Infektionserkrankungen Seite 1 Infektionserkrankungen Allg. Infektiologie 1. Begriffsklärungen: Erreger: Als Erreger von Infektionserkrankungen beim Menschen kommen in Frage: Viren Keine Lebewesen nach strenger Definition, da sie nicht aus sich selbst Leben hervorbringen können. Viren bestehen aus dem Erbmolekül (RNA oder DNA) und einer Proteinkapsel. Die Virusvermehrung besorgt eine infizierte Zelle. Bakterien Einzellige Lebewesen mit Zellkern und Zellplasma, die Zellorgane sind im Gegensatz zur höheren Zelle jedoch primitiver ausgeprägt. Protozoen Einzeller, z.B. Amöben, bereits höhere Lebensformen, die Zellen entsprechen im Aufbau tierischen oder menschlichen Zellen. Pilze Bekanntester ist Candida albicans. Würmer z.B. Spulwürmer, in feuchten Ländern gefürchtet ist die Bilharziose, hervorgerufen durch einen winzigen Plattwurm. ....? Es wird derzeit diskutiert, ob es auch infektiöse Eiweiße (Prione) gibt, also eigentlich tote Stoffe. Ein solches Protein wird bei der Jakob-Creutzfeld-Erkrankung vermutet, einer menschlichen Variante der BSE (Rinderseuche) y Infektion: Eindringen von einem der o.g. Erreger in den Körper und Verbleiben/Vermehrung. Führt dies zu Krankheitssymptomen, spricht man von einer Infektionskrankheit (pathogene Keime). Zahlreiche Keime infizieren aber den menschlichen Körper, ohne eine Erkrankung hervorzurufen (apathogene Keime) bzw. die nur bei Immunschwäche schädlich werden können (fakultativ pathogene Keime). y Unterschieden werden von der Infektion müssen die sog. Intoxikationen und Toxoinfektionen. Bei Intoxikationen führt nicht der Erreger selbst, sondern sein Gift zur Erkrankung. Beispiel: Lebensmittelvergiftung durch Staphylokokkus aureus (Staphylotoxin) bzw. Diphterie (Diphterietoxin), Tetanus (Tetanustoxin), Cholera. Bei Toxoinfektionen wird der Körper sowohl von dem sich vermehrenden Erreger selbst, als auch von seinen Giften geschädigt. y Abwehr: Die menschliche Immunität ist extrem komplex aufgebaut. Man unterscheidet unspezifische Abwehrmechanismen von spezifischen. y Unspezifische Abwehr: Gegen alle Keime gerichtet, keine spezielle Immunität. © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 2 Beispiel: Zilien und Schleimproduktion der oberen Luftwege, Magensäure, Lysozym im Speichel, apathogene Keime des Gastrointestinaltraktes, Milchsäureausscheidung der Vagina und sog. Döderleinsche Stäbchen (Bakterien der Vagina, die sich auf Milchsäure spezialisiert haben). y Spezifische Abwehr: Gegen einen ganz bestimmten Keim gerichtete Immunität, die erst im Laufe des Lebens erlernt wird. Zu Beginn des Lebens stehen dem Kind zunächst Antilörper der Mutter als Überbrückung zur Verfügung. Bestandteile: B-Lymphozyt mit Antikörperproduktion, T-Lymphozyten, sog. Memory- (Gedächtnis-)Zellen. y Abwehr der Abwehr: Trotzdem gelingt es vielen Erregern die Abwehr zu umgehen. Beispiel: y Ständiges Ändern des 'Aussehens' (Antigenstruktur) - Die spezifische Abwehr kann nicht greifen, weil sie erst das neue Aussehen lernen muß. y Umgebung mit einer Kapsel: Macht das Bakterium für Abwehrstoffe schelcht erreichbar (z.B. Pneumokokken und Streptokokken). Die widerstandsfähigste Kapsel hat das Mykobacterium tuberkulosis, eine Kapselaus Eiweiß und Wachs, die auch der Magensäure ohne weiteres standhält (säurefeste Stäbchen). y Untertauchen in einer menschlichen Zelle: Besonders gut können das Viren, z.B. HIV - die Virus-DNA wird in die menschliche DNA mit eingebaut und ist somit für das Immunsystem nicht mehr zu entdecken. 2. Möglichkeiten der Diagnostik von Infektionserkrankungen: y Viren: Am einfachsten ist der Nachweis von Antikörpern gegen das Virus im Blut. Hierbei sprechen IgM-AK für eine frische und IgG-AK für eine ältere Infektion. Nachteil: Eine infektion kann erst mit einigen Tagen bis Wochen Verspätung nachgewiesen werden. Bei vielen Viren ist auch der Nachweis des Virus selbst oder eines seiner Bestandteile möglich. Nachteil: Viren schwimmen meist nicht in riesieger Zahl im Blut herum, deswegen kann der Test falsch unauffällig sein. Anzüchtung des Virus in Zellnährböden. Nachteil: Dauert und geht nicht bei jedem Virus. Hochempfindlich ist die sog. PCR (Polymerase Ketten Reaktion). Mit ihr können winzige Spuren von DNA/RNA des Virus nachgewiesen werden. Nachteil: Auch die geringste Verunreinigug führt zu einem falsch positivem Ergebnis. y Bakterien: < Antikörpernachweis < Nachweis des Bakteriums durch Anlegen einer Kultur. Nachteil: Die Bakterien brauchen Zeit zum Wachsen. Vorteil: Die Bakterien, die gewachsen sind, können auf ihre Antibiotikasensibilität hin untersucht werden. y gleiches gilt für Pilze und Protozoen y Würmer können entweder selbst, z.B. im Kot oder im Sputum oder aber ihre Eier nachgewiesen werden. Würmer, die in die Blutbahn eindringen, können auch Antikörperbildung hervorrufen. © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 3 3. Übertragungswege: y Tröpfcheninfektion: Übetragung durch feinste Tröpfechen, die vom Atem eines Infizierten ausgehen können. Paradebeispiel: Grippe, grippale Infekte, Tuberkulose. y Fäkal-oral: Durch Verunreinigung von Essen oder Händen mit Ausscheidungen Infizierter. Beispiel: Durchfallerkrankungen. y Durch engen sexuellen Kontakt: Übertragung des Erregers über Körperflüssigkeiten (z.B. Speichel, Sperma, Vaginalsekret). Beispiel: AIDS, Gonorrhoe, Lues (Syphilis). y Über die Haut: Eindringen des Erregers durch die Barriere der Haut. Beispiel: Bilharziose. y Parenteral: Durch direkten Blut zu Blut Kontakt. Beispiel: Hepatitis C, Hepatitis B. 4. Therapie y Mit wenigen Ausnahmen können Viren medikamentös nicht therapiert werden, Ausnahme: einige Herpesviren. Ist die Erkrankung ausgebrochen, kann sie nur unterstützend therapiert werden (Paradebeispiel: Erkältung) y Bakterien sind einer Antibiotikatherapie zugänglich. Ebenso Pilze, Protozoen und ürmer. Problem sind hierbei primäre Resistenzen (die von Anfang an bestehen) und sekundäre Resistenzen (die durch eine schlecht geführte Therapie allmählich entstehen). Sog. Hospitalismuskeime sind Bakterien, die durch suboptimale Hygiene besonders auf Intensivstationen gezüchtet werden und die multiresistent sind. Sie verursachen sog. nosokomiale Infektionen, das sind Infektionen, die man sich praktisch nur im Krankenhaus holt. Wichtigster Überträger ist das Pflegepersonal. 5. Prophylaxe y Impfungen sind eine Domäne der Viruserkrankungen. Passive Impfungen: Gabe von Antikörpern gegen ein Virus oder Bakterium. Vorteil: sofortiger Schutz. Nachteil: Schutz hält max. 3 Monate. Aktive Impfungen: Impfung mit abgetöteten oder abgeschwächten Viren/Bakterien oder mit Betsandteilen deren Kapsel. Vorteil: Eigene AK-Bildung und speichern der Information in sog. memory-Zellen mit nachhaltiger Immunität. Nachteil: Wirkt nicht sofort und kann zu Impfreaktionen führen. y Isolierung für die Zeit der Ansteckungsgefahr kann vor einer Weitervebreitung schützen. y Bei der Umkehrisolierung wird eine gefährdete Person durch Mundschutz u.ä. vor Ansteckung durch allgemein vorhandene Keime geschützt. © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 4 AIDS (Acquired Immunodeficiency Syndrome) Def AIDS wird durch zwei Kriterien definiert: 1. Infektion durch einen HI-Virus (Humanes Immundefizienz Virus, HIV1 oder HIV 2) - siehe Bild rechts. 