucht. Dabei konnte der größte Effekt der
Chemotherapie zugeordnet werden (Tab. 5).
Da die Radiochemotherapie als Behandlung mit erkennbaren Nebenwirkungen gilt,
hat sie sich in Europa nicht als Standard
durchsetzen können. Bei der Untersuchung
der medikamentösen Therapien gilt Gemcitabin zwischenzeitlich als Standard der
Behandlung.
Die Monotherapie mit Gemcitabin verlängert in der Adjuvanz das progressionsfreie
Überleben von 7 auf 13 Monate (27).
In einer vergleichenden Studie erwiesen sich
Gemcitabin und die Kombination 5-FU/
Folinsäure als gleich wirksam (26).
In der adjuvanten Therapie des PankreasKarzinoms hat sich 6 x Gemcitabin mono
durchgesetzt.
Als Kontraindikationen sprechen gegen eine
adjuvante Chemotherapie (1):
ECOG 3 / 4
Unkontrollierte Infektion
Leberzirrhose Child B oder C
Schwere KHK, Myocardinsuffizienz
NYHA III und IV
Präterminale oder terminale Niereninsuffizienz
Eingeschränkte Knochenmarkfunktion
Stadium II A
In diesem Stadium sind viele Patienten technisch nicht resektabel. Die Entfernung des
Pankreas kann erwogen werden und gilt in
einigen Kliniken als Standard. Als weitere
50 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
Optionen sind palliativ chirurgische Ansätze zur Wiederherstellung der Passage und
neoadjuvante Therapiekonzepte zu nennen.
Die Monotherapie mit Gemcitabin verlängert in der Adjuvanz das progressionsfreie
Überleben von 7 auf 13 Monate (27), weshalb
sich 6 Zyklen etabliert haben.
Stadium IIB und III
Bei der Mehrheit der Patienten greift der
Tumor auf die großen Gefäße über und ist
technisch nicht resektabel. In den USA wird
in diesem Setting die Radiochemotherapie
durchgeführt. Der Kombinations­partner zur
Radiatio ist 5-FU per infusionem. Die Anwendung von 6 Zyklen Gemcitabin sind in
Europa Standard. Bei einem lokal begrenzten Tumor von jüngeren Patienten, die nach
6 Zyklen Gemcitabin eine stabile Erkrankung zeigen, kann eine Chemoradiotherapie
ein verbessertes Überleben bieten, wie die
GERCOR-Studie mit 181 Patienten zeigen
konnte (15).
Stadium IV
First line
Nach der Cochrane-Analyse und seit der
Publikation von Burris (3) gilt Gemcitabin
als Standard bei der Behandlung des Pankreaskarzinoms, da das Überleben von 4 auf
6 Monate im Vergleich zu 5-FU verlängert
wurde.
Die Kombinationen von Gemcitabin mit
zahlreichen Partnern führten nicht zu einer Verlängerung des Gesamtüberlebens.
Kombinationen von Gemcitabin mit Platin oder mit Fluoropyrimidinen führten zu
verbessertem Ansprechen ohne klare Überlebensvorteile.
Die Kombination mit 5-FU, Irinotecan, Cisplatin und Oxaliplatin zeigt keine Überlebensvorteile. Die Kombination von Cisplatin
und Gemcitabin wird durch eine Metaana-
Aktuelle Therapie des Pankreaskarzinoms
lyse gestützt, die bei jüngeren Patienten
durchgeführt wurde (5, 11-13).
 Capecitabin 2000 mg/m 2/d, d1-14 q3w
plus Erlotinib 150 mg/d kontinuierlich
Die palliative Chemotherapie mit Gemcitabin führt zur Verlängerung des Gesamtüberlebens, der Verbesserung der Lebensqualität und einem klinischen Benefit (z.B.
verringerter Schmerzmittel-Bedarf). Die
Therapie wird beim Nachweis von Metastasen begonnen. Gemcitabin ermöglicht ein
1-Jahres-Überleben von 18-20% (21).
