Recherche zur Fußballengesundheit von Geflügel und

Werbung
Frankenförder Forschungsgesellschaft mbH
Potsdamer Straße 18 a
14943 Luckenwalde
Recherche
zur Fußballengesundheit von Geflügel und
Einstreuvarianten in Stallanlagen
März 2014
Inhaltsverzeichnis
1
Hintergrund .......................................................................................................... 4
2
Informationen zur Geflügelwirtschaft ................................................................... 6
2.1
Wirtschaftliche Situation ................................................................................ 6
2.2
Rechtliche Situation ....................................................................................... 7
2.3
Geflügelhaltung aus Sicht der Verbraucher ................................................... 7
2.4
Organisation der Produktion von Geflügelfleisch ........................................... 8
3
Biologie des Mastgeflügels ................................................................................ 11
3.1
Anatomie und Physiologie – ein Grundriss .................................................. 11
3.2
Zucht von modernen Hochleistungsrassen ................................................. 12
4
Krankheitsbilder ................................................................................................. 13
4.1
Fußballenentzündung .................................................................................. 13
4.2
Tiefe Dermatitis der Gliedmaßen ................................................................. 13
4.3
Kontaktdermatitis an den Gliedmaßen ........................................................ 14
4.4
Brustblasen ................................................................................................. 14
4.5
Staub als Auslöser für Atemwegserkrankungen bei Tier und Mensch ......... 15
5
Managementfehler als Krankheitsursache ........................................................ 18
6
Methoden zur Bewertung des Gesundheitszustands der Tiere ......................... 19
7
Zusammenhang zwischen Einstreu und Fußballengesundheit ......................... 20
8
Materialien und Produkte zur Verwendung als Einstreu .................................... 25
8.1
Einstreumaterialien ...................................................................................... 25
8.2
Einstreuhilfsmittel ........................................................................................ 30
9
10
Fazit................................................................................................................... 31
Quellenverzeichnis ......................................................................................... 31
2
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Faustzahlen zur Geflügelproduktion ....................................................... 6
Tabelle 2:
Biologische Kennzahlen Puten für das Jahr 2009................................... 7
Tabelle 3:
Ausgewählte Kostenfaktoren in der Putenmast in € je Tier für das Jahr
2009 (Hähne und Hennen zusammen) ................................................... 7
Tabelle 4:
Belastungsarten durch Bioaerosol-Exposition....................................... 17
Tabelle 5:
Vor- und Nachteile von Lignocellulosen im Vergleich zu Häckselstroh . 29
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Anteil der Haltungssysteme in der Legehennenhaltung ................... 9
Abbildung 2:
Puten in Offenstallhaltung .............................................................. 10
Abbildung 3:
Masthähnchen in der Endphase der Mast ...................................... 11
Abbildung 4:
Hähnchen mit ausgeprägter Fußballenentzündung........................ 13
Abbildung 5:
Verschmutzungsgrad und Befiederungsdefekte im Brustbereich bei
Masthähnchen ................................................................................ 15
Abbildung 6:
Tränksysteme in der Geflügelhaltung ............................................. 19
Abbildung 7:
Beurteilungsklassen – Sohlenbeschaffenheit ................................. 20
Abbildung 8:
Hähnchenküken auf konventioneller Stroheinstreu ........................ 21
Abbildung 9:
Maisspindelgranulat........................................................................ 27
Abbildung 10:
Vilo-Comfort Einstreu als Beispiel für eine Lignocellulose .............. 28
3
1 Hintergrund
In vielen Ländern mit intensiver Nutztierhaltung besteht eine große Diskrepanz
zwischen den Vorstellungen der Verbraucher und der Realität der Fleischerzeugung.
Diese
Tatsache
ist
mit
einem
zunehmenden
Akzeptanzverlust
einzelner
Haltungsverfahren verbunden. Nach öffentlicher Meinung treten hierbei die größten
Probleme
bei
der
Massentierhaltung
von
Geflügel
auf.
Bei
mangelhaften
Umgebungsverhältnissen im Stall zeigen die überforderten Tiere häufig bestimmte
Verhaltensstörungen und typische Krankheitssymptome. Dazu zählen zum Beispiel
das Federpicken und der Kannibalismus, die vor allem bei Hühnern, aber auch bei
Puten, Enten und Gänsen vorkommen. Hierzu zählen aber auch die häufig
auftretenden Fußballen- und Gliedmaßenerkrankungen. Die auslösenden Faktoren
sind in der Regel vielfältig und selten auf einen einzelnen Haltungsfaktor
zurückzuführen. Artgemäße Haltungsbedingungen können an dieser Stelle eine
vorbeugende Wirkung haben. Trockene und lockere Einstreu, bedarfsgerechte
Futterrationen, schadgasarme Luft sowie adäquate Tageslichtzufuhr sind wichtige
Bestandteile einer artgerechten Tierhaltung.
Probleme in der Geflügelhaltung– einige Beispiele:

Verschmutzungen des Gefieders

Verformungen der Fersengelenke

Erkrankungen der Atemwege

Fußballengeschwüre

hohe Tierbesatzdichten

hoher Arzneimitteleinsatz

mangelhafte Schlachtkörperqualitäten

Verhaltensstörungen (z. B. Federpicken, Kannibalismus)

