BiotechnologieWirtschaftsfaktor und Technologiemotor der nächsten Jahrzehnte Roland Benz School of Engineering and Science Jacobs University Bremen Campusring 1 28759 Bremen Biotechnologie am Zeitstrahl Pflanzenzüchtung durch Auslese ca. 3000 v. Chr. ca. 4000 v. Chr. Verwendung von Hefe für alk. Getränke 16./17. Jahrhundert Hooke und Leuwenhoek bauen erste Mikroskope und beschreiben höhere Zellen und Bakterien Edward Jenner wagt die erste Impfung (gegen Pocken) 1796 Friedrich Mischer isoliert als Erster die DNA 1868 Ochoa, Nirenberg, Mattei und Khorana entschlüsseln den genetischen Code den Begriff „Gen“ ein 1944 Avery, McLeod, McCarty entdecken 1953 die Vererbungseigenschaften der DNA 1962 Werner Arber entdeckt die Restriktionsenzyme 1966 Sanger, Maxam, Gilbert DNA-Sequenzierung Genentech Inc.: Herstellung von Somatosin Milchsäuregärungs-Bakterium 1909 Wilhelm L. Johannsen führt Alexander Flemming entdeckt das Antibiotikum Penicillin 1928 James Watson und Francis Crick veröffentlichen die Struktur der DNA 1857 Louis Pasteur entdeckt ein 1972 Paul Berg nutzt Restriktionsenzyme 1977 Erste Zulassung für ein rekombinantes Medikament 1978 Genentech Inc.: Herstellung von Insulin 1982 1983 Erstmalige Erzeugung transgener Pflanzen Alec Jeffries: Genet. Fingerabdruck 1984 Kary B. Mullis: Polymerase-Kettenreaktion 1985 1986 Erster Freilandversuch transgener Tabak Start des Human Genom Projekts 1990 Entzifferung des menschlichen Erbguts abgeschlossen 1997 Sequenzierung des Genoms von E. coli 2003 2005 Sequenzierung des Genoms der Reispflanze abgeschlossen Entzifferung des Genoms zahlreicher weiterer Organismen abgeschlossen 2014 2012 Sequenzierung des Genoms einzelner Personen praktisch und finanziell machbar 2014 Louis Pasteur Robert Koch Alexander Fleming James D. Watson and Francis Crick Arbeitsfeld Biotechnologie und Beispiele Medizin Lebensmittel Diagnostik (z. B. PCR) Medikamente (z. B. Insulin) Impfstoffe (z. B. Hepatitis-Impfstoff) Materialien für Geweberekonstruktion (z. B. biochemische Schichten) Vitamine (z. B. Vitamin C) Enzyme (z. B. Pektinasen) Aromen (z. B. Vanillin) Landwirtschaft Futterzusatzmittel (z. B. Phytase) Nachwachsende Rohstoffe (z. B. Stärke) Nahrungsmittel Haushalt Wasch- und Reinigungsmittel (z. B. Proteasen) Textilien (z. B. Cellulasen) Geruchsstoppersprays (z. B. Cyclodextrine) Industrielle Biotechnologie Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Arbeitsfeld Biotechnologie in verschiedenen Bereichen Krankenpflege Nahrungsmittel Pharmazie Haushalt Landwirtschaft Textilien Biozide Verpackungsmaterial Duftstoffe Chemische Synthesen Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Natürliche Heilmittel Arbeitsfeld Biotechnologie Gliederung der Biotechnologie Grüne Biotechnologie Einsatz in der Landwirtschaft Pflanzenbiotechnologie Rote Biotechnologie Einsatz in der Medizin und Pharmazie, Medizinische Biotechnologie Weiße Biotechnologie Einsatz in der Industrie Industrielle Biotechnologie Graue Biotechnologie Einsatz in der Abfallwirtschaft Braune Biotechnologie Technische Biotechnologie Umweltbiotechnologie Blaue Biotechnologie Biotechnologische Nutzung von