Nervenschmerzen durch Borreliose - eine durch Zecken übertragene Erkrankung Ein Service von Temmler Pharma GmbH & Co. KG Temmlerstraße 2, 35039 Marburg Tel. (06421) 494-0 E-Mail: [email protected] www.temmler.de Nervenschmerzen durch Borreliose - eine durch Zecken übertragene Erkrankung Zecken können zwei verschiede Krankheiten übertragen. Neben den Borrelien, die Borreliose auslösen können, tragen die Zecken noch einen weiteren Krankheitserreger in sich, das sogenannte FSMEVirus, das Frühsommermeningoenzephalitis verursachen kann. Obwohl beide Erkrankungen einige Gemeinsamkeiten haben, richtet sich diese Broschüre ausschließlich an Patienten mit einer Borrelioseerkrankung! Was versteht man unter Borreliose? Die Borreliose ist eine Infektionskrankheit, die durch einen Zeckenstich übertragen wird. In Deutschland werden pro Jahr ca. 50.000 Menschen neu mit dem Erreger infiziert. Auslöser ist das Bakterium Borrelia burgdorferi, das nach seinem Schweitzer Entdecker Willy Burgdorfer benannt wurde. In Fachkreisen wird die Erkrankung auch als LymeBorreliose bezeichnet. Dieser Name geht auf den kleinen Ort Lyme im US-Bundesstaat Connecticut zurück, in dem in den 70er Jahren gehäuft Gelenkentzündungen und starke Schmerzen auftraten. Allen Patienten war gemeinsam, dass Sie zuvor einen Zeckenstich erlitten hatten. Der Erreger der Lyme-Borreliose ist weltweit verbreitet, jedoch sind nicht alle Zecken mit diesem Erreger infiziert. In Deutschland gibt es ein starkes Nord-Südgefälle. Während in den nördlichen Bundesländern die Zecken nur etwa zwischen 6 % bis 10 % mit dem Erreger durchseucht sind, sind im süd- und mitteldeutschen Raum 20 % bis 30 % der Zecken betroffen. 1 Wie kommt es zur Übertragung? Zecken fühlen sich überall dort wohl, wo es feucht und warm ist. Der Lebensraum der Zecken sind Sträucher, Büsche und Gräser in Wäldern, Parks und Gärten. Sie halten sich überall dort auf, wo es Wirte gibt, von deren Blut sie sich ernähren können. Beliebt sind Nagetiere, Vögel, Igel, aber auch Menschen und Haustiere. Ist ein passendes „Opfer“ gefunden sucht die Zecke auf ihrem Wirt eine geeignete Stelle, um dann mit ihrem Saugapparat die Haut zuerst aufzuschneiden und danach den Saugrüssel, der mit Widerhaken versehen ist, in die Haut zu stechen. Man spricht also nicht, wie irrtümlich angenommen wird, von einem Zeckenbiss, sondern von einem Zeckenstich! Während des Einstechens in die Haut gibt die Zecke einen im Speichel enthaltenen Stoff ab, der die Einstichstelle betäubt. Daher werden viele Zeckenstiche von den Betroffenen nicht wahrgenommen. Das Bakterium Borellia burgdorferi kommt erst nach einem Saugvorgang von 12-36 Stunden in den Körper des Wirts, weil sich der Erreger nicht im Speichel sondern im Magen - Darmtrakt der Zecke befindet (im Gegensatz zum FSME-Virus, der sofort mit dem Speichel übertragen werden kann). Eine Borreliose kann nur durch Zecken übertragen werden. Eine direkte Übertragung der Borrelien von Mensch zu Mensch ist nicht bekannt, d. h. erkrankte Personen sind nicht ansteckend!!! 2 Symptome Beim Blutsaugen am Menschen übertragen sich nach einiger Zeit die Bakterien in den Blutkreislauf des Menschen und können hier die unterschiedlichsten Symptome (Krankheitsanzeichen) hervorrufen. Diese reichen von akuten Hautläsionen bis hin zu schweren rheumatologischen, neurologischen und kardialen (= das Herz betreffenden) Erscheinungen. Jedes dieser Symptome kann isoliert, aber auch in Kombination auftreten. Zwischen dem Zeckenstich und dem Auftreten der ersten Symptome liegen mehrere Tage, es kann aber auch Monate und Jahre dauern, bis sich die ersten Anzeichen einer Borreliose zeigen. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen Menschen mit den Borrelien infiziert sind und die Krankheit nicht ausbricht! Stadien Meist verläuft die Erkrankung in unterschiedlichen Stadien. Die Übergänge zwischen den einzelnen Stadien sind oft fließend, daher ist eine exakte Zuordnung nicht immer möglich. Stadium I - Wanderröte Typischerweise zeigt sich nach einigen Tagen oder auch Wochen eine Hautrötung um die Einstichstelle, die Erythema chronicum migrans oder auch „Wanderröte“ genannt wird. Diese breitet sich ringförmig in alle Richtungen aus und verblasst um die Einstichstelle. Die Wanderröte klingt innerhalb einiger Wochen vollständig ab. Gleichzeitig können grippeähnliche Symptome wie Gliederschmerzen, Müdigkeit und Fieber auftreten. Je nach dem wo sich die Einstichstelle am menschlichen Körper befindet, wird der Zeckenstich häufig nicht bemerkt. Dies erschwert die spätere Diagnosestellung, den Heilungserfolg und kann zu Stadium II der Erkrankung führen. Daher ist eine frühe Behandlung wichtig! 3 Stadium II - Neurologische Beschwerden Ohne Behandlung kann es nach einigen Wochen bis Monaten bei manchen Infizierten zu Entzündungen der Gelenke (Arthritis), des Herzmuskels (Myokarditis) und des Nervensystems (Hirnhäute, Gehirn oder Nervenwurzeln am Rückenmark) kommen. Charakteristisch sind Gefühlsstörungen und zum Teil extreme Schmerzen mit einschießendem und/oder brennendem Charakter im Bereich der Arme, Beine und gürtelförmig am Rumpf. Auch Lähmungen sind möglich. Erste Anzeichen dieses Stadiums II können sein: 4 • Gelenkschmerzen und Muskelschmerzen in den Füßen • Schmerzen an den Zehen, am Fußballen, Schmerzen an der vorderen Unterschenkelmuskulatur • nicht erklärbare Erschöpfung und Müdigkeit • geschwollene Lymphknoten • Halsschmerzen • Herzklopfen, Herzstolpern, Block (Unterbrechungen) im Herzreizleitungssystem • Gesichtslähmung • Schwindel, Gleichgewichtsstörung • Vergesslichkeit, Konzentrationsstörungen • Desorientiertheit Dieses Stadium kann Wochen, teilweise auch Monate andauern. Wenn die Borreliose nicht rechtzeitig und ausreichend behandelt wird, kann die Erkrankung fortschreiten. Es können dadurch auch bleibende Organschäden entstehen, die dann trotz Therapie nicht geheilt werden können (Stadium III). Stadium III - Chronische Beschwerden Wenn die Borreliose nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird, kann es zu einer chronischen Infektion kommen (Spätmanifestation). Das heißt, die Beschwerden treten immer wieder, auch zum Teil mit längeren, beschwerdefreien Zeiten auf (rezidivieren). Die Krankheitsbilder, die in diesem Stadium vorkommen, können sehr unterschiedlich sein. Sie gehen von Nervenschmerzen über Entzündungen des Gehirns und des Rückenmarkes bis hin zu chronischen Erkrankungen der Sinnesorgane, Gelenke und Muskeln. Auch kann es in diesem Stadium zu chronischen Hautentzündungen oder chronische Erkrankungen des Herzbeutels und des Herzmuskels mit Funktionsausfall kommen. Die Übergänge zwischen den Stadien sind oft fließend, daher ist eine exakte Zuordnung oft nicht möglich. Im Folgenden werden einige der wichtigsten, durch Borrelien ausgelösten Erkrankungen dargestellt, die sowohl in Stadium II und III auftreten können. 5 Durch Borrelien ausgelöste Erkrankungen Erkrankungen der Gelenke Lyme-Arthritis Monate bis Jahre nach einem Zeckenstich kann sich durch eine Borreliose eine Arthritis ausbilden, die sog. Lyme-Arthritis. Hierbei handelt es sich um eine Gelenkentzündung, die vorwiegend an großen Gelenken z. B. Hüftgelenk oder Kniegelenk auftritt. Kennzeichen einer Lyme-Arthritis sind rote, geschwollene und schmerzende Gelenke. Auch kann sich ein Gelenkerguss bilden. Sehr häufig ist nur ein Gelenk betroffen. Bei lang anhaltendem Verlauf der Entzündung kann es zu einer Gelenkveränderung kommen, die zur Fehlfunktion und Fehlstellung des Gelenkes führen kann. Die Entzündung kann sich aber auch spontan wieder zurückbilden und an einem anderen Gelenk erneut auftreten. Erkrankungen der Haut Borrelien-Lymphozytom Im zweiten Stadium der Borreliose kann es zu einer Erkrankung der Haut kommen, die sich Lymphadenosis cutis benigna Bäfverstedt, oder kurz Borrelien-Lymphozytom nennt. Dabei handelt es sich um eine Flüssigkeitseinlagerung in der Haut, die hauptsächlich aus Lymphozyten, einer speziellen Form der weißen Blutkörperchen, besteht. Bei einer Ansammlung dieser Lymphozyten kommt es zu Schwellungen und knötchenähnliche Verdickungen der Haut, die eine blaue bis rote Farbe haben. 