3 Messen

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Versuchstechnik
3.1 Grundbegriffe des Messens
3 Messen
Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Verwertung von Prüfversuchen ist eine sorgfältige
Erfassung der interessierenden Reaktionen des zu untersuchenden Objekts (vgl. Bild 1.4).
Die entsprechende Aufnahme aller erforderlichen Größen ist eine Messaufgabe. Das nachfolgende Kapitel enthält hierzu die wichtigsten Grundbegriffe des Messens sowie Mess- und
Sensorprinzipien. Diese Punkte werden ergänzt durch die wesentlichsten Aspekte der elektrischen Signalverarbeitung und der Signaldigitalisierung, ohne die eine zeitgemäße Messtechnik nicht mehr denkbar ist.
3.1 Grundbegriffe des Messens
Neben dem Begriff des Messens selbst erläutern die nachstehende Zusammenstellung und
die Abschnitte 3.1.1 bis 3.1.4 auch die Wortbedeutung der wesentlichsten Unterbegriffe wie
Messgröße, Messwert, Messprinzip, Messkette usw.:
Messen ist der experimentelle Vorgang, durch den ein spezifischer Wert einer physikalischen Größe als Vielfaches einer Einheit oder eines Bezugswertes ermittelt wird.
Messgröße ist die physikalische Variable oder Konstante, die durch die Messung erfasst
wird (z.B. Länge, Kraft, Temperatur).
Messwert ist ein spezieller, zu ermittelnder vorzeichenbehafteter Betrag einer Messgröße.
Seine Darstellung erfolgt als Produkt aus Zahlenwert und Einheit (z.B. 3 m, 1000 N,
383 K oder 10°C usw.).
Messergebnis ist im Allgemeinen eine Zusammenstellung aus mehreren Messwerten einer
einzelnen Messgröße oder aus Messwerten verschiedenartiger Messgrößen mit Hilfe
einer vorgegebenen eindeutigen Beziehung. Als einfachster Fall ist der einzelne Messwert bereits das Messergebnis. Wenn für das Zustandekommen eines Messergebnisses physikalische oder sonstige Bedingungen wichtig sind, so müssen diese zusammen mit dem Messergebnis angegeben werden (z.B. Druck, Temperatur, Anzahl der
Einzelwerte). Zum Messergebnis gehört auch die Angabe der Fehlergrenzen oder der
Messunsicherheit.
Messprinzip ist die charakteristische physikalische Erscheinung, die bei der Messung benutzt wird. Tabelle 3.1.1 enthält hierzu einige Beispiele.
Tabelle 3.1.1: Typische Messprinzipien.
Messgröße
Länge
Lichtinterferenz
Kapazitätsänderung
Kraft
elastische Verformung
Beschleunigung
Druck
elastische Formänderung
piezoelektrischer Effekt
Temperatur
26.03.10
Messprinzip
Längenausdehnung
thermoelektrischer Effekt
Änderung des elektrischen Widerstandes
3.1
Versuchstechnik
3.1 Grundbegriffe des Messens
3.1.1 Messverfahren
Messverfahren sind entweder analog oder digital. Der Unterschied liegt hierbei in der für die
Darstellung benutzten Signale (analoge oder digitale Signale):
Analog nennt man ein Messverfahren, wenn der Messgröße (Eingangsgröße der Messeinrichtung) durch das Verfahren eine Ausgangsgröße (Anzeige) zugeordnet wird (Bild
3.1.1), die eine eindeutige, punktweise stetige Darstellung der Messgröße ist. Bei vielen analogen Messverfahren erscheint der Messwert innerhalb des Messbereichs als
stetig verschiebbare Marke gegenüber einer Skala.
Digital nennt man ein Messverfahren, wenn der Messgröße durch das Verfahren eine Ausgangsgröße zugeordnet wird, die eine mit fest gegebenem kleinstem Schritt quantisierte, zahlenmäßige Darstellung der Messgröße ist. Der Messwert erscheint unstetig
als Summe von Quantisierungseinheiten z.B. in einer Ziffernfolge.
Eine weitere Unterscheidung für die Messverfahren wird durch die Kategorien direkt oder
indirekt getroffen. Bei direkten Messverfahren (Vergleichsverfahren) wird der gesuchte
Messwert einer Messgröße über den unmittelbaren Vergleich mit einer Bezugsgröße gewonnen (z.B. Masse durch Vergleich mit geeichten Gewichten, vgl. auch Bild 3.1.1), bei indirekten Verfahren wird er auf andersartige physikalische Größen zurückgeführt (z.B. Längenänderung aus der Induktivitätsänderung einer verschieblichen Spule).
3.1.2 Messgrößenumformung
Mechanische Größen werden überwiegend elektrisch gemessen. Dazu wird die nichtelektrische, mechanische Größe in eine proportionale elektrische Spannung oder einen Strom umgeformt. Beim eigentlichen Messvorgang kommen dann Geräte und Verfahren zur Messung
elektrischer Größen zur Anwendung (Bild 3.1.2).
Elektrische Messverfahren gestatten die Konstruktion sehr kleiner Messaufnehmer, die mit
geringer Masse behaftet sind und nur wenig Rückwirkung auf das Messobjekt haben. Durch
die Anwendung der elektrischen Verstärkertechnik können außerdem große und einstellbare
Empfindlichkeiten erzielt werden (Empfindlichkeit ist das Verhältnis von Messanzeige zu mechanischer Messgrößenveränderung). Auch sind Fernmessungen und die gleichzeitige Erfassung vieler Messstellen ohnehin nur mittels elektrischer Verfahren durchführbar. Weitere
Vorteile des elektrischen Messens sind vor allem die elektrische Registrierung und Speicherung der Messwerte sowie die Möglichkeiten der digitalen Verarbeitung von Messdaten.
Der größte Nachteil des elektrischen Messens besteht darin, dass bei Langzeitversuchen die
notwendige Nullpunktskonstanz sowie die Ausfallsicherheit der Stromversorgung für die Ge-
Vergleichsgröße
Messgröße
(Eingangsgröße)
Messeinrichtung
bestehend aus
einem oder mehreren
zusammenwirkenden
Messgeräten
Anzeige
(Ausgangsgröße)
Bild 3.1.1: Messeinrichtung bzw. -system.
26.03.10
3.2
Versuchstechnik
nichtelektrische
Messgröße
elektrische
Abbildung
z.B. mechanisch,
thermisch
Spannung oder
Strom
3.1 Grundbegriffe des Messens
Verarbeitung
Signal
Anzeige,
Registrierung,
Speicherung
Bild 3.1.2: Messgrößenumformung.
räte einen hohen Aufwand erfordern. Auch sind zum richtigen Aufbau der Messgeräte sowie
zur Beurteilung von elektromagnetischen Störeinflüssen (bzw. Einrichtung entsprechender
Schutzmaßnahmen) gewisse elektrotechnische Fachkenntnisse erforderlich.
3.1.3 Messeinrichtung, Messkette
Eine Einrichtung zum elektrischen Messen nichtelektrischer Größen besteht grundsätzlich
aus drei Teilen gemäß Bild 3.1.3, auch wenn diese nicht voneinander getrennt angeordnet sind.
Aktive Sensoren entnehmen während des Messvorgangs dem Messobjekt Energie und liefern selbst eine Spannung oder einen Strom. Passive Sensoren benötigen eine Hilfsspannung oder einen Hilfsstrom, die gemäß der Messgröße moduliert werden. Die Rückwirkung
passiver Sensoren auf das Messobjekt ist meist geringer.
Erfolgt die Anzeige oder Registrierung durch Ausschlag eines Zeigers, durch einen Lichtoder Elektronenstrahl, so spricht man von einer analogen Messeinrichtung. Erfolgt die Anzeige in Ziffern, so liegt eine digitale Messeinrichtung vor (vgl. Abschnitt 3.1.1). Eine digitale
Anzeige ändert sich erst, wenn die Messgröße eine endliche Änderung erfährt. Der für diese
Änderung notwendige Betrag ist durch die Auflösung der digitalen Anzeige vorgegeben, die
zum Digitalisierungs- oder Quantisierungsfehler führt (vgl. Abschnitt 3.4.3).
3.1.4 Kalibrieren und Eichen
Unter Kalibrieren versteht man in der Messtechnik das Feststellen des Zusammenhangs
zwischen der Ausgangsgröße und der Eingangsgröße einer Messeinrichtung (Bild 3.1.1).
Dies betrifft beispielsweise die Abhängigkeit der Ausgangsspannung eines elektrischen
Thermometers (angezeigt in Volt) von der zugehörigen Temperatur (zu messen am Objekt
Sensor
Aufnehmer
Geber
Umwandlung
der mechanischen Größe
in ein elektrisches Signal
Verstärker
Registrierung
Verstärkung
des Signals
Anzeige, Registrierung
des Signals
Bild 3.1.3: Schema einer Messkette.
26.03.10
3.3
Versuchstechnik
3.1 Grundbegriffe des Messens
in °C). Der Kalibrierwert oder Kalibrierfaktor wird dann in °C/Volt angegeben und ist ein Maß
für die Empfindlichkeit des Messverfahrens. Weiter bedeutet Kalibrieren auch die Ermittlung
der Abweichung zwischen Ist-Anzeige eines Messgeräts und dem wahren Wert der Messgröße, die dann in der Skala der Anzeige zu korrigieren ist.
Das Eichen eines Messgerätes oder einer Maßverkörperung umfasst die von den zuständigen Eichbehörden nach den Eichvorschriften vorzunehmenden Prüfungen und Stempelungen. Durch Prüfung (Messung und Bewertung) wird festgestellt, ob das vorgelegte Messgerät den Eichvorschriften entspricht.