 Gemcitabin 1000 mg/m 2 über 30 min
wöchentlich x 7, dann d1, 8, 15 q4w plus Erlotinib 150 mg/d kontinuierlich
Gemcitabin und Erlotinib führt zu einem
statistisch signifikanten Überlebensvorteil
von zwei Wochen. Dieser Vorteil im 1-Jahres Überleben 24% vs. 19% ist jedoch mit
Hauttoxizität verbunden (2).
 Nach einem Progress wurde ein Crossover ohne den Tyrosinkinaseinhibitor angeboten.
Im EWK gilt für die palliative Situation
des Pankreas-Karzinoms: 6 x Gemcitabin
mono, im begründeten Einzelfall mit Er-
 FOLFIRINOX: Oxaliplatin 85 mg/m 2
d1, Irinotecan 180 mg/m 2 d1, LV 400 mg/
m 2 d1, dann 5FU 400 mg/m 2 als Bolus d1
und 2400 mg/m 2 als Dauerinfusion über 46h
alle zwei Wochen.
Die Ergebnisse (Tab. 6) zeigen einen Überlebensvorteil.
Zur Etablierung einer second line-Therapie
wurden Capecitabin/Erlotinib vs. Gemcita-
In 70–80% findet sich beim Pankreaskopfkarzinom ein Verschlussikterus, der den
Einsatz von Gefäßendoprothesen (Stents)
erforderlich macht, wobei Metall-Stents bessere Langzeitergebnisse als Plastik Röhrchen
haben. Maligne Duodenalstenosen können
RR
TTF 1
TTF 2
OS
Capecitabin/Erlotinib
5%
3,4 Monate
4,4 Monate
6,9 Monate
Gemcitabin/Erlotinib
13 %
2,4 Monate
HR 0.69
4,2 Monate
6,6 Monate
HR 0.96
lotinib (z.B. Patient mit ECOG 0) bzw. 6 x
FOLFIRINOX (Patient mit ECOG 0-1).
Auch 5-FU/Folinsäure oder die Kombination mit Oxaliplatin (OFF) kann bei gutem
AZ gewählt werden (29).
Second line
Als Zweitlinientherapie kommen Capecitabin, 5-FU als Monotherapie oder in
Kombination mit Oxaliplatin, Docetaxel
und Irinotecan infrage. Ein Standard ist die
Kombination Oxaliplatin mit Fluoropyrimi-
Tab. 6: Ergebnisse der Studie Gemcitabin gegen FOLFIRINOX (nach 4).
Studienarm
Toxizitäten
RR
PFS
OS
Gemcitabin
Diarrhoe 1,6 %
Nausea 6,3 %
Fatique 14,3 %
Febrile Neutropenie 0 %
10,9 %
3,4 Monate
6,9 Monate
bin/Erlotinib bei 279 Patienten (medianes
Alter 64 Jahre) untersucht, wobei 51 % eine
second line-Therapie erhielten (2):
Das Auftreten einer venösen Thrombose ist
beim Pankreaskarzinom häufig. Niedermolekulare Heparine wie Enoxaparin werden
therapeutisch verwendet und können zur
Prophylaxe eingesetzt werden (30).
Tab. 7: Ergebnisse der Studie Capecitabin/Erlotinib vs. Gemcitabin/Erlotinib (2).
Gemcitabin wurde in einer vergleichenden
Studie gegen FOLFIRINOX bei 342 Patienten (medianes Alter 60 Jahre, medianer
ECOG: 0-1) mit einem Follow-up nach19,5
Monaten untersucht (4).
 Gemcitabin: 1g/m 2 iv wöchentlich x 7,
1 Woche Pause, dann wöchentlich x 3q4w
Komplikationen
durch geeignete Stents behandelt werden.
Die Gastroduodenostomie ist eine Option
mit nicht gesicherter Wertigkeit.
Bei Schmerzen werden geeignete Analgetika (u.a. Morphin) eingesetzt. Die perkutane
Blockade des zöliakalen Plexus kann eine
Schmerztherapeutische Option sein. Weitere
Therapieoptionen sind Ernährungstherapie,
Megestrolacetat und Dronabinol.