2. Defekt der zellularen Immunität, angezeigt durch sog. Indikatorkrankheiten: Oppurtunistische Infektionen, Tumoren und neurologische Krankheitsbilder. yDas Human Immunodeficiency Virus (aus http://www.hiv.net – ‘HIV-Net 1997’) Das human immunodeficiency virus Typ 1 (im folgenden kurz HIV genannt) ist ein Retrovirus aus der Familie der Lentiviren. Charakteristisch für Lentiviren ist eine persistierende Virämie und eine lange klinische Latenzzeit. Im Gegensatz zu anderen Retroviren haben Lentiviren eine komplexere Genomstruktur. Zusätzlich zu den Genen gag, pol und env (Einzelheiten siehe weiter unten) enthält das HI-Virus in seinem 9Kilobasen-RNA-Genom eine Reihe zusätzlicher Gene. Diese tragen vermutlich entscheidend zu dem außerordentlichen pathogenetischen Potential von HIV bei, könnten jedoch andererseits künftig therapeutische Angriffspunkte bieten. HIV ist ein Ikosaeder. Die äußere Hülle besteht aus einer Doppellipid-Membran, aus der 72 kugelförmige „Andockproteine" herausragen. Diese werden aus den zwei Hüllproteinen gp120 und gp41 gebildet, die von dem env-Gen kodiert werden. Das Nukleokapsid (Viruskernmembran) besteht aus den Proteinen p24, p17, p9 und p7. Sie entstehen nach proteolytischer Spaltung durch die HIV-Protease aus dem Vorläuferprotein p53 (kodiert von dem gag-Gen). Im Viruskern befinden sich außerdem zwei Kopien des einsträngigen Virus-RNA-Genoms sowie zwei wichtige Enzyme Produkte des pol-Gens , die Reverse Transkriptase (im folgenden RT genannt) und die Protease. yDer Lebenszyklus von HIV y Bindung an die Zielzelle und Fusion Die wichtigsten Zielzellen von HIV sind CD4+ T-Lymphozyten (im Alltag auch „Helferzellen", „T4-Zellen", „CD4-Zellen" genannt), Makrophagen und Monozyten. Die Infektion dieser Zellen wird vermittelt durch die CD4-Rezeptoren auf der Zelloberfläche. Das HIV-Hüllprotein gp120 bindet sich an die Rezeptoren, und nach dieser Bindung verschmelzen Lipidhülle des Virus und Zellmembran, so daß der Viruskern in das Zytoplasma freigegeben wird. Diese Virusinkorporierung ist, wie kürzlich demonstriert wurde, an das Vorhandensein von Ko-Rezeptoren auf der Zellmembran gebunden, Fusin (oder „CXCR4") und CCR-5. Je nach Charakteristik des infizierenden Virusstammes sind unterschiedliche Ko-Rezeptoren Voraussetzung für eine Infektion der Zielzelle. So vermittelt Fusin die Infektion von Zellen mit sogenanntem T-Tropismus, CCR-5 die Infektion von Zellen mit M-Tropismus. T- und M-Tropismus beschreiben die Fähigkeit eines HI-Virusstammes, unterschiedliche Zellinien (M für Monozyten/Makrophagen, T für permanente T-Zellinien) zu infizieren. Unmittelbar nach einer primären HIV-Infektion setzen sich in aller Regel HIV-Stämme mit M-Tropismus durch, unabhängig davon, wie heterogen die Viruspopulation im „Spender" war und unabhängig davon, ob die Infektion sexuell, über eine Injektion infektiösen Materials oder vertikal (von der Mutter auf das Kind) erfolgt. Die Gründe für diesen anfänglichen Selektionsvorteil von Virusstämmen mit M-Tropismus sind unklar. Diskutiert wird unter anderem, daß M-tropische Viren sich besser an die Situation in einem noch immunkompetenten Individuum adaptieren können, daß M-tropische Viren leichter als T-tropische Viren übertragen werden und daß Makrophagen die privilegierten Zielzellen zum Zeitpunkt der primären HIVInfektion sind. y Reverse Transkription Nach Eintritt des Virus in das Zellzytoplasma wird das Virusgenom initial vorliegend als einsträngige RNSKopie in einen DNS-Strang transkribiert. Dieser Vorgang wird von dem Enzym Reverse Transkriptase (RT) vermittelt. Der DNS-Doppelstrang wird dann in den Zellkern transportiert und durch ein weiteres Virusenzym, die HIV-Integrase, in das Genom der Wirtzelle integriert. Die ersten Medikamente, die die Wirkung der Integrase hemmen, wurden kürzlich entwickelt. Die Inhibito- © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 5 ren der RT gehören hingegen schon seit 10 Jahren zum klinischen Alltag. Die Substanzen AZT, 3TC, DDC, D4T und DDI sind heute Bestandteil jeder Kombinationschemotherapie der HIV-Infektion und werden zusammen mit den potenten Inhibitoren der HIV-Protease (siehe weiter unten) eingesetzt. RT-Inhibitoren werden erst intrazellulär zu den aktiven Triphosphat-Molekülen phosphoryliert und durch die RT bevorzugt in die entstehende DNS-Kopie des HIV-Genoms eingebaut. Durch die falschen Metaboliten kann die Synthese des DNS-Strangs nicht fortgesetzt werden, und es kommt zu einem sogenannten Kettenabbruch. Die RT ist ein äußerst unpräzises Enzym, das während jedes Replikationszyklus zu Mutationen in der entstehenden DNS-Kopie führt. An jedem Tag können alle theoretisch möglichen Punktmutationen in einem infizierten Individuum auftreten, so daß innerhalb kurzer Zeit zahlreiche lebensfähige Mutanten mit einer großen genetischen Variationsbreite entstehen. Es ist daher davon auszugehen, daß für jede antiretrovirale Substanz bereits vor Therapiebeginn das passende resistente Virus existiert. Tatsächlich wurden resistente Viren aus Seren der Jahre vor Einführung der antiretroviralen Therapie nachgewiesen. Mutanten, die gegen die verfügbaren Medikamente resistent sind, verdrängen innerhalb von Wochen bis Monaten nach Beginn einer antiretroviralen Therapie den initial vorherrschenden Virusstamm, und die Therapie ist nur temporär wirksam. Die derzeitige Strategie der Kombinationstherapie zielt (erfolgreich!) darauf ab, die Resistenzentwicklung durch den Einsatz mehrerer Substanzen zu verzögern und/oder im Idealfall nur noch die Ausbildung von Virusstämmen zuzulassen, die in ihrer Wachstums- und Replikationskinetik im Vergleich zur initialen Viruspopulation deutlich eingeschränkt sind. Wenn dies über einen längeren Zeitraum erreicht werden kann, ist nach aktuellem Verständnis der Pathogenese davon auszugehen, daß der natürliche Verlauf der HIVErkrankung (mediane Zeit zwischen Primärinfektion und Stadium AIDS: 10 Jahre) erheblich gestreckt werden kann. y Exprimierung der HIV-Gene Die Replikationsphase in den infizierten Zellen beginnt mit der Exprimierung der Regulatorgene tat, ref und nef. tat ist ein potenter Aktivator für die nachfolgende Exprimierung aller viralen Gene und wäre ein möglicher Ansatzpunkt für eine medikamentöse Therapie. Klinische Versuche mit dem ersten tat-Inhibitor wurden vor wenigen Jahren jedoch wegen fehlender Wirksamkeit beendet. Inhibitoren von ref und nef sind bisher nicht im Einsatz. Erst in der zweiten Replikationsphase werden die Gene gag, pol und env exprimiert. Die Produkte der gag- und pol-Gene bilden den Viruskern, während die Produkte der env-Gene die Proteine der äußeren Hülle bilden. Die Hüllproteine gp120 und gp41 werden durch eine zelluläre Protease aus dem Vorläuferprotein gp160 gespalten, während die viralen Enzyme RT, Protease und Integrase aus dem pol-GenVorläuferprotein entstehen. Ebenfalls durch proteolytische Spaltung in diesem Fall aber durch die HIVProtease entstehen aus dem Vorläuferprotein p53 die Gag-Proteine p24, p17, p9 und p7. Als Ergebnis langjähriger Grundlagenarbeit wurde Ende der 80er Jahre die HIV-Protease in kristalliner Form hergestellt. So konnte die dreidimensionale Form des Moleküls dargestellt werden, eine Voraussetzung für die Entwicklung der potenten Protease-Inhibitoren. y Entstehung infektiöser Viren Der Zusammenbau infektiöser Viren ist ein mehrstufiger Prozeß. Im ersten Schritt wird der Viruskern (HIVRNS, Gag-Proteine, Virusenzyme) unterhalb der Wirtszellmembran zusammengebaut. Der ViruskernKomplex durchdringt dann die Zellmembran und erhält dabei die Lipidhülle mit den Virushüllproteinen gp120 und gp41. Erst nach diesem Schritt der Ausknospung entstehen durch die Aktivität der HIVProtease die oben erwähnten gag-Proteine (p24, p17, p9 und p7) und damit reife, infektiöse Viren. Sie binden sich an die Rezeptoren weiterer Zielzellen, und der Infektionszyklus beginnt von neuem. Wenn dieser letzte Schritt im Replikationszyklus von HIV durch Protease-Inhibitoren unterbrochen wird, entstehen unreife, in ihrer Infektiosität eingeschränkte Viren, die nicht in der Lage sind, weitere Zellen zu infizieren. Die Wirkung der Protease-Inhibitoren unterbricht daher wirkungsvoll den Infektionszyklus neuer Zellen. Protease-Inhibitoren sind die derzeit wirksamsten antiretroviralen Medikamente. Sie dürfen nur zusammen mit RT-Inhibitoren (siehe oben) eingesetzt werden, weil sich andernfalls rasch Resistenzen ausbilden. Der breite Einsatz der Protease-Inhibitoren hat 1996 die Behandlung der HIV-Infektion revolutioniert. © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 6 Epidemiologie: Die ersten AIDS-Fälle wurden 1981 in den USA entdeckt. 1983 wurde HIV erstmals als Erreger von AIDS beschrieben. 