Belastungen der Tiergesundheit durch erhöhte Schadgaskonzentrationen und
verstärktes Staubaufkommen
Die Fußballengesundheit ist beispielsweise überwiegend von der Qualität der
Einstreu abhängig. Durch die Art der Einstreu werden die Prävalenz und der
Schweregrad von Läsionen am Fußballen (z. B. Pododermatitis) beeinflusst.
4
Besonders feuchte und schmierige Einstreu wird als ein prädisponierender Faktor für
Fußballen mit Pododermatitis angesehen. Bei der Pododermatitis handelt es sich um
ein
multifaktorielles
Krankheitsgeschehen,
bei
dem
es
zu
entzündlichen
Veränderungen an der Sohlenballenhaut kommt. Ein Anzeichen ist zum Beispiel die
übermäßige Verhornung des genannten Bereiches, welche die Lauffähigkeit der
Tiere einschränkt und dadurch den Brustbereich der Tiere schädigen kann. Zudem
haben diese Tiere häufig verschmutzte Gefieder, so dass das Wachstum von
pathogenen Mikroorganismen gefördert wird. Pododermatitis kann durch Schmerzen
und die eingeschränkte Beweglichkeit der Tiere außerdem zu einer verringerten
Futter- und Wasseraufnahme führen und am Ende mit einer Leistungsdepression
einhergehen.
Das
ist
oft
zusätzlich
mit
einer
Verschlechterung
der
Schlachtkörperqualität verbunden.
Die
unterschiedlichen
Einstreusubstrate
variieren
in
ihrem
Wasseraufnahmevermögen und Härtegrad. Zum Beispiel war der Anteil an Puten mit
Pododermatitis, wie die Ergebnisse zahlreicher Studien zeigen, bei der Haltung auf
Weizenstroh am höchsten, gefolgt von Hobelspänen. Die niedrigsten Anteile wiesen
Tiere auf, die auf Lignocellulosen gehalten wurden. Weiterhin war festzustellen, dass
je grobkörniger die Einstreu war, desto mehr Puten zeigten die typischen Symptome
einer Pododermatitis. Zusätzlich kann eine feuchte, schmierige Einstreu Schadgase,
wie Ammoniak und Schwefelwasserstoff, schlechter binden und durch vermehrte
mikrobiologische Umsetzungsprozesse die Bildung der genannten Stoffe sogar noch
fördern.
Probleme
mit
den
Atemwegen
bei Tier
und
Mensch
sind
hier
vorprogrammiert.
Ziel dieser Studie soll es sein, einen aktuellen Überblick über die zahlreichen
Einstreumaterialien, die in der Geflügelhaltung verwendet werden, zu geben. Dabei
soll insbesondere auf die Eigenschaften sowie die Vor- und Nachteile der einzelnen
Materialien
in
Hinblick
auf
die
Fußballengesundheit
und
Wirtschaftlichkeit
eingegangen werden.
5
2 Informationen zur Geflügelwirtschaft
2.1 Wirtschaftliche Situation
Die Daten aus dem Geflügeljahrbuch (2013) zeigen für Deutschland, dass die
Bruttoeigenerzeugung von Geflügelfleisch im Jahr 2011 um 2,5 % auf das
Rekordniveau von 1,663 Mio. t anstieg. Auch beim Pro-Kopf-Verbrauch wurde mit
18,9 kg Geflügelfleisch je Einwohner ein neuer Rekordwert erreicht. Die Zuwächse
wurden dabei hauptsächlich durch Expansion am Hühnermarkt, d. h. durch die
erhöhte Produktion von Hähnchen und Suppenhennen, erzielt. Damit erreicht der
Selbstversorgungsgrad eine Höhe von 107,7%, womit der Binnenmarkt gesättigt ist.
Nach Angaben der FAO wurden im Jahr 2007 weltweit 87.584.830 t Geflügelfleisch
produziert. Die größten Produzenten sind hier die Vereinigten Staaten, die
Volksrepublik China und Brasilien. In Deutschland gehören die PHW-Gruppe
(Wiesenhof), Rothkötter, Heidemark und die Plukon Food Group (Friki, Stolle) zu den
zehn umsatzstärksten Unternehmen auf dem Geflügelmarkt. Allein die PHW-Gruppe
machte im Jahr 2012 Umsätze im Wert von über 2 Mrd. €.
Tabelle 1:
Geflügelart
Hühner
Puten
Gänse
Enten
Faustzahlen zur Geflügelproduktion
(Quelle: Geflügeljahrbuch, 2013)
Bruttoeigenerzeugung 2011
1,195 Mio. t
401.000 t
5.000 t
63.000 t
Pro-Kopf-Verbrauch 2011
11,8 kg
6,0 kg
0,3 kg
0,9 kg
Tierbestand 2010
67,531 Mio.
11,344 Mio.
3,164 Mio.
Bei den Puten, um ein Beispiel zu nennen, lagen die Erträge im Jahr 2009 bei
21,53 € je Tier, was einem Ertrag von 1,30 € je kg Lebendgewicht entsprach. Die
Schlachterlöse lagen, aufgeschlüsselt nach Geschlecht, bei 1,26 € (Hennen) und
1,32 € (Hähne) je kg Lebendgewicht. Die Deckungsbeiträge liegen bei 46,22 € je m²
bei einem Schlachtgewicht von 159,8 kg je m². Bei den Kostenfaktoren müssen
zusätzlich noch eventuelle Kosten für Stallinvestitionen und Kredittilgungen
berücksichtigt werden.
6
Tabelle 2:
Biologische Kennzahlen Puten für das Jahr 2009
(Quelle: Geflügeljahrbuch, 2013, Angaben vom Arbeitskreis NRW)
Besatzdichte
(Tiere/m²)
Alter
(in Tagen)
Gewicht
(in kg)
Zuwachs
(g/Tier/Tag)
Verluste
(v. H.)
Hähne
3,4
145
21,15
146
10,67
Anteil %
(nach
Geschlecht)
57,8
Hennen
5,5
111
10,83
97
3,58
42,2
Ausgewählte Kostenfaktoren in der Putenmast in € je Tier für das Jahr 2009 (Hähne
und Hennen zusammen)
(Geflügeljahrbuch, 2013, Angaben vom Arbeitskreis NRW)
Tabelle 3:
Futter
Küken
Gesundheit
Einstreu
Heizung
Fremdlöhne
Strom
Wasser
Gesamt
10,71
2,23
1,11
0,34
0,30
0,20
0,15
0,06
15,57
2.2 Rechtliche Situation
Für die Mast von Hähnchen und Puten existieren in Deutschland bislang keine
rechtsverbindlichen Vorgaben. Bis zur Verabschiedung einer EU-einheitlichen
Vorschrift über die Mastgeflügelhaltung erfolgt die Haltung der Hähnchen auf der
Grundlage einer freiwilligen Vereinbarung, in der bundeseinheitliche Eckdaten
festgelegt sind (BML, 1999). Darin sind die Mindestanforderungen an die Haltung
von Hähnchen enthalten. Mittlerweile liegen auch die neuen „Bundeseinheitlichen
Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von Mastputen“ vor, die ab 1.
Oktober 2013 in Kraft treten und sich verstärkt am Tierwohl orientieren (ZDG, 2013).
Kernpunkte dieser neuen Eckwerte umfassen die Sachkunde der Putenhalter, ein
erweitertes Gesundheitskontrollprogramm, Beschäftigungsmaterialien für die Puten,
Strukturierung des Stalls und technische Vorgaben an die Versorgungseinrichtungen
und die Lüftungsanlagen.
2.3 Geflügelhaltung aus Sicht der Verbraucher
Generell
ist
eine
zunehmende
Entfremdung
der
Verbraucher
von
den
Produktionsprozessen in der Landwirtschaft zu beobachten. Das führt dazu, dass
nicht alles, was dem Landwirt gesetzlich erlaubt ist, auch von der Gesellschaft
akzeptiert wird. Viele Bürger haben besonders mit Blick auf die großen „industriellen
Massentierhaltungsanlagen
und
die
empfundene
Geruchsbelästigung“
große
persönliche Bedenken und eine Abneigung gegen solche Haltungsformen, obwohl
zahlreiche Verbraucher gerne viel und möglichst billiges Fleisch konsumieren.
Konkret sieht die Realität in Deutschland folgendermaßen aus: keine Bewilligung von
7
Neubauprojekten
ohne
Bürgerinitiative,
persönliche
Anfeindungen
zwischen
Tierhaltern und Gegnern, teilweise gewaltsame Übergriffe. Insbesondere die
Geflügelwirtschaft und mit ihr zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe sind häufig von
Negativschlagzeilen bedroht und gezielten Kampagnen, durch zum Teil militante
Tierschutzvereinigungen, ausgesetzt. Diese sprechen sich aus ideologischen
Gründen gegen die konventionelle Nutztierhaltung aus und nehmen starken Einfluss
auf die öffentliche Meinung. Ihr Ziel erreichen sie über das Veröffentlichen von
negativen
Bildern,
die
gequälte
Tiere
zeigen
und
über
Studien,
deren
wissenschaftliche Aussagekraft oftmals nicht belegt ist. Hinzu kommt in Teilen der
Gesellschaft der Trend zum Vegetarismus. Die Geflügelindustrie und ihre
Interessenverbände versuchen gegenwärtig, durch mehr Transparenz und eine
breitgefächerte Öffentlichkeitsarbeit, ihr negatives Image zu verbessern.
Viele Tierschützer, aber auch viele Landwirte, sehen zum Beispiel die schlechte
Lauffähigkeit und die mangelhafte Fußballengesundheit bei ihrem Geflügel als große
Probleme an. Einerseits weil die Tiere Schmerzen leiden, andererseits weil die
Leistung der Tiere abnimmt. Als weiteres Beispiel kann das Federpicken und der
Kannibalismus angeführt werden, besonders bei großen Gruppen. Aus diesem
Grund werden die Schnäbel der Tiere kupiert, ein für das Einzeltier schmerzhafter
Eingriff. Die EFSA kommt an
dieser Stelle zu dem Schluss, dass Verhaltensweisen wie Futtersuche, Sandbaden,
Sitzen und Nestbau in manchen Ställen nicht ausgelebt werden können, was zu
Frustration, Deprivation und Verletzungen führen kann. Das Problem kann durch
angemessene Bestallung, Betriebsführung und genetische Selektion minimiert