6 Das Borrelien-Lymphozytom zeigt sich häufig im Gesicht, an den Ohrläppchen, an den Brustwarzen oder am Hodensack. Auch kann es zu einer Schwellung der Lymphknoten kommen. Betroffen sind vorwiegend Kinder, Jugendliche und Frauen. ACA ACA ist die Abkürzung für Acrodermatitis chronica atrophicans Herxheimer. Diese Hauterscheinungen sind typisch für das Stadium III der Borreliose. ACA kann Monate, Jahre und sogar Jahrzehnte nach einem Zeckenstich auftreten. Charakteristisch für eine ACA sind entzündliche Hautveränderungen in der Umgebung von Gelenken und an den Streckseiten von Armen und/oder Beinen. Die Haut ist kissenartig geschwollen und es zeigen sich streifenförmige oder großflächige Rötungen. Im weiteren Verlauf verfärben sich die Schwellungen blaurot. Besonders im Bereich der Gelenke können sich bindegewebige stark gerötete Knoten entwickeln. Später bildet sich die Haut zunehmend zurück. Sie wird dünn wie Pergamentpapier und sieht zunehmend durchsichtig aus. ACA ist das dermatologische Leitsymptom der Borreliose und wird häufig von Arthritis und schmerzhaften Nervenentzündungen begleitet. Erkrankungen des Nervensystems Bei einer Borreliose kommt es häufig zu einem Befall des zentralen (Gehirn, Rückenmark) und peripheren Nervensystems. 7 Man spricht dann auch von einer Neuroborreliose. Bedingt durch die Borrelien kann es zu folgenden Erkrankungen des Nervensystems kommen: • • • • Polyneuropathien (Nervenschmerzen) Enzephalitis (Hirnentzündung) Meningitis (Hirnhautentzündung) Enzephalomyelitis (Entzündung des Gehirns und des Rückenmarkes) • Bannwarth-Syndrom (Kombiniertes Auftreten der typischen Borreliosesymptome, die meist in Verbindung mit einer Hautentzündung, Lähmungserscheinungen und starken Nervenschmerzen auftreten) Diagnose Wie bereits dargestellt kann der Krankheitsverlauf einer Borreliose sehr unterschiedlich sein. Auch eine genaue Zuordnung der Stadien ist oft nicht möglich und erschwert die Diagnose, ebenso wie die fehlende Erinnerung der Patienten an das „Grundereignis“, den Zeckenstich. Die wichtigsten Hinweise auf eine mögliche Borreliose sind: der Zeckenstich die Hautrötung Mattigkeit und/oder andauernde Müdigkeit grippeähnliche Symptome Gelenkbeschwerden bzw. Gelenkschmerzen 8 Gesichert wird die Diagnose aber erst durch den Nachweis der Borrelien-Infektion. Dies kann durch eine Antikörperbestimmung aus dem Blutserum oder dem Liquor (Hirnwasser) geschehen. Gerade in der Frühphase werden viele Borreliose-Fälle nicht als solche erkannt, da innerhalb der ersten Wochen noch keine messbaren Antikörper im Blut des Betroffenen nachgewiesen werden können. Daher sollte in Frühstadien nicht das Ergebnis einer Blutuntersuchung abgewartet, sondern bei entsprechendem Verdacht unverzüglich antibiotisch therapiert werden. Bei frühzeitiger Behandlung sind die Heilungschancen am größten! Therapie Die Therapie der Borreliose hängt entscheidend vom Stadium der Erkrankung ab. Da es sich um eine bakterielle Erkrankung handelt, können gute Erfolge mit der Gabe eines Antibiotikums erzielt werden. Wichtig ist dabei, dass die Behandlung so lange fortgesetzt wird, bis sich alle Symptome zurück gebildet haben und der Arzt die Behandlung für abgeschlossen erklärt. Werden nicht alle Bakterien abgetötet, bleibt der Erreger im Körper und es kann zu einem Rückfall oder einer Chronifizierung (Stadium III) der Erkrankung kommen. Setzen Sie daher nie eigenmächtig Ihre Medikation ab und halten Sie sich genau an die Einnahmevorschriften Ihres Arztes! 