Meeresressourcen Definition der Biotechnologie und Gentechnik Was ist Biotechnologie? Der interdisziplinäre* Ansatz, biologische Systeme zu erforschen und die gewonnenen Erkenntnisse praktisch anzuwenden. * Hierzu zählen die Disziplinen der klassischen und modernen Biologie, Chemie, Physik, Verfahrenstechnik, Materialwissenschaften, Informatik etc. Was ist Gentechnik? Ein Teilgebiet der Biotechnologie: alle Methoden und Verfahren zur Isolierung,Veränderung und Übertragung von Erbmaterial. Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Definition der Gentechnik Der genetische Code 4 Nukleoside 20 Aminosäuren Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Gentechnik ist möglich Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Methoden der Gentechnik: Neukombination von DNA und Transformation von Bakterien Einfügen des neuen Fragments Plasmid Einschleusen in die Wirtszelle Neu kombiniertes Plasmid DNAFragment Bakterium Genom (DNA) Genetische Grundinformation Plasmid (DNA) Genetische Zusatzinformation Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Auslese Vermehrung Klone Sicherheitsstufen für gentechnische Arbeiten Risikogruppen (WHO) Sicherheitsstufen Sicherheits- Beschreibung stufe Gentechnische Arbeiten, bei denen nach dem Stand der Wissenschaft Viren Pilze Bakterien SicherheitsStufen/ Risikogruppen Impfstämme Masernvirus Penicillium Camemberti Candida E. coli K 12 Salmonellen 1 2 HBV, HIV Pockenvirus Histoplasma – MilzbrandBakterien – 3 Zunehmendes Risiko Quelle: Fonds der Chemischen Industrie 4 S1 nicht von einem Risiko S2 von einem geringen Risiko S3 von einem mäßigen Risiko S4 von einem hohen Risiko (oder begründeten Verdacht eines hohen Risikos) für Mensch und Umwelt auszugehen ist. Arbeitsfeld Grüne Biotechnologie Die Produktivität der Landwirtschaft ist begrenzt und hält nicht Schritt mit der Entwicklung der Bevölkerung Das Potential der Produktivität der Agrarwirtschaft ist noch nicht ausgeschöpft Nat Commun. Dec 17, 2013; 4: 2918. L: linear; LUP/LLP: linear with upper/lower plateau Arbeitsfeld Grüne Biotechnologie Die Produktivität der Landwirtschaft ist begrenzt und hält nicht Schritt mit der Entwicklung der Bevölkerung Anwendungen der Pflanzenbiotechnologie Proteine für die Human- und Tiermedizin in Pflanzen „Molecular Pharming“ z. B. Enzyme für die Diagnostik, Impfstoffe, Blutproteine, therapeutische Antikörper Optimierte Nutzpflanzen für die industrielle Stoffproduktion z. B. veränderte Öl-/Fettsäurezusammensetzung, Verringerung des Ligninanteils in Holz für die Papierindustrie, Bildung von Biopolymeren oder Enzymen Verbesserte Eigenschaften von Pflanzen für den Abbau von Umweltschadstoffen in belasteten Böden Verbesserte Inhaltsstoffe in Futterpflanzen Verbesserte Inhaltsstoffe in Nahrungspflanzen z. B. leichtere Verdaubarkeit, Erhöhung des Anteils essenzieller Aminosäuren z. B. gesündere Fettsäurezusammensetzung, geringeres Allergiepotenzial Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Beispiele für Transgene Pflanzen in der Anwendung Herbizid-Resistenz Wurzelbärtigkeit bei Zuckerrüben BT-Mais Einsatz gegen Diabrotica virgifera virgifera LeConte (Western corn rootworm) und gegen Ostrinia nubilalis (Maiszünsler). Anwendung der Pflanzenbiotechnologie: Herbizidverwendung beim Zuckerrübenanbau Chemische Stärkemodifikation und Amylopektinkartoffel •Jodfärbung der Amyloplasten •Verzweigtes Amylopektin •Amylopektin •Kartoffel •Stärkemolekül (Ausschnitt) •Verzweigung •Konventionelle •Kartoffel •Verlängerung •Lineare, helikale Amylose •Jod lagert sich in „Schlaufen“ des Amylose-Moleküls ein. Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Transgene Pflanzen: Vom Labor bis zur Marktzulassung Stufen der Zulassung gentechnisch veränderter Pflanzen Steigende Zahl der zu untersuchenden Faktoren Umweltbeobachtung 10–15 Jahre Anbau begleitendes Monitoring Freisetzung begleitende Sicherheitsforschung Experimentelle Sicherheitsforschung Genehmigung Freisetzung Labor/Gewächshaus Genehmigung Inverkehrbringen Freilandversuche Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Ende der befristeten Anbaugenehmigungen Landwirtschaftlicher Anbau Zeit Anwendungen der Pflanzenbiotechnologie: Pflanzenzellkulturen NACHHALTIGE AGRARPRODUKTION MIT HILFE DER BIOTECHNOLOGIE >> Der Bedarf an Nahrungsmitteln wird in Zukunft stark steigen, ohne dass eine entsprechende Ausweitung landwirtschaftlicher Nutzfläche möglich ist. Zur Lösung der daraus resultierenden sozialen und ökonomischen Probleme bedarf es neuer, umweltfreundlicher und nachhaltiger Lösungen. >> Biotechnologische Ansätze zur Ertragssteigerung durch die Entwicklung optimal angepasster Pflanzen und biologisch abbaubarer Pflanzenschutzmittel unterstützen die Lösung des Versorgungsproblems. >> Maßgeschneiderte Futtermitteladditive auf biotechnologischer Basis in landwirtschaftlicher Tierhaltung und Aquakultur verbessern die Nachhaltigkeit der Erzeugung tierischer Nahrung. >> Alternative Nahrungsquellen wie Mikroorganismen, Insekten und Algen eröffnen interessante Perspektiven für die zukünftige Bereitstellung von bezahlbarer Nahrung und „Functional Food“. Quelle: DECHEMA e.V. Rote Biotechnologie: Biofabrik Zelle Polysomen Fertigung Mitochondrium Kraftwerk Endoplasmatisches Reticulum Werksstraße Vesikel Vorratsbehälter Zellkern Management Pore Werkstor Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Vergleich Prokaryoten/Eukaryoten Bakterienzelle Zellwand Plasmamembran Ribosom Polysom Cytoplasma Tierzelle Plasmamembran Ribosom Polysom Cytoplasma Mitochondrium Golgiapparat endoplasmatisches Reticulum Kernmembran Zellkern Nucleolus Genom Plasmid 1 µm die Zellen im Größenvergleich Quelle: Fonds der Chemischen Industrie 10 µm Schritte vom Isolat zum Produktionsstamm (rote/weiße Biotechnologie) Mutation Fusion Vorrat an 1011 Genen (biologische Vielfalt) Neukombination mit einem Vektor Chemikalien oder Strahlen Basenaustausch Neukombination Chromosomenkombination Selektion auf gewünschte Eigenschaften Überproduzent Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Zusatzgene Arbeitsfeld Rote Biotechnologie: Beispiel Antibiotikaforschung Phasen der Impfstoffentwicklung Grundlagenforschung und Entwicklung (2 bis 4 Jahre) Klinische Prüfung in drei Phasen (5 bis 7 Jahre) Identifikation der Substanz als geeigneter