werden. Artgerechte Aufzuchtbedingungen können hier eine vorbeugende Wirkung
haben.
2.4 Organisation der Produktion von Geflügelfleisch
Ein Kennzeichen des Produktionsprozesses ist die Trennung aller Produktionsstufen,
wobei
die
Geflügelmast
jedoch
immer
in
einem
engen
Verbund
von
Futtermittelwerken, Brütereien, Schlachtereien und Zerlegebetrieben erfolgt (KTBL,
2013). Dabei bestimmen einige wenige agrarindustrielle Unternehmen den Markt
(Windhorst, 1998). Man spricht in diesem Fall auch von einer „Vertikalen Integration“,
bei der alle Produktionsschritte eng miteinander verbunden sind und die
8
üblicherweise von den fleischverarbeitenden Firmen koordiniert werden (WIKI, 2013).
Die Broiler- und Putenmast verwendet kalorienreiches Futter, um hohe und schnelle
Gewichtszunahmen sicher zu erreichen. Futtermittel machen den größten Teil der
Kosten in der Geflügelproduktion aus (WIKI, 2013).
Bei der Geflügelproduktion unterscheidet man grundsätzlich drei Betriebsarten.
Eierproduktion, Geflügelmast und Aufzucht. Bei den Haltungssystemen in der
Legehennenhaltung
unterscheidet
man
zwischen
Boden-,
Freiland-
und
Käfighaltung. Nach der Legehennenverordnung wurde in Deutschland zum 1. Januar
2009 die konventionelle Käfighaltung verboten. Auch in der EU sind seit 1. Januar
2012 nur noch ausgestaltete Käfige erlaubt, die ein höheres Platzangebot (750 cm²
pro Tier) sowie einen Scharrbereich, Sitzstangen und Nester bieten (WIKI, 2013).
Abbildung 1:
Anteil der Haltungssysteme in der Legehennenhaltung
(Quelle: www.ein-herz-fuer-bio.org)
Wesentliche Kennzeichen der modernen und intensiven Geflügelmast sind die
ganzjährige Stallhaltung, die Anwendung spezifischer Futtermischungen (sog.
Alleinfuttermittel), die veterinärmedizinische Betreuung sowie bestandsumfassende
Impfungen (KTBL, 2013). Die Mast der Hähnchen und Puten erfolgt in Deutschland
überwiegend in Bodenhaltung in großen Tierbeständen (KTBL, 2013). Hähnchen
werden hierbei überwiegend in geschlossenen Ställen mit Zwangsbelüftung
gemästet. Es handelt sich um Massivställe, die im Winter beheizt werden müssen.
Offenställe bzw. Außenklimaställe werden in der Hähnchenmast kaum genutzt. Puten
9
können dagegen im Freien oder in Ställen gemästet werden, wobei die
Offenstallhaltung mit freier Lüftung am häufigsten anzutreffen ist (WIKI, 2013).
Abbildung 2:
Puten in Offenstallhaltung
(Quelle: NDR, Fotograf: Jasmin Schönberger)
Die Kurzmast bei den Hähnchen erfolgt über einen Zeitraum von 32-34 Tagen
(KTBL, 2013). Das Endgewicht dieser Tiere liegt bei ca. 1.500 g. Es werden 22-24
Tiere pro m² eingestallt. Das entspricht einem Lebendgewicht von ca. 35 kg pro m²
am Ende der Mastperiode. Dieser Wert darf nicht überschritten werden. Die
Mittellangmast erfolgt über einen Zeitraum von 38-40 Tagen. Das Endgewicht der
Tiere liegt bei 1.800 g bis 2.100 g. Es werden 16-18 Tiere pro m² eingestallt. Die
Langmast erfolgt über einen Zeitraum von 50-60 Tagen. Es werden 14 Tiere pro m²
eingestallt. Das Mastendgewicht beträgt hier zwischen 2.000 g und 3.000 g. Eine
Sonderform stellt das Splittingverfahren dar. Nach 32 bis 35 Stalltagen werden
hierbei 20-30% der Tiere entnommen. Die noch vorhandenen Tiere werden weiter bis
zum 45. Tag gemästet (BFL, 2000).
10
Abbildung 3:
Masthähnchen in der Endphase der Mast
(Quelle: HAZ)
3 Biologie des Mastgeflügels
3.1 Anatomie und Physiologie – ein Grundriss
Vögel halten als gleichwarme Tiere ihre Körperkerntemperatur (z. B. 40–42 °C beim
Huhn) in engen Grenzen (Loeffler & Gäbel, 2013). Das macht ihre Aktivität zwar von
der Umgebungstemperatur unabhängig, erfordert aber energieverbrauchende
Regelmechanismen. Solche Mechanismen, durch die Vögel ihre Körpertemperatur
regulieren können, sind zum Beispiel Konduktion und Konvektion. Hierbei handelt es
sich um einen Prozess, bei dem Wärme durch die Bewegung und den Transport von
Molekülen vom Tier weggetragen wird. Dabei wird der Luftfilm über der
Hautoberfläche zunächst erwärmt und steigt dann nach oben auf. Dadurch wird die
Wärme vom Körper weggeleitet. Dieser konvektive Wärmetransport kann bei
Luftströmung (Wind, Lüftung, Zugluft) erheblich verstärkt werden. Außerdem ist der
konvektive
Wärmetransport
transportierenden
Mediums.
abhängig
So
besitzt
von
der
Wasser
Wärmeleitfähigkeit
eine
20-mal
des
größere
Wärmeleitfähigkeit als Luft (Loeffler & Gäbel, 2013). Die Befiederung vermindert
sowohl die konduktive Erwärmung der Luftschicht als auch den konvektiven
Wärmetransport und minimiert so den Wärmeverlust. Probleme treten aber in warmer
und schwüler Luft auf, wenn vermehrt Wärme abgegeben werden muss. Dies ist mit
einer hohen Belastung des tierischen Kreislaufs verbunden und kann zu einer
11
Überhitzung der Tiere führen. Bei Tieren mit einem feuchten oder lückenhaften
Gefieder kann es aber auch zu einer verstärkten Auskühlung des Körpers kommen.
Generell ist die äußere Haut (sog. Integumentum proprium) bei Vögeln wesentlich
dünner als bei Säugern (Salomon, 1993). Die Oberhaut (sog. Epidermis) setzt sich
dabei aus einer tieferen Lage lebender Zellen und einer oberflächlichen Lage
verhornter,
toter
Zellen
zusammen.
Letztere
übernimmt
als
sogenannte
Hornzellschicht verschiedene Barrierefunktionen zwischen Körper und Umwelt. Dazu
gehört beispielsweise der Schutz vor physikalischen und chemischen Umweltreizen
sowie vor Infektionserregern. An befiederten Körperstellen ist die Epidermis nur etwa
zehn Zellschichten stark; dafür ist die Hornzellschicht an Stellen mit starker
mechanischer Belastung (z. B. Zehenballen oder Schnabel) aber besonders dick
(Salomon, 1993). Die Federn als Anhangsgebilde der Haut dienen als wirksame
Isolationshülle des Körpers. Ein typisches Verhalten, welches Hühner und andere
Spezies gelegentlich an den Tag legen, ist das Durchführen von Staubbädern. Nach
Salomon (1993) dienen sie dazu, die abgenutzten Spitzen der Konturfedern
abzustreifen.
Aus
diesem
Grund
hat
Geflügel
in
Freilandhaltung
oft
ein
ansehnlicheres Gefieder als in Käfighaltung. Ein zusätzliches Problem, das durch
Käfighaltung begünstigt werden kann, ist die Bildung von sich sekundär infizierenden
Brustblasen. Denn beim Huhn und auch beim Truthuhn entwickelt sich ab der vierten
Lebenswoche die Bursa sternalis am Kranialende der Carina sterni; ein
Schleimbeutel, dessen Vergrößerung auch als Brustblase bezeichnet wird.
3.2 Zucht von modernen Hochleistungsrassen
In Deutschland werden in der Putenmast Hochleistungsrassen (sog. Masthybriden)
eingesetzt, die schnell schlachtreif werden, das Futter gut verwerten und einen
Brustfleischanteil von ca. 30 % haben. Durch die übermäßige Brustbemuskelung
haben viele Tiere Gleichgewichtsprobleme und können sich dadurch nicht mehr
ausreichend putzen. Deshalb nehmen Verschmutzungen des Gefieders stark zu,
ebenso wie Gefiederverluste durch Abrieb und die Bildung von Brustblasen (ÖKOTEST, 2012). Außerdem leiden die Puten an Veränderungen der Fersengelenke, an
Fußballengeschwüren, gestörter Knochenentwicklung der Beine, Erkrankungen der
Atemwege und des Herzkreislaufsystems (ÖKO-TEST, 2012). Die verwendeten
Hochleistungsrassen sind insgesamt anfälliger für Krankheiten (sog. zuchtbedingte
negative Auswirkungen auf Verhalten und Gesundheit), dazu kommt die Enge in den
12
Ställen. Bis zu 58 kg Lebendmasse können auf 1 m² stehen, was bis zu drei
ausgewachsenen Truthähnen entspricht. Deshalb wird in der Regel der ganze
Bestand behandelt, auch wenn nur einzelne Tiere erkrankt sind (ÖKO-TEST, 2012).
Hinzu kommt die ungebremste Zucht der Masthybriden auf hohe Wachstumsraten
bei möglichst günstiger Futterverwertung, die insbesondere die Gefahr des
Auftretens von Skeletterkrankungen (z. B. Beinprobleme) und Stoffwechselstörungen
(z. B. plötzlicher Herztod oder Aszites) weiter erhöhen wird (LAVES, 2013).
4 Krankheitsbilder
4.1 Fußballenentzündung
Bei der Fußballenentzündung handelt es sich um eine häufige Erkrankung bei
Masttieren, die zu Leistungseinbußen führt und mit Schmerzen einhergeht. Die
betroffenen
Tiere
zeigen
u.
a.
eine
eingeschränkte
Bewegungsaktivität,
Hyperkeratosen, Nekrosen und tiefe offene Wunden am Fuß- und Zehenballen
(Siegmann & Neumann, 2012). Als prophylaktische Maßnahmen sind zu nennen:

Einstreufeuchte < 35%

Futterrezepturen ohne Überschuss an Na, CL, Mg, K

Fußbodenheizung

erhöhte Ventilation mit erwärmter Zuluft
Abbildung 4:
Hähnchen mit ausgeprägter Fußballenentzündung
(Quelle: tattfoo.com)
4.2 Tiefe Dermatitis der Gliedmaßen
Bei der Tiefen Dermatitis handelt es sich um eine Erkrankung der Haut, die durch
eine kutane bakterielle Infektion hervorgerufen wird und vorzugsweise bei
13
Jungmasthühnern aus intensiv gehaltenen Herden auftritt. Als prädisponierende
Einflussfaktoren werden u. a. Einstreumängel, hohe Besatzdichten, gegenseitige
Belästigung der Tiere, hohe Schadgaskonzentrationen und hohe Luftfeuchtigkeit
genannt. Diese Art von kutaner Infektion geht wahrscheinlich von Mikroläsionen (sog.
Kratzwunden aus, dringt dann rasch bis in die Unterhaut vor und breitet sich dort
großflächig aus (Fries et al., 2001).
4.3 Kontaktdermatitis an den Gliedmaßen
Von einer Kontaktdermatitis spricht man, wenn sich umschriebene entzündliche
Hautbereiche abzeichnen, die durch Kontakt mit der Einstreu im Bereich des
Brustbeins, der Fersengelenke und der Sohlen hervorgerufen werden. Diese
Erkrankung deutet auf ungünstige Haltungsbedingungen, d.h. feuchte Einstreu, hohe
Besatzdichten, hohe Luftfeuchtigkeit sowie hohe Ammoniakgehalte hin (Fries et al.,
2001).
4.4 Brustblasen
Hygrome und Entzündungen der Bursa sternalis werden umgangssprachlich auch als
Brustblasen bezeichnet. Sie treten vor allem bei schwerem Mastgeflügel (Puten und
Masthühner) auf. Die Veränderungen entstehen primär durch den Aufliegedruck im
Brustbereich, besonders bei Tieren mit hohem Mastendgewicht. Sie werden durch
Bewegungsmangel
(hohe
Besatzdichten,
Skeletterkrankungen),
Befiederungs-
störungen und verhärtete, ungepflegte Einstreu begünstigt. Dadurch kann es zu einer
mechanischen Reizung der Bursa sternalis kommen. In der Folge kommt es zu einer
Vergrößerung und Flüssigkeitsfüllung der Brustblase, die sich infizieren und
entzünden kann (Fries et al., 2001).
14
Abbildung 5:
Verschmutzungsgrad und Befiederungsdefekte im Brustbereich bei Masthähnchen
(Quelle: Dissertation von Martina Wolf-Reuter)
4.5 Staub als Auslöser für Atemwegserkrankungen bei Tier und Mensch
Auf Grund der Intensivhaltung sind eine Vielzahl von Krankheiten und Parasiten eine
ständige Gefahr in der Geflügelproduktion (WIKI). Mit dem anhaltenden Trend zu
steigenden Tierzahlen pro Betrieb hat sich auch das Spektrum der Erkrankungen in
den Tierbeständen verändert (Seedorf & Hartung, 2002). Es treten gehäuft
sogenannte „multifaktorielle Erkrankungen“ auf, die oft den gesamten Bestand
erfassen. Krankheitserreger gelangen hauptsächlich nach Umgang mit infizierten
Tieren oder tierischem Material über die Haut oder Schleimhäute in den
menschlichen Körper. Neben diesen lebenden Keimüberträgern gibt es noch die
unbelebten Überträger wie Wasser, Staub, Luft und Tierpflegegegenstände
(Landwirtschaftliche
Berufsgenossenschaft
Tierhaltung,
2005).
In
der
Geflügelhaltung treten Gefährdungen insbesondere durch Stallstäube und Zoonosen
auf (z. B. Salmonellosen und Ornithosen) (Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft
Tierhaltung, 2005). Zu den zahlreichen Ursachen, die sich negativ auf die
Tiergesundheit Auswirken können, gehören unter anderem:

hohe Tierdichten

unzureichende Belüftung
15

staubreiche Fütterung

Verbleib der Fäkalien im Stall
Die genannten Punkte haben beispielsweise einen erheblichen Einfluss auf die
Luftqualität, besonders auf den Anfall von Schadgasen wie Ammoniak und
Schwefelwasserstoff sowie von Stäuben (Seedorf & Hartung, 2002). Auf Basis der
Bundeseinheitlichen Eckwerte für Masthähnchen (1999) darf der Ammoniakgehalt in
der Stallluft den Wert von 20 ppm nicht dauerhaft überschreiten. Generell ist an
dieser Stelle ein Maximalgehalt von
10 ppm anzustreben. Bei erhöhten
Konzentrationen belasten sie die Atemwege der Mitarbeiter und Tiere. Insbesondere
Futtermittel- und Strohstäube sowie Tierhaare und Federbestandteile können
Atemwegsallergien oder -krankheiten auslösen. Das ist ein Grund, warum
Atemwegserkrankungen bei den angezeigten Berufskrankheiten, besonders bei in
der Tierhaltung tätigen Landwirten, an erster Stelle stehen (Landwirtschaftliche
Berufsgenossenschaft
Tierhaltung,
2005).
Das
gehäufte
Auftreten
von
Atemwegsveränderungen in den Schlachtbefunden untermauert diese Tatsache.
Denn kein inneres Körperorgan steht in so starker direkter Wechselbeziehung mit
seiner Umwelt wie der Atemtrakt. Dieser gliedert sich in drei Abschnitte:

nasopharyngealer Bereich (obere Atemwege)

tracheobronchialer Bereich (mittlere Atemwege)

alveolärer Bereich (terminale Atemwege)
Anhand seiner Teilchengröße wird der einatembare Staub (sog. E-Staub) in zwei
große Fraktionen unterteilt. Die Staubfraktion mit Teilchengrößen > 5 µm wird durch
eine Barriere aus Flimmerhärchen und Schleimhaut, die den Innenwandbereich der
Bronchien
auskleiden,
aufgehalten
und
zum
Rachen
abtransportiert
und
abgeschluckt. Bronchiolen, Alveolargänge sowie Lungenalveolen haben dagegen
kaum noch Flimmerhärchen. Besonders gefährlich ist der Feinstaub, der über viele
Stunden in der ruhenden Luft schwebt und der bis zu den kleinsten Lungenbläschen
vordringt. Dieser kann nicht mehr vollständig ausgeatmet oder ausgehustet werden
und behindert dadurch den Sauerstoffaustausch. Der ganz feine Staub (sog. AStaub)
mit
Teilchengrößen
<
5
µm
passiert
deshalb
ungehindert
den
Selbstreinigungsmechanismus und dringt tief bis zu den Lungenalveolen ein, wo er
den Gasaustausch behindert. Insgesamt ist der Selbstreinigungsmechanismus der
16
Atemwege (sog. Mukoziliäre Clearance) als auch das pulmonale Immunsystem bei
hohen
Staubbelastungen
(sog.
Partikelüberfrachtung)
überfordert
und
die
Schleimhaut der Bronchien verändert sich. Als Folge können die Flimmerhärchen
absterben, so dass sich Staubpartikel und überflüssiger Schleim in der Lunge
ansammeln. Das Sekret muss dann regelmäßig abgehustet werden und führt oftmals
zu
Entzündungsreaktionen.
Die
Staubbestandteile
können
unterschiedliche
Wirkungen entfalten, z. B. reizende, toxische, infektiöse sowie allergieauslösende
Reaktionen (Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Staub, 2004). Daneben
existieren
rein
physikalisch
Reflexbronchokonstriktion
und
vermittelte
Reaktionen,
unspezifische
wie
z.
B.
die
Entzündungsreaktionen
bei
eingeschränkter mukoziliärer Clearance (Seedorf & Hartung, 2002). Dies kann zu
einer Vielzahl an Atemwegserkrankungen führen, z. B. Asthma, Farmerlunge,
Inhalationsfieber und zu Chronischer Bronchitis. Daneben können auch allergische
Reaktionen wie Bindehautreizung der Augen, Fließschnupfen und Ekzeme der Haut
auftreten. Hauptursache für das Inhalationsfieber sind Endotoxine, die besonders in
Geflügelmast-
und
Schweineställen
in
hohen
Konzentrationen
vorkommen
(Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Staub, 2004).
Tabelle 4:
Belastungsarten durch Bioaerosol-Exposition
(Quelle: nach Crook & Olenchock)
Belastungsart
Mikrobiell bedingte Infektionen
Allergische Reaktionen durch mikrobielle
Materialien
Allergische Reaktionen durch nicht-mikrobielle
Materialien
Toxikologische Reaktionen
Beispiel
Salmonellen, Chlamydien
Tierhaare, Hautschuppen, Federn, Milben und
deren Ausscheidungen
Pflanzenpollen, Pilzsporen, Rückstände von
Reinigungs- und Desinfektionsmitteln,
Metallstäube
Endotoxine, Mykotoxine
Die in der Tabelle 4 genannten Wirkmechanismen sind an die Präsenz von
aerogenen belebten oder unbelebten Materialien und den daraus entstehenden
Interaktionsmöglichkeiten
mit
dem
Atemtrakt
gebunden.
Generell
können
Bioaerosole je nach qualitativer Zusammensetzung und infektiöser Dosis der
Mikroorganismen obligat oder fakultativ pathogene Erreger auf einen Rezipienten
übertragen werden und eine Infektion auslösen (Seedorf & Hartung, 2002). An dieser
Stelle ist auch noch die Übertragung von Viren zu erwähnen. Und je länger und
intensiver die Belastung durch Staub ist, desto größer ist das Risiko zu erkranken
(Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Staub, 2004). In diesem Zusammenhang
17
kann es auch zum Auftreten von Zoonosen kommen und mit der Gefahr einer
wechselseitigen Ansteckung zwischen Tier und Mensch einhergehen (Seedorf &
Hartung, 2002). Außerhalb des Stalls kann es außerdem zur Geruchsbelästigung
durch Abluft kommen.
5 Managementfehler als Krankheitsursache
Nach Siegmann & Neumann (2012) sind eine tiergerechte Umweltgestaltung sowie
Futter- und Tränkwasserversorgung für das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit
des Wirtschaftsgeflügels sehr wichtig. Aus diesem Grund kommt der Diagnose von
Managementfehlern eine große Bedeutung zu. Hierbei ist besonderes Augenmerk
auf Störungen der vorhandenen technischen Ausstattung (z. B. Fehlsteuerung des
Lichtprogramms, der Lüftungsführung, der Fütterungs- und Tränketechnik) und deren
Auswirkungen auf die Tiergesundheit zu legen. Dazu zählt auch die Beachtung der
hygienischen
Grundregeln
inklusive
Ungeeignete
Einstreumaterialien
Bereitstellung
zeichnen
sich
von
durch
geeigneter
eine
Einstreu.
ungenügende
Feuchtebindung und mangelhafte Auflockerung der Einstreu an der Oberfläche, zu
erkennen an einer Exkrementeschicht an der Oberfläche, aus. Neben defekten
Tränken gibt es eine Vielzahl an Ursachen, die zu einer hochgradigen
Durchfeuchtung der Einstreu führen können. An dieser Stelle sind zu nennen: hohe
Stalltemperatur,
ungeeignetes
Einstreumaterial,
besondere
Stresssituationen,
Überschuss an Nährstoffen, Nierenfunktionsstörungen und Infektionskrankheiten.
Dazu gehört auch die Verfütterung von kaliumreichen Sojaschrot, das zu forcierter
Tränkwasseraufnahme und entsprechend vermehrter Wasserabgabe über die
Exkremente
führt.
Feuchte
Einstreu
führt
einerseits
zu
erhöhten
Ammoniakkonzentrationen, die sich reizend auf die Haut sowie die Schleimhäute der
oberen Atemwege auswirken können, andererseits fördert feuchte Einstreu das
Wachstum von Mikroorganismen, die Infektionen auslösen können. In diesem
Zusammenhang erwies sich nasse Einstreu als dominante Ursache bei der
Entstehung von Fußballenentzündungen. Bei der Schlachtung ist außerdem der
Eintrag
von
Mikroorganismen
durch
verschmutztes
Gefieder
in
die
Geflügelschlachthöfe möglich.
18
Abbildung 6:
Tränksysteme in der Geflügelhaltung
(Quelle: PAL-Bullermann GmbH)
6 Methoden zur Bewertung des Gesundheitszustands der Tiere
Um Geflügelställe unter tierschutzfachlichen Aspekten risikoorientiert zu beurteilen,
können:

Fußballengesundheit und Brusthautveränderungen

Futter- und Arzneimitteleinsatz

Wachstum der Tiere und Besatzdichte im Stall

physikalisches und chemisches Verhalten der Einstreu

Einstreuhöhe und Einstreubeschaffenheit

Einstreuroutine und Einstreupflege

Temperatur und Luftfeuchtigkeit im Stall

Tränkwasser- und Futterversorgung

bakteriologische Befunde

Verlustrate und Verwurfsursache (z. B. Schlachthofbefunde)
als Indikatoren für Management und Tiergesundheit im Mastverlauf erhoben und
systematisch ausgewertet werden. Insbesondere die Fußballengesundheit der
Masthähnchen und Puten kann als aussagekräftiger Indikator für die Beurteilung der
Tierhaltung herangezogen werden, da er eng mit dem Stallklima, vor allem der
Steuerung von Lüftung und Heizung sowie der Einstreuqualität zusammenhängt
19
(LAVES, 2013). Die Fußballenbewertung kann nach dem System von Hocking et al.
(2008) mit wöchentlich vergleichenden Fotoaufnahmen erfolgen. Die Masthähnchenund Putenfüße werden dazu während der Aufzucht sowie am Schlachthof bonitiert.
Darüber hinaus können Kotkisten zur regelmäßigen Kontrolle der Kotbeschaffenheit
eingesetzt werden.
Abbildung 7:
Beurteilungsklassen – Sohlenbeschaffenheit
(Quelle: Dissertation von Martina Wolf-Reuter)
7 Zusammenhang zwischen Einstreu und Fußballengesundheit
In vielen Bundesländern wurde in den letzten Jahren weniger Stroh infolge
abnehmender Getreideanbauflächen geerntet. Darüber hinaus lässt die mangelhafte
Qualität des Strohs viele Landwirte zu alternativen Einstreumaterialien greifen. Diese
Einstreumaterialien, die in der Regel als Einmalstreu eingesetzt werden, haben
besonders aus arbeitswirtschaftlicher Sicht erhebliche Vorteile, da seltener
nachgestreut werden muss.
Die Fußballengesundheit ist überwiegend von der Qualität der Einstreu, vor allem
von der Einstreufeuchte, abhängig. Nach Schrader (2013) können folgende
Maßnahmen Abhilfe schaffen: Auswahl geeigneter Einstreu, Kontrolle der Tränken,
Nachstreuen und Durcharbeiten der Einstreu während der Mastperiode, Regulierung
der Luftfeuchte, Kontrolle der Kotkonsistenz und Behandlung der Tiere bei zu
flüssigem Kot. Darüber hinaus dient geeignete Einstreu neben Heukörben und
Picksteinen zur Beschäftigung der Tiere. Denn laut Schrader (2013) lässt sich die
Motivation zum Federpicken vermutlich aus dem Nahrungssuchverhalten ableiten
und hat nichts mit aggressivem Verhalten zu tun.
20
Abbildung 8:
Hähnchenküken auf konventioneller Stroheinstreu
(Quelle: Eilers Futtermittel)
Nach Schrader (2013) können folgende Maßnahmen bei Fußballenläsionen und
Atemwegsproblemen, kurzum feuchter Einstreu, Abhilfe schaffen:

Auswahl geeigneter Einstreu,

Kontrolle der Tränken,

Nachstreuen und Durcharbeiten der Einstreu während der Mastperiode,

Regulierung der Luftfeuchte,

Kontrolle der Kotkonsistenz,

Behandlung der Tiere bei zu flüssigem Kot.
Als Boden für Geflügelställe wird eine Betonsohle aus wasserundurchlässigem Beton
verwendet, der geglättet und geschliffen wird (KTBL, 2013). Durch die glatte
Oberfläche lässt sich der Boden leichter reinigen und pathogene Keime können sich
nicht so leicht festsetzen. Die gesamte Stallfläche ist eingestreut oder mit
perforiertem Material versehen. Als Einstreu eignen sich Strohhäcksel und
Hobelspäne (KTBL, 2013). Mit Blick auf die Haltung des Geflügels hängt es
größtenteils von der Einstreu ab, ob die Tiere am Ende der Mastperiode sauber und
läsionsfrei zur Schlachtung und Schlachtuntersuchung gelangen (Fries et al., 2001).
Vor diesem Hintergrund muss berücksichtigt werden, dass die Einstreuart je nach
regionaler Verfügbarkeit sehr unterschiedlich sein kann. Darüber hinaus hängt die Art
der verwendeten Einstreu von den Kosten, den Beschaffungs- und den
Lagermöglichkeiten ab.
21
Der Stall muss vor dem Einstallen der Küken aufgeheizt werden (Richtwert: 28 °C)
(LAVES, 2013). Eine dünne Einstreuschicht wird von kleinen Küken besser
durchgearbeitet und bleibt somit trockener. Es empfiehlt sich, zuerst die Einstreu
einzubringen und dann aufzuheizen. Dem Verbleib von Restfeuchte wird somit
vorgebeugt. In Abhängigkeit von der Einstreuart ist immer auf den aktuellen Zustand
der Einstreu im Stall zu achten, d. h. auf die Einstreuhöhe, den Feuchtegrad und den
Verkrustungsgrad. Vor diesem Hintergrund haben sich, nach Lynn & Spechter
(1992), 10 cm Hobelspäne als Einstreuhöhe für die Leistung und Beschaffenheit der
Tiere als am effektivsten herausgestellt. Elwinger (1995) ermittelte Einstreumengen
zwischen 0,5-1,0 kg (Stroh) und 0,5-2,0 kg (Hobelspäne) pro m² bei der Aufstallung
von Jungmasthühnern. Als Einstreu dient eine 0,5-1 cm dicke Schicht aus Stroh oder
Hobelspänen (WIKI). In der Putenmast soll die Einstreu eine optimale Höhe von 1012 cm haben und zwei bis drei Mal wöchentlich ergänzt werden (WIKI). Die
Stalleinrichtung
kann
um
Sitzstangen
oder
erhöhte
Sitzgelegenheiten
und
Beschäftigungsmaterial ergänzt werden (WIKI). Beschäftigungsmaterial kann auch
ein Strohballen sein, an dem die Tiere picken können. Stroh hat in diesem
Zusammenhang eine geringere Feuchtigkeitsbindungskapazität als Hobelspäne
(Fries et al., 2001).
Nach gängiger Praxis wird der Stall bei der Broilermast nur einmal vor der Einstallung
der Küken eingestreut (LAVES, 2013). Diese Einstreu bleibt während des gesamten
Mastdurchgangs im Stall, regelmäßiges Nachstreuen erfolgt normalerweise nicht.
Nur bei Problemen mit feuchter Einstreu werden die betroffenen Stallpartien, z. B.
unter den Tränkelinien, im Fenster- oder im Eingangsbereich des Stalles,
nachgestreut und durchgearbeitet. Dies bedeutet, dass sich der Kotanteil in der
Einstreu im Laufe des Mastdurchgangs ständig erhöht und die Hühner gegen Ende
der Mast vornehmlich auf ihren eigenen Ausscheidungen stehen bzw. liegen. Bei
guter Stallklimaführung handelt es sich dabei um ein trockenes, lockeres Substrat
von feinkrümeliger bis feinstaubiger Beschaffenheit. Im ungünstigen Fall bildet sich
dagegen eine feucht schmierige bis pappig verkrustete Oberfläche. In der Regel
meiden die Tiere solche Bereiche, was ihnen aber auf Grund der hohen Besatzdichte
zum Mastende jedoch kaum noch möglich ist (LAVES, 2013).
22
Als problematisch erweisen sich feuchte Einstreu und großflächige Verkrustungen,
die besonders häufig in der Umgebung defekter bzw. unzureichend funktionierender
Tränken auftreten. Dadurch kommt es zum vermehrten Verschmieren von Schmutz
und Ausscheidungen (Kot, Harnsäure) auf die Haut und das Gefieder der Tiere.
Zudem werden die Tiere in ihrem Scharrverhalten eingeschränkt. Durch die Nutzung
einer Fußbodenheizung kann die Einstreu trockener gehalten und damit die
mikrobielle Aktivität herabsetzt werden, was sich zusätzlich limitierend auf den
Ammoniakgehalt der Stallluft auswirkt und die Stallhygiene verbessert. Besonders
Salmonellen zeigen eine lange Persistenz in der Einstreu und Schimmelpilzbefall
wirkt sich auch negativ auf die Tiergesundheit aus. Dies betrifft hauptsächlich Stroh,
das unter feuchten Witterungsbedingungen eingefahren wurde. Zu einem weiteren
Problem, d. h. dünnflüssigem Kot, kann auch kaltes Tränkewasser führen, das direkt
aus der Leitung genommen wird. Generell müssen bei der Höhe der Einstreu immer
die Tierart, das Haltungsverfahren und die Mastdauer berücksichtigt werden. Nach
dem Ausstallen der Tiere wird der Stall entmistet, mit Hochdruckreinigern gesäubert
und anschließend desinfiziert.
Durch Kontakt mit dem feuchten Kot-Einstreugemisch in Kombination mit hohen
Ammoniakgehalten entwickeln sich an den Fußballen der Broiler mehr oder weniger
ausgeprägte
Dermatitiden
(LAVES,
2013).
Hauptrisikofaktor
für
Fußballenveränderungen ist eine feuchte Einstreu. Ammoniak wird hier vermehrt
freigesetzt und führt auf Grund seiner ätzenden Wirkung an der aufgeweichten
Sohlenhaut zu mehr oder weniger starken Veränderungen. Insbesondere schwere
Fußballenveränderungen mit umfangreichen, tiefen Läsionen, die mit Nekrosen und
Ulzerationen
einhergehen,
stellen
erhebliche
Schäden
im
Sinne
des
Tierschutzgesetzes dar. Diese müssen vermieden werden. Praxiserfahrungen von
Amtstierärzten belegen, dass derzeit etwa ein Fünftel aller zur Schlachtung
angelieferten Broiler erhebliche Fußballenveränderungen aufweisen und nur etwa ein
Drittel aller Masthühner mit intakten Füßen zur Schlachtung kommen (LAVES, 2013).
Es gibt zudem Betriebe, die durchgehend Herden mit extrem schlechter
Fußballengesundheit abliefern. Dieser Sachverhalt stellt einen Verstoß gegen
geltende
tierschutzrechtliche
Bestimmungen
dar,
denn
hochgradige
Fußballenveränderungen mit tiefgehenden Läsionen sind erhebliche Schäden im
Sinne des Tierschutzgesetzes, die vermieden werden müssen. Um diesem
23
tierschutzfachlich nicht zu tolerierenden Missstand zukünftig abzuhelfen, muss eine
systematische Untersuchung der Fußballengesundheit am Schlachtband eingeführt
werden, die mit einer Rückmeldung der Befunde an den Herkunftsbetrieb zu koppeln
ist (LAVES, 2013).
Es scheint eine gewisse saisonale Abhängigkeit der Fußballengesundheit zu
bestehen, denn in den Hochsommermonaten geht der Anteil an hochgradig
veränderten Fußballen im Vergleich zum Frühjahr deutlich zurück. Da feuchte
Einstreu den Hauptrisikofaktor für die Entstehung von Fußballenveränderungen
darstellt, ist dieses Ergebnis vermutlich auf die im Frühjahr tendenziell feuchtere
Witterung zurückzuführen. Sowohl bei trockener Hitze als auch trockener Kälte ist es
für die Betriebe einfacher und vor allem kostengünstiger, den Stall und damit die
Einstreu trocken zu halten. Insbesondere in den Wintermonaten muss der Bildung
von feuchter Einstreu durch eine sorgfältig abgestimmte Stallklimaführung (Heizung,
Lüftung) vorgebeugt werden. Wird z. B. die Lüftung gedrosselt, um Heizenergie zu
sparen, sind feuchte Einstreu und hohe Ammoniakwerte vorprogrammiert. Auch
wenn in erster Linie Management und Betriebsausstattung von entscheidender
Bedeutung für die Erhaltung der Fußballengesundheit sind, wirken sich hohe
Besatzdichten verschärfend auf vorhandene Probleme aus. Denn mit zunehmender
Besatzdichte wächst der Stallboden sozusagen zu, die Luftzirkulation am Boden
nimmt ab und der vermehrte Kotanfall erhöht den Feuchtigkeitsgehalt der Einstreu
(LAVES, 2013).
Noch
eine
Anmerkung
(www.maisspindelgranulat.de):
zum
Wasserbindungsvermögen
Immer
noch
wird
der
Einstreu
ein
hohes
Wasserbindungsvermögen der Einstreu als Vorteil missverstanden. Wenn Einstreu
viel Wasser bindet, wird sie schwer und kaum beweglich, sie kann demzufolge
gebundenes Wasser nicht loswerden. Unbewegliches Einstreumaterial behindert das
notwendige Ablüften, die Nässe bleibt am Stallboden und stört das Stallklima. Es ist
nicht das Ziel, Wasser in der Einstreu zu binden (Schwammeffekt), sondern das
Wasser mit der Luftzirkulation nach draußen abzuführen. Einstreumaterial soll kein
Wasserspeicher sein. Mit der Einstreu aus Maisspindelgranulat wird Tierkot
kugelförmig eingerollt und Ammoniak eingebunden; das so entstehende Gemenge
wird von den Füßen des Geflügels schön in Bewegung gebracht, dabei lüftet die
24
Feuchte ab und wird von der Ventilation nach draußen befördert. So können Einstreu
und Stall trocken bleiben.
8 Materialien und Produkte zur Verwendung als Einstreu
Als Einstreumaterialien werden im Allgemeinen organische und mineralische
Materialien verwendet, meist kostengünstige landwirtschaftliche oder industrielle
Nebenprodukte oder preiswerte Rohstoffe. Zu den häufig eingesetzten, traditionellen