1986 wurde HIV II als zweites AIDS-verursachendes Virus beschrieben. In Deutschland waren 1995 ca. 500.000 Infizierte gemeldet. Grundlage der Daten sind anonyme Meldungen der Blutlabors -Unzuverlässige Zahlen! In den USA waren bei generell vorgeschriebenen AIDS-Tests bei der Musterung von Soldaten 0,13% positiv (Männer: 0,14%, Frauen: 0,04%, Schwarze: 0,29%). Infektion: HIV wird parenteral oder durch ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen, wobei sexuelle Gewohnheiten mit häufigem Partnerwechsel und Sexualpraktiken mit hohem Verletzungsrisiko führen zu besonders hohem Ansteckungsrisiko. Besonders gefährdet sind: y Promiskuitiv lebende homosexuelle Männer y Intravenös Drogenabhängige y Hämophile (Bluterkranke) und andere Personen, die auf sog. gepoolte Blutprodukte angewiesen sind. y Kinder HIV-infizierter Mütter Übertragungsrisiko: Man nimmt an, daß ein einmaliger 'normaler' Geschlechtsverkehr mit einem Infizierten ein Risiko von 1% hat. Das Risiko der Übertragung über eine Nadelstichverletzung wird auf 0,5% geschätzt. Sy Nach der alten, nicht mehr gültigen CDC-Klassifikation (CDC=Center for Disease Control, Bundesgesundheitsamt der USA) von 1987 wurde AIDS in 4 Stadien eingeteilt. Diese Stadieneinteilung gibt den charakteristischen Verlauf der HIVInfektion wieder und wird daher hier nochmal aufgeführt. Zur derzeit gültigen Stadieneinteilung siehe weiter unten. 1. HIV-Infektion: Ca. 3 Wochen nach HIV-Infektion kommt es zur Bildung von AK. In dieser Zeit sind Symptome möglich wie Fieber, LK-Schwellungen, Exanthem. Die Symptome des Stad. I klingen spontan ab. 2. Latenzperiode: Die Latenzzeit dauert sehr unterschiedlich lang, mal wenige Monate, einzelne Inizierte haben sich schon Anfang der achtziger JAhre angesteckt und befinden sich immer noch in der Latenzperiode. Welche Faktoren hierfür verantwortlich sind, ist im Moment Gegenstand intensiver Forschung. 3. AIDS-related Complex (ARC): Zeichen einer beginnenden manifesten AIDSErkrankung. Beginnt meist mit generalisierten LK-Schwellungen über mehr als drei Monaten an verschiedenen Körperregionen. Dann stellen sich B-Symptome, Anämie, Leuko- und Thrombozytopenie, allg. Abgeschlagenheit ein. Im Blut ist die Zahl der T4-Lymphozyten unter 400/mikroliter (Norm: > 1000) gesunken. 4. AIDS: AIDS ist definiert durch den Nachweis einer charakteristischen Erkrankung, die aufgrund des T4-Lymphozytenverlustes auftritt. y Nachweis von Allgemeinsymptomen (B-Symptomatik) © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 7 y Neurologische Symptome. Die HIV-Enzephalopathie ist ein schleichender Hirnabbauprozeß mit zunehmenden Konzentrationsstörungen, Depressionen und Abbau des Intellekts (Demenz) y Nachweis opportunistischer Infektionen. Typisch für AIDS sind v.a. CandidaBefall, die Pneumozystis-carinii-Pneumonie, Zytomegalie und die Toxoplasmose. y sonstige Infektionen, die auch bei anderen Personen vorkommen. Hierzu zählt z.B. die Tuberkulose und sog. atyp. Mykobakteriosen durch verwandte Erreger des Tuberkuloseerregers. y Tumorerkrankungen. Ganz typisch ist das Kaposi-Sarkom. Ein TU, der primär gutartig wächst und zunächst keine Beschwerden verursacht. Bei fortgeschrittenem Befall kann es zu multiplen Tumoren der Haut und des Gastrointetsinaltraktes kommen. Das Kaposi-Sarkom tritt besonders häufig bei homosexuellen Männern auf (Ursache unbekannt). Weiteres Beispiel: Hochmalignes Non-Hodgkin-Lymphom. D y Die Diagnose einer HIV-Infektionen wird durch den HIV-Test gestellt. Dieser Test darf grundsätzlich nur mit ausdrücklicher Einwilligung erfolgen. Zur Diagnosestellung wird gefordert: 1. ein pathologischer Suchtest (ELISA) auf HIV I- und HIV II-Antikörper und zusätzlich 2. ein pathologischer Bestätigungstest (Western-Blot), der auf einem anderen Verfahren basiert. Eine Mitteilung eines patholog. Testergebnisses vor dem Erhalt des Betsätigungstestes ist ein ärztlicher Kunstefehler! Der HIV-Test wird erst frühestens drei Wochen nach der Infektion positiv, d.h. ein negativer Test schließt eine Infektion nicht aus. Die Diagnose von AIDS wird durch den Nachweis einer HIV-Infektion und dem Nachweis einer Erkrankung geführt, die in den CDC-Stadien aufgeführt sind. Verlaufskontrollen: Bis ca. 1995 galt insbesondere die Zahl der T4-Helferzellen (oder CD4-Zellen) als wichtiger Parameter zur Verlaufsbeobachtung, der kritische Schwellenwert liegt bei 400/µl, darunter steigt das Risiko opportunitischer Infektionen sprunghaft. In der Vordergrund ist jetzt die sog. Virus-Load (Virus-Last) zu Beginn und im Verlauf der HIV-Therapie geworden. Hierbei wird die Zahl der Viren pro µl Blut mit Hilfe eines PCR-Verfahrens (Nachweis von Virus-DNA) bestimmt. Je höher diese Virus-Load, desto weiter fortgeschritten ist die Infektion, je tiefer die VirusLoad nach Therapiebeginn sinkt, desto besser die Verlaufsprognose unter Therapie. Th Es gibt keine kurative Therapie von AIDS, es gibt keinen Impfstoff. Insbesondere einen Impfstoff wird es auch auf Jahre hin noch nicht geben, weil sich gezeigt hat, daß dies bei HIV auf z. Zt. unüberwindliche Schranken stößt. Seit 1996 ist die Kombinationstherapie der HIV-Infektion mit Medikamenten aus verschiedenen Gruppen mit unterschiedlichem Angriffspunkt verbindlicher Therapiestandart und hat die Prognose der HIV-Infektion entscheidend verbessert. Es steht zu erwarten, daß die derzeitige Periode zwischen Ansteckung und AIDS-Manifestation von bisher durchschnittlich 10 Jahren deutlich verlängert wird. Für die Therapie der HIV-Infektionen werden derzeit insbesondere drei Gruppen © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 8 von Medikamenten herangezogen: 1. Reverse-Transkriptase-Hemmer (RTH): Die Reverse Transkriptase ist für die Vervielfältigung des viralen Erbgutes zuständig. ReverseTranskriptase-Hemmer schmuggeln sich als falsche Bausteine des Erbgutes ein und führen zu einem Stop der Genomvervielfältigung. Man unterscheidet: 2. Nuklosidanaloga: Stoffe, die den Bausteinen der DNA stark verwandt sind, wichtigster Vertreter ist das AZT (Azidothymidin, Retrovir), Bestandteil jeder HIV-Therapie und das erste eingesetzte Mittel, das Hilfe gegen die HIV-Infektion verprach. 3. Nicht nukleosidanaloge Reverse-Transkriptase-Hemmer: Wirken wie AZT, sind chemisch aber anders aufgebaut. 4. Proteinaseinhibitoren (PI) hemmen ein anderes Enzym des HIV, das durch Spaltung von Vorläuferproteinen neue Proetine erzeugt, die für die Infektiosität des Virus von entscheidender Bedeutung sind. Der Infektionskreislauf kann dadurch effektiv unterbrochen werden. Da eine Resistenzentwicklung auf Proteinaseinhibitoren schnell einsetzt, ist ihr Einsatz nur in Kombination mit Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (AZT) erlaubt. y Inzwischen ist die Dreifach- oder Vierfachkombinationstherapie aus RTH und PI, die bei Resistenzentwicklung ggf. ausgetauscht werden, verbreiteter Standard. Hierbei werden auch Medikamente eingesetzt, die (in Deutschland) noch keine Zulassung als Arzneimittel besitzen. Mit dem rasanten Fortschritt in der Therapie der HIV-Infektion können die Genehmigungsverfahren nicht mithalten. Der Bezug nicht zugelassener Medikamente (aus internationalen Apotheken) und ihr Einsatz sind jedoch problemlos möglich. Gruppe RTH PI NNRTH Zulassung BRD BRD BRD BRD 1998 BRD BRD BRD 1997 BRD 1997 ? ? USA Wirkstoff Zidovudin Zalcitabin Lamivudin Stavudin 1592U89 Didanosin Saquinavir Indinavir Nelfinavir Ritonavir 141W94 Lovirid Delavirdin Nevirapin Abk. AZT DDC 3TC D4T Handelsname Retrovir Hivid Epivir Zerit DDI SQV CRX NFV RTV NFV Videx Invirase Crixivan Viracept Norvir ? ? Rescriptor Viramune DLV NVP mg/Kps 250 mg Kps 0.75 mg Tbl 150 mg Tbl 40 mg Kps 300 mg Tbl. 100 mg Tbl 200 mg Kps 200 mg Kps 250 mg Kps 100 mg Kps ? ? 100 mg Tabl. 200 mg Tbl Tagesdosis 500 mg 2.25 mg 300 mg *80 mg 600 mg *400 mg 1800 mg 2400 mg 750 mg 1200 mg 2 x 900 mg ? 