Wirkstoffkandidat Sicherheit Präklinik Testsysteme, Versuche an Labortieren Phase I <100 freiwillige Teilnehmer Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Sicherheit und Immunantwort Phase II >100 freiwillige Teilnehmer Behördliche Registrierung und Zulassung (1,5 Jahre) Sicherheit, Immunantwort und Wirksamkeit Phase III >1.000 freiwillige Teilnehmer Die wichtigsten rekombinanten Medikamente Substanz Anwendung Proteinwirkstoffe Substanz Anwendung Therapeutische Antikörper Erythropoietin Anämie (Blutarmut) Basiliximab Verhinderung der Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen Faktor VIII Hämophilie (Bluterkrankheit) Gewebeplasminogenaktivator (tPA) Blutgerinnsel bei Herzinfarkt Infliximab Morbus Crohn Rituximab Non-Hodgkin-Lymphom Humaninsulin Diabetes mellitus Typ I Trastuzumab Brustkrebs Interferon alpha Viruserkrankungen, Tumortherapie Kolonien stimulierender Faktor für Granulozyten (G-CSF) Leukämie, Krebsbehandlung Substanz Anwendung Interferon beta 1a,b Multiple Sklerose Hepatitis-B-Antigen Vorbeugung gegen Hepatitis Somatotropin Hormonell bedingter Kleinwuchs Diphterietoxin Vorbeugung von Lungeninfektionen bei Kindern Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Impfstoffe Vorteile rekombinanter Medikamente Neue Behandlungsstrategien (z. B. monoklonale Antikörper) Bessere Verfügbarkeit (z. B. Erythropoietin) Vermindertes Infektionsrisiko (z. B. Faktor VIII) Höhere Wirksamkeit und geringere Nebenwirkungen (z. B. Gewebe-Plasminogenaktivator) Umweltverträgliche und wirtschaftliche Produktion (z. B. Insulin) Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Struktur und Wirkung von gentechnisch verändertem t-PA NH2 NH2 COOH COOH Gewebe-Plasminogenaktivator Rekombinanter Gewebe-Plasminogenaktivator • Wirkstoff löst Blutgerinnsel auf, Verabreichung bei akutem Herzinfarkt • Bessere Wirkung bei geringeren Konzentrationen • Kurze Verabreichungsdauer bei längerer Verweilzeit im Körper Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Struktur und Wirkung von Trastuzumab Normale Zelle Tumorzelle Molekülmodell von Trastuzumab (ein monoklonaler Antikörper) HER2-Gen Genamplifikation Überexpression HER2-Protein des HER2-Gens (10- bis 100fach) Zelloberfläche mit extrazellulären Regionen des HER2-Proteins Quelle: Roche Trastuzumab • Hemmung der Zellteilung bindet selektiv an die extrazelluläre Region des HER2-Proteins • Zerstörung der Krebszelle durch das Immunsystem Immunologischer Nachweis des Vogelgrippe-Erregers H5N1 ELISA (Enzyme Linked Immuno-Sorbent Assay) Zugabe der zu untersuchenden Probe Mikrotiterplatte (beschichtet mit anti-H5N1-Antikörper) Bindung des Virusproteins an den oberflächengebundenen Antikörper 1 Waschen Entfernen ungebundener Proteine Zugabe eines enzymgekoppelten Anti-H5N1Antikörpers 2 Bindung des Antikörpers 2 an das H5N1-Protein, anschließend 1 x Waschen Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Zugabe von Farbreagenz (farblos) Farbreaktion durch Enzym am zweiten Antikörper Aufbau und Wirkung von Neuraminidasehemmern Grippevirus 1. Grippeviren gelangen in die Atemwege. 