Therapie-Ansprechen
Die Wirkung einer Chemotherapie sollte alle
2 Monate evaluiert werden. Als Methoden
sind im EWK die Bestimmung des CA 19-9
sowie Sonographie oder CT-Abdomen (im
Wechsel) festgelegt.
Nachsorge
dinen (OFF). Hier konnte das Gesamtüberleben von 13 auf 26 Monate verlängert werden. (28). EWK-Standard: 6 Zyklen OFF
bei ECOG 0-1.
Bei fortgeschrittenen Tumoren sind die Aussichten auf Heilung gering, weshalb eine
symptombezogene Nachsorge im Vordergrund steht. Hier wird nach einer endokrinen oder exokrinen Insuffizient gefahndet.
Wird eine schematische Nachsorge seitens
des Patienten gewünscht, so erfolgt alle 3
Monate eine körperliche Untersuchung mit
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 51
Aktuelle Therapie des Pankreaskarzinoms
Bestimmung des CA 19-9. Alle 6 Monate
kann ein CT durchgeführt werden.
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Buchbesprechung
Buchbesprechung
Rezension von Sigrid Rosen-Marks, Hamburg
Auf brüchigem Boden Land gewinnen
Biografische Antworten auf Krankheit und Krisen
Annelie Keil
Kösel-Verlag, München 2011
Seiten 253, gebunden
€ 17,99
ISBN 978-3-466-30907-8
Hier geht es um Krisenbewältigung. Der ausgesprochen lebens- und krankheitserfahrenen emeritierten Professorin für Sozialund Gesundheitswissenschaften Annelie
Keil ist ein gut lesbarer Krisenratgeber auf
anspruchsvollem Niveau gepaart mit viel
Tiefsinn und Gelassenheit gelungen.
Wie finde ich die Liebe zum eigenen Leben,
zum eigenen Glück wieder? Den eigenen Lebenswert erkennen und vor allem aus der
Ressource überstandener Krisen zehren;
hier kann man es wieder erlernen. Es ist wie
so oft im Leben: Eigentlich wissen wir alle
viel von diesen Dingen - aber das Wissen
zum richtigen Zeitpunkt hervorholen können, alles verknüpfen, neu zusammenbauen
UND tatsächlich sinnvoll anwenden - genau
dafür wird man hier an die Hand genommen
und erinnert die eigenen Kräfte und Möglichkeiten.
Trotzdem und sehr nachvollziehbar bleibt
die Frage nach dem Warum? Warum ich, wa-
rum zu diesem Zeitpunkt, warum ausgerechnet Krebs oder ein anderer besonders
schlimmer Schicksalsschlag. Und gerade
bei dieser sehr verständlichen Frage ist das
Buch eine handfeste, tröstende und begleitende Hilfe. Frau Prof. Dr. Keil nimmt den
Leser an die Hand und bringt ihm in behutsamen Schritten bei, wie er die Stürme des
Lebens akzeptieren kann. Und sie stellt klar,
dass biografische Arbeit zum Leben dazugehört: „Neue Gegenwart ist nicht einfach
da, sondern entsteht“. (S. 241). Schicksalsschläge wollen, ja müssen, verarbeitet werden. Ohne Fleiß kein Preis. Wer im ersten
Schock eines Schicksalsschlages stecken
bleibt, hat die Arbeit des Lebens nicht verstanden.
Das Leben besteht in jeder Hinsicht aus
sehr konträren Polen und es gilt laut Prof.
Dr. Keil durch Umdenken und Lernprozesse
zwischen diesen Kontrasten das Leben zu
meistern. Besonders einer ihrer spannenden Gedanken, nämlich dass keine Krise
stärker ist als die nächste Krise, berührt
mich: „So wird das Problem einer quälenden Kinderlosigkeit vom Auftauchen einer
MS-Erkrankung abgelöst und verliert seine
Bedeutung“ (S. 115). Das heißt letztendlich,
dass die Bewertung einer Krise auch immer
sehr vom einzelnen Individuum abhängt. Sie
lässt ihre Leser mit diesen Erkenntnissen
nicht alleine. Hilfreich und spannend zeigt
sie auf, wie der Mensch auch in tiefen Krisen
wieder zu sich finden kann. Wir können mit
gestalten und sind in aktiver Arbeit an unserer Erfahrungs- und Lebenswelt beteiligt.