3.2 Messprinzipien und Sensoren
Zur Umformung einer mechanischen Größe in eine elektrische sind nahezu alle physikalischen Effekte geeignet, bei denen Verschiebungen, Drehungen, Dehnungen usw. zu einer
Strom, Spannungs- oder beispielsweise Ladungsänderung führen. Die Vielfalt handelsüblicher Geber oder Sensoren ist am übersichtlichsten zu beschreiben, wenn man sie (wie anschließend) nach dem bei der Umformung benutzten Messprinzip ordnet. In der Fachliteratur
sind diesbezüglich ca. 50 Umformeffekte beschrieben, von denen etwa die Hälfte als für die
Praxis wichtig anzusehen ist. Einige davon werden nun kurz dargestellt.
3.2.1 Längen- und Dehnungsmessung über den elektrischen Widerstand
Der Ohmsche Widerstand R eines Leiters ist eine Eigenschaft, die häufig zur Umformung einer mechanischen Größe in ein elektrisches Signal benutzt wird. Dabei ist R von drei Größen
abhängig, die auf verschiedene Weise mechanisch veränderbar sind, die damit auch den
Widerstand als elektrisch messbare Größe entsprechend unterschiedlich beeinflussen und
die zu mehreren Sensortypen führen:
R=ρ
l
A
R Widerstand in Ω,
l Länge des Leiters in m,
A Querschnitt des Leiters in mm2,
ρ spezifischer elektrischer Widerstand in Ω mm2/m.
mit
(3.2.1)
Potentiometergeber
Verändert man die Länge eines elektrischen Leiters durch einen verschiebbaren Abgriff gemäß Bild 3.2.1, so entsteht ein passiver Geber, dessen Widerstand zur abgegriffenen Länge
s (und damit zu l ) proportional ist. Das Verhältnis der Messspannung ∆U zur Hilfs- oder
Speisespannung U lautet hierbei:
s
∆U
a
=
R0 s  s 
U
1+
1 − 
RB a  a 
mit
und
a
s
R0
RB
Potentiometerlänge in mm,
Länge des abgegriffenen Teilwiderstands in mm,
Widerstand des Potentiometers in Ω,
Widerstand des Anzeigegeräts in Ω
∆U s
≈
U
a
(3.2.2)
für RB > 10 R0 .
Die bei Sensoren normalerweise gewünschte lineare Charakteristik erhält man also nur näherungsweise und nur dann, wenn die Strom- bzw. Leistungsaufnahme des Anzeigegeräts
möglichst gering ist (die insgesamt relativ hohe elektrische Belastbarkeit von Messpotentiometern erlaubt aber dennoch Anzeigen ohne Verstärker). Fertigungsbedingte Linearitätsfehler führen ebenfalls zu Abweichungen, die aber bei guten handelsüblichen Gebern unterhalb
von 10-3 s/a liegen. Typische Spezifikationen solcher Geräte sind:
26.03.10
3.4
Versuchstechnik
3.2 Messprinzipien und Sensoren
Taststift
s
∆U
U
a
Abgriff
Führung
R0
RB
Bild 3.2.1: Potentiometergeber.
Messbereiche:
1 mm bis 50 mm
Auflösung:
10-3 mm
Verstellkraft:
0,1 N bis 3 N
Die Auflösung ist dabei die kleinste Veränderung der Messgröße, die noch durch eine Veränderung der Anzeige beobachtbar ist (Bild 3.1.1) und stellt eine untere Grenze für die erzielbare Genauigkeit dar.
Dehnungswiderstandseffekt
Durch mechanische Dehnung ∆l/l eines Widerstandsdrahtes wird seine Länge verändert und
wegen der damit verbundenen Querkontraktion (Querdehnungszahl ν) auch sein Querschnitt. Der spezifische Widerstand ρ bleibt dabei ebenfalls normalerweise nicht unbeeinflusst (Bild 3.2.2, vgl. auch Abschnitt 3.2.8), so dass mit Gleichung (3.2.1) für die Veränderung ∆R des Drahtwiderstands R näherungsweise gilt:
∆R ∆ρ ∆l
=
+ (1+ 2ν ) .
R
l
ρ
(3.2.3)
Anwendung findet der Dehnungswiderstandseffekt bei Dehnungsmessstreifen (DMS), die in
Kapitel 6 noch im Detail betrachtet werden und bei der Bestimmung von Strukturverformungen eine große Verbreitung besitzen. Diese Art von Sensoren hat den Vorteil einer sehr kleinen Masse (10 mg bis 50 mg) und einer Empfindlichkeit, die unabhängig von der Messdrahtl
D
D - ∆D
l + ∆l
Bild 3.2.2: Dehnungswiderstandseffekt.
26.03.10
3.5
Versuchstechnik
3.2 Messprinzipien und Sensoren
länge l ist. Dem stehen relativ kleine Widerstandsänderungen entgegen, die nur mit besonderen Schaltungen und nach Verstärkung messbar sind. Zugleich sind die Geber feuchtigkeits- und temperaturempfindlich und müssen am Prüfobjekt durch Kleben befestigt werden.
Widerstandsänderung durch Lichteinfall
Photowiderstand, Photodiode oder Phototransistor sind Halbleiter, die durch Lichteinfall ihre
elektrischen Eigenschaften ändern. Sie werden benutzt, um einen Strom in Abhängigkeit
vom auffallenden Licht zu steuern. Moderne optoelektronische Bauteile erreichen Auflösungen des 10-4-fachen Wert des maximalen Ausgangssignals.
Eingesetzt werden diese Sensoren als digitale oder analoge Verschiebungs- und Winkelmesseinrichtungen. Sie besitzen den Vorteil einer praktisch rückwirkungsfreien Messung.
Widerstandsänderung durch Abkühlung
Wird ein dünner Widerstandsdraht durch einen elektrischen Strom aufgeheizt und dann einer
Luftströmung ausgesetzt, so kühlt er sich ab und ändert hierdurch seinen Widerstand. Dies
ist ein Maß für die Geschwindigkeit der Luftströmung, die entsprechenden Geber nennt man
Hitzdrahtanemometer.
3.2.2 Längen- und Geschwindigkeitsmessung über die Induktivität – Induktive Geber
Unter dem Begriff „induktive Geber“ werden die Geräte verstanden, bei denen die elektromagnetische Induktion das wesentliche Messprinzip ist. Aktive induktive Geber arbeiten nach
dem elektrodynamischen Prinzip, bei dem sich eine Induktionsspule im Luftspalt eines Magnetsystems bewegt. Sie erzeugen auf diese Weise eine geschwindigkeitsproportionale
Messspannung, die also die Wegänderung pro Zeiteinheit wiedergibt, nicht aber den Weg
selbst. Sie sind daher unmittelbar zum Messen geometrischer Veränderungen geeignet. Ihre
Anwendung findet sich vor allem bei Schwingungsmessungen im Maschinen- und Fahrzeugbau, aber auch bei Boden- und Gebäudeerschütterungen.
Bei passiven induktiven Gebern wird mit Hilfe eines axial im Aufnehmerkörper verschiebbaren ferromagnetischen Kerns (Tauchanker, Bild 3.2.3) die Induktivität zweier Messspulen
gegensinnig variiert, was eine dem Weg proportionale Veränderung verursacht. Im Gegensatz zu aktiven Gebern werden die Spulen mit einer Speisespannung betrieben, um diesen
Effekt überhaupt nutzbar machen zu können. Damit sind diese Art von Geber aber auch für
statische Messungen einsetzbar.
Bild 3.2.3 zeigt hierzu das so genannte Differentialdrossel-System, das elektrisch eine
Wheatstone’sche Halbbrücke mit veränderlichen, komplexen Widerständen darstellt. Mit der
ohmschen Ergänzung zur Vollbrücke (im Bild rechts) ergibt sich eine Brückendiagonalspannung, die proportional zur Kernverschiebung ist. Für den Betrieb der passiven induktiven
Geber ist zusätzlich eine Trägerfrequenz-Messbrücke erforderlich, die sowohl die zur Brükkenspeisung nötige Wechselspannung erzeugt als auch die Diagonalspannung in eine der
Kernposition proportionale Gleichspannung (Ausgangssignal) umwandelt. (Hinweis: Im internationalen Sprachgebrauch werden entsprechende Weg- bzw. auch Winkelaufnehmer als
„linear variable differential transformer“ LVDT bzw. „rotational variable differential transformer“ RVDT bezeichnet.)
Induktive Geber haben ein sehr hohes Auflösungsvermögen, das nur durch die Rauschspannung von Aufnehmer und Verstärker begrenzt wird. Die kleinste noch messbare Verschiebung liegt bei hochwertigen Geräten unter 10-5 mm. Mit Hilfe des Verstärkers kann der
Nennmessbereich (Herstellerangabe als Kennwert des Aufnehmers) in weiten Grenzen verändert werden, so dass ein Aufnehmer mit z.B. ±1 mm Nennmessweg noch im Messbereich
von ±1 µm arbeiten kann.
26.03.10
3.6
Versuchstechnik
3.2 Messprinzipien und Sensoren
–
+
K
L1, L2
L2
K
L1T, L2T
KT
ferromagnetischer Kern
Messspulen
(Differentialdrossel)
Empfindlichkeitstrimmer
Trimmkern
(Empfindlichkeitsänderung)
L1
L1T
2
R4
L1
1
4
L2
L2T
R3
3
Trägerfrequenzverstärker
L2T
L1T
KT
Anschlusskabel
gleichgerichtete,
wegproportionale
Ausgangsspannung
Brückenspeisespannung
Tauchanker
Diagonalspannung
Ergänzungswiderstände
R3 und R4
Bild 3.2.3: Passiver, induktiver Weggeber.
Zwei Ausführungen von induktiven Wegaufnehmern sind handelsüblich: Aufnehmer mit losem Tauchanker, der fest mit dem Messobjekt verbunden wird, oder mit Wegtaster. Bei
letzteren ist der Tauchanker mittels Kugellager oder Gleitbuchsen axial geführt und wird mit
einer Feder gegen das Messobjekt gedrückt. Zwar lassen sich Wegtaster einfacher handhaben, doch bei dynamischen Messungen besteht die Gefahr, dass die Tastspitze abhebt und
dadurch systematische Fehlmessungen verursacht.