2. Sie heften sich mit Hilfe des Hämagglutinins an die Schleimhautzellen an und dringen in diese ein. Hämagglutinin 3. Die Viren nützen die Zellen zur Vermehrung. 4. Der Neraminidasehemmer blockiert die Neuraminidase, die das Ablösen des Virus von der Zelle ermöglicht. Neuraminidase Schleimhautzelle Neuraminidasehemmer Aufbau eines Neuraminidasehemmers Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Genomprojekte: Einzelschritte und Erkenntnisse Forschungsgegenstand Genome von Viren, Bakterien, Pilzen, Tieren und Pflanzen • Bestimmung der Gesamtsequenz (Basenfolge) • Lokalisierung der Genorte • Erforschung der Genfunktionen Entzifferung der Basenabfolge eines Chromosoms Chromosomen vereinzeln Schneiden in große Fragmente A1 A2 Schneiden in mittlere Fragmente B1 B2 Erkenntnisse und Auswirkungen Mittelgroßes Fragment kopieren A1 A2 Verständnis von Erkrankungen des Menschen • Entwicklung neuer Ansätze in Vorbeugung, Diagnostik und Therapie Fragmente der Serie A und B überlappen sich. Verständnis von Krankheitserregern • Entwicklung neuer Abwehrstrategien Fragmentsammlungen A und B getrennt verwalten in „DNA-Bibliotheken“ a b d e B1 Verständnis von evolutionsbiologischen Zusammenhängen • Fortschritte in der Grundlagenforschung Kopie 1 an „A“ in kleinere Fragmente schneiden Kopie 2 an „B“ in kleinere Fragmente schneiden f B2 b a Verständnis von Wild- und Kulturpflanzen • Umsetzung der Erkenntnisse in die Pflanzenzüchtung c c Bibliothek „A“ e d Bibliothek „B“ f Die Basenabfolge eines Fragments aus einer Bibliothek wird bestimmt und damit der überlappende Partner in der zweiten Bibliothek gesucht u. s. w. GGGGTTAATT a b ATTTGCCCGCGCGCGTTTAATTTAA e f TTTAATTTAAGCGATGGATGGGGTT Quelle: Fonds der Chemischen Industrie c BIOTECHNOLOGIE UND GESUNDHEIT (1) >> Die Herausforderungen durch Infektionskrankheiten, Krebs, degenerative Erkrankungen, Immundysfunktionen, metabolische und psychische Störungen sind vielfältig, komplex und erfordern eine breit angelegte, intensive biotechnologisch-medizinische Forschung. >> Der Wandel der Medizin zu einer nachhaltigen, d.h. eher präventiven Personalisierten Medizin, die eine möglichst lange gesunde Lebensspanne zum Ziel hat, wird das jetzige Gesundheitssystem grundlegend verändern. >> Die Medizin wird zu einer quantitativen Disziplin, Computermodelle werden wichtige Werkzeuge der biomedizinischen Grundlagenforschung, Therapie und Arzneimittelentwicklung werden. >> Die Biotechnologie wird wesentlich dazu beitragen, Prinzipien der Bioökonomie im Gesundheitswesen umzusetzen. Sie wird noch intensiver mit angrenzenden Disziplinen zusammenwirken müssen Quelle: DECHEMA e.V. BIOTECHNOLOGIE UND GESUNDHEIT (2) >> Die Biotechnologie wird wesentliche, auch ökonomisch bedeutsame Beiträge leisten, etwa durch die Bereitstellung komplexer Biomarker, durch die effizientere Synthese von Pharmazeutika oder durch die systembiologische Aufklärung komplexer Krankheitsmechanismen. >> Die Synthetische Biologie wird in allen Bereichen wichtig werden. Sie kann neuartige therapeutische Ansätze etwa in der Gen- und Zelltherapie hervorbringen, neue Therapeutika gegen Infektionskrankheiten liefern und effiziente Produktionsverfahren ermöglichen. Das Potential