Und wer auf brüchigem Boden Land gewinnen möchte, ist gut beraten, wenn er seinen
Gestaltungsspielraum im Leben nutzt.
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 53
Der Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V. (AdP)
Der Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V. (AdP)
Bauchspeicheldrüsenoperierte-Bauchspeicheldrüsenerkrankte
D
er Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V. (AdP) ist eine Vereinigung von Menschen, die an der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) operiert wurden,
operiert werden sollen oder an einer Erkrankung (in der Mehrzahl Krebserkrankungen) der Bauchspeicheldrüse leiden.
Besonders intensiv bemühen wir uns um
Patienten, bei denen die Bauchspeicheldrüse wegen einer dieser Erkrankungen
teilweise oder vollständig entfernt werden musste.
Jährlich erkranken etwa 14.500 Menschen
in Deutschland an einem Tumor der Bauchspeicheldrüse. Darüber hinaus leben 45.000
bis 50.000 Menschen mit einer chronischen
Entzündung der Drüse.
Betroffene Menschen hatten sich 1976 im
AdP gemeinsam mit Ärzten und Diätassistenten in Heidelberg zur SH-Organisation „Arbeitskreis der Pankreatektomierten“
zusammengeschlossen, weil sie nach einer
Operation an der Bauchspeicheldrüse vor
Problemen standen, die sie nicht allein bewältigen konnten.
Die Gründung des AdP fiel in die Zeit, in
der sich die Idee der „Hilfe durch Selbsthilfe“ in Deutschland erst verbreitete. Ärzte
und deren Standesorganisationen sowie die
Versicherungsträger begannen damals nur
sehr zögerlich, die entstehenden Selbsthilfegruppen zu akzeptieren. Im Gegensatz
zu andern Gruppen konnten wir als AdP in
Heidelberg von Anfang an auf die Hilfe und
Unterstützung von Ärzten bauen!
Nach nunmehr 36 Jahren sind wir in ganz
Deutschland ein anerkannter Partner für
Kliniken, Ärzte, REHA-Einrichtungen,
Krankenkassen, staatliche Dienststellen und
andere Gesundheitseinrichtungen. Wir besitzen eine Betroffenenkompetenz, die für
die Lösung vieler Probleme unersetzbar ist.
Häufig auftretende Probleme von Pankreatektomierten
Der bei ca. 70 % der Erkrankten auftretende Diabetes mellitus (= Dia­betes
mellitus Typ 3 C) ist nach einer Pan­
kreas­operation weit schwieriger zu bewältigen als der „normale“ Typ 1 Diabetes. Außer dem Hormon INSULIN
fehlt auch das Hormon GLUKAGON,
das dem starken Abfall der Blutzuckerwerte entgegenwirkt und somit die Gefahr der lebensgefährlichen Unterzuckerungen mindert. Somit ist dieser
Diabetes-Typ sehr schwer einstellbar
und führt häufig zu Unterzuckerungen.
Die Behandlung dieses pankreopriven
Diabetes erfolgt überwiegend mit mehreren Insulininjektionen am Tag oder
mit einer Insulinpumpe. Das Messen
des Blutzuckers mehrmals am Tag ist
daher unumgänglich.
Da in der Regel nach einer totalen
Bauchspeicheldrüsenentfernung oder
nach der Entfernung des Kopfes der
Bauchspeicheldrüse die Verdauungsenzyme nicht mehr vorhanden sind
oder nicht mehr ausreichen, wirkt
sich dies auf die gesamte Verdauung,
insbesondere jedoch auf die Fettverdauung, aus. Patienten müssen die
Pankreas­enzympräparate korrekt zum
richtigen Zeitpunkt einnehmen und
sich darüber hinaus vernünftig ernähren, sonst können starke Verdauungsbeschwerden und ein starker Gewichtsverlust auftreten.