Ein spezieller Fall dieses Messprinzips ist die berührungslose induktive Wegmessung. Dabei
besteht der Geber im Wesentlichen aus einer Spule, die zugleich Teil eines Schwingkreises
ist. Wird diese nahe der beweglichen Oberfläche eines ferromagnetischen Messobjektes an
einem Stativ o.ä. befestigt, dann ändert sich die Induktion als Funktion des Abstandes zum
Objekt. Berührungsfreie Messtechnik ist dann erforderlich, wenn die Rückwirkungen durch
Tauchanker oder Taster die Messung stören oder systematische Fehler verursachen würden. Das trifft vor allem für kleine Prüfobjekte zu oder für Objekte, die sich gleichzeitig in
mehrere Richtungen bewegen.
3.2.3 Längen- und Geschwindigkeitsmessung über die elektrischen Kapazität – Kapazitive Geber
Im einfachen Fall eines Plattenkondensators berechnet sich dessen Kapazität C aus nachstehender Beziehung, und zwar mit der Dielektrizitätskonstanten ε , der Fläche F einer Kondensatorplatte und dem Abstand d der Platten (vgl. Bild 3.2.4):
C =ε
F
.
d
(3.2.4)
Hierbei ist auf der rechten Gleichungsseite d die am leichtesten veränderliche Größe. Daher
werden kapazitiven Geber typischerweise nach dem Prinzip der Kapazitätsänderung infolge
Abstandsänderung der Kondensatorplatten gebaut. (Man kann eine Platte auch als dünne
Membran eines Gehäuses ausbilden, welche sich unter der Wirkung eines Differenzdrucks
zwischen Innen- und Außenseite durchbiegt, woraus sich kapazitive Druckgeber ableiten
lassen. Die weit verbreiteten Kondensatormikrofone funktionieren ebenfalls nach diesem
Prinzip.) Werden alternativ die Flächen des Kondensators gegenseitig so verschoben, dass
eine Änderung ∆F der wirksamen Fläche F zustande kommt, lässt sich beispielsweise ein
drehwinkelabhängiger, kapazitiver Geber (entsprechend einem Drehkondensator) bauen
(vgl. Bild 3.2.4).
26.03.10
3.7
Versuchstechnik
3.2 Messprinzipien und Sensoren
Verschiebung
ε
a
ε
F
C
C
C =ε ⋅
F
a + ∆a
a+∆a
C =ε⋅
F + ∆F
a
F + ∆F
Bild 3.2.4: Kapazitätsänderung durch Verschiebung einer Platte.
Bei handelsüblichen kapazitiven Wegmesssystemen werden die Plattenelektroden des Kondensators durch einen Sensor und das ihm gegenüberliegende Messobjekt gebildet. Durchfließt ein Wechselstrom konstanter Frequenz den Sensorkondensator, so ist die Amplitude
der Wechselspannung am Sensor dem Abstand der Kondensatorelektroden näherungsweise
proportional. Gleichzeitig wird in der Verstärkerelektronik eine einstellbare Kompensationswechselspannung gebildet. Nach der Demodulation beider Wechselspannungen wird die
Differenz verstärkt und als Analogsignal ausgegeben. Hierbei lassen sich bei Nennmessbereichen von einigen Millimetern Auflösungen deutlich unterhalb von 1 µm erzielen.
Derartige Systeme sind auf Messobjekte anwendbar, deren Material ein elektrischer Leiter,
aber auch ein Isolator ist. Die Verstärkerelektronik enthält üblicherweise hierfür zusätzliche
Schaltungen, die einen materialunabhängigen, linearen Betrieb im Arbeitsbereich sicherstellen.
Kapazitive Aufnehmer werden schon seit Beginn der elektrischen Messtechnik benutzt. Sie
sind auch für andere typische Kondensatorgeometrien anhand bekannter Formeln leicht zu
berechnen und mögliche Störeffekte bleiben wegen des einfachen Aufbaus überschaubar.
Von besonderem Vorteil sind ihre extrem große Empfindlichkeit und die Eignung, auch schnell
ablaufende Vorgänge zu erfassen. Bei Schwingungsmessungen arbeiten kapazitive Aufnehmer meist wie beschrieben berührungslos, das heißt praktisch ohne mechanische Rückwirkung auf das Prüfobjekt. Vom Prinzip her besteht der Nachteil, dass kapazitive Messverfahren
empfindlich reagieren, wenn Substanzen wie Öl, Fett oder Wasser in den Messbereich des
Kondensators eindringen und dessen charakteristische Kenngrößen verändern.
3.2.4 Längenmessung über Wirbelströme – Wirbelstromgeber
Steht eine von einem Wechselstrom durchflossene Spule in geringem Abstand einer Metallplatte gegenüber, so entstehen in dieser durch magnetische Induktion so genannte Wirbelströme (Bild 3.2.5). Nach der Lenz’schen Regel sind Wirbelströme derart gerichtet, dass das
durch sie entstehende elektromagnetische Feld die Ursache der Wirbelströme, also den
Wechselstrom in der Spule, zu schwächen versucht. Es hat deshalb den Anschein, als ob
der Wechselstromwiderstand der Spule anwächst. Da die Größe der in der Metallplatte induzierten Wirbelströme vom Abstand zwischen Spule und Metallplatte abhängen, bietet sich
somit ein Prinzip zur berührungslosen Abstandsmessung an.
26.03.10
3.8
Versuchstechnik
3.2 Messprinzipien und Sensoren
Metallplatte
Spule
Wirbelströme
elektromagnetisches Feld
Bild 3.2.5: Entstehung von Wirbelströmen.
In handelsüblichen Wirbelstromgebern durchfließt ein hochfrequenter Wechselstrom die in
ein Gehäuse eingegossene Spule, die zusammen mit der Verstärkerelektronik einen
Schwingkreis bildet. Die vom Spulenfeld im Messobjekt induzierten Wirbelströme entziehen
dem Schwingkreis Energie und abhängig vom Abstand ändert sich die Stromamplitude. Demoduliert, linearisiert und verstärkt liefert diese Amplitudenänderung eine zum Abstand proportionale Spannung, womit die mechanische Größe „Abstand“ in die elektrische Größe
„Spannung“ umgewandelt ist. Das Messverfahren ist sehr schnell, äußerst genau und störsicher im elektromagnetischen Umfeld. Temperatur- und langzeitstabil eignet es sich für Messobjekte aus allen Arten elektrisch leitender, ferromagnetischer, aber auch nichtmagnetischer
Werkstoffe. Die Nennmessbereiche marktgängiger Geräte liegen auch hier bei einigen
Millimetern mit Auflösungen ebenfalls deutlich unterhalb von 1 µm.
3.2.5 Kraft-, Druck und Beschleunigungsmessung über den Piezoelektrischen Effekt
– Piezoelektrische Geber
Piezoelektrische Geber nutzen den piezoelektrischen Effekt, um aus den mechanischen
Größen Kraft, Druck oder Beschleunigung eine dazu proportionale elektrische Ladung zu
erzeugen. Der Effekt tritt an Einkristallen aus nichtleitenden Stoffen auf, wie z.B. Quarz,
Turmalin (Borsilicat) oder Bariumtitanat: Mechanische Beanspruchungen deformieren das
Kristallgitter und verursachen Verschiebungen sowie eine Konzentration elektrischer Ladungen an der Oberfläche von Messelementen, die auf der Basis eines Kondensators gemessen
wird (Bild 3.2.6). Ein so genannter Ladungsverstärker wandelt anschließend die Ladungsveränderung in eine Spannung um. Die wesentlichen Merkmale einer piezoelektrischen
Messkette, bestehend aus Aufnehmer und Verstärker, sind:
Kristall
–
–
+
–
x
+
Elektrode
+
–
–
+
+
y
Bild 3.2.6: Schematische Darstellung der Ladungsänderung infolge Verzerrung des Kristallgitters.
26.03.10
3.9
Versuchstechnik
•
geringe Rückwirkung auf das Messobjekt,
•
hohe Empfindlichkeit,
•
hohe obere Grenzfrequenz.
3.2 Messprinzipien und Sensoren
Piezoelektrische Geber sind deshalb zur Messung schnell veränderlicher Vorgänge besonders geeignet.
Die eigentlichen Messelemente sind kleine Quader, die aus gezüchteten Einkristallen unter
Beachtung der Gitterhauptachsen ausgeschnitten werden. In piezoelektrischen Aufnehmern
haben sie zwei Aufgaben: Einmal arbeiten sie als präzise Federn, die den äußeren Kräften
entgegenwirken und sich dabei linear-elastisch verformen, zum anderen erzeugen sie das
der Verformung proportionale elektrische Signal.
Die technischen Ausführungen von piezoelektrischen Gebern richten sich nach den zu messenden mechanischen Größen. Kräfte oder Drücke lassen sich direkt umformen; zur Messung von Beschleunigungen wird eine geführte seismische Masse eingebaut, deren Trägheitskraft die Ladungsänderung hervorruft und die entsprechend dem Newton’schen Gesetz
der inertialen (!) Beschleunigung proportional ist (vgl. Bild 3.2.7, Bild 3.2.8; hierbei bildet das
Piezoelement das Feder-Dämpfer-System zur Fesselung der seismischen Masse und ersetzt
zugleich auch den Abgriff als Anzeigeelement des Messausgangs).
Dank ihrer hohen Steifigkeit besitzen piezoelektrischen Geber fast keine mechanische Eigendynamik, die zu Messstörungen führen könnte. Hieraus resultiert der erwähnte weite
Frequenzbereich für die Messung dynamischer Vorgänge (da steife Systeme naturgemäß
eine höhere Eigenfrequenz haben als weiche, also solche mit großen Deformationen).
seismische Masse
Messachse
Abgriff
Bild 3.2.7: Prinzip eines Beschleunigungsmessers.
Bild 3.2.8: Typischer piezoelektrischer Beschleunigungsaufnehmer.
