WS 2005/06 Aufgabenblatt 1 – Ausgewählte Lösungen Elementare Zahlentheorie (C. Mohr) Vollständige Induktion 1. Beweisen Sie: Für alle n ∈ N gilt 1 1·3 + 1 3·5 + ... + 1 (2n−1)(2n+1) = n . 2n+1 1 1. Induktionsanfang für n = 1: 1·3 = 13 . 2. Induktionsschluss: a) Induktionshypothese (Induktionsannahme): 1 1 n 1 + 3·5 + . . . + (2n−1)(2n+1) = 2n+1 (*). Gelte für ein n ∈ N: 1·3 1 1 1 1 n+1 b) Induktionsbehauptung: 1·3 + 3·5 + . . . + (2n−1)(2n+1) + (2n+1)(2n+3) = 2n+3 1 1 1 n 1 1 Beweis: + + ... + = 2n+1 + (2n+1)(2n+3) + (2n+1)(2n+3) 1·3 3·5 (2n − 1)(2n + 1) | {z } n = 2n+1 , wegen (*) (n+1)(2n+1) 2n2 +3n+1 n+1 = (2n+1)(2n+3) = (2n+3)(2n+1) = 2n+3 (Nenner nicht ausmultiplizieren!) q.e.d. 2. Beweisen Sie: Für alle n ∈ N gilt 1 + 4 + 7 + . . . + (3n − 2) = 12 n(3n − 1). 1. Induktionsanfang (Ind.verankerung) für n = 1: 1 = 21 · 1(3 · 1 − 1) = 1 (w). 2. Induktionsschritt (oder Induktionsschluss): a) Induktionsannahme (Induktionshypothese): Gelte für ein k ∈ N: 1 + 4 + 7 + . . . + (3k − 2) = 12 k(3k − 1) (*). b) Induktionsbehauptung: Dann gilt auch: 1 + 4 + 7 + . . . + [3(k + 1) − 2] = 21 (k + 1)[3(k + 1) − 1]. c) Beweis: Denn 1 + 4 + 7 + . . . + (3k − 2) +[3(k+1)−2] = 12 k(3k−1)+(3(k+1)−2) | {z } 1 = 2 k(3k−1), wegen (*) 1 = 2 k(3k − 1) + 3k + 1 = 12 [k(3k − 1) + 6k + 2] = 21 (3k 2 + 5k + 2) = 12 (k + 1)(3k + 2) = 1 (k + 1)[3(k + 1) − 1] q.e.d. 2 Hinweis: Das Ausklammern bei der vorletzten Umformung ist naheliegend, weil man aufgrund der Ind.beh. weiß“, dass (k + 1) ausgeklammert werden kann. ” 3. Beweisen Sie: Für alle n ∈ N gilt 3 + 7 + 11 + . . . + (4n − 1) = n(2n + 1). Zu zeigen: Für alle n ∈ N gilt: 3 + 7 + 11 + . . . + (4n − 1) = n(2n + 1). 1. Induktionsanfang (Ind.verankerung) für n = 1: 4 · 1 − 1 = 1(2 · 1 + 1) = 3 (w). 2. Induktionsschritt (oder Induktionsschluss): a) Induktionsannahme (Induktionshypothese): Gelte für ein k ∈ N: 3 + 7 + 11 + . . . + (4k − 1) = k(2k + 1) (*). b) Induktionsbehauptung: Dann gilt auch: 3 + 7 + 11 + . . . + [4(k + 1) − 1] = (k + 1)[2(k + 1) + 1]. c) Beweis: Denn 3 + 7 + 11 + . . . + (4k − 1) +[4(k+1)−1] = k(2k+1)+(4(k+1)−1) | {z } =k(2k+1), wegen (*) = 2k 2 + k + 4k + 4 − 1 = 2k 2 + 5k + 3 = (k + 1)(2k + 3) = (k + 1)[2(k + 1) + 1] q.e.d. Hinweis: Das Ausklammern bei der vorletzten Umformung ist naheliegend, weil man aufgrund der Ind.beh. weiß“, dass (k + 1) ausgeklammert werden kann. ” 4. Beweisen Sie: Für alle n ∈ N gilt 12 + 22 + 32 + . . . n2 = 16 n(n + 1)(2n + 1). Zu zeigen: Für alle n ∈ N gilt: 12 + 22 + 32 + . . . + n2 = 61 n(n + 1)(2n + 1). 