Wirksamere Krebsbehandlung durch Immuntherapie

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Wirksamere Krebsbehandlung durch Immuntherapie
Seit Kurzem zur Verfügung stehende Medikamente zur Immuntherapie bestimmter
Krebsformen könnten eine höhere Wirksamkeit als andere moderne Therapien gegen
bösartige Erkrankungen besitzen. Es geht um
das Herstellen eines Gleichgewichts zwischen
den körpereigenen Abwehrkräften und dem
Tumorwachstum, erläuterten Experten des
Comprehensive Cancer Center (CCC) von
AKH und MedUni Wien.
CCC-Koordinator Zielinski meinte zu den
neuen Entwicklungen: „Es gibt seit drei bis
vier Jahren eine explosionsartige Vermehrung des Wissens über die Möglichkeiten zur
Herstellung eines Gleichgewichts zwischen
Abwehr und Wachstum eines Tumors. Man
hat verstanden, dass Tumore in der Lage sind,
die immunologische Abwehr gegen sie selbst
zu unterdrücken.“
Die bösartigen Zellen benutzen dazu Proteine
an ihrer Zelloberfläche, welche zielgenau
an Rezeptoren der Abwehrzellen – den TLymphozyten – binden. Solche Rezeptoren
sind beispielsweise CTLA-4 (Cytotoxic TLymphocyte Antigen 4) und PD-1 (Program-
med Cell Death 1). Diese Rezeptoren haben
normalerweise die Aufgabe, eine überschießende Immunreaktion über das Bremsen
der Aktivität der T-Zellen zu hemmen. Bei
Krebserkrankungen aber kippt diese von den
Tumorzellen verursachte Wirkung ins Negative. Seit Kurzem zugelassene monoklonale
Antikörper wie Ipilimumab (CTLA-4-Blocker) oder Nivolumab und Pembrolizumab
(PD-1-Blocker) verhindern das und befeuern
damit die Aktivität des Immunsystems gegen
die Krebserkrankung.
„Die Wirksamkeit ist beim metastasierten
Melanom um vieles besser als die Chemotherapie. Nach zwei bis drei Jahren leben
noch ungefähr 50 Prozent der Patienten“,
sagte Zielinski zum Effekt von Ipilimumab.
Bis zur Entwicklung dieses Arzneimittels hat
die durchschnittliche Lebenserwartung von
Melanomkranken mit fortgeschrittener, metastasierter Erkrankung in etwa sechs Monate
betragen. Ein Problem liegt allerdings darin,
dass CTLA-4-Hemmstoffe das Immunsystem
generell anheizen, was zu deutlichen Nebenwirkungen führen kann.
Die gegen PD-1 gerichteten monoklonalen
Antikörper verhindern hingegen direkt den
für die Unterdrückung der Funktion der
T-Zellen notwendigen Kontakt zwischen
Tumor- und Abwehrzellen. Der Effekt ist
damit stärker fokussiert, und dies bei weniger
Nebenwirkungen. Zum Teil erstaunliche Behandlungserfolge wurden hier bei bestimmen
Formen von Lungenkrebs, beim Nierenzellund beim sogenannten Triple-Negativen
Mammakarzinom, für das es bisher keine
Alternative zur traditionellen Chemotherapie
bei den Medikamenten gab, erzielt.  APA
Eine neue und von der entsprechenden europäischen Fachgesellschaft als Exzellenzzentrum zertifizierte Expertengruppe im Wiener
AKH soll speziell Patienten mit bestimmten
seltenen Tumorerkrankungen helfen. Es
geht dabei um sogenannte neuroendokrine
Tumore (NET), die
heterogen sind und
oft erst spät diagnostiziert werden.
Bei der Arbeitsgruppe
handelt es sich um
eine neue „Unit“ des
Comprehensive Cancer Center (CCC) von
AKH und MedUni
Wien. CCC-NET ist
das Exzellenzzentrum
für Forschung, Diagnose und Therapie rund
um neuroendokrine Tumore.
NET sind an sich seltene Krankheiten.
„Statistisch erkranken in Österreich 2,39
Menschen pro 100.000 Einwohner und Jahr
an diesen teilweise bösartig verlaufenden
Tumorerleiden. Zumeist entstehen sie im
Magen-Darmtrakt, in der Bauchspeichel30 doktor in wien 07_08_2015
drüse und in der Lunge“, sagte der Organisator von CCC-NET, der Chirurg Bruno
Niederle, der sich die Leitungsfunktion mit
dem Onkologen Markus Raderer teilt.
Das Problem liegt darin, dass die Diagnose
oft erst recht spät erfolgt. Häufig handelt es
sich um Zufalls­
befunde im Rahmen
von bildgebenden
Untersuchungen
oder bei RoutineMagen-Darmspiegelungen. Bei unklaren Symptomen
ist ein neuroendokriner Tumor oft
buchstäblich erst
das letzte, woran
Ärztinnen und Ärzte wirklich denken.
„Wenn ein solcher Tumor ständig Insulin
produziert und der Betroffene dauernd zu
geringe Blutzuckerwerte hat, wird noch eher
Verdacht geschöpft, bei anderen Symptomen
ist das oft nicht der Fall“, betonte Niederle.
Gerade deshalb kommt es auf die Bildung
solcher Expertengruppen an.
In der CCC-NET-Gruppe arbeiten Chirurgen, Endokrinologen, Gastroenterologen,
Onkologen, Nuklearmediziner, Radiologen
und Strahlentherapeuten der Wiener Universitätskliniken zusammen. Das entspricht
dem sehr diversen Bild der verschiedenen
Erkrankungsformen. Gleichzeitig soll die
Zentrumsbildung eben die notwendige
Expertise auch bei solchen seltenen Erkrankungen zusammenfassen und garantieren.
Darüber hinaus geht es um die internationale Zusammenarbeit. Niederle: „Wir sind das
erste und einzige Exzellenzzentrum in Österreich, das von der europäischen Fachgesellschaft ENETS (European Neuroendocrine
Tumor Society, Anm.) als solches zertifiziert
worden ist.“
Auf europäischer Ebene geht es um die Mitarbeit an der Formulierung von Diagnoseund Behandlungsempfehlungen sowie um
die Durchführung von klinischen Studien
innerhalb dieses Netzwerks. Gerade bei
seltenen Erkrankungen können oft nur über
die Teilnahme vieler Zentren schnell und
statistisch signifikant neue Ansätze geprüft
werden.  APA / New England Journal of Medicine
Fotos: georgemuresan/iStock, vitanovski/iStock
Seltene Tumore: Neues Exzellenzzentrum in Wien
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