Die Beeinträchtigungen des körperlichen Leistungsvermögens sowie psycho-soziale Probleme machen darüber
hinaus vielen betroffenen Menschen
stark zu schaffen.
Angebote des Arbeitskreises der Pankreatektomierten (AdP) e.V.
für seine 1.150 Mitglieder und alle Interessierten:
AdP-Bundestreffen: alle zwei Jahre mit
Vorträgen, Diskussionsgruppen und
der Möglichkeit von Einzelkonsultationen mit den Mitgliedern des Wissenschaftlichen Beirates des AdP.
Regelmäßige Regionaltreffen mit Spezialkliniken und REHA-Einrichtungen in
allen Regionen Deutschlands.
Ein kostenloses Handbuch des AdP für
jedes Mitglied als Loseblattsammlung
mit jährlich zweimaliger Aktualisierung.
Bundesgeschäftsstelle des AdP in Bonn
als erste Ansprech- und Beratungsstelle.
54 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
Regionalgruppen in allen Bundesländern Deutschlands als Kontakt- und
Ansprechpartner.
AdP-Homepage mit aktuellen Informationen sowie ein umfangreiches
Diskussionsforum.
Die Mitglieder des Wissenschaftlichen
Beirates des AdP stehen für individuelle Konsultationen zur Verfügung.
Experten für sozial-rechtliche Fragen
erteilen Auskünfte.
Der Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V. (AdP)
Meistens geraten die betroffenen Menschen und deren
Angehörige nach einer Operation oder mit einer Pankreas-Erkrankung von heute
auf morgen in völlig neue
Lebenssituationen. Sie werden mit Fragen und Problemen konfrontiert, mit denen
sie vorher nie zu tun hatten
und fühlen sich oft hilflos.
Durch Bundes- oder Regionaltreffen bietet
der AdP Betroffenen regelmäßig neueste
Informationen zur Bewältigung ihrer lebenswichtigen Probleme an. Erfahrungsaustausch und das persönliche Gespräch mit
Ärzten, Ernährungsberatern und Psycholo-
gen sowie Sozialarbeitern
stehen dabei im Mittelpunkt.
Einen nicht wegzudenkenden Beitrag leistet der Wissenschaftliche Beirat des
AdP, in dem Ärzte der verschiedenen Disziplinen sowie
Psychologen, Diätassistenten
und Ernährungsberater, Sozialexperten und Apotheker vertreten sind.
Hier werden die aktuellen medizinischen
Erkenntnisse diskutiert und die entsprechenden Aktivitäten des AdP koordiniert.
Die Mitglieder des Beirates stehen den AdPMigliedern auch für persönliche Konsultationen zur Verfügung.
basan weiß,
wo es lang geht.
Der AdP nimmt an wissenschaftlichen Tagungen und Kongressen zur Thematik der
Bauchspeicheldrüsenerkrankungen mit Vorträgen und Informationsständen teil und
bietet häufig in diesem Rahmen Arzt-Patienten-Treffen an.
Anschrift:
Arbeitskreis der Pankreatektomierten e.V.
Haus der Krebs-Selbsthilfe
Thomas-Mann-Str. 40, 53111 Bonn
Telefon: 0228/338 89-251/252
Telefax: 0228/338 89-253
E-Mail: [email protected]
Internet: www.adp-bonn.de
http://www.bauchspeicheldruese-pankreasselbsthilfe.de
30 Jahre basan: Unsere Erfahrung ist Ihr
Vorteil
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Reinraum und kontrollierte Umgebungen
basan Service: Maßgeschneidert für Ihre
Anforderungen
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Lieferanten- und Kundenbeziehungen
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Donaustraße 1
65451 Kelsterbach
Tel. +49 6107 9008-500
[email protected]
www.basan.de
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 55
Lebender Kolumnentitel
Die Interviewrunde nach der 5. Sommerakademie für Studierende der Pharmazie 2012 mit Veronika Hagelstein/Bonn (1.v.l.),
Dr. Karla Domagk/Cottbus (3.v.l.), Julia Deyssenroth/Uni Bonn (2.v.r.) und Sabrina Burmeister/Uni Hamburg (1.v.r.)