26.03.10
3.10
Versuchstechnik
3.2 Messprinzipien und Sensoren
Für den Einsatz piezoelektrischer Geber gilt allerdings auch, dass sie für quasistatische oder
Langzeitmessungen nur mit Einschränkungen geeignet sind: Erstens verlieren Piezoelemente bei unveränderlicher Kraft allmählich ihre Ladung. Zweitens sind ihre Kapazität und
Übertragungsfaktoren temperaturabhängig. Folglich ist bei der Anwendung vorrangig zu klären, ob die Zeitbasis von Veränderungen der Messgröße wesentlich kleiner ist als die Zeitkonstanten für Entladung bzw. Temperaturwechsel (letztere in Verbindung mit dem Temperaturgang des Gebers).
3.2.6 Beschleunigungs- und Winkelgeschwindigkeitsmessung über Trägheitseffekte
– Beschleunigungsmesser und mikromechanische Kreisel
Bild 3.2.8 stellt nur einen Sonderfall von Bild 3.2.7 dar. Im Prinzip können Feder, Dämpfer
und Abgriff auch auf andere Weise technisch realisiert werden, was zu einer Fülle von Bauformen und Messprinzipien für Beschleunigungsmesser führt. Zur Bestimmung des Ausschlags der seismischen Masse können im Besonderen die gleichen Verfahren wie bei
Wegmessern genutzt werden. Ersetzt man das Feder-Dämpfer-System durch ein elektromagnetisches oder elektrostatisches Stellelement (Spule oder Kondensator), kann auch der
zugehörige Betriebsstrom (bzw. die Spannung) als Messsignal verwendet werden, soweit er
gebraucht wird, um die seismische Masse bei Beschleunigungen in der Nulllage zu halten.
Höherwertige Sensoren zeichnen sich durch eine besondere Steifigkeit des Stellelements
aus, um die störende Eigenbewegung der seismischen Masse möglichst zu unterdrücken.
Sie werden neben dem Einsatz als Geber bei Schwingungsmessungen auch für Navigationszwecke sowie zur Regelung von Fahrzeugen bzw. Maschinen eingesetzt und können je
nach Funktionsprinzip Genauigkeiten bis zu 10-8 m/s2 erreichen. Jüngere Entwicklungen auf
mikromechanischer Basis haben zu sehr kleinen Sensoren geführt, die auf einem Mikrochip
befestigt sind und einen Genauigkeitsbereich von etwa 10-3 m/s2 aufweisen (Bild 3.2.9).
Die Messung von inertialen Drehbewegungen mit Hilfe von Kreiseln stellt ein eigenständiges,
umfangreiches technisches Gebiet dar. Neben den klassischen mechanischen Sensoren auf
der Basis des Eigenverhaltens schnell rotierender Scheiben (wie z.B. dem Kreiselkompass
oder dem künstlichen Horizont) haben auch optische Messverfahren Verwendung gefunden,
die auf stehenden Wellen eines Laserstrahls (Laserkreisel) oder auf Laufzeiteffekten von
Lichtsignalen in Glasfaserspulen (Faserkreisel) beruhen. Allerdings sind entsprechende Geräte in ihrer Anwendung anspruchsvoll und teuer, und werden im Allgemeinen nur für Navigations- und Fahrzeugführungszwecke eingesetzt.
Auch hier hat es freilich jüngere Entwicklungen auf mikromechanischer Basis gegeben, die
zu so genannten Vibrationskreiseln geführt haben. Bild 3.2.10 zeigt deren prinzipielle Funktidifferentieller
kapazitiver Abgriff
Feder
seismische
Masse
Messachse
Befestigung
Bild 3.2.9: Mikromechanischer Beschleunigungsaufnehmer.
26.03.10
3.11
Versuchstechnik
Anregung
3.2 Messprinzipien und Sensoren
Coriolis-Beschleunigung
Messachse
Bild 3.2.10: Vibrationskreisel.
onsweise: Die Zinken der aus Quarz gefertigten Gabel werden in radiale Schwingungen
versetzt (insbesondere durch piezoelektrische Biegewandler, Bild 2.7). Dreht man nun die
Gabel wie rechts angegeben um ihre Längsachse, so entstehen Corolis-Beschleunigungen,
die sowohl senkrecht auf der Drehachse als auch auf der Vibrationsebene der Zinken stehen. Dadurch werden die Zinken transversal verbogen, und zwar näherungsweise proportional zur aufgebrachten Drehgeschwindigkeit. (Die Biegung kann dabei ebenfalls piezoelektrisch gemessen werden.) Zugleich ist diese Deformation aber proportional zur aufgebrachten
Radialgeschwindigkeit, also entsprechend der Radialschwingungen moduliert. Die Bestimmung des Ausgangssignals aus der transversalen Verbiegung der Zinken erfolgt also über
eine Gleichrichtung bei gleichzeitiger Beachtung der Erregung.
Vibrationskreisel besitzen Genauigkeiten von etwa 0,1°/s was für viele Zwecke ausreicht.
(Höherwertige Kreisel aus dem Bereich der Navigation erreichen bis zu 10-8 °/s.) Die technische Entwicklung lässt hierbei allerdings noch spürbare Leistungssteigerungen erwarten.
3.2.7 Längen- und Geschwindigkeitsmessung über optische Effekte – Elektrooptische Geber
Elektrooptische Geber sind Bestandteil von Messsystemen, bei denen optisch und berührungslos Abstände oder Geschwindigkeiten von Messobjektoberflächen gegenüber dem
Sensor ermittelt werden. Zur Anwendung kommen hierbei bevorzugt die Prinzipien der Triangulation und der Interferometrie.
Triangulationsprinzip
Auf das Messobjekt wird ein Lichtpunkt projiziert und von dort diffus reflektiert. Als Lichtquellen finden vor allem Laser im sichtbaren Rotbereich oder LED-Sensoren im Infrarotbereich Verwendung. Der reflektierte Strahl wird über ein Objektiv auf einen Positionssensor
(PSD) abgebildet (Bild 3.2.11), der eine positionsabhängige, analoge Ausgangsspannung
proportional zum Messweg liefert. Da die Positionsbestimmung von der Intensität des reflektierten Strahls abhängig ist, muss sie entsprechend dem Reflexionsfaktor der Oberfläche
gesteuert werden. Diese und andere Funktionen übernimmt die dem Sensor zugeordnete
Elektronik, die beispielsweise auch die Einhaltung des Messbereichs überwacht und Fehler
anzeigt.
Die diffuse Reflexion ist Voraussetzung für die fehlerfreie Anwendung des Gebers und seines Messprinzips. Sie ist auch dafür maßgebend, dass sich die vorhandene Winkelabhängigkeit nicht auswirkt, die dann auftritt, wenn der Sensor nicht senkrecht auf die Messfläche
„sieht“ oder wenn sich der Translationsbewegung in Strahlrichtung eine Drehbewegung
überlagert.
26.03.10
3.12
Versuchstechnik
3.2 Messprinzipien und Sensoren
Die Ansprechzeit des Analogausgangs ist
bei Laserdioden besonders gering: Der Anstieg auf 90% des Endwertes dauert ca.
100 µs. Damit kann der Geber bei dynamischen Messungen Signalfrequenzen bis zu
10 kHz verarbeiten (vgl. Tabelle 3.2.1).
Laserdiode
PSD
Interferometrisches Prinzip
Nach einem interferometrischen Verfahren,
dessen Funktionsprinzip in Bild 3.2.12 dargestellt ist, arbeiten Laser-Vibrometer. Sie
messen berührungslos die „Schnelle“ (d.h.
die Geschwindigkeit) und absolute Auslenkung von Punkten vibrierender Strukturen.
Das Licht des Lasers in Bild 3.2.12 wird im
Strahlteiler BS1 in einen Messstrahl und in
einen Referenzstrahl geteilt. Der Messstrahl
durchläuft den Strahlteiler BS2 und wird mit
Hilfe der Linse auf das vibrierende Messobjekt fokussiert. Das reflektierte Licht erfährt durch die Bewegung des Messobjektes
eine Frequenzverschiebung (Dopplerverschiebung), die proportional zur Geschwindigkeit der schwingenden Oberfläche ist. Ein
Teil des reflektierten Lichtes wird von der
Frontlinse empfangen und mit BS2 auf BS3
gelenkt, in dem sich Mess- und Referenzstrahl überlagern (Interferenz). Letzterer
wird zuvor durch eine Bragg-Zelle in seiner
Grundabstand
Messbereich
Bild 3.2.11: Elektrooptischer Wegaufnehmer,
Triangulationsprinzip.
Linse Objekt
BS1
BS2
HeNe-Laser
D1
Bragg
Zelle
P
BS3
RF IN
Strahlteiler BS1, BS2, BS3
D2
Detektoren D1, D2
Prisma P
−
+
SIGNAL OUT
Bild 3.2.12: Optischer Aufbau eines Einpunkt-Vibrometers (Mach-Zehnder-Interferometer).
26.03.10
3.13
Versuchstechnik
3.2 Messprinzipien und Sensoren
Tabelle 3.2.1: Kennwerte eines typischen elektrooptischen Gebers.
Typ:
Mikro-Epsilon
LD 1605-10
Wegmessbereich
±5 mm
Grundabstand
45 mm
Auflösung
3 µm
Lichtpunktdurchmesser
0,6 µm
Grenzfrequenz
10 kHz
Ausgangsspannung
±10 V
Frequenz so verändert, dass die Phasenunterschiede zwischen Referenz- und Messstrahl
sich bei ruhendem Messobjekt bereits permanent ändern. Über die Zu- oder Abnahme der
Änderungsgeschwindigkeit bei vibrierendem Messobjekt ist dann eine Erkennung von dessen Bewegungsrichtung möglich. Daraus entsteht am Strahlteiler BS3 eine Intensitätsmodulation der überlagerten Lichtstrahlen, die mit den beiden Detektoren D1 und D2 in ein elektrisches Signal umgewandelt wird. Das hier verwendete Prinzip des „Mach-Zehnder-Interferometer“ bewirkt im Übrigen, dass D2 immer dann eine Phasenauslöschung detektiert, wenn
bei D1 ein Intensitätsmaximum vorliegt (und umgekehrt). Durch die Verwendung des Differenzsignals der 2 Detektoren wird damit eine Messverbesserung mittels Reduktion von Signaldrift und Rauschen erreicht.
