Bericht_Mitteilungen_6. Kunstkolloquium

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6. Kunstkolloquium
Kunst und Kunstförderung
Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland
Das Kolloquium Kunst und Kunstförderung in Berlin, welches durch Birgit Ebel und Susanne Lin
organisiert wird und zweimal im Jahr stattfindet, bringt in verschiedenen Künsten Tätige, die
ästhetische Fragen im Kontext der Anthroposophie bewegen, in einen Dialog.
Zu dem letzten Kolloquium im April 2012 wurde Wolf-Ulrich Klünker und Enno Schmidt eingeladen.
Es waren mehr als 50 Künstler aus verschiedenen Sparten versammelt.
Speziell Berlin bietet für Fragen zur Kunst ein anziehendes und geeignetes Milieu, um diese Initiative
Kunst und Kunstförderung zu unterstützen. Das große Interesse und die kraftvolle Präsenz eines
Netzwerkes von Künstlern, die einen spirituellen Ansatz in der Kunst suchen, war schon im Vorfeld
der Veranstaltung zu spüren. Eine sehr dichte Atmosphäre und ein intensives Potenzial an
Erfahrungen im Umgang mit Kunst war im Raum durch die aus allen Gegenden Deutschlands
Angereisten für mich wahrnehmbar.
Während Wolf-Ulrich Klünker versuchte radikal aus einer zukünftigen Gestalt der Anthroposophie
einen Ansatz zur Gedankenkunst zu entwickeln, fiel Enno Schmidt die Aufgabe zu, über 50 Künstler
in einen sozial-künstlerischen Gesprächsprozess einzubinden. Durch kritische Nachfragen versuchte er
hierbei die umfassenden Dimensionen der dargestellten Thesen des Referenten in einem Dialog mit
dem Publikum zu bewegen und transparent zu machen. Dem von Wolf-Ulrich Klünker betonten hinter
dem Denken liegenden Empfinden, welches aus einer Zukunftsgestalt der Anthroposophie zu
schöpfen vermag, liegt eine Perspektive zu Grunde, die das alltägliche Denken in eine imaginative,
inspirative und intuitive Erkenntnisfähigkeit zu erweitern vermag. Diese in der Zukunft sich
entwickelnden Erkenntnisfähigkeiten des Menschen sind von der Signatur der Schwelle gezeichnet.
Ein Schwellenübertritt ist der Erfahrung vieler Künstler im Grunde durch ihre Tätigkeit vertraut. Die
höheren Erkenntnisfähigkeiten innerhalb künstlerischen Schaffens bilden - wenn auch meist
unbewusst - die Quelle des Arbeitens. Der schwer fassbare Unterschied zwischen dem leibgebundenen
der künstlerischen Phantasie und einer leibfreien Erkenntnis besteht dabei weiterhin als leitende
Fragestellung.1 Beide Tätigkeiten des Menschen nähern sich der gleichen Schwelle der
Geistesgegenwart von verschiedenen Seiten.
Die Wirklichkeit der Schwelle, wie sie in vielen gegenwärtigen künstlerischen und
kulturwissenschaftlichen Produktionen bearbeitet wird, ist inzwischen mehr oder weniger bewusst in
unterschiedlichen Erlebniswelten der Menschen tief verwurzelt. Die Schwelle als ein performativ
liminales Geschehen im künstlerischen Schaffen oder in der ästhetischen Erfahrung ist ein zentrales
Gebiet der Anthroposophie. Wie finden die Erfahrungen im Umgang mit den Phänomenen an der
Schwelle - wie sie von Rudolf Steiner schon am Anfang des 20. Jahrhunderts in den Mysteriendramen
und der Eurythmie gestaltet worden sind - heute einen zeitgemäßen Ausdruck in lebendiger Erkenntnis
und künstlerischer Tätigkeit im Kulturleben der Gegenwart? Die „Apokalypse des Ich“ in diesem
Schwellenbezirk der Erfahrung ist der steinige Boden, um Neuland zu gewinnen.
Bereits zum 5. Kunstkolloquium war eine für dieses Forum entwickelte Zeitschrift ‚Ousia’ entstanden.
Sie versucht eine Plattform für ein Netzwerk zwischen den Künsten anzuregen.
Sowohl die Betrachtung zur Installation von Beuys über: „Ein Monument der Zukunft“ im Hamburger
Bahnhof, als auch das Thema der Körperinszenierung zu Propagandazwecken während der Zeit des
Nationalsozialismus, waren Themen, die während der vergangenen Kolloquien behandelt worden sind.
Unter dem Titel ‚Ousia’ - oder lateinisch Substanz sind Essays vereint - die Felder ästhetischer
Erfahrung thematisieren. Es wird in den Beiträgen nach einem experimentellen Ansatz für eine
zeitgemäße Kunsterkenntnis gesucht.