1200 mg 400 mg RTH: Reverse-Transkriptase-Hemmer PI: Proteinaseinhibitoren NNRTH: Nicht nukleosidanaloge RTH y Daneben wird die Therapie der entsprechenden Infektionen notwendig. Prg Nach 10 Jahren hatten in San Franzisko 54% der Patienten AIDS oder waren verstorben, nur noch 20% waren asymptomatisch. Die durchschnitliche Über- © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 9 lebenszeit eines Patienten mit dem Vollbild von Aids beträgt unbehandelt 1 Jahr. Die CDC-Klassifikation Die CDC-Klassifikation teilt die HIV-Erkrankung in die drei klinischen Kategorien A bis C und in die drei CD4-Zellzahlbereiche 1 bis 3 ein. In der so entstehenden 3 x 3-Matrix werden die Patienten in die Untergruppen A1 bis C3 eingeordnet. Klinische Kategorie Laborkategorie (CD4-Zellen/ l) 1: > 500 2: 200 - 499 3: < 200 A (asymptomatisch) A1 A2 A3 B (Symptome, kein AIDS) B1 B2 B3 C (Symptome, AIDS) C1 C2 C3 Die klinischen Kategorien A bis C der CDC-Klassifikation Kategorie C: AIDS-definierende Erkrankungen Pneumocystis carinii-Pneumonie Toxoplasma-Enzephalitis Ösophageale Candida-Infektion oder Befall von Bronchien, Trachea oder Lungen Kategorie B Chronische Herpes simplex-Ulzera oder HerKrankheitssymptome oder Erkrankungen, die nicht in die pes-Bronchitis, -Pneumonie oder -Ösophagitis CMV-Retinitis AIDS-definierende Kategorie C fallen, dennoch aber der HIV-Infektion ursächlich zuzuordnen sind oder auf eine Störung der generalisierte CMV-Infektion (nicht von Leber oder Milz) zellulären Immunabwehr hinweisen. Hierzu zählen: Rezidivierende Salmonellen-Septikämien Bazilläre Angiomatose Rezidivierende Pneumonien innerhalb eines Jahres Oropharyngeale Candida-Infektionen Vulvovaginale Candida-Infektionen, die entweder chronisch (länger als Extrapulmonale Kryptokokkeninfektionen Chronische intestinale Kryptosporidieninfektion einen Monat) oder nur schlecht therapierbar sind Chronische intestinale Infektion mit Isospora belli Zervikale Dysplasien oder Carcinoma in situ Konstitutionelle Symptome wie Fieber über 38.5 oder eine länger als 4 Disseminierte oder extrapulmonale Histoplasmose Tuberkulose Wochen bestehende Diarrhoe Infektionen mit Mykobakterium avium complex oder Orale Haarleukoplakie Herpes zoster bei Befall mehrerer Dermatome oder nach Rezidiven in M.kansasii, disseminiert oder extrapulmonal Kaposi-Sarkom einem Dermatom Maligne Lymphome (Burkitt's, immunoblastisches Idiopathische thrombozytopenische Purpura oder primäres zerebrales Lymphom) Listeriose Invasives Zervix-Karzinom Entzündungen des kleinen Beckens, besonders bei Komplikationen HIV-Enzephalopathie eines Tuben- oder Ovarialabszesses. Progressive multifokale Leukenzephalopathie Periphere Neuropathie Wasting Syndrom Kategorie A Asymptomatische HIV-Infektion Persistierende generalisierte Lymphadenopathie (LAS) Akute, symptomatische (primäre) HIV-Infektion (auch in der Anamnese) In den USA ist seit 1993 die AIDS-Falldefinition über die klinische Kategorie C hinaus auf alle Patienten erweitert, die weniger als 200 CD4-Zellen/µl haben. Diese weite Fassung des AIDS-Begriffes hat dort vorwiegend gesundheitspolitische Gründe. In Europa wird AIDS nach allgemeinem Konsens nach wie vor nur bei Vorliegen einer Erkrankung der klinischen Kategorie C definiert. Ältere Klassifikationssysteme Die erste CDC-Klassifikation von 1987 wird nicht mehr verwendet. Das gleiche gilt für die Frankfurter Klassifikation und die Walter-Reed-Klassifikation. Internet-Adressen zu HIV: 1. Neueste Informationen zum Stand der HIV- Therapie, aktuelle epidemiologische Daten: HIV-Net, URL: http://www.hiv.net 2. Newsgroup zum Thema HIV: sci.med.aids © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Fall zum Thema: Seite 10 Aufnahme eines 36jährigen Patienten, Kellner in Bamberg, wegen zunehmendem Gewichtsverlust, Nachtschweiß, subfebrile Temperaturen. Anamnese: Seit 3 Monaten zunehmender Kräfteverfall, zuvor nie krank gewesen, kein voruasgegangener Krankenhausaufenthalt, Appetitverlust, kein Teerstuhl, Nichtraucher, nur sporadisch Alkohol. Keine Medikation. Untersuchung: Pat. In reduziertem EZ und AZ, Gewicht 40kg bei 1,70m, Untersuchung von Kopf, Hals, Thorax und Abdomen unauffällig, keine Lymphknotenvergrößerung. Labor: BKS erhöht, leichte Anämie von 11g/dl, Leukozyten normal, keine TU-Marker. Sono: unauffälliger Befund Thorax: leichte Vermehrung der interstitiellen Zeichnung, keine Infiltrate, kein TU-verdächtiger Befund Gastroskopie: Soorösophagitis, sonst keine Auffälligkeiten. Coloskopie: o.B. Trotz antimykotischer Therapie keine Besserung des Appetits, keine Gewichtszunahme trotz zusätzlicher Sondenkost. Ein HIV-Test bei Anfangsverdacht wird durch den Pat. abgelehnt. Im weiteren Verlauf zunehmende Kurzatmigkeit. Kontroll-Thorax: jetzt zunehmende Lungenzeichnung und beginnend perihiläre Infiltrate. Auf massives Drängen stimmt der Pat. schließlich einem HIV-Test zu, der positiv verläuft. Überstürztes Verlegen des Patienten auf Isolierstation und Abnahme des Western-Blots, der den Suchtest bestätigt. CD4-Zellzahl: 20/µl, der Virus-Load wurde damals noch nicht bestimmt. Der Pat. wird nach Erhalt des Bestätigungstestes über die Diagnose aufgeklärt. Trachealsekret: kein Keimnachweis Bronchoskopie mit Lavage und transbronchialer Biopsie: Pneumocystis-Carinii-Pneumonie. Beginn einer hochdosierten Therapie mit i.v. 12 Amp. Bactrim/24h, zusätzlich antivirale Vierfachkombination aus 2 RTH und 2 PI. Nach zwei Wochen Rückgang der Infiltrate und deutliche Gewichtszunahme. Kontrolluntersuchungen: Rückgang der Candidose, augenärztlich kein Hinweis für eine Toxoplasmose, jetzt jedoch Nachweis zunehmender Kaposi-Sarkome im Bereich der Oberlippe, des rechten Armes und beider Oberschenkel. Diesbezüglich noch keine Therapie. CD4-Zellzahl jetzt 50/µl. Nach insgesamt 6wöchiger Therapie kommt es zu erneutem Fieber und Zunahme der pulmonalen Infiltrate. Trachealsekret auf CMV-DNA positiv, somit Verdacht auf jetzt zusätzlich bestehende CytomegaliePenumonie. Beginn einer Hochdosis-Therapie mit Ganciclovir, unter der sich jedoch die Symptomatik nicht bessert. Zusätzlich jetzt zunehmendes hirnorganisches Psychosyndrom, im CCT kein Befund, jedoch klinischer Verdacht auf eine HIV-Enzephalopathie. Der Patient stirbt in unserer Therapie nach insgesamt 2monatigem stationärem Aufenthalt. Infektionsmodus: Pat. stammte aus Leipzig, war homosexuell, jedoch keine sexuellen Kontakte. Im Herbst 1989 Abstecher auf den Kuhdamm (Mauerfall), dort innerhalb von wenigen Tagen mehrere sexuelle Kontakte mit verschiedenen Männern. Seither keine sexuellen Kontakte mehr. Der Pat. starb 1996. © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Herpesviren Def Seite 11 Gruppe biologisch verwandter Viren, die in der Bevölkerung in hoher Zahl vorkommen. Hierzu zählen: y HSV 1 (Herpes simplex Virus 1): Herpes labialis (Fieberbläschen), Stomatitis aphthosa (Mundfäule) y HSV 2: Herpes genitalis y VZV (Varizella zoster Virus): Windpocken (bei Erstinfektion), Gürtelrose (Zoster, bei Reinfektion) y EBV (Ebstein-Barr-Virus): Pfeiffersches Drüsenfieber (infektiöse Mononukleose) y CMV (Cytomegalievirus): Zytomegalie, eine Viruserkrankung, die fast nur bei Transplantierten und bei Immunschwäche (z.B. AIDS) auftritt. 1. HSV1/HSV2 Inf Infektion meist bereits in der frühen Kindheit durch FingerzuMund- oder MundzuMund-Kontakt. Die Erstinfektion ist meist asymptomatisch. Sy y Bei der Erstinfektion kann es zur Stomatitis aphthosa (Mundfäule) kommen: Fieberhafte Entzündung der Mundschleimhäute und des Zahnfleisches mit zahlreichen Aphten. Verantwortlich ist meist HSV1. y In der symptomfreien Latenzzeit wandern die Viren in Nervenzellen ein und sind dort vor der Immunabwehr geschützt. y Bei einer Reaktivierung (z.B. i.R. einer fieberhaften Erkrankung) befallen die Viren erneut die Haut und bilden wässrige Bläschen auf gerötetem Grund (Fieberbläschen), die meist von selbst abheilen. y HSV2 wird meist durch Geschlechtsverkehr übertragen und führt zu Bläschenbildung im Bereich der Geschlechtsorgane. Ko Herpes kann sich aber zu einer lebensgefährlichen Erkrankung entwickeln - bei Neugeborenen, bei Immunsupprimierten und sehr selten auch bei sonst Gesunden. y Herpesenzephalitis: Gehirnentzündung, die meist schleichend beginnt (Müdigkeit, psychische Auffälligkeiten, Fieber, Krampfanfälle, später Koma) und häufig tödlich endet, wenn sie nicht beim leisesten Verdacht sofort behandelt wird. Typisch ist eine hämorrhagische Entzündung eines Gehirnareales im Bereich der Schläfe, wegweisend ist ein EEG mit fokalen Veränderungen über dem Schläfenareal. - Die Laboruntersuchungen dauern zu lang, um sie abwarten zu können. y Kornealer Herpes: Eine Herpesinfektion der Hornhaut des Auges kann zu bleibenden Hornhautschäden führen. Auf der Hornhaut sieht man (mit speziellen Lupen) Gräben in der Hornhaut, die wie Verästelungen aussehen - Keratitis dentricica. y Herpes generalisatus neonatorum: Wenn die Mutter im Geburtskanal HSV2© Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 12 Trägerin ist, kann es beim Neugeborenen zu einer generalisierten Herpesinfektion mit Gehirn-, Augen- und Hautbeteiligung kommen. Bei nachgewiesener Herpesinfektion der Vagina zum Geburtstermin muß ein Kaiserschnitt durchgeführt werden. D y AK-Nachweis. Da fast jeder AK gegen Herpes besitzt, sind nur Verlaufsuntersuchungen (Anstieg der AK) aussagekräftig. y Anzüchtung der Viren auf Zellnährböden (bei Herpes gelingt dies leicht durch Entnahme von Flüssigkeit aus den Bläschen, oder durch Abtupfen der Kornea) Th Herpes gehört zu den wenigen Viren, die man medikamentös behandeln kann. Das Medikament heißt Aciclovir, der Handelsname Zovirax. Gabe als Salbe lokal, als Tabletten oder als Infusion (bei Enzephalitis). 