Als Anhaltspunkt für typische Messbereiche und Genauigkeiten mit solchen Messanordnungen enthält Tabelle 3.2.2 die Spezifikationen eines handelsüblichen Geräts.
3.2.8 Kraftmessung über den Dehnungswiderstandseffekt – DMS-Kraftmessdosen
Eine breite Palette von Sensoren zur Messung von Kräften basiert auf dem Prinzip der Dehnungsmessung. Grundsätzlich erfährt ein Körper unter der Wirkung äußerer Kräfte lokale
Verformungen. Bei geeigneter Konstruktion eines speziellen Messkörpers besteht ein linearer Zusammenhang zwischen der jeweils betrachteten Kraft und der daraus resultierenden
Dehnung, die mittels Dehnungsmessstreifen (DMS) einfach und zuverlässig messbar ist (vgl.
Abschnitt 3.2.1). Durch Kalibrierung, also der Zuordnung von elektrischem Ausgangssignal
zu bekannter Kraft, wird der DMS-bestückte Messkörper zum Kraftsensor, zur Kraftmessdose oder zum Kraftmesselement. Bild 3.2.13 zeigt hierzu zwei Beispiele, deren elektrische
Beschaltung in Kapitel 6 noch näher erläutert wird. Weiterhin enthält Bild 3.2.14 exemplarisch drei praktisch ausgeführte Messkörper.
Marktgängig werden Sensoren für Nennkräfte von ca. 0,5 N bis 10 MN angeboten, deren
Messkörper zumeist aus legierten Stählen oder hochfesten Aluminiumlegierungen gefertigt
sind. Je nach Aufwand, Entwicklungsstand und Fabrikationstechnik sind hohe Messgenauigkeiten zu erzielen und die kleinsten Fehlergrenzen liegen bei 0,01% vom MessbereichsendTabelle 3.2.2: Kennwerte eines typischen Vibrometers.
Messbereich
in mm/sV
5
25
125
1.000
26.03.10
Bereichsendwert
ungefähre,
max. messbare
Auflösung
max. Linearitätsfehler
(Peak to Peak)
max. messbare Beschleunigung
in µm/s
in % vom Messwert
in mm/s
Frequenz in kHz
in g
100
500
2.500
20.000
0,5
1,5
2
3
250
1.500
1.500
1.500
8.000
240.000
1.200.000
9.600.000
1
2
1
1
3.14
Versuchstechnik
F
3.2 Messprinzipien und Sensoren
A
F
DMS 1,3
DMS 2,4
DMS 4
DMS 3
DMS 1
DMS 2
L
A
DMS 1
DMS 3
DMS 2
DMS 4
DMS 4
DMS 1
UA
DMS 2
Schnitt A-A
UE
DMS 3
Bild 3.2.13: Zug/Druckstab und Biegefeder als Kraftsensor (Eingangsspannung UA, Messspannung UE).
Bild 3.2.14: Doppel- und Multibiegebalken als Kraftsensor.
wert. Die Messwege, das sind die kraftinduzierten Verformungen des Sensors, liegen im
Bereich von etwa 50 µm bis max. 500 µm. Sie verursachen im Allgemeinen keine systematischen Fehler und sind meistens zu vernachlässigen. Bei der Konstruktion von Sensoren wird
besonders darauf geachtet, dass die Platzierung und die Schaltung der DMS eine hohe
Kriech- und Temperaturstabilität besitzen. Damit können DMS-Kraftsensoren auch im Bereich der Wägetechnik eingesetzt werden.
DMS-Kraftsensoren eignen sich sowohl für statische als auch dynamische Messungen. Infolge ihrer hohen Steifigkeit besitzen sie hohe Eigenfrequenzen, die maßgeblich die Grenzfrequenz bestimmen, bis zu der die Geber verwendbar sind.
3.2.9 Thermische Effekte – Temperaturgeber und Temperaturkompensation
Alle Eigenschaften der Stoffe wie auch alle physikalischen und chemischen Vorgänge sind
mehr oder weniger stark temperaturabhängig. In der Versuchstechnik können Temperatur26.03.10
3.15
Versuchstechnik
3.2 Messprinzipien und Sensoren
änderungen die Messergebnisse verfälschen, wenn nicht durch besondere Maßnahmen der
Einfluss der Temperatur kompensiert wird. Temperaturänderungen bewirken z.B.
•
Nullpunktsdrift und Änderung der Empfindlichkeit von Messgebern,
•
Änderung von Widerstand und Kapazität in Messleitungen,
•
Nullpunktsdrift und Änderung des Verstärkungsfaktors in Messverstärkern.
Ein Temperatureinfluss kann verhindert werden, wenn Kalibrierung und Messung in temperaturkonstanten Räumen ausgeführt werden, das heißt bei gleicher, zeitlich unveränderlicher
Temperatur. Lassen sich Temperaturänderungen jedoch nicht vermeiden, kann deren Auswirkung nicht unterbunden, sondern durch verschiedene Maßnahmen nur kompensiert werden.
Voraussetzung für diesen Ausgleich ist in vielen Fällen die genaue Kenntnis der Temperatur
an der Messstelle oder am betroffenen Sensor. Zahlreiche Effekte zur technischen Temperaturmessung werden zu diesem Zweck angewandt. Für das elektrische Messen sind allerdings hauptsächlich nur folgende Sensoren gebräuchlich: Thermoelemente, Widerstandsthermometer und Widerstandstemperaturmessstreifen. Sie gehören zur so genannten „Berührungsthermometrie“. Sie beruht auf der Tatsache, dass die Temperatur zweier Körper
sich solange ausgleicht, bis beide dieselbe Temperatur angenommen haben. Der Ausgleich
erfolgt über Wärmeleitung bei direkter Berührung, durch Konvektionsströmung der umgebenden Luft und durch Wärmestrahlung. Damit die Temperatur des Temperaturgebers nach
dem Ausgleich die zu messende ursprüngliche Temperatur des Messobjektes anzeigt, sind
folgende Bedingungen zu erfüllen:
•
Die Masse des Gebers muss bezüglich der Masse des Messobjektes sehr klein sein.
•
Der Geber muss in einem möglichst guten Wärmekontakt mit dem Messobjekt sein.
•
Der Geber soll möglichst wenig Wärme an die Umgebung abführen.
Thermoelemente
In einem Stromkreis, dessen Leiter aus zwei hintereinander geschalteten Segmenten verschiedener Metalle besteht (Bild 3.2.15), entsteht eine Spannungsdifferenz, wenn die Verbindungsstellen der Segmente unterschiedliche Temperaturen haben. Die Größe dieser so
genannten „Thermospannung“ hängt von der Höhe der Temperaturdifferenz der beiden Verbindungsstellen ab, ebenso wie auch von der Werkstoffkombination der Leitersegmente (vgl.
Tabelle 3.2.3).
Messtechnisch ist somit nur die Differenz zwischen „kalter“ und „heißer“ Verbindungsstelle
erfassbar. Deshalb muss eine der beiden Stellen auf einer konstanten Temperatur gehalten
werden. Dazu wurde früher Eiswasser (0°C) verwendet, heute aber erledigt diese Aufgabe
ein Thermostat. Er hält die Vergleichsstelle meistens auf 50°C ± 0,1°C und ist üblicherweise
in eine Anschlusselektronik integriert, die weitere Funktionen hat: Digitale Anzeige der Temperatur, Linearisierung des Zusammenhangs zwischen Thermospannung und Temperaturdifferenz sowie Erzeugung einer der Thermospannung entsprechenden Ausgangsspannung.
Tabelle 3.2.3: Kennziffern für verschiedene Thermoelemente.
Thermopaare
Einsatzbereich
Empfindlichkeit
Kupfer – Konstantan
-200°C bis +600°C
0,043 mV/K
Eisen – Konstantan
-200°C bis +800°C
0,054 mV/K
0°C bis +1200°C
0,041 mV/K
Nickelchrom – Nickel
26.03.10
3.16
Versuchstechnik
3.2 Messprinzipien und Sensoren
Metall A
ϑ1
ϑ0
Verbindungsstelle
U = k (ϑ1 - ϑ0)
Metall B
Ausgleichsleitung
ϑ1
Cu-Leitung
Thermostat
ϑ0 = konst.
A ~ (ϑ1 - ϑ0)
Bild 3.2.15: Temperaturmessung mit Thermoelementen.
An die Thermoelementleitungen werden bei größerer Entfernung zum Messgerät so genannte Ausgleichsleitungen angeschlossen (Bild 3.2.15). Sie haben die gleichen thermoelektrischen Eigenschaften wie das Thermoelement, sind aufgrund großer Leiterquerschnitte
aber niederohmig und führen zur Vergleichsstelle. Die Weiterführung zu einem externen
Messgerät kann dann mit Cu-Leitungen erfolgen, allerdings müssen alle Verbindungen zwischen Ausgleichs- und Kupferleitungen auf derselben Temperatur wie die Vergleichsstelle
gehalten werden.
Aus den üblicherweise geringen Durchmessern von Thermodrähten ergibt sich der große
Vorteil von Thermoelementen, nämlich ihre Kleinheit. Mit ihnen lassen sich Messungen ausführen, bei denen die Temperatur des Messobjektes nur geringfügig gestört wird. Der Begriff
Mantelthermoelemente steht für eine spezielle Form, die mittels eines Mantels aus rostfreiem
Stahl gegen mechanische Beschädigung und aggressive Medien geschützt ist. Die Abmessungen und Toleranzen der Drähte sowie die Eigenschaften der Thermoelemente sind in
DIN IEC 584 genormt.