INTERVIEW
5. Sommerakademie der DGOP
Ein Intensivseminar für StudentInnen der Pharmazie im Hauptstudium
F
ür die Deutsche Gesellschaft für Onkologische Pharmazie (DGOP) ist eine patientennahe enge Kooperation zwischen onkologisch tätigen Ärzten und Apothekern
im Sinne des Patienten unverzichtbar. Die Unterstützung der Universitäten bei der Ausbildung im Fach „Klinische Pharmazie” zählt zu ihren erklärten Zielen, um frühzeitig
das Interesse und Verständnis für die Fragen der onkologischen Praxis zu wecken [1].
In Kooperation mit dem Bundesverband
der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD) organisierte die DGOP bereits zum 5. Mal die Sommerakademie unter
dem Motto: „Ars pharmaceutica – Kunst
und Können in der Pharmazie“. 30 Studierende aus der ganzen Republik waren vom
02.- 04. August 2012 nach Hamburg gereist.
Im Interview mit den jungen Kolleginnen
Julia Deyssenroth, Sabrina Burmeister und
Veronika Hagelstein erfuhr Dr. Karla Domagk, warum sich Nachwuchsförderung für
die DGOP lohnt.
Sommerakademie erfahren habe. Ich glaube, ich bin darauf während meines PJs an
der MHH (Medizinischen Hochschule
Hannover) gestoßen, als ich Mitglied der
DGOP wurde, weil mich das Fach Onkologie schon immer interessierte. Angemeldet
hatte ich mich schon zur 4. Sommerakademie, aber aufgrund der hohen Nachfrage
keinen Platz mehr bekommen. Dieses Jahr
hat es geklappt!
1. Sie haben das Angebot der DGOP zur
5. Sommerakademie angenommen. Wie
haben Sie von der 5. Sommerakademie
erfahren?
Deyssenroth: Um ganz ehrlich zu sein, weiß
ich nicht mehr ganz genau, wie ich von der
Hagelstein: Bereits im letzten Jahr habe ich
durch Aushänge in der Universität von der
Sommerakademie erfahren. Zeitlich war
mir eine Teilnahme aber leider nicht möglich. Endgültig für eine Teilnahme in diesem
Jahr habe ich mich entschieden, nachdem ich
Burmeister: Durch mein Praktikum in der
Heidekreis-Klinikum GmbH.
56 | Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012
von Herrn Prof. Dr. Jaehde vom diesjährigen
Termin erfahren habe und sich gleichzeitig
die Möglichkeit ergab, durch die persönliche Teilnahme vor Ort mit Herrn Meier zu
sprechen, um die DGOP als Kooperationspartner für das Projekt meiner Masterarbeit
zu gewinnen.
2. Was haben Sie fachlich von der Sommerakademie mitgenommen?
Deyssenroth: Das Themengebiet der Onkologischen Pharmazie besteht aus weit mehr
als dem Roten Buch und der Herstellung von
Zytostatika. Der Patient muss der zentrale
Punkt sein, in all seinen Facetten. Das beginnt beim Fachwissen über seine Erkrankung, geht über die fachgerechte Bereitstellung der Therapie gleich welche Art bis hin
zu seiner psychosozialen Betreuung. Die
Zusammenarbeit zwischen Apothekern,
Ärzten, Pflegepersonal, Familienangehörigen und vielen weiteren Parteien ist ausnahmslos für den onkologischen Patienten
wichtig. Diese Veranstaltung hat mir die
Vielfalt dieses Faches noch einmal besonders
vor Augen geführt, jeden Tag!
5. Sommerakademie der DGOP
Burmeister: Sehr viel. Es wurden viele Aspekte der Onkologie behandelt, die in der
Uni nie thematisiert wurden, wie z.B. die
Psychoonkologie. Auch Grundlagen der
Zytostatikatherapie sowie Supportivmaßnahmen wurden sehr ausführlich und verständlich dargestellt. Es wurde klar, wie viele unterschiedliche Aspekte beachtet werden
müssen, um den Patienten pharmazeutisch
gut zu betreuen und ihm die schwere Zeit
der onkologischen Therapie zu erleichtern.