Der Ousia- oder Substanz-Begriff bildet die Grundlage europäischer Philosophie. Für die im Herbst
2012 erscheinende zweite Ausgabe wird der Begriff der Substanz dekonstruiert und kritisch in einer
interkulturellen Perspektive hinterfragt.
Es handelt sich um keinen rein philosophischen Ansatz. Vielmehr geht es bei der Konzeption der
1
Rudolf
Steiner,
Kunst
und
Kunsterkenntnis.
S.
Plattform eher um eine spielerische Versuchsanordnung von unterschiedlichen Zugangsweisen, die
sich widersprechend oder ergänzend Differenzen und Rhizome schaffen.
Die Frage nach einer Kunstforschung als ästhetischer Wissenschaft steht im Vordergrund. Neben der
Erkenntnisarbeit zur Ästhetik wird konkret eine künstlerische Kooperation zwischen den beteiligten
Künstlern angestrebt.
Die verschollene Poetik des Aristoteles wurde durch Jobst Langhans in einem Kolloquium anhand
eines Textes von Joachim Daniel 2010 mit den Anwesenden bearbeitet. Hierbei stand im Mittelpunkt
die Frage nach der Phantasie, als die künstlerische Imaginationskraft im ästhetischen Denken.
‚Ousia 2’ geht diesen Fragen zur ästhetischen Forschung weiter nach. Wolf-Ulrich Klünker und Enno
Schmidt werden in zwei Beiträgen ihre Motive für das letzte Kunstkolloquium charakterisieren.
Auch Beiträge einzelner Teilnehmer des Kolloquiums werden mit aufgenommen.
Des Weiteren wird die Eurythmie im Kontext des Kulturlebens zur Zeit Ihres Entstehens untersucht.
Hans Paul Fichter rezensiert hierfür das noch nicht erschienene Buch des schwedischen Eurythmisten
und Choreografen Hans Fors zur Eurythmie- und Tanzgeschichte. Leonore Welzin berücksichtigt in
ihrem Beitrag stärker interkulturelle Fragen zur Tanzgeschichte. Ihre längjährigen
kulturwissenschaftlichen Forschungen zur Tanztration zeigen eine Perspektive zwischen östlichen und
westlichen Bewegungstraditionen. Da Leonore Welzin die Butho-Traditionen Japans aus eigener
Erfahrung kennt, wird der Ich- und Substanz Begriff im Hinblick auf das leiblich körperliche Sein des
Menschen in besonderer Weise aus einer buddhistisch spirituellen Sicht befragt.
Andreas Laudert schreibt einen Beitrag zum Vergleich des Brecht'schen Epischen Theaters mit
Steiners Mysteriendramen-Ansatz.
Für die Umsetzung in konkrete künstlerische Initiativen werden zur Zeit verschiedene Produktionen
angedacht, die in Berlin im Rahmen einer größeren Ausstellung von Bildender Kunst und Installation
in einer Uraufführung gezeigt werden sollen. Die Verknüpfungen der verschiedenen Künste sind dabei
ein Leitfaden.
Eine wichtige Arbeit betrifft dabei die Suche, wie dieser Impuls durch einen adäquaten Geldstrom
gefördert werden kann, um die Kunst geistig, seelisch und materiell zu realisieren. Ohne eine
angemessene ökonomische Förderung kann das Initiationsprinzip nicht in das Zivilisationsprinzip
hinein, wie es Jörgen Smit einmal ausdrückte. Wie kann dabei ein Geldstrom brüderlich einem
kulturellen Fortschritt dienen. Die Kunst ist die Brücke, auf der zukünftige Ansätze einer spirituellen
Kultur sich im Wesen der Freiheit äußern können.
„Mitten im furchtbaren Reich der Kräfte und mitten im heiligen Reich der Gesetze baut der
ästhetische Bildungstrieb unvermerkt an einem dritten, fröhlichen Reiche des Spiels und des Scheins,
worin er dem Menschen die Fesseln aller Verhältnisse abnimmt und ihn von allem, was Zwang heißt,
sowohl im Physischen als im Moralischen entbindet.“ Friedrich Schiller, Über die ästhetische
Erziehung des Menschen.
Henning Hauke
Der Bereich der Geldströme ist innerhalb des gesamtkünstlerischen Prozesses zu sehen. Ein sich
gegenseitig stützendes Geschehen bildet die Grundlage, dass Wirklichkeitsbegegnung und Zukunft
entstehen kann. Dabei geht es auch um die Finanzierung der angesprochenen Projekte.
Ein Jeder, der an diesen Entwicklungen und Projekten in finanzieller Hinsicht mitarbeiten möchte,
kann sich mit Birgit Ebel und Henning Hauke in Verbindung setzen.
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Susanne Lin
Kunst und Kunstförderung
Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland
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[email protected]
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