ist nicht einmal ansatzweise abschätzbar. >> Die Biotechnologie ist ein zugkräftiger Fortschrittsmotor für die Medizin. Medikamente aus der biotechnologischen Forschung haben lebensbedrohliche Krankheiten therapierbar, manche sogar heilbar werden lassen. Die weltweiten Umsätze erreichen dreistellige Milliardenbeträge. Volkswirtschaftliche Einsparungen durch verkürzte Krankheitsverläufe hinzugerechnet, ist die moderne Biomedizin schon jetzt das Musterbeispiel der "Bioökonomie". Quelle: DECHEMA e.V. Weiße Biotechnologie: Rührkesselfermenter und Festbettreaktor Festbettreaktor Rührkesselfermenter Sterile Nährlösung Rührwerk L-Produkt D-Substrat Abluft Sterilfilter Enzym Dampf (Sterilisation) TemperaturRegelung Polarimeter pHRegelung Wärmetauscher Hohlfasermodul Heiz-/ Kühlwasser D,L-Substrat Heiz-/ Kühlwasser Sterile Luft Prozessrechner Sterilfilter Signalleitung L-Aminosäure-Acylase N-Acetyl-D,L-Methionin Quelle: Fonds der Chemischen Industrie L-Methionin + N-Acetyl-D-Methionin + Acetat Weiße Biotechnologie: Rührkesselfermenter Weiße Biotechnologie: Fermentationsverfahren in der Übersicht Kolonie Stammkultur Schüttelkultur Rührkultur Vorfermenter Produktionsfermenter Oberflächenverfahren Submers-Verfahren Kontinuierlicher Betrieb Diskontinuierlicher Betrieb Aufguss-Verfahren 30–60 % frisches Medium Nährmedien 1x 30–60 % verbrauchtes Medium Verbrauchtes Medium Mikroorganismen Produkt Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Weiße Biotechnologie: Prozess des Bierbrauens Gerste und Wasser quellen in Wasser keimen lassen erhitzen 85–100 °C, Ende der Keimung zermahlen maischen, vermischen mit heißem Wasser 1 Liter Bier Trennung fester und flüssiger Bestandteile Zugabe von Hopfen hergestellt aus: - 1,3 g Hopfen - 1,3 l Brauwasser - 180 g Braugerste - ca. 10 Milliarden Hefezellen kochen der flüssigen Würze Jede Hefezelle enthält 16 Chromosomen und ca. 6.000–8.000 Gene Zugabe von Hefe abfüllen lagern Überschüssige Hefe (Nahrungsmittel) Quelle: Fonds der Chemischen Industrie vergären von Zucker zu Alkohol Sud abkühlen abfangen der Hopfendolden Weiße Biotechnologie: Niedermolekulare Produkte der Biotechnologie (Beispiele) Stoffgruppe Chemikalie Vitamine Vitamin B12 (Cyanocobalamin) Vitamin C (Ascorbinsäure) Aminosäuren L-Glutaminsäure L-Lysin Carbonsäuren Zitronensäure Milchsäure Gluconsäure Alkohole Quelle: DECHEMA e.V. Bioethanol Weiße Biotechnologie: Die Verfahren der Vitamin-B2-Synthese •Klassische Methode: •Chemischer Prozess Glukose •Moderne Methode: •Biotechnologischer Prozess Biomasse K-Arabonat Ribonolacton Ca-Arabonat Ribose Ca-Ribonat Ribitylxylidin Vitamin B2 Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Vitamin B2 • Vorteile • Deutlich gesteigerte Produktionsmenge • 40 % weniger Produktionskosten • 30 % weniger CO2Ausstoß • 60 % weniger Rohstoffverbrauch • 95 % weniger Abfallprodukte Weiße Biotechnologie: Anwendungen mikrobieller Polymere Polymeranreicherung Polymer-Granula Polymer-Moleküle in Form von Körnchen (Granula) Medizin Biologisch resorbierbares Nahtmaterial Bakterien Landwirtschaft Mulchfolien isolieren reinigen Gebrauchsgüter Kompostierbare Tragetüten Automobil