Hagelstein: In fachlicher Hinsicht habe
ich durch die Sommerakademie die verschiedenen inhaltlichen Aspekte aus dem
Studium weiter vertiefen können. Das im
Rahmen der Pharmazeutischen Betreuung
verwendete SOAP-Schema wird bei uns in
Bonn im Studium sehr ausführlich behandelt, sodass diese Methode für mich nicht
neu war. Inhaltlich habe ich aber auch aus
den Fallbeispielen dazugelernt und Übung
schadet ja bekanntlich nie. Meinen Horizont
erweitert haben aber besonders Themen wie
beispielsweise Qualitätssicherungsmaßnahmen, psychoonkologische oder künstlerische
Aspekte, die überhaupt nicht oder nicht in
diesem Umfang im Studium angesprochen
werden können.
3. Welches der angebotenen Themen wollen/werden Sie inhaltlich vertiefen?
Deyssenroth: Mein Lieblingsthema war und
ist nach wie vor die medikamentöse bzw.
nichtmedikamentöse Therapie von Tumorerkrankungen. Ich könnte mich stundenlang
mit dem Roten Buch und entsprechender
Fachliteratur in der Bibliothek verkriechen
und mich darüber informieren. Insofern
werde ich auch in Zukunft versuchen, mich
auf diesem Gebiet auf dem Laufenden zu
halten. Erste Einblicke konnte ich glücklicherweise während meines PJs schon sammeln, ob es nun eine Chemoembolisation bei
hepatozellulären Karzinomen war oder die
scheinbar „banale“ Herstellung von applikationsfertigen Zytostatikalösungen.
Burmeister: Das Themenangebot war sehr
interessant und tiefgehend, daher müsste
für mich nichts vertieft werden.
Hagelstein: Durch die Sommerakademie
habe ich viel Neues gelernt und angefan-
gen, mich für Themen zu interessieren, die
für mich vorher nicht besonders spannend
klangen. Im Rahmen meiner Masterarbeit
werde ich mich hauptsächlich mit den The-
men Pharmazeutische Betreuung von Tumorpatienten und Supportivmaßnahmen
beschäftigen. Darüber hinaus würde ich
gerne das Thema Psychoonkologie weiter
verfolgen.
4. Welche Aspekte waren für Sie persönlich besonders wichtig?
Deyssenroth: Wie oben schon angedeutet, es
ist die Vielfältigkeit dieses Gebiets. Selten
wird einem diese so deutlich vor Augen geführt wie an diesem Intensivseminar! Dafür
möchte ich mich ganz herzlich bedanken.
So sind z.B. ein Qualitätsmanagement oder
Supportivmaßnahmen aus der heutigen Herangehensweise bei der Behandlung von Patienten mit Krebs nicht mehr wegzudenken
– und das ist auch gut so!
Burmeister: Der Kontakt mit unterschiedlichen Persönlichkeiten, die im Bereich der
onkologischen Pharmazie tätig sind.
Hagelstein: Auch wenn es zunächst
eigenartig klingen mag, waren für
mich die kleineren und größeren
Pausen sowie die gemeinsamen
abendlichen Aktivitäten besonders
wichtig. Denn gerade dann bestand
die Möglichkeit zum Austausch mit
anderen Studenten, Pharmaziepraktikanten und bereits Approbierten,
wodurch ich viele Anregungen und
neue Kontakte mitnehmen konnte.
Wichtig war für mich außerdem der
Bezug der angebotenen Seminare und Workshops zur Praxis. Die
entspannte Atmosphäre, die perfekte
Organisation und die tollen Räumlichkeiten haben die Sommerakademie dann insgesamt abgerundet.
5. Was wünschen Sie sich für die
künftige Kooperation zwischen
BPhD und DGOP bzw. nachfolgenden Studierenden?