9 Die Gabe eines Antibiotikums als Basistherapie hat sich in allen Stadien der Borreliose-Erkrankung als vorteilhaft erwiesen. Die weitere Therapie orientiert sich an dem zugrunde liegenden Beschwerdebild. Steht ein Gelenkschmerz im Vordergrund (LymeArthritis), können Antirheumatika gegeben werden. Hat sich eine Neuroborreliose ausgebildet, bei der Nervenschmerzen das Krankheitsbild bestimmen, ist neben der antibiotischen Therapie eine konsequente Schmerzbehandlung wichtig. Hier eignen sich unter anderem auch Medikamente, die man normalerweise nicht mit Schmerztherapie in Verbindung bringen würde, wie z.B. Antikonvulsiva (krampflösende bzw. -verhindernde Mittel) und Antidepressiva. Die klassischen Analgetika (schmerzstillende Mittel, wie z. B. Paracetamol) sind hier meist wirkungslos. Antidepressiva werden, wie der Name schon sagt, normalerweise zur Behandlung von Depressionen oder anderen Krankheiten eingesetzt, die mit einem Mangel an Freude und/oder Angstzuständen einhergehen. Von einigen Antidepressiva, vor allem von den sog. trizyklischen Antidepressiva (TZA), weiß man, dass Sie auch bei chronischen Schmerzzuständen helfen, die mit üblichen Schmerzmitteln nicht behandelbar sind. Schon niedrige Dosierungen von Antidepressiva haben oft einen analgetischen (schmerzstillenden) Effekt. Auch können Sie sich positiv auf den Schlaf und die Stimmung auswirken. Eine Alternative zu den Antidepressiva stellen die sog. Antikonvulsiva dar. Diese Präparate wurden ursprünglich für die Therapie der Epilepsie entwickelt. Im Laufe der Jahre hat man jedoch herausgefunden, dass Sie auch im Bereich der Schmerztherapie 10 äußerst wirksam sind. Vor allem die Wirkstoffe Gabapentin, Pregabalin und Carbamazepin werden in der Behandlung von Nervenschmerzen häufig eingesetzt. Die Therapie der Borreliose richtet sich nach dem individuellen Beschwerdebild des Patienten. Daher gibt es keine einheitliche Therapieempfehlung. Ihr Arzt wird Ihnen das für Sie richtige Medikament verordnen! Was Sie selbst tun können Im Gegensatz zu der FSME Erkrankung gibt es noch keine Impfung gegen Borrelien! Die wichtigste Maßnahme Zeckenstichvermeidung. zur Prävention ist daher die Hier einige Tipps: » Tragen Sie bei Ihren Spaziergängen durch Wald und Wiesen lange Hosen und knöchelhohes Schuhwerk. » Untersuchen Sie nach dem Aufenthalt im Freien Ihren Körper nach Zecken. » Verwenden Sie ein Zeckenschutzmittel. Die Wirksamkeit dieser auf die Haut aufgetragenen Substanz (Repellentien) liegt zwischen 4-6 Stunden und ist geeignet, das Risiko eines Zeckenstichs zu verringern. Repellentien bieten jedoch keinen absoluten Schutz gegen Zeckenstiche. Bei der Anwendung sind die Herstellerhinweise zu beachten. 11 Sollten Sie trotz aller Vorsichtsmaßnahmen eine Zecke entdeckt haben, muss diese so schnell wie möglich entfernt werden! Dies sollte mit einer Zeckenzange geschehen. Wichtig ist dabei, die Zecke möglichst nahe an der Haut zu fassen. Sie sollte nicht gequetscht oder gedreht werden. Ein „Ersticken“ der Zecke z.B. mit Öl sollte unterlassen werden, da die Zecke hierbei ihren erregerhaltigen Speichel in den Stichkanal einbringen könnte. Auf jeden Fall sollten Sie anschließend Ihren Hausarzt aufsuchen. Er wird gemeinsam mit Ihnen entscheiden, ob die Einnahme eines Antibiotikums notwendig ist. Nicht alle Zecken tragen Krankheitserreger in sich. Ein Zeckenstich ist daher noch kein Grund zur Besorgnis! Sie sollten jedoch die Einstichstelle und Ihren Gesundheitszustand genau beobachten und bei Veränderungen unverzüglich Ihren behandelnden Arzt aufsuchen! Wir wünschen Ihnen alles Gute für Ihre Gesundheit! Temmler Pharma GmbH & Co. KG Temmlerstraße 2, 35039 Marburg Tel. (06421) 494-0 E-Mail: [email protected] www.temmler.de