2. VZV Inf Die Infektion mit dem VZV erfolgt über Tröpfcheninfektion. Die Erstinfektion führt zu Windpocken (Varizellen). Die Erkrankung hinterläßt idR. lebenslange Immunität. Nur bei Immunschwäche kommt es zur Reaktivierung, der Gürtelrose (Zoster). Die Viren überleben in Ganglienzellen von sensiblen Hautnerven, eine Reaktivierung führt daher zu einem Befall im Versorgungsgebiet dieses Nerven. Sy 1. Windpocken: Inkubationszeit ca. 14 Tage nach Ansteckung, dann typisches Sternenhimmelexanthem mit buntem Nebeneinander von Papeln, Vesikeln und eingetrockneten Bläschen, starker Juckreiz. Oft zusätzliche Hautinfektionen durch Aufkratzen der Bläschen. Ansteckungsgefahr besteht zwei Tage vor bis 2 Tage nach Exanthemausbruch. Typische Kinderkrankheit. 2. Herpes zoster: Häufig schwerwiegende Erkrankung nach Reaktivierung des VZV, z.B. im Rahmen einer schweren Grunderkrankung (Tumor) oder in hohem Alter. y Zoster ophthalmicus: Entzündung im Versorgungsgebiet des N. trigeminus mit Beteiligung und Gefährdung des Auges (einseitig). y Zoster thoracicus: Ausbreitung im Bereich eines Hautnerven über den Rippen (einseitig). y Typisch sind Bläschen mit wasserklarer Flüssigkeit auf gerötetem Hautgrund. Häufig bereits vor dem Auftreten der Bläschen Auftreten von Schmerzen, die Wochen, Monate und Jahre nach dem Exanthem noch weiterbestehen können (Zoster-Neuralgien). Th Auch gegen VZV hilft Aciclovir, kann aber oft die postzosterischen Neuralgien nicht beeinflussen. - ggf. Gabe von Carbamazepin (Tegretal, Timonil) und von Schmerzmitteln. 3. EBV Inf Der Ebstein-Barr-Virus wird durch intensiven Körperkontakt, z.B. durch Küssen übertragen (sog. Kissing disease) . Die Infektion verläuft meistens asymptoma© Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 13 tisch, in einigen Fällen kommt es zum Krankheitsbild der infektiösen Mononukleose (Pfeiffersches Drüsenfieber). Sy y Fieber und Tonsillitis (80%) y Milzschwellung in der 2. und 3. Krankheitswoche (50%) y generalisierte LK-Schwellung y Ikterus y Exanthem (5%); zu 100% tritt ein Exanthem auf, wenn man versucht, die Tonsillitis mit Ampicillin zu therapieren. Lab y Auftreten von sog. mononukleären Zellen (Pfeiffer-Zellen), die ein Unerfahrener mit malignen Lymphozyten verwechseln kann. y Nachweis von EBV-Antikörper y Für eine Schnelldiagnose gitb es den Mononucleose-Schnelltest (Schnelltest auf Antikörper) DD Differentialdiagnostisch kommen bei infektiöser Mononucleose fogende Erkrankungen in Frage: y Lymphome und Leukämien (Milzschwellung, LK-Schwellung, Infektneigung) y Eitrige Angina tonsillaris (Streptokokkeninfektion) y Hepatitis (Leber- und Milzschwellung, Ikterus) y Arzneimittelallergie (Ampicillinexanthem) Th keine möglich Ko Die Milz kann so groß werden, daß es zu Milzrupturen kommen kann - Sonographische Kontrollen. Infektiöse Durchfallerkrankungen Def Urs Von Durchfall (Diarrhoe) spricht man bei y Stuhlentleerungen > 3/die y Stuhlkonsistenz vermindert oder flüssig y Stuhlmenge vermehrt Sonderform paradoxe Diarrhoe: Wechsel zwischen Verstopfung (Obstipation) und Diarrhoe bei stenosierenden Prozessen des Darmes (Darmtumoren). 1. Infektionserkrankungen: a) Bakterien-Infektionen: y Salmonellen: die häufigsten Erreger von infektiösen Durchfallerkrankungen. Zu unterscheiden von normalen Salmonellosen ist Typhus (durch Salmonella typhi), der entgegen allgemeiner Annahme primär nicht mit Durchfall einhergeht. y Campylobacter jejuni y E. coli: es gibt vier verschiedene Typen von E.coli, der typische Erreger der Reisediarrhoe ist enterotoxischer E.coli (ETEC) selten sind: y Vibrio cholerae: Cholera - wässrige Reisbrei-artige Durchfälle mit unverdauten Nahrungsbestandteilen, die über den massiven Flüssigkeitsverlust zum Tode führen können, massive Stuhlmengen, keine Blutbeimengungen. y Shigella dysenteriae: Ruhr - schmerzhafte blutige Durchfälle, Bauchkrämpfe, Absetzen von blutig-schleimigem Stuhl in kleineren Mengen. b) Bakterien-Intoxikationen y Staphylokokkus aureus, Bacillus cereus, Clostridium perfringens sind Toxin- © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 14 bildende Bakterien, die zu sog. Lebensmittelvergiftungen führen können: Perakut einsetzende Brechdurchfälle, die auch rasch wieder verschwinden. y Clostridium botulinum: Extrem seltener Botulismus mit Lähmungserscheinungen bis hin zum Tod (durch Atem- und Herzstillstand) aufgrund vergifteter Konserven. Keine Vorwarnung durcdh Geschmacksveränderung. Extreme Vorsicht bei geblähten Konserven. c) Viren: V.a. bei Kindern häufig. Es gibt eine Unzahl von Viren, z.B. Rotavirus, Influenzavirus, Cytomegalievirus (chronischer Durchfall bei AIDS). d) Protozoen: y Entamoeba histolytica: Führt zur Amöbenruhr, Erkrankungsbild ähnlich der bakteriellen Ruhr. In den Tropen Zuhause. y Gardia lamblia: führt zu chronisch-wässrigen Durchfällen, Nachweis nur aus frischem warmen Stuhl bzw. aus Dünndarmsekret (Gastroskopie) möglich. Î Fazit: Es gibt eine unüberschaubare Vielzahl an Durchfallserregern. Die Symptome sollten daher nicht einzelnen Erregern zugeordnet werden, sondern typischen Verläufen. Man unterscheidet: 1. Durchfälle vom dysenterischen Typ 2. Durchfälle vom sekretorischen Typ 3. Lebensmittelintoxikationen. Diese Unterscheidung ist nicht allgemein verbindlich, macht aber den Überblick über die zahllosen Ursachen leichter. 1. Diarrhoe vom dysenterischen Typ Bei dysenterischen Diarrhoen dringen die Erreger in die Darmwand ein und führen zu einer Entzündung der Darmwand. Einwandern in die Blutbahn häufig möglich. Sy Schmerzhafte, kolikartige Diarrhoe, mit breiartigem Stuhl, Blut- und Schleimbeimengungen, häufige schmerzhafte Stuhlentleerungen, häufig Fieber. Beispiele: Ruhr (Shigella dysenteriae), Amöbenruhr (Entamöba histolytica), EIEC (Enteroinvasive E.coli) 2. Diarrhoe vom sekretorischen Typ Bei sekretorischen Durchfällen kommt es primär zu einer Darmfehlfunktion: Statt dem Stuhlgang Wasser zu entziehen, wird Wasser in das Darmlumen abgegeben. Sy Wenig schmerzhafte, wässrige Durchfälle, teils mit unverdauten Nahrungsresten, große Stuhlmengen, keine Blut- oder Schleimbeimengungen., selten Fieber, hoher Wasser- und Elektrolytverlust Beispiele: Cholera (Vibrio cholerae), Salmonellosen (z.B. Salmonella enteritidis), E.coli (ETEC= enterotoxische E.coli) 3. Diarrhoe vom toxischen Typ (Lebensmittelvergiftung) Bei toxischen Diarrhoen spielen die Bakterien selbst keine Rolle. Sie produzieren aber Gifte, die teils auch durch Erhitzen nicht zerstört werden. Diese Gifte führen zu einer Diarrhoe vom sekretorischen Typ. Sy Symptome wie bei sekretorischer Diarrhoe, Beginn oft jedoch perakut, oft nur 23 Stunden nach Verzehr, meist rasche Besserung. Beispiel: Staphylokkus aureus, Bacillus cereus D Eine Diagnostik ist nur bei nicht-anhaltender Diarrhoe zwingend notwendig. © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 15 y Stuhlkulturen auf pathogene Keime y bei V.a. Amöben oder Lamblien sofortige Stuhlmikroskopie aus frischem Stuhl y bei Fieber und dysenterischen Durchfällen ggf. zusätzlich Blutserologie und Blutkultur DD 1. Malassimilationssyndrom: Chronische Durchfälle durch Störung der Verdauung. Kennzeichen: Übelriechende, fettglänzende Stühle, salbenartige Konsistenz y Sprue: Darmallergie auf bestimmte Eiweiße y Erkrankungen mit Pankreasinsuffizienz 2. Nicht-infektiöse Entzündungen: M.Crohn, C. ulcerosa 3. Angina intestinalis: Darmischämie bei Durchblutungsstörungen mit sekretorischen oder dysenterischen Durchfällen und Bauchschmerzen nach Nahrungsaufnahme 4. Pseudomembranöse Colitis: Sonderform der Diarrhoe, die durch Antibiotikagabe entstehen kann. Überwucherung des Darmes mit Clostridium difficile und Auslösung dysentersicher Durchfälle. Therapie: Absetzen der Antibiotika, in schweren Fällen Vancomycin. Th 1. Kausal: Eine Antibiotikatherapie der Erreger ist nur indiziert bei schweren oder chronischen Diarrhoen, insbesondere bei hohem Fieber. Ansonsten keine Antibiotikatherapie 2. Symptomatisch: Wichtiger! Flüssigkeits- und Elektrolytsubstitution großzügig, am besten in Form von Infusionen. Bei Cholera lebensrettend. 