Deyssenroth: Ich wünsche mir, dass
noch offensiver auf diese Veranstaltung aufmerksam gemacht wird,
denn ich glaube, viele wussten von
dieser tollen Gelegenheit nicht einmal etwas! Von Studierenden wünsche ich mir Offenheit, auf dieses
spannende Thema zuzugehen, denn wenn
man sich erst einmal einfindet, stehen jedem zahlreiche Möglichkeiten offen, hier
sein Plätzchen zu finden und Spaß an der
Onkologischen Pharmazie zu haben!
Burmeister: Dass die Kooperation weiterhin
so wunderbar funktioniert.
Hagelstein: Ich würde mir wünschen, dass
die Sommerakademie in dieser oder ähnlicher Form in Zukunft weiter angeboten
wird, um Studierenden und frisch Examinierten die Möglichkeit zu geben, sich über
die Inhalte des Studiums hinaus mit dem
Thema Onkologische Pharmazie frühzeitig und in geeigneter Form auseinanderzusetzen.
(1)Leitbild: http://dgop.org/leitbild.php vom 10.10.12
Onkologische Pharmazie | 14. Jahrgang | Nr. 4/2012 | 57
Buchbesprechung
Buchbesprechung
Rezension von Doris Haider, Wien
Solide Tumoren im Kindesalter:
Grundlagen - Diagnostik - Therapie
Jörg Fuchs (Hrsg.)
Verlag: Schattauer, 1. Auflage (März 2012)
406 Seiten, gebunden, 418 Abb., 72 Tab.,
inkl. DVD mit mehr als 15 Tumoroperationen
€ 199,ISBN: 978-3794527861
Langjährige Erfahrung von Kinderärzten
jeglicher Subdisziplinen des Fachgebietes
spiegelt sich in diesem interdisziplinären
Buch wieder. Solide Tumoren sind im Kindes- und Jugendalter eher seltene Erkrankungen. Neben den Hirntumoren sind im
Besonderen Neuroblastome, Nephroblastome, Weichteilsarkome sowie Knochentumoren zu nennen.
Um allen Bedürfnisse des Patienten bestmöglich zu begegnen, ist in der Onkologie
immer eine multidisziplinäre Zusammenarbeit notwendig.
Zu Beginn findet sich eine sehr klar formulierte Übersicht über Grundlagen, Diagnostik und Therapie solider Tumoren im Kindesalter.
Im speziellen Teil werden in 12 Kapiteln, die
in einheitlicher Struktur aufgebaut sind, jeweils Tumorarten wie medistinale Tumoren
bis Nasopharynxkarzinomen besprochen.
Neben Klinik/ Diagnostik, Stadieneinteilung/ Risikostratifizierung wird vor allem
die chirurgische Therapie mit markantem Bildmaterial beschrieben.
Am Ende jedes Kapitels findet sich
der Literaturteil, der rezente Quellen bietet.
Dem Buch ist eine DVD beigelegt, die
Operationstechniken zeigt: Schritt für
Schritt über 15 konventionelle und
minimal-invasive Operationen.
Allen, die wir mit Kindern arbeiten, ist
bewusst, welchen Wert dieses Buch
hat. In der Pädiatrie wünschen wir uns
mehr medikamentöse Optionen, die
aber oft auf Grund zu geringer Studiendaten, wegen der Studienpopulation
schwer zugänglich sind.
Aber auch die Basisdaten aufgrund der
Seltenheit der Tumoren werden kaum in
solch gebündelter Form dargestellt: Somit
stellt dieses Buch eine einzigartige „Expedition“ im Bereich der soliden Tumoren in
der Pädiatrie dar.
Nichts desto trotz wird jeder Apotheker für
sich die Entscheidung treffen, ob er in ein
Buch in gehobenem Preissegment, das den
supportiven Teil nicht anspricht und Chemotherapien so bespricht, dass auf jeden Fall
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eine zusätzliche Literaturrecherche notwendig ist, investieren möchte.
Resümee: Hut ab vor dem Team an Spezialisten, das sich hier gefunden und mit Leidenschaft ein oft vernachlässigtes Thema so
strukturiert und tiefgehend bearbeitet hat!
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