Widerstandsthermometer
Der elektrische Widerstand der meisten Materialien ist eine Funktion der Temperatur. Er
lässt sich in der Praxis nutzen, um die Temperatur elektrisch zu messen. So finden in Temperaturfühlern Widerstände aus Platin (-220°C bis +850°C) oder Nickel (-60°C bis +200°C)
Anwendung, die bei 0°C einen Betrag von typischerweise 100 Ω haben. Die relative Widerstandsänderung beträgt hierbei für Platin 3,85⋅10-3 K-1 und für Nickel 6,17⋅10-3 K-1. Die Durchmesser dieser Temperaturgeber liegen handelsüblich zwischen 1 mm und 6 mm, ihre Längen zwischen 6 mm und 60 mm. Aufgrund ihrer großen Abmessungen und wegen der Notwendigkeit, sie mit einer Hilfsspannung zu betreiben, finden sie bei Oberflächenmessungen
kaum Verwendung.
Eine besondere Form sind Halbleiter-Widerstandselemente mit einem sehr viel höheren
Temperaturkoeffizienten. Allerdings haben sie deutlich nichtlineare Kennlinien. Ihr Messbe26.03.10
3.17
Versuchstechnik
3.2 Messprinzipien und Sensoren
reich liegt zwischen -100°C und +400°C. Sie sind vor allem in schnell reagierenden, transportablen Messgeräten hoher Auflösung enthalten (Sekundenthermometer).
3.2.10 Optische Abbildung – Kamerabasierte Systeme
Eine Sonderstellung unter den Sensoren nehmen kamerabasierte Systeme ein. Während
alle bisherigen Messgeber zur Ermittlung einer einzelnen, weitgehend punktuell definierten
Messgröße dienten, können mit Kameras flächenhafte Aufnahmen interessierender Parameter gewonnen werden. Dies betrifft im Besonderen Dehnungen und Temperaturen:
Photogrammetrie zur Dehnungsermittlung
Bild 3.2.16 zeigt das prinzipielle Schema zur Dehnungsermittlung mit Hilfe zweier Kameras.
Diese verfolgen die Bewegung eines Musters, das auf das interessierende Bauteil bzw. die
Werkstoffprobe aufgebracht wurde und sich unter der Belastung des Prüflings verformt (Anstelle des Musters können auch markante Oberflächenpunkte benutzt werden, die sich aus
der Werkstoffstruktur oder der Oberflächenbeschaffenheit des Bauteils ergeben.) Durch Vergleich entsprechender Punkte des ursprünglichen und des verzerrten Musters mit Mitteln der
digitalen Bildverarbeitung können überall auf der Oberfläche des Prüfobjekts die örtlichen
Dehnungen ermittelt werden. Der Gebrauch zweier Kameras in Verbindung mit Stereoverfahren ermöglicht dabei die Betrachtung räumlicher Dehnungsbewegungen sowie die Untersuchung an gekrümmten Oberflächen.
Thermographie
Wird eine Werkstoffprobe oder ein Bauteil dynamisch belastet, so erzeugen mikroskopische
Reibbewegungen innerhalb des Werkstoffs Wärme, die bei schlecht wärmeleitenden Materialien (wie faserverstärkte Kunststoffe) mit Infrarotkameras gut zu beobachten ist. Dies ermöglicht einen Einblick in die innere Struktur dünnwandiger Prüfobjekte und lässt beispielsweise eine beginnende Rissbildung frühzeitig erkennen. (Bei der Durchführung derartiger
Messungen muss allerdings sorgfältig darauf geachtet werden, dass das Ergebnis nicht
durch Wärmestrahlung verfälscht wird, die die Probe unbeabsichtigt reflektiert oder die die
Probe aufheizt. Ebenso ist der örtliche Emissionsgrad der Probe zu beachten der durch den
Werkstoff, die Oberflächenbeschaffenheit, eine eventuelle Verschmutzung und die Temperatur selbst bestimmt wird.) Tabelle 3.2.4 enthält die Kenndaten einer für derartige Zwecke
eingesetzten digitalen Kamera.
Bild 3.2.16: Prinzip der photogrammetrischen räumlichen Dehnungsermittlung.
26.03.10
3.18
Versuchstechnik
3.3 Verstärker
Tabelle 3.2.4: Kennwerte einer typischen digitalen Wärmebildkamera.
Wellenlängenbereich
8 µm bis 12 µm
Messbereich
–40°C bis +1200°C
Typ:
Temperaturauflösung
±0,03 K
Varioscan
3021 ST
Objektfeld
30° (horiz.), 20° (vertik.)
Bildpunkte
360 (horiz.), 240 (vertik.)
Objektentfernung
0,2 m bis unendlich
Bildfolgezeit
0,9 s
3.3 Verstärker
Die meisten Aufnehmer bzw. Sensoren zur elektrischen Messung mechanischer Größen
geben nur ein sehr kleines elektrisches Signal ab, das erst verstärkt werden muss, bevor
man es zur Anzeige oder Registrierung verwenden kann. Diese Aufgabe übernehmen Messverstärker, die wesentliche Teile von Messketten sind (Bild 3.1.3). Erst hierdurch ergeben
sich die Vorteile, die das elektrische Messen nichtelektrischer Größen bietet. Der grundsätzliche Nachteil besteht darin, dass Verstärker zusätzliche Ungenauigkeiten in die Messkette
einbringen. Dank moderner Elektronik können aber die Einflüsse von Verstärkerfehlern auf
das Messergebnis sehr klein gehalten und oftmals vernachlässigt werden.
3.3.1 Integrierte Schaltkreise
Typische elektrische Größen im Zusammenhang mit Sensoren sind Ausgangsspannung,
Ausgangsstrom, Widerstand, Leistung, Phase und Frequenz. Sie in die für die Weiterverarbeitung üblichen Signalformen zu überführen, ist ebenfalls Aufgabe von Verstärkern. Meist
basieren diese hierbei auf gegengekoppelten Messverstärkern unter Einsatz integrierter
Schaltkreise, die eine elektrische Größe am Eingang aufnehmen, sie um den Faktor V verstärken und sie in dieser Form am Ausgang wieder zur Verfügung stellen:
Integrierte Schaltkreise sind Hauptbestandteile eines Verstärkers und als mehrstufige Transistorschaltungen ausgebildet. Sie unterliegen in ihren Eigenschaften nur geringen
Schwankungen infolge Alterung oder Temperatureinfluss. Beispielsweise liegt die temperaturbedingte scheinbare Änderung des Abfalls der Eingangsspannung bei Werten,
die kleiner als 1 µV/K sind. Die Eingangswiderstände liegen bei ungefähr bei 104 Ω bis
1012 Ω, der Verstärkungsfaktor V typischerweise bei ungefähr 105. Andere Verstärkungen erreicht man (neben weiteren Besonderheiten des Übertragungsverhaltens) durch
die nachfolgend erläuterte Gegenkopplung.
Gegengekoppelte Messverstärker: Der in Bild 3.3.1 dargestellte Verstärker soll ohne Zusatzschaltung den Verstärkungsfaktor V0 besitzen. Sein Ausgangssignal xa gelangt
über das Gegenkopplungsnetzwerk mit dem Übertragungsmaß G zu einer Vergleichsstelle, an der es vom Eingangssignal xe subtrahiert wird. Hierbei muss das rückgekoppelte Signal vom gleichen Typ (Strom oder Spannung) wie das Eingangssignal sein.
Als Verstärkung ergibt sich aus der Gleichung xa = V0(xe – Gxa) :
V=
26.03.10
xa
x − G xa
x − GVxe
V0
.
= V0 e
= V0 e
⇒ V=
xe
xe
xe
1 + GV0
(3.3.1)
3.19
Versuchstechnik
xe +
3.3 Verstärker
xa
V0
–
G
Bild 3.3.1: Gegengekoppelter Messverstärker.
Für GV0 >> 1 gilt V ≈ 1/G. Demnach ist für das Übertragungsverhalten des gegengekoppelten Verstärkers nur das Gegenkopplungsglied maßgebend. Bild 3.3.2 zeigt hierzu
zwei wichtige Schaltbeispiele.
3.3.2 Verstärkerarten
Als wichtigste Verstärkerarten in der Versuchstechnik sind Gleichspannungs- und Trägerfrequenzverstärker gebräuchlich.
Gleichspannungsverstärker
Gleichspannungsverstärker sind notwendig, wenn Größen gemessen werden sollen, die sich
eher langsam verändern oder wenn bei schnell veränderlichen Größen ein überlagerter statischer Anteil erfasst werden soll. Ihr Frequenzbereich reicht von f = 0 Hz bis ca. 300 kHz und
stellt den wesentlichen Vorteil dieser Verstärkerart dar. Bei ihrer Anwendung ist jedoch zu
beachten, dass Störspannungen (z.B. Thermospannungen), die in den Anschlüssen der
Messleitungen entstehen, und Störungen durch elektrische oder magnetische Streufelder
nicht ohne weiteres unterdrückt werden können. Letztere, externe Einstreuungen können im
Allgemeinen nur durch sorgfältige Abschirmung verhindert werden. Interne Einstreuungen
Art der
Gegenkopplung
Schaltung
Übertragungsverhalten
+
eingeprägte
Ausgangsspannung
auf
Eingangsspannung
Ue
–
R2
I≈0
R1
Ua
U a R1 + R2
≈
Ue
R1
(3.3.2)
+
eingeprägter
Ausgangsstrom
auf
Eingangsstrom
V=
Ia
I≈0
–
V=
Ie
R2
R1
I a R2 + R1
≈
Ie
R1
(3.3.3)
Bild 3.3.2: Schaltbeispiele für gegengekoppelte Messverstärker.
26.03.10
3.20
Versuchstechnik
3.3 Verstärker
aus der Stromversorgung der Verstärker („Netzbrumm“) lassen sich nur bei langsam veränderlichen Messsignalen unterdrücken.