3. Obstipierende Mittel (z.B. Immodium) nur, wenn es überhaupt nicht anders geht. Denn: Durchfall sorgt auch für rasche Keimentleerung aus dem Darm - raschere Heilung. Proph Cook it, peel it or leave it! Bei Erkrankung: optimale Hypiene, insbesondere der Hände (fäkal-oraler Infektionsweg). Typhus/Paratyphus Def Hochfieberhafte meldepflichtige Infektionserkrankung durch Salmonella typhi und Salmonella paratyphi (A,B,C). Inf Typhus wird fäkal-oral übertragen. Bei guter (Wasser-)Hygiene gibt es in Deutschland keine Typhusepidemien mehr. Typhuskranke importieren ihre Erkrankung meist aus dem Ausland. Die Übetragung erfolgt meist über kontaminiertes Trinkwasser. Sy y Inkubationszeit von 1-3 Wochen (je mehr Keime aufgenommen wurden, desto schneller kommt die Erkrankung) y 1. Woche: langsam steigende Temperatur bis auf 40° ohne Schüttelfrost, schweres Krankheitsgefühl, Splenomegalie und zu grippalen Symptomen (Kopfschmerzen, Husten). In 2/3 der Fälle: Exanthem der Bauchhaut (sog. Roseolen, daher auch die Bezeichnung Fleckfieber). Keine Durchfälle, eher Obstipation. Auffallend langsamer Herzschlag. y Zu Beginn der zweiten Woche erbsreiartige Durchfälle, im weiteren Verlauf sind blutige Durchfälle möglich. Starke Benommenheit (Typhos = Nebel). y Ab vierter Woche Ausheilung. D y Richtungsweisende Diagnose: Aufenthalt im Ausland! © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen y in den ersten drei Wochen Antikörpernachweis im Blut y sobald Durchfall auftritt, Erregernachweis im Stuhl Th Antibiotikatherapie (z.B. Kepinol oder Ciprobay) Î Pro Seite 16 Problem der Dauerausscheider: Auch nach erfolgreicher Therapie des Typhus können sich die Salmonellen in die Gallenblase und Gallenwege einnisten und von dort kontinuierlich in den Darm gelangen - Infektionsquelle. Dauerausscheider müssen solange isoliert werden, bis die Keime im Stuhl weg sind. Typhoral: Aktiv-Impfung mit abgeschwächten Keimen. Gabe 10 Tage vor Reiseantritt (drei Tabletten in drei Tagen). Schutzdauer max. 1 Jahr. Lyme-Borreliose Ein 30jähriger Waldarbeiter wird wegen des Verdachtes auf Apoplex eingeliefert. Auffällig ist ein hängender Mundwinkel rechts, das Lid auf der rechten Seite kann nicht geschlossen werden. Im Aufnahme-EKG fällt darüber hinaus ein AV-Block (bradykarde Herzrhythmusstörung) auf. In den nächsten Tagen trotz adäquater Therapie keine Besserung. Fieber besteht nicht. In den nächsten zwei Wochen zunehmend wechselnde Gelenkschmerzen, schließlich ausgeprägte Rötung, Schwellung und Überwärmung des rechten Kniegelenkes. Diagnose: Lyme-Borreliose mit Lyme-Myokarditis, peripherer Fazialisparese bei Neuroborreliose sowie LymeArthritis. Anamnese: Zeckenbisse habe der Pat. schon viele gehabt, vor 3 Monaten sei es nach einem Zeckenbiß zu einer sich ringförmig ausbreitenden Rötung mit Juckreiz gekommen, die aber von alleine vergangen sei. Err Borrelia burgdorferi ist erst 1982 von Herrn Burgdorfer als Erreger einer durch Zecken übertragenen Erkrankung bekannt. Die Erreger werden durch Biß übetragen. Nach 3 Tagen bis 4 Wochen Inkubationszeit können die Erreger eine Infektion verursachen, meist zunächst eine Hautinfektion. Die Bezeichnung LymeBorreliose rührt von dem Ort Lyme in den USA her, wo die Erkrankung erstmals auffiel. Sy Die Erkrankung läßt sich in drei Stadien einteilen, wobei insbesondere Stad. II und III auch fließend ineinander übergehen können. Stad I: y Erythema chronicum migrans: Rötung an der Bißstelle der Zecke, die sich ringförmig von dort ausbreitet unter zentraler Abblassung. Begleitsymptome sind häufig Krankheitsgefühl und Kopf- und Gliederschmerzen. Manchmal treten auch an entfernteren Körperstellen Erytheme auf. Stad II: nach Wochen bis Monaten y Lymphozytäre Meningoradikulitis Bannwarth: Entzündung der Nervenwurzeln des Rückenmarks, eventuell auch der Hirnnerven, besonders oft tritt eine Fazialisparese auf. Typisch für die Rückenmarksnervenwurzelentzündung (Polyradikulitis) sind quälende von der Wirbelsäule ausgehende Schmerzen, besonders nachts. Bei Kindern kann auch eine richtige Meningitis entstehen. y Lyme-Karditis: Herzmuskelentzündung, die besonders oft zu einer Blockade in der Erregungsleitung des Herzens führt (sog. AV-Block), aber auch zu einer Herzinsuffizienz führen kann. y Arthralgien/Arthritiden: Schmerzen und Entzündungen von einzelnen oder mehreren Gelenken. © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 17 y Ohrlappenlymphozytom: Rötliche Schwellung des Ohrläppchens. Histologisch findet man zahlreiche Lymphozyten. Keine eigentliche Erkrankung, aber ein wichtiger Hinweis. Stad III: nach Monaten bis Jahren y Acrodermatitis chronica atrophicans: Sehr seltene Atrophie der Haut y Lyme-Arthritis: Schwere Entzündung einzelner größerer Gelenke (meist Knie) D Antikörpernachweis: Nachweis von IgG und IgM-Antikörper. In seltenen Fällen kann eine Borreliose bestehen, ohne daß man AK findet. Th Penicillin G und andere Antibiotika hoher Dosis sind im Stad. I und II entscheidend. Im Stad. III ist evtl. definitive Heilung nicht vollständig möglich. FSME (Frühsommermeningoenzephalitis) Ein 30jähriger Landwirt wird im Juli mit Kopfschmerzen, Fieber und Nackensteife, schwerem Krankheitsgefühl und zunehmender Eintrübung eingeliefert. Aufgrund der Symptome wird sofort der Verdacht einer Meningitis oder Meningoenzephalitis gestellt. Im Liquor finden sich virus-typische Entzündungszeichen. Vorgeschichte: Zahlreiche Zeckenstiche sind bekannt. Bis vor einer Woche fieberhafter grippaler Infekt, der jedoch rasch abgeklungen sei. Ein Erythema chronicum migrans ist dem Pat. nicht erinnerlich. Diagnose: Virale Meningoenzepahlitis, aufgrund der Jahrezeit, des typischen zweiphasigen Verlaufes und angesichts zahlreicher Zeckenbisse besteht der V.a. FSME Err Inf Sy Î Î D Th Pro FSME-Virus. Das Virus vermehrt sich in Mäusen und wird von Zecken übetragen. Es findet sich nicht überall, sondern in einigen Endemiegebieten (Oberfranken gehört dazu), v.a. süddeutscher Raum. Vorkommen von März bis November (Aktivität der Zecken), am häufigsten aber im Juli bis September. Infektion über Zeckenbiß; nur 0,2-0,5% der Zecken in Endemiegebieten sind befallen. Inkubationszeit 2 Tage bis 4 Wochen. y In 90% der Fälle asymptomatische Infektion y In 10% der Fälle grippale Symptome, die unkompliziert bleiben y 10% der symptomatischen Fälle entwickeln nach einer einwöchigen beschwerdefreien Pause eine fieberhafte Menigitis oder Meningoenzephalitis, diese hat eine geringe Letalität (Todesrate) von 1%. Typische Symptome einer Meningitis: Kopfschmerzen, Fieber, Nackensteife, bei Kindern Knie-Kuß-Zeichen. Obligat bei diesen Symptomen ist eine Liquorpunktion mit Test auf Zellen, Zucker und Eiweiß zur Unterscheidung zwischen einer bakteriellen oder viralen Meningitis. bei Meningoenzephalitis kommt es zusätzlich zu Bewußtseinsstörungen aller Art, d.h. sowohl Schläfrigkeit, Agitiertheit, als auch psychische Auffälligkeiten sind möglich. Außerdem Schwindel, Desorientiertheit. Die Diagnose wird über den AK-Nachweis gestellt. Eine Therapie gibt es nicht. Es gibt eine FSME-Lebendschutzimpfung (aktive Immunisierung), die jedoch bei geringem Infektionsrisiko nur Gefährdeten empfohlen wird (Aufenthalt in oder Reise in ein Endemiegebiet, Beruf mit Zeckenexposition). Eine Auffrischung wird nach 3 Jahren notwendig. © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 18 Nach Zeckenbiß kann man auch eine Passivimmunisierung mit Antikörpern gegen FSME vornehmen, parallel dazu Lebendimpfung. Unterschiede zwischen Lyme-Borreliose und FSME: Lyme-Borreliose FSME Häufigkeit in Oberfranken 10-15% der Zecken sind infiziert Jahreszeit 0,25-0,5% der