Materialien gehören Stroh, Heu, Sand, Hobelspäne, Dinkelspelzen, Hanfstängel,
Maishäcksel sowie Stroh- und Sägemehl. Diese Materialien unterliegen durch
Vegetation, Ernte und Lagerung naturgemäß wechselnden Bedingungen und
schwankenden Qualitäten. Als Alternative zu Stroh etc. kommen in neuerer Zeit auch
andere Stoffe wie Stroh- oder Holzpellets, Strohstreu- oder Maisspindelgranulat
sowie Einstreu auf Papier- und Kunststoffbasis zum Einsatz.
Die Entwicklung eines Einstreugranulates, das die Fähigkeiten zur optimalen
Wasseraufnahme, zur erhöhten Staubbindung, zur verringerten Schadgasfreisetzung
bei einer gleichzeitig antimikrobiellen Wirkung (d. h. antibakteriell, antifungal) in sich
vereint, ist nach heutigem Stand der Technik noch nicht verwirklicht. Relevante
Einstreumaterialien und Einstreuhilfsmittel, die von den Betrieben genutzt werden,
werden im folgenden Abschnitt beschrieben.
8.1 Einstreumaterialien
Hobelspäne werden in der Regel aus unbehandeltem Weichholz hergestellt. Sie
werden bei der Produktion entstaubt und enthalten weniger als 12% Restfeuchte.
Das Material wird bei Puten mit 8 kg/m² ausgebracht. Preis ca. 430 € je Tonne.
Strohstreugranulat und Holzpellets werden aus Sägemehl ohne Zusatz von
Hilfsstoffen hergestellt, in dem das Sägemehl bei höherer Temperatur durch eine
Lochmatrize gepresst wird. Das Material ist sehr homogen und der Rohstoff ist
ständig verfügbar. Bei Puten beträgt die Grundeinstreu 4-6 kg/m² und ist
entsprechend nachzustreuen. Das Material muss bei Broilerküken mit ca. 0,6 kg/m²
eingestreut werden, wobei in den ersten Tagen mit einer Bodentemperatur von 3234 °C gearbeitet werden sollte. Das Material hat eine gute Saugfähigkeit und wirkt
geruchsbindend. Durch die hohen Produktionstemperaturen werden Bakterien und
25
Schimmelpilze weitestgehend bei der Produktion abgetötet, so dass eine hygienische
Einstreu vorliegt. Die Einstreu behält ihre optimale Struktur und liegt länger als
lockere Einstreu vor. Das Material ist schwer entflammbar und kann auch in
Biogasanlagen verwertet werden. Preis ca. 300 € je Tonne.
Die Ausbringung ist bei Strohgranulat staubärmer als bei Hobelspänen. Die
Verteilung beider Einstreumaterialien ist arbeitszeitmäßig gleich. Das Strohgranulat
nimmt mehr Feuchtigkeit auf als Hobelspäne, deshalb muss hier im Regelfall nur
einmal wöchentlich nachgestreut werden, was eine zusätzliche Arbeitsentlastung
bedeutet. Die Wasserbindungskapazität der Strohpellets liegt bei bis zu 300%.
Zudem wird das Strohgranulat von den Tieren gut angenommen, gut durchgearbeitet
und trocknet gut ab, so dass die krümelige Struktur länger erhalten bleibt. In Bezug
auf die Bodentemperatur kann festgestellt werden, dass beide Einstreuarten die
Bodentemperatur gleich gut halten, obwohl die Strohpellets viel dünner liegen.
Versuche mit 12 kg/m² Lignocellulose zeigten ähnlich gute Ergebnisse wie mit
Strohgranulat (LWK Niedersachsen).
Maisspindelgranulat ist ein Granulat aus den Erntereststoffen der Maisernte. Es
handelt sich hierbei um den Rest aus den entkörnten Maiskolben, den sogenannten
Maisspindeln. Das einstreufähige Granulat entsteht durch Zerkleinern, Sieben und
Entstauben. Es wird unter zahlreichen Bezeichnungen vom Handel angeboten, z. B.
als Maiskolbenschrot, Maiskolbengranulat oder als Maisgranulat. Neben seinem
Verwendungszweck als Einstreumittel (auch für Katzentoilette und als Nagereinstreu)
kann es in Form des Spindelmehls auch als Ölbindemittel und als Streumittel im
Winterdienst eingesetzt werden. Zusätzliche Verwendung findet es als Poliergranulat.
Die Einstreu bindet laut Hersteller Schmutz, Kot, Feuchtigkeit, Ammoniak und Staub.
Aggressive Gerüche werden für längere Zeit als bei Stroh oder Hobelspänen
gebunden. Der niedrige pH-Wert erzeugt eine desinfizierende Wirkung. Das Material
ist außerdem mikrobiologisch abbaubar. Das Material ist keimärmer als Stroh. Auch
hier hängt entscheidend von der Struktur und Menge ab, ob die Einstreuschicht
trocken und die Füße gesund bleiben. Die Körnung dieser darf nicht zu fein und nicht
zu grob sein. Die optimale Körnung hat einen Durchmesser von 0,5 bis 1,0 cm. Gute
Ergebnisse werden mit 1,0 bis 1,5 kg je m² erzielt. Die Einstreustücke müssen sich
bewegen, sobald die Hähnchen und Puten mit der Einstreu arbeiten oder sie
26
begehen. Da Maisspindelgranulat eher wenig Wassersaugkraft hat, kann es laut
Hersteller
schneller
ablüften
und
bleibt
locker,
trocken
und
beweglich.
Untersuchungen der LWK Niedersachsen haben gezeigt, dass der Stall überwiegend
trocken ist, die Einstreu bzw. das Kot/Einstreugemisch weist eine torfartige Struktur
auf, ist sehr mullig und wird hervorragend zum Sandbaden verwendet. Auf
Maisspindelgranulat sind die Fußballen von Hähnchen besser als z. B. bei
Hobelspänen oder Stroh. Die Einstreu erlaubt lange Reinigungsintervalle und
zeichnet sich durch eine leichte Handhabung beim Einstreuen und Ausmisten aus.
Maisspindelgranulat spart Kosten für Arbeit, Strom, Wärme, Kühlung, Lüftung,
Medizin, Hygiene und Gesundheit. Ein gravierender Nachteil dieser Einstreu ist der
Preis. Es ist ein Einstreumaterial, das mittlerweile zwischen 90 und 120 € je Tonne
kostet. In Niedersachsen werden sogar bis zu 390 € je Tonne verlangt.
Abbildung 9:
Maisspindelgranulat
(Quelle: www.das-hamsterforum.de)
VILO-Comfort-Einstreu ist eine Stalleinstreu aus weichen, saugfähigen und
flexiblen Fasern auf Lignocellulosebasis für Puten, Legehennen und Hähnchenmast.
Es handelt sich um patentierte Holzfasern aus Weichholz / Frischholz (HPC-fibrilliert),
mit einer 4-5 fachen Wasseraufnahme des Eigengewichts und mit einer maximalen
Quellung von 0 auf 100 in 2 Minuten. Das Weichholz wird durch Zerkleinerung zu
Fasern verarbeitet, anschließend pelletiert und unter Zusatz eines synergistisch
wirksamen Pflanzenextraktes granuliert, um eine Keimreduzierung zu erzielen. Laut
Herstellerangaben nimmt die Einstreu Feuchtigkeit schneller auf und trocknet durch
die sehr hohe Kapillarwirkung der Lignocellulose auch deutlich schneller wieder ab.
Dadurch verspricht die Firma bessere Fußballen (d. h. geringere Verhärtungen,
27
weniger
Schwellungen,
weniger
nekrotische
Veränderungen),
höhere
Tageszunahmen, höhere Mastendgewichte und weniger Arbeitszeitaufwand durch
leichtes Ausbringen sowie weniger Nachstreuen. Außerdem verspricht die trockenere
Einstreu
ein
verbessertes
Ammoniakgehalte.
Laut
Stallklima,
Hersteller
weniger
konnten
in
Keimdruck
Versuchen
und
5,5
geringere
%
höhere
Tageszunahmen nach 145 Tagen (entspricht insgesamt 1,17 kg) und eine
Arbeitszeitersparnis von 73 % nachgewiesen werden (entspricht ungefähr 11,5 h).
Das Material kann einfach mit einem Schleuderstreuer ausgebracht werden und
benötigt relativ wenig Transportvolumen. Darüber hinaus ist das Einstreumaterial für
Biogas geeignet, im Biolandbau zugelassen sowie frei von Salmonellen und
Mykotoxinen. Hähnchen ca. 0,4 kg/m² und Puten ca. 10-13 kg/m² bei Einstallung der
Küken oder 8-10 kg/m² ab der 6. Woche (entspricht einer ca. 3 cm hohen Einstreu).
Auch bei dieser Einstreu ist der hohe Preis als gravierender Nachteil anzusehen. Der
Preis liegt bei ca. 14 € je 18 kg Beutel, d. h. bei ca. 770 € je Tonne.
Abbildung 10: Vilo-Comfort Einstreu als Beispiel für eine Lignocellulose
(Quelle: www.vilomix.com)
Bei SoftCell® handelt es sich um ein ähnliches Lignocellulose enthaltendes Produkt
mit vergleichbaren Eigenschaften. Beide Produkte hatten in mehreren Versuchen
28
keinen Einfluss auf die Tierverluste und die Futterverwertung, dafür hatten Puten
bessere Fußballen und höhere Mastendgewichte.
In der Tabelle 5 sind die Vor- und Nachteile von verschiedenen Produkten und
Ausgangsmaterialien aufgeführt.
Tabelle 5:
Vor- und Nachteile von Lignocellulosen im Vergleich zu Häckselstroh
Material
SoftCell®, Vilo
Comfort® aus
Lignocellulosen
Häckselstroh
Vorteile (laut Hersteller)
weiche, flexible Fasern
extrem saugfähig, dauerhaft
trocken
geringere Ammoniakgehalte
verbessertes Stallklima
hygienisches Produkt, weniger
Keimdruck
weniger Fußballenläsionen
verbesserte Tiergesundheit
höhere Mastendgewichte
reduzierter Arbeitsaufwand
geringe Einstreumenge
relativ kostengünstig
fällt von allein bei
Getreideernte an
Nachteile
sehr hohe Kosten
höhere Staubentwicklung
beim Einstreuen und bei
Einstreupflege
Mortalitätsrate unverändert
hoch (ca. 9 %)
-
schwankende Qualität
häufiger Pilzbefall
geringe
Feuchtigkeitsbindung
vermehrt
Fußballenläsionen
niedrigere
Mastendgewichte
hohe Mortalitätsrate (ca.
9%)
häufigeres Nachstreuen
höherer Arbeitszeitaufwand
geringere Tieraktivität
Für andere Tierarten, z. B. im Bereich der Heimtierhaltung werden ebenfalls
vielfältige Produkte auf dem Markt angeboten.
So gibt es im Produktbereich Katzenstreu zahlreiche Artikel aus unterschiedlichen
Ausgangsmaterialien. Es gibt z. B. verschiedene CATSAN®-Produkte, die sich
jeweils folgendermaßen zusammensetzen:

Mineralkörnchen aus Quarzsand und Kalk
0,36 € / 1 l

holzfarbenes, mittelkörniges Weichholzgranulat
0,36 € / 1 l

braunes, feinkörniges Tongranulat
0,73 € / 1 l

Ton ummantelte Mineralkörnchen (mittel-grobkörniges Granulat) 0,73 € / 1 l
Die genannten Produkte sollen laut Hersteller eine gute Geruchskontrolle
gewährleisten, staubarm sein und ein gutes Klumpverhalten aufweisen. Andere
29
Produkte in diesem Segment bestehen aus u. a. Bentonit, Naturton, Attapulgit,
Silikat. Silikatgranulate zeichnen sich z. B. durch gute Geruchsbindung aus; sie
schließen Keime ein und wirken somit antibakteriell. Zudem sind sie relativ staubarm
und damit für Allergiker geeignet. Produkte aus Naturton können über die Biotonne
oder den Kompost entsorgt werden. Sie sind verhältnismäßig günstig (0,25 € - 0,30 €
je Liter). Außerdem sind Trocken-Vliese im Handel verfügbar.
Im Produktbereich Nagereinstreu werden außerdem folgende Produkte angeboten:

Chipsi Maisspindelgranulat
10 l / 6,99 €

Trixie Korkgranulat
10 l / 9,99 €

Hugro Baumwollstreu
15 l / 4,99 €

Hugro Hanf-Nagerstreu
10 l / 3,29 €

Trixie Buchenhack fein gehäckselt
10 l / 9,99 €
8.2 Einstreuhilfsmittel
Stalosan®: Es handelt sich um ein Stallhygienemittel, das zur Verbesserung der
Hygiene in Viehbeständen eingesetzt werden kann. Dabei werden ca. 50 g/m² auf
dem Stallboden ausgebracht. Feines Pulver mit bakterizider Wirkung, das die Anzahl
der Krankheitserreger im Stall reduziert, das aber Haut, Augen und Schleimhäute der
Tiere reizen kann. Es kann langfristig in Gewässern schädliche Wirkungen haben, d.
h. es hat eine schwache Toxizität auf Wasserorganismen. Es kann bis zu einem
gewissen Grad laut Herstellerangaben Feuchtigkeit, Ammoniak und andere
Schadstoffe binden. Darüber hinaus tötet es Fliegenlarven ab. Es soll laut Hersteller
die
Sterblichkeit
herabsetzen,
den
Arzneimittelverbrauch
senken
und
die
Futterverwertung verbessern. (1 kg / ca. 1,2 €) (je nach Abnahmemenge).
Klinofix®: Feines Pulver aus natürlichem Material ohne künstliche Zusatzstoffe, das
zusätzlich in den Stall eingestreut werden kann. Dabei werden ca. 100 g/m² auf dem
Stallboden ausgebracht. Danach kann der Stall wie gewohnt mit Stroh etc.
eingestreut werden. Das Pulver reduziert laut Hersteller den Ammoniakgeruch und
schafft eine hygienische Umgebung. Das Material hat die Fähigkeit, Ammoniak zu
binden und, im Gegensatz zu vielen anderen Präparaten, den Ammoniak biologisch
abzubauen. Es soll außerdem die Bildung von Insektenlarven vermindern. Das
30
Pulver kann bei allen Tierarten angewendet werden. (1 kg / ca. 2,4 €, je nach
Abnahmemenge).
9 Fazit
Viele Lösungsmöglichkeiten, die zu einer artgerechteren Tierhaltung beitragen
sollen, sind in der landwirtschaftlichen Praxis oft nicht vollständig umsetzbar oder
beeinträchtigen teilweise das Tierwohl. Letzteres trifft zum Beispiel für das Kupieren
der Schnäbel und das Absenken der Lichtintensitäten im Stall zu, durch die sich das
Federpicken und der Kannibalismus reduzieren lassen (Schrader, 2013). Darüber
hinaus sind viele Maßnahmen, die eine artgerechtere Tierhaltung ermöglichen, mit
erhöhten Produktionskosten verbunden. Hinzu kommt, dass Verbesserungen beim
Tierwohl von der Mehrzahl der Kunden noch nicht ausreichend durch erhöhte Preise
oder veränderte Verzehrsgewohnheiten honoriert werden.
Die zurzeit verfügbaren Einstreumaterialien sind nicht ausreichend in der Lage,
gleichzeitig
viel
Feuchtigkeit
zu
binden,
schnell
abzutrocknen
und
unter
stallhygienischer Sicht eine desinfizierende Wirkung zu entfalten. Bisher gibt es für
jeden genannten Zweck zwar Einstreumittel, aber kein Material, das alle genannten
positiven Eigenschaften in sich vereint. Besonders die Einstreuhilfsmittel, die als
Pulver der Einstreu zugesetzt werden, haben oftmals negativen Einfluss auf die Haut
der Tiere (Hautreizungen, z. T. ätzende Wirkung auf der Haut). Hinzu kommt, dass
viele Einstreumaterialien, besonders die traditionellen wie Stroh, in der Regel mit
hohen Staubfreisetzungen verbunden sind. Vor diesem Hintergrund wäre die
Entwicklung von Produkten, die Feinstaub gezielt binden können, eine antimikrobielle
Wirkung erzielen und eine verzögerte Schadgasfreisetzung durch Unterbindung von
biologischen Umsetzungsprozessen ermöglichen, ein neuer Innovationsansatz.
Vorrangiges Ziel bleibt die Anhebung des Tierschutzniveaus durch Verbesserung
des Haltungsstandards.
10 Quellenverzeichnis
Berk, J. (2009): Effekte der Einstreuart auf Tiergesundheit und Tierleistungen bei
Putenhennen. Neues aus der ökologischen Tierhaltung, S. 23-30
Berk, J. (2010): Einstreuart beachten. Bauernzeitung, S. 44-45
31
BMELV – Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
– Referat Tierschutz - (Stand Juni 2012):Bundeseinheitliche Leitlinien für die gute
betriebliche Praxis zur Haltung von Masthühnern.
Wesseling, B.; Glawatz, H. (2010): Einstreu im Putenstall - Gesündere Füße durch
Vilo Comfort?, DGS Magazin (1), S. 15-17
ÖKO-TEST 1/2012: Test Putenfleisch: Guten Appetit. S. 32-43
VDP – Verband Deutscher Putenerzeuger e. V. (Stand März 2013):
Bundeseinheitliche Eckwerte für eine freiwillige Vereinbarung zur Haltung von
Mastputen.
vTI Wissenschaft erleben 1/2010: Dicke Luft im Hühnerstall? S. 6-7
ZDG – Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft e. V., Pressemitteilung vom
10.04.2013: Durchbruch für mehr Tierwohl: Puten-Eckwerte
Landwirtschaftskammer Niedersachsen (2012): Alternative Einstreumaterialien in der
Putenmast. http://www.lwkniedersachsen.de/index.cfm/portal/tier/nav/1094/article/19385.html
Landwirtschaftskammer Niedersachsen (2012): Auf die richtige Mischung kommt es
an - Maisspindelgranulat als Einstreu für Masthähnchen. http://www.lwkniedersachsen.de/index.cfm/portal/tier/nav/1094/article/19383.html
Laves Niedersachsen – Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (2013): Niedersächsische Empfehlungen zum Erhalt der
Fußballengesundheit von Masthühnern
http://www.laves.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=20071&article_id=7
3953&_psmand=23
32
Laves Niedersachsen – Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (2010): Tierschutz – Aktuelle Probleme in der Haltung von
Masthühnern.
http://www.laves.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=20137&article_id=9
0919&_psmand=23
http://de.wikipedia.org/wiki/Geflügelproduktion
KTBL (2009): Stand der Technik in der Junggeflügelmast.
http://www.ktbl.de/index.php?id=544
Elwinger (1995): zitiert bei Fries, R.; Bergmann, V.; Fehlhaber, K. (2001): Praxis der
Geflügelfleischuntersuchung. Schlütersche GmbH & Co. KG, Hannover, S. 24-25
Spechter (1992): zitiert bei Fries, R.; Bergmann, V.; Fehlhaber, K. (2001): Praxis der
Geflügelfleischuntersuchung. Schlütersche GmbH & Co. KG, Hannover, S. 24-25
Lindner und Hoy (1997): zitiert bei Fries, R.; Bergmann, V.; Fehlhaber, K. (2001):
Praxis der Geflügelfleischuntersuchung. Schlütersche GmbH & Co. KG, Hannover, S.
24-25
Fries,
R.;
Bergmann,
V.;
Fehlhaber,
K.
(2001):
Praxis
der
Geflügelfleischuntersuchung. Schlütersche GmbH & Co. KG, Hannover, S. 24-25
Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft, Broschüre: Aktuelles zu Sicherheit und
Gesundheitsschutz: Staub. Stand: 2004
Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft, Broschüre: Tierhaltung. Stand: 2005
Loeffler, K. und Gäbel, G. (2013): Anatomie und Physiologie der Haustiere. 13.
Auflage, Verlag Eugen Ulmer Stuttgart, S. 276-282
Salomon, F.-Y. (1993): Lehrbuch der Geflügelanatomie. Gustav Fischer Verlag Jena
/ Stuttgart, S. 395-412
33
Schrader, L. (2013): Tierschutz in der Nutztierhaltung – wo liegen Chancen und
Grenzen? Züchtungskunde, 85 (1), S.34-39
Seedorf, J. und Hartung, J. (2002): Stäube und Mikroorganismen in der Tierhaltung.
KTBL-Schrift 393,Landwirtschaftsverlag GmbH, Münster
Siegmann,
O.
und
Neumann,
U.
(Hrsg.)
(2012):
Kompendium
der
Geflügelkrankheiten. 7. Auflage, Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG,
Hannover
Geflügeljahrbuch
2013,
Jahrbuch
des
Zentralverbandes
der
Deutschen
Geflügelwirtschaft e.V. und seiner Mitgliedsverbände, Damme, K. und Möbius, C.;
2012, Eugen Ulmer KG, Stuttgart
Agrarheute.com (2012): Die gute Mischung macht`s: Maisspindelgranulat als
Einstreu.
http://www.agrarheute.com/maisspindelgranulat-lwk-niedersachsen
http://www.agromed.at
http://www.klinofix.de
http://www.maisspindelgranulat.de
http://www.catsan.de
http://www.rlb-eg.de
http://www.Vilomix.com
http://shop.schkade-landhandel.de
http://www.stalosanf.de
34
Herunterladen