Ein Sonderfall des Gleichspannungsverstärkers ist der Differenzverstärker. Er besteht aus
zwei symmetrisch zum Nullpotential angeordneten Verstärkern. Diese werden von dem zu
messenden Effekt gegensinnig angesteuert, wie es beispielsweise in Bild 3.2.12 der Fall ist.
Eine Störspannung am Eingang, die beide Verstärker gleichsinnig ansteuert, wird im Idealfall
nicht am Verstärkerausgang auftreten. Als Maß für die Güte eines Differenzverstärkers wird
der „Gleichtakt-Unterdrückungsfaktor“ angegeben, der die Größe von 106 erreichen kann.
Trägerfrequenzverstärker
Dieser Verstärkertyp wird in Verbindung mit induktiven oder kapazitiven Aufnehmern (Weg,
Geschwindigkeit) eingesetzt. Er ist für statische und dynamische Messungen im Bereich
f = 0 Hz bis 0,2 fT geeignet. Dabei ist fT die Trägerfrequenz (d.h. die Frequenz der Speisespannung), die üblicherweise 180 Hz bis 5 kHz beträgt, in Sonderfällen auch 50 kHz bis
100 kHz. Die Trägerfrequenz wird in einem zum Verstärker gehörenden Oszillator erzeugt.
Ihre Amplitude wird dann durch das Messsignal so gesteuert, dass eine amplitudenmodulierte Schwingung entsteht. Der eigentliche Verstärker arbeitet dann als Wechselspannungsverstärker in einem Frequenzbereich, der technisch leichter und mit weniger Aufwand zu
beherrschen ist. Nach der Verstärkung wird das amplitudenmodulierte Signal in einem Demodulator wieder gleichgerichtet. Dabei wird auch die Phasenlage korrigiert, so dass sie mit
der des Eingangssignals übereinstimmt.
3.3.3 Anforderungen an Messverstärker
Wie bereits erwähnt sollte ein Messverstärker vor allem keine oder nur vernachlässigbar
geringe Fehler in die Messkette einbringen. Die Qualität eines Verstärkers bemisst sich deshalb danach, wie gut er diese Forderung erfüllt. Quantitative Aussagen dazu lassen sich anhand der Kriterien Linearität, Nullpunktsstabilität, Amplituden-Frequenzgang, Sprungantwort,
Signal-Rausch-Spannungsverhältnis und Eingangs-/Ausgangswiderstand gewinnen:
Linearität
Der Zusammenhang zwischen Verstärkereingangs- und Verstärkerausgangsgröße (Spannung oder Strom) wird durch die Verstärkerkennlinie (Bild 3.3.3) charakterisiert. Diese muss
im Betriebsbereich näherungsweise linear sein. Ihre Steigung stellt den Verstärkungsfaktor
dar. Die relative Größe verbleibender Nichtlinearitäten ist ein Maß für die Verstärkerqualität.
Nullpunktsstabilität
Diese Kenngröße ist dementsprechend maßgebend für die Stabilität des Verstärkernullpunkts, und zwar auch gegenüber Änderungen der Betriebsspannung (Netzspannungsschwankungen). Die Nullpunktsdrift ist genau genommen die über eine gewisse Zeit oder bei
einer Temperaturänderung auftretende Ausgangsspannung bei kurzgeschlossenem Eingang
des Verstärkers (Ue = 0). Sie wird im Allgemeinen mit Hilfe des Verstärkungsfaktors auf die
Eingangsspannung umgerechnet und pro Kelvin angegeben (z.B. 0,5% bis 3% pro 10 K).
Bei handelsüblichen Geräten sind die Verstärkung V und die Nullpunktsverschiebung einstellbar. Diese beiden Größen sollten möglichst unabhängig von Zeit und Temperatur sein,
d.h. es darf keine „Drift“ der Verstärkerkennwerte auftreten.
Amplituden-Frequenzgang
Der Verstärkungsfaktor soll so wenig wie möglich abhängig von der Frequenz des Messsignals sein. Der Bereich, in dem ein Verstärker diese Forderung erfüllt, wird mit Hilfe des so
genannten Amplituden-Frequenzgangs ermittelt und dargestellt (Bild 3.3.4):
26.03.10
3.21
Versuchstechnik
3.3 Verstärker
Ua
V = Ua / Ue
Verstärkungsfaktor
Verstärkerkennlinie
Nullpunktsverschiebung
Ue
Nichtlinearität
Bild 3.3.3: Verstärkerkennlinie.
log
Ua Ausgangspannung, U0 Bezugsspannung
Ua
U0
1,00
-3 dB
0,71
fug
fog
log f
untere Grenzfrequenz
obere Grenzfrequenz
Bild 3.3.4: Amplitudenfrequenzgang (doppelt logarithmisches „Bode“-Diagramm).
Obere und untere Grenzfrequenz geben einen Frequenzbereich (Bandbreite) an, innerhalb
dessen der Amplitudenfehler einen zulässigen Wert nicht überschreitet. Häufig wird der Wert
-3 dB benutzt, bei dem die Amplitude der verstärkten Frequenz auf ungefähr 1/ 2 = 0,7071
gegenüber dem Wert bei mittleren Frequenzen abgesunken ist. (Dezibel dB ist das in der
Nachrichtentechnik übliche Maß, das den zwanzigfachen Zehnerlogarithmus des Verhältnisses zweier Spannungen wiedergibt, d.h. 20 log 1/ 2 ≈ -3 .)
Sprungantwort
Als Sprungantwort bezeichnet man das Ausgangssignal eines Verstärkers, wenn sich die
Eingangsgröße plötzlich um einen konstanten Betrag ändert (Sprungfunktion, Bild 3.3.5). Die
Antwortfunktion am Ausgang des Verstärkers wird mehr oder weniger verzerrt sein. Ihre charakteristischen Merkmale bilden ein weiteres Qualitätskriterium, ob ein gewählter Verstärker
die vorgesehene Aufgabe fehlerfrei erfüllen kann.
26.03.10
3.22
Versuchstechnik
3.3 Verstärker
Ue
1
t
Ua
ε Überschwingen
1
0,9
0,1
t
ts
Anstiegszeit
tp
Phasenlaufzeit
Bild 3.3.5: Sprungantwort.
Die Anstiegszeit bezeichnet hierbei die Zeitdauer, in der die Ausgangsspannung des Verstärkers von 10% auf 90% der Sprungfunktion ansteigt. Die Anstiegszeit ist umso kleiner, je
höher die Grenzfrequenz des Verstärkers liegt.
Die Ausgangsspannung schwingt nach dem plötzlichen Ansteigen auch ggf. über den Endwert hinaus. Dieses Überschwingen wird vor allem durch unterschiedliche Phasenlaufzeiten
der einzelnen Frequenzanteile des Signals verursacht.
Signal-Rausch-Spannungsverhältnis
Rauschen entsteht in jedem Widerstand einer elektronischen Schaltung infolge der Wärmebewegung der Elektronen, wobei sich Frequenz und Amplitude der Rauschspannung unregelmäßig ändern. Man spricht von weißem Rauschen, wenn die spektrale Rauschleistungsdichte von der Frequenz unabhängig ist, anderenfalls von farbigem Rauschen. Für Verstärker ist das Spannungsverhältnis zwischen dem eigentlichen Signal und dem Rauschanteil
wichtig, das als „Signal-Rausch-Spannungsabstand“ (SRSA) in dB angegeben wird:
SRSA = 20 ⋅ log
Signalampl itude
.
Effektivwe rt Rauschen
(3.3.4)
Das auf den Eingang bezogene Verstärkerrauschen darf das Eingangssignal nicht überschreiten. Am Beispiel eines elektroakustischen Verstärkers soll die Bedeutung dieser Größe
erläutert werden: Bei 0 dB Rauschabstand (Signalamplitude ≈ Effektivwert Rauschen) ist die
Grenze der Sprachverständlichkeit erreicht, 40 dB ergeben eine gute Wiedergabe und bei
60 dB ist das Rauschen gegenüber dem verstärkten Signal praktisch zu vernachlässigen.
Das Rauschen hängt aber auch vom Widerstand R der Signalquelle (Sensor und mögliche
Anpassungsschaltung) und der Bandbreite B = fog – fug des Verstärkers ab. Als Näherungswert für die Rauschspannung gilt dann:
26.03.10
3.23
Versuchstechnik
U eff ≈ 0,13 R ⋅ B
mit
Ueff in µV, R in kΩ und B in kHz.
3.3 Verstärker
(3.3.5)
Für beispielsweise R = 1 MΩ und B = 100 kHz ergibt sich Ueff = 41 µV. Beträgt die Eingangsauflösung des Verstärkers 1 mV, dann ist der Wert von Ueff unter Beachtung von Gleichung
(3.3.4) mit SRSA > 40 dB nicht mehr zulässig (da 20 log (1 mV / 41 µV) = 27,7 dB).
Eingangs- und Ausgangswiderstand
Eingangs- und Ausgangswiderstand sind wichtig für die Anpassung zwischen Sensor (mit
eventueller Zwischenschaltung) und Verstärker sowie für die Anpassung von Geräten an den
Verstärkerausgang (Anzeige- oder Registriergeräte, Analog-Digital-Wandler (siehe Abschnitt
3.4)). Um die Anpassung zwischen Verstärker und nachgeschalteten Geräten zu vereinfachen, hat man so genannte Einheitssignale für Verstärkerausgänge festgelegt: Entweder
benutzt man Spannungen von ±10 V oder man arbeitet mit Strömen von 0 mA bis 20 mA.
Darüber hinaus ist es zweckmäßig, wenn der Ausgangswiderstand des Sensors wesentlich
kleiner als der Eingangswiderstand des Verstärkers ist: Hat beispielsweise ein Sensor den
Ausgangswiderstand RS (Quellwiderstand) und soll der zulässige Messfehler kleiner als u%
sein, dann sollte RS höchstens u% vom Eingangswiderstand RE des Verstärkers betragen;
z.B. RS = 1 kΩ, u = 1% ergibt RE = 100 kΩ. (Vgl. hierzu Gleichung 3.2.2, wobei RS dem Widerstand R0 und RE dem Widerstand RB entspricht; der im Nenner stehende Ausdruck, der proportional zu R0/RB = RS/RE ist und der die Linearität verfälscht, sollte nicht mehr als ungefähr
u% des gesamten Nenners ausmachen.)