1. Induktionsanfang (Ind.verankerung) für n = 1: 12 = 16 · 1(1 + 1)(2 · 1 + 1) = 1 (w). 2. Induktionsschritt (statt k wird n verwendet – beides ist möglich): a) Induktionsannahme (Induktionshypothese): Gelte für ein n ∈ N: 12 + 22 + 32 + . . . + n2 = 16 n(n + 1)(2n + 1) (*). b) Induktionsbehauptung: Dann gilt auch: 12 + 22 + 32 + . . . + n2 + (n + 1)2 = 61 (n + 1)(n + 2)[2(n + 1) + 1]. 2 c) Beweis: Denn |12 + 22 + 3{z + . . . + n}2 +(n + 1)2 = 16 n(n + 1)(2n + 1) + (n + 1)2 = 16 n(n+1)(2n+1), wegen (*) (n+1)[ 16 n(2n+1)+(n+1)] = (n+1) 16 [n(2n+1)+6(n+1)] 1 (n + 1)(n + 2)(2n + 3) = 61 (n + 1)(n + 2)[2(n + 1) + 1] 6 = 61 (n+1)(2n2 +7n+6) = = q.e.d. Hinweis: Das Ausklammern ist wiederum naheliegend, weil man aufgrund der Ind.beh. weiß“, dass sowohl 16 (n + 1) als auch (n + 2) ausgeklammert werden kann. ” 6. Ermitteln Sie für den Wert der Summe durch Probieren einen von n abhängigen Term T (n) und beweisen Sie Ihre Vermutung. Für alle n ∈ N gilt 1 · 1! + 2 · 2! + 3 · 3! + . . . + n · n! = T (n). Durch Probieren findet man für n = 1, 2, 3, 4 die Summenwerte 1, 5, 23, 119. Durch Vergleich mit den 1. Fakultäten 1, 2, 6, 24, 120 findet man: T (n) = (n + 1)! − 1. Behauptung: Für alle n ∈ N gilt 1 · 1! + 2 · 2! + 3 · 3! + . . . + n · n! = (n + 1)! − 1. 1. Induktionsanfang für n = 1: 1 · 1! = 1 = (1 + 1)! − 1 ist richtig. 2. Induktionsschluss: a) Induktionshypothese (Induktionsannahme): Gelte für ein n ∈ N: 1 · 1! + 2 · 2! + 3 · 3! + . . . + n · n! = (n + 1)! − 1 (*). b) Induktionsbehauptung: 1 · 1! + 2 · 2! + 3 · 3! + . . . + (n + 1) · (n + 1)! = (n + 2)! − 1 c) Induktionsbeweis: 1| · 1! + 2 · 2! + 3{z· 3! + . . . + n · n!} +(n + 1) · (n + 1)! = (n + 1)! − 1 + (n + 1) · (n + 1)! =(n+1)!−1, wegen (*) = (n + 1)!(1 + (n + 1)) − 1 = (n + 1)!(n + 2) − 1 = (n + 2)! − 1. q.e.d. 7. Bestimmen Sie ein geeignetes n0 und beweisen Sie Ihre Vermutung. Für alle x ∈ R+ und n ∈ N, n > n0 , gilt (1 + x)n > 1 + nx. Für n = 0 und n = 1 besteht Gleichheit, die Aussage trifft also nicht zu. Sie gilt für alle n ∈ N, n ≥ 2. 1. Induktionsanfang (Ind.verankerung) für n = 2: (1 + x)2 = 1 + 2x + x2 > 1 + 2x, da x 6= 0 (w). 2. Induktionsschritt (oder Induktionsschluss): a) Induktionsannahme (Induktionshypothese): Gelte für ein n ∈ N, n ≥ 2: (1 + x)n > 1 + nx (*). b) Induktionsbehauptung: Dann gilt auch: (1 + x)n+1 > 1 + (n + 1)x. ·(1 + x) > (1 + nx)(1 + x) = c) Beweis: Denn (1 + x)n+1 = (1 + x)n | {z } >1+nx, wegen (*) 1 + (n + 1)x + nx2 > 1 + (n + 1)x, da x 6= 0. 