Zecken sind infiziert März bis November mit Häufung im Jli bis September ⇐ Asymptomatischer Verlauf ⇐ Grippaler Infekt, 1 Woche Latenz, Menigitis Therapie Erythema migrans: wie FSME, Stad. II und III ganzjährig 1. Erythema migrans 2. Meningoradikulitis Bannwarth, Karditis, Arthralgie, Lymphozytom 3. Arthritis, Acrodermatitis Anamnese (Zeckenbiß), typische Jahrezeit, typische Gegend Liquorpunktion und AK-Bestimmung im Blut und Liquor, Vorsicht: Syphillis hat ähnliche Symptome wie Borreliose und führt auch zu Borrelien-AK-Titern Syphillis ausschließen! Antibiotikatherapie Keine Immuniiserung nicht möglich Prophylaxe: Schutz durch Kleidung Nach Zeckenbiß: Zecke ohne Quetschen aus der Haut entfernen, kein Öl, kein Klebstoff, Drehung der Zecke vermeiden. Am sichersten: Zecke mit kleiner Hautstanze aus der Haut ausstanzen. Symptome Diagnose Aktivimmunisierung (3 Jahre Wirkung), Passivimmunisierung nach Zeckenbiß möglich Weitere Erkrankungen des Nervensystems in Kürze: Î Poliomyelitis (Kinderlähmung): Heute extrem seltene Erkrankung, die durch fäkal-orale Infektion mit Polioviren entsteht. Meist kommt es nur zu einer mehrtägigen Erkrankung mit Rachenrötung und grippalen Symptomen. In 10% der Fälle jedoch kann es zu einer Meningoenzepahlitis und zu einer Polyradikulitis (Befall des Rückenmarks) kommen, die schwere Lähmungen (meist assymmetrische spastische Lähmung der Beine) hervorruft. In sehr schweren Fällen können die Lähmungen aufsteigen und zum Atemstillstand führen (in den 60er Jahren bildete die Eiserne Lunge ein in vielen Fällen lebensrettendes Verfahren der künstlichen Beatmung, die Intubation gab es noch nicht). Î Tetanus (Wundstarrkrampf): Erreger ist ein Bakterium namens Clostridium tetani. Es kommt überall vor. Unter Luftabschluß (schmutzige Wunden) kann es sich vermehren. Es produziert ein Toxin, das über Nervenbahnen in das Rückenmark zieht und Verkrampfungen der Muskulatur führt. Typisch für den Tetanus sind zunächst Sensibilitätsstörungen im Bereich der Wunde. Dann beginnen Muskelkrämpfe, die meist im Gesicht ihren Ausgang nehmen (Risus sardonicus, grinsendes Gesicht), später massive Krämpfe der Rücken- und Nackenmuskulatur. Die Krämpfe werden durch geringste akkustische oder optische Reize (Licht) ausgelöst. Das Bewußtsein ist nicht beeinträchtigt. Jede Verletzung, bei der kein sicherer Impfschutz besteht, bedarf einer kombinierten Akti/Passivschutzimpfung. Der Impfschutz einer Aktivimpfung hält wahrscheinlich lebenslang, mindestens aber 10 Jahre. © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 19 Eine 23jährige Patientin wird wegen hohem Fieber und heftigen Kopfschmerzen eingeliefert. Sie berichtet, seit 14 Tagen an einer eitrigen Mittelohrentzündung zu leiden, eine antibiotische Therapie sei bislang nicht erfolgt. Bei der Aunahmeuntersuchung fällt eine schmerzhafte Nackensteifheit auf, das Bein kann im gestreckten Zustand nicht angehoben werden, bei Anheben des Kpfes werden die Beine angezogen. Die Patientin trübt rasch ein. Es erfolgt eine sofortige Liquorpunktion. Es entleert sich trüber Lquor, es finden sich mikroskopisch 3000/3 Zellen, vorwiegend Granulozyten. Die Pat. wird auf I2 verlegt, sie stirbt 2 Tage später. Diagnose: Fortgeleitete eitrige Meningitis als Komplikation einer eitrigen Mittelohrentzündung. Meningitis Inf Man unterscheidet drei Infektionswege: 1. Hämatogene Ausbreitung der Erreger (Meningokokken-Menigitis, jede Sepsis) 2. Direkt fortgeleitete Infektion von benachbarten Organen (PneumokokkenMeningitis bei Otitis media) 3. Direkte Infektion von außen bei offenen Schädel-Hirn-Traumen Err Nach dem 2. Lebensmonat werden über 80% der Meningitiden durch drei Erreger hervorgerufen: Hämophilus influenzae (gram-positive Stäbchen), Meningokokken (gramnegative Diplokokken), Pneumokokken (grampositive Diplokokken) Menigitissymptome: y Fieber, Kopfschmerzen, Nacken- oder Rückenschmerzen, Lichtscheu (Photophobie), Somnolenz y Bei der körperlichen Untersuchung fallen auf: Nackensteife, bei der Kopfbeugung werden die Beine angezogen (Brudzinski-Zeichen), das Anheben des gestreckten Beines ist schmerzbedingt nicht möglich (Lasegue-Zeichen), bei Kindern: Berühren des Knies mit dem Mund nicht möglich (Knie-Kuß-Zeichen) D y die wichtigste und unverzichtbare Maßnahme zur Diagnose ist die Liquorpunktion: Bakterielle Menigitis Virale Meningitis (meist meningoenzephalitis) Meningokokken, Pneumokokken, Hämophilus infl. trübe Borrelien, Mykobacterien, Treponema pall. (Lues) klar 400-1000/3 Zellen, Lymphozyten gg.über BZ gering erniedrigt (<45) Lactat über 1000/3 Zellen, Granulozyten gg.über dem BZ deutlich erniedrigt (<35mg%) deutl. erhöht erhöht nicht erhöht Eiweiß erhöht erhöht Erhöht Mikroskopie und Färbung Gramfärbung: Bakterien Ziehl-Niellsen- und Spezialfärbungen: selten Keimnachweis kein Keimnachweis Aussehen Zellzahl Glucose z.B. FSME, Herpes klar oder hämorrhagisch < 1000/3 Zellen, Lymphozyten nicht erniedrigt y bei eitrigem Liquor genügt evtl. bereits eine einfache Gramfärbung, um eine erste Verdachtsdiagnose auf Hämophilus, Pneumokokken oder Meningokokken zu stellen © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 20 y weitere Maßnahmen: Blut- und Liquorkultur, bei V.a. Abszeß: CCT. DD y Akute Subarachnoidalblutung und andere Hirnblutungen (Liquor blutig) y Gehirntumoren mit Hirndruckerhöhung ( CCT) Th Hochdosiert Antibiotika i.v., bei einer typischen bakteriellen Meningitis kommt meist Penicillin oder ein sog. Cephalosporin (z.B. Rocephin, Fortum) zum Einsatz, ebenso bei Borrelien und Lues. Bei TBC kommen Tuberkulostatica zur Anwendung (siehe folgendes Kapitel). Bei den selteneren viralen Meningitiden ist eine gezielte Therapie meist nicht möglich. Tuberkulose Häu Nach einem Tiefstand 1991 erneut zunehmende Infektionserkrankung durch Mykobakterium tuberkulosis, derzeit ca. 10.000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland. Err Mykobakterien sind Stäbchenbakterien, die eine sehr widerstandsfähige Kapsel aus Wachs haben, dies macht sie gegen Enzyme und Säuren sehr unempfindlich (säurefeste Stäbchen). Dafür brauchen sie aber sehr lange, um sich zu vermehren (Kulturen brauchen ca. 6 Wochen). Die Übertragung erfolgt praktisch immer per Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch. Pg Die Art der Entzündung, die im Menschen entsteht hängt ab y von der Zahl der aufgenommenen Erreger und y von der Stärke der eigenen Immunabwehr. Man unterscheidet drei verschiedene Entzündungsverläufe, alle drei können beim selben Menschen zu unterschiedlicher Zeit vorkommen. 1. Exsudative Tuberkulose: Ungehemmte Entzündung in Form einer Pneumonie, das Gewebe schmilzt ein, es bildet sich charakteristischer Eiter (Verkäsung), der wenn er in die Bronchien abfließt, zu großen Lochdefekten der Lunge führt (Kavernen). 2. Produktive Tuberkulose: Der Entzündungsherd wird frühzeitig von einem Wall umgewandelter Abwehrzellen abgekapselt. Es bildet sich ein Granulom, das im Röntgenbild als Rundherd auffallen kann. 3. Szirrhöse Tuberkulose: Als Folge von 1) und 2) kann es zu ausgeprägter Narbenbildung kommen. Diese Narben können die Lunge stark verziehen und selbst zu Problemen führen. Stad Auch zeitlich läßt sich der typische Verlauf einer TB gut einteilen: I: Primärtuberkulose: Nach Inhalation von Tuberkeln kommt es typischerweise zunächst zu einer lokalen Tuberkulose meist mit Sitz in einem Lungenoberfeld. Von dort wandern die Tuberkel in die Hilsulymphknoten ein, die sich mitentzünden. Die Entzündung heilt fast immer schnell aus, es entsteht der sog. Primärkomplex: Lungenrundherd plus verkalkter Hiluslymphknoten im Thoraxbild. Nur bei schlechter Abwehrlage kommt es zu einer generalisierten hämatogenen Streuung der Keime (Sepsis), dies nennt man Subprimärtuberkulose. © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Sy D Seite 21 II: Subprimärtuberkulose: Durch Streuung der Keime im ganzen Körper werden überall Tuberkelherde abgesetzt. Typisch ist: die Miliartuberkulose: Pneumonie aller Lungenfelder mit milimetergroßen Herden in der ganzen Lunge y Meningeosis tuberkulosa: Meningitis durch Tuberkel (v.a. bei Kindern und bei AIDSPatienten) y Selten: Befall anderer Organsysteme, besonders der Nieren ÆUrogenitaltuberkulose. III: Postprimärtuberkulose: Reaktivierung einer alten TB durch Schwächung des Immunsystems. Die Die Reaktivierung beginnt meist Lungenoberfeld (sog. Assmannsches Frühinfiltrat). Ausbreitung dann hämatogen oder aber bronchogen durch Entlleerung verkäster Kavernen in das Brocnhialsystem. Zahlreiche Infiltrate der Lunge. Häufig findet sich auch eine Pleuritis exsudativa entzündliche Beteiligung des Lungen- und Rippenfelles mit Ausbildung eines Ergusses. Die Symptome sind unspezifisch und alleine nicht beweisend für eine TB. y B-Symptome (Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust) y Nur in 50% der Fälle pulmonale Symptome: Husten, blutiger Auswurf, Brustschmerzen, Atemnot. y Der Verdacht auf TB wird gestellt durch o.g. Symptome plus Entzündungszeichen im Labor (Sturzsenkung) plus verdächtiges Röntgenbild. y Tuberkulintest: TINE-Test: Test mit Tuberkulin-haltigem Stempel, einfach aber ungenau. Mendel-Mantoux-Test: Intracutane Applikation von Tuberkulin, Test mit hoher Genauigkeit. Die Tests zeigen an, ob eine Immunreaktion gegen TB stattfindet. Sie werden nach 72h abgelesen. Positiv ist nur eine tastbare Verhärtung, eine alleinige Rötung reicht nicht aus. © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 22 Î Ein negativer Test kann folgende Bedeutung haben: 1. Es liegt keine Infektion mit TB vor oder 2. Es liegt trotz Infektion keine Immunität gegen TB vor (TU-Erkrankungen, AIDS, Säuglinge..) Th Mykobakterien entwickeln sehr leicht Resistenzen, daher muß immer eine Kombinationtherapie erfolgen. y Meist wendet man ein Dreierkombination über 3 Monate, dann zwei der drei Medikamente über weitere 6 Monate (zusammen also 9 Monate) an. Die Standartmedikamente heißen: Isoniazid, Rifambutol, Streptomycin, Pyrazinamid. Vor Therapie muß man Kulturen abnehmen, um ein Antibiogramm zu erhalten. y Offene TB (d.h. Nachweis von Mykobakterien in Körpersäften oder röntgenologisch hochgradiger V.a. offene Kavernen) werden auf Isolierstation solange behandelt, bis sie geschlossen sind (kein Keimnachweis mehr in mehreren Proben), geschlossene TB werden ambulant behandelt, es sei denn, man hat den V.a. mangelnde Mitarbeit. y Gleichzeitig erfolgt eine Umfelduntersuchung bei Angehörigen und Kontaktpersonen zur frühzeitigen Erkennung einer Ansteckung. Prph Eine Prohylaxe existiert für Säuglinge: y Impfung mit BCG, einem abgeschwächten Mykobakterium. Bei AIDSPatienten ist ggf. eine y Chemoprophylaxe mit Isoniazid inidiziert. Lues = Syphilis Def Bakterielle Infektionserkrankung in drei Stadien, die in der Regel sexuell übertragen wird. Err Treponema pallidum, nicht anzüchtbarer Keim, mirkoskopisch aber gut sichtbar als spiralförmiges Bakterium. Sy Die Lues verläuft nach einer Inkubationszeit von bis zu 3 Wochen in drei Stadien: Stad I: Primärstadium: An der Eintrittstelle des Keimes (Penis, Vulva) entwickelt sich eine indolente (nicht schmerzhafte) nässende Ulzeration, die hochinfektiös ist (sog. Harter Schanker). Die Leistenlymphknoten schwellen meistens mit an. Die Erscheinungen verschwinden von selbst spontan nach ca. 5 Wochen. in diesem Stadium kann man aus dem schmierigen Sekret der Ulzeration per Mikroskopie der Bakterien die Diagnose stellen. II: Sekundärstadium: Auftreten mehrere Monate später. Vielfältige Symptomatik möglich. y Generalisiertes makulopapulöses Exanthem y breite Kondylome (Condylomata lata): V.a. in Achseln, Leisten und Zehen/Fingerzwischenräumen auftretende schmierig ulzerierte Papeln. y Angina spezifica: Tonsillitis durch Treponemen y Haarausfall: Alopezia luetica y Meningitis luetica Nachweis der Treponemen in den schmierigen Sekreten der Kondylomata. Die Erkrankung kann im Stadium II ausheilen. III: Tertiärstadium: 5 bis 50 Jahre nach der Erstinfektion. Kennzeichen des Tertiärstadiums sind multiple Abszesse mit gummiartigem Eiter (sog. Gummen) in © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 23 allen nur denkbaren Organen inkl. Knochen und Gehirn. Die Abszesse zerstören das Gewebe und können zur völligen Organzerstörung führen. Gummen werden oft (v.a. in der Lunge) mit Tuberkulomen verwechselt. Im Tertiärstadium kann es auch zu neurologischen Schäden kommen, die von manchen Autoren als ein eigenes Stadium benannt werden (Quartärstadium): y Tabes dorsalis: Zerstörung einiger Bahnen des Rückenmarks mit Verlust der (für das Gleichgewicht notwendigen) Tiefensensibiliät und der Sensibilität der Haut. y Progressive Paralyse: Schleichende Infektion des Gehirnes mit zunehmender Demenz und psychischen Auffälligkeiten. D 1. Mikroskopie: Im Stad. I und II aus dem schmierigen Sekret der Kondylome, direkter Nachweis der Bakterien ohne großen Aufwand 2. Labor: a) TPHA-Test Suchtest b) FTA-Test Bestätigungstest c) VDRL-Test Verlaufs- und Aktivitätstest Th Penicillin G 1 Mega/die i.v. über 3 Wochen. Führt im Stadium II und III zur Ausheilung, im Stad. III, insbessondere bei neurologischen Symptomen ist eine Heilung manchmal nicht mehr möglich. Pro Keine Impfung, keine Medikamentenprophylaxe. Geschützter Verkehr! Malaria Def Infektionserkrankug durch sog. Protozoen (Einzeller). Malaria kommt von Mal area = schlechte Gegend Erfahrung, daß die Erkrankung v.a. in supmfigen Gegenden vorkommt. Malaria ist die häufigste Infektionserkrankung der Welt mit bis zu 500 Mio. Neuerkrankungen pro Jahr, die Zahl der (importierten) Malariafälle in Deutschland beträgt 1000/Jahr. Err Malariatyp/Erreger Inkubationszeit Fieberrhythmus Krankheitsverlauf 16-50 Tage Fieberspitze jeden 4. Tag, 2 Tage kein Fieber Keine Spontanheilung (Keime können in der Leber bleiben) 12 Tage bis mehr als 1 Jahr 1 Tag kein Fieber Definitive Spontanheilung nach max. 5 Jahren 7-30 Tage, selten mehr als 1 Jahr Unregelmäßiger Fieberrhythmus Gefährlichste Form, tödlich oder Ausheilung nach max. 18 Monaten Benigne Form (1/3 der Fälle) Malaria quartana (Plasmodium malariae) Malaria tertiana (Pl. vivax und ovale) Maligne Form (2/3 der Fälle) Malaria tropica (Plasmodium falciparum) © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001 Infektionserkrankungen Seite 24 PPh Die Plasmodien werden durch Anophelesmücken durch Stich auf den Menschen übetragen. Entsprechend ist die Ausbreituung der Malaria auf die Ausbreitung der Anophelesmücken beschränkt. In der Mücke vollzieht sich die geschlechtliche Vermehrung der Plasmodien. Im Menschen erfolgt eine ungeschlechtliche Teilung. Hierbei werden Erythrozyten befallen. Diese Platzen nach Vermehrung der Keime und die Erreger werden in die Blutbahn ausgeschwemmt. Dies geschieht nahezu synchron Fieberschub mit Schüttelfrost in regelmäßiger Wiederkehr. Letztendlich können sich die Erreger im Menschen nicht ewig halten. Ausnahme: Pl. malariae kann in Leberzellen verbleiben und ist dort für die gängigen Antibiotika nicht gut zugänglich. Sy Symptome der Malaria mögliche Fehldiagnosen Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber mit Schüttelfrost, aber: bei der Malaria tropica nur subfebrile Temperaturen! Oberbauchschmerzen, Hepatosplenomegalie, Ikterus Grippe, Erkältung Hämolytische Anämie, Leukozytopenie und Thrombozytopenie D Th Pro Hepatitis, Cholezystitis Hämolytische Anämie anderer Ursache y Dran denken. Jeder unklare fieberhafte Infekt mit einer Tropenanamnese unter 2 Jahre muß auch an Malaria denken lassen. y alle 6 Stunden sog. dickerTropfen: kein Ausstrich, sondern ein Blutstropfen, der ohne ausgestrichen zu werden eintrocknet. y Für die genaue Unterscheidung zwischen verschiedenen Plasmodien stehen mehrere Spezialverfahren zur Verfügung. Für die Therapie der Malaria stehen zahlreiche Präparate zur Verfügung. Problem der sehr raschen Resistenzentwicklung der Keime. Erstes wirkungsvolles Produkt gegen Plasmodien war Chinin. Heutzutage wird sein Abkömmling Chloroquin (Resochin) verwendet. Gegen Chloroquin gibt es schon in vielen Gebieten Resistenzen. Alternativpräparate: Lariam, Fansidar etc. Es gibt keine Impfung gegen Malaria. Hilfe bietet nur eine Prophylaxe mit Medikamenten. Diese müssen ab 1 Woche vor Urlaubsantritt bis mindestens 6 Wochen nach Urlaubsende eingenommen werden. Problem: Die zahlreichen Urlauber mit Chemoprophylaxe sorgen für eine schnelle Resistenzentwicklung der Keime. © Dr. Hendrik Bachmann, 07.12.2001