Die häufig verwendeten Spannungsverstärker zeichnen sich daher durch sehr hohe Eingangswiderstände aus (bis zu mehreren GΩ), so dass im Allgemeinen keine Anpassungsschwierigkeiten bestehen.
3.4 Digitalisierung von Messsignalen
In der Versuchstechnik liegen oftmals zeitgleich Signale vor, die sehr unterschiedlichen
Messketten entstammen. Übliche Sensor-Verstärker-Kombinationen geben zudem analoge
Spannungen aus, die zeitkontinuierlich und stufenlos proportional den Verlauf der jeweiligen
Messgröße repräsentieren. Deren Erfassung in der modernen Mess- und Prozessrechentechnik muss aber unabhängig von der Art der Messgröße fast immer digital erfolgen. Es
folgt daher per se die Notwendigkeit einer unstetigen Quantisierung der registrierten Messwerte und einer Überführung der zeitkontinuierlichen Signale in diskrete Zeitreihen.
Die Digitalisierung, wie sie in so genannten Analog/Digital-Wandlern (ADW, AD-Wandlern)
abläuft, vollzieht sich entsprechend in den zwei Bereichen „Abtastung“ auf der Zeitachse zu
diskreten Zeitpunkten mit Abstand h und „Quantisierung“ der Signalwerte in diskrete Stufen
mit Abstand q (Bild 3.4.1).
Aus dieser doppelten Umwandlung ergeben sich zwei wesentliche Vorteile, und zwar das
Potential zur Datenreduktion und die Möglichkeit der numerischen Behandlung von Messwerten. Jedoch kann die Diskretisierung auch Quelle zusätzlicher Fehler sein, deren Bedeutung und Vermeidung im Folgenden dargestellt wird.
3.4.1 Abtastung
Unter einem abgetasteten, d.h. zeitdiskreten Signal versteht man eine Funktion der diskreten
Zeitvariablen tk . Zwischen den Zeitpunkten tk kann der Signalwert bekannt, unbekannt oder
überhaupt nicht definiert sein. Die nach der Abtastung mit der Zeitintervalllänge tk+1 – tk = h
26.03.10
3.24
Versuchstechnik
3.4 Digitalisierung von Messsignalen
U
Analoges Signal
wert- und
zeitkontinuierlich
t
(Ausgang Sensorverstärker
= Eingang A/D-Wandler)
Abtastung
Abtastintervall,
Takt: ∆t = h
U
Abgetastetes Signal,
Zeitreihe
zeitdiskret,
wertkontinuierlich
t
h
Quantisierung
Stufe:
∆U = q
U
Digitales Signal
wert- und zeitdiskret
t
(Ausgang A/D-Wandler)
q
Bild 3.4.1: Digitalisierung.
anfallenden Werte eines zeitbegrenzten Signals (d.h. im Zeitfenster der Länge T ) werden so
beschrieben:
, t < 0 und t > T = N ⋅ h
0

xd :=  xk := x ( kh) , t = t k = k ⋅ h
0
, t k < t < t k +1
mit
xd
tk
k
h
N
T
Werte der Zeitreihe xk,
Diskretisierungszeitpunkte,
Zähler, k = 0, 1, … , N,
Abtastintervall,
Anzahl der Abtastwerte,
Länge des Zeitfensters.
(3.4.1)
3.4.2 Abtasttheorem
Der Kehrwert des Abtastintervalls h ist die Abtastfrequenz fa , also die Zahl der Abtastwerte
pro Zeiteinheit. Wenn bei einer Messung das dynamische Verhalten (z.B. Schwingungen)
eines Prüfobjektes im Mittelpunkt der Messaufgabe steht, dann muss zur Vermeidung von
Spektralfehlern die Abtastung nach bestimmten Regeln erfolgen. Mit Mitteln der spektralen
Signalanalyse lässt sich hierzu zunächst zeigen, dass man aus einer Zeitreihe xk den Verlauf
des Signal x(t) rekonstruieren kann, wenn die höchste im Messsignal enthaltene Frequenz fg
kleiner ist als die halbe Abtastfrequenz fa = 1/h. Hieraus folgen:
26.03.10
3.25
Versuchstechnik
3.4 Digitalisierung von Messsignalen
fg <
das „Shannonsche Abtasttheorem“
und die Anzahl abzutastender Werte für gegebenes T : N =
fa
1
bzw. h <
2
2 fg
(3.4.2)
T
≥ 2 f g ⋅T .
h
(3.4.3)
Dementsprechend ist die halbe Abtastfrequenz die höchste erfassbare Frequenz eines beliebigen Signals x(t). Für sie hat sich der Name „Nyquistfrequenz“ eingebürgert.
Falls das Messsignal jedoch Anteile mit höheren Frequenzen als die Nyquistfrequenz enthält, werden diese fälschlicherweise auf den Frequenzbereich 0 < f < fa /2 abgebildet, so dass
das ursprüngliche Messsignal x(t) nicht mehr vollständig aus den Abtastwerten xd rekonstruiert werden kann. Bild 3.4.2 zeigt wie die falsche Frequenzzuordnung zustande kommt.
Zur Vermeidung dieses systematischen Fehlers bei der Abtastung stehen zwei unabhängige
Maßnahmen zur Verfügung:
1.
Wahl einer Abtastfrequenz, die das Shannonsche Abtasttheorem erfüllt
2.
Antialiasingfilter. Mit diesem Filter werden vor der Abtastung im AD-Wandler alle Frequenzen größer als die Nyquistfrequenz aus dem Messsignal herausgefiltert (Tiefpass), so dass die danach noch vorhandenen Frequenzanteile dem Abtasttheorem genügen. (Voraussetzung ist allerdings, dass die entsprechenden Frequenzanteile für die
Weiterverarbeitung des Signals unerheblich sind.)
3.4.3 Quantisierung und Quantisierungsfehler
Der Quantisierungsfehler ist die Folge der Arbeitsweise von AD-Wandlern, welche die Momentanwerte von Messsignalen als Vielfaches fest vorgegebener Stufen darstellen. Er ist
prinzipiell unvermeidbar, lässt sich aber durch eine große Zahl kleiner Stufen auf einen praktisch vernachlässigbar kleinen Wert drücken.
Amplitude
(normiert)
Signal
rekonstruiertes
Signal
Abtastwerte
1
Zeit
0
-1
Abtastintervall h
Periode
h>
τ
2
(! )
τ
Bild 3.4.2: Digitalisierung.
26.03.10
3.26
Versuchstechnik
3.4 Digitalisierung von Messsignalen
Digitale Messwerterfassungssysteme benutzen wie Digitalrechner intern das binäre Zahlensystem, bei dem eine Dezimalzahl über den Ausdruck 2m dargestellt wird. Die Auflösung ist
somit eine Funktion des Exponenten m, der mit 2m die Anzahl der Stufen bei der Quantisierung bestimmt und mit der Anzahl der Bits oder der Länge eines binären Wortes gleichbedeutend ist.
Wie am Ende von Abschnitt 3.3 erwähnt liegen Messsignale typischerweise im Bereich von
±10 V. Wird bei der AD-Wandlung hierzu m = 12 gewählt, so folgt eine Quantisierungsstufe
q = 20 V / 212 = 4,88 mV. Damit hat die relative Messunsicherheit, bezogen auf den absoluten
Maximalwert von 10 V, einen Wert von 0,488⋅10-3. Dies ist in einfachen Fällen zur Vernachlässigung des Quantisierungsfehlers völlig ausreichend (vgl. hierzu Tabelle 3.4.1).
Unter zusätzlicher Einführung des logarithmischen Größenverhältnisses a gilt zusammenfassend:
U 
a = 20 ⋅ log   bzw. U = q ⋅100, 05a
q
U größtes zu messendes Spannungsintervall,
üblicherweise 20 V
q kleinste Quantisierungsstufe,
Auflösung
a logarithmisches Größenverhältnis,
„Dynamik“ in Dezibel (dB)
(3.4.4)
mit
Aus U/q = 100,05a = 2m folgt zusätzlich nachstehende Formel, die eine Abschätzung ermöglicht,
welche Wortlänge m zu wählen ist, damit die notwendige „Dynamik“ erreicht beziehungsweise ein vorgegebener Fehlergrenzwert nicht überschritten wird.
m≈
a
6
(3.4.5)
Tabelle 3.4.2 enthält hierzu einige Beispiele.
Tabelle 3.4.1: Zusammenhang zwischen Wortlänge und Auflösung für einen Messsignalbereich von ±10 V.
11
10
9
1024 512
8
7
6
5
4
3
2
1
0
Bit n
256
128
64
32
16
8
4
2
1
Dezimalwert 2n
8 Bit ⇔ ±10 V
q = 78,13 mV
±
10 Bit ⇔ ±10 V
q = 19,53 mV
±
12 Bit ⇔ ±10 V
q = 4,88 mV
±
LSB
MSB
S
0
26.03.10
1
0
1
0
1
0
0
1
1
1
0
Least Significant Bit
(LSB)
Most Significant Bit
(MSB)
Vorzeichenbit
(Sign)
Beispiel:
1358 @ 4,88 mV
= 6,627 V
3.27
Versuchstechnik
3.4 Digitalisierung von Messsignalen
Tabelle 3.4.2: Beispiele zum logarithmischen Größenverhältnis a.
a in dB
q/U
m
26.03.10
24
48
60
72
96
108
63,10⋅10-3
3,98⋅10-3
1⋅10-3
0,25⋅10-3
0,016⋅10-3
0,004⋅10-3
4
8
10
12
16
18
3.28
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