Elektro Bauwesen Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Weiße Biotechnologie: Enzyme in der Lebensmittelherstellung Biotechnologisch hergestellte Enzyme (Beispiele) Enzym Wirkung Anwendung β-Galactosidase Wandelt den Zucker Lactose in Lactulose um Zuckerspezialitäten für den Pharma-, Lebensmittel- und Tierfuttersektor Aminopeptidasen Spalten einzelne Aminosäuren von bestimmten Proteinen ab Änderung des Aromaprofils von Käse, Fleisch und Gewürzen Cellulasen Spalten das pflanzliche Polysaccharid Zellulose Getränke- und Spirituosenherstellung (z. B. Herauslösen von Gerbsäure aus Traubenschalen) Glucose-Isomerase Wandelt Traubenzucker (Glukose) in Fruchtzucker (Fruktose) um Herstellung von Fruktosesirup als Süßmittel für Limonade und Colagetränke Hexoseoxydase (HOX) Wandelt eine Vielzahl von Zuckern (z. B. D-Glukose, D-Galaktose Maltose, Laktose) in Laktone und Wasserstoffperoxid um z. B. Backindustrie (Steigerung der Teigstabilität, Volumenvergrößerung bei Brot) Amylasen Spaltung des pflanzlichen Polysaccharids Stärke Gegen Flecken von Kartoffelbrei, Schokolade oder Pudding, Herstellung von Glukose-Sirup Pektinesterasen Spalten eine bestimmte Bindung in der pflanzlichen Gerüstsubstanz Pektin z. B. in der Saftherstellung zur Entfernung von Trübstoffen oder zur Erhöhung der Saftausbeute Quelle: Fonds der Chemischen Industrie Weiße Biotechnologie: Industrielle Nutzung nachwachsender Rohstoffe >> Neuartige Reaktorkonzepte wie z.B. Biofilmreaktoren, eine durch Miniaturisierung und Parallelisierung beschleunigte Prozessentwicklung und die integrierte interdisziplinäre Entwicklung von Biokatalysatoren, Reaktionstechnik und Produktaufarbeitung werden maßgeblich zum Erfolg biotechnologischer Konzepte in der Bioökonomie beitragen. >> Für eine zukünftige biobasierte Wirtschaft (Bioökonomie) müssen die Methoden und Technologien der industriellen Biotechnologie unter Berücksichtigung von ökologischen und ökonomischen Faktoren konsequent weiterentwickelt und in bestehende Produktionsverfahren integriert werden. Quelle: DECHEMA e.V. Graue Biotechnologie: Prinzipien der Abwasserreinigung Biologische Stufe der Kläranlage Bremen-Seehausen (1.000.000 EW) Graue Biotechnologie: Prinzipien der Abwasserreinigung Kläranlage Bremen-Farge (160.000 Einwohnergleichwerte (EW)) Graue Biotechnologie: Prinzipien der Abwasserreinigung: Biologische Stufe Belüftetes Klärbecken (biologische Stufe) Graue Biotechnologie: Prinzipien der Abwasserreinigung: Nachklärbecken Graue Biotechnologie: Anaerobe Fermentation von Klärschlamm in Bremen-Seehausen zur Gewinnung von Biogas Faultürme für die anaerobe Fermentation von Primär- und Sekundärschlamm in Bremen-Seehausen (Gesamtvolumen 32.000 m3). Graue Biotechnologie: Anaerobe Fermentation von Biomasse und Fakalien zur Gewinnung von Biogas Beispiel für eine ländliche Biogasanlage auf einem Bauernhof Graue Biotechnologie: Gewinnung von Bioäthanol aus Biomasse (Zuckerrohr, Mais, Weizen, Reis) Bioäthanol Anlage in Burlington, Iowa Graue Biotechnologie: Gewinnung von Bioäthanol aus Biomasse (Zuckerrohr) Bioäthanol Anlage in Sertãozinho , Brasilien ENERGIETRÄGER AUS BIOMASSE >> Die energetische Biomassenutzung spielt bereits heute eine wichtige Rolle im Zusammenspiel mit anderen regenerativen Energiequellen. Die Biomasse-basierte Energieproduktion kann bedarfsgerecht liefern, sie kann durch die Integration in regionale, geschlossene Kreisläufe ausgesprochen nachhaltig Gestaltet werden und stellt einen ökologisch wie ökonomisch wertvollen Faktor im Energiemix dar. >> Zur technologischen Weiterentwicklung der Herstellung von BioEnergieträgern bedarf es fachlich fundierter, regionalspezifischer Studien, die bisher nicht in ausreichender Qualität vorhanden sind. >> Die Prozesse verlangen nach innovativer Stamm- und Prozessentwicklung, um ökonomische und ökologische Vorgaben einzuhalten. Die verwendeten Mikroorganismen dürfen keine Bedenken hinsichtlich einer unkontrollierten Verbreitung in der Umwelt hervorrufen, die Prozesse müssen hinsichtlich der Substratnutzung flexibel und besser steuerbar sein. Quelle: DECHEMA e. V. Marine (Blaue) Biotechnologie Innovationen aus dem Meer Definition: „die Anwendung von Wissenschaft und Technik auf lebende Meeres-Organismen, Teile von ihnen, ihre Produkte oder Modelle von ihnen zwecks Veränderung von lebender oder nicht-lebender Materie, zur Erweiterung des Wissens, zur Herstellung von Gütern, und zur Bereitstellung von Dienstleistungen" Quelle: OECD Produkte Umsatz weltweit > 4 Milliarden US$ Medikamente Werkzeuge für die Forschung Lebensmittel / Moderne Aquakultur Kosmetik Bio-Kraftstoffe? Medikamente Aintivirale Verbindung Acyclovir aus dem Schwamm Cryptothetya crypta Quelle: Gerd Klöck, HS-Bremen Werkzeuge für die Forschung DNA Polymerasen für die PCR (PFU aus Pyrococcus furiosis) Quelle: Gerd Klöck, HS-Bremen Lebensmittel / Moderne Aquakultur Impfstoffe für Zuchtlachse ersetzen Antibiotika Kosmetik Resilience(c), Estee Lauder Extrakt aus der Koralle Pseudopterogorgia elisabethae 30 ml kosten 68 € Quelle: Gerd Klöck, HS-Bremen Weitere Anwendungen der marinen (Blauen) Biotechnologie Antibiotika Virostatika z. B. Wirkstoffe aus Cyanobakterium z. B. Herpesmittel aus Schwämmen Lyngbya majuscula Krebsmedikamente Lebensmittelzusatzstoffe z. B. Leukämie-Wirkstoff aus dem Mittelmeerschwamm z. B. -Carotin aus der australischen Meeresalge Ircinia fasciculata Dunaliella salina Zusatzstoffe für Kosmetika Robuste Industrie-Enzyme z. B. Schwamm-Collagen z. B. aus „hitzeliebenden“ (thermophilen) Bakterien Quelle: Fonds der Chemischen Industrie NEUE TECHNOLOGIEN IN DER BIOTECHNOLOGIE >> Die Biotechnologie wandelt sich zu einer Ingenieurdisziplin, die in der Lage ist, biologische Produktionssysteme gezielt zu konstruieren und maßgeschneiderte Produkte und Therapeutika herzustellen. >> Grundlage dafür sind die erstaunlichen Möglichkeiten der Bioanalytik und Molekularbiologie, welche wiederum den immensen Fortschritten der Computer- Mikrosystem- und Sensortechnologie zu verdanken sind. >> Neue Erkenntnisse bedürfen zunehmend der Analyse gewaltiger Datenmengen. >> Die DNA-Synthese wird zur entscheidenden Triebkraft hinter der Synthetischen Biologie und ihren vielen möglichen Anwendungen. Das Potential ist kaum abschätzbar. Quelle: DECHEMA e.V.