8. Bestimmen Sie ein geeignetes n0 und beweisen Sie: Für alle n ∈ N, n > n0 , gilt: 2n > n2 . Durch Probieren stellt man fest, dass die Ungleichung für n = 0, 1 gilt, für n = 2, 3, 4 nicht; ab n = 5 gilt sie wiederum. Wir setzen n0 = 4 und beweisen die entsprechende Aussage. 1. Induktionsanfang für n = 5: 25 = 32 > 25 = 52 , ist richtig. 2. Induktionsschluss: a) Induktionshypothese (Induktionsannahme): Gelte für ein n ∈ N, n > 4: 2n > n2 (*). b) Induktionsbehauptung: 2n+1 > (n + 1)2 c) Induktionsbeweis: 2n+1 = 2 · 2n > 2n2 (wegen (*)) = n2 + n2 = (n2 + 2n + 1) − 2n − 1 + n2 = (n + 1)2 + (n2 − 2n + 1) − 2 = (n + 1)2 + (n − 1)2 − 2 > (n + 1)2 , wobei das letzte Ungleichheitszeichen nur gilt, | {z } >0, falls n≥3 falls n ≥ 3. 9. Suchen Sie den Fehler in folgendem Beweis“. ” Aussage: Alle natürlichen Zahlen sind gleich. Induktionsanfang: 1 = 1, 1 ist zu sich selber gleich: Richtig! Induktionsschluss: Induktionsannahme: 1 = 2 = 3 = . . . = n (*) Induktionsbehauptung: 1 = 2 = 3 = . . . = n = n + 1 Induktionsbeweis: Durch Addition von 1 ergibt sich: (*) ⇐⇒ 2 = 3 = 4 = . . . = n = n+1, ferner folgt aus (*) insbesondere 1 = 2. Daher folgt wegen der Transitivität der Gleichheitsrelation die Induktionsbehauptung. Der Fehler steckt im Induktionsschluss. Die Idee des Induktionsschlusses lässt sich schon beim Schluss von n = 1 auf n = 2 nicht umsetzen. Für n = 1 gilt 1 = 1 (s. Ind. anfang). Hieraus folgt lediglich 2 = 2, aber niemals 1 = 2. Eine exakte Formulierung der zu beweisenden Aussage beleuchtet das eigentliche Problem: Alle ” natürlichen Zahlen sind gleich.“ lässt sich nur auf eine Art in die exakte Sprache der Mengen übersetzen: Für alle n, m ∈ N gilt n = m.“ Das heißt jedoch nichts anderes ” als: Es gibt höchstens eine natürliche Zahl. Im Lichte dieser Formulierung sind die im Beweis auftretenden Gleichungsketten jedoch überflüssig, man schreibt ja auch nicht 8 = 8 = 8 = 8 = 8 = 8. Würde man Induktionshypothese und -behauptung anschließend korrekt formulieren, kämen diese Ketten nicht mehr vor. Man würde z.B. annehmen: Gelte für eine Menge Nn = {1, 2, . . . , n}: Für alle a, b ∈ Nn ist a = b. Beim Übergang auf die – analog zu definierende – Menge Nn+1 könnte man für das hinzukommende Element n + 1 nichts aussagen, lediglich der Schluss a, b ∈ Nn ⇒ a + 1 = b + 1 wäre korrekt – der bringt aber nichts für den Induktionsschritt.