Fact Sheet: Bipolare Störungen Was sind Bipolare Störungen? Die Bipolare Störung (auch unter der Bezeichnung manisch-depressive Erkrankung bekannt) ist i.d.R. eine chronische, episodische Erkrankung. Sie trägt ihren Namen aufgrund der Stimmungswechsel zwischen Manien (Episoden gesteigerter Stimmung, starker Irritabilität, mit einem verringerten Schlafbedürfnis sowie einem hohen Maß an Energie) und Depressionen (Episoden mit überdurchschnittlich gedrückter Stimmung, Antriebslosigkeit und häufig auch Suizidgedanken) unter der die Betroffenen leiden.1 Bipolare Störungen sind u.a gekennzeichnet durch manische (nicht nur hypomane) oder gemischte Episoden. Diese können unterschiedlich lange andauern oder durch eine so gravierende manische Symptomatik hervortreten, dass eine sofortige stationäre Behandlung erforderlich sein kann. Die manische Episode dauert im Durchschnitt zwei Monate, es können aber auch längere Epsioden vorkommen. 2 Betroffene können ebenfalls depressive Episoden erleiden, die meist zwischen zwei und fünf Monaten andauern. Längere Episoden sind keine Seltenheit.1,2 Die Erkrankung kann Partnerschaften oder andere soziale Beziehungen schwer belasten bzw. zerstören sowie Probleme am Arbeitsplatz, in der Schule oder im Alltag verursachen.1 Menschen mit Bipolaren Störungen sind erheblich gesundheitlich beeinträchtigt und haben ein erhöhtes Risiko für Komorbiditäten:1 o Kardiovaskuläre Erkrankungen sind eine der Hauptursachen für die vorzeitige Mortalität in dieser Population.3 o Die Prävalenz von Diabetes bei Patienten mit Bipolaren Störungen ist dreimal so hoch wie in der Normalbevölkerung.4 o Alkoholabhängigkeit kommt bei 48,5 %-61 % und Substanzmissbrauch bei 32 %-44 % der bipolaren Patienten vor.5,6,7 o Die Prävalenz von Angsterkrankungen liegt bei 41 %-46,5 %.8,9,10 o Unter Persönlichkeitsstörungen leiden 30 %-38 % der Patienten mit einer Bipolaren Störung und 4 %-38 % zeigen Symptome einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS).11,12,13,14,15 Fakten Von Bipolaren Störungen sind weltweit etwa 30 Millionen und in Europa über vier Millionen Menschen betroffen.16 In Deutschland sind mindestens zwei Millionen Menschen an Bipolaren Störungen erkrankt.17 Bipolare Störungen treten bei 1-2% der Bevölkerung auf und sind bei Männern und Frauen gleich häufig.18 Die Erstmanifestation liegt häufig zwischen dem 15. und 19. Lebensjahr; im Mittel findet sie im 18. Lebensjahr statt. Die bipolare Störung kann auch vor der Pubertät auftreten. Dies ist jedoch selten und schwer von anderen schweren psychiatrischen Störungen wie der Schizophrenie zu unterscheiden.19 Bei manchen Patienten können die Symptome einer bipolaren Störung auch erstmals im späteren Lebensalter auftreten. In dieser Altersgruppe sind die manischen und depressiven Symptome jedoch in der Regel seit Jahren vorhanden, wobei eine Behandlung bei leichtem Schweregrad häufig ausbleibt. Schätzungsweise 20% der Betroffenen unternehmen einen Suizidversuch und 15% versterben am Suizid.2 Bipolare Störungen sind ein großes und unterschätztes Gesundheitsproblem in Europa. Die ökonomischen Folgen entstehen im Wesentlichen aufgrund der langfristig mit der Erkrankung assoziierten Komorbiditäten, Suizid, vorzeitiger Tod und Erwerbslosigkeit (indirekte Kosten) sowie durch direkte Kosten aufgrund stationärer Behandlungen während der jeweiligen Episoden.20 Symptome Zwischen den Episoden können starke Stimmungsschwankungen zwischen Hoch (Manie) und Tief (Depression) oder gemischte Episoden (gleichzeitiges Auftreten von manischen und depressiven Symptomen) auftreten. Idealerweise erleben Betroffene zwischen den Episoden normale Gefühlslagen.1 Manische Symptome können umfassen:1 o Freudige, glückliche oder gereizte, erregte Stimmung o Gesteigerte körperliche und geistige Aktivität und Energie o Schnelles Sprechen, rasende Gedanken und Ideenflucht o Verstärktes Redebedürfnis o Gefühle der Unverwundbarkeit, Risikofreude o Impulsives, unkritisches und rücksichtloses Verhalten o Vermindertes Schlafbedürfnis ohne Gefühl der Ermüdung Depressive Symptome können umfassen:1 o Ruhelosigkeit, Reizbarkeit, Konzentrationsschwäche o Intensive Traurigkeit oder Verzweiflung, Energielosigkeit, Erschöpfung o Gesteigerte Gefühle der Sorge und Ängstlichkeit o Freude- und Interessenslosigkeit o Schuldgefühle, Suizidgedanken o Veränderter Appetit und Schlaf-Rhythmus Ursachen Die genauen Ursachen für Bipolare Störungen sind unbekannt. Die Entstehung ist wahrscheinlich multifaktorieller Genese. Zu den Faktoren können zählen: 21 o o o Biologische Faktoren (Stoffwechselstörung des Gehirns) Genetische Veranlagung Umweltfaktoren (psychosoziale Faktoren) Diagnose Eine frühzeitige und korrekte Diagnose ist wichtig für das Management Bipolarer Störungen und die Vermeidung von Rezidiven und deren möglicher Konsequenzen. Der erste Schritt zur Diagnose ist das Erkennen der Symptome und die Konsultation eines Facharztes (Psychiater).1 Bipolare Störungen werden häufig fehldiagnostiziert oder bleiben jahrelang unerkannt. Die durchschnittliche Dauer zwischen dem Auftreten der ersten Symptome bis zur korrekten Diagnose und Therapie liegt bei 10 Jahren.22 Diese lange Latenz kann viele Ursachen haben, z.B. weil viele Betroffene ihrem Arzt in der Anamnese nicht alle Symptome berichten oder ein mangelndes Krankheitsbewusstsein haben. 22 Behandlung Die Behandlung Bipolarer Störungen besteht häufig aus einer Kombination von Pharmako- und Psychotherapie, weiterführenden Unterstützungs- und Edukationsangeboten. Die Arzneimitteltherapie umfasst i.d.R. Stimmungsstabilisierer wie Lithium, einige Antikonvulsiva sowie atypische Antipsychotika.1 Da Bipolare Störungen ein komplexes Erkrankungsbild sind, stellen sie eine Herausforderung für die behandelnden Ärzte dar. Die Wirksamkeit antipsychotischer Medikamente kann durch Sicherheits- und Verträglichkeitsaspekte, wie Gewichtszunahme und metabolische Effekte limitiert sein und zu einem Therapieabbruch durch die Patienten führen. Quellen 1. 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